Tätigkeitsbericht 2019 - Landwirtschaftskammer Oberösterreich - LK OÖ

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Tätigkeitsbericht 2019 - Landwirtschaftskammer Oberösterreich - LK OÖ
Tätigkeitsbericht 2019
Landwirtschaftskammer Oberösterreich
www.ooe.lko.at

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Tätigkeitsbericht 2019 - Landwirtschaftskammer Oberösterreich - LK OÖ
Inhaltsverzeichnis

            Vorwort ...................................................................................................................................................... 3

            Agrarpolitik: Bauernjahr 2019 .................................................................................................................... 4

            Vollversammlungen – Das Bauernparlament 2019 .................................................................................. 15
            Interessenvertretung ............................................................................................................................... 16

            Ausgleichszahlungen und Förderungen 2019 .......................................................................................... 20

            Bildung und Beratung: Beratungsförderung 2017–2021 ......................................................................... 22

            LFI – Ländliches Fortbildungsinstitut ....................................................................................................... 54

            LFA – Lehrlings- und Fachausbildungsstelle ............................................................................................ 57
            Betriebsberatung, LK Unternehmerservice ....................................................................................... 23, 24

            Arbeitskreise, Bauberatung ..................................................................................................................... 25

            Rechtsberatung ....................................................................................................................................... 31

            Lebensmittel und Erwerbskombination................................................................................................... 25

                          Urlaub am Bauernhof ................................................................................................................ 28
                          Biologischer Landbau, Landjugend ........................................................................................... 30

                          Bäuerinnen................................................................................................................................ 30
            Übersicht über die Produktionsbereiche:

                          Rinderhaltung, Fütterungsberatung .......................................................................................... 34

                          Mahl- und Mischgenossenschaften in Oberösterreich ............................................................. 36
                          Milchleistungsprüfung ...............................................................................................................36

                          Schlachtkörperklassifizierung.....................................................................................................37
                          Schweinehaltung ...................................................................................................................... 37

                          Schaf-/Ziegenhaltung ................................................................................................................ 38

                          Geflügelwirtschaft .................................................................................................................... 39

                          Pferdezucht und Pferdewirtschaft ............................................................................................ 40

                          Teichwirtschaft ......................................................................................................................... 40
                          Landwirtschaftliche Wildhaltung............................................................................................... 40

                          Pflanzenbau .............................................................................................................................. 41

                          Biologischer Lanbau.................................................................................................................. 28

                          Forst und Bioenergie ................................................................................................................ 47

            Öffentlichkeitsarbeit ................................................................................................................................ 58
            Aus dem Land – Initiativen und Projekte ................................................................................................. 61

            Leistungsbilanz zur Kammerarbeit ........................................................................................................... 66

            Service und Organisation......................................................................................................................... 68
            Aufbau und Organisation – Bundes- | Landes- | Bezirks- und Gemeindeebene ....................................... 70

            Mitglieder der Vollversammlung.............................................................................................................. 71
            LK-Bezirksbauernkammern | Beratungsstellen für Tierproduktion........................................................... 72

            Impressum ...............................................................................................................................................74
Tätigkeitsbericht 2019 - Landwirtschaftskammer Oberösterreich - LK OÖ
Vorwort

Herausforderungen gemeinsam meistern
Die Aussage, das Jahr 2019 sei herausfordernd        derlichen Anpassungsmaßnahmen zu schaffen?
gewesen, wird manchen noch als eine Untertrei-       Wie werden die neuen Vorgaben ab 2021 ausse-
bung vorkommen. Auf Schneedruckschäden im            hen und wie gestaltet sich die Übergangszeit?
Forst folgten vielerorts Hitzetage und Borken-       All diese Fragen bedürfen weiterhin intensiver
käferkalamitäten. In manchen Regionen sorgte         Verhandlungen und werden von der Landwirt-
die explosionsartige Ausbreitung des Mai- und        schaftskammer konsequent begleitet, um best-
Junikäfers für Ausfälle im Grünland. Laufend         möglich informieren und beraten zu können.
ringen wir als Bauernvertretung um praktikable
gesetzliche Auflagen und die notwendige Wert-        Die großen Herausforderungen und Fragen be-
schätzung und Anerkennung der Gesellschaft           dürfen weiterer Verhandlungen und werden erst
für die vielfältigen Leistungen der Landwirt-        im Jahr 2020 geklärt werden können. So wird es       LAbg. Michaela Langer-
schaft – sei es das Produzieren hochwertiger Le-     für die Gemeinsame Agrarpolitik ein Übergangs-       Weninger, Präsidentin
bensmittel oder die Pflege der Kulturlandschaft      jahr, womöglich auch zwei geben müssen. An der
und der gelebte Klimaschutz.                         Gestaltung des Nationalen GAP-Strategieplans
                                                     und den entsprechenden Programmen wird be-
Ernteerträge großteils zufriedenstellend             reits intensivst gearbeitet, um wichtige Förder-
Trotz schwieriger Bedingungen konnten 2019           maßnahmen oder das Agrarumweltprogramm
gute Ernteergebnisse eingefahren werden: Die         optimal zu konzipieren und nationale Spielräu-
Ernteerträge beim Mais, der flächenmäßig wich-       me in der Agrarpolitik bestmöglich zu nutzen.
tigsten Ackerkultur, waren in Oberösterreich         Auf nationaler Ebene setzt sich die LK Oberös-
durchaus zufriedenstellend. Die guten Humusge-       terreich weiterhin dafür ein, Entlastungen für die
halte der Böden konnten ungünstige Witterungs-       Bauernschaft sowohl im Bereich Steuern, Sozi-
bedingungen abfedern. Auch bei der Zucker-           alversicherung oder der Betriebsentwicklung
rübe und Soja war ein gutes Ertragsniveau zu         konsequent voranzutreiben und umzusetzen.
verzeichnen. Das Ernteergebnis und die Sorten-
entwicklung bei Soja als wichtigem Eiweißliefe-      Herzlichen Dank
rant stimmen für die Zukunft optimistisch. Der       Unsere besondere Anerkennung gilt den Bäu-
heiße und teilweise trockene Sommer erforderte       erinnen und Bauern sowie den Grundbesitzern          Mag. Karl Dietachmair
erhöhten Bewässerungsbedarf bei Gemüse. Die          für die im Jahr 2019 teils unter sehr schwierigen    Kammerdirektor
Erträge waren aber insgesamt zufriedenstellend.      Bedingungen geleistete Arbeit. Ein wesentlicher
                                                     Erfolgsfaktor der Arbeit in der Landwirtschafts-
Neue Regierung, neue EU-Vertreter und                kammer ist das intensive Zusammenwirken der
wichtige Weichenstellungen                           gewählten Funktionärinnen und Funktionäre in
Für einige Unsicherheit sorgte der innerösterrei-    der Selbstverwaltung sowie aller Mitarbeiterin-
chische Regierungswechsel und auf EU-Ebene           nen und Mitarbeiter. Ein ganz besonderer Dank
ließen die Neuwahl des Europäischen Parla-           gilt unseren öffentlichen Geldgebern, insbe-
ments, die Neubestellung der Europäischen            sondere dem Agrarresort des Landes OÖ sowie
Kommission und die Turbulenzen rund um den           dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Re-
Brexit die Verhandlungen für eine neue mehrjäh-      gionen und Tourismus und der EU. Mit diesen
rige Finanzperiode und die Gemeinsame Agrar-         Beiträgen konnte den Kammermitgliedern auch
politik auf der Stelle treten. Im letzten Quartal    im abgelaufenen Jahr wieder ein umfassendes
des Jahres warfen die durch das EU-Bio-Audit         Leistungsangebot bereitgestellt werden und blei-
notwendigen Anpassungen für viehhaltende             ben wir auch weiterhin Ihr starker Partner in der
Betriebe existenzielle Fragen auf: Sind die erfor-   Interessensvertretung, Bildung und Beratung!

                               Mag. Karl Dietachmair                LAbg. Michaela Langer-Weninger
                                 Kammerdirektor                               Präsidentin

                                                                                                                                  |3
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Agrarpolitik

                           Bauernjahr 2019: Licht und Schatten sowie viele
                           Baustellen zum Jahresende

                           Das Jahr 2019 war in der OÖ Land- und Forstwirt-   Getreideernte weitgehend stabil
                           schaft erneut von Witterungsextremen geprägt.      Bei der vergangenen Getreideernte konnten trotz
                           Die heimische Landwirtschaft ist damit als ers-    der Wetterextreme in Oberösterreich durchaus
                           ter hauptbetroffener Sektor mit dem nachhal-       stabile und zufriedenstellende Erträge erzielt wer-
                           tigen Klimawandel negativ konfrontiert. Hohe       den. Auch bei klimatisch schwierigen Bedingun-
                           Niederschlagsdefizite und extreme Hitze führten    gen ist die OÖ Landwirtschaft in der Lage, stabile
                           insbesondere in der Forstwirtschaft zu einem       Ernten einzubringen. Bei der Sojaernte konnte ös-
                           neuerlichen intensiven Auftreten des Borkenkä-     terreichweit mit einer Gesamtmenge von 215.000
                           fers sowie auf dem Grünland regional zu einem      Tonnen erstmals die magische Grenze von
 Ernte trotz schwieriger   Massenauftreten des Engerlings von Mai- und        200.000 Tonnen überschritten werden. Österreich
 Bedingungen zufrieden-    Junikäfer. Die wichtigsten Kulturen im Acker-      ist damit bei der Forcierung der Eiweißstrategie
 stellend.                 bau sind trotz der Juni-Dürre mit den Wetterex-    zur Produktion heimischer Eiweißfuttermittel auf
                           tremen wesentlich besser zurechtgekommen,          einem sehr guten Weg. 50.000 Tonnen Sojaboh-
                           sodass Getreide, Mais und Soja überwiegend         nen wurden alleine in Oberösterreich geerntet.
                           zufriedenstellende Ertragsergebnisse brachten.     Weniger zufriedenstellend war jedoch im Jahr
                           Gleichzeitig haben die politischen Turbulenzen     2019 die Marktentwicklung. Die Preise für die
                           des vergangenen Jahres sowohl auf europäi-         wichtigsten Getreidearten standen anhaltend un-
                           scher als auch auf nationaler Ebene erneut die     ter Druck. Massive Ertragsverluste verzeichnete
                           hohe Politikabhängigkeit der Landwirtschaft vor    im vergangenen Jahr die Ernte auf dem Grünland,
                           Augen geführt. Das Jahr 2019 hinterlässt daher     sodass insbesondere viehhaltende Betriebe er-
                           eine Reihe offener agrarpolitischer Baustellen     neut mit einer massiv angespannten Grundfutter-
                           wie kaum in einem anderen Jahr zuvor.              versorgung (Silagen und Heu) konfrontiert waren.

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Agrarpolitik

Unterschiedliche Marktentwicklung in der
Tierproduktion
Auch die Rindfleischpreise standen im vergan-
genen Jahr anhaltend unter Druck. Eine wesent-
liche Ursache dafür ist der anstehende Brexit.
Insbesondere Irland hat 2019 mit seinen hohen
Rindfleischexporten alternative Absatzmög-
lichkeiten zu Großbritannien auf dem EU-Bin-
nenmarkt gesucht. Auch der Zuchtrindermarkt
war aufgrund weiter fehlender Absatzmöglich-
keiten in die Türkei stark rückläufig, sodass die
Erlöse im Drittlandexport mit ca. 1.500 Euro
pro Stück deutlich unter den Vorjahresniveaus
zu liegen kamen. Gänzlich anders verlief die
Entwicklung am Schweinemarkt. Die „Schock-
wellen“, die die Afrikanische Schweinepest am
Fleischmarkt in China ausgelöst hat, haben nun
auch die EU erreicht, wenngleich hier in einem
durchaus positiven Sinn für die Schweinehalter.
Die enorme Nachfrage aus China hat den Fer-
kel- und Mastschweinepreis gegen Jahresende
nachhaltig nach oben gezogen. Am Milchmarkt
lagen die EU-weiten Anlieferungen im vergan-
genen Jahr erneut über dem Vorjahresniveau,
sodass hier die Preise ebenfalls anhaltend unter
Druck standen.

Schwierige Situation in der Forstwirtschaft
Die Schneebruchschäden in den ersten Mona-
ten des vergangenen Jahres sowie das massive
Borkenkäferauftreten im Frühjahr und Sommer
haben am Holzmarkt zu einer dramatisch ange-
spannten Situation geführt. Alleine in Oberöster-
reich sind so 2019 ca. 950.000 Festmeter Schnee-
bruch-Schadholz und ca. 1 bis 1,2 Millionen
Festmeter Borkenkäfer-Schadholz angefallen.                                                                            LK OÖ
Erst gegen Jahresende haben sich hier die Preise
auf einem extrem niedrigen Niveau stabilisiert.

Erster Teil der Steuerreform umgesetzt              bis zum 31. Dezember des Folgejahres möglich.
Das ursprünglich in den ersten Monaten des          Bisher konnte die Option zur Regelbesteuerung
vergangenen Jahres vereinbarte Steuerreform-        bei der Umsatzsteuer nur bis zum Ende des je-
paket sah für die Land- und Forstwirtschaft eine    weiligen Kalenderjahres ausgeübt werden. Für
gesamte Entlastung von 120 Millionen Euro vor.      die betroffenen Betriebe steht damit eine länge-
Diese konnte nach dem Scheitern der alten           re Frist und damit bessere Entscheidungsgrund-
Bundesregierung nicht mehr im Parlament be-         lage für die Umsatzsteueroption zur Verfügung.
schlossen werden. Für die Landwirtschaft war        Auch das seit einem VwGH-Urteil offene Prob-
                                                                                                          Entlastungsmaßnah-
es erfreulich, dass zumindest die erste Etappe      lem der Umsatzbesteuerung bei der Übergabe
                                                                                                          men werden umgesetzt.
der vorgesehenen Steuerentlastungsmaßnah-           pauschalierter Betriebe wurde mit dem Steu-
men auf den Weg gebracht werden konnte. Mit         erreformbeschluss gelöst und brachte damit
einem am 19. September 2019 im Parlament be-        rechtliche Sicherheit: So wie früher gilt die Über-
schlossenen Initiativantrag wurde eine Senkung      tragung umsatzsteuerpauschalierter land- und
des Beitragssatzes in der bäuerlichen Kranken-      forstwirtschaftlicher Betriebe künftig wieder als
versicherung um 0,85 Prozentpunkte (7,65 auf        nicht steuerbarer Vorgang. Die Landwirtschafts-
6,8 Prozent der Beitragsgrundlage) mit einem        kammer drängt weiterhin darauf, dass die im
Entlastungsvolumen von bundesweit 24,3 Millio-      neuen Regierungsprogramm vorgesehenen Ent-
nen Euro beschlossen. Zudem sind Anträge zur        lastungen für die Landwirtschaft rasch umgesetzt
Umsatzsteueroption bäuerlicher Betriebe künftig     werden.

                                                                                                                            |5
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Agrarpolitik

                       Weitere Entlastungen für Kleinbetriebe               Steuerliche Lockerungen für
                       dringend erforderlich                                Betriebsentwicklungsschritte unverzichtbar
                       Viele kleine bäuerliche Betriebe, insbesondere       Im Jahr 2014 wurde die Umsatzgrenze für die
                       Nebenerwerbsbetriebe, können ihre Sozialversi-       Buchführungspflicht von land- und forstwirt-
                       cherungsbeiträge oft nicht mehr aus den Einkünf-     schaftlichen Betrieben von 400.000 Euro auf
                       ten der Land- und Forstwirtschaft erwirtschaften.    550.000 Euro angehoben. Die land- und forst-
                       Aufgrund einer hohen Mindestbeitragsgrundla-         wirtschaftliche Einheitswertgrenze für die Buch-
                       ge bei der pauschalen Beitragsberechnung und         führungspflicht blieb damals mit 150.000 Euro
                       einer noch höheren Mindestbeitragsgrundlage          unverändert. Im Zuge notwendiger Betriebsent-
                       sowie einem dreiprozentigen Aufschlag bei der        wicklungsschritte zur Sicherung eines entspre-
                       SV-Beitragsgrundlagenoption sind bisher Klein-       chenden Familieneinkommens stoßen zuneh-
                       betriebe mit einer untragbaren Kostenbelastung       mend mehr bäuerliche Betriebe an diese Grenzen
                       konfrontiert. Die Landwirtschaftskammer for-         zur Buchführungspflicht. Insbesondere die bis-
                       derte daher schon länger eine Angleichung der        herige Einheitswertgrenze ist in vielen Bereichen
 Zähes Ringen um
                       Mindestbeitragsgrundlagen in der Krankenversi-       nicht mehr sachgerecht. Auch in keinem anderen
 Agrarbudget auf EU-
                       cherung mit den Regelungen der gewerblichen          Zweig der Wirtschaft gibt es eine derartige Be-
 Ebene.
                       Sozialversicherung. Auch im Hinblick auf die         grenzung. Die Landwirtschaftskammer fordert
                       erfolgte Fusion der bäuerlichen Sozialversiche-      daher eine gänzliche Streichung der bisherigen
                       rung mit der gewerblichen Sozialversicherung         Einheitswertgrenze. Zudem soll die umsatzab-
                       zur SVS soll die Mindestbeitragsgrundlage auf        hängige Buchführungsgrenze auch für land- und
                       das Niveau der ASVG-Mindestbeitragsgrundla-          forstwirtschaftliche Betriebe auf 700.000 Euro an-
                       ge von aktuell 460,66 Euro abgesenkt werden.         gehoben werden. Damit könnte ein wesentlicher
                       Im pauschalen System würde das eine Absen-           Schritt zur Stärkung der klein- und mittelbäuer-
                       kung der bisherigen Mindestbeitragsgrundlage         lich strukturierten heimischen Landwirtschaft
                       von 4.100 Euro auf künftig 2.200 Euro Einheits-      im EU-weiten Wettbewerb gesetzt werden. Auch
                       wert bedeuten. Von dieser Entlastung würden          diese Forderungen wurden vollinhaltlich ins neue
                       in Oberösterreich ca. 5.000 Klein- und Kleinst-      Regierungsprogramm übernommen.
                       betriebe mit bis zu 347 Euro jährlich profitieren.
                       Gleichzeitig soll die KV-Mindestbeitragsgrund-       GAP: Agrarbudget als Hauptknackpunkt
                       lage in der Sozialversicherungsoption ebenfalls      Während im Zuge der österreichischen Präsi-
                       auf dieses Niveau abgesenkt werden. In der Bei-      dentschaft im zweiten Halbjahr 2018 wesent-
                       tragsgrundlagenoption könnten in Oberöster-          liche Verhandlungsfortschritte zur Gemein-
                       reich aktuell ca. 1.400 Betriebe mit einer jährli-   samen Agrarpolitik erzielt werden konnten,
                       chen Ersparnis von bis zu 1.055 Euro profitieren.    trat man im vergangenen Jahr – wohl auch
                       Damit könnte die SV-Beitragsgrundlagenoption         aufgrund der umfassenden Brexit-Probleme,
                       in Zukunft auch für klein- und kleinstbäuerliche     der erfolgten Neuwahl des Europäischen Par-
                       Betriebe zu einer wirklichen Alternative für die     lamentes und der anstehenden Neubestellung
                       Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge           der EU-Kommission im Herbst – weitgehend
                       auf Basis einer realistischen Einkommensgrund-       auf der Stelle. Es zeichnete sich daher ab,
                       lage werden. Die nachhaltig vorgetragenen For-       dass die neue Gemeinsame Agrarpolitik mit
                       derungen der bäuerlichen Berufsvertretung aus        ein- bis zweijähriger Verspätung in Kraft tre-
                       diesem Bereich haben Eingang in das neue Re-         ten wird und die Landwirtschaft neuerlich mit
                       gierungsprogramm gefunden.                           ein bis zwei Übergangsjahren bei den Direkt-
                                                                            und Ausgleichszahlungen sowie einer damit
                                                                            verbundenen Rechtsunsicherheit konfrontiert
                                                                            sein wird. Während dieser Übergangszeit sol-
                                                                            len bisherige Programme mit der Finanzierung
                                                                            aus dem neuen mehrjährigen EU-Finanzrah-
                                                                            men fortgesetzt werden. Seitens der EU-Kom-
                                                                            mission wurden Ende Oktober entsprechende
                                                                            Verordnungsvorschläge für ein Übergangsjahr
                                                                            vorgelegt. Im Mittelpunkt der Diskussionen auf
                                                                            EU-Ebene stand weiterhin vor allem das Thema
                                                                            der künftigen Agrarfinanzierung. Der EU-Kom-
                                                                            missionsvorschlag sieht ein Budget in der Höhe
                                                                            von 1,11 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung
                                                                            (Bruttonationaleinkommen) vor, die Positionen
                                             stock.adobe.com/pe3check
                                                                            der Mitgliedsländer im Rat lagen in einer Band-

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Tätigkeitsbericht 2019 - Landwirtschaftskammer Oberösterreich - LK OÖ
Agrarpolitik

breite von 1 bis 1,3 Prozent der Wirtschaftsleis-   tet. Die Landwirtschaftskammer forderte, dass
tung. Das Lager der Nettozahlerländer (insbe-       wesentliche Eckpunkte wie die Sicherstellung
sondere Dänemark, Schweden, Niederlande,            der nationalen Kofinanzierung, die Absicherung
aber auch Deutschland und Österreich) fordert       des Agrarumweltprogrammes ÖPUL sowie der
ein Prozent der Wirtschaftsleistung, das Lager      Bergbauern-, Bio-, Investitions- und Jungland-
der Nettoempfänger (insbesondere Portugal,          wirteförderung in das neue Regierungspro-
                                                                                                         Neue grüne Architek-
Griechenland und osteuropäische Länder) for-        gramm aufgenommen werden.
                                                                                                         tur der GAP.
dert 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Auch
das Europäische Parlament will eine Budgeter-       Umsetzung für bäuerliche Betriebe machbar
höhung auf 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung      und praxistauglich gestalten
und generell keine Kürzungen im Agrarbudget.        Es geht hier darum, Einstiegsvoraussetzungen
Auf Basis des EU-Kommissionsvorschlages             und Auflagen für die Gewährung von Direktzah-
würden sich für die österreichische Landwirt-       lungen so zu gestalten, dass diese auch für den
schaft bei den Direktzahlungen der ersten Säule     typischen klein- und mittelbäuerlichen Betrieb
eine Kürzung um etwa vier Prozent (von 692,3        machbar sind. Dies betrifft insbesondere Um-
auf 664,8 Millionen Euro) und bei den Zahlungen     weltauflagen und administrative Anforderungen
für die Ländliche Entwicklung (Agrarumwelt-         als Einstiegsvoraussetzungen für die Gewährung
programm, Bergbauernförderung, Investitions-        von Direkt- und Ausgleichszahlungen im Rahmen
förderung, Existenzgründungsbeihilfen usw.)         der sogenannten „Konditionalität“. Von der Land-
sogar eine Kürzung um 15 Prozent (auf 480,5         wirtschaftskammer kritisiert werden insbesonde-
Millionen Euro an EU-Mitteln) ergeben. Insbe-       re das vorgeschlagene Betriebsnachhaltigkeitsin-
sondere in der zweiten Säule der Gemeinsamen        strument für Nährstoffe (Nährstoffbilanzierung),
Agrarpolitik würden die Kürzungen einen dra-        das geplante Verbot vegetationsloser Böden und
matischen Einschnitt in bisher erfolgreich um-      der geplante Mindestanteil an Landschaftsele-
gesetzte Programme bedeuten. Der Beschluss          menten. Es ist für die Bauernschaft nicht akzepta-
über den anstehenden neuen EU-Finanzrahmen          bel, dass einerseits die Auflagen für die Betriebe
2021 bis 2027 erfordert letztendlich eine Ein-      wesentlich erhöht und andererseits die für die
stimmigkeit im Rat (auf Ebene der Staats- und       Bauern vorgesehenen Finanzmittel massiv ge-
Regierungschefs) sowie eine mehrheitliche Zu-       kürzt werden sollen. Die Landwirtschaftskammer       Strategiepläne für ers-
stimmung im EU-Parlament.                           drängt vielmehr auf die vollständige Fortsetzung     te und zweite Säule
                                                    und den weiteren Ausbau von freiwilligen Agrar-      der GAP.
Strategiepläne als neues Kernelement der GAP        umweltmaßnahmen. Diese erfahren sowohl in
Der EU-Kommissionsvorschlag sieht für die           der Bauernschaft als auch bei Umweltorganisa-
Gemeinsame Agrarpolitik mit den sogenannten         tionen und in der Gesellschaft eine hohe Wert-
nationalen Strategieplänen ein neues Instru-        schätzung. Es ist unverständlich, dass gerade
ment der Umsetzung vor. Bisher waren auf na-        hier Einschnitte und Kürzungen vorgenommen
tionaler Ebene nur die Maßnahmen der zweiten        werden sollen. Ein weiterhin massiver Kritikpunkt
Säule zu programmieren (Programme zur Länd-         in der Bauernschaft sind die bestehenden Rege-
lichen Entwicklung). Künftig sind in den natio-     lungen zur Dauergrünlandwerdung. Ackerflä-
nalen Strategieplänen sowohl die Maßnahmen          chen mit zB Wechselwiesen bzw. Feldgras- oder
der ersten als auch der zweiten Säule der Ge-       Kleegrasbeständen müssen spätestens nach
meinsamen Agrarpolitik in ein gemeinsames           fünf Jahren umgebrochen werden, damit sie
Programm zu fassen. Vorerst war noch offen,         nicht zu Dauergrünland werden. Diese Regelung
welche Spielräume hier tatsächlich bestehen,        ist letztendlich auch umweltpolitisch kontrapro-
da von der EU einerseits weiterhin Mindest-         duktiv, da sie dazu führt, dass derartige Flächen
vorgaben definiert werden und andererseits          praktisch in jedem Fall nach fünf Jahren umge-
die nationalen Strategiepläne von der Europä-       brochen werden um nicht zu Dauergrünland zu
ischen Kommission zu genehmigen sind. Hier          werden. Diese Maßnahme ist mittlerweile auch
gibt es einen gewissen Spagat, wobei es dar-        in der Abwicklung äußerst kompliziert und führt
um geht, einerseits für mehr Flexibilität bei den   vor allem zu einer zusätzlichen Mineralisierung
Mitgliedsstaaten zu sorgen, andererseits aber       organischer Substanz mit der entsprechenden
auch die Gemeinsamkeit der Agrarpolitik nicht       CO2-Freisetzung.
in Frage zu stellen. Vom Bundesministerium für
Nachhaltigkeit und Tourismus wurden im ver-         Capping und Degression EU-weit umsetzen
gangenen Jahr die erforderlichen Strukturen für     Die Landwirtschaftskammer bekennt sich zu be-
die Erstellung des nationalen Strategieplanes       triebsbezogenen Obergrenzen bei den Direkt-
aufgebaut und für die Programmerarbeitung im        zahlungen durch Degression und Capping, for-
Herbst insgesamt 14 Arbeitsgruppen eingerich-       dert aber eine EU-weit einheitliche Umsetzung

                                                                                                                             |7
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Agrarpolitik

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                        dieser Obergrenzen und eine EU-weite Umver-        2019 sofort zu einem EU-Drittland wird. Im Han-
                        teilung der dadurch einbehaltenen Finanzmittel.    del wären damit die WTO-Regelungen mit den
                        Im Zuge der Diskussionen auf EU-Ebene zeich-       höchstmöglichen Zollsätzen sowie zwingende
                        nete sich allerdings ab, dass selbst das von der   Veterinärkontrollen wirksam geworden, wofür
                        EU vorgeschlagene Modell in größeren EU-Mit-       auf beiden Seiten die erforderlichen administ-
                        gliedsländern weiterhin auf Ablehnung stößt.       rativen Kapazitäten gefehlt hätten. Am verblei-
                        Bei diesen Überlegungen haben vor allem die        benden EU-Binnenmarkt für Agrarprodukte und
                        bäuerlichen Familienbetriebe als tragende Säu-     Lebensmittel wäre so kurzfristig ein massiver
                        le der EU-Landwirtschaft im Mittelpunkt zu ste-    Mengen- und Preisdruck mit erheblichen Schä-
                        hen. Aufgrund fehlender Entscheidungen auf         den für die Gesamtwirtschaft entstanden. Auf-
 Brexit als „unendli-
                        EU-Ebene wurde bereits im vergangenen Jahr         grund der fehlenden Ratifizierung des EU-Aus-
 che Geschichte“.
                        klar, dass die neue Gemeinsame Agrarpolitik        trittsabkommens gewährte der Europäische Rat
                        nicht mit dem geplanten Beginn des Jahres          am 10. April 2019 dem Vereinigten Königreich
                        2021 in Kraft treten wird. Die EU-Verhandlungen    nochmals einen Aufschub des EU-Austrittes,
                        werden daher erst im Laufe des Jahres 2020 in      um damit einen ungeregelten harten Brexit zu
                        die entscheidende Phase und damit zu einem         vermeiden. Die Frist wurde bis 31. Oktober 2019
                        Abschluss kommen. Erst nach Vorliegen aller        verlängert. Gleichzeitig bereitete die Europäi-
                        EU-Rechtsgrundlagen können die nationalen          sche Kommission die Wirtschaftssektoren in der
                        Strategiepläne fertiggestellt und bei der EU zur   EU, darunter auch die Landwirtschaft, mit mög-
                        Notifizierung eingereicht werden.                  lichen Hilfen und administrativen Vorkehrun-
                                                                           gen auf die Brexit-Folgen vor. Zur Vorbereitung
                        Mehrfache Verschiebung des Brexit                  der Exporteure in der EU hat die Kommission in
                        Die fortdauernde britische Ablehnung des           ihrer Marktzugangsdatenbank detaillierte Infor-
                        EU-Austrittsvertrages und der damit drohende       mationen über die Regeln veröffentlicht, die das
                        harte Brexit stellten im abgelaufenen Jahr für     Vereinigte Königreich für seine Einfuhren aus
                        die EU-Agrarmärkte und die EU-Landwirtschaft       der EU im Falle eines harten Brexits anwenden
                        ein äußerst bedrohliches Krisenszenario dar.       würde. Das Vereinigte Königreich hat in seinem
                        Ohne geordneten EU-Austritt würden sowohl          veröffentlichen Plan unter anderem relativ hohe
                        die EU als auch Großbritannien wirtschaftlich      Zölle auf tierische Erzeugnisse wie Rindfleisch,
                        massiv auf der Verliererseite stehen. Vorerst      Geflügel, Schweinefleisch und Käse sowie auf
                        drohte das Szenario, dass Großbritannien mit       Produkte wie Zucker und Reis angekündigt. Da-
                        einem ungeregelten EU-Austritt am 29. März         durch wäre es im Falle eines harten Brexits zu

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Tätigkeitsbericht 2019 - Landwirtschaftskammer Oberösterreich - LK OÖ
Agrarpolitik

massiven Beeinträchtigungen im Agrarhandel          kehrbringens von Pflanzenschutzmitteln mit
und damit zu erheblich negativen Rückwirkun-        dem Wirkstoff Glyphosat beschlossen. Die Zu-
gen auf die EU-Agrarmärkte gekommen. Groß-          lassung von Pflanzenschutzmitteln fällt in den
britannien hat zudem angedroht, seinen beste-       Zuständigkeitsbereich der EU, weshalb die Ge-
henden finanziellen Verpflichtungen gegenüber       setzesänderung im Pflanzenschutzmittelgesetz
der EU nicht mehr nachzukommen. Das hätte           einer Notifikationspflicht bei der EU-Kommissi-
für die kommenden Jahre dramatische Rück-           on unterliegt. Nach Ablauf der gesetzlich vorge-
wirkungen für die EU-Finanzierung gehabt.           schriebenen dreimonatigen Stillhaltefrist über-
Die Landwirtschaftskammer appellierte an die        mittelte die EU-Kommission Ende November           Glyphosatverbot tritt
Verantwortungsträger in der EU wiederholt           die mit großem Interesse erwartete Rückant-        nicht in Kraft.
alles zu unternehmen, um einen geordneten           wort an Österreich. Es wurde klargestellt, dass
Austritt Großbritanniens aus der EU sicher zu       technische Änderungen wie das Anwendungs-
stellen und für die Zeit danach einen entspre-      verbot von Glyphosat nur als Gesetzesentwurf
chenden Freihandelsvertrag abzuschließen.           zur Notifizierung eingereicht werden dürfen.
Trotz intensiver Bemühungen konnte das Aus-         Österreich habe aber ein bereits beschlosse-
trittsabkommen auch innerhalb der bis 31. Ok-       nes Gesetz, dessen Inkrafttreten vorbehaltlich
tober 2019 neu gesetzten Frist nicht ratifiziert    einer positiven Notifizierung durch die EU-Kom-
werden. Die EU-Staats- und Regierungschefs          mission erfolgen würde, übermittelt. Diese
gewährten daher dem Vereinigten Königreich          Vorgangsweise wurde seitens der EU-Kommis-
einen neuerlichen Aufschub für den EU-Austritt      sion als unrechtmäßig abgelehnt. Die Landwirt-
bis zum 31. Jänner 2020. Das Vereinigte König-      schaftskammer Österreich hat daher in der Folge
reich hatte die EU um eine dritte Verlängerung      das Bundeskanzleramt in einem Schreiben mit
gebeten, weil sich das Parlament immer noch         Nachdruck aufgefordert, für Rechtssicherheit zu
nicht auf die Bedingungen verständigen konn-        sorgen, indem der ursprüngliche Parlamentsbe-
te, unter denen das Land die EU verlassen soll.     schluss nicht kundgemacht und der Gesetzge-
Seit Monaten war das Unterhaus in London in         bungsprozess dahingehend saniert wird, dass
dieser Frage gespalten, sodass man sich auf         eine EU-rechtskonforme Notifikation des Ge-
Neuwahlen am 12. Dezember 2019 verständig-          setzesentwurfes eingeleitet wird. In der Folge
te, um die Blockade zu durchbrechen. Mit dem        hat das Bundeskanzleramt in einem Schreiben
Wahlsieg der konservativen Tories zeichnete         an das Präsidium des Nationalrates bekanntge-
sich dann eine Ratifizierung des vorliegenden       geben, dass dieses Gesetz nicht kundgemacht
EU-Austrittsvertrages ab. Auch die britische        werde und somit auch nicht in Kraft treten kön-
Agrar- und Lebensmittelbranche litt unter der       ne. Damit hat sich gezeigt, dass der Rechtsstaat
anhaltenden politischen Unsicherheit. Der bri-      funktioniert und sich erfreulicherweise das
tische Verband der Lebensmittelhersteller riet      Rechtsverständnis der Landwirtschaftskammer
allen britischen Lebensmittelerzeugern, sich        Österreich bestätigt hat. Da das beschlosse-
zwischenzeitlich auf einen „No Deal Brexit“ vor-    ne Verbot auch inhaltlich EU-Vorgaben wider-
zubereiten, Rohstoffe zu bevorraten und neue        spricht geht die Landwirtschaftskammer weiter
Bezugsmöglichkeiten zu erschließen. Das alles       davon aus, dass eine Notifizierung dieser Geset-
kostete die Hersteller auch im abgelaufenen         zesnovelle von Seiten der EU-Kommission keine
Jahr viel Geld. Der Verband befürchtete nach        Zustimmung erhalten wird. Vom Parlament wur-
dem Verlassen der EU längerfristig niedrigere       de in der Folge neuerlich die Umsetzung eines
Standards für Lebensmittel im Vereinigten Kö-       Glyphosat-Anwendungsverbotes beschlossen.
nigreich. Mit einer ähnlicher Situation waren die   Die Landwirtschaftskammer verwies wiederholt
britischen Landwirte konfrontiert. Sie befürch-     darauf, dass ein Verbot nur dann machbar und
teten vor allem Billigimporte aus den USA und       ehrlich ist, wenn auch sämtliche nach Österreich
anderen Drittländern. Setzen die USA in den         importierten Lebensmittel unter Garantie ohne
Verhandlungen über einen Freihandelsvertrag         Glyphosat erzeugt worden sind. Alles andere
mit dem Vereinigten Königreich ihre Standards       wäre scheinheilig und würde die heimischen
für Agrarerzeugnisse durch, so wird dies auch       Bäuerinnen und Bauern im wirtschaftlichen
den Handel zwischen der EU und dem Vereinig-        Wettbewerb einseitig benachteiligen.
ten Königreich erheblich belasten.
                                                    EU-Audit bringt Anpassungserfordernisse für        Bio-Landwirtschaft
Diskussion über Glyphosatverbot                     Bio-Landwirtschaft                                 unter Zugzwang.
Nach dem Scheitern der ehemaligen Bundesre-         Die Europäische Kommission hat im Jahr 2017
gierung wurde vom Parlament im freien Spiel         in Österreich ein Audit durchgeführt, um die
der Kräfte mehrheitlich eine Novelle des Pflan-     Systeme zur Kontrolle und Kennzeichnung in
zenschutzgesetzes mit einem Verbot des Inver-       der Bio-Landwirtschaft zu bewerten. Nach meh-

                                                                                                                            |9
Tätigkeitsbericht 2019 - Landwirtschaftskammer Oberösterreich - LK OÖ
Agrarpolitik

                        reren Gesprächen und schriftlichen Antworten      je Hektar weidefähiger Fläche bzw. mindestens
                        hat die EU-Kommission im September 2019 im        50 Prozent des Tierbestandes zu beweiden sind.
                        Wege des Bundeskanzleramtes ein neuerliches       Zudem wurden auch 20 Prozent der Ackerflä-
                        kritisches Schreiben übermittelt und Öster-       che als weidefähige Fläche eingestuft. Weiters
                        reich mit Nachdruck zu entsprechenden Anpas-      wurde festgelegt, dass Eingriffe an Nutztieren
                        sungen bei den Bio-Regelungen aufgefordert.       ab 2020 nur mehr mittels behördlicher Aus-
                        Österreich musste daher die erforderlichen        nahmegenehmigungen durchgeführt werden
                        Anpassungsmaßnahmen setzen, um ein Anlas-         dürfen. Bezüglich der Auslaufüberdachung für
                        tungsverfahren bzw. Vertragsverletzungsver-       Wiederkäuer konnte bis zum Jahresende mit
                        fahren (Rückzahlung der von der EU-Kommissi-      den Vertretern der EU-Kommission noch keine
                        on zur Verfügung gestellten Finanzmittel 2017,    endgültige Lösung vereinbart werden. Weiters
 Übergang praxistaug-   2018 und 2019) zu verhindern und die Zahlung      müssen alle EU-Staaten ab 1.1.2021 eine neue
 lich gestalten.
                        der ÖPUL-Prämie im Dezember 2019 sicher-          EU-Bioverordnung umsetzen. Diese weitet die
                        zustellen. Kritisiert wurden insbesondere die     bisherigen Regelungen mit dem Ziel aus, den
                        rückwirkende Anerkennung von Zeiträumen als       Anteil der Bioproduktion weiter zu erhöhen. Für
                        Teil des Umstellungszeitraumes, die routinemä-    die konkrete Umsetzung sind bis Ende 2020 31
                        ßige Durchführung von Eingriffen bei Nutztie-     delegierte Rechtsakte und 26 Durchführungs-
                        ren, die generelle Zulässigkeit der Anbindehal-   rechtsakte zu erlassen. Ein großer Block an
                        tung in Kleinbetrieben, die Nichtverwendung       Rechtsakten betreffend die pflanzlichen und
                        von Bio-Saatgut, die zahlreichen Ausnahmebe-      tierischen Produktionsvorschriften wurde aus
                        stimmungen der Weideverpflichtung, die Zuläs-     österreichischer Sicht als sehr problematisch
                        sigkeit vollständig überdachter Auslaufflächen    eingestuft. In der Geflügelhaltung bahnten sich
                        und die von Österreich gewährten Ausnahmen        insbesondere Änderungen betreffend der Be-
                        zum Auslauf in der Geflügel-Elterntier-Haltung.   satzdichten und der Auslaufverpflichtung für El-
                        Die von der EU-Kommission im Zuge des Audits      tern-Tier-Betriebe an. Im Schweinebereich sind
                        geäußerten Kritikpunkte stellten insbesondere     bei Zuchtschweinen und ferkelführenden Sauen
                        Bio-Betriebe im Bereich der Tierhaltung vor       größere Mindestauslaufflächen zu erwarten. Au-
                        massive neue Herausforderungen. Auch wenn         ßerdem könnten Auslaufflächen bei Schweinen
                        noch nicht alle Details zur Umsetzung 2020 und    mit mehr als 50 Prozent Spaltenanteil zukünftig
                        speziell ab 2021 eindeutig geklärt waren, wur-    nicht mehr erlaubt sein. Mehrere Punkte der
                        den im November 2019 alle Bio-Betriebe mit        neuen EU-Bioverordnung standen zum Jahres-
                        der Haltung von Wiederkäuern über die auf-        wechsel noch in Verhandlung. Um weitere Un-
                        gezeigten Probleme und sich abzeichnenden         sicherheiten im Biosektor zu vermeiden drängte
                        Änderungen informiert. Insbesondere wurde         die Landwirtschaftskammer auf einen raschen
                        festgelegt, dass ab 2020 mindestens ein RGVE      Fortschritt bei der Erstellung der Durchführungs-
                                                                          rechtsakte, wobei natürlich in erster Linie auf die
                                                                          Qualität und Praxistauglichkeit zu achten ist.

                                                                          EU-Audit Schwanzkupieren
                                                                          Im April 2019 fand ein Audit der EU-Kommission
                                                                          zur „Bewertung der Maßnahmen des Mitglieds-
                                                                          staates zur Verhütung von Schwanzbeißen und
                                                                          zur Vermeidung des routinemäßigen Schwanz-
                                                                          kupierens bei Schweinen“ statt. Das Audit diente
                                                                          der Bewertung der Eignung und Wirksamkeit der
                                                                          Umsetzung der Anforderungen der sogenann-
                                                                          ten „EU-Schweinehaltungsrichtlinie“. Überprüft
                                                                          wurde vor allem auch die nationale Umsetzung
                                                                          von Maßnahmen zur Vermeidung des routine-
                                                                          mäßigen Schwanzkupierens in Österreich. Der
                                                                          Endbericht des Audits enthielt insgesamt fünf
                                                                          Empfehlungen, an deren Umsetzung in der
                                                                          Folge gearbeitet wurde. Um ein Vertragsverlet-
                                                                          zungsverfahren durch die EU zu verhindern, sind
                                                                          eine entsprechende Anpassung der nationalen
                                                                          Tierhalteverordnung und die Umsetzung eines
                                                                          Selbstevaluierungsprogrammes bei den schwei-
                                                               BWSB
                                                                          nehaltenden Betrieben erforderlich.

 10 |
Agrarpolitik

NEC-Richtlinie fordert Maßnahme gegen Am-
moniak-Emissionen
Die NEC-Richtlinie verpflichtet sämtliche
EU-Staaten, zielgerichtete Maßnahmen zur
Luftreinhaltung bzw. Schadstoffreduktion vor-
zunehmen und laufend zu aktualisieren. Die
Landwirtschaft ist ein Hauptverursacher von
Ammoniak-Emissionen. Ammoniak ist primär
für die Bildung versauernder und eutrophie-
render Schadstoffe und für die Bildung von
Feinstaub verantwortlich. Durch die Feinstaub-
belastung können Schädigungen der Atemwege
sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen
und eine Verringerung der Lebenserwartung
verursacht werden. Die Ammoniak-Emissionen
in der Landwirtschaft stammen überwiegend
aus der Tierhaltung, nämlich aus der Abgasung
aus Ställen und Düngerlagerstätten bzw. bei
der Ausbringung von Wirtschaftsdünger. Ös-
terreichweit wird mit jährlichen Emissionen aus                                                                LK NÖ
der Landwirtschaft von aktuell rund 70.000 Ton-
nen gerechnet. Das entspricht einer Menge von
etwa 210.000 Tonnen mineralischem N-Dünger        Neuabgrenzung sonstiger benachteiligter
mit einem Wert von ca. 45 Millionen Euro. Eine    Gebiete
Verminderung von Emissionen kommt also            Nach mehrjährigen Verhandlungen wurde die
nicht nur der Umwelt zugute, sondern auch der     Neuabgrenzung der sonstigen benachteilig-
Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft. Mög-    ten Gebiete und die dazu erforderliche LE-Pro-
liche Maßnahmen zur Senkung der Ammoni-           grammänderung in Frühjahr 2019 von der
                                                                                                   Stickstoff-Emissionen
ak-Emissionen werden vor allem in der boden-      EU-Kommission genehmigt. Für die neuhinzu-
                                                                                                   müssen wirken.
nahen Ausbringung von Wirtschaftsdüngern, in      kommenden Flächen konnte bereits im MFA
der Abdeckung offener Güllegruben und in der      2019 erstmals die Ausgleichszulage (AZ) bean-
optimierten eiweißreduzierten Fütterung ge-       tragt werden. Für herausfallende Flächen kann
sehen. Die Landwirtschaftskammer OÖ hat im        im Rahmen des sogenannten „phasing out“ die
abgelaufenen Berichtsjahr bereits umfangrei-      Ausgleichszulage in reduzierter Form (80 Pro-
che Informations- und Beratungsaktivitäten zu     zent für 2019 und 40 Prozent für 2020) vorerst
diesem Thema gesetzt. In einer Stellungnahme      weiterhin beantragt werden. Das Landes-Top-
zur Umsetzung eines Maßnahmenprogrammes           Up zur AZ kann dabei in voller Höhe gewährt
wurde gefordert dem Prinzip der Freiwilligkeit    werden. In Oberösterreich konnten damit 2019
mit begleitender intensiver Beratung und För-     insgesamt 828 Betriebe erstmals die AZ bean-
derung den Vorrang vor gesetzlichen Zwangs-       tragen. Über die neuen Betriebe hinaus haben
maßnahmen zu geben. Eine entsprechende            ca. 600 Betriebe neue AZ-Flächen dazubekom-
Ammoniak-Reduktion in den nächsten Jahren         men. Etwa 540 Betriebe verloren AZ-Flächen,
ist dringend erforderlich, um etwaige EU-Straf-   davon 260 alle AZ-Flächen und rund 280 Be-
zahlungen bei Nichtumsetzung zu vermeiden.        triebe Teile der AZ-Flächen. In Oberösterreich
Die Landwirtschaftskammer drängt weiterhin        kamen mit der neuen Abgrenzung rund 14.000
darauf im Rahmen des nächsten Programmes          Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche neu ins
zur Ländlichen Entwicklung sowohl die Investi-    benachteiligte Gebiet, im Gegenzug sind rund
tionsförderung als auch das Umweltprogramm        7.000 Hektar herausgefallen. Österreichweit
ÖPUL auf zielgerichtete Maßnahmen zur Ver-        betrachtet sind einerseits rund 60.000 Hektar
ringerung der Ammoniak-Emissionen auszu-          landwirtschaftliche Nutzfläche aus dem be-
richten und dafür zusätzliche Budgetmittel zur    nachteiligten Gebiet herausgefallen und ande-
Verfügung zu stellen. Das größte Reduktions-      rerseits ca. 34.000 Hektar neu dazugekommen.
potenzial wird in der bodennahen Ausbringung      Größter Verlierer im Bundesländervergleich ist
von Wirtschaftsdüngern gesehen. Daher muss        das Burgenland. Die negativen Auswirkungen
die Maßnahme bodennahe Wirtschaftsdünger-         der Neuabgrenzung konnten von der Landwirt-
ausbringung im neuen Programm massiv aus-         schaftskammer in einem mehrjährigen Ver-
gebaut und finanziell auch besser dotiert wer-    handlungsprozess wesentlich entschärft, aber
den.                                              nicht völlig beseitigt werden.

                                                                                                                    | 11
Agrarpolitik

                       Novelle Natur- und Landschaftsschutzgesetz          übersteigt. Das Anerbengesetz hat somit eine
                       mit Deregulierung                                   zentrale Bedeutung: Es erhält die bäuerliche
                       Einen Kernpunkt der Novelle bildet die Dere-        Liegenschaft im Erbgang als Einheit. Die Be-
                       gulierung bei naturschutzrechtlichen Bestim-        messung der Zahlungen an die weiteren Erben
                       mungen für Forststraßenprojekte und im Ufer-        erfolgt nach dem Wohlbestehenkönnen und
                       schutzbereich von Seen, Flüssen und Bächen          damit vorrangig auf Basis von Ertragswerten.
                       einerseits und andererseits die Umsetzung der       Weiters dienen die Regelungen des Gesetzes als
                       „Aarhus-Konvention“ im unionsrechtlich gebo-        Maßstab bei Übergaben und für darauffolgende
                       tenen Ausmaß. Um ein Ausufern der Beschwer-         Pflichtteilsansprüche. Im vorangegangenen An-
 Naturschutz mit Au-   demöglichkeiten von NGOs zu unterbinden             erbengesetz waren land- und forstwirtschaftli-
 genmaß.               wurde in der Novelle eine Einschränkung der         che Betriebe, nicht aber die reinen Forstbetriebe
                       Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten auf       (innerhalb weiterer Voraussetzungen) erfasst.
                       das nach dem EU-Recht erforderliche Ausmaß          Die Landwirtschaftskammer forderte bereits
                       festgelegt. Neue Doppelgleisigkeiten wurden         seit Jahren die Aufnahme reiner Forstbetriebe
                       dadurch vermieden, dass entweder der Umwelt-        in den Geltungsbereich des Anerbenrechtes. Mit
                       anwalt oder die NGOs an Naturschutzverfahren        dem im vergangenen Jahr beschlossenen Zivil-
                       zu beteiligen sind. Die Landwirtschaftskammer       rechtsänderungsgesetz wurden nun auch reine
                       setzte sich dafür ein, dass es zu Einschränkungen   Forstbetriebe in den Geltungsbereich des Aner-
                       der Bewilligungspflicht bei zahlreichen gelände-    benrechtes aufgenommen. Weiters wurde eine
                       verändernden Maßnahmen kommt und die An-            Anpassung der Grenze (vorher zwei Personen)
                       tragstellung insbesondere bei kleineren Projek-     ab der eine Liegenschaft als Erbhof gilt, vorge-
                       ten vereinfacht wird. Die meisten Probleme hatte    nommen. Der Wertansatz für die Erbhofgrenze
                       die Land- und Forstwirtschaft vorher damit, dass    brachte die Land- und Forstwirtschaft in den vo-
                       fast alle Eingriffe in das Landschaftsbild und in   rangegangenen Jahren zunehmend in Bedräng-
                       den Naturhaushalt im 50 Meter Bereich von Bä-       nis, da der ermittelte Durchschnittsertrag, auch
                       chen von der Behörde geprüft werden mussten.        wenn Betriebsumstellungen und objektive Ver-
                       Diese umfassende Prüfpflicht wurde mit der No-      hältnisse miteinkalkuliert wurden, häufig nicht
                       velle auf wenige Bewilligungstatbestände einge-     mehr dafür ausreichte, eine angemessene Erhal-
                       schränkt. Weitere wichtige Punkte für die Land-     tung von zumindest zwei erwachsenen Personen
                       wirtschaftskammer waren:                            zu gewährleisten. Mit der Absenkung der Erbhof-
                         „ eine deutliche Verminderung des Flächen-        grenze auf eine Person wurde einer dringenden
                           verbrauches durch Einschränkungen beim          Forderung aus der bäuerlichen Praxis entspro-
                           ökologischen Ausgleich                          chen. Aufgrund der Weiterentwicklung in der
                         „ dass die Umwelthaftung für die Land- und        Land- und Forstwirtschaft sind heute auf vielen
                           Forstwirtschaft nicht verschärft wird und
                                                                           Betrieben nur mehr 1 bis 1,5 eigene Arbeitskräfte
                         „ eine praktikable Regelung für den Nachweis,
                                                                           tätig. Es drohte daher die Gefahr, dass viele leis-
                           dass eine Anlage, zB eine Drainage oder
                           Überfahrt oder einen Bach vor der Genehmi-      tungsfähige Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe
                           gungspflicht errichtet wurde                    nicht mehr vom Anwendungsbereich des Aner-
                                                                           benrechtes erfasst gewesen wären.
                       Erleichterungen wurden auch für die Errichtung
                       bzw. bei den Verbesserungen für Forststraßen        Massive Engerlingsproblematik in mehreren
                       vorgesehen. Mit der beschlossenen Naturschutz-      Landesteilen
                       gesetznovelle wurden so nachhaltig wirksame         In mehreren Regionen des Landes haben sich
                       Maßnahmen zur Deregulierung im Naturschutz-         2019 vor allem auch aufgrund der wiederholten
                       bereich gesetzt.                                    Dürresituation dramatisch hohe Engerlings-
                                                                           populationen entwickelt. Um über die bereits
                       Novellierung Anerbengesetz                          bestehenden Möglichkeiten der Bekämpfung
                       Das Anerbenrecht soll eine Zerschlagung wirt-       hinausgehende Maßnahmen zu ermöglichen
                       schaftlich lebensfähiger landwirtschaftlicher       und um den zum Teil massiven Engerlingbefall
                       Betriebe verhindern und legt fest, unter welchen    einzudämmen bzw. eine weitere Ausbreitung zu
                       Voraussetzungen ein Betrieb als Erbhof gilt. Das    verhindern, wurde ein sanktions- und rückzah-
                       vorangegangene Anerbengesetz legte folgende         lungsfreier Ausstieg aus der ÖPUL-Maßnahme
                       Definition fest: Erbhöfe sind mit einer Hofstelle   „Vorbeugender Grundwasserschutz Grünland“
                       versehene land- oder forstwirtschaftliche Be-       ermöglicht. Aber auch bei Teilnahme an der
                       triebe, die einen Durchschnittsertrag aufweisen,    Maßnahme „Vorbeugender Grundwasserschutz
                       welcher zumindest zur angemessenen Erhaltung        Grünland“ gibt es Möglichkeiten der Engerlings-
                       von zwei erwachsenen Personen ausreicht, je-        bekämpfung, die mit den Bestimmungen dieser
                       doch das zwanzigfache dieses Ausmaßes nicht         Maßnahmen vereinbar sind. Die oberösterrei-

 12 |
Agrarpolitik

chische Grünlandwirtschaft steht angesichts
des voranschreitenden Klimawandels und einer
auf vielen Standorten gegebenen Nährstoffun-
terversorgung vor erheblichen Herausforderun-
gen. Von der Landwirtschaftskammer wurde
daher mit Unterstützung des Landes OÖ eine
breit angelegte Bildungs- und Beratungsiniti-
ative für den Bereich Grünland konzipiert und
deren Umsetzung zum Ende des Berichtsjahres
gestartet. Ziel dieser Initiative ist es, dass von
den Teilnehmern einzelbetriebliche Strategien
zur Grünlandbewirtschaftung und zur Sicherung
von dessen Ertragsfähigkeit erarbeitet werden.
Auf vielen Betrieben sind grundlegende Ände-
rungen in den Bewirtschaftungskonzepten er-
forderlich, um dauerhaft wieder entsprechende
Grünland-Massenerträge als zentrale Grundlage
für die Viehhaltung zu erzielen.

Freihandel: Mercosur-Abkommen vorerst
abgewehrt
Nach langjährigen Verhandlungen erzielte die
EU Ende Juni 2019 eine politische Einigung für
ein EU-Mercosur-Freihandelsabkommen. Die-
ses würde vor allem zu Lasten der heimischen
Rinder-, Geflügel- und Rübenbauern gehen und
                                                                                                                    LK OÖ
wurde daher von der Landwirtschaftskammer
vehement abgelehnt. Dies betrifft insbesondere
die vorgesehenen Importkontingente für Rind-
fleisch (99.000 Tonnen, Zollsatz 7,5 Prozent), Ge-   halten wurden. Dabei geht es insbesondere
flügelfleisch (180.000 Tonnen, Nullzoll), Zucker     auch um die Rückverfolgbarkeit der Produk-
(180.000 Tonnen, Nullzoll) und Ethanol (650.000      te im Fleischsektor. Ein weiterer wesentlicher
Tonnen, zollbegünstigt). Weitere Zugeständnis-       Punkt sind die Klimaauswirkungen dieses Ab-
se betreffen Importkontingente für Schweine-         kommens. Einerseits gehen zusätzliche Flei-
fleisch und einzelne Molkereiprodukte. Die EU        schexporte aus Südamerika oft zu Lasten des
hat damit insbesondere sehr substantielle Zuge-      Regenwaldes, andererseits erfolgt die Endmast      Engerlinge plagten
ständnisse bei Rind- und Geflügelfleisch sowie       von Fleischrindern in Südamerika im Rahmen         Grünlandbetriebe.
Zucker und Ethanol gemacht. Im Gegenzug sind         sogenannter „Feedlots“ vorwiegend mit Kraft-
die für die EU-Landwirtschaft gewährten Export-      futter. Damit weist die Rindfleischproduktion in
chancen äußerst überschaubar. Auf Drängen der        Südamerika auch ohne Berücksichtigung des
Landwirtschaftskammer hat sich der EU-Unter-         Transports eine wesentlich schlechtere Klima-
ausschuss des Nationalrates im September 2019        bilanz als die heimische Fleischproduktion auf.
gegen das Inkrafttreten von Mercosur ausge-
sprochen. Das Mercosur-Abkommen wurde in             EU-USA-Rindfleischdeal ändert
der derzeit vorliegenden Form abgelehnt und          Gesamtimportquote nicht
ein verbindliches Veto eingelegt. Das Veto gegen     Die EU legte vor zehn Jahren eine Quote fest,
Mercosur bindet die Bundesregierung bei ihrer        wodurch ein andauernder Streit über die Einfuhr
Teilnahme an EU-Ratstagungen. Für das Inkraft-       nicht hormonbehandelten Rindfleisches in die
treten wäre sowohl Einstimmigkeit im Rat als         EU beigelegt werden konnte. Bereits Mitte Juni
auch die Zustimmung des Europäischen Parla-          2019 hatte die EU-Kommission angekündigt,
                                                                                                        Freihandel:   Nicht
mentes erforderlich. Vorerst zeichnete sich aber     dass ab 2020 Teile des globalen EU-Einfuhrkon-
                                                                                                        zulasten heimischer
auch auf Ebene des Europäischen Parlamentes          tingentes – das sowohl für die USA als auch Län-   Landwirtschaft.
keine Zustimmung für das Mercosur-Abkommen           der wie Australien, Uruguay und Argentinien
ab. Die Landwirtschaftskammer erinnerte daran,       gilt – von jährlich 45.000 Tonnen für US-Händler
dass es in den letzten Jahren insbesondere bei       reserviert werde. Nach einer Übergangszeit von
Fleischimporten aus Brasilien immer wieder zu        sieben Jahren können aus den USA ca. 35.000
Beanstandungen gekommen ist, weil durch die          Tonnen Rindfleisch zollbegünstigt nach Europa
EU vereinbarte Mindeststandards nicht einge-         exportiert werden. Diese Quote geht allerdings

                                                                                                                        | 13
Agrarpolitik

                          zu Lasten anderer großer Rindfleischexporteu-       die CO2-Speicherung im Humus, die Grundlage
                          re wie Argentinien, Uruguay und Australien, da      für Pflanzenwachstum und in Folge der Artenviel-
                          diese ihre Anteile an der globalen EU-Quote         falt, sind aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grund
                          reduzieren müssen. Die Gesamtimportquote            forderte die Landwirtschaftskammer Oberöster-
                          von 45.000 Tonnen pro Jahr bleibt damit kon-        reich die Etablierung von Flächenbilanzen und die
                          stant. Die USA produzieren zu wesentlich hö-        Ausweisung sogenannter „landwirtschaftlicher
                          heren Kosten als die anderen Drittstaaten im        Produktionsflächen“. Zum Schutz von Nutzflä-
                          Rahmen des Abkommens. „Preisaggressive              chen sollen landwirtschaftliche Vorrangflächen
                          Lieferanten“ aus Südamerika verlieren durch         ausgewiesen werden, die auch in Flächenwid-
                          das Abkommen Anteile in Richtung der weniger        mungsplänen zu übernehmen sind. Über das OÖ.
                          preisaggressiven US-Lieferanten. Somit ist aus      Raumordnungsgesetz wäre dies derzeit schon
                          dem Abkommen kein verstärkter Marktdruck            grundsätzlich möglich. Der übermäßige Boden-
                          für den EU-Rindfleischmarkt zu erwarten. Zu         verbrauch führt vor allem in Ballungsräumen dazu,
                          beachten ist aber, dass die Rinderhaltung in der    dass der Boden der landwirtschaftlichen Nutzung
                          EU und in Österreich nach höchsten Standards        entzogen wird. Die Ressource Boden kann jedoch
                          und strengen Auflagen erfolgt. Ein Verwässern       nicht vermehrt werden. Zudem steigen die Prei-
                          dieser Standards und Wettbewerbsdruck durch         se fruchtbarer Acker- und Wiesenflächen in guter
                          Importe aus Drittländern sind jedenfalls kritisch   Lage ständig an. Aufgrund der hohen Preise
                          zu beurteilen und eine transparente Herkunfts-      werden Grund und Boden zunehmend zum Spe-
                          kennzeichnung unerlässlich.                         kulations- und Anlageobjekt und dienen dann oft
                                                                              nicht mehr im nötigen Umfang als Grundlage für
                          ROG-Novelle: Reduktion Bodenverbrauch               die landwirtschaftliche Produktion. Im Rahmen
                          unabdingbar                                         der Novellierung des OÖ. Raumordnungsgeset-
                          Anlässlich der bevorstehenden Novelle des OÖ.       zes sollte daher dem quantitativen Bodenschutz
                          Raumordnungsgesetzes forderet die Landwirt-         verstärkte Bedeutung zukommen. Für das Bauen
                          schaftskammer OÖ die Erhaltung landwirtschaft-      im Grünland fordert die Landwirtschaftskammer
  Boden ist unser Kapi-   licher Produktionsflächen über das Instrument       die generelle Möglichkeit, bis zu 3 Wohnungen für
  tal.
                          der Raumordnung ein. Der sorgsame Umgang            die Familie neu errichten zu können. Ein Auszugs-
                          mit dem Boden ist die wichtigste Voraussetzung,     haus soll jedenfalls auch möglich sein. Auch Neu-
                          um die Eigenversorgung mit Nahrungs- und Fut-       bauten im Grünland für die gewerbliche Be- und
                          termitteln weiterhin zu sichern. Wichtige Boden-    Verarbeitung eigener Produkte sollen ermöglicht
                          funktionen wie zB die Wasserrückhaltefähigkeit,     werden.

                                                                                                                     LK OÖ

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