Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE

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Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
ERGEBNISSE

Regionales Wasserressourcen-Management
für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland
Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
VORWORT

„       Intakte Flüsse und Seen sowie sauberes Grundwasser
erfüllen vielfältige Funktionen und sind von großem gesell-
                                                                     Eine wichtige Rolle spielt in allen Verbundprojekten die enge
                                                                     Zusammenarbeit zwischen der Wissenschaft und den betei-
schaftlichem Nutzen. Gewässer sind Lebensraum für Tier- und          ligten Wirtschaftsunternehmen, aber auch den Kommunen,
Pflanzenarten, sie dienen zur Wasserversorgung, zur Energie-         Behörden und Verbänden – also denjenigen, die direkt oder
erzeugung oder zur Erholung.                                         indirekt für die Unterhaltung und die Bewirtschaftung der
                                                                     Gewässer verantwortlich sind.
Die verschiedenen Nutzungsansprüche stehen jedoch unterei-
nander und mit der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewäs-        Diese Kooperationen und die Anwendung der gewonnenen
ser häufig in Konflikt. Die Wasserqualität wird zum Beispiel durch   Erkenntnisse in Modellregionen, die über die ganze Bundes-
Nähr- und Schadstoffeinträge aus Siedlungsgebieten und von           republik verteilt sind, schufen die Basis für eine zielgerich-
landwirtschaftlichen Nutzflächen belastet. Hinzu kommt aber          tete Entwicklung von praktikablen Lösungskonzepten sowie
auch die strukturelle Veränderung von Gewässern durch Begra-         langfristig nutzbaren Dienstleistungen und Verfahren. Die Er-
digung, Verbauung oder Abholzung von Auenwäldern. Land-              gebnisse der Projekte werden in der vorliegenden Broschüre
nutzungsänderungen in Flusseinzugsgebieten können dazu               präsentiert.
beitragen, dass das Hochwasserrisiko steigt und Extremereig-
nisse gravierende Folgen haben.

Unsere Gewässer benötigen deshalb einen vorausschauenden
Schutz und regionale Lösungsansätze, um den genannten Pro-
blemen zu begegnen. Zudem fordert die Europäische Wasser-                    Dr. Karl Eugen Huthmacher
rahmenrichtlinie für alle Gewässer einen guten ökologischen                  Bundesministerium für Bildung und Forschung
und chemischen Zustand. Auch für Deutschland bedeutet dies
erhebliche Anstrengungen in der Umsetzung der Vorgaben.
Grundlage dafür ist ein umfassendes Verständnis der ablaufen-
den Prozesse und ein intelligentes Management der verfüg-
baren Ressourcen.

Dies ist die Motivation hinter der Fördermaßnahme „Regionales
Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewäs-
serschutz in Deutschland – ReWaM“, die das Bundesministeri-
um für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwer-
punkts „Nachhaltiges Wassermanagement“ (NaWaM) seit dem
Jahr 2015 mit fast 30 Mio. € gefördert hat.

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Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
Inhalt

    6 	DIE    BMBF-FÖRDERMAßNAHME ReWaM
         Praxisorientierte Forschung für ein regionales Wasserressourcen-Management

     GEWÄSSERENTWICKLUNG
    	                       UND
         WASSERBEWIRTSCHAFTUNG

    14 	In_StröHmunG – Innovative Systemlösungen für ein transdisziplinäres und
         regionales ökologisches Hochwasserrisikomanagement und naturnahe
         Gewässerentwicklung

    16 	KOGGE – Kommunale Gewässer gemeinschaftlich entwickeln im urbanen Raum

    18 	NiddaMan – Entwicklung eines nachhaltigen Wasserressourcen-
         Managements am Beispiel des Einzugsgebiets der Nidda

    20 	StucK – Sicherstellung der Entwässerung küstennaher, urbaner
         Räume unter Berücksichtigung des Klimawandels

    22 	WaSiG – Wasserhaushalt siedlungsgeprägter Gewässer: Planungsinstrumente und
         Bewirtschaftungs­konzepte

         GEWÄSSERMONITORING

    26 	BOOT-Monitoring – Bootgestütztes Messsystem für die Erfassung
         longitudinaler Gewässerprofile der Morphometrie, Wasserqualität
         und Hydrologie als Teil eines integrierten Gewässermonitorings

    28 	HyMoBioStrategie – Auswirkungen hydromorphologischer Veränderungen von
         Seeufern (Bodensee) auf den Feststoffhaushalt, submerse Makrophyten und Makro-
         zoobenthos-Biozönosen mit dem Ziel der Optimierung von Mitigationsstrategien

    30   RiverView – Gewässerzustandsbezogenes Monitoring und Management

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GEWÄSSERÖKOLOGISCHE BEWERTUNGSVERFAHREN

34 	GroundCare – Parametrisierung und Quantifizierung von Grundwasser-
     Ökosystemdienstleistungen als Grundlage für eine nachhaltige Bewirtschaftung

36   RESI – River Ecosystem Service Index

     MANAGEMENT DER WASSERQUALITÄT

40 	CYAQUATA – Untersuchung der Wechselbeziehungen von toxinbildenden
     Cyanobakterien und Wasserqualität in Talsperren unter Berücksichtigung
     sich verändernder Umweltbedingungen und Ableitung einer nachhaltigen
     Bewirtschaftungsstrategie

42 	FLUSSHYGIENE – Hygienisch relevante Mikroorganismen und Krankheits-
     erreger in multifunktionalen Gewässern und Wasserkreisläufen – Nachhal-
     tiges Management unterschiedlicher Gewässertypen Deutschlands

44 	MUTReWa – Maßnahmen für einen nachhaltigeren Umgang mit Pestiziden
     und deren Transformationsprodukten im Regionalen Wassermanagement

46 	PhosWaM – Phosphor von der Quelle bis ins Meer – Integriertes Phosphor-
     und Wasserressourcen-Management für nachhaltigen Gewässerschutz

48 	SEEZEICHEN – Tracer-Methoden zur Identifizierung von Grundwasser- und
     Zuflusseinschichtungen und deren Einfluss auf Wasserqualität und
     Trinkwassergewinnung

50   KONTAKTE
58   IMPRESSUM

                                                                                    5
Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
Die BMBF-Fördermaßnahme ReWaM
      Praxisorientierte Forschung für ein regionales Wasserressourcen-Management

      LÜCKEN BEI DER UMSETZUNG WASSER-                                      zu verbinden. Hierfür bedarf es des gemeinsamen Willens aller
      BEZOGENER RICHTLINIEN SCHLIESSEN                                      Beteiligten sowie der entsprechenden Auslegung und Umset-
      Europäische Gewässer schützen und nachhaltig bewirtschaf-             zung der jeweils zugrundeliegenden Richtlinien.
      ten: Dies ist Ziel der im Jahr 2000 vom Europäischen Parlament
      verabschiedeten Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). So soll eine           FORSCHUNG FÜR DIE PRAXIS
      Zustandsverschlechterung der Gewässer vermieden und bis               Für ein erfolgreiches Handeln der wasserwirtschaftlichen Praxis
      Ende 2015 – spätestens aber bis Ende 2027 – ein guter chemi-          gibt es verschiedene Voraussetzungen: a) Ein gutes Prozessver-
      scher und ökologischer Zustand erreicht werden. Bund, Länder          ständnis dient allen beteiligten Akteuren und der Öffentlichkeit
      und Kommunen haben seither vielfältige Anstrengungen                  als gemeinsame Wissens- und Diskussionsgrundlage. b) Weitere
      zur Verbesserung des Gewässerzustands unternommen. Im                 Voraussetzung sind wissenschaftlich abgesicherte Indikatoren
      Jahr 2015 erreichten dennoch nur etwa sieben Prozent der              und Methoden, die es ermöglichen, entscheidungsrelevante
      berichtspflichtigen Gewässer den guten Zustand.                       Informationen zu generieren. c) Anwendungsbezogene Ent-
                                                                            scheidungsinstrumente erlauben eine sektorübergreifende Be-
      Neben der WRRL gibt es eine Vielzahl wasserbezogener Richtli-         wertung, um ein allgemein akzeptiertes Vorgehen zu erreichen.
      nien, die den Umgang mit den Wasserressourcen sowie deren
      Bewirtschaftung und Nutzung vorgeben: sie regeln beispiels-           Vor diesem Hintergrund brachte das Bundesministerium für Bil-
      weise das Management von Hochwasserrisiken, den Arten-                dung und Forschung (BMBF) im Jahr 2015 die Fördermaßnahme
      schutz oder die Bade- und Trinkwasserqualität. Für die Umset-         „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhal-
      zung der Richtlinien sind jeweils unterschiedliche Behörden           tigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM) auf den Weg.
      und PraktikerInnen aus der Wasserwirtschaft verantwortlich. In        Insgesamt fördert das BMBF 15 Verbundprojekte und ein be-
      der Folge werden Gewässer häufig nur sektoral und nicht ganz-         gleitendes Vernetzungs- und Transfervorhaben. Der Förderzeit-
                            heitlich betrachtet und bewirtschaftet.         raum der Projekte endet in 2018 bzw. 2019. ReWaM ist Teil des
                                     Die Beteiligung einer Vielzahl         BMBF-Förderschwerpunktes „Nachhaltiges Wassermanage-
                                         von Akteuren kann jedoch           ment“ (NaWaM) im BMBF-Rahmenprogramm „Forschung für
                                            auch ein Gewinn für den         Nachhaltige Entwicklung“ (FONA3). ReWaM untersetzt das
                                              Gewässerschutz sein,          NaWaM-Themenfeld „Wasser und Umwelt“ mit praxisorientier-
                                                 der gemeinsames Ziel       ter Forschung.

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                                                   der verschiedenen

                               40
                                                   wasserbezogenen          Ziel von ReWaM ist es, Wege zu untersuchen und aufzuzeigen,
Wirtschaft                                          Richtlinien     ist.    wie sich verschiedene Nutzungsformen von Gewässern mit
                          Wissenschaft               Unterschiedliche       ihrem Schutz in Einklang bringen lassen, um die Vielfalt und
                                                     Perspektiven und       Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Gewässerökosys-
                                                     ein breites Reper-     teme dauerhaft zu erhalten. Dies betrifft sowohl ländliche,
                                                    toire fachlicher        stadtnahe als auch urbane Regionen. Um den Transfer der Er-

            28
                                                   Konzepte und Me-         gebnisse in die Praxis zu gewährleisten und die Forschungs-
                                                  thoden können es          und Entwicklungsarbeiten an den Bedürfnissen der Anwen-
            Praxis                              ermöglichen, Hoch-          der auszurichten, sind alle ReWaM-Vorhaben transdisziplinär
                                              wasserrisikomanage-           ausgerichtet. In den Verbünden arbeiten Akteure aus der Wis-
                                           ment, Artenschutz und            senschaft, der Wirtschaft sowie der wasserwirtschaftlichen
                                        andere Ziele mit der nachhal-       Praxis eng zusammen. Das BMBF fördert 101 Teilprojekte. Diese
                                   tigen Entwicklung der Gewässer           werden zu etwa je einem Drittel von Institutionen aus der Wis-
                                                                            senschaft, Wirtschaft sowie der wasserwirtschaftlichen Praxis
                                                                            durchgeführt. Darüber hinaus sind weitere Organisationen
       Abb. 1: An der BMBF-Fördermaßnahme beteiligen sich 101 Partner aus
       Wissenschaft, Wirtschaft und der Praxis (Behörden, Kommunen,         und Firmen als assoziierte Partner oder über Unteraufträge in
       Verbände und Verwaltung)                                             die Fördermaßnahme eingebunden.

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Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
Die BMBF-Fördermaßnahme ReWaM

Alle Projekte adressieren die vielfältigen Herausforderungen       Eine besondere gesellschaftliche Relevanz ergibt sich aus
des regionalen Wasserressourcen-Managements in Regionen            dem Einfluss pathogener Keime und toxinbildender Cyano-
mit Modellcharakter. Die Modellregionen verteilen sich über        bakterien auf die menschliche Gesundheit.
die gesamte Bundesrepublik. Damit ist eine Übertragbarkeit
der Projektergebnisse auf andere Regionen in Deutschland
sowie das nahe europäische Ausland möglich.                                                              BETEILIGTE
                                                                   PROJEKTCLUSTER
                                                                                                         VERBUNDPROJEKTE
PROJEKTCLUSTER
Die Verbundprojekte bearbeiteten ein breites Themenspek-
trum mit unterschiedlichen Forschungsansätzen. Die vier Pro-                                               In_StröHmunG
jektcluster verdeutlichen die gemeinsamen Arbeitsfelder der         Gewässerentwicklung und                KOGGE
Projekte:                                                           Wasserbewirtschaftung                  NiddaMan
                                                                                                           StucK
■ Gewässerentwicklung   und Wasserbewirtschaftung                                                         WaSiG
	Die Verbundprojekte dieses Clusters adressieren integrative
  Entwicklungs- und Handlungsstrategien für das Wasserres-
  sourcen-Management. Im Vordergrund stehen die Verein-
                                                                                                           BOOT-Monitoring
  barkeit von Hochwassermanagement und Gewässerentwick-
                                                                    Gewässermonitoring                     HyMoBioStrategie
  lung. Schwerpunkte bilden die Gewässerbewirtschaftung im
                                                                                                           RiverView
  urbanen Raum, Stadtgewässerentwicklung, Einzugsgebiets-
  management sowie der Siedlungswasserhaushalt und die
  Regenwasserbewirtschaftung.

■ Gewässermonitoring
                                                                    Gewässerökologische                    GroundCare
	Innovative Methoden zur Erfassung von physikalischen und
                                                                    Bewertungsverfahren                    RESI
  chemischen Parametern in Oberflächengewässern verbinden
  die Verbundprojekte dieses Clusters. Gewässer sind dynami-
  sche Systeme und reagieren in unterschiedlicher Weise auf
  Stoffeinträge und Veränderungen. Um die Prozesse und ihre
  Rahmenbedingungen besser als bisher zu erfassen, arbeiten                                                CYAQUATA
  die Verbünde an Messsystemen für alle relevanten Parameter        Management der                         FLUSSHYGIENE
  mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung. Neben klassi-      Wasserqualität                         MUTReWa
  schen Verfahren wurden (teil-)autonome Messfahrzeuge ent-                                                PhosWaM
  wickelt.                                                                                                 SEEZEICHEN

■ Gewässerökologische   Bewertungsverfahren
                                                                  Abb. 2: Zuordnung der ReWaM-Verbundprojekte in Projektcluster
	Im Fokus dieses Clusters stehen die Analyse und Bewertung
  von Ökosystemleistungen. Ziel der Forschungsaktivität ist die
  Entwicklung neuartiger Entscheidungsgrundlagen für eine         LENKUNGSKREIS
  nachhaltige Bewirtschaftung von Grund- und Oberflächen-         Ein begleitendes Gremium steht den Verbundprojekten in der
  gewässern. Die Projekte betrachten Bioindikatoren sowie         BMBF-Fördermaßnahme ReWaM bei ihrer Arbeit zur Seite: In
  Leistungen, die durch das Gewässer und daran angrenzende        den Lenkungskreis wurden Mitglieder aus Behörden und ande-
  Bereiche zur Verfügung gestellt und durch den Menschen in       ren Institutionen berufen, die im Bereich Wasser und Umwelt
  Anspruch genommen werden.                                       tätig sind. Darüber hinaus gehören dem Lenkungskreis die
                                                                  15 LeiterInnen der Verbundprojekte sowie VertreterInnen des
■ Management    der Wasserqualität                               Vernetzungs- und Transfervorhabens ReWaMnet, des BMBFs
	Die Verbünde dieses Clusters untersuchen neuartige Gewäs-       und der Projektträger an. Der Lenkungskreis unterstützt die
  serverunreinigungen und entwickeln Methoden zur Gefähr-         Projekte mit Hinweisen zum Praxisbezug und zu weiteren po-
  dungsabschätzung sowie neue Lösungsstrategien. Im Fokus         tentiellen Adressaten der gewonnenen Erkenntnisse. Weiterhin
  stehen die Trink- und Badegewässerqualität sowie die Wir-       gibt er Impulse, damit sich aus den Forschungsvorhaben rele-
  kungspfade zwischen Grund- und Oberflächengewässern.            vante Querverbindungen ableiten und umsetzen lassen.

                                                                                                                                  7
Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
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SYNERGIEN NUTZEN: PROJEKTÜBERGREIFENDE                             so zur Umsetzung der diversen wasserbezogenen Richt-
ARBEIT IN QUERSCHNITTSTHEMEN                                       linien beitragen können. In ReWaM stammen ca. 60 Prozent
Zwischen den Projekten bestehen Gemeinsamkeiten hinsicht-          der beteiligten Partner aus Wirtschaft und Praxis. Um den
lich der Methoden, Fragestellungen und der betrachteten Ge-        großen Erfahrungsschatz nutzbar zu machen, wurden im
wässertypen. Neben der Forschungsarbeit sowie der Umset-           Rahmen eines Workshops die Anforderungen der Wasser-
zung und Implementierung der Erkenntnisse engagierten sich         wirtschaft für den Wissenstransfer abgefragt. Um die
die ReWaM-Konsortien in drei vom ReWaM-Lenkungskreis for-          Ergebnisse des Querschnittsthemas über die Projektlaufzeit
mulierten projektübergreifenden Querschnittsthemen (QT).           hinaus verfügbar zu machen, wurden die Erkenntnisse in
Aufgabe von ReWaMnet war es, den Rahmen für den Aus-               Checklisten zusammengefasst. Sie stehen frei zur Verfügung
tausch zu schaffen sowie die Arbeitstreffen organisatorisch        und sollen einen erfolgreichen Wissenstransfer zwischen
und inhaltlich in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Arbeits-       Forschung und verschiedenen Zielgruppen unterstützen.
gruppensprechern vorzubereiten. Insgesamt fanden zehn Ar-
beitstreffen in den Querschnittsthemen statt.                     ■ QT 2 „Probenahmestrategien und Methoden“
                                                                  	Ziel des QT 2 war es, Methoden zu vergleichen und Strate-
■ QT 1 „Wissenstransfer und Praxistransfer“                        gien zu entwickeln, mit deren Hilfe sich ausgewählte Para-
	Die Mitglieder des QT 1 beschäftigten sich mit der Frage, wie     meter effizienter messen und auswerten lassen. Im Fokus
  Forschungsergebnisse für die Praxis nutzbar werden und            standen Online-Sonden, Datenvalidierungsverfahren und

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Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
Die BMBF-Fördermaßnahme ReWaM

                                                                   ökosystemen auf verschiedenen Skalenebenen zu sammeln.
                                                                   Die Mitglieder der zweiten AG „Systemübergreifende Be-
                                                                   trachtung von Ökosystemleistungen“ befassten sich mit ei-
                                                                   ner Konkretisierung des Konzepts der Ökosystemleistungen
                                                                   für die im ReWaM-Kontext relevanten Gewässersysteme, wie
                                                                   Fluss-Auen-Systeme, Grundwasserleiter und Standgewässer.

                                                                  VERNETZUNGS- UND TRANSFERVORHABEN
                                                                  ReWaMnet
                                                                  Die Fördermaßnahme ReWaM wird durch das Vernetzungs-
                                                                  und Transfervorhaben ReWaMnet begleitet. ReWaMnet un-
                                                                  terstützt die Verbundprojekte in vielfältiger Weise bei ihrer
                                                                  Arbeit mit dem Fokus auf der Stärkung der projektübergreifen-
                                                                  den Zusammenarbeit.

                                                                  Zusätzlich zur Durchführung der drei ReWaM-Konfe-
                                                                  renzen wurde der Austausch in Querschnittsthemen in-
                                                                  itiiert und unterstützt. Der regelmäßig erscheinende
                                                                  Newsletter und die Broschüren zum Projektfortschritt
                                                                  der Verbünde informieren dabei Projektmitarbeiter ebenso wie
                                                                  die Fachöffentlichkeit.

                                                                  Ein weiterer Schwerpunkt ist die Unterstützung der Projekte
                                                                  beim Transfer übertragbarer Ergebnisse in die wasserwirtschaft-
                                                                  liche Praxis. Hierfür wurde beispielsweise ein übergreifendes
                                                                  Wissensmanagement etabliert, das auf der ReWaM-Homepage
                                                                  als Produktbibliothek allgemein verfügbar ist.

                                                                  Eine zielgruppenorientierte Präsentation der Fördermaß-
                                                                  nahme ermöglicht der Einsatz verschiedener Medien wie
                                                                  z. B. eine Touch Table-Anwendung, die auf Messen und Veranstal-
                                                                  tungen zum Einsatz kommt. Des Weiteren wurden wissenschaft-
                                                                  liche Beiträge in Fachzeitschriften platziert und Themenhefte
                                                                  organisiert. Informationen zu und Neuigkeiten aus ReWaM wer-
 das Thema Datenmanagement sowie die Erfassung der                den über die Homepage sowie Twitter transportiert und durch
 Gewässerstruktur. Es fanden zwei Exkursionen statt: in           die Kooperation mit Lokal- und Fachjournalisten verbreitet.
 Rostock und Warnemünde beschäftigten sich die Mitglie-
 der des QT 2 mit den Themen Morphometrie, Geschwindig-           Das BMBF legte die Durchführung des Vernetzungs- und Trans-
 keits- und Durchflussmessung sowie kontinuierliche Analy-        fervorhabens in die Hände der Bundesanstalt für Gewässerkunde
 tik. Bei einer Exkursion am Bodensee lag der Schwerpunkt         (BfG). Die BfG engagiert sich als Ressortforschungseinrichtung
 auf den Themen Uferrenaturierung, Flusswasserfahnen als          traditionell an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik und
 Eintragspfad, Grundwasserzutritt und Grundwasserfauna.           ist in verschiedenen Gremien des Bundes und der Länder aktiv.
                                                                  Sie wirkt damit als Multiplikator für die in ReWaM erarbeiteten
■ QT 3 „Ökosystemleistungen im Gewässermanagement“               neuen wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnisse der Ge-
	QT 3 diente als Basis für den methodischen Austausch zwi-       wässerbewirtschaftung.
  schen den Projekten, die mit dem Konzept Ökosystem-
  leistungen arbeiten. Innerhalb des Querschnittsthemas           Das weitreichende Netzwerk und die große Erfahrung der
  wurden zwei Aspekte vertieft: Ziel der Arbeitsgruppe (AG)       BfG sind ein wichtiger Baustein, um die Erkenntnisse und
  „Stickstoffretention“ war es, aktuelle Ansätze zur Erfassung,   Lösungen aus ReWaM zu verstetigen und die modellhafte
  Quantifizierung und Bewertung von Stickstoffverbindungen        Umsetzung und Erprobung von Maßnahmen in den Modellge-
  sowie der Stickstoffretention in verschiedenen Gewässer-        bieten auf andere Regionen in Deutschland zu übertragen.

                                                                                                                                  9
Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland - ERGEBNISSE
TRANSFER VON ERGEBNISSEN UND                                     Am Ende der Förderlaufzeit liegt ein Fokus auch auf der
ERKENNTNISSEN                                                    projektübergreifenden Ergebnissynthese. Hierzu bündeln die
Die Umsetzung in der wasserwirtschaftlichen Praxis und da-       Verbundprojekte ihre Ergebnisse zu bestimmten Themen-
mit letztlich der Erfolg einer Fördermaßnahme lässt sich erst    feldern. Bezugnehmend auf aktuelle Diskussionen im Wasser-
einige Jahre nach Abschluss der Forschungsprojekte abschät-      sektor greifen die beteiligten Projekte vom Lenkungskreis
zen. Die Projekte forschen in ihren Modellregionen mitunter      identifizierte Themenfelder auf und untersetzen sie mit
spezifisch für die lokalen Rahmenbedingungen. Ein Merkmal        Erkenntnissen aus der eigenen Forschungsarbeit.
der Fördermaßnahme ist die Übertragbarkeit von Methoden
und Lösungen, die von Beginn an berücksichtigt wurde. Daher      Mit Unterstützung von ReWaMnet werden geeignete For-
profitieren bereits jetzt Anwender in Regionen mit ähnlichen     mate ausgewählt, um die projektübergreifenden Botschaften
Problemstellungen von dem erarbeiteten Erfahrungsschatz.         zielgerichtet zu kommunizieren.
Um die Ergebnisse aus ReWaM zu verstetigen, arbeiten die
Verbünde gemeinsam mit ReWaMnet daran, dass ihre For-            In der vorliegenden Abschlussbroschüre sind die wesentlichen
schungsarbeit in die Fachöffentlichkeit getragen wird und Ein-   Erkenntnisse der Projekte zusammengefasst. Eine ausführliche
gang in Leitfäden sowie Normen findet. Bereits während der       Darstellung sowie weitergehende Ergebnisse können der
bisherigen Laufzeit brachten viele Projekte ihre Expertise bei   Produktbibliothek auf der ReWaM-Homepage und den Ab-
regelgebenden Fachverbänden ein oder berieten Fachpoliti-        schlussberichten der Verbundforschungsvorhaben entnom-
ker auf regionaler, nationaler sowie europäischer Ebene.         men werden.

                                                                    KONTAKT
                                                                    Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG)
                                                                    Am Mainzer Tor 1 | D-56068 Koblenz
                                                                    Dr. Sebastian Kofalk | Tel.: +49 261 1306 5330
                                                                    Alexia Krug von Nidda | Tel.: +49 261 1306 5331

                                                                    rewamnet@bafg.de
                                                                    www.bmbf.nawam-rewam.de

10
In_StröHmunG
                                                                        KOGGE
                                                                        NiddaMan
                                                                        StucK
                                                                        WaSiG
                                                                        BOOT-Monitoring
                                                                        In_StröHmunG
                                                                        HyMoBioStrategie
                                                                        KOGGE
                                                                        RiverView
                                                                        NiddaMan
                                                                        GroundCare
                                                                        StucK
                                                                        RESI
                                                                        WaSiG
                                                                        CYAQUATA
                                                                        BOOT-Monitoring
                                                                        FLUSSHYGIENE
                                                                        HyMoBioStrategie
                                                                        MUTReWa
                                                                        RiverView
                                                                        PhosWaM
                                                                        GroundCare
                                                                        SEEZEICHEN
                                                                        RESI
                    BMBF-Fördermaßnahme ReWaM – Modellregionen          Verbundprojekt-
                                                                        CYAQUATA
                    und Standorte der Verbundprojektkoordinationen      koordination
                                                                        FLUSSHYGIENE
                                                                        Modellregion
                                                                        MUTReWa
                                                                        ReWaMnet
                                                                        PhosWaM
                                                                        SEEZEICHEN
                    BMBF-Fördermaßnahme ReWaM – Modellregionen          Verbundprojekt-
                    und Standorte der Verbundprojektkoordinationen      koordination
                                                                        Modellregion

Abb. 3: Modellregionen und Standorte der Verbundprojektkoordinationen   ReWaMnet
in der BMBF-Fördermaßnahme ReWaM.

                                                                                           11
„     KOGGE
   Ich habe eine vorbildliche und
                                              „      WaSiG
                                       Die Mitarbeit in dem Projekt
                                                                                „     NiddaMan
                                                                           Neben vielen praxisrelevanten
professionelle Zusammenarbeit mit         WaSiG war interessant          Erkenntnissen haben sich aus dem
     den Projektpartnern erlebt.         und brachte zusätzliches       Projekt neue Fragen zum Beispiel zur
Die beteiligten Partner können stolz      Know-How. Ob sich die         Bedeutung der Verschlammung und
       auf ihren Beitrag für die       Investition wirtschaftlich für       deren Auswirkungen auf den
  Gewässerentwicklung im Raum              uns bezahlt macht,                 ökologischen Gewässer-
             Rostock sein.                 bleibt abzuwarten.                     zustand ergeben.

          Sebastian Foth,                     Thomas Brendt,                       Gerd Hofmann,
     Wasser- und Bodenverband                BIT Ingenieure AG             Regierungspräsidium Darmstadt
      „Untere Warnow-Küste“
12
Gewässerentwicklung und
                                Wasserbewirtschaftung
  14 In_StröHmunG                                16 KOGGE                             18 NiddaMan

                                                   20 StucK                                  22 WaSiG

                                                             Projektkoordination   Verbundpartner   Modellregion

        „     In_StröHmunG
       Bei der Methodenentwicklung
                                                                      „       StucK
                                                 Die Erkenntnisse aus StucK fließen zum einen direkt in die
 sollten die Grundlagen des Verwaltungs-        Verbesserung des Warndienstes Binnenhochwasser ein und
 handelns und die Zwänge der Akteure bei     verbessern damit den operativen Hochwasserschutz in der Freien
der Gewässerbewirtschaftung berücksichtigt     und Hansestadt Hamburg. Zum anderen werden ökologische
    werden, damit die Methoden in der         Aspekte in das Hochwassermanagement eingebracht, die zum
      alltäglichen Praxis Anwendung               Ziel haben, Hochwassermanagement mit ökologischer
               finden können.                  Aufwertung von Hochwasserrückhalteflächen zu verbinden.

             Dr. Bernd Spänhoff,                                     Dieter Ackermann,
     Sächsisches Landesamt für Umwelt,                        Freie und Hansestadt Hamburg
        Landwirtschaft und Geologie
                                                                                                                   13
In_StröHmunG – Innovative Systemlösungen für ein transdisziplinäres und
regionales ökologisches Hochwasserrisikomanagement und naturnahe
Gewässerentwicklung

Das Konsortium hat Instrumente für die nachhaltige Bewirt-       haushalt betrachten. Mit einem besseren Verständnis der Zu-
schaftung von Fließgewässern erarbeitet. Im Fokus stehen         sammenhänge zwischen Morphodynamik und Ökologie sollen
Konzepte und Maßnahmen, bei denen die Ziele der Wasserrah-       Lösungsansätze für die Bewirtschaftung entwickelt werden,
men- (WRRL) und der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie        mit denen die Gewässer eine deutlich bessere Qualität errei-
(HWRM-RL) gleichermaßen Beachtung finden.                        chen können.

                                                                 ERGEBNISSE
                                                                 Die Strömungsdiversität erwies sich neben der Wassertempera-
KERNBOTSCHAFTEN                                                  tur und sauerstoffzehrenden Stoffbelastungen als ein maßgebli-
■
 Die   räumliche und zeitliche Strömungsdiversität ist der       cher Wirkfaktor der Atmungshabitatbedingungen der Biozönose
 Schlüsselfaktor für die Wirksamkeit von Renaturierungsmaß-      in den Modellgewässern. Daher ist ein möglichst hoher Strecken-
 nahmen. Sie ist umso wichtiger, je höher die Wärme- und         anteil mit gewässertypspezifischer Strömungsdiversität eine der
 stoffliche Belastung des Gewässers ist.                         wichtigsten Voraussetzung für das Erreichen eines guten öko-
■R
  ehnen vermindern den Sedimenteintrag auf das Vorland,         logischen Zustandes. Dennoch zeigte sich, dass Stressoren wie
 werden in ihrer Gestalt durch die Bewuchsdichte beeinflusst     Stoff- und Feinsedimenteinträge die z.  T. vorhandenen naturna-
 und sind von hoher ökologischer Wertigkeit. Solange Rehnen      hen Gewässerstrukturen überprägen und so das Erreichen des
 den Hochwasserschutz nicht beeinflussen, sind keine Maß-        guten ökologischen Zustandes verhindern.
 nahmen notwendig.
■Z
  ur Verbesserung der Flächenverfügbarkeit, um eine natur-      In physikalischen Modellversuchen wurde nachgewiesen, dass
 nahe Gewässerentwicklung in Verbindung mit dem Hoch-            Ufer- und Böschungsbewuchs die Strömungsdiversität erhöht,
 wasserrisikomanagement erfolgreich umzusetzen, sind an-         und damit verbunden auch die Sohlsubstratdiversität. Geziel-
 gepasste Rahmenbedingungen auf allen Handlungsebenen            tes Auslichten des Böschungsbewuchs (siehe PROGEMIS®) er-
 notwendig.                                                      höht die Habitatverfügbarkeit für Makrozoobenthos (MZB) und
■Ö
  kologische Gewässeraufwertung und Hochwasservorsorge          Fische. Die Prognose der Habitatverfügbarkeit kann mit Hilfe der
 sind integriert zu planen und umzusetzen. Um dies mit nach-     MZB-Habitatmodellierung (Verbindung 2-d-numerischer Metho-
 haltiger Gewässerunterhaltung erreichen zu können, wurde        den mit Reaktionsnormen bestimmter Organismen) erfolgen.
 die Gewässermanagement-Software PROGEMIS® entwickelt.           Exemplarisch zeigt die Methode für Maßnahmen am Mortelbach
■B
  efragungen zeigen, dass die lokale Bevölkerung naturnahe      die Verbesserung der Habitatverfügbarkeit mehrerer gewässer-
 Bäche wertschätzt und sich eine naturnähere Gestaltung der      typspezifischer Arten.
 Gewässer wünscht.
                                                                 Das Einstellen der Böschungsmahd an den Modellgewässern
                                                                 ließ eine beginnende Eigendynamik und strukturelle Ver-
                                                                 änderungen erkennen. Auf die Besiedlung durch das MZB
                                                                 hatte dies aber bislang keinen positiven Einfluss. Dies ist ein
HINTERGRUND UND FORSCHUNGSFRAGEN                                 Hinweis auf das schlechte Wiederbesiedlungspotenzial so-
Das aktuelle Gewässerbewirtschaftungssystem ist ausgerich-       wie weitere limitierende Faktoren. An Fließgewässern, die
tet für die Nutzung der Gewässer und deren Umland durch den      bei Hochwasserereignissen suspendiertes Sohlenmaterial
Menschen. Die Einflussnahme, insbesondere die direkte Bewirt-    transportieren, entstehen häufig Uferrehnen. Rehnen kön-
schaftung durch Ausbau, Nutzung und Unterhaltung, spiegelt       nen einerseits die Hochwassersicherheit negativ beeinflus-
sich in der unzureichenden Zustandseinstufung wider. Dies        sen (Querschnittsverlust), andererseits vermindern sie Sedi-
macht einen Wandel hin zu einer integrativ und ökologisch aus-   menteinträge auf das Vorland. Physikalische Modellversuche
gerichteten Entwicklung erforderlich.                            zeigten, dass Uferbewuchs die Gestalt der Rehne beeinflusst,
                                                                 jedoch keine Bedingung für die Entstehung ist. Grundsätzlich
Das Projekt In_StröHmunG befasst sich daher mit Systemlösun-     ist die Rehnenbildung ein natürlicher Prozess. Eine dauerhafte
gen, die das Gewässer als natürliches System im Gesamtnatur-     Freihaltung erfordert daher eine regelmäßige Unterhaltung.

14
Gewässerentwicklung und Wasserbewirtschaftung I In_StröHmunG

Abb. 1: Module des Gewässermanagementsystems PROGEMIS®.
Grafik: Stowasserplan GmbH & Co. KG

An größeren Gewässern dienen Flutmulden (künstliche Neben-
arme) dem Ziel, den Abfluss im Hochwasserfall zu bewältigen.
Die Ergebnisse des Projektes weisen darauf hin, dass gewünschte
                                                                   Abb. 2: Messung des Wasserstands am Modellversuch im Wasserbaulabor
Synergieeffekte zur Schaffung naturschutzfachlich wertvoller       der TU Dresden im Rahmen einer Diplomarbeit. Der Modellversuch
Strukturen dem lokalen Hochwasserschutz diametral entge-           bildet den Mortelbach im Maßstab 1:4 ab. Foto: André Terpe, TU Dresden
genstehen können. Diese Erkenntnisse sind explizit nicht auf
natürliche Altarm- und Altwasserstrukturen zu übertragen.
                                                                   FAZIT
Gewässernahe Flächen können oftmals nicht für eigendyna-           Das derzeitige Gewässerbewirtschaftungssystem benötigt
mische Prozesse genutzt werden. Bestehende Möglichkeiten           eine schrittweise, aber kontinuierliche Anpassung, die stärker
zur Verbesserung der Flächenverfügbarkeit, wie z. B. Flächen-      die morphodynamischen und ökologischen Grundlagen ei-
kauf oder -tausch, können oftmals nicht ausgeschöpft werden.       nes natürlichen Fließgewässers berücksichtigt. Ökologische
Fördermaßnahmen, die den Bewirtschaftern einen Ausgleich           Gewässerentwicklung und nachhaltiges Hochwasserrisi-
für Ertragsverluste garantieren, können strategisch als Brücken-   komanagement benötigen Raum. Hierzu bedarf es Rechts-
lösung für dauerhafte Flächensicherungskonzepte wie gesetz-        grundlagen, welche die Entwicklung der Gewässerfunktionen
liche Regelungen und Flurneuordnungsverfahren sein.                für Naturhaushalt und Landschaft begünstigen, wie das im
                                                                   Wassergesetz NRW geregelte Verbot der Ackernutzung im Ge-
Die breite Öffentlichkeit befürwortet eine naturnähere Gestal-     wässerrandstreifen ab dem 01.01.2022 (§ 31 Abs. 2 Ziff. 2). Mit
tung der Gewässer und ihres Umfeldes. Die Auswertung eines         PROGEMIS® steht ein Softwaretool zur Verfügung, das die
Choice-Experimentes zeigte, dass sogar ca. 75 % der Befragten      Akteure der Gewässerunterhaltung bei der integrativen Pla-
grundsätzlich bereit sind, Kosten für Maßnahmen zur Verbesse-      nung, Ausführung und Dokumentation von Maßnahmen unter-
rung der Gewässer mitzutragen.                                     stützt

Eine Vorgehensweise zur Erarbeitung eines „Integrierten Ge-
wässerkonzepts“ wurde am Beispiel „Mortelbach“ entwickelt.
Es erschließt Synergien zwischen Gewässerentwicklung und
Hochwasserschutz systematisch und vermeidet Konflikte. Die            KONTAKT
Methode ist gut übertragbar und liegt als Methoden- und Er-           Technische Universität Dresden
gebnisbericht mit Karten vor.                                         Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik
                                                                      Prof. Dr.-Ing. Jürgen Stamm
Für ein effizientes Management von Daten, Zielen, Maßnahmen           Tel.: +49 351 463 34397
und Akteuren wurde die Software PROGEMIS® als prozessge-              juergen.stamm@tu-dresden.de
stütztes Gewässermanagement- und Informationssystem ent-
wickelt. Sie kann die Ziele und Maßnahmen eines „Integrierten         www.in-stroehmung.de
Gewässerkonzepts“ als Eingangsdaten nutzen und ist mobil              Projektlaufzeit: 01.06.2015 – 31.05.2018
einsetzbar. Ein transparenter Prozess wird durch ein Informa-         Weitere Kontaktdaten und Partner: Seite 52-53
tions- und Dialogangebot sichergestellt.

                                                                                                                                     15
KOGGE – Kommunale Gewässer gemeinschaftlich entwickeln im urbanen Raum

Für eine nachhaltige Entwicklung urbaner Gewässer wurden        Hintergrund sollte in KOGGE ein übertragbarer Methoden-
exemplarisch für die Stadt Rostock methodische Grundlagen       katalog von der Zustandsanalyse bis zur Maßnahmenplanung
geschaffen und ein stadtübergreifendes Gewässerentwick-         entwickelt und angewendet werden.
lungskonzept erarbeitet.
                                                                ERGEBNISSE
                                                                Das grundsätzliche Vorgehen im Projekt KOGGE ist in Abbil-
                                                                dung 1 zusammengefasst. Alle verfügbaren Daten sowie dar-
KERNBOTSCHAFTEN                                                 aus abgeleitete Ergebnisse wurden durch die Projektpartner
■ Einstadtweites Gewässerentwicklungskonzept für Rostock       in eine gemeinsame Geodateninfrastruktur eingespeist. Zur
  wurde exemplarisch erarbeitet.                                Nacherhebung fehlender Daten (z. B. Dränflächen, Gewässer-
■ Grundlegend dafür war die Etablierung einer fachüber-        profile, Sonderbauwerke) wurden verschiedene Methoden
  greifenden Zusammenarbeit. Die Zusammenführung der            (Fernerkundung mit unbemannten Luftfahrzeugen, Digitalisie-
  relevanten Geoinformationen sowie verschiedener was-          rung, terrestrische Vermessung) kombiniert und weiterentwi-
  serwirtschaftlicher, naturwissenschaftlicher und weiterer     ckelt. Zusammen mit einer hoch aufgelösten Realnutzungskar-
  Modelle erleichtert die Erarbeitung eines gemeinsamen         tierung konnten so wichtige Informationen, insbesondere
  Prozess- und Problemverständnisses erheblich. Dies erfor-     für hydraulische und stoffliche Fragestellungen, abgeleitet
  dert auch eine auf gemeinsamen Standards basierende Da-       werden. Parallel erfolgte in Kooperation mit der Stadt Rostock
  tenverwaltung.                                                die Festlegung des erforderlichen Schutzniveaus (Wiederkehr-
■ Übertragbare Analyse- und Bewertungsverfahren zur            intervall einer möglichen Überflutung). Dies ermöglicht eine
  hydrologisch-hydraulischen, ökologischen und sozio-kul-       konsistente hydraulische Risikobewertung mit Integration von
  turellen Einstufung von urban geprägten Kleinstgewäs-         Landnutzung, Siedlungsentwässerung und Fließgewässern
  sern wurden entwickelt. Für WRRL-nicht-berichtspflichtige     und die Entwicklung eines stadtübergreifenden integralen Ent-
  Gewässer steht ein neues biodindikatives Bewertungsver-       wässerungsleitplans.
  fahren zur Verfügung. Durch die Berechnung gewässer-
  bezogener Ökosystemleistungen lassen sich Entwicklungs-       Die Gewässerstrukturgüte wurde gemeinsam mit der sozio-
  maßnahmen zielgerichteter ableiten und begründen.             kulturellen Nutzbarkeit des Gewässerabschnitts kartiert und
                                                                bewertet. Dabei wurde deutliches Verbesserungspotential
                                                                festgestellt. Für die ökologische Bewertung der kleinen Fließ-
                                                                und Standgewässer unterhalb der Berichtspflicht wurde ein
                                                                Bewertungsansatz entwickelt, bei welchem Makrophyten,
HINTERGRUND UND FORSCHUNGSFRAGEN                                Makrozoobenthos und Lepidopteren als Bioindikatoren für den
Gewässer erfüllen in Städten und Gemeinden vielfältige Funk-    Gewässerzustand und wahrscheinliche Belastungsursachen ge-
tionen. Sie dienen der Ableitung von Niederschlagswasser        nutzt werden. Alle Informationen wurden konsistent in einem
und damit dem Hochwasserschutz, sind Lebensraum für was-        digitalen Gewässer- und Feuchtgebietskataster zusammenge-
sergebundene Pflanzen und Tiere, verbessern das Kleinklima      führt, in welchem für 50 m-Fließgewässerabschnitte alle rele-
von Wohngebieten und dienen als Erlebnisraum für die Bevöl-     vanten Attributdaten verfügbar und über topologische Zusam-
kerung. Diese Funktionen systematisch zu erfassen und da-       menhänge weitergehende Auswertungen möglich sind. Auf
raus Konzepte für eine ganzheitliche Gewässerentwicklung        dieser Basis entstand das integrale Gewässerentwicklungskon-
abzuleiten, war das Ziel von KOGGE. Modellregion ist die Han-   zept mit gewässerabschnittsscharfen Entwicklungszielen und
sestadt Rostock mit mehr als 200 km kleiner Fließgewässer,      Maßnahmen zu ihrer Erreichung. Ergänzend wurden wesent-
400 Standgewässern sowie einem 1.200 km langen Kanalnetz.       liche Gewässerfunktionen mit Ökosystemleistungen bewertet
Wie in vielen anderen Gemeinden ist der ökologische Zustand     und damit die Bedeutung der Gewässer im gesellschaftlichen
der Feuchtgebiete, Fließ- und Standgewässer nicht bekannt       Diskurs erheblich gestärkt.
und die Funktion als Erlebnis- und Erholungsraum nur einge-
schränkt gegeben. Gleichzeitig steigt die hydraulische Belas-   Alle Ergebnisse wurden nutzergruppenspezifisch in thema-
tung von Kanalnetz und Fließgewässern aufgrund von Nach-        tischen Karten aufbereitet und durch wasserwirtschaftliche
verdichtung und Neuerschließung im Stadtgebiet. Vor diesem      Aufgabenträger und die Kommune in sektorale Planungen

16
Gewässerentwicklung und Wasserbewirtschaftung I KOGGE

                                                                                                                     Abb. 1: Schema
                                                                                                                     KOGGE. Grafik:
                                                                                                                     Universität
                                                                                                                     Rostock WW

übersetzt. So fließen die Ergebnisse u. a. in den neu aufzustellen-   bringen. Um die Datenverfügbarkeit und Aktualisierung sicher-
den Flächennutzungsplan und das begleitende Umwelt- und               zustellen sowie künftige Anwender mit den entwickelten
Freiraumkonzept der Hansestadt Rostock ein. In enger Koope-           Methoden und Produkten zu schulen, plant die Stadt die Ein-
ration mit KOGGE wurde parallel durch die Stadt ein integraler        richtung einer Personalstelle.
Entwässerungsleitplan erarbeitet. Dieser bildet die Grundlage
für die künftige Entwicklung der urbanen Fließgewässer und            Der Abschlussbericht wird das methodische Vorgehen nach-
Regenwasserbewirtschaftung. Beispielhaft wurden integrale             vollziehbar erläutern und damit die Nachnutzbarkeit in ande-
Maßnahmen zur Überflutungsvorsorge und Gewässeraufwer-                ren Kommunen sichern. Dieser wird auf der KOGGE-Homepage
tung geplant und teilweise bereits umgesetzt.                         zum Download bereitgestellt.

FAZIT
Mit dem KOGGE-Ansatz und dem dahinter liegenden Metho-
denkatalog lassen sich komplexe und mitunter auch wider-
sprüchliche Anforderungen an die Gewässerentwicklung einer               KONTAKT
fachgerechten und möglichst integralen Lösung zuführen. Mit              Universität Rostock
der thematisch differenzierten Zustandsanalyse der urbanen               Professur für Wasserwirtschaft
Kleingewässer, der konsistenten Zusammenführung in einem                 Prof. Dr.-Ing. Jens Tränckner | Tel.: +49 381 498 3640
GIS-basierten Kataster und dem daraus abgeleiteten Entwick-              jens.traenckner@uni-rostock.de
lungskonzept wurde eine integrale Planungsgrundlage für die
wasserwirtschaftliche und städtebauliche Praxis geschaffen. Es           www.kogge.auf.uni-rostock.de
ist erklärtes Ziel aller wasserwirtschaftlichen Akteure und der          Projektlaufzeit: 01.04.2015 – 30.09.2018
Hansestadt Rostock, die Ergebnisse aus KOGGE nachhaltig zu               Weitere Kontaktdaten und Partner: Seite 53
pflegen und konsequent in die konkreten Planungen einzu-

                                                                                                                                      17
NiddaMan – Entwicklung eines nachhaltigen Wasserressourcen-Managements
am Beispiel des Einzugsgebiets der Nidda

Im Fokus des Projekts stehen Untersuchungen zur Bedeutung         und ihrer Lebensgemeinschaften beeinträchtigen. Am Beispiel
von Spurenstoffen, Effekte bei Wasserlebewesen und geeigne-       der Nidda als anthropogen überformtes Fließgewässer mit Mo-
te Maßnahmen zur Reduktion der Einträge und Wirkungen für         dellcharakter für Mitteleuropa wurden Schadstoffeinträge aus
Oberflächengewässer.                                              Punkt- und diffusen Quellen quantifiziert und hinsichtlich ihrer
                                                                  Wirkung auf Organismen und aquatische Lebensgemeinschaf-
                                                                  ten untersucht. Dabei wurden renaturierte und nicht renatu-
                                                                  rierte Gewässerabschnitte hinsichtlich der Effizienz wasser-
KERNBOTSCHAFTEN                                                   wirtschaftlicher Maßnahmen miteinander verglichen sowie ein
■ Maßnahmen zur Verbesserung der biologisch-chemischen           nachhaltiges Wasserressourcen-Management unter Berück-
  Wasserqualität sollten kleinere Fließgewässer und Ober-         sichtigung sozial-ökologischer Erkenntnisse weiterentwickelt.
  läufe einschließen, selbst wenn diese nicht WRRL-relevant
  sind, da sie eine wichtige Quellressource für die Biodiversi-   ERGEBNISSE
  tät in aquatischen Systemen darstellen.                         Die Kopplung verschiedener Modelle (Wasserhaushaltsmodell,
■ Isolierte Maßnahmen zur Renaturierung oder zur Elimi-          urbane und rurale Niederschlagsabfluss-Modelle, Stofffluss-
  nation von Spurenstoffen allein reichen nicht, um den           und Gewässergütemodell) diente als Grundlage für die Strate-
  chemisch-ökologischen Zustand eines Gewässers zu ver-           gieentwicklung im Bereich wasserwirtschaftlicher Planungen.
  bessern.                                                        Maßnahmen im Bereich der Siedlungsentwässerung wurden
■ Embryotoxische und toxische Wirkpotenziale wurden so-          nach einem immissionsbasierten Ansatz entwickelt. Die Ablei-
  wohl im Wasserkörper als auch im Sediment bereits in den        tung kläranlagen-/mischwasserbezogener und entwässerungs-
  Oberläufen von Gewässern nachgewiesen. Aus diesem               struktureller Maßnahmen wurde mithilfe modellierter Abfluss-
  Grund sollten Maßnahmen auch auf eine Verbesserung              daten und Abwasseranteilen im Gewässer erarbeitet. So waren
  der Sedimentqualität abzielen.                                  die biologischen Effekte einer Kläranlage der Größenklasse 1
■ Anteile an gereinigtem Abwasser ≥ 12 % im Jahresmittel         bereits kurz nach ihrer Schließung mehrheitlich im Fließgewäs-
  (TITAN-Analysen) führen im Nidda-Einzugsgebiet zu ei-           ser nicht mehr nachweisbar.
  ner veränderten Artenzusammensetzung des Makrozoo-
  benthos, die den gewässertypspezifischen Referenzbe-            In den meisten Flusseinzugsgebieten in Deutschland lassen sich
  dingungen der Oberflächengewässerverordnung nicht               die erhöhten Phosphor-Einträge auf landwirtschaftliche Emissi-
  entspricht. Oberhalb des kalkulierten Abwasserjahres-           onen zurückführen. Anders im Einzugsgebiet der Nidda: Im Ne-
  mittelwertes sinken die Abundanzen besonders empfind-           bengewässer Usa gehen z. B. 90 % der urbanen Phosphor-Einträ-
  licher Arten abrupt. Durch eine effektivere, immissionsbe-      ge auf Kläranlagen zurück. In einem anderen Nebengewässer,
  zogene Abwasserreinigung kann der kritische Abwasser-           der Horloff, stellen Mischwasserüberläufe mit ca. 25 % neben
  anteil erhöht werden.                                           den Kläranlagen einen relevanten Eintragspfad für Phosphor
■ Die Planung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen sollte die        dar. Für Carbamazepin sind Kläranlagen in beiden untersuchten
  frühzeitige Kommunikation mit und die Beteiligung von           Gebieten mit einem Anteil > 90 % die Haupteintragsquelle.
  Interessengruppen im Sinne eines Kooperationsmanage-
  ments vorsehen.                                                 Chemische Untersuchungen von mehr als 150 anthropogenen
                                                                  Spurenstoffen, Metaboliten und Transformationsprodukten
                                                                  spiegeln die typische Belastungssituation kleiner Flüsse mit
                                                                  einem hohen Anteil an gereinigtem kommunalen Abwasser
                                                                  wider. Im Untersuchungsgebiet zeigte sich bei zeitlich hoch-
HINTERGRUND UND FORSCHUNGSFRAGEN                                  aufgelösten Messkampagnen, dass einige der in Kläranlagen re-
Die Renaturierung begradigter, künstlich abgesicherter und        lativ stabilen polaren Stoffe (z. B. das Schmerzmittel Diclofenac)
gehölzfreier Gewässerabschnitte ist oft das Mittel der Wahl,      im Gewässer photochemisch/biologisch abgebaut werden.
um die WRRL umzusetzen und einen naturnahen Zustand von           Jedoch führt dies, aufgrund der hohen Anzahl an Kläranlagen
Fließgewässern wiederherzustellen. Dabei ist weitgehend un-       im Untersuchungsgebiet und somit an Einträgen, oft nicht zu
bekannt, in welchem Umfang andere Belastungsfaktoren, wie         einer erkennbaren Verringerung der Konzentrationen durch
z. B. Schad- und Pflanzennährstoffe, den Zustand der Gewässer     Abbauprozesse im Gewässer.

18
Gewässerentwicklung und Wasserbewirtschaftung I NiddaMan

Abb. 1: Aktion NiddaLife am Hessischen Tag der Nachhaltigkeit 2016,   Abb. 2: Aktives Monitoring an einer Probenstelle in der Nidda,
Foto: Simone Ziebart, Universität Frankfurt                           Foto: Andreas Dieterich, Universität Tübingen

In renaturierten Bereichen wurden z. T. höhere ökotoxische            rung der Einträge aus kommunalen Kläranlagen, Mischwas-
Effekte gemessen als oberhalb einer Maßnahme. Mögliche Ur-            serentlastungen und diffusen Quellen. So sollten technische/
sachen, wie z. B. eine verstärkte Ablagerung belasteter Sedi-         entwässerungsstrukturelle Maßnahmen zur Verbesserung
mente in den Renaturierungsbereichen, werden in weiterfüh-            des chemisch-biologischen Gewässerzustandes sowie die Aus-
renden Studien untersucht.                                            wahl und Priorisierung von Maßnahmen nicht allein anhand
                                                                      der Größenklasse von Kläranlagen erfolgen, sondern die Auf-
Der Gesundheitszustand sowohl abundanter als auch in der              nahmefähigkeit des Oberflächengewässers, Kläranlagen aller
Nidda exponierter Fische ist bedenklich, insbesondere hinsicht-       Größenklassen und Mischwasserentlastungen gleichermaßen
lich der chronischen Schäden im Lebergewebe. Trotz gleichblei-        berücksichtigen.
bender Flussmorphologie verschwinden sensitive Fischarten
auf kurzer Fließstrecke. Es zeigte sich zudem, dass gewässer-         Eine ganzheitliche, sektorübergreifende (behördliche) Be-
morphologische Maßnahmen eine begrenzte Strahlwirkung                 trachtung von Fließgewässern lässt eine höhere Effizienz
(500-2.500 m) aufweisen. Dies ist u. U. auf die eingeschränkte        wasserwirtschaftlicher Maßnahmen erwarten. So können z. B.
Abbaubarkeit vieler Substanzen und das fehlende Wiederbe-             potenziell positive Wirkungen lokaler Maßnahmen im Mittel-
siedlungspotential, bedingt durch die Einwirkung weiterer             lauf eines Gewässers ausbleiben oder unterbunden werden,
Stressoren (z. B. Mischwasserentlastungen, Verschlammung              wenn entsprechende Aktivitäten im Ober-/Unterlauf des Ge-
durch Bodenerosion), zurückführen.                                    wässers fehlen.

Gemeinsam mit Vertretern des NiddaMan-Stakeholder-
Gremiums wurde ein Kommunikations- und Beteiligungskon-
zept für die Planung und Umsetzung von wasserwirtschaft-
lichen Maßnahmen entwickelt. Zum Austausch zwischen
Wissenschaft und Öffentlichkeit (Citizen Science) in der                 KONTAKT
Region wurde die interaktive Wissenslandkarte NiddaLand                  Goethe-Universität Frankfurt am Main
(http://www.niddaland.de/) erstellt.                                     Abteilung Aquatische Ökotoxikologie
                                                                         Prof. Dr. Jörg Oehlmann | Tel.: +49 69 798 42142
FAZIT                                                                    oehlmann@bio.uni-frankfurt.de
Für das Nidda-Einzugsgebiet wurde nach WRRL ein Handlungs-
bedarf zur Verbesserung der Ökosystemgesundheit nach-                    www.niddaman.de
gewiesen. Ein limitierter Stoffrückhalt durch Sorptions- und             Projektlaufzeit: 01.05.2015 – 30.04.2018
Abbauprozesse und unbekanntes ökotoxikologisches Poten-                  Weitere Kontaktdaten und Partner: Seite 54
zial von Einzelstoffen/Mischungen gebieten eine Reduzie-

                                                                                                                                       19
StucK – Sicherstellung der Entwässerung küstennaher, urbaner Räume unter
Berücksichtigung des Klimawandels

In StucK erfolgt eine umfassende Systemanalyse in zwei aus-      darin, ein übertragbares Konzept zu entwickeln. Dieses bein-
gewählten Modellregionen im Bereich der Metropolregion           haltet die Integration ökologischer Aspekte und berücksichtigt
Hamburg und eine Auswertung hydrologischer Zusammen-             die ökonomische Bewertung einzelner Handlungsoptionen.
hänge von Tide- und Binnenhochwassern. Dies ermöglicht die       Die starke Ausrichtung von StucK auf die Erfordernisse der was-
Entwicklung von Managementstrategien für die betrachteten        serwirtschaftlichen Praxis sichert die Verwendung und Imple-
Gewässer.                                                        mentierung der Ergebnisse in die Praxis.

                                                                 ERGEBNISSE
                                                                 Das in StucK entwickelte Verfahren erstellt kombinierte Nie-
KERNBOTSCHAFTEN                                                  derschlagsvorhersagen. Diese basieren für die 1.-2. Vorhersa-
■ Eine  verbesserte, kurzfristige und kleinräumige Nieder-      gestunde auf Radardaten. Ab der 5. Vorhersagestunde werden
  schlagsvorhersage kombiniert aus Radarmessungen und            COSMO-DE-EPS-Daten verwendet. Dazwischen (3.-4. Vorhersa-
  Modellsimulationen (COSMO-DE-EPS) lässt den Betrieb            gestunde) erfolgt eine Überlagerung von Radar- und COSMO-
  eines operationellen Abfluss-Vorhersagemodells für urba-       DE-EPS-Daten. Die so kombinierten Niederschlagsvorhersagen
  ne Regionen zu. Dessen Ergebnisse präzisieren den Warn-        werden als Ensemble mit 20 Läufen erzeugt und verbessern die
  dienst Binnenhochwasser Hamburg und vergrößern damit           Vorhersage deutlich, insbesondere für Starkregenwarnungen.
  Handlungsspielräume/Reaktionszeiten im Hochwasserfall.         Folgende Produkte werden dafür erzeugt:
■ Ökologisches Hochwasserschutzkonzept für Hamburg:

  Eine gezielte Steuerung der Hochwasserrückhaltebecken          1. Kontinuierliche Zeitreihen von 20 Ensembleläufen, Vorhersa-
  ermöglicht eine Optimierung des Hochwasserschutzes                gezeitraum 0-20 Stunden
  bei gleichzeitiger Ausnutzung des größtmöglichen ökolo-
  gischen Potentials der Flächen und Schaffung ökologisch        2. Fortlaufende Vorhersagebilder der Niederschlagsintensität
  wertvoller Lebensräume.                                            in mm/h, Vorhersagezeitraum 0-20 Stunden
■ Ein Verfahren zur Schadenspotenzialanalyse wurde entwi-

  ckelt. So wird die Evaluation verschiedener Szenarien im       3. V
                                                                     orhergesagte Niederschlagsmengen von 20 Ensembleläu-
  Hinblick auf eine potentielle Schadensvermeidung mög-             fen als Summen über verschiedene Zeiträume: 0-2, 0-6, 0-12
  lich. Außerdem eignen sich die Ergebnisse zur Kommuni-            und 0-24 Stunden.
  kation und Sensibilisierung der Bevölkerung (Bei einem
  hundertjährlichen Hochwasser (HQ100) in der Modellregion
  Kollau beträgt das Schadenspotential rund 1,6 Mio. €).

HINTERGRUND UND FORSCHUNGSFRAGEN
In küstennahen urbanen Gewässern ist der Abfluss oft durch
Rückstau beeinträchtigt – mit negativen Auswirkungen auf die
Binnenentwässerung. Die Bewirtschaftung urbaner Fließge-
wässer wird bisher kaum interdisziplinär unter ökologischen
und ökonomischen Aspekten betrachtet. Neben anderen Zie-
len untersuchte das Konsortium in StucK die Entwässerung
bei Extremwetterereignissen, wie Starkregen, der zu Binnen-
hochwasser führt, und Sturmfluten mit Elbehochwasser. Bei
zeitgleichem Eintritt dieser Ereignisse wird das Hochwasserma-   Abb. 1: Ergebnisse des operationellen Modells der Kollau am Pegel
nagement urbaner küstennaher Gebiete vor besondere Heraus-       Niendorfer Straße. Die Streubreite der Ensembles verdeutlicht die
forderungen gestellt. Eine der Kernaufgaben bestand deshalb      Variabilität der Ergebnisse. Grafik: TUHH

20
Gewässerentwicklung und Wasserbewirtschaftung I StucK

                                                                                                          tes Retentionsvolumen zu
                                                                                                          schaffen. Die Steuerung der
                                                                                                          komplexen Regelungsstruk-
                                                                                                          tur wird hierfür mit Hilfe der
                                                                                                          Modellierung optimiert und
                                                                                                          mit Tide- und Niederschlags-
                                                                                                          vorhersagen verbunden.

                                                                                                             Die berechneten Scha-
                                                                                                             denspotenziale haben bei
                                                                                                             einem HQ100 in der Modell-
                                                                                                             region Kollau eine Höhe
                                                                                                             von rund 1,6 Mio. Euro. Ein
Abb. 2: Durchflussmessungen an der Kollau im Rahmen von StucK. Foto: LSBG
                                                                                                             entwickeltes Szenario „zu-
                                                                                                             künftige Landnutzung und
Mit diesen Vorhersagen wird das operationelle Modell zur Ab-            Klimazuschlag“ zeigt eine Ausdehnung der überfluteten Fläche,
flussprognose in der Modellregion Kollau betrieben. Dieses Mo-          sodass hier noch mit einem Anstieg des Schadenspotenzials zu
dell liefert fünfminütig eine neue Abflussprognose und schafft          rechnen ist. Mit diesen Zahlen erfahren die Kosten von Schutz-
damit einen größeren Handlungsspielraum im Hochwasserma-                maßnahmen eine neue Inwertsetzung, in die auch die Schaffung
nagement und ermöglicht, auch im Zusammenhang mit den                   ökologisch wertvoller Räume einbezogen werden muss.
Niederschlags-Vorhersageprodukten, präzisere Meldungen des
Warndienstes Binnenhochwasser Hamburg.                                  FAZIT
                                                                        StucK entwickelte innovative Handlungskonzepte der tideab-
Die Modellierung von Landnutzungs- und Klimaszenarien zeigt             hängigen Entwässerung und Steuerungsmöglichkeiten in dicht
für die Modellregion Kollau im Jahr 2035 höhere Abflussspitzen.         besiedelten, urbanen Bereichen. Diese erweitern den engen
Bei Annahme einer zunehmenden Bodenversiegelung, u. a.                  Handlungsspielraum, der in urbanen Bereichen aufgrund vielfäl-
durch Bevölkerungswachstum und zunehmender Wohnbebau-                   tiger Nutzungskonkurrenzen gegeben ist. In den erarbeiteten
ung/Nachverdichtung, steigt der Abfluss mit 2,5 % nur gering.           Konzepten ist der Hochwasserschutz stets gewährleistet. Darü-
Wird zur Berücksichtigung des Klimawandels eine Steigerung              ber hinaus werden ökologisch wertvolle Räume geschaffen. Die
der Niederschlagsintensität von 15 % angenommen, steigen die            Projektergebnisse sind in einem zusammenfassenden und einem
Abflussspitzen im Jahr 2035 mit etwa 25 % deutlich an. Somit ver-       ausführlichen Projektbericht dargestellt. Durch die von Beginn
größert sich auch die im Ereignisfall überflutete Fläche. Dieser        an großräumige Ausrichtung von StucK können die entwickel-
bedeutende Anstieg erfordert umfangreiche Maßnahmen, wie                ten Konzepte gut auf andere Regionen Norddeutschlands über-
die optimale Steuerung von den in der Modellregion vorhande-            tragen werden. Die konkrete bauliche Planung und Umsetzung
nen Hochwasserrückhaltebecken. So lässt sich der Anstieg auf            von Maßnahmen waren kein Bestandteil von StucK. Derzeit wird
nur rund 9 % gegenüber heute reduzieren.                                geprüft, ob eine Realisierung im Anschluss an das Projekt
                                                                        möglich ist.
Diese Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, zukünftig
größere Spielräume und Sicherheitsreserven durch voraus-
schauendes Handeln zu generieren. Für das schnell reagierende
Gewässersystem der Kollau ist auf Basis der optimierten Nieder-            KONTAKT
schlagsvorhersagen ein dafür passendes Managementkonzept,                  Freie und Hansestadt Hamburg
beginnend 24 Stunden vor Eintritt des Hochwassers, entwickelt              Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer
worden. Die Hochwasserrückhaltebecken werden so gesteuert,                 Prof. Dr. rer. nat. Gabriele Gönnert
dass sie selbst, in Form von Trockenbecken, und die Gewässer-              Tel.: +49 40 42826 2510
auen dadurch ökologisch aufgewertet werden. Durch Hochwas-                 gabriele.goennert@lsbg.hamburg.de
serschutzmaßnahmen werden also ökologisch wertvolle Räume
geschaffen. In der Modellregion Dove-Elbe setzt das zukünftige             www.stuck-hh.de
Managementkonzept bereits sechs Tage vor dem Eintritt des                  Projektlaufzeit: 01.04.2015 – 30.09.2018
Hochwasserereignisses ein, da hier längere Fließzeiten vorliegen           Weitere Kontaktdaten und Partner: Seite 56-57
und entsprechend früher reagiert werden muss, um benötig-

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