Ideen Sprühende - Baden-Württemberg Stiftung

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                  Sprühende
                                 Ideen
                  Die aktuelle Dynamik in
                  der Materialforschung

                         Eine Sonderpublikation in Zusammenarbeit mit der Baden-Württemberg Stiftung
Ideen Sprühende - Baden-Württemberg Stiftung
FORSCHUNG INTERDISZIPLINÄR

 FORSCHUNGS-
 TAG 2015
 22. JULI 2015
 LIEDERHALLE
 STUTTGART
Weitere Informationen auf:
www.bwstiftung.de/forschungstag

  2 bild der wissenschaft plus
Ideen Sprühende - Baden-Württemberg Stiftung
Zur Sache                                                                          INHALT

                                                                                                                                             3 Zur Sache
                                                                                                                                             4 Farne als Vorbild
                                                                                                                                               In der Materialforschung hat eine neue
W. Scheible

                                                 Wolfgang Hess,                                                                                Ära begonnen – etwa mit Werkstoffen
                                                 Chefredakteur                                                                                 nach Beispielen aus der Natur.
                                                                                                                                  12 Sanfter Körperkontakt
                                                                                                                                     Speziell präparierte Oberflächen machen
                                                                                                                                     Implantate besser verträglich.
              Clevere Tricks und Erfindergeist                                                                                     16 Anders ist anders
                                                                                                                                     Ein Heidelberger Physikstudent will den
              Es gibt Themen, die die breite Öffentlichkeit wenig faszinieren. Werk-                                                 „Wunderstoff“ Graphen nutzbar machen.
              stoffforscher haben mit einem solchen Aufmerksamkeitsdefizit ihre
                                                                                                                                  19 Die Kamera, die alles sieht
              Probleme. Manche unter ihnen geben das unumwunden zu. Beleg                                                            Sie vermisst Zähne und spürt selbst
              für das Manko ist schon der Blick auf die Themen der Wissenschafts-                                                    winzigste Kratzer in Zahnrädern auf.
              jahre, die in Deutschland seit 2000 veranstaltet werden. Da gab es
                                                                                                                                  20 Das kleinste Labor der Welt
              ein Jahr der Physik, der Technik, der Geowissenschaften, ein Jahr
                                                                                                                                     Viren können auch nützlich sein,
              der digitalen Gesellschaft und sogar der Chemie. Doch das Jahr der                                                     etwa als Baustoff für Biosensoren.
              Werkstoffforschung sucht man vergebens.
                                                                                                                                  22 „Wir sind Weltmarktführer
                                                                                                                                      der winzigen Strukturen“
              Dabei ist die Werkstoffforschung gerade für ein so industrialisier-
                                                                                                                                     Zeiss-Vorstand Hermann Gerlinger
              tes und gleichzeitig rohstoffarmes Land wie Deutschland essenziell.                                                    erklärt, wodurch Mikrochips immer
              Denn technische Innovationen und damit neue Produkte lassen sich                                                       leistungsfähiger werden.
              häufig nur dann entwickeln, wenn neue oder zumindest optimierte
                                                                                                                                  27 Impressum
              Werkstoffe zur Anwendung kommen. Wie spannend die Suche da-
              nach ist, wie trick- und erfindungsreich sich dabei Wissenschaftler                                                 28 Scharfblick auf heiße Zellen
              ans Werk machen, offenbart Ihnen diese Sonderausgabe von bild                                                          Durch hoch präzises Laserbohren lassen
                                                                                                                                     sich Solarzellen effizienter herstellen.
              der wissenschaft.
                                                                                                                                  32 Chips aus der Biosuppe
              Ganz gleich, ob es sich um für den Körper besser verträgliche Implan-                                                  Elektronische Bauteile sollen sich künftig
              tate handelt, um Computerchips, die sich selbst konstruieren, oder                                                     von alleine zusammensetzen.
              um aufprallhemmende Helme, die Seeigel-Stacheln nachempfunden                                                       36 Das Haus der Highlights
              sind, – die Baden-Württemberg Stiftung unterstützt eine Vielzahl                                                       Ein neuer Laborbau in Freiburg dient als
              erfolgversprechender Forschungsansätze, die das Grundlagenstadium                                                      Schaufenster innovativer Technologien.
              schon verlassen haben und auf dem Weg in Industrieanwendungen sind.                                                 38 Kleine Blitze mit großer Wirkung
                                                                                                                                     Nanodiamanten lassen sich als Quelle
              Die hier vorgestellten Entwicklungen haben bereits zu einer Reihe                                                      für einzelne Photonen nutzen.
              von Patentanmeldungen geführt. Erteilte Patente gehören dann der                                                    42 Auf Luft gebaut
              Stiftung. Lizenzen dafür sollen vor allem an die Industrie im Südwest-                                                 Seeigel-Stacheln dienen als Vorbild für
              staat vergeben werden.                                                                                                 besonders robuste Produkte.

              Das Stiftungsvermögen in Höhe aktuell 2,4 Milliarden Euro stammt
                                                                                                                                                                     „SPRÜHENDE IDEEN“
              übrigens aus dem Verkauf der Anteile am Energieversorger EnBW
                                                                                                                                                                     Wissenschaftler aus
                                                                                       Titelfoto: T. Klink für bdw; Bearbeitung: P. Kotzur

              im Jahr 2000. Mit diesem Modul einer cleveren Forschungs- und                                                                                          Baden-Württemberg
              Industriepolitik will Baden-Württemberg punkten: Auf dass dort der                                                                                     entwickeln neuartige
              Wohlstand weiter wächst.                                                                                                                               Materialien und
                                                                                                                                                                     Verfahren, etwa um
                                                                                                                                                                     Energie effizienter zu
                                                                                                                                                                     nutzen, Menschen
                                                                                                                                                                     bei Unfällen zu
                                                                                                                                                                     schützen oder für die
                                                                                                                                                                     Medizintechnik.

                                                                                                                                                       bild der wissenschaft plus 3
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NEUE WERKSTOFFE

          Farne
                                   als Vorbild
           Das Periodensystem der nutzbaren Elemente ist nicht größer geworden. Doch in der
           Materialforschung hat ein neues Zeitalter begonnen – auch mithilfe der Natur.

           von Frank Frick

    4 bild der wissenschaft plus
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T
                                                                                   homas Schimmel ist im-
                                                                                   mer für eine Überraschung
                                                                                   gut. Wenn der Professor
                                                                                   vom Karlsruher Institut
                                                                                   für Technologie (KIT) die
                                                                    Bedeutung neuer Materialien vermitteln
                                                                    will, verzichtet er darauf, auf einem Com-
                                                                    puterbildschirm Animationen von elekt-
                                                                    risch angetriebenen Leichtbaukarossen,
                                                                    futuristischen Gebäuden oder gewagten
                                                                    Brückenkonstruktionen zu zeigen. Er
                                                                    präsentiert auch nicht Ausstellungsstücke
                                                                    wie einen Mikrochip oder den Teil einer
                                                                    Turbinenschaufel. Stattdessen greift er zu
                                                                    einem Trinkglas auf seinem Schreibtisch,
                                                                    in dem eine unscheinbare grüne Pflanze
                                                                    schwimmt.
                                                                        Dabei fragt der Physiker sein Gegen-
                                                                    über: „Was fällt Ihnen als Erstes ein,
                                                                    wenn Sie den Begriff Materialien hören
                                                                    – Stahl, Beton, Aluminium oder andere
                                                                    Konstruktionswerkstoffe?“ Um danach
                                                                    hinzuzufügen: „Dabei vergessen wir oft,
                                                                    dass sich bei den Materialien komplett
                                                                    Neues getan hat.“ Er zeigt auf die Pflan-
                                                                    ze, die er als Salvinia molesta vorstellt.
                                                                        Dieser Schwimmfarn hat eine beson-
                                                                    dere Eigenschaft: Drückt man ihn unter
                                                                    Wasser, werden seine Blattoberflächen
                                                                    nicht nass. Thomas Schimmel weist auf
                                                                    den silbrigen Glanz auf den unterge-
                                                                    tauchten Blättern hin, den man sieht,
                                                                    wenn man schräg auf die Pflanze schaut.
                                                                    Hervorgerufen wird der Glanz durch eine
                                                                    dünne Luftschicht auf der Blattoberflä-
                                                                    che, die das Licht spiegelt. Dieses Luft-
                                                                    kleid verhindert, dass die Blattoberflä-
                                                                    chen mit Wasser benetzt werden. Daher
                                                                    tauchen sie auch trocken wieder aus dem
                                                                    Wasser auf. Besonders erstaunlich: Das
                                                                    Luftkleid unter Wasser bleibt wochen-
                                                                    lang erhalten.
                                                                        Salviania molesta breitet sich in den
                                                                    Tropen und Subtropen, im Sommer aber
                                                                    auch bei uns im Gartenteich, sehr rasch
                                                                    aus und ist dort auch als Wasserunkraut
                                                                    verrufen. Um zu erklären, wie es die
                                                                    Pflanze schafft, unter Wasser für lange
Schwimmfarn im Visier: Der Physiker
                                       Fotos: W. Scheible für bdw

Thomas Schimmel hat eine Salvinia-
Pflanze in eine Druckzelle gebracht.
Darin kann er untersuchen, wie gut
ihre Oberfläche den sie umgebenen-
den Luftfilm bei Über- oder Unter-
druck festhalten kann.
                                                                               bild der wissenschaft plus 5
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NEUE WERKSTOFFE

    Zeit ein Luftkleid anzulegen, weist Tho-   trem wasserabweisend – im Fachjargon:     dauert Schimmel, „leider nur für einige
    mas Schimmel auf die feinen Härchen auf    superhydrophob – und sind dafür mit       Minuten.“ Danach bildeten sich kleine
    der Blattoberfläche hin, die mit bloßem    winzigen Wachskristallen überzogen, die   Bläschen und die Luft war weg. Darauf-
    Auge gut zu erkennen sind. Die weite-      viel kleiner sind als ein Mikrometer.     hin untersuchten die Wissenschaftler um
    ren Details lassen sich dagegen nur mit       „Wir haben schnell gelernt, solche     Schimmel und den Bonner Botaniker Wil-
    Mikroskopen und modernen Analyseme-        Oberflächen mit hydrophoben haarför-      helm Barthlott die Pflanze noch genauer.
    thode entschlüsseln: Die Härchen sind in   migen Strukturen nachzubauen“, sagt       Sie stellten fest, dass die Härchen an ih-
    Form eines Schneebesens angeordnet. Die    Schimmel. Sie konnten tatsächlich Luft    ren Spitzen keine Wachskristalle besitzen
    Blattoberflächen samt der Haare sind ex-   unter Wasser festhalten. „Aber“, be-      und dort wasserliebend – superhydrophil
                                                                                         – sind. Ein geschickter Trick der Natur:
                                                                                         Nach wie vor kann beim Eintauchen der
                                                                                         Blätter kein Wasser zwischen die Här-
                                                           Die Spitzen der feinen        chen eindringen. Doch die eingeschlos-
                                                           Strukturen auf der            sene Luft kann auch später nicht wieder
                                                           Schwimmpflanze ziehen         entweichen, weil an der Grenzschicht
                                                           Wasser an, während der        zwischen Luftkleid und Wasserfilm das
                                                           Rest der Blattoberfläche      Wasser gleichsam an den Haarspitzen
                                                           wasserabweisend wirkt.        klebt. „Die Luft müsste sozusagen viele
                                                                                         kleine ‚Klettverschlüsse‘ öffnen, um sich
                                                                                         zu befreien“, erläutert Schimmel.

                                                                                         Vier Jahre im Wasser – und trocken

                                                                                         Wie wichtig die hydrophilen Härchen-
                                                                                         Enden für die Stabilität des Luftkleides
                                                                                         sind, wiesen die Wissenschaftler nach,
                                                                                         indem sie die Pflanze, wie Schimmel
                                                                                         schmunzelnd berichtet, „ein bisschen är-
                                                                                         gerten“: Sie deckten die Haarspitzen mit
                                                                                         einer hauchdünnen Schicht eines was-
                                                                                         serabweisenden Materials ab. Dadurch
                                                                                         konnte der Schwimmfarn die Luft nicht
                                                                                         mehr festhalten. Im nächsten Schritt stell-
                                                                                         ten die Forscher eine künstliche Oberflä-
                                                                                         che nach dem Vorbild der Salvinia her
                                                                                         und legten sie ins Wasser: „Heute, mehr
                                                                                         als vier Jahre später, liegt sie dort noch
                                                                                         immer – trocken“, freut sich Schimmel.
                                                                                         Das Luftkleid ist nicht zerrissen.
                                                                                            Dieses Resultat ist weit mehr als eine
                                                                                         nette akademische Spielerei, entstanden
                                                                                         aus einer zufälligen Naturbeobachtung.
                                                                                         Wilhelm Barthlott hatte bereits 1995
                                                                                         Industrie und Öffentlichkeit aufhorchen
                                                                                         lassen, als er herausfand, warum Wasser
                                                                                         und Schmutz an Lotusblumen-Blättern
                                                                                         abperlen. Die Blätter bestehen aus einer
                                                                                         hydrophoben Oberfläche mit winzigen,
                                                                                         regelmäßig verteilten Noppen, auf denen
                                                                                         der Dreck sitzt wie ein Fakir auf einem
                                                                                         Nagelbrett. Seitdem haben Unternehmen
                                                                                         selbstreinigende Fassaden und Gläser ent-
                                                                                         wickelt, die auf dem Lotus-Effekt basieren.
                                                                                            Dass der Salvinia-Effekt wirtschaftlich
                                                                                         und ökologisch einmal bedeutsam wer-
                                                                                         den könnte, war Barthlott vom Bonner

    6 bild der wissenschaft plus
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EINFÜHRUNG

                                                 Durch die vollständige Reflexion des Lichts erscheinen die rundherum mit Luftbläschen bedeck-
                                                 ten Blattoberflächen des üppig grünen Schwimmfarns silbrig glänzend. Das Kleid aus Luft sorgt
                                                 dafür, dass die Blattoberflächen der Salvinia-Pflanze auch unter Wasser nicht nass werden.
                                                 Dieser Effekt begeistert und inspiriert die Wissenschaftler.

                                                 Nees-Institut für Biodiversität der Pflan-       unter anderem an Verfahren gearbeitet,
                                                 zen und Thomas Schimmel von Anfang               mit denen sich auch große Flächen mit
                                                 an klar. Denn der Salvinia-Effekt könn-          Strukturen beschichten lassen, die den
                                                 te gleich drei Probleme der Schifffahrt          Salvinia-Effekt hervorrufen.
                                                 deutlich verringern: Fouling, Korrosion
                                                 und Reibung. Ein Schiff, das im Wasser           Drei Merkmale für das Neue
                                                 von einer dünnen Lufthülle umgeben ist,
                                                 würde nicht von Algen und anderen im             Doch was macht von Salvinia inspirierte
                                                 Wasser lebenden Mikroorganismen be-              Materialien zu einem typischen Vertreter
                                                 siedelt. Dieses Mikrofouling, das die Rei-       des komplett Neuen, das Thomas Schim-
                                                 bung und somit den Treibstoffverbrauch           mel in der Werkstoffforschung ausge-
                                                 erhöht, wird derzeit üblicherweise mit           macht hat? Eine Besonderheit ist sicher
                                                 teuren und umweltgefährdenden Chemi-             der Umstand, dass Forscher Prinzipien aus
                                                 kalien bekämpft. Außerdem rostet Stahl           der Tier- und Pflanzenwelt auf technische
                                                 an Luft langsamer als in Wasser – beson-         Systeme übertragen haben. Allerdings: Die
                                                 ders in aggressivem Salzwasser. Schließ-         sogenannte Bionik hat zwar Erfolge vorzu-
                                                 lich setzt Luft dem Schiffskörper weniger        weisen, deckt aber nur einen kleinen Teil
                                                 Widerstand entgegen als Wasser. Insofern         der Materialforschung ab.
Trockentauchen: Die künstlichen Oberflächen,     würde ein Luftkleid à la Salvinia die Kos-          Vielmehr sind es vor allem drei Merk-
die Forscher in Karlsruhe nach dem Vorbild der   ten für Treibstoff und Chemikalien ver-          male, die das Neue charakterisieren:
Blätter des Schwimmfarns hergestellt und ins     ringern – ebenso wie den Ausstoß von             • Konventionelle Materialien aus her-
Wasser gelegt haben, verharren dort bereits      klimaschädlichem Kohlendioxid. Daher             kömmlichen Molekülen oder Atom-
seit über vier Jahren – ohne ihre schützende     haben Barthlott und Schimmel in den              Kombinationen bekommen durch kont-
Lufthülle abzugeben.                             letzten Monaten Patente angemeldet und           rollierte Strukturierung auf verschiedenen

                                                                                                               bild der wissenschaft plus 7
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NEUE WERKSTOFFE

                                                  Die Baden-Württemberg Stiftung
    Längenskalen – Nanometer, Mikrometer,         Als das Land Baden-Württemberg im Jahr 2000 seine Anteile unter anderem
    Millimeter – neue Eigenschaften und neue      am Energieversorgungsunternehmen EnBW verkaufte, floss der Erlös in eine
    Funktionen.                                   Stiftung ein: die Landesstiftung Baden-Württemberg, die inzwischen Baden-
    • Eine vergleichsweise winzige Menge an       Württemberg Stiftung heißt. Deren Vermögen von aktuell etwa 2,4 Milliarden
    Material – etwa eine wenige Molekül-          Euro ist zum größten Teil in Investmentfonds, Immobilien und Unternehmens-
    Durchmesser dünne Beschichtung auf            beteiligungen angelegt – die Zinsen, die diese Anlagen abwerfen, dienen
    einer Oberfläche – bewirkt bei einem Ob-      zur Finanzierung einer breiten Palette von gemeinnützigen Programmen und
    jekt eine große Änderung der Eigenschaf-      Projekten in Bildung, Forschung, sozialen und kulturellen Aktivitäten. Jahr für
    ten. Das heißt zugleich: Der Umgang mit       Jahr gibt die in Stuttgart ansässige Stiftung dafür rund 50 Millionen Euro aus.
    Rohstoffen ist sehr effizient und es wird     Viele Programme und Projekte gehen aus Ideen der Stiftung hervor und werden
    vergleichsweise wenig Energie für die Ma-     von dieser initiiert. Im Bereich Bildung ist ein wichtiges Ziel, Talent und Erfin-
    terialherstellung verbraucht. Diese hohe      dergeist junger Menschen in Baden-Württemberg zu fördern. Zudem wird der
    Effizienz ist ein großer Pluspunkt, wenn      internationale Austausch von Schülern und Studenten unterstützt, zum Beispiel
    man angesichts endlicher Ressourcen da-       durch Auslandsstipendien oder die Förderung ausländischer Stipendiaten, die
    ran denkt, dass auch unsere Enkel noch        Baden-Württemberg kennenlernen wollen. Im Sozial- und Kulturbereich liegen
    Rohstoffe benötigen, um ihre Bedürfnisse      Schwerpunkte auf der Prävention von Gewalt, der Integration von Menschen
    zu befriedigen.                               mit Migrationshintergrund und der Inklusion: der Einbindung von Kindern mit
    • Eine sehr kleine Menge an Material ist      einem Handicap in den regulären Schulalltag. Bei der Forschung setzt die Stif-
    entscheidend für die Funktionsweise be-       tung auf naturwissenschaftliche und technische Methoden und Verfahren, die
    stimmter Geräte oder gar für eine Techno-     die Leistungsfähigkeit Baden-Württembergs als attraktiver Forschungsstandort
    logie. Somit erhält eine geringe Werkstoff-   stärken. Beispiele dafür sind Programme und Projekte aus Photonik, Robotik,
    menge enorme wirtschaftliche Bedeutung.       Umwelt- und Energietechnik sowie den Lebenswissenschaften. Dabei ist stets
       Alle drei Punkte finden sich bei den       ein wichtiges Ziel, Forscher verschiedener Standorte des Landes in Kooperatio-
    Salvinia-inspirierten Materialien wieder.     nen zusammenzubringen, um deren verschiedenen Kompetenzen zu bündeln.
    Zum einen sind da die Härchen, eine

      Mit einer feinen Kanüle wer-
      den kleine Tröpfchen auf die
      filigrane Oberflächenstruktur des
      Schwimmfarns aufgebracht.

    8 bild der wissenschaft plus
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Strukturierung auf der Millimeter-Skala,     Lernen von der Natur: Die Forscher versuchen,
und die Wachskristalle, eine Struktu-        die außergewöhnlichen Eigenschaften der
rierung auf der Nanoskala. Fachleute         Salvinia-Blätter technisch nutzbar zu machen.
sprechen in diesem Fall auch von einer
hierarchischen Strukturierung, weil erst     tigt, könnte einmal Reibung und Treib-
das Zusammenspiel zwischen einer über-       stoffverbrauch eines Ozeanriesen mit ei-
geordneten Struktur auf der größeren         nem Materialgewicht von typischerweise
Längenskala und einer untergeordneten        etwa 30 000 Tonnen stark verringern.
Struktur auf der kleineren Längenskala die      Drittens: Natürllich wäre neben der
Funktion – hier das Festhalten der Luft –    ökologischen auch die wirtschaftliche
ermöglicht. Von seiner chemischen Zusam-     Bedeutung einer solchen Beschichtung
mensetzung her weist der Schwimmfarn         immens. Ein Ozeanfrachtschiff zum Bei-
dagegen keine Besonderheiten auf: Wie        spiel verbraucht pro Tag rund 100 Ton-
andere Pflanzen auch, bestehen er und        nen Treibstoff. Angenommen, durch das
seine Blätter vor allem aus den Elementen    Luftkleid ließen sich 20 Prozent davon
Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff.     einsparen, so würde jedes Frachtschiff
Die Materialien stellt der Schwimmfarn       nach derzeitigen Marktpreisen täglich
über die Photosynthese und andere natür-     rund 9000 Euro Spritkosten einsparen.
liche Stoffwechselvorgänge her.                 „In gewisser Hinsicht hängt die ganze
    Zweitens – auch wenn das bei den Sal-    Weltwirtschaft ab von kleinen Töpfchen
vinia-inspirierten Stoffen noch Zukunfts-    funktionsbestimmender Materialien“, sagt
musik ist: Eine Beschichtung von wenigen     Schimmel. Ein Beispiel dafür liefern die
Millimetern Dicke, die überdies größten-     Smartphones, von denen 2013 weltweit
teils aus Luft besteht und entsprechend      mehr als eine Milliarde Exemplare ver-
wenig Material für ihre Herstellung benö-    kauft wurden. Deren Touch-Displays ent-

                                             Die beiden Physiker Moritz Fischer              halten das leitfähige und zugleich trans-
                                             (vorn) und Ingo Medebach analy-                 parente Indiumzinnoxid. Bezogen auf das
                                             sieren die Pflanzenoberfläche von               Gesamtgewicht eines Handys beträgt der
                                             Salvinia molesta mithilfe spezieller            Indium-Anteil nur rund 0,002 Prozent.
                                             Lichtmikroskopie-Techniken.                     Doch ohne die maximal fünf Tonnen In-
                                                                                             dium, die für die Smartphone-Bildschir-
                                                                                             me weltweit benötigt werden, gäbe es
                                                                                             die heutige Gerätegeneration nicht – und
                                                                                             mit ihr wäre der gigantische Wachstums-
                                                                                             markt der Apps und der IT-basierten
                                                                                             Dienstleistungen nicht der, der er ist.

                                                                                             Wirtschaft und Alltag am Chip-Tropf

                                                                                             Ein anderes Beispiel sind Chips zur Da-
                                                                                             tenspeicherung, deren Funktion letztlich
                                                                                             von der Strukturierung einer Silizium-
                                                                                             Oberfläche abhängt. Würde man alle
                                                                                             Chips dieser Welt durch einen virtuellen
                                                                                             Klick auf einmal außer Betrieb setzen,
                                                                                             gingen nicht nur alle unsere Computerda-
                                                                                             ten verloren. Es gäbe zudem vielerorts ein
                                                                                             Verkehrschaos, die Bankenwelt geriete
                                                                                             durcheinander und es ginge sprichwört-
                                                                                             lich das Licht aus, weil auch die Kraftwer-
                                                                                             ke per Computer gesteuert werden.

                                                                                                         bild der wissenschaft plus 9
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NEUE CHEMIE
     WERKSTOFFE

        Wie eine winzige Menge Material auf          eingesetzt für Schmuck und als Kontakt-            ausgeschaltet. Solch ein „Einzelatom-
    der Oberfläche eines Gegenstands dessen          material in elektronischen Geräten. Seine          Transistor“ ist nicht nur winzig klein. Viel
    Eigenschaften bestimmen kann, zeigt sich         antibakteriellen Eigenschaften sind zwar           wichtiger ist, dass der Energieverbrauch
    etwa am Auto: Dass die Karosserie nicht          prinzipiell schon länger bekannt, doch             eines atomaren Transistors aus Silber nur
    mehr rostet, dafür sind effektive und im-        erst in Form nanometerkleiner Partikel             ein zehntausendstel so groß ist wie der
    mer dünnere Korrosionsschutzschichten            oder als hauchdünne Beschichtung ist das           von herkömmlichen Silizium-Transistoren.
    verantwortlich. Dünne Beschichtungen             Silber für Wundauflagen, OP-Geräte und             „Das Periodensystem ist nicht größer ge-
    auf dem Dach sorgen bei manchen Null-            Textilien attraktiv geworden. Mit Silber           worden, doch die Möglichkeiten, es zu
    energiegebäuden dafür, dass Sonnenlicht          lassen sich aber auch winzige Bauteile für         nutzen, wachsen Monat für Monat“, re-
    in Richtung hin zur Photovoltaik-Anlage          mögliche künftige Computer herstellen,             sümiert Schimmel.
    reflektiert wird. Thomas Schimmel hat            die mit Licht arbeiten. Fachleute sprechen             Und der Markt für wertschöpfende
    noch ein besonders drastisches Beispiel          dabei von plasmonischen Bauteilen: Plas-           Werkstoffe wächst auch – weitaus stär-
    parat: „Ob ein Patient mit einer künst-          monen sind wellenförmige Veränderun-               ker als die Weltwirtschaft insgesamt. Das
    lichen Herzklappe überlebt, entscheidet          gen der Elektronendichte auf der Oberflä-          jedenfalls prophezeit das skandinavische
    sich ebenfalls durch eine hauchdünne             che von Metallen, die zum Beispiel durch           Unternehmen Oxford Research in einer
    Schicht – für das Blut sind nur die oberen       Licht angeregt werden können.                      Studie, die es 2012 im Auftrag der Eu-
    zwei Moleküllagen der Klappe entschei-              Schließlich haben die Karlsruher                ropäischen Union erstellt hat. Darin de-
    dend. Aus welchem Material der Rest be-          Forscher um Schimmel aus Silber den                finieren die Analysten etwas schwammig:
    steht, ist dem Blut weitgehend egal.“            kleinsten Transistor der Welt hergestellt.         „Wertschöpfende Materialien sind Werk-
        Dass auch bei altbekannten Materia-          Bei ihm wird ein elektrischer Strom zwi-           stoffe, die für das Wirtschaftswachstum
    lien noch völlig Neues zu entdecken ist,         schen zwei winzigen Kontakten durch                und die industrielle Wettbewerbsfähig-
    zeigt etwa das Element Silber – heute meist      Umlagern eines einzigen Atoms ein- und             keit strategisch wichtig sind – und die die

     Pflanzen und Tiere zeigen, wie es geht

                                                                                                                                                        bdw-Grafik; Fotos: iStock/Thinkstock (8)

     Für viele Probleme hat die Natur bereits eine optimale Lösung gefunden. Aus Eigenschaften und Fähigkeiten von Pflanzen und Tieren können
     Ingenieure daher exzellente Ideen für technische Anwendungen gewinnen. Einige Beispiele: Lebende Bäume lassen sich als Baustoff in Gebäu-
     de integrieren (1), die Struktur des Haare des Eisbärfells dient als Vorbild für solarthermische Elemente (2), Holz weist den Weg zu effizienten
     Filtern (3), Lianen können Beschädigungen selbst reparieren – eine Fähigkeit, die Forscher auch bei Rissen in Brücken nutzbar machen wollen (4).
     Der Schwimmfarn umgibt sich im Wasser mit einem Luftkleid – das lehrt Schiffbauer, wie sich die Reibung des Schiffsrumpfs verringern lässt (5).
     Selbst reinigende Oberflächen nach dem Prinzip der Lotusblume werden bei Dachziegeln eingesetzt, auf denen Schmutz abperlt (6), Autokonstruk-
     teure nutzen besonders leichte Bauteile, die wie Gräser aufgebaut sind (7), und die Oberfläche von Geckofüßen schafft eine enorme Haftkraft (8).

    10 bild der wissenschaft plus
großen Herausforderungen unserer Zeit             Bei aller Begeisterung für das Neue                                 solcher Ideen nicht zum Erfolg führen?,
ansprechen.“ Zu diesen Herausforderun-         in der Wissenschaft betont Thomas                                      dem könnte man antworten: Wussten Sie
gen zählt es beispielsweise, die Menschheit    Schimmel auch, dass es in der Material-                                schon, dass nahezu 100 Prozent aller gro-
sicher und klimaneutral mit Energie zu         forschung häufig darum geht, Stoffeigen-                               ßen technologischen Durchbrüche nicht
versorgen oder in einer älter werdenden        schaften und Herstellungsprozesse mit                                  im Voraus geplant waren? Verbesserungen
Gesellschaft möglichst viele Menschen          viel Mühe und Planung in kleinen Schrit-                               kann man planen, komplett neue Ideen
gesund zu erhalten. Um zu erläutern, wie       ten zu verbessern. Wie erfolgreich diese                               und Konzepte aber brauchen Freiräume.“
wertschöpfende Materialien von neuen           Herangehensweise sein kann, zeigt die                                  Fördergelder, die den Wissenschaftlern
und fortschrittlichen Materialien abzu-        stete Weiterentwicklung in der konventi-                               diesen Freiraum lassen oder erst verschaf-
grenzen sind, benötigen die Studienauto-       onellen Halbleitertechnologie, auf der un-                             fen, seien besonders wertvoll.
ren rund acht DIN-A4-Seiten. Jedenfalls        sere heutige Informationstechnik beruht.                                   Tatsächlich, sagt Schimmel, verbinde
soll der Umsatz der wertschöpfenden Ma-        Doch Schimmel ist überzeugt, dass Wis-                                 die Baden-Württemberg Stiftung ihre
terialien von rund 100 Milliarden Euro         senschaftler auch Freiräume brauchen,                                  Förderzusagen mit einem Vertrauens-
im Jahr 2008 über 186 Milliarden Euro          in denen sie ungewöhnliche Ideen gebä-                                 vorschuss statt mit einem Misstrauens-
2020 auf bis zu 1000 Milliarden im Jahr        ren und verfolgen können. „Wer fragt:                                  vorschuss. Und da die Ideen für unge-
2050 steigen.                                  Wussten Sie, dass mehr als 90 Prozent                                  wöhnliche Forschungsprojekte oft beim
                                                                                                                      zwanglosen Gespräch zwischen Wissen-
                                                                                                                      schaftlern verschiedener Fachrichtungen
                                                                                                                      und unterschiedlichen Alters entstünden,
                                                                                                                      sei es genau richtig, dass die Stiftung auch
                                                                                                                      Konferenzen und den wissenschaftlichen
                                                                                                                      Austausch fördere. Eine dieser Tagun-
                                                                                                                      gen findet jährlich in Bad Herrenalb im
                                                                                                                      Nordschwarzwald statt. Dort treffen sich
                                                                                                                      die Wissenschaftler des Kompetenznetzes
                                                                                                                      Funktionelle Nanostrukturen. Nach dem
                                                                                                                      Mittagessen oder der Kaffeepause bleiben
                                                                                                                      dort immer wieder interessante Papier-
                                                                                                                      servietten zurück, beschrieben mit neuen
                                                                                                                      Ideen und Projektskizzen während spon-
                                                                                                                      taner Diskussionen. Auf so einer Tagung
                                                                                                                      lernten sich auch der Karlsruher Physiker
                                                                                                                      Schimmel und der Bonner Biologe Barth-
                                                                                                                      lott kennen – es war die Geburtsstunde der
                                                                                                                      erfolgreichen Forschung am tropischen
                                                                                                                      Schwimmfarn Salvinia molesta und seinen
                                                                                                                      künftigen Anwendungen.                    ●
                                                                                            Fotos: T. Klink für bdw

Anregende Diskussion in der Kaffeepause: Auf
Forschertagungen wie dem jährlichen Workshop
des baden-württembergischen Kompetenznetzes
Funktionelle Nanostrukturen in Bad Herrenalb
wurden bereits viele pfiffige Ideen geboren.

                           Auch die Struktur der Blattoberflächen
                           des Schwimmfarns knöpften sich die
                           Wissenschaftler einst bei einer solchen
                           Tagung vor – auf einer Papierserviette.

                                                                                                                                 bild der wissenschaft plus 11
Stents, wie der in den
                                                                                                        Händen des Stuttgarter
                                                                                                        Forschers Ralf Kemkemer,
                                                                                                        lösen bei jedem dritten
                                                                                                        Patienten einen starken
                                                                                                        Wuchs von Bindegewebe
                                                                                                        aus, der den Stent
                                                                                                        verschließt. Neuartige
                                                                                                        Beschichtungen sollen den
                                                                                                        Wildwuchs hemmen.
Fotos: T. Klink für bdw

                                    Sanfter
                           Körperkontakt
                                    Implantate lassen Parkinson-Kranke weniger zittern und herzkranke
                                    Menschen länger leben. Dank speziell präparierter Oberflächen
                                    sollen die eingepflanzten Prothesen künftig besser verträglich
                                    sein und ihre Energie direkt aus dem Körper beziehen.

                                     von Frank Frick

                          12 bild der wissenschaft plus
IMPLANTATE

D
         ie Stromstöße des Zitteraals sind     auf jeden Fall die Spannung vieler Zellen     würde, folgen zwei weitere Verfahrens-
         so stark, dass sie sogar Maulesel     gleichzeitig abgreifen“, sagt Rustom.         schritte: Der gesamte Elektroden-Chip –
         und Pferde betäuben können, die          Ob es tatsächlich gelingen kann, auf       Durchmesser: 2,4 Zentimeter – wird mit
einen Fluss durchqueren. Das berichtete        diese Weise zu technisch nutzbaren Span-      einer isolierenden Kunststoffschicht über-
jedenfalls der berühmte deutsche Natur-        nungen und Stromflüssen zu kommen,            zogen, die danach ausschließlich an den
forscher Alexander von Humboldt, nach-         war unklar, als die Wissenschaftler vom       Spitzen der Nanoelektroden weggeätzt
dem er um 1800 das Gebiet der Flüsse           MPI-IS, von der Universität Heidelberg        wird (siehe Grafik S. 15). „Die Herstel-
Orinoco und Amazonas in Südamerika             und vom Karlsruher Institut für Techno-       lung des Chips ist ohne großen Aufwand
bereist hatte. Die moderne Welt kennt          logie (KIT) vor über drei Jahren ihr For-     an Geräten und Arbeit routinemäßig
andere Möglichkeiten, um die erstaunli-        schungsprojekt starteten. Zwar hatten die     möglich, die Kosten für das Gold fallen
chen Eigenschaften dieser Fische ins rech-     Forscher zuvor die elektrischen Fähigkei-     wegen der nur geringen Materialmengen
te Licht zu rücken: Ein YouTube-Video          ten von Zellen abgeschätzt. „Doch wie         nicht ins Gewicht“, erläutert Rustom.
zeigt die flackernde Beleuchtung eines         viel Strom man den Zellen sozusagen ab-
Weihnachtsbaums in einem japanischen           zapfen kann, ohne ihre natürlichen Funk-      Erste Experimente an Schleimpilzen
Einkaufszentrum. Die elektrische Energie       tionen einzuschränken, ließ sich nicht se-
dafür produziert ein Zitteraal, der in ei-     riös vorhersagen“, sagt Rustom.               Für die ersten Versuche mit dem Elekt-
nem Aquarium schwimmt.                            Nur praktische Versuche konnten wei-       roden-Chip griffen er und seine Kollegen
    Amin Rustom vom Stuttgarter Max-           terhelfen. Die Wissenschaftler entwarfen      der Einfachheit halber nicht zu Kulturen
Planck-Institut für Intelligente Systeme       daher eine Strategie, um eine Anordnung       menschlicher Zellen, sondern zu einem
(MPI-IS) nutzt dieses Video, wenn er sei-      von elektrisch gut leitfähigen Elektroden     Schleimpilz. Denn von ihm lassen sich
ne Forschung präsentiert. „Tatsächlich         herzustellen, die weniger als ein zehn-       einzelne Zellen züchten, die größer sind
haben uns die elektrischen Fische und da-      tausendstel Millimeter – 100 Nanometer        als der gesamte Chip. Und tatsächlich: Die
mit die Natur inspiriert, uns damit zu be-     – dünn und trotzdem robust sind. Diese        Forscher konnten die elektrische Span-
schäftigen, ob sich nicht Hirn- oder Herz-                                                   nung zwischen der Innen- und Außensei-
schrittmacher, Cochlea-Implantate oder                                                       te der Zellmembran messen, nachdem sie
implantierte Blutzuckersensoren mit kör-                                                     die Zelle auf den Chip aufgebracht und
pereigener elektrischer Energie betreiben                                                    dann gleichsam angedrückt hatten, damit
lassen“, sagt der Wissenschaftler, dessen
Labors sich im Biophysikalischen Institut
der Universität Heidelberg befinden. Das
hieße zugleich: Künftig wären elektroni-
sche Implantate nicht mehr auf Batterien
angewiesen, die regelmäßig ausgetauscht
werden müssen.
    Der Zitteraal erzeugt seine Stromim-
pulse mithilfe von elektrischen Organen –
umgebildeten Muskeln, die einen großen
Teil seines Körpers ausmachen. Das wirft
sofort die Frage auf: Existieren überhaupt
auch menschliche Zellen, die elektrische       Nanoelektroden sollten in der Lage sein,
Energie produzieren? Ja, denn Zellen           Zellmembranen ohne größere Schäden zu
werden von Membranen begrenzt. In die-         durchstechen und das elektrische Poten-
sen Membranen gibt es Proteine, die elek-      zial in der Zelle abzugreifen.
trisch geladene Teilchen – Ionen – aus der         Das Herstellungsverfahren im Einzel-
Zelle ausschleusen oder gezielt passieren      nen: Zunächst dampfen die Forscher eine
lassen. Solche Ionenkanäle oder Ionen-         dünne Schicht Gold auf Filtermembranen
pumpen sind dafür verantwortlich, dass         aus Kunststoff auf. Dann scheiden sie das                In Blutadern eingesetzte Stents
zwischen der Innen- und der Außenseite         Gold auf elektrochemische Weise ab und                   sorgen unter anderem dafür,
der Membran eine elektrische Spannung          füllen so die feinen Poren des Filters mit               dass die Herzkranzgefäße bei
   von rund 70 Millivolt auftreten kann.       dem Edelmetall auf. Anschließend entfer-                 Menschen mit Herzinfarktrisiko
     „Weil das sehr wenig ist, muss man        nen sie die Kunststofffolie, sodass nur die              offen bleiben.
                                               Goldschicht übrig bleibt, aus der in regel-
       Schonende Oberfläche: Auf diesem        mäßigen Abständen Nanonadeln – eben-
       beschichteten Plättchen, einem Wafer,   falls aus Gold – herausragen. Weil die
        befinden sich – für das menschliche    so entstandene Anordnung von Nano-
       Auge unsichtbar – wenige Nanometer      elektroden zu einem Kurzschluss führen
      tiefe Rillen. Solche Strukturen können
     Implantate verträglicher machen.                                                                  bild der wissenschaft plus 13
Rustom: „Wie andere Arbeiten gezeigt
                                                                          haben, genügt diese Leistung, um kleine
                                                                          implantierte Sensoren zu betreiben und
                                                                          deren Messwerte im Minutentakt per
                                                                          Funk nach außen zu übermitteln.“ So ha-
                                                                          ben die Wissenschaftler zwar noch keine
                                                                          neue Energiequelle für große und ener-
                                                                          giefressende Implantate wie Herzschritt-
                                                                          macher erschließen können. Doch mit
                                                                          der im Nanometer-Maßstab strukturierten
                                                                          Oberfläche ihres Nadel-Chips haben sie
                                                                          die Grundlagen beispielsweise für künf-
                                                                          tige energieautonome Implantate gelegt,
                                                                          die Körperfunktionen von Patienten per-
                                                                          manent überwachen.

                                                                          Inspirierende Stützröhrchen

                                                                          Die Oberflächen von Implantaten sind
                                                                          noch in anderer Hinsicht bedeutsam: Sie
                                                                          entscheiden darüber, inwieweit der Kör-
                                                                          per ein Implantat als fremd wahrnimmt
                                                                          und entsprechend reagiert. So bezieht Ralf
                                                                          Kemkemer vom Stuttgarter Max-Planck-
                                                                          Institut seine Inspiration nicht aus den
                                                                          Eigenschaften exotischer Organismen,

die Elektroden die Membran durchdrin-       Oben: Um nanometerfein
gen konnten. Die Spannung betrug über       strukturierte metallische
viele Stunden hinweg rund 50 Millivolt.     Oberflächen zu untersuchen,
Veränderten die Forscher gezielt etwa die   vermisst sie Doktorand
Luftfeuchtigkeit in der Umgebung des        Sebastain Weber an einer
Schleimpilzes, so reagierte dessen Mem-     Sicherheitswerkbank.
bran darauf mit messbaren Spannungs-
schwankungen – ein Ergebnis, das den        Rechts: Der in Heidelberg
Weg zum Einsatz des Chips als Sensor für    tätige Max-Planck-Wis-
Zellreaktionen weist.                       senschaftler Amin Rustom
   Von den experimentellen Resultaten       präsentiert eine nanostruk-
ermutigt, wandten sich die Wissenschaft-    turierte Gold-Oberfläche,
ler Kulturen menschlicher Bindegewebs-      ein Hoffnungsträger für
und Muskelzellen zu. Sie ließen die Zel-    viele Patienten.
len in einem Gefäß, das mit Nährmedium
gefüllt war, auf den Elektroden-Chip
absinken. Die nadelförmigen Elektroden
durchstachen die Membranen der Zellen
und lieferten über längere Zeit hinweg
elektrischen Strom mit einer Leistung
von rund zehn milliardstel Watt. Das
erscheint zwar extrem wenig. Doch, so

14 bild der wissenschaft plus
IMPLANTATE

sondern aus zahlreichen Gesprächen mit
den Herstellern von Stents – jenen klei-            Goldene Spitzen
nen Röhrchen, die Ärzte unter anderem
in Herzkranzgefäße einsetzen, um diese
offen zu halten und so die Gefahr eines
Infarktes zu verringern.
    Klassische Stents bestehen aus Edel-
stahl und bringen ein Problem mit sich:
Bei bis zu 30 Prozent der Patienten bildet
sich aufgrund der Wundheilung zu viel
neues Bindegewebe. Es verschließt lang-
sam den Stent – ein Vorgang, den Medi-
ziner Restenose nennen. Maßgeblich für
die Restenose verantwortlich ist das über-
steigerte Wachstum von glatten Muskel-
zellen, die das Gerüst der Blutgefäße bil-
den. Für Abhilfe sollen Stents sorgen, die
Medikamente freisetzen – zum Beispiel
Wirkstoffe, die auch zur Krebsbekämp-

                                                                                                                                                 bdw-Grafik: Quelle: Amin Rustom (MPI-IS, Uni Heidelberg)
fung eingesetzt werden. Doch auch diese
Stents gelten als nicht perfekt: Bei ihnen
ist das Risiko erhöht, dass sich aufgrund
von Gerinnungsprozessen Blutpfropfen
bilden. „Insofern verfolgen wir seit Län-
gerem die Idee, die innere Oberfläche
herkömmlicher Stents so zu strukturie-
ren, dass sie ohne Arzneistoffe das über-           Um die goldenen Nadeln zur Nutzung der Zellspannung herzustellen, wird auf eine Filtermem-
schießende Wachstum von verschiedenen               bran aus Kunststoff eine Goldschicht aufgebracht (1–3). Nach dem Ätzen des Kunststoffs (4)
Zelltypen wie den glatten Muskelzellen              erhalten die Goldnoppen einen Überzug aus Folie (5), die an den Spitzen entfernt wird (6).
hemmt“, sagt Kemkemer.
    Üblicherweise untersuchen Wissen-
schaftler die Wirkung von Implantaten        Zum einen haben sie im regelmäßigen Ab-       auf den strukturierten Oberflächen um
auf den Körper mithilfe bestimmter tie-      stand von einigen Mikrometern Rillen, die     meist deutlich mehr als die Hälfte verrin-
rischer Zellen, die sehr lange in Kultur     maximal 300 Nanometer tief sind. Zum          gert, bei 20- bis 30-Jährigen lediglich um
gehalten werden können und gleichsam         anderen befinden sich darauf winzige          höchstens 25 Prozent.
unsterblich sind. Kemkemer und seinem        Noppen aus Gold. Den Abstand der Nop-            „Unsere Ergebnisse zeigen, wie sich
Team ist dieses Vorgehen zu realitätsfern.   pen können die Forscher in einem Bereich      bei älteren Patienten durch eine geschick-
Stattdessen nutzen die Stuttgarter Wissen-   von 30 bis 150 Nanometern gezielt ein-        te Wahl der Oberflächentopografie mög-
schaftler menschliche Zellen, die bei Ope-   stellen. Ähnlich wie bei den Elektroden-      licherweise gezielt das Wachstum der
rationen abgefallen sind und direkt aus      Chips von Amin Rustom haben auch die          glatten Muskelzellen hemmen lässt“, re-
Herzkranzgefäßen stammen. Außerdem           Wissenschaftler um Kemkemer zur Her-          sümiert Kemkemer. Mit anderen Worten:
unterscheiden sie bei ihren Experimenten     stellung dieser Oberflächen verschiedene      Besitzen die Stent-Oberflächen Nanorillen
zwischen den glatten Muskelzellen und        Routineverfahren innovativ kombiniert.        mit bestimmten Abständen und Tiefen
den Endothelzellen, die die innere Wand         Brachten die Stuttgarter Forscher          sowie charakteristisch angeordnete Nano-
der Blutgefäße auskleiden. Doch das ist      solche Oberflächen mit Endothelzellen         noppen, könnten sie gerade für ältere Pati-
noch nicht alles: „Wir berücksichtigen,      oder glatten Muskelzellen zusammen, so        enten vorteilhaft sein. „Allerdings ist der
dass der Körper möglicherweise je nach       wuchsen und teilten sich diese deutlich       Weg von unseren eher grundlegenden Er-
Alter unterschiedlich reagiert, indem wir    weniger als auf herkömmlichen glatten         gebnissen bis zu einem optimierten Stent
das Alter der Zellspender in unsere Aus-     Oberflächen. „Dass strukturierte Ober-        noch weit“, betont Kemkemer.
wertung mit einbeziehen“, betont Kemke-      flächen diese hemmende Wirkung haben,            Doch er und seine Projektpartner ha-
mer, der nicht nur Forschungsgruppenlei-     hatten wir und andere Arbeitsgruppen          ben ebenso wie die Wissenschaftler um
ter am MPI-IS ist, sondern auch Professor    auch früher schon beobachtet“, berichtet      Amin Rustom den Anfang gemacht, um
an der Hochschule Reutlingen.                Kemkemer. Wirklich neu ist ein anderes        Implantate mithilfe neuartiger Oberflä-
    Die Kunststoff-Oberflächen, die die      Resultat der Experimente: Die Wachs-          chen zu verbessern. Und schon der grie-
Forscher mit den Zellen in Kontakt brin-     tums- und Teilungsrate war bei Zellen         chische Philosoph Aristoteles wusste: Der
gen, haben zwei besondere Merkmale:          von 45- bis 65-jährigen Testpersonen          Anfang ist die Hälfte vom Ganzen.        ●

                                                                                                       bild der wissenschaft plus 15
PORTRÄT

                Anders
                                              ist anders
                                  Gerrit Anders hat schon als Schüler den Wunderstoff Graphen erforscht
                                  und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet. Im Studium entwickelt er nun
                                  eine Methode, um das Kohlenstoff-Material industriell herzustellen.

                                  von Eva Wolfangel

Sein Herz schlägt für Graphen:
Der wundersame Stoff, dessen
Struktur Gerrit Anders als
Grafik auf seinem Rechner
zeigt, besteht aus Kohlenstoff-
Atomen, die in Sechserringen
angeordnet sind und in einer
ultradünnen Ebene liegen.

       16 bild der wissenschaft plus
E
                                   in Streber sieht anders aus. Der     naler Stoff ist – der einzige, den Physiker   mittag im Freibad oder im Café verbrin-
                                   junge Mann mit Bartstoppeln,         kennen. Was Wissenschaftler noch vor          gen und sich am Abend mit Gerrit treffen,
                                   ausgebleichten Jeans und Turn-       gut zehn Jahren für unmöglich hielten,        um gemeinsam fürs Studium zu büffeln.
                           schuhen ohne Schnürsenkel empfängt sei-      soll jetzt ein Material der Zukunft wer-          Aus der Ferne könnte man sich Ger-
                           nen Besuch im Foyer des Physikalischen       den: Graphen besteht aus einer einzigen       rit Anders nun tatsächlich als Streber
                           Instituts der Universität Heidelberg. Ein    dünnen Graphit-Schicht – nur einen Atom-      vorstellen oder als einen, dem der Ruhm
                           Büro hat er nicht. Schließlich ist er ein    Durchmesser stark. In der Vergangenheit       zu Kopf steigt und der neunmalklug die
                           normaler Zweitsemester-Student mit 19        hatten etliche Forschergruppen versucht,      Doktoranden im Labor belehrt. Doch
                           Jahren, der mit seinem Tablet-PC zwi-        die Schichten aus Graphit voneinander         beides ist grundfalsch. Er ist kein eng-
                           schen Mensa, Vorlesungssaal und Foyer        zu trennen und daraus Graphen herzu-          stirniger Wissenschaftler, der nur Zahlen
                           pendelt. Dennoch hat Gerrit Anders be-       stellen. Aber das war nicht effektiv genug.   und Formeln im Kopf hat, und auch kein
                           reits eine Forschungsgruppe an der Uni                                                     verdruckter Physikstudent, der es nicht
                           – und das macht ihn dann doch zu einem       Weg von der Verbrennung!                      schafft, die Vorzüge seines Faches in ver-
                           ungewöhnlichen Studenten.                                                                  ständliche Worte zu fassen.
                              Denn als sich der Abiturient 2013 für     Auch eines der heute gebräuchlichen Ver-          Im Gegenteil: Gerrit Anders schwärmt
                           ein Studium der Physik, Chemie und Psy-      fahren, die Pyrolyse, hält Gerrit für wenig   mit großen, leuchtenden Augen vom Spaß
                           chologie an der Uni Heidelberg bewarb,       zukunftstauglich: Dabei wird mit Tempe-       am Experimentieren und von der netten
                           hatte er bereits seine eigene Forschung im   raturen um die 1000 Grad Celsius gear-        Gesellschaft am Physikalischen Institut.
                           Gepäck: Schon als Schüler hatte er sich      beitet. Das verschlinge nicht nur enorm       Und er ist alles andere als ein Langewei-
                           mit der Herstellung von Graphen be-          viel Energie, sondern sei auch nicht für      ler, der nur ein Thema kennt. Wenn er
                           schäftigt, einem von vielen Forschern als    die Industrie geeignet, meint der Physik-     Zeit findet neben der Forschung an Gra-
                           „Wunderstoff“ bezeichneten Material.         student: „Eine Verbrennung ist eine un-       phen und dem Physikstudium, trainiert
                           Im Keplerseminar der Heidehof-Stiftung       kontrollierte Reaktion.“                      er abends Aikido oder spielt Badminton.
                           – einem Förderprogramm für naturwis-             Gerrit Anders arbeitet stattdessen bei    Außerdem will er im kommenden Semes-
                           senschaftlich begabte Schüler – erforschte   tiefen Temperaturen und mit sogenann-         ter als zweites Fach Psychologie studieren.
                           er das neue Material, das so hart ist wie    ten Aromaten – chemischen Substanzen          Auch mit Beachvolleyball hat er gerade
                           ein Diamant, dabei stärker als Stahl und     wie Benzol, bei denen sechs Atome ring-       angefangen. „So als Versuch“, sagt er und
                           zudem extrem leitfähig.                      förmig angeordnet sind: „Die sind schon       lacht. Vielleicht auch als Zugeständnis an
                              Das einzige Problem: Es gibt noch
                           kein industriell taugliches Herstellungs-
                           verfahren für Graphen. Das will Gerrit           „Ich finde es einfach so interessant,
                           ändern. Offenbar mit Erfolg: Schon als
                           Schüler zog er mit seinen Arbeiten zwei
                                                                                     dass ich mich in Vieles reingekniet und es
                           Mal in den Landes-Wettbewerb Baden-          schließlich doch verstanden habe.“
                           Württemberg von „Jugend forscht“ ein
                           und gewann schließlich 2013 den ersten
                           Platz beim Artur Fischer Erfinderpreis der   eben und müssen sich nur noch zweidi-         seine Freunde, die auch einfach mal etwas
                           Baden-Württemberg Stiftung. Seine Me-        mensional verknüpfen“, sagt er. Dieses        Banales mit ihm machen wollen.
                           thode der Graphen-Synthese beeindruck-       „nur noch“ hat mit komplexen chemi-              Doch im Vordergrund steht für ihn die
                           te anschließend auch die Jury des bun-       schen Reaktionen zu tun, in denen der         Forschung. Ihn treibt der gleiche Enthu-
                           desweiten Wettbewerbs „i hoch 3“, den        junge Forscher bestehende Wasserstoff-        siasmus an wie andere Jugendliche, die
                           das Berliner Ministerium für Wirtschaft      Bindungen durch andere chemische Bin-         tagein, tagaus mit dem Skateboard in der
                           und Technologie ausrichtet: Anders setzte    dungen ersetzt und dabei darauf achten        Pipeline einen Salto üben. Und die diesen
                           sich in diesem Wettstreit sogar gegen Ein-   muss, dass diese auch stabil genug sind       dann, einmal geschafft, immer weiter ver-
                           reichungen aus Universitäten durch und       – damit nicht alles zerfällt. Doch der Stu-   bessern und unermüdlich daran feilen, ein
                           siegte auch hier. „Sein Verfahren könnte     dent versichert, dass er dafür eine Lösung    noch besserer Skater zu werden. Ähnlich
                           ein Meilenstein in der Herstellung von       gefunden hat. Mehr will Gerrit Anders al-     fühlt sich die Forschung für Gerrit nicht
                           Graphen sein“, urteilte damals die Baden-    lerdings nicht verraten, denn derzeit läuft   nach Arbeit an, sondern eher nach Hobby.
                           Württemberg Stiftung.                        ein Patentverfahren, mit dem er seine         „Da steckt viel Leidenschaft drin“, sagt er.
                              Anders selbst will das so nicht stehen    Methode vor Nachahmern schützen will.         Und klassische Studentenpartys? „Nach
                           lassen: „Ich habe zumindest noch nichts         Die Sache ist jedenfalls kompliziert       dem Lernen lassen wir oft den Abend ge-
Fotos: T. Wegner für bdw

                           gefunden, was gegen diese Einschätzung       und hält Gerrit Stunde für Stunde im La-      meinsam ausklingen“ – mit Spielkarten
                           spricht“, sagt er vorsichtig – wohlwis-      bor. Freiwillig und ohne Bezahlung? Das       und dem einen oder anderen Bier.
                           send, dass sein Verfahren noch scheitern     mag für Außenstehende seltsam wirken.            Den Stolz über seine Erfolge trägt
                           kann. Eine Hauptschwierigkeit besteht        Aber er hat einfach nur ein anderes Hob-      Gerrit Anders wenig nach außen. Er ist
                           darin, dass Graphen ein zweidimensio-        by als seine Kommilitonen, die den Nach-      selbstgenügsam und bescheiden. Nur wer

                                                                                                                                 bild der wissenschaft plus 17
SCHÜLERPORTRAIT
PORTRÄT

    Obwohl er der Forschung im Phy-
    siklabor an der Uni einen großen
    Teil seiner Zeit widmet, kommt bei
    Gerrit Anders auch der Sport nicht
    zu kurz, vor allem das Badminton.

    genau nachfragt, bekommt eine Ahnung          Geim und Konstantin Novoselov für ihre        leistungsfähige Computerchips, aufroll-
    davon, wie sehr sich der junge Mann           Graphen-Forschung mit dem Nobelpreis          bare Smartphones oder federleichte Flug-
    freut, dass seine Forschung gewürdigt         für Physik geehrt wurden, machte dies         zeuge bauen zu können. Aber bis dahin
    wird. „i hoch drei ist ein echter Erfinder-   das „Wundermaterial“ bei einer großen         ist es noch ein weiter Weg. Denn bislang
    wettbewerb“, sagt er und strahlt wie ein      Öffentlichkeit bekannt. Die Berühmt-          beißen sich die Forscher die Zähne aus an
    Grundschüler, der zu Hause sein Zeugnis       heit des exotischen Stoffs erreichte auch     der Massenproduktion der zweidimen-
    voller Einsen vorzeigt.                       den Schüler in Althütte. „Ich wollte so-      sionalen Kristalle.
                                                  fort Solarzellen daraus bauen“, sagt er           Ob Gerrit Anders‘ Verfahren schließ-
    Roboter halfen beim Aufräumen                 heute und lacht über seine damalige           lich als Meilenstein in die Geschichte des
                                                  Naivität. Schließlich war der Wunder-         Graphen eingehen wird, steht noch in den
    Der Erfindergeist begleitet ihn offenbar      stoff noch lange nicht so weit, dass sich     Sternen. Allerdings: Auch die Jugendli-
    schon seit früher Jugend. Im Keller des el-   daraus Dinge herstellen ließen. Doch bis      chen in der Pipeline enden nicht alle als
    terlichen Hauses in Althütte bei Stuttgart    heute hoffen die Wissenschaftler, eines       Skateboard-Weltmeister. Aber eine gute
    lagert ein Kosmos-Chemiekasten. Damit         Tages aus Graphen beispielsweise extrem       Zeit bleibt trotzdem eine gute Zeit.    ●
    hat er – häufig zusammen mit seinem
    Vater, ebenfalls einem Physiker, – „alles
    gemacht, was man machen kann“: so-
                                                   Dünne Flunder aus der Bleistiftmine
    wohl vom Hersteller des Chemiekastens
    vorgesehene Experimente als auch selbst        Es klingt simpel, was die Physiker Andre Geim und Konstantin Novoselov
    ersonnene. Als Jugendlicher konstruierte       2004 schafften: Mit einem gewöhnlichen Klebestreifen zogen sie Material von
    er außerdem Legotechnik-Roboter, die           Graphit ab – dem Kohlenstoff-Material, aus dem Bleistiftminen hergestellt
    ihm beim Aufräumen seines Zimmers hal-         werden. Sie wiederholten das, bis eine Schicht übrig war, die nur aus einer
    fen. „Das war ein reines Faulheitskonst-       einzigen Lage von Kohlenstoff-Atomen bestand: Graphen, ein zweidimensiona-
    rukt“, sagt Gerrit Anders heute grinsend.      ler Kristall. In der extrem dünnen Substanz können sich Elektronen nur in zwei
    Immerhin hat diese kreative „Faulheit“         Richtungen bewegen. Diese Besonderheit verleiht Graphen außergewöhnliche
    den Schüler zu ingenieurtechnischen            Eigenschaften: Es ist äußerst biegsam und zugleich extrem robust. Elektrischer
    Höchstleistungen motiviert.                    Strom fließt darin schneller, als in den meisten anderen Stoffen. Das macht
       Als 2010 – Gerrit war da gerade 15 – die    Graphen für technische Anwendungen interessant. Was aber noch fehlt, ist ein
    beiden russischen Wissenschaftler Andre        Verfahren, um das Material einfach und billig in großer Menge herzustellen.

    18 bild der wissenschaft plus
3D-AUFNAHMEN

                                                                 Die Kamera,
                                                                 die alles sieht
                                                                             Ulmer Physiker haben eine Kamera entwickelt, die
                                                                             Zähne dreidimensional vermisst. Künftig soll sie auch Kratzer
                                                                             in Metalloberflächen erkennen.

                                                                             von Bernd Müller

                                                                             W
                                                                                         er eine Brille kauft, erwartet    konfokal. Die Kamera bildet Farben extra     Die Technologie aus Ulm ermöglicht es, Zähne bis auf
                                                                                         zu Recht, dass er damit die       schlecht ab. Ist die Distanz zum Zahn ge-    30 Mikrometer genau dreidimensional zu vermessen. Ein
                                                                                         Erdbeere rot und den Himmel       ring, dominiert auf dem Bild blaues Licht,   kompletter Kiefer ist damit in einer Minute erfasst.
                                                                             blau sieht. Das Institut für Lasertechno-     ist der Zahnschmelz weiter weg, über-
                                                                             logien in der Medizin und Messtechnik         wiegt rotes Licht. Über die Farbintensität
                                                                             an der Universität Ulm baut dagegen ab-       lässt sich so die Entfernung bestimmen.      Raimund Hibst. Messgeräte für Umwelt-
                                                                             sichtlich „Brillen“, die möglichst schlecht      Dieses Verfahren ist nicht neu. Doch      technik und Lebensmittelüberwachung
                                                                             „sehen“. Ihre Linsen bilden in der Nähe       die Ulmer haben es parallelisiert, indem     hat sein Team bereits entwickelt. Auch an
                                                                             nur blaues Licht scharf ab, in der Ferne      sie 1300 Bildpunkte mit ebenso vielen        der 3D-Messtchnik ist die Industrie sehr
                                                                             rotes. Das Ulmer Team stellt aber keine       Mikrolinsen in eine Kamera gebaut ha-        interessiert. Für manche Anwendungen
  Fotos: Institut für Lasertechnologien in der Medizin und Messtechnik (2)

                                                                             Sehhilfen für menschliche Augen her, son-     ben, die in die Mundhöhle hinein passt.      wünschen sich Unternehmen neben den
                                                                             dern solche, die in Kameras für medizini-     Die Zähne lassen sich auf 30 Mikrome-        3D-Koordinaten weitere Informationen,
                                                                             sche Anwendungen zum Einsatz kommen           ter genau dreidimensional vermessen. Ein     etwa über die Rauheit von Metallober-
                                                                             – insbesondere für die Zahnmedizin. Zum       Bild ist in wenigen Millisekunden aufge-     flächen oder Kratzer auf Zahnrädern. So
                                                                             Beispiel zum Vermessen des Gebisses: Statt    nommen, ein ganzer Kiefer etwa in einer      entstand die Idee, die Kamera so weiter-
                                                                             mit ekliger Knetmasse nehmen immer mehr       Minute. In diesem Tempo und mit dieser       zuentwickeln, dass sie sogar Strukturen
                                                                             Zahnärzte den Gebissabdruck mit einer         Präzision ist das neu und revolutionär.      erkennt, die kleiner als ein Mikrometer
                                                                             3D-Kamera auf. Das in Ulm entwickel-                                                       sind. Das Projekt „3D-plus – Produktions-
                                                                             te Gerät sendet weißes Licht durch eine       Überwachung von Lebensmitteln                umfeldgerechtes Multifokales Messsys-
                                                                             Optik aus und misst das von den Zähnen                                                     tem für die kombinierte Erfassung von
                                                                             reflektierte Licht durch dieselbe Optik.      Unser Institut kommt zwar aus der Me-        Topographie und lokaler Mikro- und
                                                                             Dabei befinden sich die kleine Lichtquel-     dizintechnik, „aber wir suchen für unse-     Nanostruktur“ finanziert die Baden-
                                                                             le und die Detektionsblende im gleichen       re Entwicklungen auch Anwendungen in         Württemberg Stiftung mit 420 000 Euro.
                                                                             Abstand zu dieser, Fachleute nennen das       anderen Branchen“, sagt Institutsdirektor    Projektpartner ist Sven Simon, Leiter des
                                                                                                                                                                        Instituts für Parallele und Verteilte Sys-
                                                                                                                                                                        teme der Uni Stuttgart, dessen Forscher
Materialdefekte blitzschnell aufgespürt:                                                                                                                                für die schnelle Datenauswertung sorgen.
Mit der neuartigen Kamera lassen sich                                                                                                                                       Im Unterschied zur Kieferkamera ist
selbst winzige Schrammen auf einem                                                                                                                                      noch ein zweiter Chip seitlich versetzt an-
Zahnrad zuverlässig und präzise erkennen.                                                                                                                               gebracht. Glatte Oberflächen reflektieren
                                                                                                                                                                        das Licht exakt wie ein Spiegel, Kratzer
                                                                                                                                                                        dagegen streuen es in alle Richtungen. Die
                                                                                                                                                                        zweite Kamera misst das seitlich reflek-
                                                                                                                                                                        tierte Licht. Vor allem längliche Kratzer
                                                                                                                                                                        oder Spuren vom Schleifen macht sie
                                                                                                                                                                        sichtbar. Auch für diese Kamera gibt es
                                                                                                                                                                        schon Interessenten – doch wer das ist,
                                                                                                                                                                        darf Raimund Hibst nicht verraten: „Ich
                                                                                                                                                                        habe einen ganzen Ordner mit Geheim-
                                                                                                                                                                        haltungsvereinbarungen im Schrank.“ ●

                                                                                                                                                                                   bild der wissenschaft plus 19
SENSORIK

    Bausteine für Biosensoren (von links):
    Hartmut Gliemann mit einem Träger
    für Tabakmosaikviren, Stefan Walheim
    mit präparierten Mikrochips, Christina
    Wege mit einem Modell der Viren-DNA.

                                                                  W
                                                                              enn Christina Wege und Hart-
                                                                              mut Gliemann erzählen, wie
                                                                              sie molekulare Bausteine zu

   Das kleinste                                                   neuen Strukturen kombinieren, um damit
                                                                  eines Tages ein Miniaturlabor zu bauen,

           Labor der Welt
                                                                  ist ihre Begeisterung zu hören. Wissen-
                                                                  schaftlichen Laien kann sich schon die
                                                                  Assoziation aufdrängen, die beiden wür-
                                                                  den Lego-Steine aufeinanderstapeln.
                                                                        In der Tat arbeiten die Stuttgarter
    Viren gelten als böse. Doch sie können auch nützlich sein –   Molekularbiologin und der Karlsruher
                                                                  Chemiker mit Bauklötzchen – allerdings
    etwa bei der Entwicklung von Biosensoren.                     mit sehr kleinen im Nanometer-Maßstab.
                                                                  Das visionäre Ziel ihres Forschungspro-
                                                                                                              Fotos: T. Klink für bdw

     von Roland Bischoff                                          jekts „Seriell angeordnete, kombinato-
                                                                  risch aktive Virusgerüste als Biosensor-
                                                                  Ensembles“: das Minilabor auf einem
                                                                  fingernagelgroßen Chip, mit dem sich

    20 bild der wissenschaft plus
Saatbeet für Viren-Sensoren

chemische Substanzen auch in geringster
Konzentration sofort und sicher bestim-
men lassen. Etwa Pestizide und Hormone
im Grundwasser, aber auch Blutwerte bei
einer Operation im Krankenhaus.
    Die Bauteile für das „Lab-on-a-Chip“
sind nicht nur mikroskopisch klein – zum
Teil fügen sie sich auch wie von Geister-

                                                                                                                                     bdw-Grafik: Quelle: Christina Wege (Uni Stuttgart)
hand selbst zu neuen Formen zusammen.
Dahinter stecken Viren, genauer gesagt:
Tabakmosaikviren, kurz TMV. Bevor sie
sich vermehren, dringt ihr Erbgut – die Ri-
bonukleinsäure (RNA) – über kleine Ver-
letzungen wie abgeknickte Blatthärchen
in Tabakpflanzen ein. Dadurch färben
sich deren Blätter stellenweise braun. Für     Auf Silizium wird mit Linker-DNA Tabakmosaikviren-RNA „geklebt“. Daran ordnen
Menschen und Tiere sind TMV ungefähr-          sich Hüllproteine an. So entstehen Viren-Stäbchen, die mit Enzymen versehen werden.
lich. Sie können aber viele Pflanzenarten
befallen. Landwirte und Pflanzenzüchter
sehen sie als Schädlinge. Mikrobiologen       der Tabakmosaikviren darauf, die sich an           Stäbchen wirklich als Biosensoren dienen
und Virologen nutzen sie dagegen gern als     die Linker-DNA koppelten. Dann gaben               können“, fasst Wege zusammen.
„Haustierchen“ im Dienst der Forschung.       sie Hüllproteine hinzu, die sich von allein            Ein Vorteil dieser „Bottom-up“-Strate-
    Die 300 Nanometer langen und 18 Na-       rings um die RNA-Stränge anordneten –              gie, bei der sich die molekularen Bauteile
nometer dicken Tabakmosaikviren beste-        es entstanden Viren-Stäbchen. Im Grun-             von selbst anordnen: Auf Mikrochips las-
hen aus einem RNA-Strang, den rund 2100       de läuft dabei die natürliche Vermehrung           sen sich nanometerkleine 3D-Strukturen
Protein-Moleküle umhüllen. Ein nackter        von Tabakmosaikviren ab, nur dass die              erschaffen. Eine Herausforderung ist es,
Strang bringt infizierte Pflanzenzellen da-   neuen Exemplare ortsfest gebunden sind.            die TMV-Stäbchen so aufzurichten, dass
zu, neue Hüllproteine zu produzieren, die                                                        alle stets senkrecht stehen. Dies wird es
sich um die RNA legen – ein neues Virus       Sensible Enzyme auf Stäbchen                       erlauben, viele Viren mit mehreren funk-
entsteht. Diesen Kopiermechanismus der                                                           tionalen Gruppen auf engsten Raum zu
Natur nutzen die Forscher, um spezielle       Dann müssen die TMV-Stäbchen funk-                 packen und so die Einheiten weiter zu
TMV herzustellen, die als Sensoren in ei-     tionalisiert werden. An ihre Hüllproteine          verkleinern. Eingebunden in das ambi-
nem Lab-on-a-Chip dienen. Einen ersten        lassen sich Substanzen mit diversen Reak-          tionierte Projekt ist deshalb auch Stefan
Prototyp haben Christina Wege, Hartmut        tionsgruppen heften, etwa Enzyme, die für          Walheim vom KIT-Institut für Angewand-
Gliemann und ihre Teams schon gebaut.         spezifische Reaktionen sorgen und so be-           te Physik. Der Physiker versucht mit raf-
    Im Institut für funktionelle Grenzflä-    stimmte Substanzen eindeutig nachweisen.           finierten Methoden, die TMV in dauer-
chen am Karlsruher Institut für Techno-       „Bei unserem Biosensor-Prototyp setzten            hafte Hab-Acht-Stellung zu bringen. Dazu
logie (KIT) behandelte Gliemann dafür         wir Glukoseoxidase und Peroxidase ein“,            bedampft er die Trägerplättchen mit me-
zunächst kleine Silizium-Plättchen mit        erklärt Hartmut Gliemann. Für den De-              tallorganischen Schichten, die die Viren-
„molekularer Tinte“. Sie dient als Kleb-      monstrator hat er zwei kleine, mitein-             Stäbchen schrittweise aufrichten sollen.
stoff. Mit der Spitze eines Rasterkraftmi-    ander verbundene Durchflusszellen aus              Dass das klappt, lassen elektronenmik-
kroskops tupfte er die Tinte im Abstand       Kunststoff entwickelt, in denen sich die           roskopische Aufnahmen vermuten. Noch
von fünf mal fünf Nanometern auf die          Trägerplättchen mit den TMV-Stäbchen               ist es ein langer Weg zum Lab-on-a-Chip.
glatte Oberfläche. Anschließend wurde         befinden. So lässt sich das empfindliche           Doch die Forscher aus Stuttgart und                                                      Exquisine/Fotolia.com

„Linker-DNA“ hinzugegeben, die an den         Mikro-Messsystem auch in einer rauen               Karlsruhe arbeiten weiter an der Realisie-
klebrigen Rasterpunkten hängenblieb. Es       technischen Umgebung einsetzen. In der             rung ihrer Vision und setzen dabei Nano-
ist, als würde man kurze Fadenstücke mit      ersten Zelle befinden sich Stäbchen mit            baustein auf Nanobaustein.              ●
einem Tropfen Leim auf eine Glasplatte        Glukoseoxidase, die TMV-Derivate in
kleben. „Damit“, sagt Gliemann, „war          der zweiten Zelle tragen Peroxidase. Lässt
die spätere Anordnung der TMV-Stäb-           man eine farblose Glukose-Lösung durch
chen auf der Fläche festgelegt.“ Christina    die Zellen fließen, startet eine Enzymkas-
Wege und ihre Mitarbeiter am Biologi-         kade. Am Ende entsteht unter anderem
schen Institut der Uni Stuttgart sorgten im   ein grün gefärbtes Salz. „Die Grünfärbung
nächsten Schritt für die räumliche Struk-     ist der Nachweis, dass die Lösung Gluko-
turierung auf den vorbehandelten Silizi-      se enthielt und die ruhig gestellten, mit
um-Plättchen. Sie streuten RNA-Stränge        Enzymen versehenen Tabakmosaikviren-

                                                                                                              bild der wissenschaft plus 21
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