PRESSENTE - Presseclub Regensburg

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PRESSENTE - Presseclub Regensburg
Ausgabe 2009

PRESSENTE
M a g a z i n d e s P r e s s e c l u b R e g e n s b u r G E . V. r e s s e c l u b R e g e n s b u r g

Club - Jubiläum                      Medienrealität                                          Rückblick
30 Jahre - und kein                  Vom Zuspitzen und                                       Retrospektive in
bisschen leise                       Abstumpfen                                              Bildern

Vom Wert des guten Journalismus

Die Zeitung ist tot.
Es lebe die Zeitung.

Medieninhalte auf Wunsch

Tim Weber
- der digitale
Prophet
PRESSENTE - Presseclub Regensburg
30 Jahre Presseclub

               CLUB
                      Dinge die es nicht gibt,
                      vermisst man nicht. Fängt
                      man aber an sie zu nutzen,
                      entsteht ein neues Bedürfnis.

                      Seit 1978 hat sich die Art der Kommunikation
                      geändert. Jeder Mensch hat seine persönlichen
                      Kommunikationskanäle, die ihn stets begleiten
                      und die er mit niemandem teilen muss.
                      Noch vor 30 Jahren war das ganz anders. Da gab es
                      ein Familientelefon und wenn man das Haus ver-
                      ließ, war man nicht mehr erreichbar. 1978 brauch-
                      te niemand eine E-Mail-Adresse oder eine Webprä-
                      senz und das „Wissen“ stand im Bücherregal.
                      Die Medien ändern sich, guter Journalismus bleibt.

                      Wir gratulieren dem
                      Presseclub Regensburg
                      zum 30. Geburtstag.
PRESSENTE - Presseclub Regensburg
Ludwig Faust                   Christine Schröpf                       Wolfgang Brun                      Stefan Mirbeth
Vorsitzender                   stellv. Vorsitzende                     stellv. Vorsitzender               Schriftführer

Liebe Mitglieder und Freunde des PresseClub Regensburg!

                E
                        s ist 30 Jahre her seit der Gründung unseres Clubs   abzuheben. Auch die Veränderungen im Alltag der Jour-
                        und den ersten Aktivitäten in den Clubräumen         nalisten tragen dazu bei, dass immer weniger Zeit für
                        Hinter der Grieb. Viele bekannte, bedeutende         Clubbesuche bleibt.
                        und interessante Personen sind ein und aus ge-
                gangen. Wir haben spannende Gespräche geführt, viele         Beiträge im vorliegenden Magazin greifen einige Gedan-
                Reisen unternommen und schöne Feste gefeiert.                ken zu den Themen Journalismus und Presseclubs auf.
                                                                             Daneben stellen wir Ihnen junge Journalisten und deren
                Freundschaften sind entstanden und gemeinsame In-            Sichtweisen vor, wagen einen Blick nach vorn und erin-
                teressen haben die Mitglieder zusammengeschweißt.            nern mit Worten und Bildern an Höhepunkte in unserem
                Es waren keine großen Anstrengungen nötig, um 1994           Clubleben.
                genügend Helfer für den Umbau der neuen Räume in der
                Ludwigstraße zu finden. Oder die Zahl der Mitglieder von     Genießen Sie das Magazin und nehmen Sie es als Anre-
                28 auf heute rund 270 zu erhöhen.                            gung, künftig öfter in den Clubräumen vorbeizuschau-
                                                                             en. Wir werden uns weiter anstrengen, Ihnen ein gutes
                Damals waren unsere Veranstaltungen noch ein richtiges       Programm und ein abwechslungsreiches Clubleben zu
                Alleinstellungsmerkmal, kaum eine Vereinigung kam auf        bieten.
                die Idee, hochkarätige Gäste zu Gesprächen einzuladen.
                Heute stehen wir einer Flut von Informationsangeboten
                gegenüber, die es schwer machen, sich von der Masse          Ihr Vorstand

Michael Bäuml                   Ludwig Bergbauer                       Ulrich Böken                       Ilka Meierhofer
Schatzmeister                   Vorstandsmitglied                      Vorstandsmitglied                  Vorstandsmitglied

          PRESSENTE                                                                                                                   3
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INHALT
                                                   Vorwort des PresseClub-Vorstands...............................................................................................................................................3

                                                   Vom Wert des guten Journalismus: Die Zeitung ist tot. Es lebe die Zeitung
                                                   von Heribert Prantl............................................................................................................................................................................6

                                                   Presseclubs: Orte wertebewusster Kommunikation mit gesellschaftlichem Anspruch
                                                   von Ludwig Faust............................................................................................................................................................................ 10

                                                   Das Vermächtnis der Gründergeneration: Gesprächskultur im PresseClub
                                                   von Harald Raab..............................................................................................................................................................................12

                                                   Der PresseClub Regensburg aus Sicht der Medienmacher
                                                   von Stefan Mirbeth........................................................................................................................................................................14

                                                   Auszeichnung für eine Publikation über Ostbayern: Der Eberhard-Woll-Preis
                                                   von Ludwig Faust............................................................................................................................................................................16

                                                   Veranstaltung 30 Jahre PresseClub Regensburg....................................................................................................................18

                                                   Entwicklung und Zukunft der regionalen Hörfunkberichterstattung: Dahoam bleibt nicht Dahoam
                                                   von Gerhard Schiechel...................................................................................................................................................................22

                                                   Vom Zuspitzen und Abstumpfen
                                                   von Rolf Thym..................................................................................................................................................................................26

                                                   Dr. Tim Matthias Weber: Der digitale Prophet
                                                   von Christine Schröpf....................................................................................................................................................................28

                                                   Freibrief für Willkür durch Verlage: Schreibsklaven am Existenzminimum
                                                   von Paul Hanske..............................................................................................................................................................................30

                                                   Mathias „Säm“ Wagner: Kameramann oder Redakteur
                                                   von Ilka Meierhofer........................................................................................................................................................................32

                                                   Seit 2003 gemeinsame Kommunikationsbasis: Deutsche Presseclubs im Forum verbunden
                                                   von Ludwig Faust............................................................................................................................................................................34

                                                   Wann der Journalist schweigen darf
                                                   von Rolf Bau.....................................................................................................................................................................................36

                                                   Rückblick in Bildern
                                                   Persönliches......................................................................................................................................................................................38
                                                   Politisches.........................................................................................................................................................................................40
                                                   Berufsständisches...........................................................................................................................................................................41
                                                   Vielfältiges........................................................................................................................................................................................42

Herausgeber:      PresseClub Regensburg e.V., Ludwigstraße 6, 93047 Regensburg
                                                                                                                                                                                                       IMPRESSUM
Autoren:          Rolf Bau, Ludwig Faust, Paul Hanske, Ilka Meierhofer, Dr. Heribert Prantl, Harald Raab, Gerhard Schiechel, Christine Schröpf, Rolf Thym
Titelbild:        Horst Hanske
Bilder:           Bayerischer Rundfunk, Ludwig Faust, Adolf Reisinger, Uwe Moosburger, Funkhaus Regensburg, Johann Schwepfinger, Fritz Stegerer
Produktion:       Tangrintler Medienhaus Verlags GmbH, Karl-Maag-Straße 4, 93155 Hemau
Druck:            Rotaplan Offset Kammann Druck GmbH, Hofer Straße 1, 93057 Regensburg

Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Mitgliedern, die durch ihre Anzeigen nicht nur ihre Wertschätzung gegenüber dem PresseClub Regensburg zeigen, sondern auch finanziell
unser Magazin und die Feier zum 30jährigen Jubiläum unterstützt haben.

                 PRESSENTE                                                                                                                                                                                                                          5
PRESSENTE - Presseclub Regensburg
Vom Wert des guten Journalismus
                                                                                                                   zeugt: Wenn die journalistische Bilanz
                                                                                                                   der Zeitung, eines Medienunternehmens
                                                                                                                   stimmt, stimmt auch die ökonomische.

Die Zeitung ist tot.
                                                                                                                      Mein Thema handelt von der Zukunft
                                                                                                                   der Zeitungen – und wenn ich von der
                                                                                                                   Pressefreiheit rede, davon, wozu sie gut
                                                                                                                   ist und was sie bedroht, dann rede ich

Es lebe die Zeitung.
                                                                                                                   vom Fundament unserer Zukunft – der
                                                                                                                   Zukunft der Zeitung. Wenn ich von der
                                                                                                                   Geschichte der Pressefreiheit und von
                                                                                                                   unseren Vorbildern rede, dann rede ich
                                                                                                                   davon, wo wir herkommen. Wenn wir
                                                                                                                   das nicht wissen, dann gibt es keine
Unser journalistischer Urahn Philipp Jakob Siebenpfeiffer, geboren im Revolu-                                      Zukunft, weil wir dann nicht wissen, wo
                                                                                                                   wir hin sollen.
tionsjahr 1789, war ein kämpferischer Mann, einer, der sich den Mund nicht
verbieten und den Schneid nicht abkaufen ließ. Er war Schüler des liberalen                                        Pressefreiheit praktizieren
Staatsrechtslehrers Karl von Rotteck, wurde mit 29 Jahren Landkommissar des                                        Vielleicht sollten Journalisten und Ver-
                                                                                                                   leger nicht so viel von der Pressefreiheit
Kreises Homburg in der Rheinpfalz, geriet aber bald mit dem Regime aneinander.                                     reden, sondern sie einfach praktizieren.
                                                                                                                   Ich nenne ausdrücklich beide: Verlage

E
                                                                                                                   und Redaktionen. Sie beide müssen in
         r trat aus dem Staatsdienst aus,      zung der freien Presse“. Im Mai 1832 lud er zum Hambacher           ihrer Arbeit zeigen, was Pressefreiheit
         wurde bürgerlicher Revolutio-         Fest. Dieses erste demokratische Fest war zugleich das erste        ist und was sie ihnen wert ist.
         när, demokratischer Volksmis-         große Fest der Pressefreiheit in Deutschland.                          Schlimmer als Cicero-Razzien, als
         sionar, Journalist, Verleger und         Ich beginne mit diesem unserem journalistischen Urahn,           Vorratsdatenspeicherung und On-
Streiter gegen die Zensur. „Die Zensur         weil mit ihm eine Reihe von großen Journalisten beginnt und         line-Durchsuchung sind die geistigen
ist der Tod der Pressefreiheit und somit       weil in dieser Reihe, hundert Jahre später, ein neuer Sieben-       Zwangsjacken, die sich der Journalismus
der Verfassung, welche mit dieser steht        pfeiffer steht: Ein heute ziemlich unbekannter Mann namens          selber anzieht. Zu beklagen ist eine Ten-
und fällt“, schrieb er in seiner Zeitung. Er   Erich Schairer. „Pressefreiheit ist das tägliche Brot für die De-   denz zur Vermischung von Information
verklagte die Regierung, als diese seine       mokratie.“ Dieser Satz war auch sein Satz – ein Motto, für das      und Unterhaltung. Zu beklagen ist die
Druckerpresse versiegelte: Das Versie-         Schairers Arbeit stand und sein Leben steht. Auch er war ein        Vermischung von Journalismus und PR.
geln von Druckerpressen sei genauso            kämpferischer Mann, ein Streiter für die Demokratie, erst in der    Zu beklagen ist die Verquickung von
verfassungswidrig wie das Versiegeln           Weimarer Republik, dann gegen die Nazis, schließlich in der         Journalismus und Wirtschaft, die Tat-
von Backöfen. Das ist ein wunderbarer          jungen Bundesrepublik. Er ließ es sich in jungen Jahren nicht ge-   sache also, dass sich immer mehr Jour-
Satz, weil darin die Erkenntnis steckt,        fallen, dass der Verleger der „Neckar-Zeitung“ seinen Leitartikel   nalisten zu Handlangern von Lobbyisten
dass Pressefreiheit das tägliche Brot ist      aus der Druckplatte herauskratzte. Also gründete er seine eigene    machen lassen. Wir verleihen Medi-
für die Demokratie. Vor über 175 Jahren        Zeitung, die „Sonntagszeitung“ mit dem schönen mutigen Credo        enpreise für „Kritischen Journalismus“.
zählte Siebenpfeiffer zu den Gründern          „kämpft gegen Kirchentum, Kapitalismus, Krieg und Gewaltherr-       Kritischer Journalismus – das sollte eine
der Vaterlandsvereine „zur Unterstüt-          schaft, für Geistesfreiheit, Gemeinwirtschaft, Gerechtigkeit und    Tautologie sein, ist es aber nicht.
                                               Frieden“ – ein partiell noch immer aktuelles Motto.                    Der Europäische Gerichtshof für Men-
                                                  Siebenpfeiffer und Schairer – beide wussten, dass Journalis-     schenrechte sprach im Jahr 2004 Ca-
                                               mus eine Aufgabe hat, die über das Geldverdienen hinausgeht.        roline, der Prinzessin von Monaco, eine
                                               Wenn man Rudolf Augstein noch in diese Reihe stellt, auch           geschützte Privatsphäre auch außerhalb
                                               er Journalist und Verleger, dann hat man mit diesen Namen           ihres Hauses zu; die Öffentlichkeit könne
                                               exemplarisch benannt, was Journalismus, Zeitung und Presse-         kein legitimes Interesse daran geltend
                                               freiheit in den vergangenen zweihundert Jahren geleistet ha-        machen, zu erfahren, wo die Prinzes-
                                               ben. Ich rede gern von diesen großen Namen des Journalismus,        sin sich aufhält und wie sie sich allge-
                                               weil sie nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die      mein in ihrem Privatleben verhält – und
                                               Zukunft des Journalismus stehen – und zwar dann, wenn die           zwar auch dann nicht, wenn sie sich an
                                               jungen Kollegen nicht nur lernen, wie der „Crossover-Journalis-     Orte begibt, die nicht als abgeschieden
                                               mus“ funktioniert, wenn sie nicht nur lernen, wie man effektiv      bezeichnet werden. Die Verleger und
                                               und schnell produziert, sondern wenn sie auch erfahren, dass        Chefredakteure von bunten Blättern
                                               es große journalistische Vorbilder gibt und warum sie es sind       sahen daraufhin das Ende der Presse-
                                               und wie sie es wurden. Warum? Weil sie nicht nur wunderbare         freiheit nahen, weil das Caroline-Urteil
                                               journalistische Handwerker und kluge Verleger waren, sondern        das Persönlichkeitsrecht über Gebühr
 dr. jur. Heribert Prantl                      weil sie eine Haltung hatten. Haltung – das Wort ist aus der        ausdehne.
 Leiter des Ressorts Innenpolitik der          Mode gekommen. Haltung heißt: für etwas einstehen, sich                Doch was, bitte, ist Prinzessin Caro-
 Süddeutschen Zeitung                          nicht verbiegen lassen, nicht von kurzfristigen Moden, nicht        line gegen den Verleger im Ruhrgebiet,
                                               von unrealistischen Gewinnerwartungen. Ich bin davon über-          der die komplette Lokalredaktion sei-

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PRESSENTE - Presseclub Regensburg
ner Münsterischen Zeitung vor die Tür
                                                                               setzte? Im Januar 2007 erfuhren 19 Re-
                                                                               dakteure, dass sie von diesem Moment
                                                                               an von der Arbeit freigestellt seien. Am
                                                                               Freitag produzierten sie die letzte Aus-
                                                                               gabe, die Montagsausgabe wurde bereits
                                                                               von einer neuen Mannschaft verantwor-
                                                                               tet, die der Verleger geheim und ab-
                                                                               seits der Tarifbindung aufgebaut hatte.
                                                                               „Damit erreicht“, so schrieb die „Neue
                                                                               Zürcher Zeitung“, „die Auslagerung jour-
                                                                               nalistischer Arbeit aus den traditionellen
                                                                               Strukturen von Redaktion und Verlag
                                                                               eine neue Dimension“. Schrittweise hatte
                                                                               der Verleger zuvor seine einstmals tau-
                                                                               send Mitarbeiter in Redaktionen, Druck-
                                                                               betrieben, Vertrieb und Verwaltung in
                                                                               zahlreiche Tochtergesellschaften ausge-
                                                                               gliedert. Die Umstände dieses Coups von
                                                                               Münster spotten jeder Beschreibung.

                                                                               Verantwortung der Verleger

                                                                               Und was bitte ist Prinzessin Caroline und
                                                                               das viel zitierte Caroline-Urteil gegen
                                                                               den Verleger Montgomery, der die „Ber-
                                                                               liner Zeitung“ behandelt, als handele
                                                                               es sich nicht um eine Zeitung, sondern
                                                                               um ein Spekulationspapier. Sicherlich
                                                                               ist eine gute Zeitung auch Wertpapier
                                                                               – aber in einem ganz anderen Sinne, als
                                                                               das Montgomery & Co meinen.
                                                                                   Pressefreiheit ist nicht die Freiheit,
                                                                               Redaktionen auszupressen oder sie, wie
                                                                               das immer öfter geschieht, durch redak-
                                                                               tionelle Zeitarbeitsbüros zu ersetzen,
                                                                               als gelte es, ein Call-Center eine Weile
                                                                               am Laufen zu halten. Pressefreiheit ist
                                                                               nicht die Freiheit, die Selbstständigkeit
                                                                               von Zeitungen zu beenden, in dem man
                                                                               ihnen allesamt den gleichen Mantel ver-
                                                                               passt, wie das gerade bei der WAZ-Grup-
                                                                               pe geschieht. Pressefreiheit ist schon gar
Die Zeitung der Zukunft - ein Wegweiser im Wirrwar der täglichen Ereignisse.   nicht die Freiheit der Heuschrecken,

             PRESSENTE                                                                                              7
PRESSENTE - Presseclub Regensburg
zusammengebrochen war, das „Ende der Geschichte“ ausgerufen
                                                                                            hat. Die Geschichte mochte sich dann nicht daran halten.
                                                                                               Aber es gibt einen Ehrgeiz, das Zeitungssterben zu beschleu-
                                                                                            nigen. In Berlin jedenfalls gibt es die schon genannte Zeitung,
                                                                                            die im Herbst 2005 vom britischen Investor David Montgome-
                                                                                            ry, dem Chef der Mecom-Holding, gekauft worden ist. Seitdem
                                                                                            bemüht sich das Mecom-Management seinen Statthaltern bei
                                                                                            der „Berliner Zeitung“ den Journalismus auszutreiben und aus
                                                                                            der Zeitung eine Benutzeroberfläche zu machen, auf der immer
                                                                                            weniger von dem platziert wird, was Geld kostet (nämlich gute
                                                                                            Artikel), aber immer mehr von dem, was Geld bringt (nämlich
                                                                                            Werbung und Product-Placement). Also werden Journalisten
                                                                                            entlassen, Korrespondenten eingespart, Redaktionen aufgelöst.
                                                                                            Die Chefredaktion verwandelt sich in eine Geschäftsführung.
                                                                                            Geist mutiert in Geistlosigkeit. Man spart, bis die Leser gehen.
                                                                                            Es ist wie eine absonderliche Version des Märchens vom Rum-
                                                                                            pelstilzchen: Es wird – aus Geldsucht und Unverstand – Gold
                                                                                            zu Stroh gesponnen. Heuschrecken fressen alles, auch die Pres-
                                                                                            sefreiheit.
Journalisten als Generalisten - ein Zukunftsmodell?
                                                                                            Internet - das Ende der gedruckten
sondern die Freiheit verantwortungsbe-         anderes als die Herstellung von Plastik-     Zeitung?
wusster Verleger und Journalisten.             folien, täuschen sich. Für die Hersteller
   Schon heute sagt jeder dritte Journa-       von Plastikfolien gibt es kein eigenes
list, dass die Zeit fehle, „um sich über ein   Grundrecht. Es hat einen Grund, warum        Mit Meyers Überlegungen hat das wenig zu tun: Als er davon
Thema auf dem Laufenden zu halten“.            es das Grundrecht der Pressefreiheit gibt:   schrieb, dass im Jahr 2043 zum letzten Mal ein Exemplar einer
Dadurch ist eine zentrale journalisti-         Pressefreiheit ist Voraussetzung dafür,      Zeitung im Briefkasten oder auf der Türschwelle irgendeines
sche Aufgabe gefährdet, und zwar nicht         dass Demokratie funktioniert. Wird die-      Bürgers irgendwo in den Vereinigten Staaten liegen werde, da
nur bei vielen kleinen lokalen Blättern        ser Grundsatz nicht mehr geachtet, wird      dachte er nicht an Heuschrecken, welche die Zeitungen und
– das Aufspüren von Entwicklungen, das         das Grundrecht grundlos. Dann verlieren      ihre Redaktionen kahl fressen – er dachte an das Internet:
Sammeln, Bewerten und Ausbreiten von           Zeitungen ihre Zukunft.                      Das neue Medium werde dem alten über kurz oder lang den
Fakten und Meinungen. Journalistische                                                       Garaus machen, weil es so rasend schnell sei und sich in der
Arbeit kann man nicht einfach in PR-           Ist die Zeitung 2043 tot?                    Echtzeit bewege. Meyer hat natürlich recht. Das Internet ist
Büros, lobbyfinanzierte Werbeagenturen                                                      rasend schnell, es ist allgegenwärtig und es hat etwas sym-
und Schreibbüros auslagern.                    Es gibt Leute, die arbeiten schon am Ent-    pathisch Antiautoritäres. Aber ein sympathisches neues Me-
   Genau das geschieht aber: Es besteht        wurf der Todesanzeige für die Zeitung:       dium bedeutet mitnichten automatisch das Ende des sympa-
wie noch nie seit 1945 die akute Gefahr,       „Geboren 1603 in Straßburg/Elsass, ge-       thischen alten. Das Internet ist nicht das Ende der gedruckten
dass der deutsche Journalismus verflacht       storben 2020. Wir werden der Zeitung         Zeitung. Es nimmt der gedruckten Zeitung nur eine Aufgabe
und verdummt, weil der Renditedruck            ein ehrendes Andenken bewahren.“ Die         ab, die sie bisher, so gut es halt ging, zu erfüllen versuchte.
steigt; weil an die Stelle von sach- und       Beerdigungsredner reden allerdings           Bei der „Vermeldung“ von Ereignissen kommt und kam die
fachkundigen Journalisten immer öfter          nicht von der Zusammenlegung von Re-         Zeitung bei allem Bemühen immer zu spät.
Produktionsassistenten für Multimedia          daktionen, wie es bei der WAZ gerade            Der Tod Napoleons auf St. Helena am 5. Mai 1821 wurde in
gesetzt werden, wieselflinke Generalis-        geschieht, auch nicht von entlassenen        der „Londoner Times“ als erster Zeitung zwei Monate später
ten, die von allem wenig und von nichts        Redakteuren und nicht vom Outsourcing        gemeldet. Die „Vossische Zeitung“ in Berlin druckte die Times-
richtig etwas verstehen. Aus dem Beruf,        – sondern vom Internet.                      Meldung weitere zehn Tage später nach. Die Meldung über
der heute Journalist heißt, wird dann ein         Seitdem der amerikanische Publizist       Mahatma Gandhis Tod lief 1948 schon wenige Minuten nach
multifunktionaler Verfüller von Zeitungs-      Philip Meyer im Jahr 2004 ein Buch mit       dem Schuss des Attentäters in allen Orten der Erde ein. Sie gilt
und Webseiten. Solche Verfüllungstech-         dem Titel „The Vanishing Newspaper“          als das klassische Beispiel moderner Nachrichtentechnik.
nik ist allerdings nicht die demokratische     veröffentlicht, also das Verschwinden           Der Fortschritt der Technik und ihr Einsatz im Nachrichten-
Kulturleistung, zu deren Schutz es das         der Tageszeitung angekündigt hat, hö-        wesen schlugen sich in Zeitungstiteln wie „Telegraph“ nieder.
Grundrecht der Pressefreiheit gibt.            ren sich die Podiumsdiskussionen auf         Telefon, Funk, Satellit, Radio und Fernsehen machten aus einer
   Der Presse ist die Freiheit garantiert.     Medientagen über das Internet so an          distanzierten eine fast miterlebende Öffentlichkeit – aber nur
Presse sind Journalisten, Verleger, Me-        wie Vorbereitungen zur Beerdigung der        fast. Das Internet beendet das „fast“. Weil es das Internet mit
dienunternehmen. Die Pressefreiheit            Zeitungen. Für derlei Überlegungen ist       seiner schnelleren Methode der bloßen Informationsvermitt-
könnte entfallen, wenn diese Freiheit          es aber erstens ein bisschen früh, denn      lung gibt, kann sich die Zeitung auf anderes konzentrieren: auf
als Freiheit ohne Verantwortung miss-          selbst Professor Meyer hat den Tod der       Analyse, Hintergrund und Kommentierung, auf Sprachkraft,
verstanden wird und wenn Medienun-             Tageszeitung erst für das Jahr 2043 vor-     Gründlichkeit und Tiefgang, auf all das, was sich in der Hetze
ternehmen sich nur noch als Rendite-           hergesagt. Zweitens könnte es sich mit       der Echtzeit im Internet nicht leisten lässt.
unternehmen wie jedes andere auch              Meyers Prophezeiungen so verhalten wie          Die Zeitung kann, soll, muss Wegweiser im Wirrwarr sein. Sie
verstehen. Manager, die glauben, die           mit denen seines Kollegen Francis Fukuy-     kann, soll, muss Informationen destillieren, konzentrieren, aus-
Herstellung von Druckwerken sei nichts         ama, der 2002, als das östliche Imperium     werten, bewerten. Sie kann, soll, muss Gebrauchsanweisung

   8
PRESSENTE - Presseclub Regensburg
für das digitale Diesseits sein – eine Weltbühne zudem. Wenn
eine Zeitung das alles gut macht, wird sie immer genügend
Leser haben, die sich an ihr festhalten, weil die Zeitung der
                                                                    und Internet sich ergänzen. Ich bin über-
                                                                    zeugt davon, dass das stimmt – wenn
                                                                    jedes Medium seine spezifischen Stärken
                                                                                                                 30Jahre
                                                                                                                 Presseclub Regensburg
Realitätsvergewisserung dient, weil sie ein Schlüssel ist zum       kennt und nutzt. Die Stärke des Inter-
Verstehen der globalisierten Welt, deren Abbild das Internet ist.   nets ist seine Rasanz und die unmittel-
Eine solche Tageszeitung wird eine Solidität und eine Autorität     bare Kommunikation mit dem Leser. Die
haben, von der das Internet nur träumen kann.                       Stärken der Zeitung sind Reflexion und
   Die Tageszeitung muss und wird sich verändern – sehr viel        Tiefenschärfe und eine große Befriedi-
mehr, als die Konkurrenz von Rundfunk und Fernsehen sie ver-        gungskraft.
ändert hat. Der Inhalt der Zeitung wird ein anderer sein, als man
es bisher gewohnt war, aber sie wird immer noch und erst recht      Zeitung hat Zukunft
Zeitung sein: Und die Texte, die dort stehen, werden Nachrichten
im Ursinne sein – Texte zum Sich-danach-Richten.                    Für Zeitungen gilt: Autorität kommt von
   Das gibt es nicht umsonst, das kostet. Mit einem Journalis-      Autor. Und: „Qualität kommt von Qual“
mus, der verdummt, kann man das nicht leisten. Ein Billigjour-      – der Satz ist im Eingang der Hamburger
nalismus zum Wegwerfen, nicht zum Lesen. Wenn sich eine             Henri-Nannen-Journalistenschule zu
Zeitung an Anzeigenblättern orientiert, ist sie keine Zeitung       lesen. Er gilt nicht nur für Journalisten-
mehr, sondern eben ein Anzeigenblatt.                               schüler. Er meint nicht, dass man seine
   Zeitung und Internet: die bloße Beschwörung des Riepl’schen      Leser mit dümmlichem, oberflächlichem,
Gesetzes hilft nichts. Es lautet kurz gefasst so: Kein neues Me-    billigem Journalismus quälen soll. Dieser
dium ersetzt ein altes. Dieser Satz ist der große Hoffnungssatz     Satz verlangt von Journalisten, dass sie
der Zeitungsverleger. Wolfgang Riepl, der jahrzehntelang Chef-      sich quälen, das Beste zu leisten – und er
redakteur der Nürnberger Zeitung war, entwickelte ihn 1913          verlangt von Verlegern, dass sie die Jour-
in seiner Dissertation: Es ergebe „sich gewissermaßen als ein       nalisten in die Lage versetzen, das Beste     Hans Schaidinger
Grundgesetz der Entwicklung des Nachrichtenwesens, dass die         leisten zu können.                            Oberbürgermeister der
einfachsten Mittel, Formen und Methoden, wenn sie nur einmal           Die letzte Ausgabe der „Weltbühne“         Stadt Regensburg
eingebürgert und brauchbar befunden worden sind, auch von           vom 7. März 1933 endete mit dem Satz:
den vollkommensten und höchst entwickelten niemals wieder           „Denn der Geist setzt sich doch durch“.       „Der PresseClub Regensburg ist eine
gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt           Das ist – auch in viel weniger schwie-        Institution, die sich in den 30 Jahren
werden können, sondern sich neben diesen erhalten, nur dass         rigen Zeiten als damals – ein gutes Mot-      ihres Bestehens eine hohe Anerken-
sie genötigt werden, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete         to für eine gute Zeitung. Der Geist setzt     nung erworben hat. Ich schätze sei-
aufzusuchen.“ Das hat sich bisher bewahrheitet.                     sich durch – das heißt: Qualität setzt        ne Funktion als Nachrichten- und
   Wenn Zeitungshäuser klug sind, dann machen sie das In-           sich durch, guter Journalismus setzt sich     Meinungsbörse und bedauere, dass
ternet zu einem Appetizer für die Zeitung, denn dann weckt          durch. Guter Journalismus ist Journa-         ich nur selten Zeit für einen Besuch
der Online-Journalismus den Appetit auf mehr. Aber dann muss        lismus, der Geld kostet, aber auch Geld       im PresseClub finde. Ich fühle mich
auch der Appetizer Qualität haben, sonst kann er nicht Appetit      bringt. Guter Journalismus hat Zukunft.       in dieser Runde stets wohl und freue
auf mehr machen. Es wird viel davon geredet, dass Zeitungen         Also hat Zeitung Zukunft.                     mich auf weitere interessante Veran-
                                                                                                                  staltungen.“

                                         Für uns selbstverständlich :
                                        Wasser, Licht, Wohnen, Auto, Nahrung
                                        und noch vieles mehr.

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                                     ist immer und überall!
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               PRESSENTE                                                                                                                            9
PRESSENTE - Presseclub Regensburg
Qualität ein wichtiges Gut für die Zukunft der Presseclubs

Wertebewusste Kommunikation
Bei der Gründungsversammlung des PresseClubs Regensburg am 5. Oktober 1978                                        teres positives Ergebnis sein.
                                                                                                                  Die Führungsteams der Clubs sind Seis-
im Ratskeller hat der Vorsitzende Eberhard Woll den potenziellen Mitgliedern                                      mografen für Stimmungen und Ent-
                                                                                                                  wicklungen und damit ein weiteres
in seiner Rede reinen Wein eingeschenkt: Die Mitgliedschaft bedeutet einen
                                                                                                                  Qualitätskriterium. Sie vermitteln, kon-
Abend weniger Freizeit pro Woche, „Vereinsmeierei“ wie Wahlen, Anträge                                            zipieren und steuern nötigenfalls gegen
                                                                                                                  Trends, die schaden könnten. Das ge-
oder Debatten über Anträge, das Ringen um gute Veranstaltungen und das                                            lingt nur, wenn kompetente Frauen und
Gespräch über berufsspezifische Themen, wie sie mancher nach Feierabend                                           Männer bereit sind, mitzumachen und
                                                                                                                  Verantwortung zu übernehmen. Men-
gerne vermeiden würde.                                                                                            schen, die nicht nur ihr journalistisches
                                                                                                                  Handwerk gelernt haben und die Regeln

D
                                                                                                                  beherrschen. Sprachlich und ethisch.
          ie 28 Frauen und Männer sind        „Mit allen demokratischen Kräften und Einrichtungen zu kom-         Sondern auch soziale Kompetenz zei-
          nicht, wie Eberhard Woll be-        munizieren sowie mit allen Vertretern des öffentlichen Lebens       gen. Sie sind die Ansprechpartner für
          fürchtet hatte, in Scharen da-      Gedanken und Meinungen auszutauschen“ schreibt unsere               den Nachwuchs, in den Redaktionsstu-
          vongelaufen. Die Gründung           Satzung sinngemäß vor und liefert den ersten Wertmaßstab.           ben und weitab vom täglichen Geschäft
unseres Clubs ist glatt über die Bühne                                                                            im vertraulichen Clubgespräch.
gegangen. Alle haben erkannt, dass die        Kommunikation, Gedanken- und Meinungsaustausch - wann
Vorteile vermeintliche Nachteile bei          und wo haben wir es das letzte Mal wirklich getan und mit           Presseclubs sind keine Altherrenriegen,
weitem überwiegen.                            welcher Intensität? Es geht nicht um den netten Plausch mit ir-     wo alte Kamellen zum xten Male aus-
Heribert Prantl, Jurist und Leiter des Res-   gendjemandem, sondern um das intensive Gespräch mit Persön-         getauscht werden und mit steigendem
sorts Innenpolitik der Süddeutschen           lichkeiten, die sich in spezifischen Themen Wissen angeeignet       Alkoholkonsum unbewältigte Vergan-
Zeitung, macht sich auf Seite 6 unter         und Erfahrungen gesammelt haben. Und die bereit sind, einen         genheit zur Glorie emporsteigt. Wo der
dem Titel „Die Zeitung ist tot. Es lebe die   Teil davon an uns oder eine größere Öffentlichkeit weiterzuge-      „Eliteclub-Gedanke“ auflebt, wo man
Zeitung“ Gedanken zum Wert des guten          ben. Es geht auch um die Auseinandersetzung mit Personen,           unter sich ist und alles Wissen tunlichst
Journalismus. Analog zu seinem Beitrag        die wichtige Positionen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder   ebenda hält. Das heißt keineswegs, dass
ist es zum 30jährigen Jubiläum des Pres-      Sport einnehmen und aufgrund dessen die öffentliche Meinung         der gepflegte Plausch in vertrauter Run-
seClub Regensburg eine gute Anregung,         beeinflussen oder es zumindest versuchen.                           de oder das gemeinsame Fest verpönt
sich auch Gedanken zum Wert des guten                                                                             sind. Oder dass Kolleginnen und Kolle-
Presseclubs zu machen.                        Zentren für den Informationsaustausch                               gen fortgeschrittenen Alters nicht herz-
                                                                                                                  lich willkommen sind. Im Gegenteil. Mo-
                                              Wer sich Zeit nimmt, trifft solche Menschen im PresseClub.          derne Clubs lassen alle am erworbenen
                                              Und bekommt die Chance, mit ihnen Gedanken auszutauschen,           Wissen teilhaben, fördern den Erfah-
                                              von Angesicht zu Angesicht, ohne Umwege und Filter. Er kann         rungsaustausch zwischen alt und jung.
                                              spontan seine Meinung sagen. Der Club wahrt den respektvollen       Wenn ein solcher Geist herrscht, werden
                                              Abstand, zoomt aber die scheinbar großen Tiere auf überschau-       Presseclubs wieder Mittelpunkte des
                                              bares Format heran. Minister, Präsidenten, Wissenschaftler,         gesellschaftlichen Lebens. Und Treff-
                                              Geistliche oder Wirtschaftsbosse erscheinen auf Augenhöhe. Es       punkte für die kompetenten Ansprech-
                                              fällt so leichter, Ihnen kritisch-distanziert gegenüberzustehen,    partner aller Gesellschaftsschichten, die
                                              ihre Gedanken und Aussagen richtig einzuordnen und dagegen          ihrerseits Gelegenheit suchen, andere
                                              zu halten, wenn Herz und Verstand es fordern.                       kennen zu lernen, sich auszutauschen
                                              Dieser Idealzustand kann erreicht werden, wenn das Auditori-        und Informationen weiterzugeben. Ein
                                              um entsprechend qualifiziert ist, also in seiner Gesamtheit über    Ort also, wo wichtige Hintergründe zu
                                              genügend Sachverstand verfügt, um Paroli zu bieten. Und sich        erfahren sind, interessante Jobs verge-
                                              traut, dies in angemessener Weise zu tun. Der Ansporn, sich         ben werden oder neue Themen generiert
 Ludwig Faust,
 1. Vorsitzender                              selbst mehr Wissen anzueignen, muss ein Resultat aus solchen        werden.
 PresseClub Regensburg e.V.                   Diskussionen sein. Eine Meinung zu ändern, die sich gefestigt       Wenn in diesem Zusammenhang der Be-
                                              hat, weil sich das Ego weigert, zu hinterfragen, kann ein wei-      griff „Netzwerken“ auftaucht, ist damit

  10
den die Medienleute kommen, um ihr
                                                                                                               Wissen zu erweitern, selbiges vielleicht
                                                                                                               am nächsten Tag zusammenzufassen,
                                                                                                               um es ihren Lesern in journalistisch
                                                                                                               sauberer Form zu präsentieren. Letztere
                                                                                                               werden sich freuen über die gute Arbeit
                                                                                                               und künftig eifrig nach weiteren Beiträ-
                                                                                                               gen suchen. Entweder unter dem Namen
                                                                                                               des Autors oder dem Verweis auf den Ort,
                                                                                                               wo sie ihre Erkenntnisse gewonnen oder
                                                                                                               vertieft haben. Sofern der Autor wie so
                                                                                                               oft nicht vergisst, ihn zu nennen.
                                                                                                               Viele Presseclubs haben sich von der
                                                                                                               eben beschriebenen Vision entfernt.
                                                                                                               Noch nicht weit genug, dass die nega-
                                                                                                               tiven Entwicklungen für alle auffällig
                                                                                                               wären.

                                                                                                               Verantwortung übernehmen

                                                                                                               Mit der Rückbesinnung auf ihre Aufga-
                                                                                                               ben und einer daraus folgenden Kurskor-
                                                                                                               rektur kann eine Renaissance gelingen.
Interessante Gäste wie die einstige CSU-Rebellin Gabriele Pauli oder aktuelle Themen sorgen dafür,             Hilfe und Unterstützung darf aber nicht
dass der Club bis auf den letzten Platz gefüllt ist.                                                           nur auf den Schultern der Presseclub-
                                                                                                               Mitglieder ruhen. Es sind die Frauen und
                                                                                                               Männer aus der Journaille, den Vereinen,
durchaus die in Bayern bekannte „Spezl-     Netzwerkes zu nutzen versteht, kann mit Pfründen wuchern,          Verbänden und allen Wirtschaftszwei-
oder Vetternwirtschaft“ gemeint. Aber       die er nur schwer oder vielleicht überhaupt nicht außerhalb        gen, die Verantwortung dafür tragen,
nicht im negativen Sinn, wo Mächtige        dieses Verbundes bekommen kann. Wenn die Presseclubs es            die Qualität der Presseclubs und damit
weniger Mächtige in Positionen hieven,      schaffen, diese Qualitätsansprüche zu erreichen, werden sie        vielleicht auch der ganzen Presse zu si-
für die sie nicht qualifiziert oder gar     den Respekt in der Öffentlichkeit, der ihnen in die Wiege gelegt   chern.
gänzlich ungeeignet sind. Netzwerken        ist, solide untermauern und weiter festigen. Dann wird kein        Wenn wir alle jetzt wachsam sind, müs-
heißt, sich qualitätvolle Kontakte aufzu-   Mensch mehr auf den Gedanken kommen, Veranstaltungen in            sen wir nicht um den Wert der Presse-
bauen, zu pflegen und neue Beziehungen      den Clubs als billiges Sprachrohr zu missbrauchen. Dann wer-       clubs oder gar deren Existenz bangen.
zu knüpfen.
Es heißt aber auch, sich selbst einzu-
bringen und nicht nur vom Wissen an-
derer zu profitieren. Ein Journalist ohne
ein funktionierendes Beziehungsgeflecht
sollte innehalten und überlegen, woran
das wohl liegt...

Netzwerke pflegen

Presseclubs sind Knotenpunkte für Netz-
werke, im lokalen und regionalen wie
nationalem Geflecht. Seit 2002 gibt es
das Forum Deutscher Presseclubs.
Die Vertreter der wichtigsten Clubs in
Deutschland treffen sich jährlich, um
Gedanken und Erfahrungen auszutau-
schen. Leider ist es bisher nicht gelun-
gen, dieser wichtigen Einrichtung zu dem
Stellenwert zu verhelfen, den sie eigent-
lich verdient. Ist es bekannt, dass jedes
Presseclub-Mitglied die Veranstaltungen
aller im Forum zusammengeschlossenen
Clubs besuchen kann? Oder dass unter
diesem Dach einige Tausend Journalisten     Kulturprogramm - Führung der PresseClub-Mitglieder durch die Ausstellung des Malers Lovis Corinth
vereinigt sind? Wer nur einen Teil dieses   im Kunstforum Ostdeutsche Galerie.

               PRESSENTE                                                                                                                         11
Das Vermächtnis der Gründer-Generation

Gesprächskultur im Presseclub
Er war in erster Linie für die jungen Leute gedacht und ist halt doch eher Anlaufstelle und Bühne
für die Etablierten aus den Redaktionen, den Pressestellen der öffentlichen Institutionen und
Firmen geblieben oder eher noch mit der Zeit erst geworden: der Presseclub Regensburg.

A
          lt ist er nun 30 Jahre, zu jung ei-
          gentlich, um selbst etabliert zu
          sein - wenn man diese Eigen-
          schaft gleichsetzt mit Satu-
riertheit und dem Gesellschaftsspielchen
des ideologischen Fassadenbaus: Man
spricht öffentlich anders als man denkt
und erst-recht handelt.

   Es war nichts besser, nur anders –
damals vor 30 Jahren. Hat es dennoch
mehr eigenwillige Charaktere in dem
gleichermaßen über- wie unterschätzten
Journalistenberuf gegeben? Vielleicht
schon. Doch die Zeit war auch eine an-
dere. Sie ließ mehr Spielraum für Indivi-
dualität. Und auch das darf beim Blick
zurück nicht außer Acht gelassen wer-
den: Da war noch die Generation aktiv
– auch in Regensburg -, die die Katastro-
phe des 20. Jahrhunderts, den Zweiten
Weltkrieg, als junge Menschen, einige
auch nur als Kinder, mit erlebt hat. Ob
konservativ, liberal oder sozialistisch ge-     Ein Höhepunkt in den vergangenen 30 Jahren war die Diskussion zwischen Daniel Dagan, einem Jour-
prägt: Das Niewieder war ihnen in Herz          nalisten aus Israel, und Abdallah Frangi, dem damaligen PLO-Repräsentanten in Deutschland.

                                                und Hirn gebrannt, auch wenn die Restauration gerade in der       gagieren. Medien und Masse bedingen
                                                Region fröhliche Urständ gefeiert hat.                            einander, bilden einen sich immer nur
                                                   Da war wohl auch noch der Glauben, Journalismus, die Zei-      selbst bestätigenden Regelkreis mit re-
                                                tungen, der Rundfunk, das Fernsehen, wären so etwas wie die       gelmäßig sich aufschaukelnden hyste-
                                                vierte Gewalt im Staat, die Wächter der Demokratie und der        rischen Anfällen.
                                                Freiheit. Unterhaltung war zwar in den Medien auf dem Vor-
                                                marsch, aber immer noch in einer Sonntagsbeilagen-Nebenrol-       Ort der Begegnung
                                                le. Heute ist die Wasserträger-Mentalität weit verbreitet und
                                                wie selbstverständlich internalisiert. Beliebigkeit ist Trumpf,   Es waren vor drei Jahrzehnten auch
                                                Wertigkeit zu wagen und auszudrücken, des Teufels. Infotain-      Mangelerscheinungen, die Angst vor
                                                ment ist die von den Heerscharen der Redaktionsberater für        dem, was dann irgendwie auch gekom-
                                                teueres Geld verkündete frohe Botschaft. Der Leser, der Hörer,    men ist, die Männer wie einen Eberhard
                                                der Zuschauer ein infantiles Wesen, dessen Instinkte bedient      Woll, den Lokaljournalisten, wie Dr.
                                                werden müssten? Die Folge ist: Die Bürger verabschieden sich      Werner Huber, den vormaligen Feuille-
 Harald Raab                                    aus den öffentlichen Angelegenheiten. Es wird ihnen einerseits    tonisten, umgetrieben haben, einen Ort
 Gründungsmitglied                              zu wenig an Staatsbürgerpflicht abverlangt, andererseits sind     der Begegnung für Journalisten und für
 Presseclub Regensburg e.V.                     sie zu träge geworden, sich zu informieren. Erst recht sind sie   alle die zu schaffen, die professionell im
                                                nicht bereit, sich in den öffentlichen Angelegenheiten zu en-     Medienvorfeld arbeiten. Jeder, der sich

  12
an diese Zeit erinnert und nach dem
Motivbündel für die Gründung des Re-
gensburger Presseclubs fragt, bekommt
                                              Liefländer, schon stets der Reinheit der Sprache verpflichtet und
                                              somit langjährige Schriftführerin, hat es zu verhindern gewusst.
                                              Priesterkragen und Mülleimer, das ginge ja wohl nicht zusam-
                                                                                                                   30Jahre
                                                                                                                   Presseclub Regensburg
immer auch diese Antwort: Man wollte          men. Jetzt ist Völkl Ehrenmitglied des Clubs und Irene Liefländer
dem Nachwuchs ein Forum bieten, von           noch eine der Treuesten, wenn zu einer hochkarätigen Veranstal-
den Älteren und deren Erfahrungen ler-        tung eingeladen wird.
nen, die Begegnung mit Politikern und            Eberhard Woll als Vorstand und Werner Huber als 2. Vorsitzen-
allen, die sich in Wirtschaft, Gesellschaft   der: ein sich perfekt ergänzendes Duo, bedächtig, aber beharrlich
und Kultur für wichtig erachten. Dass der     organisierend der eine, ein sensibler Intellektueller mit Boden-
journalistischen Berufskultur ein Refugi-     haftung der andere. Vereint in dem Willen, jungen Journalisten
um geschaffen werden konnte, ist auch         auch in der Provinz Horizonte zu eröffnen. Das, was sich damals
dem damaligen Verleger der Mittelbaye-        Volontärsausbildung nannte, war im günstigsten Fall Learning by
rischen Zeitung, Karl-Heinz Esser, zu dan-    doing. Nicht zu vergleichen mit den Anstrengungen heute. We-
ken. Er, dem die Sorge um eine Zeitung        nigstens außerhalb des Redaktionsbetriebs journalistische Stan-
im Dienst der Bürger und nicht der poli-      dards zu vermitteln – eine gute, weil notwendige Sache. Doch
tischen und gesellschaftlichen Führungs-      es war auch in den Anfangsjahren nicht leicht, den Nachwuchs
kader am Herzen lag, betätigte sich zu-       für den Presseclub zu begeistern. Über das in der Praxis sofort
verlässig als Mäzen des Langzeitprojekts.     Verwertbare hinaus sich um berufliche Kultivierung zu bemühen,
   Der Sinn war, dass im Presseclub das       das war und ist das beharrliche Bohren der sprichwörtlich dicken
kritische Gespräch, die leidenschaftliche     Bretter. Der Eberhart-Woll-Preis für journalistische Leistungen
Diskussion, das bohrende Interview mit        gerade junger Kollegen und Kolleginnen ist das bleibende Zeichen
prominenten Gästen gepflegt wird. Das         der Gründungsideen des Clubs.
                                                                                                                     Franz-Xaver Lindl
                                                                                                                     Vorstandsvorsitzender der
gesellschaftliche Mit- und Beieinander           Wo sind sie alle hin die 28 Gründungsmitglieder? Der Journal-       Sparkasse Regensburg
sollte nicht zu kurz kommen – kam es ja       Gentleman Peter W. Gaedecke, der streitlustige Leitartikler Wal-
auch nicht, kulinarisch und auch sonst.       ter Freitag, der kluge Kulturmensch und Musikliebhaber Werner          „Einen Ort der Kommunikation und
Poldi Pirzer, Jochen Bauer und Adi Rei-       Huber, der stets kritische Johann W. Hammer, der sein journa-          zur Pflege der Netzwerke ist für eine
singer sorgten all die Jahre dafür.           listisches Handwerkszeug beim Vater der deutschen Zeitungs-            Stadt wie Regensburg unerlässlich.
                                              wissenschaften, Emil Divifat, in Berlin gelernt hat, oder Erich L.     Vor allem das vielfältige Themen-
So manche Sternstunde                         Biberger, der Dichter im profanen Zeitungsschreibergewerbe: Sie        spektrum, das die zahlreichen Gäste
                                              sind nicht mehr unter uns. Andere wie Marina Hammer, dpa-              abdecken, macht den PresseClub zur
Und dann gab es natürlich die Sternstun-      Korrespondentin und erste Leiterin der Stadtpressestelle, oder         idealen Nachrichten-Plattform.“
den, in denen vor allem Politiker auf dem     Erika Weinfurtner, die charmant-hartnäckige Recherche-Dame,
heißen Stuhl saßen, zur Befragung frei-       sind im Ruhestand. Nur vereinzelt sind die Gründerfiguren noch
gegeben, ihr Sprechblasen-Abwehrschild        im Geschäft, Wilkin Spitta, der exzellente Fotograf, oder Rosi       - das Bemühen der Heutigen ihrer Zunft,
sehr bald zertrümmert. Oskar Lafontaine       Thoma, die Kollegin mit dem beständigen journalistischen Tem-        die Flammen der Gesprächskultur in den
musste als Kanzlerkandidat diese Er-          perament. Journalisten aus Überzeugung und Leidenschaft wa-          Räumen des Presseclubs verstärkt lodern
fahrung machen. Und es war auch im            ren und sind sie alle.                                               zu lassen. Es lohnt sich heute, wie vor 30
Regensburger Presseclub, dass ein Isra-          Was wäre für die Gründer-Crew wohl das beste Geburtstags-         Jahren, als dieses Motiv eine zündende
eli, der Journalist Daniel Dagan, und ein     geschenk, egal ob im Himmel oder hienieden? Nun ganz sicher          Idee gewesen ist.
Palästinenser, der PLO-Repräsentant in
Deutschland, Abdallah Frangi, miteinan-
der öffentlich diskutierten. Auch das war
neu und somit eine Errungenschaft des
Presseclubs in Regensburg: Hier trafen
sich Kollegen, Mitarbeiter von Presse-
stellen, Unternehmer, Kirchenleute und
Kulturschaffende, die sich sonst nie un-
gezwungen begegnen konnten. Übungs-
feld für Toleranz also. Wenn Domvikar
Richard Völkl, sein Tischgebet vor einer
Mahlzeit auf Clubausflügen sprach, be-
gegnete ihm Achtung bei seinem Ritual.
Auch das musste ja wieder gelernt wer-
den.
     Es galt ja anzupacken, nicht nur bei
der Einrichtung der ersten Clubräume
im Haus der Begegnung der Regens-
burger Universität. Putzstunde für den
Vorstand. Der Domvikar hantierte unbe-
holfen mit dem Besen, verpflichtete sich      Die Opposition in Bayern mit Martin Zeil (FDP), Margarete Bause (Die Grünen), Johanna Werner-
aber den Müll runterzubringen. Irene          Muggendorfer (SPD) und Joachim Hanisch (Freie Wähler) war im Februar 2007 ein Thema.

               PRESSENTE                                                                                                                               13
Medienmacher nehmen Stellung zum PresseClub Regensburg

Moderator zwischen Print, Funk und
Was sind die wichtigsten
Aufgaben eines Presse-
clubs aus Ihrer Sicht?
Manfred Sauerer
Ein Presseclub sollte nach außen die Rol-
le der Presse in der Gesellschaft deutlich
machen; nach innen sollte er diese Rolle
zwischen den einzelnen Medienplatt-
formen diskutieren und moderieren.

Gerhard Schiechel                                      Manfred Sauerer                     Gerhard Schiechel                  Harry Landauer
Der PresseClub ist ein professionelles
                                                       Chefredakteur                       Leiter BR-Regionalstudio           Programmleiter
Forum für Menschen, die mit Medien zu
                                                       Mittelbayerische Zeitung            Ostbayern                          Funkhaus Regensburg
tun haben. Er muss Journalisten mit In-
teressensvertretern in einem geeigneten
Rahmen ins Gespräch bringen. Zudem           gabe, die Förderung des journalistischen Nachwuchses. Sehr          der Umgang mit Online-Journalisten
soll er die Kontakte der Journalisten        wichtig in diesem Zusammenhang – und das kommt leider oft           wird für die Mitgliederentwicklung be-
untereinander fördern. Auch in Fragen        zu kurz – ist, das Bewusstsein bei den Nachwuchskräften zu          deutsam werden. Hier gilt es für Presse-
der journalistischen Qualität und Ethik      wecken und sie zu sensibilisieren, dass sie als quasi vierte Säu-   clubs, sich bereitwillig zu öffnen
muss er Stellung beziehen - insbeson-        le der Demokratie große Verantwortung tragen. Daneben steht
dere, wenn es gilt, Veröffentlichungen       die Information sowie Förderung der Kommunikation und Koo-          Harry Landauer
und journalistisches Verhalten zu wür-       peration seiner Mitglieder untereinander. Er soll Kontaktbörse      Die Zukunft der Clubs liegt in ihrer Fä-
digen oder zu kritisieren. Nicht zuletzt     für alle Mitglieder und Gäste sein.                                 higkeit, sich der neuen Medienwirklich-
kann sich der PresseClub für Journalis-                                                                          keit zu öffnen. Der PresseClub Regens-
ten einsetzen, die wegen ihrer Arbeit zu     Peter Kittel                                                        burg ist in einer Zeit entstanden als
Unrecht angegriffen werden.                  Ein PresseClub hat letztlich zwei Aufgaben: Zum einen dient er      Medienwirklichkeit in Deutschland aus
                                             der Netzwerkpflege und dem Informationsaustausch der Jour-          einer mehr oder weniger klar struktu-
Harry Landauer                               nalisten untereinander. Zum anderen hat er sich aber auch in        rierten Zeitungslandschaft und öffent-
Ein Presseclub ist ein Ort der Begeg-        politische bzw. gesellschaftspolitische Prozesse dahingehend        lich-rechtlichem Rundfunk bestand.
nung, der Kommunikation. Hier werden         einzumischen, dass er zu komplexen Sachzusammenhängen               Die neuen elektronischen Medien, der
Erfahrungen ausgetauscht, Meinungen          öffentlich Stellung bezieht, ohne dabei geradezu unterwürfig        private Rundfunk und vor allem das In-
geäußert und Informationen angeboten.        auf dem Altar der oft unerträglichen „political correctness“ die    ternet haben die Landschaft verändert.
Er ist ein Ort der Dikussion und Ausein-     obligatorischen Weihrauchgaben abzuliefern.                         Die rasante technische Entwicklung hat
andersetzung mit wichtigen Themen des                                                                            eine Vielzahl neuer Verbreitungswege
aktuellen Geschehens auf allen Ebenen.       Wo liegt die Zukunft der Clubs?                                     für journalistische Produkte aller Art und
Aus Sicht des Journalisten ermöglicht                                                                            unterschiedlichster Qualität geschaffen.
der Club das unmittelbare und infor-         Manfred Sauerer                                                     Konsumenten leben in dieser digitalen
melle Zusammentreffen mit Akteuren           Jeden Lobbyismus, auch für sich selbst, zu bekämpfen und zu         Medienwelt, die sich aus zahlreichen
aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport    vermeiden; dennoch gleichzeitig Partner für alle gesellschaft-      Quellen jeden Tag, jede Stunde neu er-
und vermittelt Erkenntnisse, die im Re-      lichen Bereiche zu sein.                                            schafft. Diese neue Medienwelt zu be-
daktionsalltag verborgen bleiben. Im                                                                             greifen, zu lernen, sie aktiv zu gestalten,
Idealfall wirken sie sich positiv auf die    Gerhard Schiechel                                                   die Gefahren und Gefährdungen zu er-
Qualität der journalistischen Arbeit aus.    Das klassische Berufsbild des Journalisten verblasst zusehens       kennen, ist eine Aufgabe, die ein Presse-
Nicht nur für journalistischen Nach-         angesichts von immer mehr „Medienschaffenden“. Es gilt in Zu-       club hervorragend ausfüllen kann.
wuchs helfen Informations- und Diskus-       kunft zu verdeutlichen: Journalisten sind nicht nur Menschen,
sionsveranstaltungen Zusammenhänge           die mehr oder weniger zufällig Zugang zu einer Druckmaschi-         Wolfgang Herzog
der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu       ne, zu einem Mikrophon, zu einer Kamera oder einem Online-          In Zukunft muss der Club viele Mitglieder
begreifen und Kenntnisse zu vertiefen.       Computer haben. Stattdessen sind Journalisten Menschen, die         aus dem journalistischen Bereich, aber
                                             für ihren Beruf fundiert ausgebildet und sich ihrer Verantwor-      auch aus den Öffentlichkeitsabteilungen
Wolfgang Herzog                              tung bewusst sind sowie den Ehrgeiz haben, den von der Ver-         der Unternehmen gewinnen. Angesichts
Aus meiner Sicht ist die wichtigste Auf-     fassung garantierten Freiraum inhaltlich auszufüllen. Gerade        der Fülle von Termine und Verpflich-

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Gerhard Schiechel                          Gerhard Schiechel
                                                                      Die Diskussion über ethische und fach-     Der PresseClub Regensburg gehört sicher
                                                                      liche Grundsätze der journalistischen      zu den aktivsten in Bayern. Die regelmä-
                                                                      Arbeit sollte auch in den Presseclubs      ßigen Veranstaltungen und die Verlei-

Online
                                                                      stärker stattfinden.                       hung des Eberhard-Woll-Preises stehen
                                                                                                                 dafür. Insofern wird der Regensburger
                                                                      Harry Landauer                             PresseClub seiner Aufgabe bestens ge-
                                                                      Die Frage, wie die sich rapide verän-      recht. Aber: Pure Selbstzufriedenheit ist
                                                                      dernde Medienwirklichkeit in einem         immer ein schlechtes Zukunftsmodell.
                                                                      aktiven Clubleben eingebunden werden       Werden wir als Journalisten unseren
                                                                      kann, ist immer wieder zu diskutieren.     Aufgaben bei der Information und Her-
                                                                      Auch sollte sich ein Club um den jour-     stellung einer kritischen Öffentlichkeit
                                                                      nalistischen Nachwuchs bemühen. Gibt       gerecht? Müssen wir auch einmal Stel-
                                                                      es Veranstaltungs- oder Ausbildung-        lung beziehen, wenn wieder einmal das
                                                                      sangebote, die die medienspezifische       Wort von der „Medienkampagne“ die
                                                                      Ebene verlassen und gerade für Journa-     Runde macht? Diese zu diskutieren ist
                                                                      listen von Bedeutung sein könnten?         ein Anliegen vieler Journalistinnen und
                                                                                                                 Journalisten.
                                                                      Wolfgang Herzog
                                                                      Moderation und Diskussion von bri-         Harry Landauer
 Wolfgang Herzog                    Peter Kittel                      santen Themen innerhalb der Stadtge-       Es steht mir nicht zu, Noten zu verteilen.
                                                                      sellschaft. Die Kommunikation mit Ver-     Ich bin gerne Mitglied des PresseClub
 Geschäftsführer                    Herausgeber Regensburger          tretern aus Wirtschaft, Politik, Sport,    Regensburg. Der Club versucht mit einer
 Blizz aktuell                      Stadtzeitung
                                                                      Kultur und Kirche. Dabei den sogenann-     Fülle von Veranstaltungen ein breites
                                                                      ten Blick hinter die Kulissen wagen, der   Spektrum an aktuellen Themen anzu-
 tungen kann dies wohl mit einem attraktiven Jahresprogramm           in den Medien oft zu kurz kommt. Die       schneiden und abzuarbeiten. Ich halte
 am besten gelingen.                                                  Unabhängigkeit und Überparteilichkeit      das Angebot für sehr gelungen.
                                                                      muss aber unbedingt gewahrt bleiben.
 Peter Kittel                                                                                                    Wolfgang Herzog
 Die Zukunft des PresseClubs kann nur darin liegen, dass er jour-     Peter Kittel                               Der PresseClub wartet mit einem in-
 nalistische Kompetenz als Markenzeichen entwickelt. Sie liegt        Der PresseClub sollte sich nicht neue      teressanten Jahresprogramm auf, das
 sicherlich nicht darin, immer mehr Mitglieder aus Bereichen          Aufgaben suchen, sondern die oben          durchaus animierend ist, die eine oder
 aufzunehmen, die mit Journalismus nur dahingehend etwas zu           formulierten, bereits bestehenden erst-    andere Veranstaltung zu besuchen.
 tun haben, dass sie sich eben diesem gerne anbiedern.                mal zielführend abarbeiten. Hier be-
                                                                      steht der eigentliche Handlungsbedarf.     Peter Kittel
 Welche Aufgaben soll ein Club (zusätzlich)                                                                      Allenfalls mit großer Einschränkung.
 übernehmen?                                                          Wird der PresseClub                        Journalistische Kraft geht nach meiner
                                                                      Regensburg seiner                          Wahrnehmung vom PresseClub Regens-
 Manfred Sauerer                                                      Aufgabe gerecht?                           burg nicht aus. Er erinnert mich biswei-
 Der PresseClub muss eine gewichtige, deutlich hörbare Stimme                                                    len mehr an einen besseren Kegelclub,
 in der Region sein; bei aller Neutralität verlangt die Öffentlich-   Manfred Sauerer                            als an eine wirkliche Akzente setzende
 keit eine klare Haltung zu den wichtigen Themen. Das erfordert       Da ich selbst Mitglied des Clubs bin,      Gemeinschaft von tatsächlichen Mei-
 Mut und Fingerspitzengefühl.                                         fühle ich mich hier befangen und muss      nungsbildern. Aber: Natürlich stirbt auch
                                                                      daher passen.                              bei Journalisten die Hoffnung zuletzt…

                PRESSENTE                                                                                                                            15
Eberhard-Woll-Preis des PresseClub Regensburg

Anerkennung für herausragende Leist
Täglich verfassen Journalisten
und Publizisten viele Zeilen
zu Themen, die den ostbaye-
rischen Raum betreffen. Mel-
dungen, Reportagen, Kom-
mentare, Heiteres, Kritisches,
Trauriges, Hintergründe – die
Art der Darstellung ist ebenso
vielfältig wie die Medien, in
denen die Beiträge veröffent-
licht werden.

E
        ine Anerkennung der Leistung
        erfahren die Autoren selten, Kri-
        tik oft und meistens unmittelbar.
        Der Eberhard-Woll-Preis, den der
PresseClub Regensburg 1999 erstmals
ausgeschrieben hat, würdigt „herausra-      Ruth Stellmann (Zweite von links) erhielt im November 2007 den Eberhard Woll-Preis, PresseClub-
gende journalistische und publizistische    Vorsitzender Ludwig Faust, Ehrenmitglied Dr. Sigrid Woll und Laudator Manfred Sauerer gratulieren zur
Leistungen zu Themen aus dem ostbay-        herausragenden journalistischen Leistung.
erischen Raum“. Der Preis ist mit 1500
Euro dotiert und ist seit 1999 fünfmal
vergeben worden.                            ■ Eberhard-Woll-Preisträger 1999: Premiere mit Schabbat Shalom
                                                 Helmut Wanner und Uwe Moosburger, Mittelbayerische Zeitung
Der am 22. Juni 1940 geborene Eber-
hard Woll, Lokalchef bei der Mittelbaye-                                                                  Die ersten Träger des Eberhard-Woll-
rischen Zeitung, machte den PresseClub                                                                    Preises Helmut Wanner und Uwe
zu einem Zentrum des gesellschaftlichen                                                                   Moosburger, beide Redakteure der Mit-
Lebens in Regensburg. Unter seiner Füh-                                                                   telbayerischen Zeitung, erhielten die
rung wuchs der PresseClub zu einem                                                                        Auszeichnung für ihr Buch „Schabbat
bekannten und begehrten Forum heran,                                                                      Schalom“, das Geschichten und Bilder
vor dem bedeutende Vertreter der un-                                                                      aus dem Alltag der Jüdischen Gemeinde
terschiedlichsten Berufe und politischen                                                                  in Regensburg zum Inhalt hat. In seiner
Richtungen Rede und Antwort stehen.                                                                       Laudatio würdigte der damalige MZ-
                                                                                                          Chefredakteur Kurt Hofner in der preis-
                                                                                                          gekrönten Arbeit „unendliche Neugier,
                                                                                                          waches und genaues Hinschauen auf
                                                                                                          das, was ist und die Hinwendung zu den
                                                                                                          Menschen, die unerschöpflich Tag für
Helmut Wanner und Uwe Moosburger                                                                          Tag für den Stoff sorgen, aus dem Jour-
von der Mittelbayerischen Zeitung ha-                                                                     nalistenträume sind“. Hofner sah in dem
ben 1999 als Erste den Eberhard-Woll-                                                                     Buch „keinen Beitrag zur Schlussstrich-
Preis aus der Hand von Dr. Sigrid Woll                                                                    Debatte, sondern eine leise Einladung,
erhalten.                                                                                                 wieder miteinander leben zu lernen“.

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