Strategie 2020 www.rat-fte.at - Rat für Forschung und Technologieentwicklung

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Strategie 2020 www.rat-fte.at - Rat für Forschung und Technologieentwicklung
Cover+Ruecken_2008   28.07.2009   16:00 Uhr   Seite 2

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        www.rat-fte.at
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Cover+Ruecken_2008   28.07.2009   16:00 Uhr    Seite 1

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                             Herausgeber und Medieninhaber | ©         austrian council
                             Rat für Forschung und Technologieentwicklung | 1010 Wien | Pestalozzigasse 4

                             Ratsmitglieder | DI Dr. Dr h.c. Knut CONSEMÜLLER | Vorsitzender
                             Univ.-Prof. Mag. Dr. Günther BONN | Stv. Vorsitzender | Univ.-Prof. Dr. Dervilla DONNELLY
                             DI Dr. h.c. Albert HOCHLEITNER | DI Reinhard PETSCHACHER | Mag. Hans SCHÖNEGGER
                             Prof. DI Dr. h.c. Jürgen STOCKMAR | Dr. Gabriele ZUNA-KRATKY

                             Geschäftsstelle | DI Dr. Ludovit GARZIK | Geschäftsführer | Mag. Dr. Johannes GADNER | Projektleiter
                             Dr. Fredy JÄGER | Mag. Dr. Silvo KOREZ | Mag. Peter LINDNER | Mag. Bettina RUTTENSTEINER-POLLER
                             Mag. Dr. Constanze STOCKHAMMER | Mag. Michaela TOPOLNIK

                             Gestaltung | Grafikatelier Heuberger | Wien

                             Druck | Kärntner Druckerei | Klagenfurt

                             Bildquellen | photocase.com | Fotoline | micjan | MorzKerl | jarts | Jenzig71 | Gerti G. | Kellermeister
                             photocase.com | emma75 | view7 | blue757 | Technische Universität Graz | Bergmann | Freie Uni Berlin
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inhalt

 3   executive summar y

 9   die agenda

17   prinzipien und strategieelemente

21   menschen
       Status und Herausforderungen                   22
       Strategische Leitlinien und Empfehlungen       24

27   gesellschaft
       Status und Herausforderungen                   28
       Strategische Leitlinien und Empfehlungen       31

33   input/output
       Status und Herausforderungen                   34
       Strategische Leitlinien und Empfehlungen       43

45   schwer punkte
       Status und Herausforderungen                   46
       Strategische Leitlinien und Empfehlungen       50

53   infrastruktur
       Status und Herausforderungen                   54
       Strategische Leitlinien und Empfehlungen       55   >

                                                               1
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inhalt

    59   instrumente
             Status und Herausforderungen               60
             Strategische Leitlinien und Empfehlungen   62

    67   gover nance
             Status und Herausforderungen               68
             Strategische Leitlinien und Empfehlungen   69

    73   inter nationalisierung
             Status und Herausforderungen               74
             Strategische Leitlinien und Empfehlungen   75

    79   literatur

    83   abkürzungen

    84   kontakt

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Die Vision 2020
Österreich ist eine erfolgreiche und internatio-      schaftlerInnen sowie für Unternehmen attrak-
nal anerkannte Innovationsnation. Exzellen-           tiv. Die effiziente Verwertung von Forschungs-
te Forschung und radikale Innovationen sind           ergebnissen ermöglicht einen nachhaltigen so-
die Basis für Österreichs führende Position.          zialen, wirtschaftlichen und ökologischen Fort-
Ganzheitliches Denken und eine gelungene              schritt, der auch von einem Verantwortungsbe-
Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirt-              wusstsein für die Lebensbedingungen kommen-
schaft, Gesellschaft und Politik bilden die Kern-     der Generationen getragen wird. Bildungs-,
elemente einer neuen Kultur der Offenheit, Fle-       Forschungs-, Technologie- und Innovations-
xibilität und Kreativität. Das ist die Grundlage      politik sind die zentralen Politikfelder. Im Mit-
für die Schaffung neuen Wissens. Innovations-         telpunkt dieser Politik steht der Mensch. Das
fördernde Rahmenbedingungen und Struktu-              macht Österreich zu einer dynamischen, wis-
ren machen Forschung und Entwicklung in               sensbasierten Gesellschaft an vorderer Stelle
Österreich für in- und ausländische Wissen-           im globalen Wettbewerb.

Die Strategie 2020
Die Vision 2020 entwickelt ein Zukunftsbild für       genden Strategie 2020 seine Vorschläge und Emp-
den angestrebten Status Österreichs im Jahr 2020.     fehlungen für deren Realisierung. Dabei gibt die
Um diese Vision zu realisieren, bedarf es einer um-   Strategie die Richtung vor und dient – gerade auch
fassenden Strategie. Der Rat für Forschung und        in den Turbulenzen einer globalen Finanz- und
Technologieentwicklung präsentiert mit der vorlie-    Wirtschaftskrise – der generellen Orientierung.

Die globalen Rahmenbedingungen
Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bedeu-     gen sowie im Bereich entsprechender Ressour-
tet eine radikale Veränderung der Rahmenbedin-        cen angesprochen, verbunden durch die Inter-
gungen, die bisher für die Entwicklung des FTI-       ventionsinstrumente und deren Governance.
Systems vorausgesetzt wurden. Für die strategi-       Die meisten Länder werden weniger Geld einset-
schen Vorschläge und Empfehlungen bedeutet            zen können. Deshalb werden die Länder in der
die Unsicherheit in Bezug auf die Rahmenbedin-        Spitzengruppe des Jahres 2020 aufscheinen, denen
gungen eine notwendige Priorisierung jener Maß-       es gelingt, die knappen finanziellen Mittel und die
nahmen, die den FTI-Standort Österreich im glo-       bestqualifizierten Menschen für ihre nationalen
balen Wettbewerb am stärksten positionieren. Da-      Stärken einzusetzen, die sie gegenüber den ande-
bei sind insbesondere Maßnahmen im Bereich der        ren Ländern wettbewerbsfähiger machen. Die
Bildung und Höherqualifizierung der Menschen,         Konzentration auf und voller Einsatz für die natio-
im Bereich systematischer Schwerpunktsetzun-          nalen Fähigkeiten sind daher vorrangig.

Ausgangspunkt
Österreich hat in den vergangenen Jahren in sei-      mit Ländern wie Frankreich, Irland, Belgien und
ner FTI-Performance einen rasanten Aufholpro-         den Niederlanden unter den „Innovation Follo-
zess absolviert und zählt heute zu den Ländern in     wers“, also der Gruppe hinter den führenden
der EU, die sich am dynamischsten entwickeln. Im      Innovationsnationen („Innovation Leaders“).
jüngsten Summary Innovation Index (SII) des Eu-       Österreich gehört auch zu jenen wenigen Län-
ropean Innovation Scoreboard 2008 belegt Öster-       dern in der EU, die eine realistische Chance haben,
reich den 6. Platz im Ranking der EU-27. Damit be-    die im Barcelona- bzw. Lissabon-Prozess vorgege-
findet sich Österreich im internationalen Vergleich   benen Zielmarken auf nationaler Ebene zu errei- >

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    chen. Mit seiner Forschungsquote von 2,73 Pro-      Defizite signalisieren aber auch andere Indikatoren
    zent (2009) hat Österreich den EU-Durchschnitt      des Scoreboard, vor allem die unterdurchschnitt-
    bereits deutlich übertroffen.                       lichen Werte beim Anteil der Bevölkerung mit ter-
    Eine offensichtliche Schwäche besteht aber in der   tiärem Bildungsabschluss sowie bei der Anzahl
    Transformation von Input in Output: Österreich      von naturwissenschaftlichen und technischen
    steckt überdurchschnittlich viele Ressourcen in     HochschulabsolventInnen. Hier ist die Situation
    das FTI-System und generiert damit im Vergleich     schon akut problematisch, da bereits heute hoch
    nur einen unterdurchschnittlichen Output.           qualifizierte Arbeitskräfte fehlen.

    Herausforderungen
    Beide Schwachpunkte verweisen auf die größte        – auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft –
    Herausforderung, die Österreich in den kommen-      machen selbst den Aufholprozess durch und sto-
    den Jahren zu bewältigen hat: den Schritt vom       ßen in jene Positionen vor, die sich Österreich in
    „Innovation Follower“ zum „Innovation Leader“,      den vergangenen Jahren erarbeitet hat.
    also von einem Land in einem Aufholprozess zu       Österreich bleibt kein anderer Weg als jener des
    einem Land, das nahe der technologischen Gren-      Sprungs nach vorn, des Wechsels auf die Spur
    ze produziert. Dieser Entwicklungsschritt steht     der „Innovation Leaders“ mit Produktionsstruktu-
    an, denn die Erträge einer adaptiven Innovations-   ren an der technologischen Grenze und hoch ent-
    strategie sind heute weitgehend ausgeschöpft.       wickelter Produktivität. Dieser Sprung setzt aber
    Zudem wächst auf globalisierten Märkten die Kon-    einen grundlegenden Wandel in der Ausrichtung
    kurrenz jener Länder, die im mittleren Techno-      der Forschungs-, Technologie-, Innovations- und
    logiesegment zu deutlich günstigeren Kostenver-     Bildungspolitik voraus.
    hältnissen anbieten können. Immer mehr Länder

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Strategieelemente
Die Strategie 2020 strukturiert die für diesen      Der Rat empfiehlt
grundlegenden Wandel notwendigen Reformen           ] Entwicklung einer Strategie zur Gestaltung des
in acht Strategieelemente.                          Dialogs durch Ressorts, Rat, Scientific und For-
                                                    schungs-Community sowie Stakeholder
                                                    ] Institutionalisierung des Dialogs, idealerweise
Menschen                                            durch unabhängige Institution
Der Sprung zu den „Innovation Leaders“ be-          ] regelmäßige, am besten jährliche Durchführung
deutet eine steigende Nachfrage nach höheren        der Langen Nacht der Forschung
Qualifikationen. Österreich braucht mehr und        ] Anreizsystem für WissenschaftlerInnen, sich am
besser ausgebildete Arbeitskräfte. Die Bedeu-       Dialog zu beteiligen
tung der tertiären Ausbildung steigt überpro-       ] Ausbau des Wissenschaftlichen Dienstes des
portional mit dem zunehmenden Entwicklungs-         Parlaments zur Einholung und Aufbereitung unab-
stand.                                              hängiger Expertise
                                                    ] Ethikdiskurse an Universitäten, Fachhochschu-
Der Rat empfiehlt                                   len und anderen Forschungseinrichtungen
Bildungszugang verbessern:
] früherer Bildungsstart
] spätere Segmentierung und modularer Aufbau        Input/Output
Tertiäre Bildungswege attraktivieren:               Bei der Mobilisierung finanzieller FTI-Mittel war
] ausgewogene Betreuungsverhältnisse                Österreich in den vergangenen Jahren besonders
] attraktivere Gestaltung der Studienfächer, ins-   erfolgreich und befindet sich in einer guten Aus-
besondere im technisch-naturwissenschaftlichen      gangsposition, um zu den „Innovation Leaders“ in
Bereich                                             Europa aufzuschließen. Im derzeitigen volatilen
Wissenschaft als Beruf positionieren:               Wirtschaftsumfeld müssen dafür aber neue Ziel-
] zusätzliche finanzielle Mittel insbesondere für   vorgaben entwickelt werden, damit stetiges
verbesserte Doktoratsausbildungen                   Wachstum bei den F&E-Ausgaben erreicht wird.
] vertragliche Bedingungen an internationale        Die heutige Struktur der Forschungsarten soll aus-
Standards anpassen                                  gewogen und mit stärkerer Output-Orientierung
] neue Karrieremodelle für Frauen                   weiterentwickelt werden. Die öffentliche Hand
Zuwanderung nutzen und fördern:                     soll daher Anreize setzen, damit der Anteil der For-
] österreichweit einheitliche Anerkennung von       schung in der Wirtschaft ausgebaut werden kann.
Qualifikationen                                     Der festgestellte Nachholbedarf bei der Umwand-
] Zuwanderung von SpitzenforscherInnen              lung von Ressourceninput in Ergebnisoutput
erleichtern                                         macht es erforderlich, das gesamte FTI-System
] Bewusstseinskampagne starten                      quantitativ und in seinen inneren Zusammenhän-
                                                    gen besser zu verstehen. Dazu sind die substan-
                                                    zielle Verbesserung der Informations- und Daten-
Gesellschaft                                        basis für die FTI-Politik sowie die Weiterentwick-
Die zunehmende Bedeutung von Wissenschaft,          lung von Methoden zur Datenanalyse und Wir-
Forschung, Technologie und Innovation für           kungsforschung notwendig.
unsere Gesellschaft erfordert neue Formen des
Dialogs von Wissenschaft und Gesellschaft.          Der Rat empfiehlt
Wesentlich ist die Schaffung nachhaltiger Räume     ] 3 Prozent Forschungsquote als Durchgangsziel
und Möglichkeiten für gesellschaftliche Partizi-    ] Langfristziel für 2020 ist angesichts der wirt-
pation, die die „soziale Robustheit“, also die      schaftlichen Situation zu bestimmen
gesellschaftliche Verankerung technologischer       ] Heutige Struktur der F&E-Ausgaben mit Output-
Entwicklungen, stärken.                             Orientierung weiterentwickeln                   >

                                                                                                           5
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    ] Dotation der Grundlagenforschung in Ausgewo-           reich des FTI-Systems, der nicht durch notwen-
    genheit der Sektoren                                     digerweise themenoffene Bottom-up-Verfahren defi-
    ] Innovationsfähigkeit von Unternehmen und Rah-          niert ist. Ziel des Strategieelements „Schwerpunkte“
    menbedingungen für FTI-Investitionen stärken             ist es, Methoden und Wege für eine holistische
    ] Bessere Unterstützung des Technologietransfers         Schwerpunktsetzung aufzuzeigen und die Basis für
    ] Verbesserung der Datenbasis durch abgestimm-           zukünftige Schwerpunkte im FTI-System zu legen.
    ten Erhebungs- und Auswertungsprozess
                                                             Der Rat empfiehlt
                                                             ] Schwerpunktsetzung übergreifend über Ressorts
    Infrastruktur                                            und FTI-Instrumente (ministeriumsübergreifende
    FTI-Infrastruktur ist eine unverzichtbare Basis für      „Gesamtprojektleitung“)
    Spitzenforschung von internationalem Stellenwert.        ] Ausarbeitung weiterer Themenstrategien, am
    Aufgrund der mit ihr verbundenen Einzigartigkeit         dringendsten in den Bereichen Nachhaltigkeit,
    ist sie ein gutes Mittel zur strategischen Positionie-   Umwelt, Energie sowie Mobilität und Verkehr
    rung des Forschungsstandortes. Eine entsprechen-         ] Nischenstrategie im Sinne einer Fokussierung
    de Infrastrukturausstattung, vor allem auch der          auf Spezialmärkte und -wissensgebiete bei der
    Basisforschungsinfrastruktur, ist nicht nur Arbeits-     Etablierung thematischer Schwerpunkte
    platzmotor, sondern bietet auch einen attraktiven        ] Thematische Programme auf wenige, breit ange-
    Anziehungspunkt für nationale und internationa-          legte Schwerpunkte fokussieren
    le ForscherInnen.                                        ] Deckelung des Anteils am Förderungsbudget für
                                                             thematische Programme
    Der Rat empfiehlt                                        ] Schwerpunkte im Sinne eines Empowerments
    ] Anbindung an internationale FTI-Infrastruktu-          österreichischer ForscherInnen zur Stärkung der
    ren mit Blick auf thematische Schwerpunkte               Beteiligung an europäischen Rahmenprogrammen
    ] Schaffung einer Plattform zur strategischen            ] Systematische Vorgangsweise für Foresight und
    Planung von FTI-Infrastruktur in Abstimmung mit          Technologieprognosen
    ESFRI
    ] Verstärkte gemeinschaftliche (überregionale)
    Nutzung großer Infrastrukturen                           Instrumente
    ] Programme zur Kooperationsförderung um                 Das umfangreiche Portfolio möglicher Instrumen-
    Infrastrukturschwerpunkte zu erweitern                   te zur Intervention im FTI-System in ihren zahlrei-
    ] Mehrjährige Budgets für Infrastruktur                  chen Ausgestaltungsformen und Trägerschaften
    ] Finanzierung der Universitätsbasisinfrastruktur        bedarf eines gezielten und abgestimmten Einsat-
    über das Globalbudget, jedoch weiterhin kompe-           zes, um das übergeordnete Ziel der Stärkung des
    titive Ausschreibungen für zusätzliche Forschungs-       österreichischen Innovationssystems und seiner in-
    infrastruktur                                            ternationalen Spitzenpositionierung bis 2020 errei-
                                                             chen zu können. Ein zentrales Element der FTI-
                                                             Strategie des Rates ist daher die Erarbeitung und
    Schwerpunkte                                             Darlegung des erforderlichen Instrumenteneinsat-
    Die Identifikation von Schwerpunktthemen und             zes im Sinne einer Bereinigung der Vielfalt an Pro-
    Zukunftsfeldern der österreichischen Forschungs-         grammen unterkritischer Größe und der Konzen-
    landschaft wird an Bedeutung zunehmen. Über-             tration des Ressourceneinsatzes auf wenige, breit
    greifende Schwerpunktsetzungen über alle Res-            angelegte Schwerpunktthemen mit strategischer,
    sortzuständigkeiten und relevanten öffentlichen          wirtschaftlicher und/oder gesellschaftlicher Rele-
    FTI-Instrumente sind für ausgewählte Schwer-             vanz für Österreich. Das Instrumentarium für den
    punktthemen und Schlüsseltechnologien mit ge-            Unternehmenssektor ist problemspezifisch auszu-
    sellschaftlicher oder strategischer Bedeutung für        differenzieren. Zur Steigerung der F&E-Intensität
    Österreich zu entwickeln. Dies gilt nur für jenen Be-    im Unternehmenssektor sind insbesondere die

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Klein- und Mittelbetriebe zu adressieren, deren     Instrumente für Hochschulen:
Potenzial in Österreich noch lange nicht ausge-     ] Ausarbeitung einer langfristigen Strategie für
schöpft ist.                                        den tertiären Bildungsbereich als Gesamtportfolio
                                                    und deren Umsetzung über die Leistungsvereinba-
Der Rat empfiehlt                                   rungen
Sektorenunabhängig:                                 ] Anteil der kompetitiv vergebenen Fördermittel
] indirekte Förderung vereinfachen und erhöhen      erhöhen
] Bereinigung der Vielfalt an thematischen Pro-
grammen
Instrumente für den Unternehmenssektor:             Governance
] Steigerung des Anteils forschender und innovie-   Im Bereich der Governance ist das wesentliche
render Unternehmen, insbesondere unter KMU          Ziel die Optimierung der Steuerung und des Zu-
und LCU                                             sammenspiels der Institutionen, die für die Imple-
] Ausbau der risikohaften und wachstumsorien-       mentierung und Abwicklung öffentlicher Inter-
tierten Finanzierungsmöglichkeiten für junge,       ventionen im FTI-System Verantwortung tragen.
innovative technologieorientierte Unternehmen       Die Modellierung eines Soll-Zustandes des FTI-
] Verbesserung der Verfügbarkeit und des Zu-        Systems im Jahr 2020 ist dafür unerlässlich. Verän-
gangs zu Beteiligungs- und Wagniskapital            derungen in den Aufbau- und Ablaufstrukturen
Instrumente für den kooperativen Sektor:            können nur erfolgreich sein, wenn sie auf klaren
] Programme zur Kooperation von Wissenschaft        Zielvorstellungen basieren.                         >
und Industrie optimiert fortführen
] stärkere Bündelung kooperativer Institutionen

                                                                                                            7
Strategie 2020 www.rat-fte.at - Rat für Forschung und Technologieentwicklung
executive summar y

    Der Rat empfiehlt                                    telbar über staatliche Stellen abgewickelt wurde,
    ] Zusammenlegung der Forschungsagenden in            wird sich in Zukunft unmittelbarer und direkter
    den für angewandte und wirtschaftsnahe For-          gestalten und sich bei Agenturen und Forschungs-
    schung zuständigen Ministerien – BMVIT und           einrichtungen (Abwicklern) vollziehen. Besonders
    BMWFJ                                                die Etablierung des Europäischen Forschungs-
    ] Zusammenlegung der Aufsichts- und Lenkungs-        raums wird diesen Trend noch weiter verstärken.
    strukturen der Agenturen, auch um die Mittel fle-    Demgegenüber wird es für staatliche Institutio-
    xibel und bedarfsorientiert den Schwerpunkten        nen schwieriger, (national)staatlich kohärente Vor-
    zuordnen zu können                                   gangsweisen sicherzustellen.
    ] Autonomie der Agenturen im Sinne von Agenci-
    fication bezüglich Jury- und Leitfadenentscheidun-   Der Rat empfiehlt
    gen, basierend auf den strategischen Vorgaben        ] Neuausrichtung der Aufgaben in den Ressorts:
    der Ressorts                                         Koordinationsfunktion löst Abwicklungsfunktion
    ] Flexibilisierung der Dienstvertragsstrukturen in   ab
    den Ressorts                                         ] Neue Methoden der Koordination zwischen Res-
    ] Beratungsleistungen des Rates für Forschung        sorts und Abwicklern
    und Technologieentwicklung adressieren direkt        ] Gemeinsame Erarbeitung von Partizipationsstra-
    die Regierungsmitglieder und umfassen die Fest-      tegien für europäische Internationalisierungsan-
    legung der strategischen Richtungen, Schwer-         sätze (z. B. ERA-NET)
    punktsetzungen und den dazu notwendigen Mit-         ] Stärkung der Nachbarschaftspolitik durch Inten-
    telbedarf sowie das Monitoring der inhaltlichen      sivierung der Wissenschaftskooperationen sowie
    Schritte zur Umsetzung der FTI-Strategie der Bun-    Zusammenarbeit in Bildung, Forschung und Ent-
    desregierung                                         wicklung im mittel-, ost- und südosteuropäischen
                                                         Forschungsraum
                                                         ] Bewerbung des Forschungs- und Hochschul-
    Internationalisierung                                standortes Österreichs in Mittel-, Ost- und Südost-
    Veränderte globalisierte Rahmenbedingungen           europa, in ausgewählten außereuropäischen Dritt-
    erfordern dezentrale, flexible und dennoch hin-      staaten sowie in ausgewählten Kooperationsnetz-
    reichend kohärente Ansätze für internationale        werken mit Drittstaatenbeteiligung
    Kooperationen. Kommunikation, die bis dato mit-

8
die agenda

             9
die agenda

                                  Österreich stellt sich den Herausforderungen des
                                  21. Jahrhunderts
                                  Vision 2020: Österreich ist eine erfolgreiche und                             schaftlerInnen sowie für Unternehmen attrak-
                                  international anerkannte Innovationsnation.                                   tiv. Die effiziente Verwertung von Forschungs-
                                  Exzellente Forschung und radikale Innovatio-                                  ergebnissen ermöglicht einen nachhaltigen so-
                                  nen sind die Basis für Österreichs führende Po-                               zialen, wirtschaftlichen und ökologischen Fort-
                                  sition. Ganzheitliches Denken und eine gelun-                                 schritt, der auch von einem Verantwortungsbe-
                                  gene Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirt-                                 wusstsein für die Lebensbedingungen kommen-
                                  schaft, Gesellschaft und Politik bilden die Kern-                             der Generationen getragen wird. Bildungs-, For-
                                  elemente einer neuen Kultur der Offenheit, Fle-                               schungs-, Technologie- und Innovationspolitik
                                  xibilität und Kreativität. Das ist die Grundlage                              sind die zentralen Politikfelder. Im Mittelpunkt
                                  für die Schaffung neuen Wissens. Innovations-                                 dieser Politik steht der Mensch. Das macht
                                  fördernde Rahmenbedingungen und Struktu-                                      Österreich zu einer dynamischen, wissensba-
                                  ren machen Forschung und Entwicklung in                                       sierten Gesellschaft an vorderer Stelle im globa-
                                  Österreich für in- und ausländische Wissen-                                   len Wettbewerb.

                                  Forschung, Technologie und Innovation (FTI) sind                              schaftlicher Ziele. In der Lissabon-Strategie haben
                                  die Voraussetzung, um in Zukunft wissenschaftli-                              die Staats- und Regierungschefs Europas festge-
                                  che, wirtschaftliche, technische, soziale, ökologi-                           halten, dass Forschung, Technologie und Innova-
                                  sche und kulturelle Fortschritte zu erzielen, da-                             tion Voraussetzungen für Wachstum und Beschäf-
                                  durch hochqualitative Arbeitsplätze zu schaffen                               tigung in Europa sind: Forschung steigert nicht nur
                                  und so Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und                               die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, sie sichert
                                  Wohlstand zu sichern. Das Ziel, in die Gruppe der                             auch dessen Wohlstand, ermöglicht soziale Teilha-
                                  „Innovation Leaders“ aufzusteigen, ist also kein                              be und hilft bei der Lösung gesellschaftlicher Pro-
                                  Selbstzweck, sondern dient der Erreichung gesell-                             bleme.

                                                                                                                                               2,57 %     2,66 %
                              40.000                                                                                     2,47 %     2,46 %                           4.200
                                                                                                    2,26 %      2,26 %
                                                                            2,07 %        2,14 %
      Abbildung 1:                                      1,90 %    1,94 %                                                                                    4,69
                              35.000       1,78 %                                                                                               4,47                 4.100
                                                                                                                                     4,22
                                            F&E Qoute                                                                     3,84

                                                                                                                                                                              Anzahl der Beschäftigten (in Tausend)
  Entwicklung des                                                                                                3,49
                                                                                                     3,28                                                            4.000
                              30.000       „Output-Quote“*                                 3,09
  BIP pro Kopf, der                                                          2,70
                                                       2,28        2,48
                                           2,10                                                                                                                      3.900
Beschäftigung, des            25.000
durchschnittlichen                                                                                                                                                   3.800
                              20.000
                       Euro

   Bruttojahresein-                                                                                                                                                  3.700
kommens, der F&E              15.000
                                                                                                                                                                     3.600
Finanzierung durch
                              10.000
                                                                                                                                                                     3.500
     Unternehmen
 inklusive Ausland             5.000                                                                                                                                 3.400

und der F&E-Quote                    0                                                                                                                               3.300
                                             1998         1999    2000       2001         2002       2003        2004     2005       2006       2007       2008
                                                   BIP pro Kopf   Bruttojahreseinkommen       Anzahl der Beschäftigten   Unternehmen und Ausland (in Mrd. Euro)
                      Quelle: Statistik Austria1                                                                                  * „Output-Quote“ gemäß Erläuterung in der Agenda
                                 1
                                   Das Bruttojahreseinkommen ist das durchschnittliche (arithmetisches Mittel) Bruttojahreseinkommen unselb-
                                 ständig Erwerbstätiger (ohne Lehrlinge) aus den Lohnsteuerdaten, Dezember 2009; das nominelle BIP pro Kopf
                                 ist aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, Juli 2009; die Anzahl der Beschäftigten beinhaltet alle Er-
                                 werbstätigen (15 Jahre und älter) nach dem Labour-Force-Konzept aus der Arbeitsmarktstatistik, Juni 2009; die
                                 F&E-Quote stammt aus der Globalschätzung der Forschungsausgaben, Mai 2009, F&E Finanzierung durch Unter-
                                 nehmen und Ausland, Globalschätzung 2009.

      10
die agenda

Ziel einer umfassenden strategischen FTI-Politik        ] Anteil der Umsätze mit Marktneuheiten2
muss es daher sein, die Wettbewerbsfähigkeit der        ] Anteil der Umsätze mit Firmenneuheiten2
Wirtschaft und nachhaltiges Wirtschaften zu unter-      ] Anteil der HighTech-Exporte2
stützen. Auf diesem Fundament können die wirt-          andererseits.
schaftliche Entwicklung, Beschäftigung und Wohl-        Basis für die erfolgreiche Forschung in der Wirt-
stand vorangetrieben werden. Dabei sind die Zu-         schaft sind ausgezeichnete Grundlagenforschung
sammenhänge zwischen Input und Output kom-              mit ausreichend finanzierten Forschungseinrich-
plex und verlangen, dass sowohl Input- als auch         tungen sowie die angewandte Forschung mit den
in Zukunft verstärkt Outputgrößen in das wirt-          geeigneten Forschungs- und Förderungsstruktu-
schaftspolitische Kalkül einbezogen werden. Für         ren. In diesem Forschungsgefüge ist ein effizien-
die Realisierung der ambitionierten Vision ist so-      ter Wissenstransfer einzufordern. Die Finanzie-
wohl ein ausreichender Mittelinput als auch ein ef-     rung der genannten Forschungssektoren hat ins-
fizientes Forschungs-, Technologie- und Innovati-       besondere in Österreich als rohstoffarmem Hoch-
onssystem eine unabdingbare Voraussetzung. Auf          lohnland eine ausschlaggebende Bedeutung.
der Suche nach einer Hilfsgröße als Maß für den         Dennoch schöpfte eine Politik, die sich lediglich
Output bieten sich als wichtige Indikatoren die mit     auf Forschung, Technologie und Innovation kon-
der Forschung der Wirtschaft erreichten Entwick-        zentriert, vorhandenes Potenzial nur unzureichend
lungsergebnisse an. Diese Entwicklungsergebnis-         aus. Es geht um die gemeinsame Entwicklung der
se wiederum sind eine Funktion der Forschungs-          Bereiche Forschung, Innovation und (Aus-)Bil-
aufwendungen in der Wirtschaft.                         dung, um die Entwicklungsmöglichkeiten der
Zu berücksichtigen ist dabei der zeitliche Versatz      Volkswirtschaft zu verbessern. Im Dezember 2008
zwischen getätigten Aufwendungen und messba-            wurde auf EU-Ebene als Teil des Ljubljana-Prozes-
ren Ergebnissen. Dieser zeitliche Versatz hängt         ses die „Vision 2020 für den Europäischen For-
von der jeweiligen Struktur der Wirtschaft ab und       schungsraum“3 verabschiedet. Sie schlägt explizit
kann mittelfristig als stabil angesehen werden.         vor, dass eine Modernisierung der Systeme im
Zur Vertiefung der erweiterten Zusammenhänge            Bereich Forschung mit der Modernisierung der
fordert der Rat die Wissenschaft einerseits und         Bildungs- und Innovationssysteme einhergehen
die Statistik Austria andererseits auf – gemeinsam      muss, und fordert, auf allen Ebenen mit Unterstüt-
mit dem Rat – Zusammenhänge nachzuweisen,               zung geeigneter europäischer Mechanismen eine
zwischen Aufwand einerseits und                         starke Interaktion zwischen den Bereichen Bil-
] Umsatz-, Ergebnis- und Beschäftigungsent-             dung, Forschung und Innovation („Wissensdrei-
wicklung                                                eck“) zu fördern.
] BIP pro Kopf-Entwicklung

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Lösung
gesellschaftlicher Herausforderungen
Forschung, Technologie und Innovation verän-            wirkungen und Risiken mit der gleichen Vehe-
dern das Leben jedes und jeder Einzelnen ohne           menz verbreitet hätte. Diese Bereiche sind für wei-
dass sich das Wissen über die in diesen Bereichen       te Teile der Bevölkerung „Black Boxes“, und es ist
ablaufenden Prozesse und Entwicklungen, Folge-          keineswegs für alle BürgerInnen einsichtig, warum
                                                        man hier massiv investieren sollte.                 >
2
 Vgl. EIS (European Innovation Scoreboard) 2007
3
 Europäischer Rat (2008): Vision 2020 für den Europäischen Forschungsraum.
„Unter angemessener Beteiligung der einschlägigen Akteure entwickeln die staatlichen Behörden auf allen Ebe-
nen gemeinsame Forschungs- und Innovationspolitiken und -programme, wo dies geboten ist, um ihre Effizienz
und Wirksamkeit sowie den Zusatznutzen für Gesellschaft und Wirtschaft zu optimieren.“ Vgl. Europäische
Kommission (2006): Communication from the Commission to the Council and the European Parliament deli-
vering on the modernisation agenda for universities: education, research and innovation, Brüssel.

                                                                                                                11
die agenda

                                           Die Ratsversammlung sowie die meisten namhaf-                                argumentation für Investitionen in diesem Bereich
                                           ten ExpertInnen sind von den grundsätzlich posi-                             gezählt wird (vgl. Strategieelement FTI-Mittel In-
                                           tiven Wirkungen von Forschung, Technologie und                               put/Output), ist der Lösungsbeitrag von Forschung
                                           Innovation überzeugt, wenn sie mit entsprechen-                              und Innovation für die anstehenden gesellschaft-
                                           dem Ethos und kritischer Reflexion entwickelt,                               lichen Herausforderungen kaum systematisch aus-
                                           öffentlich diskutiert und eingesetzt werden (vgl.                            geschöpft worden. Hier liegt noch großes Poten-
                                           Strategieelement „Gesellschaft“). Vor allem die                              zial, das allerdings nur mit einem holistischen Po-
                                           Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit – und da-                             litikansatz entwickelt werden kann (vgl. Strategie-
                                           mit auf Wachstum und Beschäftigung – und der                                 element „Governance“). Technologische Neue-
                                           Beitrag zur Lösung der großen gesellschaftlichen                             rungen allein können die anstehenden Probleme
                                           Herausforderungen (Klimawandel, Rohstoffknapp-                               jedoch nicht lösen. Zusätzlich bedarf es auch ei-
                                           heit, Biodiversität, Abfallprobleme, alternde Be-                            ner stärkeren Auseinandersetzung mit sozialen In-
                                           völkerung etc.) werden als wesentlich empfun-                                novationen.
                                           den. Während der erste Punkt zur Standard-

         Abbildung 2:
                                           Verbesserungen auf breiter Front /
       Entwicklungs-
                                           bestehende Schwachstellen
          dynamik der
                                           In Bezug auf die F&E-Ausgaben zählt Österreich                               durch zahlreiche internationale Vergleiche be-
       F&E-Quote im                        zu jenen Ländern in der EU, die sich am dyna-                                legt. So weist etwa der zusammenfassende Sum-
     internationalen                       mischsten entwickeln. Dieser beispielhafte Auf-                              mary Innovation Index (SII) des Europäischen In-
              Vergleich                    holprozess, den das österreichische FTI-System                               novationsanzeigers 2008 [European Innovation
                                           in den letzten Jahren durchlaufen hat, wird                                  Scoreboard (EIS)]4 Österreich den 6. Platz im

                                           4,50

                                           4,00
                   Austria                                                                                                                                                      SE
                                           3,50
                   Germany

                   Sweden                  3,00                                                                                                                       CH
                                                                                                                                                                      USA                 AT
                   Switzerland                                                                                                                                               DE
                                           2,50
                   USA                                                                                                                                                     OECD
                                           2,00
                   Total OECD                                                                                                                                              EU-15
                                                                                                                                                                           EU-27
                   EU-27                   1,50                                                                                                                                      CN

                   EU-15                   1,00

                   China
                                           0,50

                                           0,00
                                                  1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 19891990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
Quelle: OECD, Main Science and Technology Indicators, 2008

                                           4
                                            European Innovation Scoreboard 2008: Comparative Analysis of Innovation Performance.
                                           Mit dem EIS wurde eine indikatorbasierte Grundlage zur Beurteilung der Entwicklung im Bereich Forschung,
                                           Technologieentwicklung und Innovation etabliert. Der EIS analysiert 25 Einzelindikatoren, die zu fünf Gruppen
                                           zusammengefasst sind und den „Innovation Input“ sowie den „Innovation Output“ umfassen.

         12
die agenda

Ranking der EU-27 zu. Damit befindet sich Öster-          reichen. Im Bereich der Forschungsquote hat
reich im internationalen Vergleich mit Ländern            Österreich den EU-Durchschnitt bereits in den
wie Frankreich, Irland, Belgien und den Nieder-           letzten Jahren deutlich übertroffen. 2009 lag die-
landen unter den „Innovation Followers“, also             se bei 2,73 Prozent des BIP 6 und damit im EU-
der Gruppe hinter den führenden Innovations-              Vergleich hinter Schweden, Finnland, Deutsch-
nationen („Innovation Leaders“). Bei 13 der 25            land und Dänemark an fünfter Stelle (vgl Abb. 2).
Indikatoren des SII liegt Österreich sogar über           Die deutlichsten Rückstände weist Österreich in
dem EU-Schnitt.                                           den Kategorien „Humankapital“, „Verfügbarkeit
Vor allem die Dynamik der Innovationsentwick-             von Risikokapital“ und „Radikale Innovationen“
lung ist in Österreich in Relation zu den Wettbe-         (Umsatzanteil mit Marktneuheiten) auf. Diese
werbern in den Gruppen der „Innovation Follo-             Rückstände sind schon länger bekannt – ein im
wers“ und der „Innovation Leaders“ überdurch-             europäischen Vergleich signifikanter Aufholpro-
schnittlich: Österreich ist heute nach Irland das         zess ist allerdings nicht zu beobachten. Diese Ent-
Land mit der größten Entwicklungsdynamik.5                wicklung weist darauf hin, dass genau jene Fak-
Damit gehört Österreich zu jenen Ländern in               toren, die für den Sprung an die technologische
der EU, die eine realistische Chance haben, die           Spitze wichtig sind (Risikokapital, Humankapital,
im Barcelona- bzw. Lissabon-Prozess vorgege-              radikale Innovationen) in Österreich noch nicht
benen Zielmarken auf nationaler Ebene zu er-              ausreichend etabliert sind.7

Innovation Follower oder Innovation Leader?
Eine Schieflage zwischen Innovationsinput und             nance“). Der Schritt in Richtung „Innovation Lea-
-output ist nur ein Hinweis auf die wohl größte           der“ und die dazu notwendigen Maßnahmen (z. B.
Herausforderung, die Österreich zu bewältigen             im Bildungs-, Förder- und Politiksystem) würden
hat: den Schritt vom „Innovation Follower“ zum            die österreichischen Optionen sowohl im Hin-
„Innovation Leader“ oder von einem Land in                blick auf die Erhaltung der Wettbewerbwerbs-
einem Aufholprozess zu einem Land, das nahe der           fähigkeit als auch bei der Realisierung gesellschaft-
technologischen Grenze produziert, also ein               licher Ziele deutlich erweitern. Gerade die teil-
„Frontrunner“ ist. Dieser Entwicklungsschritt steht       weise schon vorhandene Spitzenposition Öster-
schon lange an: Bereits im Expertenentwurf für ein        reichs bei Fragen der ökologischen, sozialen und
technologiepolitisches Konzept der Bundesregie-           ökonomischen Nachhaltigkeit könnte die Basis
rung im Jahr 1996 wurde festgehalten, dass die            für eine internationale Führungsrolle bilden.
Erträge einer imitativen Strategie – die einem            Je näher man zur Spitze (d. h. zur Grenze techno-
„Innovation Follower“ bzw. einem Land in der              logischer, ökonomischer und sozialer Innovatio-
Aufholphase entsprechen – weitgehend ausge-               nen) kommt, desto weniger greifen die bisher ge-
schöpft sind. Die Änderungen seither und auch die         setzten Maßnahmen und die verwendeten Instru-
starken Anstrengungen zur Erreichung des 3-Pro-           mente. Diese waren geeignet, um aufzuschließen,
zent-Ziels haben die Strukturen in Österreich nicht       versagen aber, wenn es darum geht, zu überholen
ausreichend verändert, sodass die Aufgabe eines           oder forschungspolitisch visionär zu agieren. Die-
grundlegenden Wandels in der Ausrichtung der              ser empirisch gut abgesicherte Zusammenhang –
Forschungs-, Technologie-, Innovations- und Bil-          dass wirtschaftspolitische Maßnahmen unter-
dungspolitik bleibt (vgl. Strategieelement „Gover-        schiedliche Erträge in Abhängigkeit vom Entwick- >

5
  Vgl. Cunningham, P. (2009): Science Policy and Evaluation: The Irish perspective. Präsentation auf dem 2. Eva-
luierungstag am 23. März 2009, Wien.
6
  Vgl. Statistik Austria, Globalschätzung 2009.
7
  European Innovation Scoreboard 2008: Comparative Analysis of Innovation Performance, S. 25 f.

                                                                                                                   13
die agenda

     lungsniveau eines Landes bringen – schafft gerade     gen legen nahe, dass man sich weiterentwickeln,
     für wirtschaftspolitische EntscheidungsträgerIn-      eigenständige und zunehmend radikale Innovatio-
     nen eine schwierige Situation, stellt sich für sie    nen entwickeln muss, damit man zu den Gestalte-
     doch die Frage, warum man das bestehende Instru-      rInnen und nicht zu den Getriebenen gehört. Da-
     mentarium modifizieren soll, wenn es doch im          mit einher geht auch die Notwendigkeit, einen
     Großen und Ganzen funktioniert hat bzw. schein-       Teil der eingesetzten Mittel für Forschung, Techno-
     bar noch funktioniert.                                logie und Innovationen als „Spielkapital“ zur Ver-
     Erleichtert mag eine Neuorientierung vielleicht       fügung zu stellen, um riskante Bottom-up-Ansätze
     durch die zunehmenden gesellschaftlichen (natio-      zu verfolgen, die aufgrund ihrer Neuartigkeit im ge-
     nalen und globalen) Probleme sowie durch die          genwärtigen Fördersystem keine Unterstützung
     Konkurrenz aus der unmittelbaren Nachbarschaft        finden würden. Damit können nicht nur – im Er-
     oder durch den global zunehmenden Wettbe-             folgsfall – neuartige Lösungen entwickelt, sondern
     werbsdruck auch bei anspruchsvollen Produkten         auch bestehende Verkrustungen aufgebrochen
     und Dienstleistungen werden. Diese Entwicklun-        werden (vgl. Strategieelement „Instrumente“).

     Notwendige Politikansätze für ein erfolgreiches Arbeiten an der
     Grenze technologischer, ökonomischer und sozialer Innovationen
     Je näher ein Land an der Grenze technologischer,      schung unterstützt und verstärkt Innovation gera-
     ökonomischer und sozialer Innovationen agiert,        de bei Unternehmen, die eigenständige Innova-
     desto mehr Mittel muss es in Forschung und gut        tionsleistungen hervorbringen wollen. Die Rolle
     ausgebaute wissenschaftliche Infrastrukturen (vgl.    der öffentlichen Hand im Kontext der Finanzie-
     Strategieelement „Infrastruktur“) investieren. For-   rung von Grundlagenforschung ist dabei zentral:

14
die agenda

In Österreich – wie auch in den meisten anderen        chen Problemen vor dem Hintergrund einer nach-
OECD-Ländern – wird diese hauptsächlich durch          haltigen Entwicklung interessiert sind, kaum zu
öffentliche Mittel finanziert.                         anderen Schlussfolgerungen kommen können. Bei
Mit zunehmendem Entwicklungsstand gewinnen             einer Frontrunner-Strategie kommen noch andere
die tertiäre Ausbildung sowie lebenslanges Ler-        Politikbereiche (Regulierung, makroökonomische
nen überproportional an Bedeutung. Mehr und            Steuerung, öffentliche Beschaffung, Normung,
besser ausgebildete Arbeitskräfte sind das Rückgrat    Wettbewerbspolitik etc.) dazu, die ausgesprochen
einer Wirtschaft, die zu den „Innovation Leaders“      komplexe Management- und Steuerungsaufgaben
aufschließen will. Hier geht es sowohl um die          verlangen (vgl. Strategieelemente „Schwerpunk-
Kapazitäten im Bildungssystem als auch um die          te“, „Governance“, „Instrumente“). Hier gilt es
Entwicklung des Potenzials der in Österreich           auch die Strategie- und Umsetzungskompetenz
lebenden Bevölkerung. Gerade in diesem Bereich         deutlich zu verbessern.
– gemessen am ausgesprochen niedrigen Bevöl-           Die Unterstützung von Unternehmen und wissen-
kerungsanteil mit tertiären Abschlüssen – ist die      schaftlichen Einrichtungen erfordert denn auch
österreichische Position und Entwicklung beunru-       eine deutliche Erweiterung der eingesetzten Instru-
higend (vgl. Strategieelement „Menschen“).             mente. Die bisherige Politikgestaltung erschöpfte
Die Gestaltung des Wissenschafts- und Bildungs-        sich zumeist in der Einführung von neuen Pro-
systems ist ja, wie man in Österreich ausreichend      grammen, die noch dazu wenig aufeinander abge-
erfahren hat, ein herausfordernder Prozess. Eine       stimmt waren. Für ein effizienteres System gilt es
Strategie, die den Anschluss an die „Innovation        im Förderbereich ein ausgewogenes Verhältnis
Leaders“ vorsieht, muss allerdings auch zu einer       zwischen Schwerpunkten und themenoffenen
integrierten Planung und Entwicklung von Bildung,      Programmen zu finden (vgl. Strategieelemente
Forschung und Innovation kommen („Triangle             „Schwerpunkte“, „Governance“, „Instrumente“)
Policies“). Was wie eine geradezu verwegene For-       und die horizontale Koordination mit anderen
derung aussieht, kann aber durchaus Momentum           Politikbereichen herzustellen. Damit soll es mög-
in einige festgefahrene Diskussionen bringen. Bei      lich sein, holistische Maßnahmenbündel zu schnü-
einer gemeinsamen Betrachtung dieser Politikfel-       ren und die Programmfixierung aufzuheben.
der wird klar, dass es ohne mehr und besser aus-       Jedoch darf dieser Politikansatz nicht auf Bundes-
gebildete Menschen in einem stabilen sozialen          ebene haltmachen; vielmehr sind auch die Verbin-
Kontext keine wirklich dauerhaften Fortschritte        dungen zur EU, zu den umliegenden Ländern und
geben kann und dass jene Beteiligten, die an der       weniger entwickelten Ländern zu intensivieren
langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft,     (vgl. Strategieelement „Internationales“). Last, but
an neuen Arbeitsplätzen, an der Sicherung der So-      not least, ist auch eine optimierte Abstimmung
zialsysteme und an der Lösung von gesellschaftli-      mit den Aktivitäten der Bundesländer wichtig.

Von effizienten Institutionen zu einem effizienten System
Österreich wusste lange Zeit nicht recht, wie man      eines Forschungskonzepts ein eklatanter Mangel
mit den Themen Forschung, Technologie und              an Budgetmitteln für FTI zu identifizieren sei:
Innovation umgehen sollte. Die OECD hat Ende           Noch 1970 betrug die heimische Forschungsquo-
der 1960er Jahre in ihrer Länderprüfung festgehal-     te lediglich 0,6 Prozent des BIP.8 Bereits 1967 er-
ten, dass neben einem unterentwickelten For-           folgte die Einrichtung des Bundesministeriums
schungsbewusstsein, kaum ausgeprägter Koor-            für Wissenschaft und Forschung (BMWF) und die
dinierung der FTI-Aktivitäten und dem Fehlen           Gründung des Fonds zur Förderung der wissen- >

8
    OECD (1971): Wissenschaftspolitik in Österreich.

                                                                                                              15
die agenda

     schaftlichen Forschung (FWF) und des For-                 dierten Beratung der österreichischen Bundesre-
     schungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirt-          gierung in allen strategischen Fragen der For-
     schaft (FFF).9                                            schungs-, Technologie- und Innovationspolitik.
     Die Fonds bildeten denn auch in den folgenden             Ziel seiner Arbeit ist es, einen Beitrag zu einer
     Jahrzehnten das Rückgrat der österreichischen             zukunftsorientierten FTI-Politik auch im Sinne
     Wissenschafts- und Technologieförderung. Ihr              einer nachhaltigen gesellschaftlichen und wirt-
     beinahe exklusiver Fokus auf ihr Kerngeschäft             schaftlichen Entwicklung zu leisten. Dieser Auf-
     und die trotzdem auftauchenden neuen Heraus-              gabe ist er mit dem Nationalen Forschungs- und
     forderungen führten jedoch zur Gründung weite-            Innovationsplan (NAFIP) und der Strategie 2010
     rer Institutionen, nicht aber zu Steuerungs- und          nachgekommen. Obwohl von Letzterer rund drei
     Koordinierungsstrukturen, die der zunehmenden             Viertel der Vorschläge umgesetzt wurden, war
     Komplexität Rechnung getragen hätten. Die wie-            dieser Prozess alles andere als „linear“, sodass
     derholten Versuche, Strategien zu entwickeln,             noch eine Reihe von Aufgaben zur Verbesserung
     blieben denn auch Stückwerk – keines dieser               der Governance offen sind (vgl. Strategieelement
     Konzepte schaffte es in die Politiksphäre und da-         „Governance“).
     mit in die Umsetzung.                                     Die vorliegende Strategie 2020, die gerade ab-
     Mit der Einsetzung des Rates für Forschung und            geschlossene Systemevaluierung und der For-
     Technologieentwicklung im Jahr 2000 wurde ein             schungsdialog bilden eine ausreichende Grund-
     neues strategiepolitisches Gremium etabliert und          lage für die Entwicklung von Strategien auf Re-
     die Bemühungen in Richtung langfristiger strate-          gierungsebene. Um das zu erreichen, ist politi-
     gischer Überlegungen für das nationale FTI-Sys-           sches Leadership gefragt. Andernfalls wird der
     tem intensiviert. Die Hauptaufgabe des Rates liegt        Umsetzungsprozess erratisch bleiben und sub-
     in der systematischen, unabhängigen und fun-              optimale Effekte erzielen.

     9
      Vgl. dazu die detaillierte Darstellung von Pichler, R. / Stampfer, M. / Hofer, R. (2007): Forschung, Geld und
     Politik: Die staatliche Forschungsförderung in Österreich 1945–2005, Innsbruck-Wien-Bozen, Studien Verlag.

16
prinzipien und strategieelemente

                                   17
prinzipien und strategieelemente

     Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bedeu-       programmen sowie beim Einsatz der vorhande-
     tet eine radikale Veränderung der Rahmenbedin-          nen Mittel.
     gungen, die bisher für die Entwicklung des FTI-         Aufgabe der politischen EntscheidungsträgerIn-
     Systems vorausgesetzt wurden. Da die augenblick-        nen ist es, Bildungs-, Forschungs-, Technologie-
     liche Krise keine konjunkturelle, sondern eine          und Innovationspolitik deutlich zu priorisieren
     weltweit strukturelle ist, kann davon ausgegan-         und eine mittelfristige Planungssicherheit in
     gen werden, dass nach der Krise wenig so sein           Bezug auf die Verfügbarkeit budgetärer Mittel her-
     wird, wie es vorher war. Die Auswirkungen wer-          zustellen.
     den bei den Angebots-, Produktions- und Nachfra-
     gestrukturen der meisten Wirtschaftsbereiche            In der Formulierung der Strategie 2020 geht der
     spürbar sein. Für die strategischen Vorschläge und      Rat von folgenden handlungsleitenden Prinzipien
     Empfehlungen bedeutet die Unsicherheit in Bezug         aus:
     auf die Rahmenbedingungen eine notwendige               ] Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Relevanz
     Priorisierung jener Maßnahmen, die den FTI-Stand-       sind übergeordnete Motive für die Forschung,
     ort Österreich im globalen Wettbewerb am stärk-         Technologie und Innovation.
     sten positionieren. Dabei sind insbesondere Maß-        ] Bildung, Aus- und Weiterbildung der Menschen
     nahmen im Bereich der Bildung und Höherqua-             sind das wesentliche Kapital der wissensbasier-
     lifizierung der Menschen, im Bereich systemati-         ten Gesellschaft.
     scher Schwerpunktsetzungen sowie im Bereich             ] Bildung, Forschung und Innovation bilden eine
     entsprechender Ressourcen angesprochen, ver-            untrennbare Einheit. Dieses „Wissensdreieck“
     bunden durch die Interventionsinstrumente der           muss politisch mit hoher Priorität verfolgt und
     öffentlichen Hand und deren Governance.                 organisiert werden.
     Die der Krise innewohnende Notwendigkeit,               ] Die Vergabe von Mitteln soll nach Maßgabe der
     grundlegende Richtungskorrekturen vorzuneh-             Möglichkeiten im Wettbewerb erfolgen. Eine ange-
     men, wird noch durch die Notwendigkeit zu kür-          messene Finanzierung von Instrumenten für völlig
     zeren Reaktionszeiten verstärkt. Aus diesem Grund       neue, unkonventionelle, hochinnovative und/oder
     werden im gesamten Strategiedokument kurz-              riskante Ideen und Projekte in der Bottom-Up-För-
     ( 2010), mittel- ( 2013) und langfristige ( 2020)       derung muss jedoch sicher gestellt werden
     Empfehlungen unterschieden und entsprechend             ] Es gilt sich auf seine Potenziale und Stärken zu
     gekennzeichnet. Daraus folgt, dass die jeweils be-      fokussieren; Bereiche mit schwacher Entwicklung
     troffenen Teile der FTI-Strategie 2020 in regelmä-      sollen kritisch evaluiert und überdacht werden.
     ßigen Abständen an den Rahmenbedingungen ge-            ] Neue Strukturen und neue Themen sollen nur
     prüft und bei Bedarf rollierend überarbeitet wer-       eröffnet werden, wenn darin mittelfristig eine
     den müssen.                                             „Spitzenstellung“ (Exzellenz) erreichbar ist, die
     Die zeitliche Dimensionierung steht in keinem           Erschließung eines überdurchschnittlichen Markt-
     Zusammenhang mit Prognosen über die Dauer               potenzials erwartet werden kann und/oder ein
     der Krise, die seriös nicht machbar sind. Sowohl        wichtiger gesellschaftlicher Bedarf gegeben ist.
     der Zeithorizont bis 2020 als auch die weltweite        ] Eine global vernetzte Welt verlangt nach natio-
     Wirtschaftskrise verbieten langfristige Prognosen       nal definierten Internationalisierungsstrategien.
     darüber, welche Länder in zehn Jahren unter den         ] Die Flexibilisierung der Strukturen ist notwen-
     führenden Innovationsnationen sein werden, weil         dig, um in einer globalisierten Welt rasch und effi-
     das nicht von ihrer bisherigen Strategie abhängig       zient reagieren zu können.
     ist, sondern von der Strategie, die sie jetzt und für   ] Transparenz und Partizipation sind Maximen
     die Zukunft wählen werden. Daher bedarf es              der Politikgestaltung, die die Verantwortung ge-
     einer ständigen Strategiebeobachtung, stetiger          genüber der Gesellschaft reflektieren.
     Kommunikation und damit höchstmöglicher Fle-
     xibilität bei der Gestaltung der Rahmenbedingun-        Die Strategie 2020 orientiert sich an diesen Grund-
     gen, der Konzeption von Forschungsförderungs-           gedanken und Leitprinzipien. Sie basiert allerdings

18
prinzipien und strategieelemente

auch auf einem soliden Fundament aus grundle-        „Menschen“ & „Gesellschaft“
genden Analysen des Status quo. Die Auswahl an       Forschung in Österreich definiert sich durch die
Strategieelementen dient der Strukturierung der      Menschen, die sie leisten. Jedes monetäre Ziel
Diskussion. Folgende acht Strategieelemente wur-     der strategischen Politikgestaltung muss sich an
den, basierend auf einer Vielzahl an Studien und     der Verfügbarkeit von qualifiziertem Humanka-
Analysen, identifiziert:                             pital bzw. von kreativen und engagierten Men-
                                                     schen ausrichten. Aus diesem Grund sind Maß-
1. Menschen                                          nahmen im Bereich der Humanressourcen und
2. Gesellschaft                                      des Verhältnisses von Wissenschaft und Gesell-
3. Input/Output                                      schaft von zentraler Bedeutung für das österreichi-
4. Schwerpunkte                                      sche FTI-System. Die beiden Strategieelemente
5. Infrastruktur                                     „Menschen“ und „Gesellschaft“ befassen sich mit
6. Instrumente                                       der strategischen Planung der Humanressourcen-
7. Governance                                        entwicklung bzw. den entsprechenden Rahmen-
8. Internationalisierung                             bedingungen auch im Zusammenhang mit dem
                                                     Dialog von Wissenschaft, Forschung, Technolo-
Jedes Strategieelement wurde auf Basis einer         gie, Innovation und Öffentlichkeit.
grundlegenden Faktensammlung, der Identifika-
tion von zusätzlichem Informations- und Hand-        „Input/Output“
lungsbedarf sowie daraus resultierenden Entschei-    Österreich hat als eines von wenigen EU-Ländern
dungen über notwendige weitere Schritte wie          eine realistische Chance, das 3-Prozent-Ziel der
weiterführende Analysen, Studien oder Work-          Lissabon-Strategie zu erreichen. Dies könnte in
shops etc. erarbeitet. Entsprechend haben diver-     der derzeitigen wirtschaftlichen Gesamtsituation
se Studienpräsentationen, Workshops und Diskus-      jedoch einige Jahre länger dauern als bisher ange-
sionen stattgefunden, aus denen wichtige Inputs      nommen. Die Rahmenbedingungen für die weite-
für strategische Leitlinien und Empfehlungen         re Entwicklung sind einer genauen Analyse zu
abgeleitet wurden. Schließlich wurden auch           unterziehen. Die Erhebung und Auswertung von
bestehende Strategiedokumente ebenso wie die         finanziellen F&E-Daten ist Voraussetzung und
Ergebnisse des Forschungsdialogs und der Sys-        Ausgangsbasis für strategische Empfehlungen in
temevaluierung in die Ausarbeitung von Vor-          dieser Hinsicht. Auch die Bewertung der Auswir-
schlägen und Empfehlungen für die strategische       kungen der Ausgaben auf Wirtschaftswachstum
Orientierung bis 2020 einbezogen.                    und Produktivität sowie ihre Steigerung sind in
Der zentrale Punkt jeglicher Aktivität im FTI-Sys-   diesem Kontext relevant.
tem ist der Mensch. In Abhängigkeit vom For-
schungsinhalt werden in Art und Umfang unter-        „Schwerpunkte“
schiedliche Ressourcen benötigt. Durch das Set-      Die systematische Identifikation von Schwer-
zen struktureller und thematischer Schwerpunk-       punktthemen und Zukunftsfeldern der öster-
te werden strategische Ziele verfolgt. Ein adäqua-   reichischen Forschungslandschaft muss an Be-
ter Instrumenteneinsatz, aufbauend auf einer effi-   deutung zunehmen. Ziel des Strategieelements
zienten Steuerung durch die Governance, sorgt        ist es, Methoden und Wege für eine holistische
für das Gelingen des Zusammenspiels von Men-         Schwerpunktsetzung aufzuzeigen, um wissen-
schen, Ressourcen und Schwerpunkten. Die drit-       schaftliche und technologische Stärkefelder in
te Dimension unterscheidet die regionale, natio-     Österreich weiter auszubauen und zu Spitzen-
nale und internationale Ebene. Die ersten beiden     stellungen im internationalen Wettbewerb zu
Ebenen werden gemeinsam in den einzelnen Stra-       führen. Darüber hinaus sollen in gesellschaftlich
tegieelementen berücksichtigt, die internationale    wichtigen Fragestellungen gezielt FTI-Aktivitäten
Ebene wird aufgrund ihrer zunehmenden Bedeu-         stimuliert werden, um nachhaltige Lösungsan-
tung in einem eigenen Element behandelt.             sätze zu erarbeiten.                              >

                                                                                                           19
prinzipien und strategieelemente

     „Infrastruktur“                                      die gute Positionierung Österreichs weiterhin zu
     Das österreichische Innovationssystem braucht        gewährleisten, müssen strukturelle Defizite sys-
     als wesentliche Grundlage für sein effizientes und   tematisch beseitigt werden. Unter Berücksichti-
     effektives Funktionieren eine sowohl quantitativ     gung der Ergebnisse der Systemevaluierung wid-
     als auch qualitativ hinreichende Ausstattung an      men sich die Strategieelemente „Governance“
     Forschungsinfrastrukturen, sei es im eigenen Land    und „Instrumente“ den Strukturanforderungen
     oder auch durch entsprechenden Zugang zu             bezüglich der Aufbau- und Ablauforganisation des
     internationalen Einrichtungen. Ausgehend von         FTI-Systems sowie notwendiger Maßnahmen und
     einer umfangreichen Erfassung der Ist-Situation      Adaptierungen im förderpolitischen Instrumen-
     und einer Abschätzung der Bedarfsentwicklung         tenmix für das Jahr 2020.
     bis 2020 werden im Strategieelement „Infrastruk-
     tur“ die Anforderungen dargelegt, um diese essen-    „Internationalisierung“
     zielle Voraussetzung für exzellente, international   Internationalisierung ist neben der Entwicklung
     anerkannte Forschungsleistungen in Österreich        von Humanressourcen, der monetären For-
     sicherzustellen.                                     schungsförderung und angemessenen strukturel-
                                                          len Rahmenbedingungen einer der strategischen
     „Instrumente“ & „Governance“                         Eckpfeiler, die den Bezugsrahmen österreichi-
     Strukturelle Weiterentwicklungen und Optimie-        scher FTI-Politik der nächsten Jahre bilden. Die
     rungen sind Grundvoraussetzungen auf dem Weg         Stärkung internationaler Mobilität, die Einbindung
     zur Steigerung der Attraktivität und Effizienz des   in internationale Netzwerke und die Entwicklung
     österreichischen FTI-Systems. Um im interna-         von Nachbarschaftsstrategien stehen dabei im
     tionalen Wettbewerb der forschenden Nationen         Vordergrund.

20
menschen

           21
menschen

     Status und Herausforderungen
     In wissensbasierten Ökonomien hängt die Zu-                 Entwicklung die Relation zwischen den aktiv Er-
     kunft eines Standorts von Qualifikationsniveau,             werbstätigen und den Personen im Ruhestand zu-
     Engagement, Kreativität und Motivation der Men-             nehmend verschiebt.10 Eine ständig steigende Pro-
     schen ab. Um sein Wohlstandsniveau zu halten                duktivität kann diese aufgehende Schere wieder
     und auszubauen, benötigt der Standort Österreich            schließen.11
     daher mehr besser qualifizierte, engagierte und             Österreich hat die Voraussetzungen, um die sich
     kreative Arbeitskräfte – und zwar sowohl mit ter-           daraus ergebenden Herausforderungen zu bewäl-
     tiärem Bildungsabschluss als auch hoch qualifizier-         tigen:
     te Facharbeitskräfte. Die Anforderungen steigen:            ] Das Potenzial an Qualifikation ist in Österreich
     Auf globalisierten Märkten wächst die Konkur-               nur in einem bescheidenen Ausmaß ausgenutzt.
     renz jener Länder, die im mittleren Technologie-            Ein verbesserter Zugang zu Bildung und auf den
     segment unter deutlich günstigeren Kostenver-               Einzelnen stärker zugeschnittene Bildungssysteme
     hältnissen anbieten können. Dies gilt insbesonde-           eröffnen hier noch beträchtliche Entwicklungs-
     re auch für die Länder in unmittelbarer Nachbar-            möglichkeiten.
     schaft. Österreichs strategische Antwort muss da-           ] Eine offene Einstellung zur Zuwanderung kann
     her der Spurwechsel von der Gruppe der „Inno-               die Qualifikationsbasis verbreitern und damit hel-
     vation Followers“ zu den „Innovation Leaders“               fen, sich abzeichnende Defizite bei qualifizierten
     bzw. „Frontrunners“ mit Produktionsstrukturen               Arbeitskräften zu entschärfen.
     an der technologischen Grenze und mit hoch                  ] Verstärkte Forschungs- und Innovationsaktivitä-
     entwickelter Produktivität sein. Diese Strategie            ten erhöhen die Produktivität, schaffen Arbeits-
     impliziert eine stetig steigende Nachfrage nach             plätze und tragen damit zur Erhaltung des Wohl-
     höheren Qualifikationen und lebenslangem Ler-               standes bei.
     nen. Dies gilt umso mehr, als die demografische

     Steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften
     Das Ansteigen der Nachfrage nach höher qualifi-             die Zahl der ForscherInnen pro 1.000 Erwerbs-
     zierten Personen ist schon seit den 90er Jahren             personen in der Europäischen Union bei 5,8, be-
     deutlich sichtbar. Von 1995 bis 2006 stieg der An-          trugen die Vergleichswerte in den USA 9,3 und in
     teil der AkademikerInnen an den Beschäftigten in            Japan 10,3.13 Innerhalb der Europäischen Union
     Österreich von 8,8 auf 13,2 Prozent. Der Anteil der         liegt Österreich mit derzeit 7,4 nicht im Spit-
     Beschäftigten mit höchstens einem Pflichtschulab-           zenfeld, könnte aber schon mittelfristig seine
     schluss sank in diesem Zeitraum von 22,7 auf 16,7           Kapazitäten auf 8 ForscherInnen pro 1.000 Er-
     Prozent.12 Studien belegen aber eine Schieflage in          werbspersonen ausbauen. Dieses Ziel korrespon-
     der Humanressourcenentwicklung in Europa im                 diert mit dem Ausgabenpfad zur Erreichung der
     Vergleich zu den USA und Japan: Lag im Jahr 2005            Forschungsquote von 3 Prozent des BIP.14

     10
        Biffl, G. (2006): Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation, Teilstudie 6:
     Bevölkerungsentwicklung und Migration, WIFO.
     11
        Fassmann, H. (2007): Wann kommt der „Knick“ des Arbeitskräfteangebots? Prognose der erwerbsfähigen Bevöl-
     kerung. In: Fassmann, H. (Hg.): 2. Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht 2001–2006. Rechtliche
     Rahmenbedingungen, demographische Entwicklungen, sozioökonomische Strukturen, Klagenfurt, S. 283–284.
     12
        Fritz, O. / Huemer, U. / Kratena, K. / Mahringer, H. / Prean, N. / Streicher, G. (2008): Mittelfristige Beschäfti-
     gungsprognose für Österreich und die Bundesländer, Berufliche und sektorale Veränderungen 2006–2012, WIFO.
     13
        OECD (2007): Main Science and Technology Indicators bzw. The „Human Factor“ in the field of innovation,
     Federation of Austrian Industry.
     14
        Vgl. Europäische Kommission (2004): Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas –
     Leitlinien für die Forschungsförderung der Europäischen Union.

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