Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...

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Un seul monde              NR. 3
                           SEPTEMBER 2007

Un solo mondo              DAS DEZA-MAGAZIN
                           FÜR ENTWICKLUNG
                           UND ZUSAMMENARBEIT

Eine Welt                   www.deza.admin.ch

           1,3 Milliarden Jugendliche in
            Entwicklungsländern – eine
                       einmalige Chance
                      Kuba und seine schwer
                   wiegenden Abhängigkeiten
               Der Kampf gegen Korruption ist
                 auch ein Kampf gegen Armut
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DOSSIER                                                                   Ein Schalter – viele Dienstleistungen
                                                                                                                In Vietnam verbreiten sich die von der DEZA initiierten
                                                                                                                «One-stop Shops» in Windeseile

                                                                                                                24

                                                                                                            FORUM

                                             JUGEND UND ENTWICKLUNG
                                             Jugend – eine einmalige Chance
                                             1,3 Milliarde junge Menschen leben in Entwicklungsländern
                                             und noch nie war der Zeitpunkt besser, in sie zu investieren

                                             6                                                                  Ob Moskau, Zürich oder Bogotá: Korruption
                                                                                                                gibt’s überall
                                             Delhi, Nairobi, Tirana, Managua                                    Der Kampf gegen die Korruption hat in der
                                             Vier junge Frauen im Portrait                                      Entwicklungszusammenarbeit
                                                                                                                höchste Priorität – auch für die DEZA
                                             10, 14
                                             Ein Haus der Hoffnung in Lahore
                                                                                                                26
                                             Wie nötig das Engagement für Jugendliche ist,                      Alltag im Wohnblock
                                             veranschaulicht ein Projekt im pakistanischen Punjab               Die vietnamesische Schriftstellerin Phan Thi Vang Anh
                                                                                                                über kläffende Hunde und flexible Hausverwalter
                                             12

    Inhalt
                                                                                                                29

                                      HORIZONTE                                                             KULTUR

                                             Ein halbes Jahrhundert kubanische Revolution                       Sufis in Trance und Berberfeste aus dem
                                             Ein Länderportrait jenseits von Castro, Zigarren und Musik         Hohen Atlas
                                                                                                                In Marokko werden verschiedene Musikstile und
                                             16                                                                 Tänze gepflegt, von denen einige am Festival
                                             La Habana – ein ganz gewöhnlicher Tag                              «Les nuits du Maroc» präsentiert werden
                                             Marta María Ramírez über ihren Alltag in Havanna                   30
                                             20
                                                                                                                Editorial                                                  3
                                      DEZA                                                                      Periskop                                                   4
                                                                                                                Einblick DEZA                                             25
                                             Die historische Chance nutzen – jetzt!                             Was eigentlich ist ... der Human
                                             DEZA-Direktor Walter Fust über Jugendliche als Partner und         Development Index?                                        25
                                             eigenverantwortliche Akteure von Entwicklungsprozessen             Service                                                   33
                                             21                                                                 Impressum                                                 35

                                             Gutes Fundament für Handwerker in Burkina Faso
                                             Eine von der Schweiz unterstützte Arbeitsgruppe fördert            Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die Agentur
                                             im westafrikanischen Land die Berufslehre                          der internationalen Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement
                                                                                                                für auswärtige Angelegenheiten (EDA), ist Herausgeberin von «Eine Welt».
                                             22                                                                 Die Zeitschrift ist aber keine offizielle Publikation im engeren Sinn; in ihr
                                                                                                                sollen auch andere Meinungen zu Wort kommen; deshalb geben nicht
                                                                                                                alle Beiträge unbedingt den Standpunkt der DEZA und der Bundes-
                                                                                                                behörden wieder.

2   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
Editorial

Frei im Kopf und im Herzen

Unserer letzten Nummer haben wir die Broschüre «Die               beispielsweise rebellierte 1953 Fidel Castro im Alter von 27
Schweiz in der Welt – die Welt in der Schweiz» beigelegt.         Jahren gegen das korrupte Batista-Regime (siehe unser
Die Analyse vermittelt ein differenziertes Bild wie die           Länderportrait über Kuba S. 16). Worüber die junge kuba-
Schweiz politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich mit der    nische Journalistin Marta María Ramírez in der Gegenwart
Welt verknüpft ist und welchen Stellenwert die Entwick-           sinniert, lesen Sie auf Seite 20.
lungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe dabei ein-
nehmen. Das Echo von Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser,          In den meisten unserer Partnerländer leben mehr Jugend-
war überwältigend, die Nachfrage und Nachbestellungen             liche als Erwachsene – in der Schweiz und den Industrie-
waren riesig. Es scheint, dass wir mit dem Thema eine In-         ländern generell ist eine gegenteilige Entwicklung festzu-
formationslücke füllen.                                           stellen. Wir überaltern. Doch ob hier oder dort – auf das Po-
                                                                  tenzial und die Fantasie der Jugendlichen kann keine
Jugend ist ein spezifischer Lebensabschnitt, eine Transi-         Gesellschaft verzichten. Deshalb will die DEZA die Kraft der
tionsphase, während der wir vom Kind zum Erwachsenen              Jugend in der Schweiz und vor allem das Potenzial der Ju-
werden, die Wirren der aufkeimenden Sexualität durchlau-          gend in unseren Partnerländern fruchtbar machen (siehe
fen, von abhängigen zu selbstständigen Wesen werden               auch DEZA-Standpunkt S. 21).
und uns vorbereiten, fortan als Erwachsene Verantwortung
für unser Handeln, die Gesellschaft und unsere Kinder zu          Auch bei der DEZA-Jahreskonferenz vom 14. September
übernehmen. Als Jugendliche sind wir noch frei im Kopf und        steht die Jugend im Zentrum. Dort werden Förderpreise an
im Herzen, haben Gerechtigkeitssinn und Träume – die uns          fünf von Jugendlichen eingereichte Entwicklungsprojekte
leider nur allzu oft später verloren gehen.                       verliehen. Die Preisverleihung wird die Schirmherrin dieser
                                                                  Aktion, Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey vorneh-
Wir sind alle mal jung gewesen und haben uns – mal mehr           men. Gleichzeitig wird sie an diesem Anlass gemeinsam mit
oder mal weniger – die Hörner abgestossen. In den Acht-           den anwesenden Jugendlichen zu Entwicklungsfragen und
ziger Jahren hiess es «Freie Sicht aufs Mittelmeer». Damals       zum Stellenwert der Schweiz in der Welt debattieren.
habe ich als Student die Zürcher Jugendunruhen und die
Bewegung hautnah miterlebt. Oft steht die Jugend am An-           Anregende Lektüre wünscht Ihnen
fang eines Entwicklungsprozesses – sowohl gesellschaft-
lich, wie wirtschaftlich, wie sozial. Das ist kein Privileg der   Harry Sivec
Schweizer Jugendlichen und schon gar nicht der heutigen           Chef Medien und Kommunikation DEZA
Zeit, sondern seit je ein Privileg der Jugendlichen. In Kuba

                                                                                                         Eine Welt Nr.3 / September 2007   3
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
Periskop                          Phantom-Angestellte
                                      (jls) Senegal ist den Betrügern
                                      unter den Beamten auf den
                                      Fersen. Gesundheits- und
                                      Erziehungsministerium haben
                                      ihren Personalbestand landesweit
                                      unter die Lupe genommen.
                                      Dabei hat sich gezeigt, dass der
                                      Staat tausende Beamte entlöhnt,
                                      die nicht mehr an ihrem
                                      Arbeitsplatz auftauchen, manche
                                      schon seit langem. So haben
                                      beispielsweise zahlreiche Ärzte
                                      die Ambulatorien auf dem Land

                                                                         UNEP / Still Pictures
                                      verlassen, um in Privatkliniken
                                      in der Stadt zu arbeiten, stehen
                                      aber weiterhin auf der staatli-
                                      chen Lohnliste. Kranken oder
                                      invaliden Beamten wird weiter-                             fordert Stephen Hall, General-    anhin die physische Grösse der
                                      hin Lohn ausgerichtet, obschon                             direktor des World Fish Center,   Länder, sondern die für die
                                      sie schon lange aufgehört haben                            ein radikales Umdenken: Fisch     Entwicklung eines Landes rele-
                                      zu arbeiten. Solche Praktiken                              muss nicht mehr aus den Welt-     vanten Faktoren proportional zu
                                      sind nicht nur in Senegal gang                             meeren gefangen werden, son-      ihrem Wert:Von der Gesundheit
                                      und gäbe. In Niger zeigte sich                             dern kann in Aquakultursyste-     über Einkommen, Reichtum,
                                      bei einer Buchprüfung, dass Jahr                           men kontrolliert in Seen,Tei-     Transport,Verbreitung von
                                      für Jahr 4,6 Milliarden FCFA                               chen oder in Küstengebieten       HIV/Aids, Nahrungsmittel,
                                      (11,5 Mio. Schweizer Franken)                              produziert werden. Er sieht       Nuklearwaffen bis hin zu Trink-
                                      an fiktive Beamte ausbezahlt                               darin ein enormes Potenzial:      wasserverbrauch, Kommunika-
                                      werden. In Mali blieben rund                               1970 stammten lediglich sechs     tion oder Umweltverschmut-
                                      3000 im Januar 2006 entlöhnte                              Prozent des Fischverzehrs aus     zung.Am gemeinsamen Projekt
                                      Beamte einen Monat später bei                              der Aquakultur – 2006 waren       «Worldmapper» (www.world-
                                      einer Überprüfung unauffind-                               es bereits 30 Prozent. Gemäss     mapper.org) der Universitäten
                                      bar. Und in Kamerun wurden                                 Schätzungen werden bis zum        von Sheffield (GB) und von
                                      gegen 4000 Betrüger überführt,                             Jahr 2020 bis zu 50 Prozent des   Michigan (USA) arbeiten seit
                                      was sich in Einsparungen in                                weltweit konsumierten Fischs      Jahren Forscher aus verschie-
                                      der Höhe von 12,5 Millionen                                aus Aquakulturen stammen,         densten Bereichen – und kreie-
                                      Schweizer Franken pro Jahr nie-                            davon 90 Prozent aus Entwick-     ren hunderte neuer Weltkarten.
                                      derschlagen dürfte.                                        lungsländern.                     «Sie können es erklären, Sie
                                                                                                                                   können es beweisen, Sie können
                                      Zukunftsträchtige Aquakultur                               Neue Weltkarten                   es in Tabellen gliedern», sagt
                                      (bf) Beim Thema Fisch befinden                             (bf) Es sind ganz andere Welt-    Professor Danny Dorling von
                                      sich Umweltschützer und                                    karten als wir sie kennen.        der Universität Sheffield, einer
                                      Entwicklungspolitiker in einem                             Eine neue Serie globaler Karto-   der Initianten des Projekts,
                                      tiefen Konflikt: Die Umwelt-                               gramme zeigt nicht wie bis        «doch erst, wenn Sie es wirklich
                                      schützer wollen möglichst einen
                                      vollständigen Fangstopp errei-
                                      chen; die Entwicklungspolitiker
                                      haben das Millennium-Ent-
                                      wicklungsziel vor Augen, die
                                      Zahl der unter extremer Armut
                                      und Hunger Leidenden bis 2015
                                      zu halbieren und denken dabei
                                      an die Millionen von Menschen
                                                                          worldmapper.org

                                      in Entwicklungsländern, für die
                                      Fisch oft die einzige tierische
                                      Proteinquelle ist.Als Lösung                               HIV – Verbreitung

4   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
Zeichnung von Martial Leiter

                               Korruption
                               plastisch vor Augen haben, be-      Agroforestry Centre zeigt nun     Menschen, genügend Regen             Freien Universität Berlin unter-
                               wirkt es etwas.»                    mit ebenso effizienten wie sim-   hat, um das sechs- oder sieben-      sucht insbesondere in Entwick-
                                                                   plen Methoden auf, wie Regen      fache seiner Bevölkerung mit         lungsländern die Einflussfakto-
                               Geernteter Regen                    «geerntet» werden kann und        Wasser zu versorgen. In einem        ren, welche die Anfälligkeit von
                               (bf) Afrika mag ein trockener       damit viele Regionen Afrikas      UNEP-Pilotprojekt sammeln            gesellschaftlichen Gruppen
                               Kontinent sein, pro Kopf hat es     vor Trockenheit bewahrt werden    Massai-Frauen in der Region          gegenüber den Folgen des
                               aber die grössere Niederschlags-    könnten. Eine Studie des          Kisamese südöstlich von Nairobi      Klimawandels bestimmen. Das
                               menge als Europa. Doch der          Zen-trums und des UNO-            erfolgreich Wasser in simplen        Resultat: In Entwicklungslän-
                               Regen geht oft sintflutartig nie-   Umweltprogramms UNEP              Behältern, Mini-Reservoirs oder      dern sind nicht alle Menschen
                               der, verursacht Überschwem-         kommt nämlich zum Schluss,        «Erd-Pfannen». Die Frauen            gleichermassen betroffen. Die
                               mungen und versickert oder          dass beispielsweise Kenia, mit    ersparen sich dadurch täglich        Folgen solcher Krisen werden
                               verdampft schnell. Das World        seinen knapp 40 Millionen         vier Stunden Fussmarsch zur          vielmehr durch vorhandene
                                                                                                     nächsten Wasserstelle; das Rest-     soziale Ungleichheiten verstärkt,
                                                                                                     wasser fördert den Baum- und         wie Untersuchungen in Nica-
                                                                                                     Gebüschbestand und kann gar          ragua und Tansania gezeigt ha-
                                                                                                     für kleine Pflanzflächen verwen-     ben: So etwa durch die unglei-
                                                                                                     det werden.                          che Wohlstandsverteilung oder
                                                                                                                                          durch die Zugangsbedingungen
                                                                                                     Gnadenloser Klimawandel              innerhalb dieser Länder zu so-
                                                                                                     (bf) Das Klima verändert sich,       zialen Sicherungssystemen und
                                                                                                     und menschliche Aktivitäten          Basisgütern wie beispielsweise
                                                                                                     tragen in erheblichem Umfang         Wasserversorgung oder resis-
                                                                                                     dazu bei: Darüber sind sich          tentem Saatgut. So trifft denn,
                                                                                                     mittlerweile weltweit die            wen erstaunt’s, der Klimawandel
                                                                                                     Wissenschafter einig. Doch wen       vor allem die sozial Schwächsten
                                                                                                     trifft dieser Wandel am stärksten?   der Armen.
                REA / laif

                                                                                                     Ein Forschungsprojekt an der

                                                                                                                                                       Eine Welt Nr.3 / September 2007   5
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
D O S S I E R

                6   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
Jugend

                                Jugend – eine
                                einmalige Chance
                                Der Jugend gehört die Welt von morgen. Wie diese Welt aus-
                                sehen wird, entscheidet sich aber bereits heute. Ein zentraler
                                Aspekt dabei: Die Zukunftsperspektiven sind eng mit den
                                Chancen und Möglichkeiten verknüpft, die Kinder und Ju-
                                gendliche – nicht nur in Entwicklungsländern – heute in Sachen
                                Ausbildung, Jobs oder Mitbestimmung erhalten. Von Gabriela
                                Neuhaus.
                                                                                                                                             Was ist Jugend?
                                                                                                                                             Jugend ist die Lebens-
                                Khyber, ein Bergdorf im pakistanischen Kara-            Insgesamt leben laut UNO-Statistiken rund 1,3        phase zwischen Kindheit
                                korum-Gebirge.Die Kinder und Jugendlichen hier          Milliarden junge Menschen im Alter zwischen 12       und Erwachsensein, oft
                                haben Ziele und Träume – wie überall auf der Welt.      und 24 Jahren in Entwicklungsländern. Ihnen und      verwendet man dafür auch
                                                                                                                                             den Begriff Adoleszenz.
                                «Ich möchte Pilot werden, und ich möchte etwas          ihrer Zukunft hat die Weltbank den diesjährigen      Dabei ist die genaue al-
REA / laif

                                für mein Dorf tun», sagt der 12jährige Golan. Sein      Entwicklungsbericht gewidmet. «Der Zeitpunkt,        tersmässige Abgrenzung
                                Banknachbar will in die Stadt und Ingenieur wer-        in die Jugend der Entwicklungsländer zu investie-    je nach Kultur und Lebens-
                                den, ein anderer Arzt – ein Mädchen will Lehre-         ren war noch nie besser als heute», schreibt Paul    kontext sehr unterschied-
                                                                                                                                             lich. Die UNO definiert
                                rin werden, seine Freundin Ärztin.                      Wolfowitz in seinem Vorwort zum Entwicklungs-        Jugendliche als Menschen,
                                Auch der 17jährige Stéphane,er besucht das Gym-         report 2007.                                         die älter als 15 und jünger
                                nasium in der vom Bürgerkrieg gezeichneten Stadt                                                             als 25 Jahre alt sind. Die
                                Man an der Elfenbeinküste,weiss was er will.Doch        Chancen und Risiken                                  Abgrenzungen sind aller-
                                                                                                                                             dings nicht ganz eindeutig:
                                dafür muss er hart kämpfen: Um das Schulgeld            Statt «besser» hätte auch «dringender» stehen kön-   So unterscheidet die UNO
                                bezahlen zu können, versucht er, in der schulfrei-      nen. Laut Unesco besuchen nach wie vor 103           zusätzlich zwischen Teen-
                                en Zeit als Strassenverkäufer ein paar Francs zu ver-   Millionen Kinder keine Schule,96 Prozent von ih-     agern (13 bis 19), jungen
                                                                                                                                             Erwachsenen (20 bis 24)
                                dienen. Und wenn er irgendeine Möglichkeit              nen leben in Entwicklungsländern. Schätzungs-        und in der UNO-Kinder-
                                findet, will er weg aus seiner Heimat, wo er keine      weise 800 Millionen junge Menschen leben mit         rechtskonvention werden
                                Perspektive sieht.Weg, wie so viele seiner Alters-      weniger als 2 Dollar pro Tag – auch hier der weit-   0 bis 18jährige als Kinder
                                genossen – am liebsten nach Europa.                     aus grösste Teil in Ländern des Südens und des       bezeichnet. Im Entwick-
                                                                                                                                             lungsbericht der Weltbank
                                                                                        Ostens, doch Jugendarbeitslosigkeit und -Armut       sind Jugendliche als
                                Günstiger Zeitpunkt                                     unter Jugendlichen nehmen auch in den Industrie-     Menschen zwischen 12 bis
                                Jugendliche bilden heute global gesehen die gröss-      ländern drastisch zu.                                24 definiert.
                                te Altersgruppe,die Hälfte der Weltbevölkerung ist      Trotzdem sprechen die Weltbankökonomen in
                                                                                                                                             Lebensumstände
                                unter 25jährig. Weltweit haben sich die Überle-         ihrem Bericht von einem historisch einmaligen        Jugendliche leben, je nach
                                benschancen von Kindern und Jugendlichen seit           demografischen Zeitfenster. «Die Chancen sind        gesellschaftlichem und
                                den 1950er Jahren dank Fortschritten in der me-         gewaltig, da viele Länder über mehr qualifizierte    kulturellem Kontext, in
                                                                                                                                             sehr unterschiedlichen
                                dizinischen Versorgung und bei der Ernährung            Arbeitskräfte mit weniger unterhaltsberechtigten
                                                                                                                                             Situationen: Mancherorts
                                enorm verbessert, was zu einer Zunahme der jun-         Angehörigen verfügen werden.Diese jungen Men-        müssen bereits kleine
                                gen Bevölkerung geführt hat.                            schen müssen jedoch gut vorbereitet werden, da-      Kinder selber für ihren
                                Während infolge sinkender Geburtenraten das Be-         mit sie Arbeitsplätze schaffen und finden können»,   Lebensunterhalt aufkom-
                                                                                                                                             men, andernorts werden
                                völkerungswachstum in Industrie-, aber auch in          erläuterte der Weltbank-Chefökonom François          junge Menschen von ihren
                                verschiedenen Schwellenländern wie China oder           Bourguignon anlässlich der Veröffentlichung des      Familien unterstützt, bis sie
                                Thailand stark zurückgegangen ist, verzeichnen          Berichts im September 2006.                          gegen 30 Jahre alt sind.
                                Staaten wie Indien oder Länder im südlichen Afri-       Mit anderen Worten: Wenn jetzt nicht sofort          Während in westlichen
                                                                                                                                             Ländern das Heiratsalter
                                ka nach wie vor einen beträchtlichen Geburten-          wirksam gehandelt wird, ist die einmalige Mög-       immer höher wird, sind
                                überschuss.Verbunden mit der im Vergleich zum           lichkeit verpasst. Nur wenn für die aktuelle Gene-   nach wie vor in zahlreichen
                                Norden geringeren Lebenserwartung führt dies            ration von Jugendlichen entsprechende Vorausset-     Gesellschaften Kinderhei-
                                                                                                                                             raten an der Tagesordnung,
                                dazu, dass der Anteil an unter 25jährigen in man-       zungen geschaffen werden, sind diese bevölke-
                                                                                                                                             viele junge Mädchen zwi-
                                chen Ländern 70 Prozent der Bevölkerung oder            rungsreichen Jahrgänge auch in der Lage, den
Caroline Penn / Panos Strates

                                                                                                                                             schen 14 und 18 werden
                                sogar mehr beträgt.                                     geforderten grossen Schritt nach vorne in die Wege   Mütter.

                                                                                                                                                   Eine Welt Nr.3 / September 2007   7
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
Riehle / laif

                                                                                                                     ernst genommen Der neue Ansatz widerspiegelt
                                                                                                                     auch im zitierten Weltbankreport, zu dessen Ent-
    «Wir hören ständig, wir                                                                                          stehung über 3000 Jugendliche aus 26 Entwick-
    seien die Zukunft – uns
    frustriert aber, dass wir
                                                                                                                     lungsländern mit beigetragen haben: Experten
    nicht die Gegenwart sein                                                                                         erarbeiteten mit ihnen gemeinsam einen Bericht,
    dürfen.»                                                                                                         der sich auf die konkreten Erfahrungen der Ju-
    Argentinien                                                                                                      gendlichen in den verschiedenen Ländern stützt
                                      Jörg Böthling / agenda

    «Eine meiner Nachbarin-                                                                                          und als Basis für künftige Verbesserungen dienen
    nen ist ein intelligentes                                                                                        kann. So äussern sich die Jugendlichen selber zu
    Mädchen, aber sie kann                                                                                           Themen wie Ausbildung oder Jobsuche und for-
    nicht zur Schule weil ihre
                                                                                                                     mulieren Kritik und Erwartungen an Regierun-
    Mutter die 250 Lempiras
    für die Einschreibegebüh-                                                                                        gen und Entwicklungsagenturen aus eigenem Er-
    ren nicht hatte.»                                          zu leiten. Die Weltbank nennt fünf Bereiche, in       leben.
    Honduras                                                   welchen das Potenzial der jugendlichen Bevölke-
    «Partizipation ist manchmal
                                                               rung gefördert werden müsse:Ausbildung,Arbeit,        Aktive Mitgestaltung
    unbequem, weil du dein                                     Gesundheit, Familienplanung und Ausübung von          Einen Schritt weiter gehen jene Projekte und Pro-
    Ego zurückstellen und an                                   Mitspracherechten.                                    gramme der heutigen Entwicklungszusammenar-
    die andern denken musst.»                                                                                        beit, welche nicht nur Erfahrungen und Meinun-
    Argentinien
                                                               Eigenständige Gruppe                                  gen der betroffenen Jugendlichen einholen, son-
    «Mein Freund fragte den                                    Der Fokus auf die Förderung von Kindern und           dern diese auch aktiv in die Gestaltung und
    Lehrer: Warum studieren                                    Jugendlichen in der Entwicklungszusammenarbeit        Umsetzung mit einbeziehen.
    wir diesen Vektor? Der                                     ist nicht neu. Lange Zeit wurden sie aber nicht als   «Unsere Erfahrungen zeigen immer deutlicher,
    Lehrer antwortete: Um das
    Examen zu bestehen.»                                       eigenständige Bevölkerungsgruppe wahrgenom-           dass die Partizipation der Jugend unverzichtbar ist
    Nepal                                                      men, sondern stets als Teil einer Familie, einer      für gesellschaftlichen Wandel und Demokratisie-
                                                               Dorfstruktur etc. Dies änderte sich erst mit der      rung», erklärte Wolfgang Jessen, damaliger GTZ-
    «Studieren ist nur für Leute
    einer höheren Kaste, nicht
                                                               Zeit.                                                 Fachplaner für Jugendprojekte anlässlich der Es-
    für jemanden wie dich.»                                    Ein erster Sensibilisierungsprozess wurde mit dem     chborner Fachtage von 2003.
    Nepal                                                      internationalen UNO-Jahr des Kindes 1985 in die       So werden zum Beispiel seit 1997 im Rahmen ei-
                                                               Wege geleitet.1989 verabschiedete die UNO dann        nes GTZ-Projekts in Südafrika Gewaltprävention
    «Der Lehrer gibt vor zu leh-
    ren, der Schüler gibt vor zu
                                                               die Kinderrechtskonvention zum Schutz von Kin-        und Jugendförderung miteinander verbunden:Jun-
    lernen und der Staat gibt                                  dern und Jugendlichen unter 18 Jahren, die heute      ge Frauen und Männer aus vernachlässigten Stadt-
    vor, seine Aufgabe zu erfül-                               von allen Mitgliederländern ratifiziert ist. Damit    quartieren erhalten eine Kurzausbildung als «Com-
    len.»                                                      wurde in zahlreichen Ländern erstmals eine spe-       munity Peaceworkers». Ein Jahr lang leisten sie
    Brasilien
                                                               zifische Gesetzgebung zum Schutz von Kindern          Freiwilligenarbeit.Während dieser Zeit bietet ih-
    Zitate von Jugendlichen                                    und Jugendlichen initiiert.                           nen das Projekt Berufsberatung und Kurse z.B. in
    aus Entwicklungsländern,                                   Eine weitere Neuerung,die noch jüngeren Datums        Wirtschaftsenglisch oder Computer an.
    aus dem Bericht «Young
    People Speak out. Youth
                                                               ist, betrifft den Zugang der Entwicklungsagentu-      Von den rund 450 jungen Menschen,die bisher am
    Consultations for the World                                ren zu den Jungen. Sie werden als Bevölkerungs-       Projekt teilgenommen haben, fanden 80 Prozent
    Development Report 2007»                                   gruppe nicht nur wahr-, sondern als Partner auch      nach dem Freiwilligenjahr eine feste Anstellung –

8   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
Tatlow / laif
                                                                                                                                                          Jugend

                                                                                                                                                         Bildungsangebot
                                                                                                                                                         Im Rahmen des DEZA-
                                                                                                                                                         Jahresthemas «Jugend
                                                                                                                                                         und Entwicklung» erarbei-
                                                                                                                                                         ten die Stiftung Bildung
                                                                                                                                                         und Entwicklung und
                                                                                                                                                         Alliance Sud im Auftrag
                                                                                                                                                         der DEZA ein Bildungsan-
                                                                                                                                                         gebot zum Themenbereich
                                                                                                                                                         «Jugend und Arbeit». Das
                                                                                                                                                         Lehrmittel richtet sich an
                                                                                                                                                         Berufsschulen und ermög-
                                                                                                                                                         licht den Lehrpersonen,
                                                                           Michael Riehle / laif
Silke Wernet / laif

                                                                                                                                                         das Thema im Unterricht
                                                                                                                                                         im globalen Kontext und
                                                                                                                                                         im Zusammenhang mit
                                                                                                                                                         weltwirtschaftlichen Ent-
                                                                                                                                                         wicklungen zu erarbeiten.
                      gleichzeitig ging die Kriminalitätsrate in den be-                           Junge Menschen in Entwicklungsländern sind von        Die Schüler lernen ihre
                      troffenen Quartieren merklich zurück.                                        Problemen wie zum Beispiel Armut, HIV/Aids,           eigene Arbeitssituation mit
                                                                                                                                                         derjenigen von Jugendli-
                      Aktive Mitgestaltung soll aber nicht nur von den                             Migration ganz besonders betroffen:Viele können       chen in Ost und Süd zu
                      Ärmsten selber geleistet werden: Es gibt zahlrei-                            keine Schule besuchen, weil das Geld fehlt.Viele      vergleichen, sowie auch
                      che Möglichkeiten für Jugendliche aus aller Welt,                            sind Waisen,weil ihre Eltern an Aids gestorben sind   Parallelen und Ähnlichkei-
                      die auch rege genutzt werden, im Rahmen eines                                oder die Familienstruktur trägt nicht mehr,weil El-   ten herauszuarbeiten und
                                                                                                                                                         zu analysieren. Über den
                      Austauschjahres, sozialer Arbeit oder gemeinsamer                            tern im Ausland versuchen, den Lebensunterhalt        Perspektivenwechsel
                      Projekte, an den globalen Herausforderungen, die                             der Familie zu bestreiten.                            entwickeln sie Verständnis
                      sich dieser neuen Generation stellen, mitzugestal-                           Kinder, die in Kriegsgebieten aufwachsen, kennen      für andere Arbeits- und
                      ten.                                                                         keine Sicherheit, sind an Leib und Leben bedroht,     Lebenswelten. Das Lehr-
                                                                                                                                                         mittel wird von verschiede-
                      Die DEZA will mit Hilfe von Informations- und                                werden als Kindersoldaten missbraucht...Auf die-      nen Instrumenten beglei-
                      Kulturveranstaltungen sowie einem Wettbewerb                                 sen Kindern und Jugendlichen lastet nun die Hoff-     tet. Unter anderem unter-
                      entwicklungspolitisches Engagement auch bei Ju-                              nung für eine bessere Zukunft. Eine grosse Her-       stützen Postkarten mit
                                                                                                                                                         Bildern unterschiedlicher
                      gendlichen in der Schweiz wecken. Bereits gibt es                            ausforderung, die entsprechendes Engagement auf       Arbeitssituationen sowie
                      zudem zahlreiche Internetplattformen, in denen                               allen Ebenen voraussetzt.                             ein Fragebogen, eine
                      sich Jugendliche aus aller Welt miteinander aus-                             Dabei ist nicht nur eine quantitative Zunahme der     Webseite und ein Set von
                      tauschen können – auch zu spezifisch zukunfts-                               Mittel notwendig; vor allem auf der qualitativen      ausgewählten Filmen die
                                                                                                                                                         Erarbeitung der Themen
                      und entwicklungspolitischen Fragen.                                          Ebene müsste sich einiges ändern – hier sind neue     «Arbeit im Allgemeinen»,
                                                                                                   Visionen gefragt.Der eingeschlagene Weg in Rich-      «Arbeit hier und anderswo»
                      Qualität nicht Quantität                                                     tung vermehrter Einbindung der Jugendlichen sel-      und «Weltweiter Arbeits-
                      Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass                           ber ist sicher richtig. Doch es braucht mehr. ■       markt».
                                                                                                                                                         Das Lehrmittel ist ab Mitte
                      man in einer schwierigen Situation auf die nach-                                                                                   November erhältlich bei:
                      folgende Generation setzt. Damit die von den                                                                                       Stiftung Bildung und
                      Weltbankökonomen heraufbeschwörte einmalige                                                                                        Entwicklung,
                                                                                                                                                         Monbijoustrasse 31,
                      Chance aber nicht zum Fiasko wird, müssten Po-
                                                                                                                                                         2011 Bern.
                      litiker, Wirtschaft und die Entwicklungsorganisa-                                                                                  Tel. 031 389 20 21;
                      tionen investieren, wie noch nie.                                                                                                  www.globaleducation.ch

                                                                                                                                                               Eine Welt Nr.3 / September 2007   9
Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Eidgenössisches Departement für ...
Kusum Dikshit, 17, Delhi:
                                       «Wir mussten unsere Sachen nehmen
                                       und gehen»

     Einwohnerzahl Delhi               2010 finden in der indischen Hauptstadt die Com-    zug hatte Kusum erwachsen gemacht. Aus dem
     14 Millionen                      monwealth-Spiele statt, für die Delhi auf Hoch-     Gassenkind wurde, dank Abendunterricht bei Na-
     Alphabetisierungsgrad             glanz gebracht werden soll. Dazu gehört die Ent-    vjyoti, eine Gassenlehrerin.
     86 Prozent                        fernung der Slums, darunter jenem von Jamuna-       In der Freizeit häkelt sie kleine Tüchlein.Sollen sie
     Lebenserwartung                   pushta. Kusum Dikshit erinnert sich: «Plötzlich     Wohnlichkeit verbreiten? Ihr Bruder Ravinder be-
     69,9 Jahre                        kamen diese grossen Maschinen, und viele Polizis-   streitet es lachend, während Kusum rot wird: «Sie
     Arbeitslosigkeit                  ten waren da.Wir mussten unsere Sachen nehmen       will ihrem Bräutigam imponieren.» Nächstens
     2,8 Prozent                       und gehen. Alles wurde abgerissen, unsere Häu-      wird nämlich geheiratet, einen entfernten Cousin
     Durchschnittliches                ser…», und sie hätte hinzufügen können, «...und     aus dem Dorf. Warum so früh? Kriminalität wie
     Monatseinkommen                   unsere Gassen».                                     Drogen und Prostitution ist allgegenwärtig in Ba-
     1250 Schweizer Franken            Denn die engen Passagen mit den offenen Abwas-      wana, da ist es am sichersten, ein junges Mädchen
                                       ser-Rinnen haben Kusum zu dem gemacht,was sie       zu verheiraten.
                                       heute ist: eine «Gassenlehrerin». Die NGO Na-       Doch Kusum will weiter Gassenlehrerin bleiben
                                       vjyoti hatte Gassenschulen eingerichtet, für Kin-   und eine «richtige» Lehrerin werden. Bis zur
                                       der, die nicht zur Schule gingen. Ältere Mädchen    Hochzeit lebt sie zuhause. Den Vater sieht sie sel-
                                       spielten während zwei Stunden am Tag mit ihnen.     ten: «Er ist in Delhi, verkauft Kerosen aus dem auf
                                       So ist Kusum aufgewachsen.                          einem Holzwägelchen aufgebockten Erdölfass.»
                                                                                           Wie denkt sie über ihre Armut? «Manchmal bin
                                       Ende Jahr wird geheiratet                           ich zornig.Warum sind wir arm,andere nicht? Aber
                                       Die Eltern waren 1991 aus einem Dorf in Uttar       in der ‚Gali School’ sehe ich viele Kinder, die
                                       Pradesh nach Jamunapushta gezogen. 2004 musste      krank sind, oder ohne Eltern. So viele haben we-
                                       die inzwischen sechsköpfige Familie wieder um-      niger als ich! Da beneide ich die Leute nicht mehr,
                                       ziehen, zusammen mit 150000 weiteren Slumbe-        die mehr haben.» ■
                                       wohnern. Sie landeten in Bawana, einem offenen
                                       Feld vierzig Kilometer vom Zentrum entfernt,von     Text un Fotos von Bernard Imhasly, Asien-Korrespon-
                                       der Regierung euphemistisch als «Wohnkolonie»       dent der NZZ mit Sitz in Delhi, Indien
                                       bezeichnet. Auf einer 18 Quadratmeter grossen
                                       Parzelle baute sie ihre Hütte wieder auf. Der Um-

10   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Jugend

Liljana, 17, Tirana:
«Kein Jugendhaus, keine Sporthalle,
nur Teehäuser»

Noch vor 15 Jahren war Bathore ein grosses Feld        Wie verbringt eine Teenagerin in Bathore ihre          Einwohnerzahl Tirana
mit Wiesen und Ackerland. Inzwischen ist hier, in      Freizeit? Liljana blickt verlegen zu Boden.Viele       600 000
der Peripherie von Albaniens Hauptstadt Tirana,        Möglichkeiten gebe es hier nicht. «Kein Jugend-        Alphabetisierungsgrad
eine Trabantenstadt entstanden. Meist einstöckige,     haus, keine Sporthalle, nur Teehäuser, wo meist alte   89 Prozent
planlos gebaute Häuser stehen in der Landschaft        Männer mit Kartenspielen die Zeit totschlagen»,        Lebenserwartung
wie groteske Legosteine. Ein Elendsviertel. Die        sagt sie. Deshalb bleibt sie oft zu Hause vor dem      69 Jahre
Scholle der Tschetschenen, wie die alteingesesse-      Fernseher. Liljana und ihre Freundinnen verbin-        Arbeitslosigkeit
nen Bürger von Tirana ihre Landsleute aus dem          det eine Leidenschaft: Die lateinamerikanischen        15,4 Prozent
Norden verächtlich nennen, die wegen wirt-             Telenovelas. Der wohl populärste Endlosstreifen in     Durchschnittliches
schaftlicher Not geflüchtet sind und sich in Bathore   Albanien heisst «Natalia», es geht um ein Mädchen,     Monatseinkommen
niedergelassen haben. 50000 Menschen leben in          das in einer Welt von Intrigen, Liebeskummer und       200 Schweizer Franken
diesemViertel Tiranas,kaum sieben Kilometer ent-       Traurigkeit aufwächst.
fernt vom bunt beleuchteten Skanderbegplatz.           Noch zwei Jahre wird Liljana die Mittelschule be-
                                                       suchen. Doch grosse Träume für die Zukunft hegt
Intrigen, Liebeskummer und Traurigkeit                 sie nicht,angesichts der wirtschaftlichen Misere.Sie
Auch die Familie von Liljana Gjonkolaj musste          liebt die Bücher von Stefan Zweig und die senti-
Haus und Hof in einem Dorf nahe Tropoja, un-           mentalen Geschichten des italienischen Schrift-
weit der Grenze zu Kosovo, verlassen. «Wegen des       stellers und Humanisten Edmondo De Amicis. Ei-
Wassers und der Armut», sagt die 17jährige wort-       nes Tages möchte sie Polizistin werden.Vielleicht
karg. Die rücksichtslose Abholzung der Wälder          der typische Wunschtraum einer Frau in einer
führte im Norden zu Trockenheit, ganze Dörfer          männerdominierten Gesellschaft. ■
wurden menschenleer. Die jungen Männer wan-
derten nach Westeuropa aus.Wie die zwei Brüder         Text und Fotos von Elsa Demo, Journalistin der alba-
von Liljana, die in Deutschland arbeiten und die       nischen Tageszeitung «Shekulli» in Tirana, und Enver
Familie mit kleinen Geldbeiträgen unterstützen.        Robelli,Auslandredaktor des Tages Anzeigers Zürich
Dank der Hilfe konnte Vater Dodë mit dem Bau
eines Hauses in Bathore beginnen. Es ist der ganze
Stolz der Familie.

                                                                                                                    Eine Welt Nr.3 / September 2007   11
Ein Haus der Hoffnung in Lahore
                                                                            In Pakistan engagiert sich die Schweizerische Entwicklungs-
                                                                            zusammenarbeit gemeinsam mit verschiedenen Partnern für
                                                                            Kinder und Jugendliche. Wie nötig dieses Engagement ist und
                                                                            was es bewirken kann, zeigt ein Beispiel aus dem Punjab.
                                       Jeffrey L. Rotman / Still Pictures

     Manche Kinder haben
     Eltern – andere nicht.
     Manche Kinder schlafen                                                 (gn) Eigentlich haben die Kinder und Jugendlichen      Momentan leben 250 Buben und 47 Mädchen im
     daheim – andere in den                                                 in der pakistanischen Provinz Punjab Glück. Die-       Zentrum. Unter ihnen auch die beiden Teenager
     Strassen.
     Manche Kinder werden                                                   ses Glück hat einen Namen: Faiza Asgher, Kin-          Aslam und Tariq, die beide als kleine Buben in die
     von ihren Eltern geliebt –                                             derärztin und Beraterin des dortigen Regierungs-       Golfstaaten verkauft worden waren, wo sie wäh-
     andere missbraucht.                                                    präsidenten in Sachen Kinderangelegenheiten.           rend fast zehn Jahren als Kamelreiter arbeiteten.Sie
     Manche Kinder gehen zur
     Schule – andere müssen
                                                                            Faiza Asghers Engagement gilt vor allem den Ärms-      gehören zu den wenigen der insgesamt 656 nach
     arbeiten oder betteln.                                                 ten,sichtbarstes Resultat ihrer Arbeit in diesem Be-   Pakistan rückgeführten einstigen Jockeys, deren
     Manche Kinder werden                                                   reich ist das «Büro für den Schutz und das Wohl-       Familien man bis heute noch nicht gefunden hat.
     Ärzte, Ingenieure und                                                  ergehen des Kindes» (Child Protection & Welfare        Deshalb leben sie vorläufig im Zentrum von Lah-
     Offizieren – andere sind
     für ein Leben als Bettler,
                                                                            Bureau; siehe auch Randspalte), das im Februar         ore, wo sie betreut und ausgebildet werden.
     Kriminelle oder Prostituierte                                          2005 in Lahore seine Tore öffnete.
     bestimmt.                                                              Laut Schätzungen lebten damals in der Fünfmil-         Ganzheitlicher Ansatz
     Lasst uns einander die                                                 lionenstadt 10000 Kinder und Jugendliche ob-           Unterstützt werden nicht nur Kinder ohne Eltern,
     Hände reichen und den
     weniger glücklichen «ande-                                             dachlosauf der Strasse, viele von ihnen schlugen       das «Büro für den Schutz und das Wohlergehen des
     ren» helfen, ein besseres                                              sich mit Betteln oder mit Gelegenheitsarbeiten         Kindes» hat zum Beispiel auch Angebote für Fa-
     Leben zu leben!                                                        durch.Ihnen bot das Zentrum nun erstmals Schutz,       milien, die in schwierigen wirtschaftlichen Ver-
     Aus dem Programm
                                                                            Beratung und die Möglichkeit, eine Schule zu           hältnissen leben. Hier hilft das Zentrum mit Kre-
     des Pilotprojekts «Child
     Protection & Welfare                                                   besuchen sowie in verschiedenen Berufen erste          diten und Beratung.Zudem bietet es medizinische
     Bureau», Lahore                                                        Fähigkeiten zu erwerben.                               und psychologische Betreuung für Kinder und Ju-

12   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Jugend

                                          gendliche sowie einen Rechtsdienst an, eine tele-                                                       in Pakistan,das von der DEZA seit 1996 unterstützt
                                          fonische Helpline steht ihnen Tag und Nacht zur                                                         wird.
                                          Verfügung, und in vier über die Stadt verteilten                                                        Ein wichtiges Standbein in diesem Programm ist
                                          kleinen «Open Reception Centres» können sie                                                             das «Girl Child Project»,welches erstmals 1991 von
                                          vorübergehend Schutz und Ruhe finden.                                                                   der pakistanischen Vereinigung für Familienpla-
                                          Wie zum Beispiel der 13jährige Abdul Razzak.Tag                                                         nung, in Zusammenarbeit mit Unicef, durchge-
                                          für Tag verkauft er in der Umgebung eines be-                                                           führt worden war. Dabei ging es darum, die Be-
                                          kannten Schreins, wo vor allem an religiösen Fei-                                                       völkerung, in erster Linie aber die in Pakistan im-

                                                                                                Sinopictures / Maciej Dakowicz / Still Pictures
Ilyas Dean / images.de / Still Pictures

                                          ertagen viele Besucher herkommen, Plastiksäcke.                                                         mer noch sehr stark benachteiligten Mädchen und
                                          Damit verdient er etwas Geld das reichen muss,um                                                        jungen Frauen auf ihre Rechte aufmerksam zu ma-
                                          sich selber,seine beiden Geschwister und die Mut-                                                       chen und ihnen ein Training oder eine Grundaus-
                                          ter zu ernähren. Er geht nicht zur Schule, doch er                                                      bildung u.a. im Unterrichten, in Erster Hilfe oder
                                          besucht regelmässig eines der Open Reception                                                            in verschiedenen Handwerken zu ermöglichen.
                                          Centres. Auf die Frage weshalb er komme, sagt
                                          Abdul: «Um zu spielen und auszuruhen – und um                                                           Harmonisierte Projekte
                                          mich daran zu erinnern, dass ich immer noch ein                                                         Das Projekt,welches seit 2001 von der DEZA mit-
                                          Kind bin.»                                                                                              unterstützt worden ist,hat in der Zwischenzeit 730
                                                                                                                                                  Gemeinden in ganz Pakistan erreicht; laut Statisti-
                                          Rechte und ihre Umsetzung                                                                               ken wurden dabei über 100000 Männer und Frau-
                                          Seit seiner Eröffnung betreute das Zentrum bereits                                                      en in Versammlungen über die Rechte der Mäd-
                                          über 10000 Kinder, momentan stehen rund 3500                                                            chen aufgeklärt, und tausende von Mädchen be-
                                          Kinder und Jugendliche in irgendeiner Art und                                                           suchten Kurse im Rahmen des Programms. Über           Die Hälfte des Volks jün-
                                          Weise unter seinen Schutz. «Heute gibt es in                                                            30000 junge Frauen absolvierten ein so genann-        ger als 18!
                                          Lahore praktisch keine Strassenkinder mehr»,stell-                                                      tes «Leadership Training» und unterrichten heute      Mit einer Bevölkerung von
                                          te DEZA-Mitarbeiterin Chloé Milner anlässlich                                                           Kinder oder arbeiten in Erste Hilfe-Zentren.          über 150 Millionen gehört
                                                                                                                                                                                                        Pakistan zu den bevölke-
                                          ihres letzten Besuchs vor Ort im März 2007 fest.                                                        Nebst der Zusammenarbeit mit Unicef beteiligt         rungsreichsten Ländern
                                          «Was das Zentrum dank dem persönlichen Enga-                                                            sich die DEZA auch an einem Projekt der Inter-        der Welt. Rund die Hälfte
                                          gement von Faiza Asgher bereits in dieser kurzen                                                        nationalen Arbeitsorganisation (ILO) im Kampf         seiner Einwohner sind jün-
                                                                                                                                                                                                        ger als 18. Obschon
                                          Zeit erreicht hat, ist phänomenal.»                                                                     gegen die Kinderarbeit, und sie unterstützt eine      Pakistan zu den ersten
                                          Die Ärztin hat aus dem staatlichen Pilot- ein wahr-                                                     pakistanische NGO, die im Bereich «Schutz von         Ländern gehörte, die 1990
                                          haftes Vorzeigeprojekt gemacht. Ziel ist nun, auf-                                                      Kindern in schwierigen Situationen» arbeitet. Ab      die UNO-Konvention über
                                          grund der bisherigen Erfahrungen ähnliche Zent-                                                         2009 sollen diese drei Jugendprojekte harmonisiert    die Rechte des Kindes un-
                                                                                                                                                                                                        terzeichnet haben, leben
                                          ren in weiteren Provinzen aufzubauen, zum Bei-                                                          im Rahmen eines gemeinsamen Dachprogramms             viele Kinder und Jugendli-
                                          spiel in der North West Frontier Province (NWFP),                                                       «Rechte der Kinder» (Child Rights) weiter geführt     che hier in prekären Ver-
                                          wo die DEZA schwerpunktmässig arbeitet.                                                                 werden. Damit will man, so das Ziel dieses von der    hältnissen: Die Kinderarbeit
                                          Das Pilotprojekt in Lahore basiert auf einem «Ge-                                                       UNO lancierten Pilotprojektes,die verschiedenen       ist in Pakistan nach wie vor
                                                                                                                                                                                                        weit verbreitet, Kinder wer-
                                          setz zugunsten Not leidender und vernachlässig-                                                         sich ergänzenden Engagements besser zu einem          den als Arbeitssklaven ins
                                          ter Kinder», das die Provinz Punjab im Jahr 2004                                                        effizienten ganzheitlichen Programm im Dienst der     Ausland verkauft, viele neh-
                                          verabschiedet hatte. Die Erarbeitung von Gesetz-                                                        «verwundbaren Kinder» entwickeln können. ■            men Drogen, werden sexu-
                                                                                                                                                                                                        ell missbraucht und haben
                                          esgrundlagen zum Schutz von Kindern und Ju-                                                                                                                   kaum Zugang zu medizini-
                                          gendlichen sowie deren Umsetzung sind denn                                                                                                                    scher Versorgung und Bil-
                                          auch zwei der Kernthemen des Unicef-Programms                                                                                                                 dung.

                                                                                                                                                                                                              Eine Welt Nr.3 / September 2007   13
Miriam, 18, Nairobi:
                                       «Eine Frau als Elektrikerin?
                                       Das geht doch nicht!»

     Einwohnerzahl Nairobi             «Frauen arbeiten vielleicht etwas langsamer, aber     Lehrjahre, für das dritte (mit Diplomabschluss)
     2,8 Millionen                     besser und genauer als die Männer.» Miriam            muss sie selber aufkommen. Kürzlich zogen Mi-
     Alphabetisierungsgrad             Mwangare Muirore sagt es lachend, keiner der          riam und ihre Lehrlingskollegen auf einem Neu-
     85 Prozent                        männlichen Lehrlingskollegen im St.Vincent Vo-        bau Leitungen ein,da fragte der Bauherr,ob sie das
     Lebenserwartung                   cational Center widerspricht. Sie ist 18, im zwei-    Mädchen fürs Teekochen auch gleich mitgebracht
     55 Jahre                          ten Lehrjahr als Elektrikerin und will,wenn sie das   hätten. «Dem gab ich eine knallige Antwort», sagt
     Arbeitslosigkeit                  Geld zusammenbringen kann, noch ein drittes           Miriam, «das macht mich echt wütend. Als ob
     40 Prozent                        Jahr anhängen: «Ich will das Diplom.»                 Frauen nur als Coiffeusen oder Schneiderinnen ar-
     Durchschnittliches                Miriam kommt aus einer geradezu typischen Fa-         beiten könnten!»
     Monatseinkommen                   milie hier in Riruta, einem Ortsteil des ausufern-    Viel Freizeit bleibt nicht.Abends repariert sie Ra-
     87 Schweizer Franken              den Slums Kawangware in Kenias Hauptstadt             dios,zusammen mit dem Bruder,«der hat mich an-
                                       Nairobi. Die Mutter, alleinerziehend, sorgte mit      gesteckt, als wir noch Kinder waren», sagt Miriam.
                                       Gelegenheitsarbeiten für die fünf Kinder; zwei äl-    Was sie so zusammenbringen, stecken sie in den
                                       tere Brüder und eine Schwester sind verheiratet,      gemeinsamen Haushalt.Und die Disco? «Ach was,
                                       Miriam lebt mit dem Zwillingsbruder John und ih-      Disco – abends kannst du nicht mehr aus dem
                                       rer Mutter in einer kleinen Blechhütte;einVorhang     Haus», sagt Miriam und streicht die keck unter der
                                       trennt den Raum in ein Frauen- und ein Männer-        Mütze hervorschauenden Haare zurecht, «zu ge-
                                       abteil, Licht spendet die Kerosinlampe, das Wasser    fährlich. Zudem habe ich kein Geld. Ich spare fürs
                                       wird mit dem Kanister herbeigeschafft.                dritte Jahr; ich brauche auch Werkzeuge für ein
                                                                                             eigenes Geschäft, für mein Geschäft.» ■
                                       Abends repariert sie Radios
                                       An die Reaktionen ihrer Freundinnen erinnert          Text un Fotos von Peter Baumgartner, 1994 bis 2004
                                       sich Miriam noch gut, als sie sich fürs Stipendien-   Afrika-Korrespondent des Tages-Anzeigers Zürich, aus
                                       programm der kleinen, aus der Schweiz finanzier-      Nairobi
                                       ten Slumschule für arme Kinder und Aids-Waisen
                                       anmeldete:«Alle sagten:Eine Frau als Elektrikerin?
                                       Das geht doch nicht!» Die Schule stützte sie und
                                       gab ihr das Stipendium – für die zwei üblichen

14   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Jugend

Rossaura, 17, Managua:
«Ein Kind ist kein Hindernis für eine
Berufsausbildung»

Nein,ein Kind schon in ihrem Alter zu haben,dar-        will Ingenieurin werden: «Ein Kind zu haben ist        Einwohnerzahl Managua
an habe sie nie gedacht, sagt Rossaura, eine knapp      kein Hindernis für eine Berufsausbildung.»             1 Million
17jährige Nicaraguanerin aus Ciudad Sandino,            Rossaura kann von Glück reden:Reynaldo,Dianas          Alphabetisierungsgrad
einer wild wuchernden Schlafstadt vor den Toren         18jähriger Vater, hat seiner Partnerin nicht den       77 Prozent
von Managua. Jetzt, zwei Monate nach der Ge-            Rücken zugekehrt, kaum kam das Kind zur Welt.          Lebenserwartung
burt der Tochter Diana, sei in ihrem Leben alles        Schon zum Schwangerschaftstest begleitete er sie.      70 Jahre
anders.                                                 Kurz nach der Geburt zog das Paar zusammen.Als         Arbeitslosigkeit
Doch in ihrer Familie ist sie keine Ausnahme.           Rossaura fünfzehn war, lernte sie Reynaldo ken-        7 Prozent
Auch Mutter Martha gebar mit 16 die erste Toch-         nen, ihren ersten Schatz.Viel sehen sich die jun-      Durchschnittliches
ter. Und drei der engsten Freundinnen von Ros-          gen Eltern nicht.Am Morgen studiert der Partner        Monatseinkommen
saura haben entweder schon ein Bébé oder sind           Marketing, am Nachmittag rackert er sich auf           160 Schweizer Franken
schwanger.An die Pille glaubt sie nicht.Das sei Gift    einem Markt in Managua ab. Dort besitzen seine
für den Körper. Ans Abtreiben habe sie nie ge-          Eltern eine Verkaufsbude.Vor allem die Grossmüt-
dacht, dabei hätte sie sich schlecht gefühlt. Sie ist   ter des Neugeborenen stehen mit Rat und Tat zur
katholisch getauft, ab und zu geht sie zum Gott-        Seite.
esdienst.                                               Rossauras Vater ist vor Jahren nach Kanada ausge-
                                                        wandert.Von Zeit zu Zeit schickt er der Tochter
Manchmal schickt der Vater Geld                         Geld, zum Beispiel für einen Englischkurs. Für
Bei dreissig Grad im Schatten wippt die Jungmut-        Rossaura ist klar, dass sie Reynaldo heiraten will.
ter auf dem Schaukelstuhl im Vorgarten des El-          Doch laut nicaraguanischem Gesetz muss sie da-
ternhauses hin und her, das Bébé im Schoss. Zwar        mit zuwarten, bis sie 18 und damit volljährig ist. ■
hat die Ankunft von Diana einen Strich durch ihre
Lebensrechnung gemacht. Sie hat die Sekundar-           Text un Fotos von Richard Bauer, Lateinamerika-
schule abbrechen müssen.                                Korrespondent der NZZ
Doch schon nächstes Jahr, will sie wieder die
Schulbank drücken, drei Jahre lang in einer Sams-
tagsschule für Berufstätige.So machte es schon ihre
Mutter, eine studierte Agronomin.Auch Rossaura

                                                                                                                     Eine Welt Nr.3 / September 2007   15
H O R I Z O N T E

                                                           Ein halbes Jahrhundert
                                                           kubanische Revolution
                                                           Kuba ist jenes Land Lateinamerikas, das jeder zu kennen
                                                           glaubt, so einprägsam sind die Bilder, die man damit ver-
                                                           bindet: Fidel Castro, Zigarren, Musik, Strände… Aber Kubas
                                                           Geschichte, sein Schicksal und der Alltag seiner Bevölkerung
                                                           zeigen die grosse Karibikinsel auch in einem anderen Licht. Von
                                                           Jacques Pilet*.

                                                           Das 1492 von Kolumbus entdeckte Kuba – von             1953 bricht mit dem Angriff Fidel Castros und ei-
                                                           ihm stammt der Ausspruch,diese Insel sei wohl die      niger seiner Anhänger auf die Moncada-Kaserne
                                                           schönste, die Menschenaugen je gesehen haben –         die Revolution aus. Das Unternehmen scheitert.
                                                           diente dem spanischen Königreich als Basis zur Er-     Aber es ist der Beginn des bewaffneten Kampfs.Die
                                                           oberung Südamerikas.Ohne die Last der Kolonial-        Aufständischen geniessen die Sympathie der Be-
                                                           geschichte ist das heutige Kuba nicht zu verstehen.    völkerung und stürzen den Diktator Fulgencio
                                                           Erst 1868 begann der Kampf um die Unabhängig-          Batista am 1.Januar 1959.Kubas Bourgeoisie flieht
                                                           keit, mit José Martí, einer noch heute verehrten       nach Miami. Die Beziehungen zu den USA sind
                                                           politischen und literarischen Persönlichkeit.          zusehends gespannt, bis es zum Bruch kommt. Es
                                                           Definitiv schlagen die Aufständischen die spanische    ist die Zeit des Kalten Kriegs, der in Kuba mit aller
                                                           Armee 1898 mit Hilfe der Vereinigten Staaten, die      Härte ausgetragen wird.
                                                           die Insel sofort unter ihreVorherrschaft stellen.Die
                                                           folgenden Regierungen sind alle mehr oder we-          Handelsboykott und Touristen
                                                           niger korrupt und autoritär. Sie machen Havanna        Das amerikanische Handelsembargo trifft die
                                                           zur Amüsiermeile und zu einem Sündenbabel für          kubanische Wirtschaft hart, und das Land kippt
                                                           amerikanische Touristen.                               nach und nach ins sowjetische Lager: Die UdSSR

                    16   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Kuba

                                                                                                                      Sebastian Hauser / laif
                       Tobias Hauser / laif

                                                                                                                     Miquel Gonzalez / laif
                       Dirk Jensen / agenda
Tobias Hauser / laif

                                              kauft Zucker, liefert im Gegenzug Waffen und          dukte stammen aus dem am Rand der Städte
                                              Konsumgüter – bis zum Zusammenbruch des               gelegenen, bescheidenen privaten Sektor. Ein aus-
                                              Kommunismus 1989.                                     sichtsreiches Gebiet staatlicher Anstrengungen sei
                                              Allerdings hat sich im Lauf der Jahre das Embargo     auch erwähnt:Die Produktion von Medikamenten
                                              de facto aufgeweicht. Verschiedene Länder, allen      und Impfungen sowie die Förderung der Bio-
                                              voran Spanien und Kanada,intensivieren ihre Wirt-     technologie.
                                              schaftsbeziehungen zu Kuba. Sogar die USA sind
                                              wieder im Business:Amerikanische Frachter, voll-      Schwer wiegende Abhängigkeiten
                                              geladen mit Getreide, legen regelmässig im Hafen      Wirklich beachtliche Erfolge haben die 50 Re-
                                              von Havanna an.                                       volutionsjahre im Bildungs- und Gesundheits-
                                              Eine andere bedeutsame Öffnung geschieht im           wesen erzielt. Überall auf der Insel kann man sich
                                              Tourismus, der sich zu einer der wichtigsten De-      von kompetenten Ärzten behandeln lassen.
                                              visenquellen mausert. 2005 zieht es 2,3 Millionen     Medikamente bleiben zwar Mangelware,aber kein
                                              europäische, kanadische und südamerikanische          anderes karibisches Land verfügt über eine In-
                                              Reisende an die kubanische Sonne,wo sie von den       frastruktur wie Kuba. Sogar eine Spitzenmedizin Das Ding im Alltag
                                              Hotelinfrastrukturen profitieren, die insbesondere    für Ausländer konnte sich entwickeln: Jährlich Das Camello
                                              mit spanischem Kapital entstanden sind. Dieser        kommen 5000 bis 6000 Patienten zur Behandlung Die schon legendären ame-
                                              Sektor macht 12 Prozent des BIP aus und ist – mit     nach Havanna!                                      rikanischen Autos, die seit
                                                                                                                                                       der Revolution von 1959
                                              knapp 200000 Beschäftigten – einer der wichtigs-      Kuba schickt Arbeitskräfte aus dem Gesundheits- immer wieder geflickt wur-
                                              ten Arbeitgeber des Landes. Seine Entwicklung         sektor zu tausenden nach Venezuela, das diese den, sind am Ende. Neu-
                                              wird vom amerikanischen Embargo allerdings stark      Dienstleistung mit Erdöl vergütet. Eine andere wagen sind rar. Autobusse
                                              gehemmt: Die karibischen Passagierschiffe legen       Erfolgsgeschichte: Die Schule. Für alle Kinder. auch. Havanna zählt auf ein
                                                                                                                                                       anderes Transportmittel:
                                              nicht mehr in Havanna an. Und amerikanische           Talente werden erkannt und gefördert, Analpha- Das Camello (Kamel) – eine
                                              Staatsbürger dürfen immer noch nicht nach Kuba        beten gibt es auf der Insel praktisch keine mehr. von einem Sattelschlepper
                                              reisen, mit Ausnahme der Exilkubaner, die ihre        Vierzig Universitäten bieten höhere Ausbildungen gezogene, mehrteilige
                                                                                                                                                       Buskabine. Das Hybrid-
                                              Familienangehörigen besuchen können.                  in ansprechender Qualität.                         fahrzeug wurde in den
                                              Die Industrialisierungsbemühungen unter sowjeti-      Die wirtschaftlichen Strukturen bleiben von der wirtschaftlich äusserst
                                              schem Einfluss sind gescheitert. Die verstaatlichte   kolonialen Vergangenheit geprägt. Das Land hat schwierigen 1990er Jahren
                                              Landwirtschaft erzielt enttäuschende Resultate,       zwar ein besonderes Humankapital, das ihm den entwickelt. Es hat eine
                                                                                                                                                       Kapazität von bis zu 300 –
                                              umso mehr als der Wert des Zuckers auf dem Welt-      Weg in die Moderne ebnet. Und dies, obschon eng gedrängten – Personen.
                                              markt sinkt.Ungefähr 70 Prozent der in Kuba pro-      viele Kubaner im Exil leben.Die Abhängigkeit fällt
                                              duzierten und konsumierten Landwirtschaftspro-        dennoch ins Gewicht: Einst die von Spanien, dann

                                                                                                                                                               Eine Welt Nr.3 / September 2007   17
Christian Heeb / laif
                                                    Raffaele Celentano / laif (2)

                                                                                                                       Karl-Heinz Raach / laif
                                       von den USA,der Sowjetunion und nun vonVene-                         der Leistungsausweis der privaten Landwirtschaft.
                                       zuela, das Kuba weitgehend mit Energie versorgt                      Und auch der eilige Tourist vermag die erzielten
                                       – der eigentliche Schwachpunkt der Insel, wobei                      Fortschritte zu erkennen.
                                       Ölförderung in Aussicht gestellt wurde, aber noch                    Havannas von der UNO zum Weltkulturerbe er-
                                       in den Kinderschuhen steckt. Abhängigkeit aber                       hobene Altstadt war eine einzige Ruine. Inzwi-
                                       auch von den Weltmarktpreisen für Zucker und                         schen findet sie zum einstigen Glanz zurück. Die
                                       Nickel. Das vom Staat mit Hilfe ausländischer                        Regierung gab dem Historiker Eusebio Leal
                                       Firmen abgebaute Erz ist nach wie vor der wich-                      Spengler weit gehendeVollmachten;der talentierte
                                       tigste Devisenlieferant (rund 1 Milliarde Dollar pro                 Unternehmer mit Schweizer Wurzeln gründete die
                                       Jahr).                                                               Oficina del historiador, eine umtriebige Firma.
                                       Kubas Reserven sind beträchtlich und locken im-                      Villen,Kirchen und Wohnhäuser werden nach und
                                       mer mehr chinesische Investoren an. Die staatliche                   nach renoviert (ungefähr ein Drittel des alten Teils
                                       Kontrolle der Wirtschaft, die eingeschränkte Wirt-                   von Havanna),unter Berücksichtigung kultureller,
                                       schaftsfreiheit und das Embargo der USA tragen                       sozialer und wirtschaftlicher Anliegen: Einerseits
                                       zur Armut einer Bevölkerung bei, die zwar nicht                      kann ein Teil der Bewohner weiterhin in den reno-
                                       in der extremen Misere mancher Nachbarländer                         vierten Quartieren leben, andererseits ziehen
                                       lebt,aber auch nicht aus der Mangelwirtschaft her-                   Hotels, Restaurants, Musiklokale, Galerien und
                                       ausfindet.                                                           Läden Besucher an und schaffen so die materiellen
                                       Das mittlere monatliche Einkommen erreicht                           Grundlagen für die weiteren Renovierungsar-
                                       gerade mal 30 Dollar in Lokalwährung. Ohne                           beiten.
                                       Devisenquelle – seien es Rimessen von Exilkuba-                      Das Vorhaben beschäftigt über 10000 Menschen:
                                       nern (schätzungsweise knapp 1 Milliarde Dollar                       Architekten, Handwerker, Tourismusangestellte
                                       pro Jahr) oder Trinkgelder – müssen sich die Ku-                     usw. Die kulturelle Szene, die sich an diesen Orten
                                       baner mit einem extrem bescheidenen Existenz-                        entwickelt, ist ausnehmend attraktiv. So viel Erfin-
                                       minimum begnügen. Die meisten Geschäfte in                           dungsgeist, Kreativität, Kompetenz und Durch-
                                       Havanna akzeptieren sowieso nur CUC, gegen                           haltewillen verheissen dem Land eine blühende
                                       Dollar, Euro oder Schweizer Franken erhältliche                      Zukunft. Auf welchem politischem Weg auch
                                       konvertible kubanische Pesos.                                        immer. ■

                                       Einer besseren Zukunft entgegen                                      (Aus dem Französischen)
                                       Das düstere Bild verstellt allerdings den Blick auf
                                       eine vitale, gut ausgebildete und aktive Gesell-                     *Jacques Pilet ist Journalist und Mitglied der Ringier-
                                       schaft, die ihr Land liebt und auf eine bessere Zu-                  Konzernleitung,schreibt regelmässig für «L’Hebdo» und
                                       kunft hofft. Davon zeugen die Erfolge der medizi-                    war zwischen 1968 und 2007 mehrmals in Kuba.
                                       nischen Forschung. Vielverheissend ist überdies

18   Eine Welt Nr.3 / September 2007
Kuba

                       Die Schweiz und Kuba
                       Verbesserte Lebensbedingungen
                       (bf) Die Schweiz leistet seit 1997 humanitäre Hilfe    ditionelle Medizin), die Verbesserung der Infras-    Fakten und Zahlen
                       in Kuba und engagiert sich seit Ende 2000 mit          truktur in Spitälern sowie die Aids/HIV-Präven-      Name
                       einem Spezialprogramm in der Entwicklungszu-           tion. Gleichzeitig wird die Ernährungssicherheit     Republik Kuba
                       sammenarbeit. Dieses ist darauf ausgerichtet, die      durch die Lieferung von Milchpulver unterstützt      Hauptstadt
                       kubanische Gesellschaft in der weiteren friedlichen    und bei Naturereignissen (Hurrikane etc) Katas-      Havanna
Tobias Hauser / laif

                       Entwicklung des Landes zu unterstützten und sie        trophenhilfe geleistet.                              (ca 2,3 Mio Einwohner)
                       unter Wahrung der sozialen Errungenschaften            Das Programm der Entwicklungszusammenarbeit          Fläche
                       voranzubringen. Deshalb werden lokale Initiativen      konzentriert sich einerseits auf eine nachhaltige    110 861 km2
                       gefördert, welche konkrete Lösungen zur Verbes-        wirtschaftliche Entwicklung. Dies mittels Erhö-      Bevölkerung
                                                                                                                                   11,2 Millionen Einwohner,
                       serung der Lebensbedingungen beinhalten und die        hung der Produktivität durch Einführung innovati-
                                                                                                                                   davon leben 77% in
                       Leistungsfähigkeit von Institutionen erhöhen.          ver und nachhaltiger Produktions- und Manage-        städtischen Gebieten.
                       Zudem fördert die Schweiz Kontakte sowie den           mentmethoden sowie den Zugang zu neuen Tech-         Ethnische Gruppen
                       Informationsaustausch auf internationaler Ebene,       nologien in den Bereichen genossenschaftliche        Mischlinge (51%), Weisse
                       damit eine weitere Öffnung Kubas stattfinden kann.     Landwirtschaft, lokale Herstellung von Baumate-      (37%), Schwarze (11%),
                       2007 beläuft sich das Budget total auf 4,1 Millionen   rialien, Energieeffizienz und Umweltmanage-          Chinesen 1%
                       Franken (3 Mio für Entwicklungszusammenarbeit,         ment. Andererseits wird die lokale Entwicklung       Lebenserwartung
                       0,6 Mio für humanitäre Hilfe und 0,5 Mio für wirt-     gefördert, indem sich die Bevölkerung verstärkt      77,2 Jahre
                       schaftliche Zusammenarbeit, welche vom SECO            an der Gemeindeentwicklung beteiligt (Unterstüt-     Geburtenrate
                                                                                                                                   1,6 Kinder pro Frau
                       betreut wird).                                         zung lokaler Initiativen beispielsweise zur Lösung
                       Die humanitäre Hilfe engagiert sich mit Beiträgen      von Wohnproblemen) und die Effizienz der lokalen     Alphabetisierungsgrad
                                                                                                                                   96,8%
                       zu den Programmen der Schweizer NGO medi               Verwaltungen erhöht wird.
                       Cuba-Suisse. Im Vordergrund stehen die Stärkung                                                             Religionen
                                                                                                                                   Die Religionsfreiheit wurde
                       der lokalen Produktion von Medikamenten (tra-                                                               teilweise wieder hergestellt.
                                                                                                                                   Katholiken (getaufte): 60 %
                                                                                                                                   Protestanten: 3%
                                                                                                                                   Afro-kubanische Kulte
                                                                                                                                   (Santeria, Wudu)
                       Aus der Geschichte                                     gelassen. Er geht ins Exil nach Mexiko.
                                                                                                                                   Landessprache
                                                                                                                                   Spanisch
                       1492 Kolumbus entdeckt die Insel Kuba                  1959 Das Regime von General Batista wird von
                                                                                                                                   Währung
                                                                              Aufständischen gestürzt. Fidel Castro kehrt nach     Kubanischer Peso (CUP)
                       1515 Gründung von Havanna                              Havanna zurück.                                      Konvertierbarer kubanischer
                                                                                                                                   Peso (CUC)
                       1762 Die Engländer besetzen die Insel. Im              1960 Die amerikanische Regierung verhängt            Wichtigste Ressourcen
                       folgenden Jahr geben sie sie der spanischen Krone      gegen Kuba ein noch heute gültiges Wirtschafts-      Landwirtschaft (Zuckerrohr,
                       zurück und erhalten dafür Florida.                     embargo.                                             Sisal, Jute, Orangen, Reis,
                                                                                                                                   Tabak), Minen (Nickel,
                                                                                                                                   Kupfer, Mangan, Kobalt,
                       1868 Beginn des Unabhängigkeitskampfes unter           1961 Unterstützt von der CIA gehen in der            Chrom, Salz), Tourismus
                       dem Einfluss des Grossgrundbesitzers Carlos            Schweinebucht,im Süden der Insel,exilkubanische
                       Manuel de Céspedes.                                    Söldner an Land und marschieren gegen Castro.
                                                                              Sie scheitern rasch.
                       1892 José Martí gründet die revolutionäre Partei
                       Kubas. Der Unabhängigkeitskrieg flammt auf.            1962 Die Stationierung sowjetischer Raketen auf
                                                                              Kuba löst eine Krise zwischen der UdSSR und den
                       1898 Die Aufständischen schlagen die spanischen        USA aus.Moskau zieht seine Waffen schliesslich ab.
                       Truppen.Intervention derVereinigten Staaten und
                       Besetzung der Hauptstadt.                              1989 Kuba gerät nach dem Zusammenbruch der
                                                                              UdSSR, dem politisch und ökonomisch wichtigs-
                       1902 Proklamation der Unabhängigkeit; Kuba             ten Partner, in eine Wirtschaftskrise.
                                                                                                                                     USA
                       bleibt de facto eine Kolonie unterVorherrschaft der
                       USA.                                                   2005 Aufbau enger Beziehungen zu Venezuela
                                                                              unter Hugo Chávez.                                            Havanna
                                                                                                                                                  Kuba
                       1953 Angeführt von Fidel Castro greift eine                                                                                              Dominika-
                                                                                                                                                          Haïti nische Rep.
                                                                                                                                                Jamaika
                       Gruppe von Oppositionellen gegen die Diktatur          2006 Der kranke Fidel Castro übergibt die Macht
                                                                                                                                           Karibisches Meer
                       Fulgencio Batistas die Moncada-Kaserne an. Der         vorübergehend seinem Bruder und Vizeprä-
                       Sturmangriff scheitert. Castro wird eingesperrt        sidenten Raúl Castro.
                       und unter dem Druck der Strasse wieder frei-

                                                                                                                                           Eine Welt Nr.3 / September 2007    19
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