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01 /14 basler schulblatt PENSIONIERUNGSWELLE ROLLT LANGSAM AN WO DRÜCKT AN DER PRIMARSCHULE «LA CHAUSSURE»? DER LEHRPLAN 21 IST ZU DICK
edit 3 Basler Schulblatt 2014 | 01 guten tag alle schulen machen schule offenen Tür», der für Eltern von Schülerinnen und Schülern, hängeschild für «die» Schule schlechthin. Einen medienwirk- Menschen aus dem Quartier und weitere Interessierte die Klas- samen Auftritt zieht dies nur selten nach sich. Dafür hie und «Schulen, die eher im herkömmlichen Stil unterrichten, werden senzimmertüren weit öffnet und Einblicke in den Unterricht da ein lächelndes Kindergesicht, das Kompliment eines Vaters, benachteiligt, auch wenn sie mindestens so gute Leistungen ermöglicht. Oder am Elternabend. Am Schulfest. Am vorfas- die Rückmeldung einer Schulrätin oder das Wiedersehen mit erbringen wie die prämierten», empörte sich ein Leser des «Mi- nächtlichen Umzug durchs Quartier. Und vor allem: im alltäg- einem ehemaligen Schüler, der seinen Weg gefunden hat. gros-Magazins» im Zusammenhang mit dem Schweizer Schul- lichen Unterricht – ganz unabhängig von Modellen und Struk- «Wenn Schulen Schule machen» lautete der Titel des Be- preis. Ja, es stimmt schon, dass Schulen mit Unterricht «im turen. richts im «Migros-Magazin», auf den der eingangs zitierte Le- herkömmlichen Stil» wenig Chancen auf den im Dezember Zu banal? Keineswegs! Auf Schülerinnen, Schüler, Eltern serbriefschreiber reagierte. Alle Schulen machen Schule. Jeden 2013 erstmals verliehenen Schulpreis haben dürften – unter de- und Besuchende übertragen sich die Professionalität, die Er- Tag. Und sie alle erbringen, da liegt der besagte Leser richtig, ren Preisträgern mit dem Gymnasium Bäumlihof übrigens fahrung, das Engagement, die Überzeugung und die Freude grosse Leistungen. Mit dem ihnen eigenen, auf sie zugeschnit- auch an eine Schule aus Basel-Stadt figurierte. Doch Schulen eines Kollegiums im Nu. Jede Schule, jeder Standort hat einen tenen einmaligen Charakter. Tag für Tag. präsentieren sich auch an vielen anderen Orten. Am Quartier- eigenen, einmaligen Charakter. Für die Schülerinnen und Valérie Rhein rundgang für Primarschulkinder und deren Eltern zum Bei- Schüler und deren Eltern sowie für die Lehr- und Fachperso- spiel, zu dem eine Bildungslandschaft einlädt. Am «Tag der nen und Schulleitenden erweist sich dieser Charakter als Aus- 34 Drückt «la chaussure» oder «Easy-Going»? 36 Wo stehen Logopädie und Psychomotorik? 23 Was können Bilder zur Geschichte zeigen? 14 Ideen gegen drohende Personalengpässe 30 Missverständnis «Direkte Instruktion»? schWerpunkt pensionierungen 21 Eine lückenhafte Gebrauchsgeschichte 11 Pensionierungswelle rollt langsam an 16 Lehrplan21 muss abgespeckt werden. 28 Massgeschneiderte Weiterbildungen 41 Eigenständige Auseinandersetzung Bernhard Chiquet und Franz König 42 Neues aus der PZ.BS-Bibliothek Im Gespräch mit Regina Kuratle kantonale schulkonferenz 10 Der erste Schritt zur Bildung 25 Die Schulärztin empfiehlt … 38 Bericht aus dem Grossen Rat 48 Unterricht & Weiterbildung freiWillige schulsynode 18 Unverzichtbare Brücken inhalt Sanson Rabi Schweizer Jean-Michel Héritier Sibylle Benz Hübner 26 Mit fremdem Blick Hans-Georg Signer 47 Museum & Kultur Gaby Hintermann Stephan Hördegen Dorothee Miyoshi 45 Schule & Theater 51 Tore zur Bildung 24 Zahl des Monats 27 Recht schulisch Barbara Müller Urs Oberthaler 40 PZ.BS Aktuell Peter Wittwer Lorenz Halter Valérie Rhein 33 Mitteilungen 39 Mitteilungen Jonas Schälle Franz König 50 Impressum bildstrecke Julia Kazis impressum angebote edit
edit 3 Basler Schulblatt 2014 | 01 guten tag alle schulen machen schule offenen Tür», der für Eltern von Schülerinnen und Schülern, hängeschild für «die» Schule schlechthin. Einen medienwirk- Menschen aus dem Quartier und weitere Interessierte die Klas- samen Auftritt zieht dies nur selten nach sich. Dafür hie und «Schulen, die eher im herkömmlichen Stil unterrichten, werden senzimmertüren weit öffnet und Einblicke in den Unterricht da ein lächelndes Kindergesicht, das Kompliment eines Vaters, benachteiligt, auch wenn sie mindestens so gute Leistungen ermöglicht. Oder am Elternabend. Am Schulfest. Am vorfas- die Rückmeldung einer Schulrätin oder das Wiedersehen mit erbringen wie die prämierten», empörte sich ein Leser des «Mi- nächtlichen Umzug durchs Quartier. Und vor allem: im alltäg- einem ehemaligen Schüler, der seinen Weg gefunden hat. gros-Magazins» im Zusammenhang mit dem Schweizer Schul- lichen Unterricht – ganz unabhängig von Modellen und Struk- «Wenn Schulen Schule machen» lautete der Titel des Be- preis. Ja, es stimmt schon, dass Schulen mit Unterricht «im turen. richts im «Migros-Magazin», auf den der eingangs zitierte Le- herkömmlichen Stil» wenig Chancen auf den im Dezember Zu banal? Keineswegs! Auf Schülerinnen, Schüler, Eltern serbriefschreiber reagierte. Alle Schulen machen Schule. Jeden 2013 erstmals verliehenen Schulpreis haben dürften – unter de- und Besuchende übertragen sich die Professionalität, die Er- Tag. Und sie alle erbringen, da liegt der besagte Leser richtig, ren Preisträgern mit dem Gymnasium Bäumlihof übrigens fahrung, das Engagement, die Überzeugung und die Freude grosse Leistungen. Mit dem ihnen eigenen, auf sie zugeschnit- auch an eine Schule aus Basel-Stadt figurierte. Doch Schulen eines Kollegiums im Nu. Jede Schule, jeder Standort hat einen tenen einmaligen Charakter. Tag für Tag. präsentieren sich auch an vielen anderen Orten. Am Quartier- eigenen, einmaligen Charakter. Für die Schülerinnen und Valérie Rhein rundgang für Primarschulkinder und deren Eltern zum Bei- Schüler und deren Eltern sowie für die Lehr- und Fachperso- spiel, zu dem eine Bildungslandschaft einlädt. Am «Tag der nen und Schulleitenden erweist sich dieser Charakter als Aus- 34 Drückt «la chaussure» oder «Easy-Going»? 36 Wo stehen Logopädie und Psychomotorik? 23 Was können Bilder zur Geschichte zeigen? 14 Ideen gegen drohende Personalengpässe 30 Missverständnis «Direkte Instruktion»? schWerpunkt pensionierungen 21 Eine lückenhafte Gebrauchsgeschichte 11 Pensionierungswelle rollt langsam an 16 Lehrplan21 muss abgespeckt werden. 28 Massgeschneiderte Weiterbildungen 41 Eigenständige Auseinandersetzung Bernhard Chiquet und Franz König 42 Neues aus der PZ.BS-Bibliothek Im Gespräch mit Regina Kuratle kantonale schulkonferenz 10 Der erste Schritt zur Bildung 25 Die Schulärztin empfiehlt … 38 Bericht aus dem Grossen Rat 48 Unterricht & Weiterbildung freiWillige schulsynode 18 Unverzichtbare Brücken inhalt Sanson Rabi Schweizer Jean-Michel Héritier Sibylle Benz Hübner 26 Mit fremdem Blick Hans-Georg Signer 47 Museum & Kultur Gaby Hintermann Stephan Hördegen Dorothee Miyoshi 45 Schule & Theater 51 Tore zur Bildung 24 Zahl des Monats 27 Recht schulisch Barbara Müller Urs Oberthaler 40 PZ.BS Aktuell Peter Wittwer Lorenz Halter Valérie Rhein 33 Mitteilungen 39 Mitteilungen Jonas Schälle Franz König 50 Impressum bildstrecke Julia Kazis impressum angebote edit
10 Basler Schulblatt 2014 | 01 edit der erste schritt zur bildung schultÜren in basel-stadt Interview: Julia Kazis, SfG Basel Wie lässt sich Bildung visualisieren? Diese Frage hatte Christoph Ruppli vor Augen, als er loszog, um Türen zu fotografieren. Entstanden sind vielfältige Zu- und Eingänge zu Schulen und weiteren Bildungsinstitutionen. Deine Bildstrecke ist im «Sommerprojekt Basler Schul- Ich hatte mir einen Plan gemacht und bin recht systematisch Gedanken auf unterschiedliche Farbwelten wie zum Beispiel blatt» entstanden, das war im August 2012. Im vergange- vorgegangen. Von der Tür eines Kindergartens bis zum Ein- wärmere oder kältere Töne, die von der Gesamtaussage ab- nen Sommer warst du aber nochmals unterwegs, um gang in die Uni habe ich fast alles fotografiert. Der Hinter- lenken würden. Schultüren zu fotografieren. Weshalb? gedanke war: Alle sollen Zugang zur Bildung haben, nie- Gehört zur Reduktion auch, dass keine Menschen auf Für diese Bildstrecke habe ich quasi zweimal produziert. mand soll ausgeschlossen werden. Deswegen habe ich die den Bildern zu sehen sind? Als im Frühling klar wurde, dass meine Bildstrecke realisiert Dokumentation breit angelegt – und versucht, in vielen Ja. Betrachtende sollen quasi selbst vor der Türe stehen. wird, war auch klar: Das Material genügt technisch noch Quartieren die unterschiedlichen Schulstufen abzubilden. nicht, zum Beispiel die Auflösung einzelner Fotos. Als ich Türen haben sich dafür als gutes Motiv herausgestellt: Dank für das Sommerprojekt 2012 gearbeitet habe, war ich im ers- Vielfalt und Unterscheidbarkeit sind sie nicht langweilig, ten Semester. Also habe ich letzten Sommer die Fotos noch- trotzdem sind die architektonischen Strukturen immer er- mals gemacht, mit dem Wissen des ersten Ausbildungsjah- kennbar Schulhaustüren. Aus dieser Materialsammlung ent- res: eine andere Kamera, immer das gleiche Objektiv, der standen die Vierer-Kombinationen, wie sie nun gedruckt gleiche Abstand. Auch in der Bildbearbeitung sind mir mei- wurden. Für die Kombinationen habe ich versucht, alle Fa- ne neuen Kenntnisse zugute gekommen – ich konnte die cetten interessant abzubilden: alte Schulhäuser, neue Bauten neuen Fotos für ihre Verwendung in einem Printprodukt mit Beton und Glas, aus verschiedensten Quartieren und al- wie dem Basler Schulblatt vorbereiten. len Schulstufen usw. Mein Kriterium war nicht «Schöne Tü- Welches ist die Idee hinter deiner Bildstrecke? ren», obwohl die Bilder auch ästhetisch «verheben» müssen. Während der Projektwochen habe ich lange nach einem Dabei sind deine Fotografien schwarz-weiss – eigentlich Symbol für Bildung gesucht – wie visualisiert man Bildung? ein sicherer formaler Weg, Fotografien zu «ästhetisieren» Die Türen, durch die sich die Schulhäuser öffnen, ermögli- und zu überhöhen. chen den physischen Zugang zur Bildung – so kam ich auf Ja, schon. Aber für mich ist schwarz-weiss aber auch ein die Idee, eine Dokumentation von Basler Schultüren zu machen. Mittel zu reduzieren und mehr Aufmerksamkeit auf das Wenn deine Bildstrecke jetzt veröffentlicht wird, werden Motiv zu lenken, indem ich die Farbinformationen lösche. Christoph Ruppli *1986, alle «ihre» Türen suchen … Wie hast du deine Auswahl Die Wirkung in der Kombination der vier Fotos wird in Lehre als Schrift- und Reklamegestalter, getroffen? schwarz-weiss stärker – Betrachtende verschwenden keinen drittes Semester Fachklasse für Grafik SfG Basel
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit pensionierungs- Welle rollt langsam an Je älter die kinder, desto älter sind im schnitt auch die lehrpersonen Von Peter Wittwer Die Lehrpersonen im Kanton Basel-Stadt sind im Schnitt zwar etwas jünger als in den Nachbar- kantonen. Knapp ein Drittel hat allerdings den 50. Geburtstag bereits hinter sich und wird des- halb mittelfristig «ersetzt» werden müssen. Wie rasch die viel beschworene Pensionierungs- welle auf die Basler Schulen zurollen wird, hängt nicht zuletzt davon ab, zu welchen Konditionen eine Lehrperson mit der anstehenden Pensionskassenreform früher in Pension gehen kann. Aufgrund der Altersstruktur der heutigen Kollegien ist von rund 100 Pensionierungen pro Jahr auszugehen. Vor dem Start der Sekundarschule im Sommer 2015 werden kaum grössere Per- sonalengpässe erwartet. Kommt er oder kommt er nicht und wenn ja, wann und wie hef- se, doch konnten diese – wie auch die FSS im letzten Schulblatt tig wird er uns treffen? Diese Frage wird in den Basler Lehrer- in ihren Forderungen nach Massnahmen gegen den drohenden zimmern derzeit wieder einmal kontrovers diskutiert. Die Rede Lehrpersonenmangel einräumt – bisher durch «situative Mass- ist vom landauf, landab prognostizierten Mangel an Lehrperso- nahmen» einigermassen überbrückt werden. Bis zum Start der nen, der über kurz oder lang auch an den Basler Schulen nicht neuen Sekundarschule im Sommer 2015 kann der personelle spurlos vorbeigehen dürfte. Mehrbedarf durch die Verlängerung der Primarschule weitge- eindeutige zunahme, das schon hend mit OS-Lehrpersonen gedeckt werden, die erst dann an die Ein Blick auf die Altersstruktur zeigt, dass in Basel-Stadt in neuen Sekundarschulen wechseln. den nächsten Jahren tatsächlich mit einem markanten Anstieg vieles ist noch unklar der Zahl von Lehrpersonen zu rechnen ist, die das ordentliche Die im Stadtkanton wieder spürbar steigenden Kinderzah- Pensionsalter erreichen. Gemäss den Zahlen im 2012 erschienen len und die Verschiebungen im Personalbedarf auf den verschie- Bildungsbericht Nordwestschweiz ist heute jede dritte Lehrper- denen Schulstufen werden zusammen mit einer anrollenden son an der Volksschule in der Schweiz über 50 Jahre alt. Als einzi- (Früh-)Pensionierungswelle als Indizien ins Feld geführt, dass ger Kanton im Bildungsraum Nordwestschweiz liegt Basel-Stadt sich die Situation schon rasch zuspitzen könnte. Zeitpunkt und leicht unter diesem Schnitt. Auch an den Basler Schulen wird Ausmass eines Mangels an Lehrpersonen sind im Moment noch aber in den nächsten 10 bis 15 Jahren etwa ein Drittel der Lehr- kaum abschätzbar. Genaue Prognosen, wann auf welcher Schul- personen an der Volksschule aus Altersgründen ersetzt werden stufe welche Bedarfslücken entstehen könnten, sind deshalb zum müssen. jetzigen Zeitpunkt praktisch unmöglich. Im Moment ist im Kanton Basel-Stadt im Gegensatz zu an- Nicht quantifizierbar ist insbesondere, wie viele Lehrperso- deren Kantonen allerdings noch wenig von einem akuten Per- nen im Zug des Übergangs zum neuen Schulsystem früher als sonalmangel zu spüren. Punktuell gibt es in einzelnen Fächern vorgesehen in Pension gehen werden. Die Zahl der Frühpensio- oder zuletzt bei den Kindergärten zwar immer wieder Engpäs- nierungen wird stark davon abhängen, zu welchen Konditionen 11
Pensionierungen pro Jahr 120 100 80 60 40 20 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043 2044 2045 2046 2047 2048 2049 2050 2051 2052 2053 2054 2055 2057 2058 dies mit der anstehenden Pensionskassenreform möglich ist. Erst Die Hochrechnungen zeigen, dass Basel-Stadt im nationa- wenn diese kommuniziert sind, wird man sehen, wie stark dies len Vergleich, was die Altersstruktur angeht, relativ gut dasteht. das Bild der ordentlichen Pensionierungen verändert. Auch wenn es durch Frühpensionierungen noch zu leichten Ver- peak ist 2017 zu erWarten zerrungen in der Kurve kommen dürfte, gibt es in Basel weniger In absoluten Zahlen ist der absehbare Anstieg bei den Pen- Lehrpersonen als in anderen Kantonen, die heute 50 und älter sionierungen im Vergleich zu Kantonen wie dem Aargau, wo sind. Dem Bildungsbericht Nordwestschweiz ist zu entnehmen, mittelfristig allein an der Volksschule ein Drittel der gut 8000 dass Basel-Stadt im Schnitt einen leicht jüngeren Lehrkörper Lehrpersonen aus Altersgründen ersetzt werden müssen, ver- aufweist als die Nachbarkantone. Vor allem auf der Primarstu- gleichsweise gering. Ein Blick in die Personalstatistik zeigt, dass fe, aber auch an der WBS gibt es nur wenige Lehrpersonen, die in Basel auch bei einem absehbaren Anstieg von 50 Prozent und in den nächsten paar Jahren in (Früh-)Pension gehen können. mehr nicht mit Hunderten, sondern allenfalls mit ein paar Dut- unterschiede nach stufe und standort zend mehr Stellen zu rechnen ist, die aus Altersgründen zusätz- Auch für Basel-Stadt gilt die generelle Regel: Je älter die lich neu besetzt werden müssen. Nimmt man die heutige Al- Schülerinnen und Schüler, desto älter sind im Schnitt auch die tersverteilung als Basis, wird die Zahl der ordentlichen Pensio- Lehrpersonen. In den Kindergärten ist der Anteil an sehr jungen nierungen zwischen 2014 und 2016 von zunächst etwa 60 auf 80 Lehrpersonen unter 30 Jahren am grössten, während im Gegen- ansteigen und dürfte dann im Jahr 2017 einen ausserordentli- zug an der FMS oder den Berufsfachschulen mehr als zehn Pro- chen Peak von fast 120 Personen erreichen. Für die Jahre danach zent der Lehrpersonen über 60 sind. Einen Spezialfall, auch was ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der Pensionierungen das Alter der Lehrpersonen angeht, bilden die Spezialangebote, mit leichten Schwankungen bei etwa 100 Lehrpersonen pro Jahr die in Basel-Stadt mit 16 Prozent den höchsten Anteil an über einpendeln wird (vgl. Grafik). 60-jährigen Lehrpersonen ausweisen. 12
100 100 Berufsfachschule 60+ 60+ Gymnasien 50-59 50–59 90 90 FMS 40-49 40–49 SpA 30-39 30–39 WBS
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit ideen gegen drohende der sich abzeichnende mangel an lehrpersonen War im proJekt schulharmonisierung von beginn Weg ein zentrales thema Interview: Peter Wittwer An Ideen, was im Kampf gegen den drohenden Lehrpersonenmangel in Basel-Stadt getan werden kann, fehlt es nicht. Da sich rasch abzeichnete, dass es vor allem auf der verlänger- ten Primarstufe zusätzliches Personal braucht, hat die Projektleitung Schulharmonisierung ein Konzept «zur Gewinnung und zum Erhalt von Lehrpersonen» erarbeitet. In diesem Pla- nungspapier, das Projektleiterin Regina Kuratle der Volksschulleitung als Entscheidungs- grundlage übergeben hat, sind rund ein Dutzend Massnahmen und deren potenzielle Wirk- samkeit skizziert. Für einige, wie Zulassungserleichterungen an der Pädagogischen Hochschule oder Lohnfragen, sind politische Entscheide nötig. Andere lassen sich direkt an den Schulen und rasch umsetzen. Mit der Umsetzung der Schulharmonisierung verändert sich seln. Dann müssen wir bereit sein, die entstehenden Lücken mit der Personalbedarf auf den einzelnen Schulstufen. Wie wur- geeigneten Massnahmen zu füllen. Dazu haben wir ein Papier de im Projekt Schulharmonisierung mit diesem Thema umge- erarbeitet mit rund einem Dutzend Vorschlägen, was wirksam gangen? und sinnvoll sein könnte. Natürlich mussten wir bei der Planung der unvermeidlichen Die FSS hat im letzten Schulblatt ein Bündel von Forderun- Wechsel der OS- und WBS-Lehrpersonen wissen, wie gross der gen zur Bekämpfung des drohenden Lehrpersonenmangels Personalbedarf an den neuen Schulen sein wird. Um möglichst präsentiert. Inwieweit decken sich diese Forderungen, die of- alle Wechselwünsche der Lehrpersonen erfüllen zu können, ha- fenbar mit der Volksschulleitung und der Projektleitung ben wir Hochrechnungen gemacht, wie viele Lehrpersonen an Schulharmonisierung vorbesprochen worden sind, mit Ihren der um zwei Jahre verlängerten Primarschule und der neuen Se- Vorschlägen? kundarschule gebraucht werden. Das war und ist ein hochkom- Dass zusätzliche Anstrengungen nötig sind, um den Lehr- plexer Prozess, denn der Wechsel erfolgt fliessend über mehrere personenbedarf zu decken, ist in der Schweiz schon seit längerem Jahre und vielfach über Umwege. ein Thema. Ebenso wie die FSS und der LCH haben wir und die Wo und ab wann drohen aufgrund der Personalplanung Eng- Volksschulleitung im Projekt Schulharmonisierung uns Gedan- pässe? ken gemacht, was für Massnahmen in Ergänzung zu bereits lau- Engpässe im Sinne von Entlassungen festangestellter Lehr- fenden Massnahmen wie dem Quereinstiegsprogramm im Bil- personen wollten wir um jeden Preis vermeiden. Dazu wird es dungsraum Nordwestschweiz die erwünschte Wirkung zeigen auch nicht kommen. Da rund zwei Drittel der OS-Lehrpersonen könnten. Von daher ist es kein Zufall, dass sich vieles, was wir auf die Sekundarschule wechseln wollen, war aber rasch klar, an Massnahmen ins Auge fassen, mit den Forderungen der Leh- dass der Mangel an qualifiziertem Personal in Basel-Stadt sicher rerverbände deckt. schwerpunktmässig auf der Primarstufe ein Problem sein wird. Können Sie konkrete Beispiele nennen? Im Moment können die zusätzlichen 5. und später 6. Klassen Ein wichtiger Ansatzpunkt besteht darin, bei jungen Leuten noch von ehemaligen OS-Lehrpersonen unterrichtet werden, die das Interesse am Lehrberuf zu wecken und ihnen dann den Be- ab Sommer 2015 an die dann startenden Sekundarschulen wech- rufseinstieg zu erleichtern. Eine Möglichkeit dazu wäre, bereits 14
Regina Kuratle hat als Leiterin des Projektes Schulharmonisierung ein ganzes Bündel von Vorschlägen gegen den drohenden Personalman- gel entwickelt. an den Gymnasien offensiver über die Ausbildungsgänge zu in- Schulharmonisierung können interessierte Lehrpersonen bereits formieren und vor oder kurz nach der Maturität Kurzpraktika jetzt Zusatz- und Nachqualifikationen erwerben, um ihr Fächer- an der Volksschule zu ermöglichen. Zu überlegen wäre auch, ob spektrum zu erweitern. Diese Lehrpersonen können dann später die PH Interessierte ohne gymnasiale Maturität in ihre regulä- allenfalls dazu motiviert werden, ihr Pensum aufzustocken und ren Studiengänge aufnehmen könnte oder ob diese wie Berufs- so zur Bekämpfung des Mangels an Lehrpersonen beitragen. und Wiedereinsteigerinnen während der ersten Zeit durch Men- Wo sehen Sie sonst noch Verbesserungsmöglichkeiten? torinnen unterstützt werden könnten. So liesse sich die relativ Das Rekrutierungsverfahren lässt sich verbessern, indem hohe Zahl von Abgängen in den ersten Berufsjahren reduzieren. die Stellen transparenter ausgeschrieben werden und die Stellen- Den Studierenden an der PH sollten zudem an den basel-städti- ausschreibung zwischen den teilautonomen Schulen besser ko- schen Schulen zusätzliche Praktika ermöglicht werden, da solche ordiniert wird. In einem Grenzkanton wie Basel-Stadt besteht früh geknüpften Beziehungen die Chance erhöhen, dass sie spä- zudem im Bedarfsfall seit jeher die Möglichkeit, Lehrpersonen ter hier eine Stelle antreten. aus dem benachbarten Ausland, etwa für den Fremdsprachen- Die FSS schlägt auch vor, befristet angestellte Lehrpersonen unterricht, zu rekrutieren. als Springerinnen zu gewinnen und das Verfahren bei den Was können die einzelnen Schulen zur Gewinnung von Lehr- unbefristeten Anstellungen zu verkürzen. Werden diese personen tun? Massnahmen ebenfalls geprüft? Ein wichtiger Faktor ist die Personalführung der Schullei- Ja, damit können vielleicht nicht auf Anhieb neue Leute ge- tungen. Wenn in einem Fach Engpässe entstehen, könnten sie wonnen werden, doch es kann verhindert werden, dass Lehrper- geeignete Lehrpersonen dazu animieren, ihr Fächerspektrum sonen in andere Kantone abwandern, weil sie dort leichter eine durch Weiterbildungen zu erweitern und ihr Pensum aufzusto- sichere Anstellung finden. Ähnliches gilt auch für die gewerk- cken. Ihre Chancen verbessern können die Schulleitungen auch schaftliche Forderung nach höheren Löhnen, insbesondere auf durch eine frühere Pensenplanung. Wichtig sind zudem gute der Primarstufe. Diese Forderung wird im Rahmen der laufen- Dienstleistungsangebote wie die der Beratungsstellen des PZ.BS den Systempflege bei den Löhnen des gesamten Staatspersonals oder der Dienste der Volksschulen, die Lehrpersonen gezielte geprüft und entschieden. Finanziert über den Kredit für die Unterstützung und Entlastung bieten. 15
lehrplan 21 muss abgespeckt Werden eine erste bilanz der abgeschlossenen kantonalen anhÖrung zum lehrplan-entWurf Von Lorenz Halter, Vom August bis November 2013 fand in Basel-Stadt und in weiteren 20 Kantonen der Deutsch- Projektleitung schweiz eine Anhörung zum Entwurf des Lehrplans 21 statt. Die Stellungnahme von Basel-Stadt Schulharmonisierung wurde der Projektleitung Lehrplan 21 Ende Dezember zugestellt. Der Lehrplan-Entwurf und seine konzeptionelle Stossrichtung werden in Basel-Stadt im Allgemeinen begrüsst, wenn auch mit Vorbehalten. Zustimmung erhalten Gestalt und Form. Immer wieder bemängelt wird der zu grosse Umfang des Lehrplans sowie Komplexität und Höhe der Kompetenzen. Der Lehr- planentwurf wird nochmals überarbeitet und den Kantonen im Oktober 2014 zum Beschluss und zur Einführung übergeben. Das Interesse am Lehrplan 21 ist im Kanton Basel-Stadt gross. Ei- ge Punkte, die mit Blick auf die Umsetzung des Lehrplans in der ne Mehrheit der eingeladenen Anhörungspartner hat eine Stel- Unterrichtspraxis überarbeitet werden sollen. Der vorliegende lungnahme eingereicht. Die Rückmeldungen wurden zusam- Lehrplanentwurf soll in seinem Umfang reduziert werden. Pro mengefasst, ausgewertet und gewichtet. Der Kanton Basel-Stadt Fach(bereich) enthält er zu viele Kompetenzen, um das Verspre- reicht die Anhörungsergebnisse in Form eines ausgefüllten Fra- chen, damit 80 Prozent der Unterrichtszeit auszufüllen, einhal- gebogens und eines Begleitbriefs mit den wichtigsten Punkten ten zu können. In jedem Fach soll eine Bündelung oder Strei- bei der Projektleitung Lehrplan 21 der D-EDK ein. chung von Kompetenzen vorgenommen werden. Die Ansprüche ruf nach reduktion und bÜndelung sollen nicht grundsätzlich herabgesetzt werden. Es soll genü- Grundsätzlich ist der Entwurf des Lehrplans 21 in Basel- gend Zeit im Unterricht vorhanden sein, eine kleinere Anzahl Stadt auf ein positives Echo gestossen. Es gibt jedoch auch eini- von Kompetenzen zu erwerben, diese aber mit anspruchsvoller 16
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit Tiefe. Eine Reduktion des Umfangs kann auch dadurch erreicht nen. Grundsätzlich aber sollen die Grundkompetenzen nicht werden, dass die allgemeine Einleitung in den Lehrplan mit den nach unten angepasst werden. Es soll vielmehr klar beschrieben einleitenden Kapiteln der Fach(bereichs)lehrpläne abgeglichen, werden, was geschieht, wenn Lernende die Grundkompetenzen Redundanzen aufgehoben und ganz allgemein die Einleitungen nicht erreichen. in den Fachlehrplänen viel kürzer gehalten werden. In diesem Sinn geht es um eine bessere Prioritätensetzung. kompetenzbegriff zu Wenig klar Dies wäre durch eine Kennzeichnung von Pflichtkompeten- Die angestrebte Kompetenzorientierung soll im Lehrplan zen und weiterführenden Kompetenzen zu erreichen. Überdies 21 prägnant und einfacher erklärt werden. Dazu gehört eine Be- braucht es im zweiten und dritten Zyklus beim Übertritt eine schreibung, was sich in der Schule im Vergleich zu heute durch Differenzierung in Bezug auf die Kompetenzen über die Grund- die kompetenzorientierte Förderung und Beurteilung ändert. kompetenzen hinaus. Es sollen jeweils mindestens zwei Kompe- Um zu einem ausgewogenen didaktischen Ansatz zu kommen, tenzstufen über den Grundkompetenzen ausgewiesen werden. umfasst eine kompetenzorientierte Beurteilung und Förderung mehr praXisnähe durch zusammenfassungen sowohl den Wissenserwerb als auch die Anwendung von Wissen. Der Lehrplan 21 ist ein umfangreiches Werk, das aber trotz- Zu Begriffen wie Bereitschaft und Haltung in der Definition der dem gut im Schulalltag eingesetzt werden kann. Dazu müssen Kompetenzorientierung gilt es Aussagen zu machen. Ausserdem Kurzformen bzw. Zusammenfassungen des Lehrplans zur Ver- braucht es in einem kompetenzorientierten Lehrplan prägnante, fügung stehen, die einerseits alle Kompetenzbereiche pro Fach einfache und praxistaugliche Erklärungen zu kompetenzorien- bzw. Fachbereich abbilden und andererseits alle Grundkompe- tierten Beurteilungsformen, die als feste Bestandteile zu jedem tenzen pro Fach bzw. Fachbereich und pro fächerübergreifen- Unterricht gehören. des Thema übersichtlich darstellen. Diese Auszüge machen den ÜberprÜfung der mindestansprÜche Lehrplan nicht nur für Lehrpersonen, sondern für alle weiteren Der Begriff Mindestanspruch ist verwirrend und sollte Adressaten übersichtlicher und transparenter. durch die Terminologie der EDK ersetzt werden. Mindestan- Viele Stellungnahmen bezogen sich auf Umsetzungsfragen sprüche sind Grundkompetenzen. Eine einheitliche Begriffs- zum Lehrplan 21, die nicht Gegenstand der Anhörung waren. definition schafft Klarheit. Für viele Lernende, insbesondere Solche Informationen und Hinweise zu Stundentafel, Lehrmit- Leistungsschwächere, sind etliche Grundkompetenzen zu hoch teln, Beurteilung sowie Aus- und Weiterbildung haben mit den gesetzt. Es ist nochmals sorgfältig zu prüfen, ob die formulier- Inhalten des Lehrplans 21 direkt nichts zu tun. Sie werden aber in ten Grundkompetenzen in der verfügbaren Unterrichtszeit von die Einführungsplanung zur kantonalen Umsetzung einfliessen. den meisten Schülerinnen und Schülern erreicht werden kön- 17
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit unverzichtbare brÜcken ein Quotenziel bei den brÜckenangeboten macht keinen sinn Von Hans Georg Signer Die Brücken-Metapher ist allgegenwärtig, wenn es darum geht, die sozialen, kulturellen oder religiösen Brüche und Differenzen unserer Gesellschaft rhetorisch zu überwölben. Dabei erwei- sen sich die realen Brücken nicht immer verbindend-versöhnend, sondern als Orte von Prüfung und Ausgrenzung. Nicht so beim Zentrum für Brückenangebote. Es hält, was es verspricht: sich unterstützend auf dem Weg von der Volksschule in die berufliche Grundbildung anzubieten. Die Arbeit am Zentrum für Brückenangebote ZBA – sei es als ein Jahr zur Verfügung. Die Lehrpersonen müssen in wenigen Lehrperson, sei es in Führungsfunktionen – gehört zu den an- Wochen eine tragfähige Beziehung zu den Lernenden aufbauen, spruchsvollsten, die unser Kanton zu vergeben hat. Die Spann- eine Klassengemeinschaft bilden und eine breite Palette an schu- weiten an Leistungsfähigkeit, an Möglichkeiten zur Selbstgestal- lischen, lebenspraktischen, persönlichen und sozialen Kompe- tung, an Verhalten fordert den Lehrpersonen grosses didakti- tenzen vermitteln. Das heisst nichts anderes, als dass die Schule sches und pädagogisches Geschick ab. Da ist der junge Mann, jedes Jahr von vorne beginnt, sich permanent neu erfinden und auf eigene Faust aus Afghanistan geflüchtet, vor wenigen Wo- finden muss. Keine andere Schule ist grösseren Planungsunsi- chen erst auf lebensbedrohlichem Weg in der Schweiz angekom- cherheiten ausgesetzt. Die Schülerzahlen sind von der Konjunk- men, der kaum ein Wort Deutsch versteht, aber alles tun will, um tur und vom Lehrstellenangebot abhängig. Die Lehrpersonen hier Fuss zu fassen. Und dort ist die junge Frau, hier aufgewach- des ZBA sind wegen den schwankenden Schülerzahlen immer sen, die es in der Schule auf keinen grünen Zweig bringt, jeden wieder in Sorge um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes. Mut verloren hat und sich durch Renitenz alle Sympathien ver- Nicht genug; die Brückenangebote stehen unter kritischer scherzt. Beobachtung, die nicht frei von Argwohn ist. Manche denken, An dieser Schule sind pädagogische und didaktische Fähig- mehr Jugendliche würden schneller den Weg in die Berufsbil- keiten der besonderen Art gefragt: Zum einen wird nur am ZBA dung finden, gäbe es die Brückenangebote nicht oder wären de- unterrichten können, wer junge Erwachsene in prekären schuli- ren Plätze beschränkt. Die Hürden in die Brückenangebote seien schen, sozialen und persönlichen Verhältnissen mag und sie ger- nicht hoch genug, mahnen sie an, tiefer jedenfalls als jene in die ne begleitet nach dem Grundsatz, dass ein Jugendlicher beim Berufsbildung. Die schwache Quote an Direktübertritten in die Schritt zwischen Schule und Arbeitswelt nichts mehr braucht als berufliche Grundbildung sei nicht zuletzt darauf zurückzufüh- einen erwachsenen Menschen, der zu ihm steht. Und es gilt täg- ren, dass der Weg in die Brückenangebote jener des geringsten lich, mit einem didaktischen Spagat zurechtzukommen: So klar Widerstands sei. Verlangt wird ein Abschreckungsszenario oder und verbindlich die Ansprüche und die Ziele an die Lernenden wenigstens eine Maximalquote für die Zahl der Schülerinnen adressiert werden müssen, so notwendig ist die Bereitschaft und und Schüler am ZBA. Fähigkeit zur täglichen Improvisation fernab von Lehrplänen. basel-stadt liegt an der spitze hohe erWartungen und unsicherheit In Basel-Stadt sind es im Jahre 2013 knapp 18 Prozent der Dem ZBA soll gelingen, möglichst alle Schülerinnen und Jugendlichen, die nach der Volksschulstufe (das Gymnasium Schüler in die berufliche Grundbildung zu vermitteln. Grösser eingeschlossen) direkt in eine Berufslehre eintreten. Eine schwei- kann die Erwartung nicht sein. Dabei steht ihm in der Regel nur zerische Statistik gibt es nicht. Die basel-städtische Quote ist 18
Kaum eine Schule ist so vom Umbruch gezeichnet wie das Zentrum für Brückenangebote: Nach jedem Jahr wechselt ein Grossteil der Schülerschaft, und auch sonst kommt es – wie an diesem Standort, den es mittlerweile nicht mehr gibt – immer wieder zu grossen Verschiebungen. aber ohne Zweifel sehr tief, auch wenn sie 2013 einen Höchst- 2. Von den Jugendlichen und ihren Eltern wird ein intensi- stand erreicht hat. ver Findungsprozess verlangt. Die Schulen, die Berufsberatung, In der Schweiz besuchen ungefähr 20 Prozent der Jugendli- das Case Management Berufsbildung, die Lehrstellenvermitt- chen nach der Volksschule eine Zwischenlösung, also ein Brü- lung unterstützen sie dabei. ckenangebot. Basel-Stadt mit einem Anteil von rund 30 Prozent 3. Im harmonisierten Schulsystem gelten für den Übertritt nimmt zusammen mit den Kantonen Bern, Waadt und Genf ei- von der Volksschule in die berufliche Grundbildung und ans ne Spitzenposition ein. Gymnasium Quotenziele. Nach der 3. Sekundarklasse sollen Das wichtigste bildungspolitische Ziel bezieht sich auf die mindestens 35 Prozent der Jugendlichen direkt in die berufliche Abschlüsse am Ende der Sekundarstufe II: 95 Prozent der jungen Grundbildung eintreten (heute sind es 18 Prozent), ins Gymna- Erwachsenen sollen am Ende der Sekundarstufe II einen quali- sium maximal 30 Prozent (heute 38 Prozent). Dieses quantitati- fizierenden Abschluss erreichen (ein Eidgenössisches Berufsat- ve Ziel wird auch in den nächsten Jahren allen, die an der Naht- test, ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis mit oder ohne Be- stelle mit den Jugendlichen arbeiten, grosse Anstrengungen ab- rufsmaturität, einen Fachmittelschulabschluss, eine gymnasiale verlangen. Maturität). 4. Ausbildungsreife Jugendliche sollen kein Brückenangebot Leider fehlt zurzeit in allen Kantonen eine Statistik, die besuchen, sondern den Direktübertritt schaffen, sofern Gewerbe, zeigt, wie nahe beim Ziel wir sind; der Bund stellt sie per 2014 in Wirtschaft und Verwaltung so wie heute Ausbildungsplätze in Aussicht. Summiert man die Ausbildungsquoten der Basel-Städ- ausreichender Zahl schaffen. ter und berücksichtigt die auch in Basel-Stadt sehr tiefe Jugend- 5. Die Brückenangebote stellen auch in Zukunft ein diffe- arbeitslosigkeitsquote (ungefähr vier Prozent), so darf man ver- renziertes Angebot zur Verfügung. Für jedes Angebot muss man muten, dass wir auf gutem Weg sind. Allerdings ist der direkte sich bewerben und qualifizieren. Die Übertrittsquote von den Weg zu einem Abschluss auf der Sekundarstufe II im Kanton Brückenangeboten in die Bildungs- und Ausbildungsgänge der Basel-Stadt seltener als andernorts. Sekundarstufe II soll sehr hoch sein. ziele fÜr den Übergang Quotenziele sind keine option Die wichtigsten Ziele für den Übergang von der Volksschu- Für den Eintritt in die Brückenangebote hingegen gilt kein le in die berufliche Grundbildung, in die Mittelschulen und in Quotenziel. Eine Maximalquote hiesse, dass man Jugendlichen die Brückenangebote lauten: die Aufnahme verwehren könnte und in Kauf nähme, dass sie 1. Es gilt das Prinzip «Bildung und Ausbildung vor Arbeit». ohne Abschluss auf der Strasse stünden. Das ist für den Kanton Niemand steht auf der Strasse. Basel-Stadt weder eine bildungspolitische noch eine sozialpoli- 19
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit tische Option. Ausserdem gibt es keine sachlich begründbare minimale Quote im Sinne einer Besitzstandsgarantie für das Quote – 10 Prozent wären so unbegründet wie 50 Prozent. Das ZBA geben. Das ZBA wird immer stärker dem Risiko von hat damit zu tun, dass die Stellung des ZBA eine andere ist als Schwankungen ausgesetzt sein als andere Schulen. Werden die jene der beruflichen Grundbildung, des Gymnasiums und der Quotenziele für die berufliche Grundbildung und die Mittel- Fachmaturitätsschule. Letztere führen zu einem qualifizieren- schulen erreicht, wird die Zahl der Jugendlichen, die ein Brü- den Abschluss auf der Sekundarstufe II. ckenangebot besuchen, sinken. Die Brückenangebote hingegen sind keine Alternative zu unverzichtbarer problemlÖser diesen Angeboten, sondern ihnen vorgelagert. Sie nehmen jene Der Kanton Basel-Stadt wird sich hüten, einem Steuerungs- Schülerinnen und Schüler auf, die den direkten Anschluss nicht wahn zu verfallen. Quoten bilden nur Teilaspekte der Realität ab. finden. Wie viele das sind, hängt von vielem ab. Die Forschung Die Wirklichkeit ist das, was hinter oder über den Zahlen ist: das hat 50 Erfolgsfaktoren auf den Ebenen Person und Familie, Schu- Leben der jungen Menschen und das Engagement aller, die in le und Betrieb sowie Gesellschaft identifiziert – unter anderem ihrer Aufgabe als Lehrperson, als Schulleitung oder als Fachper- den Lehrstellenmarkt, die Rekrutierungspraxis in Gewerbe und son im Bereich Berufsorientierung, Berufsberatung, Stellenver- Wirtschaft, die Haltung der Bevölkerung zur Berufsbildung, die mittlung und Gap Case Management die Jugendlichen unter- Qualität und Intensität der orientierenden und vermittelnden stützen. Die Brückenangebote als Expertenorganisation für die Leistungen der Volksschule, der Berufsberatung, des Case Ma- Förderung, Begleitung und Vermittlung von Jugendlichen an der nagements Berufsbildung, der Lehrstellenvermittlung sowie der sensibelsten Nahtstelle ihrer Bildungsbiografie werden auch in Triageverfahren. Zukunft ihren wichtigen Beitrag zum Bildungserfolg im Kanton Das ZBA wird also auch in Zukunft keinen Forderungen Basel-Stadt leisten. Die Brückenangebote sind kein Problem, nach Quotenzielen beim Eintritt ausgesetzt sein. Allerdings – so sondern unverzichtbare Problemlöser. wenig es ein maximales Quotenziel gibt, so wenig kann es eine Das Schulmobiliar 20
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit eine lÜckenhafte gebrauchsgeschichte unter dem obertitel «die schWeizer» hat das schWeizer fernsehen vier filme zur geschichte unseres landes produziert Von Franz König, Die SRF-Serie «Die Schweizer» hat ein breites, widersprüchliches Echo zur nationalen Pädagogisches Zentrum PZ.BS Geschichtserzählung ausgelöst. Dies kann als positive Folge eines uneinheitlichen Fernsehprojekts gewertet werden. Kann die Serie aber auf der Sekundarstufe auch didaktisch sinnvoll verwendet werden? «Verschtande!?» – brüllt Stauffacher seine verdutzt-dümmlichen Etwas verwirrend gerät der zaghafte Einbezug neuerer For- Mit-Schwyzer an, im Tonfall eines Miliz-Feldweibels. Er ist nicht schung, die verschämte Demontage der «Morgartenschlacht» die einzige lautstark gezeichnete Figur. In der ersten Folge der und des Rütlischwurs durch kommentierende Historikerinnen. SRF-Serie «Die Schweizer» entsteht der Eindruck, alte Eidgenos- Die Einführung des ambitionierten Werner von Homberg, der sen hätten sich generell archaisch brüllend miteinander unter- seine Vogtei Waldstätte gegenüber habsburgischen Ansprüchen halten, eine unbegründete Unterstellung und ein klarer Fehlgriff. mithilfe seiner Schwyzer Söldner erfolgreich sichert, bezieht Aber trotz der oft ungeschlachten Szenen-Regie bietet die Serie neuere Forschungsergebnisse ein. Seine Figur bildet einen wohl- durchaus Stoff für Geschichtsstunden auf verschiedenen Ni- tuenden Kontrast zum anfangs erwähnten Soldatengebrüll, be- veaus. sonders in der atmosphärischen Szene, in der Werner von Hom- Die Konzentration der Erzählung auf wenige drastisch ge- berg – wie in der Manesse-Handschrift – sein Talent als Minne zeichnete Figuren kann Jugendlichen in der komplexen Ge- trällender Frauenheld zeigen darf. schichte der frühen Eidgenossenschaft zur Orientierung dienen. viel feind – viel ehr? Mehrere Szenen führen die Elemente des mittelalterlichen Le- Burgunderkriege und «Stanser Verkommnis» (1481) führen bens zwar nur kurz und einfach, aber einprägsam vor: so der zum ersten gemeinsamen Vertragswerk der Eidgenossen; sie ste- Blick ins Skriptorium des Klosters Einsiedeln, eine Zürcher hen im Zentrum der zweiten Folge. Die pathetische Stimme aus Zunftstube, die Badstube der Privilegierten und die ansprechen- dem Off warnt wiederholt vor vielen Feinden: Das sind Habsbur- de kleine Dorfszene, in der ein Bänkelsänger als Strassenmusi- ger, Burgunder und Franzosen, alle bleiben weitgehend gesichts- kant des Mittelalters die Dorfleute zum eigenen Gesang mit we- lose Widersacher. Die ambivalente Beziehung der Eidgenossen nigen Gesten in die improvisierte Darstellung der Tellsaga ein- zu den umgebenden Grossmächten, mit denen die Oberschicht bezieht. gerne kooperierte, wenn es um Soldverträge ging, wird auf ein In der dritten Folge der Serie «Die Schweizer» wird in der militärischen Karriere von Henri Dufour, der mit 60 Jahren zum Ge- neral aufstieg, einiges ausgeblendet. Foto: SRF/Daniel Ammann 21
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit bekanntes Bedrohungsszenario reduziert. Die Tatsache, dass die unterWanderung der demokratie Koalition gegen Burgund hauptsächlich auf Betreiben des fran- In der ersten Phase des Bundesstaats ist die Stellung Albert zösischen Königs zustande kam, in der eidgenössische Söldner Eschers unbestritten: Selten bewirkte ein Einzelner in kurzer als Mitspieler Dienst taten, wird verschwiegen. So bleibt uner- Zeit so vieles wie dieser Zürcher: die Gründung einer eigenen klärlich, weshalb der König von Frankreich den eidgenössischen Bahn-Gesellschaft, der dazugehörigen Bank, einer privaten Ge- Orten eine Million Pfund für ihre Solddienste bezahlte. sellschaft zum Bau des Gotthardtunnels und dazu der ersten Das Söldnerwesen wird zwar kurz erwähnt, dass allerdings schweizerischen Hochschule, der ETH. Das Instrument seiner Hans Waldmann wie vor ihm Werner von Homberg Kriegsun- Manipulationsmacht war das komplexe «System Escher», das ei- ternehmer waren, wird ausgeblendet. Es scheint, als ob die Re- nerseits die systematische Unterwanderung der staatlichen Ins- daktion verhindern wollte, dieser unrühmlichen Seite der eidge- titutionen betrieb und andrerseits für die Finanzierung von na- nössischen Herrenschicht ein zu grosses Gewicht beizumessen. tionalen Grossprojekten sorgte. Eine gute Gelegenheit, im Unterricht der gut dokumentierten Anstatt nun die diversen kritischen Phasen des Tunnelbaus Sachlage zum eidgenössischen «Reislaufen» nachzugehen. mit ihren sozialpolitischen Folgen unter die Lupe zu nehmen, Auf grobe Art gelungen ist die Gegenüberstellung des verzettelt sich das SRF im letzten Teil «Der Kampf um den Gott- machtgierigen Hans Waldmann und des friedfertigen Niklaus hard» in einer weinerlichen Seifenoper um den verkannten von Flüe. In den beiden Figuren lässt sich das politische Span- «grossen Mann» zwischen Mutter, Frau und Tochter, umgeben nungsfeld zwischen dem Drang nach gefährlicher Unabhängig- von einem Hauch Tragik. Historisch Wesentliches verblasst im keit und der Einsicht zum pragmatischen Zusammenschluss ein- Hintergrund und wird marginalisiert wie die Figur des idealis- sichtig fassen, die unter äusserem Druck zur Festigung der alten tischen Tessiner Bundesrats Stefano Franscini. Wie Escher Fran- acht Orte um 1500 führte. scinis Traum eines Schweizer Polytechnikums an sich riss, um dufour – bonapartist und ingenieur ihn anschliessend auszuschalten, wäre ein Paradebeispiel für Angenehm kompakt erscheint die dritte Folge zum Sonder- seine Machtstrategie. Was bleibt, ist eine holprige Kutschenfahrt bundskrieg und der Gründung des Bundesstaats, die rund um und eine verpasste Chance. die eindrückliche Biografie von Henri Dufour und seine umsich- Die generelle Tendenz der Serie, die Schweiz als autonom tige und intelligente Kampagne im Bürgerkrieg angelegt ist. Der und unabhängig darzustellen und Unerwünschtes zu ignorieren, Ingenieur und Offizier liess «Mauern niederreissen, um Brücken zeigt sich auch hier: Die Abhängigkeit der Gotthardfinanzierung zu bauen», kartografierte die Schweiz und baute Eisenbahnlini- von Deutschland und Italien und die Verantwortung der Bau- en. Was eidgenössische Politik betraf, war er lange zurückhal- herren gegenüber der unvorstellbaren Arbeitersituation, die sich tend. Die Armeeführung übernahm er spät berufen im Alter von 1875 im Streik entlud, werden zur Nebensache. Als Unterrichts- 60 Jahren. Der Anfang seiner Karriere als französischer Haupt- medium eignet sich der Dokumentarfilm «Alfred Escher – Su- mann in Napoleons Armee, seine Beteiligung an der Schlacht perman» (2007) von Michèle Sauvain deutlich besser. von Waterloo und seine bonapartistische Fahnentreue werden Wer den klugen Historikerinnen und Historikern genau zu- allerdings in dieser Folge tunlichst ausgelassen, wohl um das hört und ihre Kommentare mit den Szenen vergleicht, merkt Bild des Retters der Einigkeit nicht durch irritierende Ambiva- schnell: Die historische Perspektive und der Szeneninhalt diffe- lenzen und die enge Beziehung zum Erbfeind Napoleon stören rieren immer wieder. Gerade diese Differenzen sind für den an- zu müssen. Dass Dufour mit seiner Familie und seinen Genfer spruchsvollen Geschichtsunterricht eine willkommene Einla- Mitbürgern im Film Schriftdeutsch spricht, ist eine verpasste dung, «Die Schweizer» gründlich zu hinterfragen und zu demon- Gelegenheit, die Zweisprachigkeit innerhalb der Eidgenossen- tieren. schaft hervorzuheben. Wäre es unvorstellbar gewesen, diese kur- Kostenlose Verwendung der Filme im Unterricht via E-Mail an das zen Dialogszenen Französisch sprechen zu lassen und mit Un- Schweizer Fernsehen SRF unter archiv@srf.ch; weiterführende Un- tertiteln zu versehen? terrichtsmaterialien unter www.edubs.ch/unterricht/geschichte. 22
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit Was kÖnnen bilder zur geschichte zeigen? neues lehrmittel thematisiert ästhetische und historische zugänge zu bekannten bildern Von Bernhard Chiquet und Franz König, Im Band «Der europäische Bildersaal» werden 14 Bilder von Ereignissen zwi- Pädagogisches Zentrum PZ.BS schen 1776 und 1989 vorgestellt, die in europäischen Geschichtsbüchern am häufigsten abgedruckt sind. Leider bleibt unklar, wie viele Schulbücher aus welchen Staaten untersucht wurden, und wieso sich die Zahl von 14 Bildern bei dieser Auswahl aufdrängte. Historische Ikonen im Briefmarkenformat: Lenin proklamiert auf einem berühmten Bild von Wladimir A. Serow die Oktoberrevolution. Quelle: Wikimedia Commons Thomas Jefferson legt seine Textfassung der amerikanischen Un- scheidende Äusserungen. Die vorikonografische Beschreibung abhängigkeitserklärung auf den Tisch des Kongress-Vorsitzen- wird anfangs als Methode eingesetzt: In Anlehnung an Erwin den. Mit ausgestrecktem Arm präsentiert sich Lenin vom Podest Panofsky soll der Fokus zuerst den Linien, Formen, Farben, dem aus einer aufgebrachten Menge und proklamiert die Oktober- Helldunkel, der Symmetrie, den Verdichtungen, Reihen und revolution. Rotarmisten hissen die sowjetische Fahne auf dem Wiederholungen gelten. Diese Beobachtungen werden Schritt für Reichtagsgebäude mitten im zerbombten Berlin. Das sind drei Schritt mit den Inhalten in Verbindung gesetzt, die man zuerst Beispiele aus der Bildergalerie, die Gemälde und Fotos von un- quasi naiv, ohne den Rückgriff auf Gewusstes, beschreibt. terschiedlicher künstlerischer Qualität versammelt: Nur vier der Der Band bietet zu jedem Bild drei Umrissskizzen an. Leider zwölf Künstler dürften so bekannt sein, dass sie auch in anderen entspricht die Folge der Skizzen nicht Panofsky, da die Skizze schulischen Zusammenhängen behandelt werden: Jean-Louis mit den historischen Figuren vor die formale Skizze gesetzt wird. David, Francisco Goya, Eugène Delacroix und Pablo Picasso. Diese zweite formale Skizze strukturiert den Blick mit Pfeilen, kÖnnen bilder «geschichtsmaschinen» Werden? Linien und Kreisen. Störend sind falsch gesetzte perspektivische Bilder werden im vorliegenden Werk als Medien des kollek- Fluchtlinien sowie wenig überzeugende Interpretationen bei tiven Gedächtnisses, als «Geschichtsmaschinen» untersucht. Sie Blickrichtungen und Gruppierungen von Figuren. Diese inhalt- gelten als eigenständige, sich von sprachlichen Texten unter- lichen Hinweise gehören klar zur Skizze der historischen Figu- 23
Basler Schulblatt 2014 | 01 edit ren. Anregend ist dagegen die dritte leere Umrissskizze: Sie bie- verknÜpfung von geschichte und gestalten tet Gestaltungsmöglichkeiten für den Unterricht. «Der europäische Bildersaal» kann zur Vorlage für einen Fä- digitale bildbearbeitung im cher übergreifenden Unterricht zwischen Gestalten und Ge- geschichtsunterricht schichte werden. Die Bildersammlung lädt Lehrpersonen und Die Bildauswahl konzentriert sich auf die Epoche der Revo- Lernende ein, die Darstellungen zu hinterfragen und bietet zu- lutionen von 1776 bis 1830, wirft ein Blitzlicht auf die Gründung dem Ansatzpunkte für beide Fach-Perspektiven, zur Dekons- des deutschen Kaiserreichs (1870/78) und zeigt die Weltkriegs- truktion von «historischen Persönlichkeiten» und zu einer «his- phase von 1917 bis 1945. Zu diesen Epochen bietet der Band eini- torischen Bildkunde», die auch den ästhetischen Blick einbezieht. ges an Material, informative Textquellen und biografische An- merkungen über das gezeigte Ereignis, die Bildautoren und de- Wobring Michael, Popp Susanne (Hg.): Der europäische Bil- ren Auftraggeber. Damit lässt sich in der Sekundarstufe II gut dersaal. Europa und seine Bilder. Analyse und Interpretation arbeiten. Die kapitelweise beigefügte Auswahl von zusätzlichen zentraler Bildquellen. Schwalbach, 2014, 190 S. CHF 52.90, Bildern, die das Hauptereignis andersartig darstellen und teil- ISBN 978-3-89974123-0. weise ironisieren, regt Schülerinnen und Schüler, die mit digita- len Bearbeitungsmöglichkeiten vertraut sind, zur kreativen Ei- Weiterbildung zum Thema: «Über Abbildungen zum Ge- genarbeit an. schichtsbild» (14-33-01): 24. März und 12. Mai 2014, 18 bis 21 Uhr, Bernard Chiquet und Franz König. zahl des monats 22 punkte Schwänzen hat keinen Einfluss auf die Mathematikleistung! Leistungsstufen die Faustregel «Schwänzen gleich schlechtere Dieses interessante Ergebnis hat die Pisa-Studie 2012 neben vie- Leistung». len anderen Erkenntnissen wie etwa der starken Mathematik- Einen Trost für frustrierte Mathe-Lehrpersonen bietet im- leistung der Schweiz oder dem Niedergang der skandinavischen merhin die allgemeine Statistik zum Schwänzen oder fachlich Bildungsvorherrschaft zu Tage gefördert. korrekt zum Schulabsentismus. Hier hat die Schweiz hinter Bevor nun hektisch an der Abschaffung des Mathematik- Liechtenstein die Schülerinnen und Schüler mit der höchsten unterrichts gearbeitet wird, sei jedoch erwähnt, dass die alarmie- Motivation zum regelmässigen Unterrichtsbesuch: Lediglich rende Botschaft nicht für alle Leistungsniveaus gilt. Für die leis- sieben Prozent schwänzen hin und wieder den Unterricht. Am tungsschwächsten 10 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die anderen Ende liegt abgeschlagen Italien mit über 50 Prozent der sich auch noch erlauben, die magistrale Vorführung des Pytha- Schülerschaft, die sich das gelegentliche «Dolce far niente» nicht goras-Satzes zu verpassen, konnte tatsächlich eine um 22 Punk- verkneifen kann. te schlechtere Leistung festgestellt werden im Vergleich zu ihren Übrigens: Sprach- und Naturwissenschaftler können vor- Leidensgenossinnen und -genossen, die im Matheunterricht zu- erst aufatmen. In ihrem Fachgebiet hat PISA 2012 keine derart mindest physisch anwesend sind. hinterhältigen Nachforschungen angestellt, die das Dasein einer Bei den Leistungsstarken und -mittelmässigen konnte ganzen Spezies in Frage stellt. Dies könnte sich aber mit PISA aber ein solch signifikanter Zusammenhang, wie es in der 2015 und dem Hauptaugenmerk auf die Naturwissenschaften Fachsprache so schön heisst, nicht gefunden werden. Interessant schnell ändern. Man darf gespannt sein auf weitere überra- ist in diesem Kontext der Ländervergleich: In den Ländern, schende PISA-Resultate. die detailliert mit der Schweiz verglichen werden, gilt für alle Jonas Schälle, Praktikant Bildungsstatistik 24
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