Strategie 2020 www.rat-fte.at - Rat für Forschung und Technologieentwicklung
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Cover+Ruecken_2008 28.07.2009 16:00 Uhr Seite 1 Rü impressum Herausgeber und Medieninhaber | © austrian council Rat für Forschung und Technologieentwicklung | 1010 Wien | Pestalozzigasse 4 Ratsmitglieder | DI Dr. Dr h.c. Knut CONSEMÜLLER | Vorsitzender Univ.-Prof. Mag. Dr. Günther BONN | Stv. Vorsitzender | Univ.-Prof. Dr. Dervilla DONNELLY DI Dr. h.c. Albert HOCHLEITNER | DI Reinhard PETSCHACHER | Mag. Hans SCHÖNEGGER Prof. DI Dr. h.c. Jürgen STOCKMAR | Dr. Gabriele ZUNA-KRATKY Geschäftsstelle | DI Dr. Ludovit GARZIK | Geschäftsführer | Mag. Dr. Johannes GADNER | Projektleiter Dr. Fredy JÄGER | Mag. Dr. Silvo KOREZ | Mag. Peter LINDNER | Mag. Bettina RUTTENSTEINER-POLLER Mag. Dr. Constanze STOCKHAMMER | Mag. Michaela TOPOLNIK Gestaltung | Grafikatelier Heuberger | Wien Druck | Kärntner Druckerei | Klagenfurt Bildquellen | photocase.com | Fotoline | micjan | MorzKerl | jarts | Jenzig71 | Gerti G. | Kellermeister photocase.com | emma75 | view7 | blue757 | Technische Universität Graz | Bergmann | Freie Uni Berlin iStockphoto | Sebastian Kaulitzki | Andrew Rich | Tom Grill | Andrey Volodin en
inhalt 3 executive summar y 9 die agenda 17 prinzipien und strategieelemente 21 menschen Status und Herausforderungen 22 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 24 27 gesellschaft Status und Herausforderungen 28 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 31 33 input/output Status und Herausforderungen 34 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 43 45 schwer punkte Status und Herausforderungen 46 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 50 53 infrastruktur Status und Herausforderungen 54 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 55 > 1
inhalt 59 instrumente Status und Herausforderungen 60 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 62 67 gover nance Status und Herausforderungen 68 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 69 73 inter nationalisierung Status und Herausforderungen 74 Strategische Leitlinien und Empfehlungen 75 79 literatur 83 abkürzungen 84 kontakt 2
executive summar y Die Vision 2020 Österreich ist eine erfolgreiche und internatio- schaftlerInnen sowie für Unternehmen attrak- nal anerkannte Innovationsnation. Exzellen- tiv. Die effiziente Verwertung von Forschungs- te Forschung und radikale Innovationen sind ergebnissen ermöglicht einen nachhaltigen so- die Basis für Österreichs führende Position. zialen, wirtschaftlichen und ökologischen Fort- Ganzheitliches Denken und eine gelungene schritt, der auch von einem Verantwortungsbe- Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirt- wusstsein für die Lebensbedingungen kommen- schaft, Gesellschaft und Politik bilden die Kern- der Generationen getragen wird. Bildungs-, elemente einer neuen Kultur der Offenheit, Fle- Forschungs-, Technologie- und Innovations- xibilität und Kreativität. Das ist die Grundlage politik sind die zentralen Politikfelder. Im Mit- für die Schaffung neuen Wissens. Innovations- telpunkt dieser Politik steht der Mensch. Das fördernde Rahmenbedingungen und Struktu- macht Österreich zu einer dynamischen, wis- ren machen Forschung und Entwicklung in sensbasierten Gesellschaft an vorderer Stelle Österreich für in- und ausländische Wissen- im globalen Wettbewerb. Die Strategie 2020 Die Vision 2020 entwickelt ein Zukunftsbild für genden Strategie 2020 seine Vorschläge und Emp- den angestrebten Status Österreichs im Jahr 2020. fehlungen für deren Realisierung. Dabei gibt die Um diese Vision zu realisieren, bedarf es einer um- Strategie die Richtung vor und dient – gerade auch fassenden Strategie. Der Rat für Forschung und in den Turbulenzen einer globalen Finanz- und Technologieentwicklung präsentiert mit der vorlie- Wirtschaftskrise – der generellen Orientierung. Die globalen Rahmenbedingungen Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bedeu- gen sowie im Bereich entsprechender Ressour- tet eine radikale Veränderung der Rahmenbedin- cen angesprochen, verbunden durch die Inter- gungen, die bisher für die Entwicklung des FTI- ventionsinstrumente und deren Governance. Systems vorausgesetzt wurden. Für die strategi- Die meisten Länder werden weniger Geld einset- schen Vorschläge und Empfehlungen bedeutet zen können. Deshalb werden die Länder in der die Unsicherheit in Bezug auf die Rahmenbedin- Spitzengruppe des Jahres 2020 aufscheinen, denen gungen eine notwendige Priorisierung jener Maß- es gelingt, die knappen finanziellen Mittel und die nahmen, die den FTI-Standort Österreich im glo- bestqualifizierten Menschen für ihre nationalen balen Wettbewerb am stärksten positionieren. Da- Stärken einzusetzen, die sie gegenüber den ande- bei sind insbesondere Maßnahmen im Bereich der ren Ländern wettbewerbsfähiger machen. Die Bildung und Höherqualifizierung der Menschen, Konzentration auf und voller Einsatz für die natio- im Bereich systematischer Schwerpunktsetzun- nalen Fähigkeiten sind daher vorrangig. Ausgangspunkt Österreich hat in den vergangenen Jahren in sei- mit Ländern wie Frankreich, Irland, Belgien und ner FTI-Performance einen rasanten Aufholpro- den Niederlanden unter den „Innovation Follo- zess absolviert und zählt heute zu den Ländern in wers“, also der Gruppe hinter den führenden der EU, die sich am dynamischsten entwickeln. Im Innovationsnationen („Innovation Leaders“). jüngsten Summary Innovation Index (SII) des Eu- Österreich gehört auch zu jenen wenigen Län- ropean Innovation Scoreboard 2008 belegt Öster- dern in der EU, die eine realistische Chance haben, reich den 6. Platz im Ranking der EU-27. Damit be- die im Barcelona- bzw. Lissabon-Prozess vorgege- findet sich Österreich im internationalen Vergleich benen Zielmarken auf nationaler Ebene zu errei- > 3
executive summar y chen. Mit seiner Forschungsquote von 2,73 Pro- Defizite signalisieren aber auch andere Indikatoren zent (2009) hat Österreich den EU-Durchschnitt des Scoreboard, vor allem die unterdurchschnitt- bereits deutlich übertroffen. lichen Werte beim Anteil der Bevölkerung mit ter- Eine offensichtliche Schwäche besteht aber in der tiärem Bildungsabschluss sowie bei der Anzahl Transformation von Input in Output: Österreich von naturwissenschaftlichen und technischen steckt überdurchschnittlich viele Ressourcen in HochschulabsolventInnen. Hier ist die Situation das FTI-System und generiert damit im Vergleich schon akut problematisch, da bereits heute hoch nur einen unterdurchschnittlichen Output. qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Herausforderungen Beide Schwachpunkte verweisen auf die größte – auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft – Herausforderung, die Österreich in den kommen- machen selbst den Aufholprozess durch und sto- den Jahren zu bewältigen hat: den Schritt vom ßen in jene Positionen vor, die sich Österreich in „Innovation Follower“ zum „Innovation Leader“, den vergangenen Jahren erarbeitet hat. also von einem Land in einem Aufholprozess zu Österreich bleibt kein anderer Weg als jener des einem Land, das nahe der technologischen Gren- Sprungs nach vorn, des Wechsels auf die Spur ze produziert. Dieser Entwicklungsschritt steht der „Innovation Leaders“ mit Produktionsstruktu- an, denn die Erträge einer adaptiven Innovations- ren an der technologischen Grenze und hoch ent- strategie sind heute weitgehend ausgeschöpft. wickelter Produktivität. Dieser Sprung setzt aber Zudem wächst auf globalisierten Märkten die Kon- einen grundlegenden Wandel in der Ausrichtung kurrenz jener Länder, die im mittleren Techno- der Forschungs-, Technologie-, Innovations- und logiesegment zu deutlich günstigeren Kostenver- Bildungspolitik voraus. hältnissen anbieten können. Immer mehr Länder 4
executive summar y Strategieelemente Die Strategie 2020 strukturiert die für diesen Der Rat empfiehlt grundlegenden Wandel notwendigen Reformen ] Entwicklung einer Strategie zur Gestaltung des in acht Strategieelemente. Dialogs durch Ressorts, Rat, Scientific und For- schungs-Community sowie Stakeholder ] Institutionalisierung des Dialogs, idealerweise Menschen durch unabhängige Institution Der Sprung zu den „Innovation Leaders“ be- ] regelmäßige, am besten jährliche Durchführung deutet eine steigende Nachfrage nach höheren der Langen Nacht der Forschung Qualifikationen. Österreich braucht mehr und ] Anreizsystem für WissenschaftlerInnen, sich am besser ausgebildete Arbeitskräfte. Die Bedeu- Dialog zu beteiligen tung der tertiären Ausbildung steigt überpro- ] Ausbau des Wissenschaftlichen Dienstes des portional mit dem zunehmenden Entwicklungs- Parlaments zur Einholung und Aufbereitung unab- stand. hängiger Expertise ] Ethikdiskurse an Universitäten, Fachhochschu- Der Rat empfiehlt len und anderen Forschungseinrichtungen Bildungszugang verbessern: ] früherer Bildungsstart ] spätere Segmentierung und modularer Aufbau Input/Output Tertiäre Bildungswege attraktivieren: Bei der Mobilisierung finanzieller FTI-Mittel war ] ausgewogene Betreuungsverhältnisse Österreich in den vergangenen Jahren besonders ] attraktivere Gestaltung der Studienfächer, ins- erfolgreich und befindet sich in einer guten Aus- besondere im technisch-naturwissenschaftlichen gangsposition, um zu den „Innovation Leaders“ in Bereich Europa aufzuschließen. Im derzeitigen volatilen Wissenschaft als Beruf positionieren: Wirtschaftsumfeld müssen dafür aber neue Ziel- ] zusätzliche finanzielle Mittel insbesondere für vorgaben entwickelt werden, damit stetiges verbesserte Doktoratsausbildungen Wachstum bei den F&E-Ausgaben erreicht wird. ] vertragliche Bedingungen an internationale Die heutige Struktur der Forschungsarten soll aus- Standards anpassen gewogen und mit stärkerer Output-Orientierung ] neue Karrieremodelle für Frauen weiterentwickelt werden. Die öffentliche Hand Zuwanderung nutzen und fördern: soll daher Anreize setzen, damit der Anteil der For- ] österreichweit einheitliche Anerkennung von schung in der Wirtschaft ausgebaut werden kann. Qualifikationen Der festgestellte Nachholbedarf bei der Umwand- ] Zuwanderung von SpitzenforscherInnen lung von Ressourceninput in Ergebnisoutput erleichtern macht es erforderlich, das gesamte FTI-System ] Bewusstseinskampagne starten quantitativ und in seinen inneren Zusammenhän- gen besser zu verstehen. Dazu sind die substan- zielle Verbesserung der Informations- und Daten- Gesellschaft basis für die FTI-Politik sowie die Weiterentwick- Die zunehmende Bedeutung von Wissenschaft, lung von Methoden zur Datenanalyse und Wir- Forschung, Technologie und Innovation für kungsforschung notwendig. unsere Gesellschaft erfordert neue Formen des Dialogs von Wissenschaft und Gesellschaft. Der Rat empfiehlt Wesentlich ist die Schaffung nachhaltiger Räume ] 3 Prozent Forschungsquote als Durchgangsziel und Möglichkeiten für gesellschaftliche Partizi- ] Langfristziel für 2020 ist angesichts der wirt- pation, die die „soziale Robustheit“, also die schaftlichen Situation zu bestimmen gesellschaftliche Verankerung technologischer ] Heutige Struktur der F&E-Ausgaben mit Output- Entwicklungen, stärken. Orientierung weiterentwickeln > 5
executive summar y ] Dotation der Grundlagenforschung in Ausgewo- reich des FTI-Systems, der nicht durch notwen- genheit der Sektoren digerweise themenoffene Bottom-up-Verfahren defi- ] Innovationsfähigkeit von Unternehmen und Rah- niert ist. Ziel des Strategieelements „Schwerpunkte“ menbedingungen für FTI-Investitionen stärken ist es, Methoden und Wege für eine holistische ] Bessere Unterstützung des Technologietransfers Schwerpunktsetzung aufzuzeigen und die Basis für ] Verbesserung der Datenbasis durch abgestimm- zukünftige Schwerpunkte im FTI-System zu legen. ten Erhebungs- und Auswertungsprozess Der Rat empfiehlt ] Schwerpunktsetzung übergreifend über Ressorts Infrastruktur und FTI-Instrumente (ministeriumsübergreifende FTI-Infrastruktur ist eine unverzichtbare Basis für „Gesamtprojektleitung“) Spitzenforschung von internationalem Stellenwert. ] Ausarbeitung weiterer Themenstrategien, am Aufgrund der mit ihr verbundenen Einzigartigkeit dringendsten in den Bereichen Nachhaltigkeit, ist sie ein gutes Mittel zur strategischen Positionie- Umwelt, Energie sowie Mobilität und Verkehr rung des Forschungsstandortes. Eine entsprechen- ] Nischenstrategie im Sinne einer Fokussierung de Infrastrukturausstattung, vor allem auch der auf Spezialmärkte und -wissensgebiete bei der Basisforschungsinfrastruktur, ist nicht nur Arbeits- Etablierung thematischer Schwerpunkte platzmotor, sondern bietet auch einen attraktiven ] Thematische Programme auf wenige, breit ange- Anziehungspunkt für nationale und internationa- legte Schwerpunkte fokussieren le ForscherInnen. ] Deckelung des Anteils am Förderungsbudget für thematische Programme Der Rat empfiehlt ] Schwerpunkte im Sinne eines Empowerments ] Anbindung an internationale FTI-Infrastruktu- österreichischer ForscherInnen zur Stärkung der ren mit Blick auf thematische Schwerpunkte Beteiligung an europäischen Rahmenprogrammen ] Schaffung einer Plattform zur strategischen ] Systematische Vorgangsweise für Foresight und Planung von FTI-Infrastruktur in Abstimmung mit Technologieprognosen ESFRI ] Verstärkte gemeinschaftliche (überregionale) Nutzung großer Infrastrukturen Instrumente ] Programme zur Kooperationsförderung um Das umfangreiche Portfolio möglicher Instrumen- Infrastrukturschwerpunkte zu erweitern te zur Intervention im FTI-System in ihren zahlrei- ] Mehrjährige Budgets für Infrastruktur chen Ausgestaltungsformen und Trägerschaften ] Finanzierung der Universitätsbasisinfrastruktur bedarf eines gezielten und abgestimmten Einsat- über das Globalbudget, jedoch weiterhin kompe- zes, um das übergeordnete Ziel der Stärkung des titive Ausschreibungen für zusätzliche Forschungs- österreichischen Innovationssystems und seiner in- infrastruktur ternationalen Spitzenpositionierung bis 2020 errei- chen zu können. Ein zentrales Element der FTI- Strategie des Rates ist daher die Erarbeitung und Schwerpunkte Darlegung des erforderlichen Instrumenteneinsat- Die Identifikation von Schwerpunktthemen und zes im Sinne einer Bereinigung der Vielfalt an Pro- Zukunftsfeldern der österreichischen Forschungs- grammen unterkritischer Größe und der Konzen- landschaft wird an Bedeutung zunehmen. Über- tration des Ressourceneinsatzes auf wenige, breit greifende Schwerpunktsetzungen über alle Res- angelegte Schwerpunktthemen mit strategischer, sortzuständigkeiten und relevanten öffentlichen wirtschaftlicher und/oder gesellschaftlicher Rele- FTI-Instrumente sind für ausgewählte Schwer- vanz für Österreich. Das Instrumentarium für den punktthemen und Schlüsseltechnologien mit ge- Unternehmenssektor ist problemspezifisch auszu- sellschaftlicher oder strategischer Bedeutung für differenzieren. Zur Steigerung der F&E-Intensität Österreich zu entwickeln. Dies gilt nur für jenen Be- im Unternehmenssektor sind insbesondere die 6
executive summar y Klein- und Mittelbetriebe zu adressieren, deren Instrumente für Hochschulen: Potenzial in Österreich noch lange nicht ausge- ] Ausarbeitung einer langfristigen Strategie für schöpft ist. den tertiären Bildungsbereich als Gesamtportfolio und deren Umsetzung über die Leistungsvereinba- Der Rat empfiehlt rungen Sektorenunabhängig: ] Anteil der kompetitiv vergebenen Fördermittel ] indirekte Förderung vereinfachen und erhöhen erhöhen ] Bereinigung der Vielfalt an thematischen Pro- grammen Instrumente für den Unternehmenssektor: Governance ] Steigerung des Anteils forschender und innovie- Im Bereich der Governance ist das wesentliche render Unternehmen, insbesondere unter KMU Ziel die Optimierung der Steuerung und des Zu- und LCU sammenspiels der Institutionen, die für die Imple- ] Ausbau der risikohaften und wachstumsorien- mentierung und Abwicklung öffentlicher Inter- tierten Finanzierungsmöglichkeiten für junge, ventionen im FTI-System Verantwortung tragen. innovative technologieorientierte Unternehmen Die Modellierung eines Soll-Zustandes des FTI- ] Verbesserung der Verfügbarkeit und des Zu- Systems im Jahr 2020 ist dafür unerlässlich. Verän- gangs zu Beteiligungs- und Wagniskapital derungen in den Aufbau- und Ablaufstrukturen Instrumente für den kooperativen Sektor: können nur erfolgreich sein, wenn sie auf klaren ] Programme zur Kooperation von Wissenschaft Zielvorstellungen basieren. > und Industrie optimiert fortführen ] stärkere Bündelung kooperativer Institutionen 7
executive summar y Der Rat empfiehlt telbar über staatliche Stellen abgewickelt wurde, ] Zusammenlegung der Forschungsagenden in wird sich in Zukunft unmittelbarer und direkter den für angewandte und wirtschaftsnahe For- gestalten und sich bei Agenturen und Forschungs- schung zuständigen Ministerien – BMVIT und einrichtungen (Abwicklern) vollziehen. Besonders BMWFJ die Etablierung des Europäischen Forschungs- ] Zusammenlegung der Aufsichts- und Lenkungs- raums wird diesen Trend noch weiter verstärken. strukturen der Agenturen, auch um die Mittel fle- Demgegenüber wird es für staatliche Institutio- xibel und bedarfsorientiert den Schwerpunkten nen schwieriger, (national)staatlich kohärente Vor- zuordnen zu können gangsweisen sicherzustellen. ] Autonomie der Agenturen im Sinne von Agenci- fication bezüglich Jury- und Leitfadenentscheidun- Der Rat empfiehlt gen, basierend auf den strategischen Vorgaben ] Neuausrichtung der Aufgaben in den Ressorts: der Ressorts Koordinationsfunktion löst Abwicklungsfunktion ] Flexibilisierung der Dienstvertragsstrukturen in ab den Ressorts ] Neue Methoden der Koordination zwischen Res- ] Beratungsleistungen des Rates für Forschung sorts und Abwicklern und Technologieentwicklung adressieren direkt ] Gemeinsame Erarbeitung von Partizipationsstra- die Regierungsmitglieder und umfassen die Fest- tegien für europäische Internationalisierungsan- legung der strategischen Richtungen, Schwer- sätze (z. B. ERA-NET) punktsetzungen und den dazu notwendigen Mit- ] Stärkung der Nachbarschaftspolitik durch Inten- telbedarf sowie das Monitoring der inhaltlichen sivierung der Wissenschaftskooperationen sowie Schritte zur Umsetzung der FTI-Strategie der Bun- Zusammenarbeit in Bildung, Forschung und Ent- desregierung wicklung im mittel-, ost- und südosteuropäischen Forschungsraum ] Bewerbung des Forschungs- und Hochschul- Internationalisierung standortes Österreichs in Mittel-, Ost- und Südost- Veränderte globalisierte Rahmenbedingungen europa, in ausgewählten außereuropäischen Dritt- erfordern dezentrale, flexible und dennoch hin- staaten sowie in ausgewählten Kooperationsnetz- reichend kohärente Ansätze für internationale werken mit Drittstaatenbeteiligung Kooperationen. Kommunikation, die bis dato mit- 8
die agenda 9
die agenda Österreich stellt sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Vision 2020: Österreich ist eine erfolgreiche und schaftlerInnen sowie für Unternehmen attrak- international anerkannte Innovationsnation. tiv. Die effiziente Verwertung von Forschungs- Exzellente Forschung und radikale Innovatio- ergebnissen ermöglicht einen nachhaltigen so- nen sind die Basis für Österreichs führende Po- zialen, wirtschaftlichen und ökologischen Fort- sition. Ganzheitliches Denken und eine gelun- schritt, der auch von einem Verantwortungsbe- gene Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirt- wusstsein für die Lebensbedingungen kommen- schaft, Gesellschaft und Politik bilden die Kern- der Generationen getragen wird. Bildungs-, For- elemente einer neuen Kultur der Offenheit, Fle- schungs-, Technologie- und Innovationspolitik xibilität und Kreativität. Das ist die Grundlage sind die zentralen Politikfelder. Im Mittelpunkt für die Schaffung neuen Wissens. Innovations- dieser Politik steht der Mensch. Das macht fördernde Rahmenbedingungen und Struktu- Österreich zu einer dynamischen, wissensba- ren machen Forschung und Entwicklung in sierten Gesellschaft an vorderer Stelle im globa- Österreich für in- und ausländische Wissen- len Wettbewerb. Forschung, Technologie und Innovation (FTI) sind schaftlicher Ziele. In der Lissabon-Strategie haben die Voraussetzung, um in Zukunft wissenschaftli- die Staats- und Regierungschefs Europas festge- che, wirtschaftliche, technische, soziale, ökologi- halten, dass Forschung, Technologie und Innova- sche und kulturelle Fortschritte zu erzielen, da- tion Voraussetzungen für Wachstum und Beschäf- durch hochqualitative Arbeitsplätze zu schaffen tigung in Europa sind: Forschung steigert nicht nur und so Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, sie sichert Wohlstand zu sichern. Das Ziel, in die Gruppe der auch dessen Wohlstand, ermöglicht soziale Teilha- „Innovation Leaders“ aufzusteigen, ist also kein be und hilft bei der Lösung gesellschaftlicher Pro- Selbstzweck, sondern dient der Erreichung gesell- bleme. 2,57 % 2,66 % 40.000 2,47 % 2,46 % 4.200 2,26 % 2,26 % 2,07 % 2,14 % Abbildung 1: 1,90 % 1,94 % 4,69 35.000 1,78 % 4,47 4.100 4,22 F&E Qoute 3,84 Anzahl der Beschäftigten (in Tausend) Entwicklung des 3,49 3,28 4.000 30.000 „Output-Quote“* 3,09 BIP pro Kopf, der 2,70 2,28 2,48 2,10 3.900 Beschäftigung, des 25.000 durchschnittlichen 3.800 20.000 Euro Bruttojahresein- 3.700 kommens, der F&E 15.000 3.600 Finanzierung durch 10.000 3.500 Unternehmen inklusive Ausland 5.000 3.400 und der F&E-Quote 0 3.300 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 BIP pro Kopf Bruttojahreseinkommen Anzahl der Beschäftigten Unternehmen und Ausland (in Mrd. Euro) Quelle: Statistik Austria1 * „Output-Quote“ gemäß Erläuterung in der Agenda 1 Das Bruttojahreseinkommen ist das durchschnittliche (arithmetisches Mittel) Bruttojahreseinkommen unselb- ständig Erwerbstätiger (ohne Lehrlinge) aus den Lohnsteuerdaten, Dezember 2009; das nominelle BIP pro Kopf ist aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, Juli 2009; die Anzahl der Beschäftigten beinhaltet alle Er- werbstätigen (15 Jahre und älter) nach dem Labour-Force-Konzept aus der Arbeitsmarktstatistik, Juni 2009; die F&E-Quote stammt aus der Globalschätzung der Forschungsausgaben, Mai 2009, F&E Finanzierung durch Unter- nehmen und Ausland, Globalschätzung 2009. 10
die agenda Ziel einer umfassenden strategischen FTI-Politik ] Anteil der Umsätze mit Marktneuheiten2 muss es daher sein, die Wettbewerbsfähigkeit der ] Anteil der Umsätze mit Firmenneuheiten2 Wirtschaft und nachhaltiges Wirtschaften zu unter- ] Anteil der HighTech-Exporte2 stützen. Auf diesem Fundament können die wirt- andererseits. schaftliche Entwicklung, Beschäftigung und Wohl- Basis für die erfolgreiche Forschung in der Wirt- stand vorangetrieben werden. Dabei sind die Zu- schaft sind ausgezeichnete Grundlagenforschung sammenhänge zwischen Input und Output kom- mit ausreichend finanzierten Forschungseinrich- plex und verlangen, dass sowohl Input- als auch tungen sowie die angewandte Forschung mit den in Zukunft verstärkt Outputgrößen in das wirt- geeigneten Forschungs- und Förderungsstruktu- schaftspolitische Kalkül einbezogen werden. Für ren. In diesem Forschungsgefüge ist ein effizien- die Realisierung der ambitionierten Vision ist so- ter Wissenstransfer einzufordern. Die Finanzie- wohl ein ausreichender Mittelinput als auch ein ef- rung der genannten Forschungssektoren hat ins- fizientes Forschungs-, Technologie- und Innovati- besondere in Österreich als rohstoffarmem Hoch- onssystem eine unabdingbare Voraussetzung. Auf lohnland eine ausschlaggebende Bedeutung. der Suche nach einer Hilfsgröße als Maß für den Dennoch schöpfte eine Politik, die sich lediglich Output bieten sich als wichtige Indikatoren die mit auf Forschung, Technologie und Innovation kon- der Forschung der Wirtschaft erreichten Entwick- zentriert, vorhandenes Potenzial nur unzureichend lungsergebnisse an. Diese Entwicklungsergebnis- aus. Es geht um die gemeinsame Entwicklung der se wiederum sind eine Funktion der Forschungs- Bereiche Forschung, Innovation und (Aus-)Bil- aufwendungen in der Wirtschaft. dung, um die Entwicklungsmöglichkeiten der Zu berücksichtigen ist dabei der zeitliche Versatz Volkswirtschaft zu verbessern. Im Dezember 2008 zwischen getätigten Aufwendungen und messba- wurde auf EU-Ebene als Teil des Ljubljana-Prozes- ren Ergebnissen. Dieser zeitliche Versatz hängt ses die „Vision 2020 für den Europäischen For- von der jeweiligen Struktur der Wirtschaft ab und schungsraum“3 verabschiedet. Sie schlägt explizit kann mittelfristig als stabil angesehen werden. vor, dass eine Modernisierung der Systeme im Zur Vertiefung der erweiterten Zusammenhänge Bereich Forschung mit der Modernisierung der fordert der Rat die Wissenschaft einerseits und Bildungs- und Innovationssysteme einhergehen die Statistik Austria andererseits auf – gemeinsam muss, und fordert, auf allen Ebenen mit Unterstüt- mit dem Rat – Zusammenhänge nachzuweisen, zung geeigneter europäischer Mechanismen eine zwischen Aufwand einerseits und starke Interaktion zwischen den Bereichen Bil- ] Umsatz-, Ergebnis- und Beschäftigungsent- dung, Forschung und Innovation („Wissensdrei- wicklung eck“) zu fördern. ] BIP pro Kopf-Entwicklung Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen Forschung, Technologie und Innovation verän- wirkungen und Risiken mit der gleichen Vehe- dern das Leben jedes und jeder Einzelnen ohne menz verbreitet hätte. Diese Bereiche sind für wei- dass sich das Wissen über die in diesen Bereichen te Teile der Bevölkerung „Black Boxes“, und es ist ablaufenden Prozesse und Entwicklungen, Folge- keineswegs für alle BürgerInnen einsichtig, warum man hier massiv investieren sollte. > 2 Vgl. EIS (European Innovation Scoreboard) 2007 3 Europäischer Rat (2008): Vision 2020 für den Europäischen Forschungsraum. „Unter angemessener Beteiligung der einschlägigen Akteure entwickeln die staatlichen Behörden auf allen Ebe- nen gemeinsame Forschungs- und Innovationspolitiken und -programme, wo dies geboten ist, um ihre Effizienz und Wirksamkeit sowie den Zusatznutzen für Gesellschaft und Wirtschaft zu optimieren.“ Vgl. Europäische Kommission (2006): Communication from the Commission to the Council and the European Parliament deli- vering on the modernisation agenda for universities: education, research and innovation, Brüssel. 11
die agenda Die Ratsversammlung sowie die meisten namhaf- argumentation für Investitionen in diesem Bereich ten ExpertInnen sind von den grundsätzlich posi- gezählt wird (vgl. Strategieelement FTI-Mittel In- tiven Wirkungen von Forschung, Technologie und put/Output), ist der Lösungsbeitrag von Forschung Innovation überzeugt, wenn sie mit entsprechen- und Innovation für die anstehenden gesellschaft- dem Ethos und kritischer Reflexion entwickelt, lichen Herausforderungen kaum systematisch aus- öffentlich diskutiert und eingesetzt werden (vgl. geschöpft worden. Hier liegt noch großes Poten- Strategieelement „Gesellschaft“). Vor allem die zial, das allerdings nur mit einem holistischen Po- Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit – und da- litikansatz entwickelt werden kann (vgl. Strategie- mit auf Wachstum und Beschäftigung – und der element „Governance“). Technologische Neue- Beitrag zur Lösung der großen gesellschaftlichen rungen allein können die anstehenden Probleme Herausforderungen (Klimawandel, Rohstoffknapp- jedoch nicht lösen. Zusätzlich bedarf es auch ei- heit, Biodiversität, Abfallprobleme, alternde Be- ner stärkeren Auseinandersetzung mit sozialen In- völkerung etc.) werden als wesentlich empfun- novationen. den. Während der erste Punkt zur Standard- Abbildung 2: Verbesserungen auf breiter Front / Entwicklungs- bestehende Schwachstellen dynamik der In Bezug auf die F&E-Ausgaben zählt Österreich durch zahlreiche internationale Vergleiche be- F&E-Quote im zu jenen Ländern in der EU, die sich am dyna- legt. So weist etwa der zusammenfassende Sum- internationalen mischsten entwickeln. Dieser beispielhafte Auf- mary Innovation Index (SII) des Europäischen In- Vergleich holprozess, den das österreichische FTI-System novationsanzeigers 2008 [European Innovation in den letzten Jahren durchlaufen hat, wird Scoreboard (EIS)]4 Österreich den 6. Platz im 4,50 4,00 Austria SE 3,50 Germany Sweden 3,00 CH USA AT Switzerland DE 2,50 USA OECD 2,00 Total OECD EU-15 EU-27 EU-27 1,50 CN EU-15 1,00 China 0,50 0,00 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 19891990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: OECD, Main Science and Technology Indicators, 2008 4 European Innovation Scoreboard 2008: Comparative Analysis of Innovation Performance. Mit dem EIS wurde eine indikatorbasierte Grundlage zur Beurteilung der Entwicklung im Bereich Forschung, Technologieentwicklung und Innovation etabliert. Der EIS analysiert 25 Einzelindikatoren, die zu fünf Gruppen zusammengefasst sind und den „Innovation Input“ sowie den „Innovation Output“ umfassen. 12
die agenda Ranking der EU-27 zu. Damit befindet sich Öster- reichen. Im Bereich der Forschungsquote hat reich im internationalen Vergleich mit Ländern Österreich den EU-Durchschnitt bereits in den wie Frankreich, Irland, Belgien und den Nieder- letzten Jahren deutlich übertroffen. 2009 lag die- landen unter den „Innovation Followers“, also se bei 2,73 Prozent des BIP 6 und damit im EU- der Gruppe hinter den führenden Innovations- Vergleich hinter Schweden, Finnland, Deutsch- nationen („Innovation Leaders“). Bei 13 der 25 land und Dänemark an fünfter Stelle (vgl Abb. 2). Indikatoren des SII liegt Österreich sogar über Die deutlichsten Rückstände weist Österreich in dem EU-Schnitt. den Kategorien „Humankapital“, „Verfügbarkeit Vor allem die Dynamik der Innovationsentwick- von Risikokapital“ und „Radikale Innovationen“ lung ist in Österreich in Relation zu den Wettbe- (Umsatzanteil mit Marktneuheiten) auf. Diese werbern in den Gruppen der „Innovation Follo- Rückstände sind schon länger bekannt – ein im wers“ und der „Innovation Leaders“ überdurch- europäischen Vergleich signifikanter Aufholpro- schnittlich: Österreich ist heute nach Irland das zess ist allerdings nicht zu beobachten. Diese Ent- Land mit der größten Entwicklungsdynamik.5 wicklung weist darauf hin, dass genau jene Fak- Damit gehört Österreich zu jenen Ländern in toren, die für den Sprung an die technologische der EU, die eine realistische Chance haben, die Spitze wichtig sind (Risikokapital, Humankapital, im Barcelona- bzw. Lissabon-Prozess vorgege- radikale Innovationen) in Österreich noch nicht benen Zielmarken auf nationaler Ebene zu er- ausreichend etabliert sind.7 Innovation Follower oder Innovation Leader? Eine Schieflage zwischen Innovationsinput und nance“). Der Schritt in Richtung „Innovation Lea- -output ist nur ein Hinweis auf die wohl größte der“ und die dazu notwendigen Maßnahmen (z. B. Herausforderung, die Österreich zu bewältigen im Bildungs-, Förder- und Politiksystem) würden hat: den Schritt vom „Innovation Follower“ zum die österreichischen Optionen sowohl im Hin- „Innovation Leader“ oder von einem Land in blick auf die Erhaltung der Wettbewerbwerbs- einem Aufholprozess zu einem Land, das nahe der fähigkeit als auch bei der Realisierung gesellschaft- technologischen Grenze produziert, also ein licher Ziele deutlich erweitern. Gerade die teil- „Frontrunner“ ist. Dieser Entwicklungsschritt steht weise schon vorhandene Spitzenposition Öster- schon lange an: Bereits im Expertenentwurf für ein reichs bei Fragen der ökologischen, sozialen und technologiepolitisches Konzept der Bundesregie- ökonomischen Nachhaltigkeit könnte die Basis rung im Jahr 1996 wurde festgehalten, dass die für eine internationale Führungsrolle bilden. Erträge einer imitativen Strategie – die einem Je näher man zur Spitze (d. h. zur Grenze techno- „Innovation Follower“ bzw. einem Land in der logischer, ökonomischer und sozialer Innovatio- Aufholphase entsprechen – weitgehend ausge- nen) kommt, desto weniger greifen die bisher ge- schöpft sind. Die Änderungen seither und auch die setzten Maßnahmen und die verwendeten Instru- starken Anstrengungen zur Erreichung des 3-Pro- mente. Diese waren geeignet, um aufzuschließen, zent-Ziels haben die Strukturen in Österreich nicht versagen aber, wenn es darum geht, zu überholen ausreichend verändert, sodass die Aufgabe eines oder forschungspolitisch visionär zu agieren. Die- grundlegenden Wandels in der Ausrichtung der ser empirisch gut abgesicherte Zusammenhang – Forschungs-, Technologie-, Innovations- und Bil- dass wirtschaftspolitische Maßnahmen unter- dungspolitik bleibt (vgl. Strategieelement „Gover- schiedliche Erträge in Abhängigkeit vom Entwick- > 5 Vgl. Cunningham, P. (2009): Science Policy and Evaluation: The Irish perspective. Präsentation auf dem 2. Eva- luierungstag am 23. März 2009, Wien. 6 Vgl. Statistik Austria, Globalschätzung 2009. 7 European Innovation Scoreboard 2008: Comparative Analysis of Innovation Performance, S. 25 f. 13
die agenda lungsniveau eines Landes bringen – schafft gerade gen legen nahe, dass man sich weiterentwickeln, für wirtschaftspolitische EntscheidungsträgerIn- eigenständige und zunehmend radikale Innovatio- nen eine schwierige Situation, stellt sich für sie nen entwickeln muss, damit man zu den Gestalte- doch die Frage, warum man das bestehende Instru- rInnen und nicht zu den Getriebenen gehört. Da- mentarium modifizieren soll, wenn es doch im mit einher geht auch die Notwendigkeit, einen Großen und Ganzen funktioniert hat bzw. schein- Teil der eingesetzten Mittel für Forschung, Techno- bar noch funktioniert. logie und Innovationen als „Spielkapital“ zur Ver- Erleichtert mag eine Neuorientierung vielleicht fügung zu stellen, um riskante Bottom-up-Ansätze durch die zunehmenden gesellschaftlichen (natio- zu verfolgen, die aufgrund ihrer Neuartigkeit im ge- nalen und globalen) Probleme sowie durch die genwärtigen Fördersystem keine Unterstützung Konkurrenz aus der unmittelbaren Nachbarschaft finden würden. Damit können nicht nur – im Er- oder durch den global zunehmenden Wettbe- folgsfall – neuartige Lösungen entwickelt, sondern werbsdruck auch bei anspruchsvollen Produkten auch bestehende Verkrustungen aufgebrochen und Dienstleistungen werden. Diese Entwicklun- werden (vgl. Strategieelement „Instrumente“). Notwendige Politikansätze für ein erfolgreiches Arbeiten an der Grenze technologischer, ökonomischer und sozialer Innovationen Je näher ein Land an der Grenze technologischer, schung unterstützt und verstärkt Innovation gera- ökonomischer und sozialer Innovationen agiert, de bei Unternehmen, die eigenständige Innova- desto mehr Mittel muss es in Forschung und gut tionsleistungen hervorbringen wollen. Die Rolle ausgebaute wissenschaftliche Infrastrukturen (vgl. der öffentlichen Hand im Kontext der Finanzie- Strategieelement „Infrastruktur“) investieren. For- rung von Grundlagenforschung ist dabei zentral: 14
die agenda In Österreich – wie auch in den meisten anderen chen Problemen vor dem Hintergrund einer nach- OECD-Ländern – wird diese hauptsächlich durch haltigen Entwicklung interessiert sind, kaum zu öffentliche Mittel finanziert. anderen Schlussfolgerungen kommen können. Bei Mit zunehmendem Entwicklungsstand gewinnen einer Frontrunner-Strategie kommen noch andere die tertiäre Ausbildung sowie lebenslanges Ler- Politikbereiche (Regulierung, makroökonomische nen überproportional an Bedeutung. Mehr und Steuerung, öffentliche Beschaffung, Normung, besser ausgebildete Arbeitskräfte sind das Rückgrat Wettbewerbspolitik etc.) dazu, die ausgesprochen einer Wirtschaft, die zu den „Innovation Leaders“ komplexe Management- und Steuerungsaufgaben aufschließen will. Hier geht es sowohl um die verlangen (vgl. Strategieelemente „Schwerpunk- Kapazitäten im Bildungssystem als auch um die te“, „Governance“, „Instrumente“). Hier gilt es Entwicklung des Potenzials der in Österreich auch die Strategie- und Umsetzungskompetenz lebenden Bevölkerung. Gerade in diesem Bereich deutlich zu verbessern. – gemessen am ausgesprochen niedrigen Bevöl- Die Unterstützung von Unternehmen und wissen- kerungsanteil mit tertiären Abschlüssen – ist die schaftlichen Einrichtungen erfordert denn auch österreichische Position und Entwicklung beunru- eine deutliche Erweiterung der eingesetzten Instru- higend (vgl. Strategieelement „Menschen“). mente. Die bisherige Politikgestaltung erschöpfte Die Gestaltung des Wissenschafts- und Bildungs- sich zumeist in der Einführung von neuen Pro- systems ist ja, wie man in Österreich ausreichend grammen, die noch dazu wenig aufeinander abge- erfahren hat, ein herausfordernder Prozess. Eine stimmt waren. Für ein effizienteres System gilt es Strategie, die den Anschluss an die „Innovation im Förderbereich ein ausgewogenes Verhältnis Leaders“ vorsieht, muss allerdings auch zu einer zwischen Schwerpunkten und themenoffenen integrierten Planung und Entwicklung von Bildung, Programmen zu finden (vgl. Strategieelemente Forschung und Innovation kommen („Triangle „Schwerpunkte“, „Governance“, „Instrumente“) Policies“). Was wie eine geradezu verwegene For- und die horizontale Koordination mit anderen derung aussieht, kann aber durchaus Momentum Politikbereichen herzustellen. Damit soll es mög- in einige festgefahrene Diskussionen bringen. Bei lich sein, holistische Maßnahmenbündel zu schnü- einer gemeinsamen Betrachtung dieser Politikfel- ren und die Programmfixierung aufzuheben. der wird klar, dass es ohne mehr und besser aus- Jedoch darf dieser Politikansatz nicht auf Bundes- gebildete Menschen in einem stabilen sozialen ebene haltmachen; vielmehr sind auch die Verbin- Kontext keine wirklich dauerhaften Fortschritte dungen zur EU, zu den umliegenden Ländern und geben kann und dass jene Beteiligten, die an der weniger entwickelten Ländern zu intensivieren langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, (vgl. Strategieelement „Internationales“). Last, but an neuen Arbeitsplätzen, an der Sicherung der So- not least, ist auch eine optimierte Abstimmung zialsysteme und an der Lösung von gesellschaftli- mit den Aktivitäten der Bundesländer wichtig. Von effizienten Institutionen zu einem effizienten System Österreich wusste lange Zeit nicht recht, wie man eines Forschungskonzepts ein eklatanter Mangel mit den Themen Forschung, Technologie und an Budgetmitteln für FTI zu identifizieren sei: Innovation umgehen sollte. Die OECD hat Ende Noch 1970 betrug die heimische Forschungsquo- der 1960er Jahre in ihrer Länderprüfung festgehal- te lediglich 0,6 Prozent des BIP.8 Bereits 1967 er- ten, dass neben einem unterentwickelten For- folgte die Einrichtung des Bundesministeriums schungsbewusstsein, kaum ausgeprägter Koor- für Wissenschaft und Forschung (BMWF) und die dinierung der FTI-Aktivitäten und dem Fehlen Gründung des Fonds zur Förderung der wissen- > 8 OECD (1971): Wissenschaftspolitik in Österreich. 15
die agenda schaftlichen Forschung (FWF) und des For- dierten Beratung der österreichischen Bundesre- schungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirt- gierung in allen strategischen Fragen der For- schaft (FFF).9 schungs-, Technologie- und Innovationspolitik. Die Fonds bildeten denn auch in den folgenden Ziel seiner Arbeit ist es, einen Beitrag zu einer Jahrzehnten das Rückgrat der österreichischen zukunftsorientierten FTI-Politik auch im Sinne Wissenschafts- und Technologieförderung. Ihr einer nachhaltigen gesellschaftlichen und wirt- beinahe exklusiver Fokus auf ihr Kerngeschäft schaftlichen Entwicklung zu leisten. Dieser Auf- und die trotzdem auftauchenden neuen Heraus- gabe ist er mit dem Nationalen Forschungs- und forderungen führten jedoch zur Gründung weite- Innovationsplan (NAFIP) und der Strategie 2010 rer Institutionen, nicht aber zu Steuerungs- und nachgekommen. Obwohl von Letzterer rund drei Koordinierungsstrukturen, die der zunehmenden Viertel der Vorschläge umgesetzt wurden, war Komplexität Rechnung getragen hätten. Die wie- dieser Prozess alles andere als „linear“, sodass derholten Versuche, Strategien zu entwickeln, noch eine Reihe von Aufgaben zur Verbesserung blieben denn auch Stückwerk – keines dieser der Governance offen sind (vgl. Strategieelement Konzepte schaffte es in die Politiksphäre und da- „Governance“). mit in die Umsetzung. Die vorliegende Strategie 2020, die gerade ab- Mit der Einsetzung des Rates für Forschung und geschlossene Systemevaluierung und der For- Technologieentwicklung im Jahr 2000 wurde ein schungsdialog bilden eine ausreichende Grund- neues strategiepolitisches Gremium etabliert und lage für die Entwicklung von Strategien auf Re- die Bemühungen in Richtung langfristiger strate- gierungsebene. Um das zu erreichen, ist politi- gischer Überlegungen für das nationale FTI-Sys- sches Leadership gefragt. Andernfalls wird der tem intensiviert. Die Hauptaufgabe des Rates liegt Umsetzungsprozess erratisch bleiben und sub- in der systematischen, unabhängigen und fun- optimale Effekte erzielen. 9 Vgl. dazu die detaillierte Darstellung von Pichler, R. / Stampfer, M. / Hofer, R. (2007): Forschung, Geld und Politik: Die staatliche Forschungsförderung in Österreich 1945–2005, Innsbruck-Wien-Bozen, Studien Verlag. 16
prinzipien und strategieelemente 17
prinzipien und strategieelemente Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bedeu- programmen sowie beim Einsatz der vorhande- tet eine radikale Veränderung der Rahmenbedin- nen Mittel. gungen, die bisher für die Entwicklung des FTI- Aufgabe der politischen EntscheidungsträgerIn- Systems vorausgesetzt wurden. Da die augenblick- nen ist es, Bildungs-, Forschungs-, Technologie- liche Krise keine konjunkturelle, sondern eine und Innovationspolitik deutlich zu priorisieren weltweit strukturelle ist, kann davon ausgegan- und eine mittelfristige Planungssicherheit in gen werden, dass nach der Krise wenig so sein Bezug auf die Verfügbarkeit budgetärer Mittel her- wird, wie es vorher war. Die Auswirkungen wer- zustellen. den bei den Angebots-, Produktions- und Nachfra- gestrukturen der meisten Wirtschaftsbereiche In der Formulierung der Strategie 2020 geht der spürbar sein. Für die strategischen Vorschläge und Rat von folgenden handlungsleitenden Prinzipien Empfehlungen bedeutet die Unsicherheit in Bezug aus: auf die Rahmenbedingungen eine notwendige ] Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Relevanz Priorisierung jener Maßnahmen, die den FTI-Stand- sind übergeordnete Motive für die Forschung, ort Österreich im globalen Wettbewerb am stärk- Technologie und Innovation. sten positionieren. Dabei sind insbesondere Maß- ] Bildung, Aus- und Weiterbildung der Menschen nahmen im Bereich der Bildung und Höherqua- sind das wesentliche Kapital der wissensbasier- lifizierung der Menschen, im Bereich systemati- ten Gesellschaft. scher Schwerpunktsetzungen sowie im Bereich ] Bildung, Forschung und Innovation bilden eine entsprechender Ressourcen angesprochen, ver- untrennbare Einheit. Dieses „Wissensdreieck“ bunden durch die Interventionsinstrumente der muss politisch mit hoher Priorität verfolgt und öffentlichen Hand und deren Governance. organisiert werden. Die der Krise innewohnende Notwendigkeit, ] Die Vergabe von Mitteln soll nach Maßgabe der grundlegende Richtungskorrekturen vorzuneh- Möglichkeiten im Wettbewerb erfolgen. Eine ange- men, wird noch durch die Notwendigkeit zu kür- messene Finanzierung von Instrumenten für völlig zeren Reaktionszeiten verstärkt. Aus diesem Grund neue, unkonventionelle, hochinnovative und/oder werden im gesamten Strategiedokument kurz- riskante Ideen und Projekte in der Bottom-Up-För- ( 2010), mittel- ( 2013) und langfristige ( 2020) derung muss jedoch sicher gestellt werden Empfehlungen unterschieden und entsprechend ] Es gilt sich auf seine Potenziale und Stärken zu gekennzeichnet. Daraus folgt, dass die jeweils be- fokussieren; Bereiche mit schwacher Entwicklung troffenen Teile der FTI-Strategie 2020 in regelmä- sollen kritisch evaluiert und überdacht werden. ßigen Abständen an den Rahmenbedingungen ge- ] Neue Strukturen und neue Themen sollen nur prüft und bei Bedarf rollierend überarbeitet wer- eröffnet werden, wenn darin mittelfristig eine den müssen. „Spitzenstellung“ (Exzellenz) erreichbar ist, die Die zeitliche Dimensionierung steht in keinem Erschließung eines überdurchschnittlichen Markt- Zusammenhang mit Prognosen über die Dauer potenzials erwartet werden kann und/oder ein der Krise, die seriös nicht machbar sind. Sowohl wichtiger gesellschaftlicher Bedarf gegeben ist. der Zeithorizont bis 2020 als auch die weltweite ] Eine global vernetzte Welt verlangt nach natio- Wirtschaftskrise verbieten langfristige Prognosen nal definierten Internationalisierungsstrategien. darüber, welche Länder in zehn Jahren unter den ] Die Flexibilisierung der Strukturen ist notwen- führenden Innovationsnationen sein werden, weil dig, um in einer globalisierten Welt rasch und effi- das nicht von ihrer bisherigen Strategie abhängig zient reagieren zu können. ist, sondern von der Strategie, die sie jetzt und für ] Transparenz und Partizipation sind Maximen die Zukunft wählen werden. Daher bedarf es der Politikgestaltung, die die Verantwortung ge- einer ständigen Strategiebeobachtung, stetiger genüber der Gesellschaft reflektieren. Kommunikation und damit höchstmöglicher Fle- xibilität bei der Gestaltung der Rahmenbedingun- Die Strategie 2020 orientiert sich an diesen Grund- gen, der Konzeption von Forschungsförderungs- gedanken und Leitprinzipien. Sie basiert allerdings 18
prinzipien und strategieelemente auch auf einem soliden Fundament aus grundle- „Menschen“ & „Gesellschaft“ genden Analysen des Status quo. Die Auswahl an Forschung in Österreich definiert sich durch die Strategieelementen dient der Strukturierung der Menschen, die sie leisten. Jedes monetäre Ziel Diskussion. Folgende acht Strategieelemente wur- der strategischen Politikgestaltung muss sich an den, basierend auf einer Vielzahl an Studien und der Verfügbarkeit von qualifiziertem Humanka- Analysen, identifiziert: pital bzw. von kreativen und engagierten Men- schen ausrichten. Aus diesem Grund sind Maß- 1. Menschen nahmen im Bereich der Humanressourcen und 2. Gesellschaft des Verhältnisses von Wissenschaft und Gesell- 3. Input/Output schaft von zentraler Bedeutung für das österreichi- 4. Schwerpunkte sche FTI-System. Die beiden Strategieelemente 5. Infrastruktur „Menschen“ und „Gesellschaft“ befassen sich mit 6. Instrumente der strategischen Planung der Humanressourcen- 7. Governance entwicklung bzw. den entsprechenden Rahmen- 8. Internationalisierung bedingungen auch im Zusammenhang mit dem Dialog von Wissenschaft, Forschung, Technolo- Jedes Strategieelement wurde auf Basis einer gie, Innovation und Öffentlichkeit. grundlegenden Faktensammlung, der Identifika- tion von zusätzlichem Informations- und Hand- „Input/Output“ lungsbedarf sowie daraus resultierenden Entschei- Österreich hat als eines von wenigen EU-Ländern dungen über notwendige weitere Schritte wie eine realistische Chance, das 3-Prozent-Ziel der weiterführende Analysen, Studien oder Work- Lissabon-Strategie zu erreichen. Dies könnte in shops etc. erarbeitet. Entsprechend haben diver- der derzeitigen wirtschaftlichen Gesamtsituation se Studienpräsentationen, Workshops und Diskus- jedoch einige Jahre länger dauern als bisher ange- sionen stattgefunden, aus denen wichtige Inputs nommen. Die Rahmenbedingungen für die weite- für strategische Leitlinien und Empfehlungen re Entwicklung sind einer genauen Analyse zu abgeleitet wurden. Schließlich wurden auch unterziehen. Die Erhebung und Auswertung von bestehende Strategiedokumente ebenso wie die finanziellen F&E-Daten ist Voraussetzung und Ergebnisse des Forschungsdialogs und der Sys- Ausgangsbasis für strategische Empfehlungen in temevaluierung in die Ausarbeitung von Vor- dieser Hinsicht. Auch die Bewertung der Auswir- schlägen und Empfehlungen für die strategische kungen der Ausgaben auf Wirtschaftswachstum Orientierung bis 2020 einbezogen. und Produktivität sowie ihre Steigerung sind in Der zentrale Punkt jeglicher Aktivität im FTI-Sys- diesem Kontext relevant. tem ist der Mensch. In Abhängigkeit vom For- schungsinhalt werden in Art und Umfang unter- „Schwerpunkte“ schiedliche Ressourcen benötigt. Durch das Set- Die systematische Identifikation von Schwer- zen struktureller und thematischer Schwerpunk- punktthemen und Zukunftsfeldern der öster- te werden strategische Ziele verfolgt. Ein adäqua- reichischen Forschungslandschaft muss an Be- ter Instrumenteneinsatz, aufbauend auf einer effi- deutung zunehmen. Ziel des Strategieelements zienten Steuerung durch die Governance, sorgt ist es, Methoden und Wege für eine holistische für das Gelingen des Zusammenspiels von Men- Schwerpunktsetzung aufzuzeigen, um wissen- schen, Ressourcen und Schwerpunkten. Die drit- schaftliche und technologische Stärkefelder in te Dimension unterscheidet die regionale, natio- Österreich weiter auszubauen und zu Spitzen- nale und internationale Ebene. Die ersten beiden stellungen im internationalen Wettbewerb zu Ebenen werden gemeinsam in den einzelnen Stra- führen. Darüber hinaus sollen in gesellschaftlich tegieelementen berücksichtigt, die internationale wichtigen Fragestellungen gezielt FTI-Aktivitäten Ebene wird aufgrund ihrer zunehmenden Bedeu- stimuliert werden, um nachhaltige Lösungsan- tung in einem eigenen Element behandelt. sätze zu erarbeiten. > 19
prinzipien und strategieelemente „Infrastruktur“ die gute Positionierung Österreichs weiterhin zu Das österreichische Innovationssystem braucht gewährleisten, müssen strukturelle Defizite sys- als wesentliche Grundlage für sein effizientes und tematisch beseitigt werden. Unter Berücksichti- effektives Funktionieren eine sowohl quantitativ gung der Ergebnisse der Systemevaluierung wid- als auch qualitativ hinreichende Ausstattung an men sich die Strategieelemente „Governance“ Forschungsinfrastrukturen, sei es im eigenen Land und „Instrumente“ den Strukturanforderungen oder auch durch entsprechenden Zugang zu bezüglich der Aufbau- und Ablauforganisation des internationalen Einrichtungen. Ausgehend von FTI-Systems sowie notwendiger Maßnahmen und einer umfangreichen Erfassung der Ist-Situation Adaptierungen im förderpolitischen Instrumen- und einer Abschätzung der Bedarfsentwicklung tenmix für das Jahr 2020. bis 2020 werden im Strategieelement „Infrastruk- tur“ die Anforderungen dargelegt, um diese essen- „Internationalisierung“ zielle Voraussetzung für exzellente, international Internationalisierung ist neben der Entwicklung anerkannte Forschungsleistungen in Österreich von Humanressourcen, der monetären For- sicherzustellen. schungsförderung und angemessenen strukturel- len Rahmenbedingungen einer der strategischen „Instrumente“ & „Governance“ Eckpfeiler, die den Bezugsrahmen österreichi- Strukturelle Weiterentwicklungen und Optimie- scher FTI-Politik der nächsten Jahre bilden. Die rungen sind Grundvoraussetzungen auf dem Weg Stärkung internationaler Mobilität, die Einbindung zur Steigerung der Attraktivität und Effizienz des in internationale Netzwerke und die Entwicklung österreichischen FTI-Systems. Um im interna- von Nachbarschaftsstrategien stehen dabei im tionalen Wettbewerb der forschenden Nationen Vordergrund. 20
menschen 21
menschen Status und Herausforderungen In wissensbasierten Ökonomien hängt die Zu- Entwicklung die Relation zwischen den aktiv Er- kunft eines Standorts von Qualifikationsniveau, werbstätigen und den Personen im Ruhestand zu- Engagement, Kreativität und Motivation der Men- nehmend verschiebt.10 Eine ständig steigende Pro- schen ab. Um sein Wohlstandsniveau zu halten duktivität kann diese aufgehende Schere wieder und auszubauen, benötigt der Standort Österreich schließen.11 daher mehr besser qualifizierte, engagierte und Österreich hat die Voraussetzungen, um die sich kreative Arbeitskräfte – und zwar sowohl mit ter- daraus ergebenden Herausforderungen zu bewäl- tiärem Bildungsabschluss als auch hoch qualifizier- tigen: te Facharbeitskräfte. Die Anforderungen steigen: ] Das Potenzial an Qualifikation ist in Österreich Auf globalisierten Märkten wächst die Konkur- nur in einem bescheidenen Ausmaß ausgenutzt. renz jener Länder, die im mittleren Technologie- Ein verbesserter Zugang zu Bildung und auf den segment unter deutlich günstigeren Kostenver- Einzelnen stärker zugeschnittene Bildungssysteme hältnissen anbieten können. Dies gilt insbesonde- eröffnen hier noch beträchtliche Entwicklungs- re auch für die Länder in unmittelbarer Nachbar- möglichkeiten. schaft. Österreichs strategische Antwort muss da- ] Eine offene Einstellung zur Zuwanderung kann her der Spurwechsel von der Gruppe der „Inno- die Qualifikationsbasis verbreitern und damit hel- vation Followers“ zu den „Innovation Leaders“ fen, sich abzeichnende Defizite bei qualifizierten bzw. „Frontrunners“ mit Produktionsstrukturen Arbeitskräften zu entschärfen. an der technologischen Grenze und mit hoch ] Verstärkte Forschungs- und Innovationsaktivitä- entwickelter Produktivität sein. Diese Strategie ten erhöhen die Produktivität, schaffen Arbeits- impliziert eine stetig steigende Nachfrage nach plätze und tragen damit zur Erhaltung des Wohl- höheren Qualifikationen und lebenslangem Ler- standes bei. nen. Dies gilt umso mehr, als die demografische Steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften Das Ansteigen der Nachfrage nach höher qualifi- die Zahl der ForscherInnen pro 1.000 Erwerbs- zierten Personen ist schon seit den 90er Jahren personen in der Europäischen Union bei 5,8, be- deutlich sichtbar. Von 1995 bis 2006 stieg der An- trugen die Vergleichswerte in den USA 9,3 und in teil der AkademikerInnen an den Beschäftigten in Japan 10,3.13 Innerhalb der Europäischen Union Österreich von 8,8 auf 13,2 Prozent. Der Anteil der liegt Österreich mit derzeit 7,4 nicht im Spit- Beschäftigten mit höchstens einem Pflichtschulab- zenfeld, könnte aber schon mittelfristig seine schluss sank in diesem Zeitraum von 22,7 auf 16,7 Kapazitäten auf 8 ForscherInnen pro 1.000 Er- Prozent.12 Studien belegen aber eine Schieflage in werbspersonen ausbauen. Dieses Ziel korrespon- der Humanressourcenentwicklung in Europa im diert mit dem Ausgabenpfad zur Erreichung der Vergleich zu den USA und Japan: Lag im Jahr 2005 Forschungsquote von 3 Prozent des BIP.14 10 Biffl, G. (2006): Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation, Teilstudie 6: Bevölkerungsentwicklung und Migration, WIFO. 11 Fassmann, H. (2007): Wann kommt der „Knick“ des Arbeitskräfteangebots? Prognose der erwerbsfähigen Bevöl- kerung. In: Fassmann, H. (Hg.): 2. Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht 2001–2006. Rechtliche Rahmenbedingungen, demographische Entwicklungen, sozioökonomische Strukturen, Klagenfurt, S. 283–284. 12 Fritz, O. / Huemer, U. / Kratena, K. / Mahringer, H. / Prean, N. / Streicher, G. (2008): Mittelfristige Beschäfti- gungsprognose für Österreich und die Bundesländer, Berufliche und sektorale Veränderungen 2006–2012, WIFO. 13 OECD (2007): Main Science and Technology Indicators bzw. The „Human Factor“ in the field of innovation, Federation of Austrian Industry. 14 Vgl. Europäische Kommission (2004): Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas – Leitlinien für die Forschungsförderung der Europäischen Union. 22
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