Urbane Produktion und Logistik - Eventkalender & Aktuelles Münchener VDE Abend 2018 VDI Preis 2018 - Technik in Bayern
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NACHRICHTEN AUS TECHNIK, NATURWISSENSCHAFT UND WIRTSCHAFT 01/2019 JAN/FEB Das Regionalmagazin für und Urbane Produktion und Logistik Eventkalender & Aktuelles Münchener VDE Abend 2018 VDI Preis 2018
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EDITORIAL Rolle rückwärts I m Frühjahr dieses Jahres machte mich Vorausgesetzt, wir gehen diesen anderen eine Meldung aus dem Wirtschaftsres- Weg konsequent weiter, dann bringen wir sort neugierig: Der Möbelriese IKEA legt auch Leben und Arbeiten wieder zusam- seine Planungen für neue Möbelhäuser in men und kommen zum VDI-Jahresthema Stadtrandlagen – unter anderem in Mem- „Urbane Produktion und Logistik – Produk- mingen und Ingolstadt – auf Eis und sucht tion in der Mitte der Gesellschaft“. stattdessen attraktive Innenstadtlagen Nun stellt die Idee, produzierende Indus- für neue Filialen. Wichtig sind eine aus- triebetriebe und Logistikunternehmen wie- gezeichnete ÖPNV-Anbindung und durch der im urbanen Umfeld anzusiedeln, die eine zentrale Lage eine gute Erreichbar- Entwicklung der letzten Dekaden auf den keit auch ohne Auto. Auch plant die Firma Kopf, denn die moderne Stadtplanung war wegen des zunehmenden Onlinehandels viele Jahrzehnte geprägt durch die Charta sechs bis neun neue Verteilzentren in von Athen (1933). Auf diesem Kongress Deutschland. wurde von Architekten und Stadtplanern Wer die bisherige Strategie des seit bald Die funktionale Stadt diskutiert und durch 45 Jahren in Deutschland ansässigen Un- die Umsetzung dieser Charta änderte sich ternehmens verfolgt hat, weiß, dass die der Städtebau radikal. Mit Nachdruck wur- 53 Möbelhäuser auf der grünen Wiese den die jahrhundertealten Mischformen ein Erfolgskonzept sind und wundert sich von Wohnen und Industrie aufgelöst, die über diese „Rolle rückwärts“ in der strate- Produktion entschwand aus den Augen gischen Planung. Johannes Feber, IKEA und aus dem Sinn. Bis heute sehen wir im Expansionschef, sagt dazu: „Wir sind sehr urbanen Raum hochverdichtete, funktio- erfolgreich mit IKEA am Stadtrand. Dieses nal getrennte Wohn- und Arbeitsquartiere Konzept hat uns groß werden lassen. Wir und allzu oft die Bausünden der „auto- glauben aber auch, dass der weitere Weg gerechten Stadt“. Dass die Anziehungs- Foto: Roland Maier ein anderer sein wird.“ kraft der Städte weiter zunehmen wird, ist Diesen anderen Weg würde ich etwas pla- sicher. Nicht nur Metropolregionen, auch kativ mit „Leben und Einkaufen wieder ver- Mittel- und Oberzentren werden viele jun- einen“ umschreiben, denn er spiegelt den ge, hochqualifizierte Menschen anlocken. Silvia Stettmayer gesellschaftlichen Wandel mit all seinen Deren Lebensentwürfe sind agil und mo- Redaktion TiB Ausprägungen wider. bil, wobei hier mit Mobilität nicht das stundenlange Pendeln zum Arbeitsplatz gemeint ist. Nun ist diese Idee einer neuen Symbiose „Die Idee einer neuen Symbiose von Stadt von Stadt und Industrie höchst komplex und vielleicht denken wir hier auch das Un- und Industrie ist höchst komplex“ denkbare. Bevor wir uns allerdings völlig von unserer produzierenden Industrie ent- fernen und dem drohenden Infrastruktur- Die zunehmende Urbanisierung, eine sich Kollaps erliegen, ist ein Blick in diese Ausga- verändernde Mobilität und der stark stei- be zu dieser Vision ratsam. Lassen Sie sich gende Online-Handel zwingen zum Um- inspirieren! denken. In Zukunft werden viele Firmen Viel Spaß beim Lesen wünscht diesen neuen Weg bestreiten (müssen) – nicht nur aus dem Konsumgüterbereich. Technik in Bayern 01/2019 3
Foto: Magazino Urbane Produktion und Logistik Das VDI-Jahresthema 2018 richtet den Fokus verstärkt auf Standortentwicklung und -sicherung von Produktions- und Logistikunternehmen im Ballungsraum. In unserem Schwerpunkt beleuchten wir das Thema und zeigen an Beispielen, wie Produktion im städtischen Raum schon heute funktionieren kann. SCHWERPUNKT Neue Symbiose von Stadt und Industrie 06 Jean Haeffs Unser Ziel ist das ganzheitliche Konzept 09 S. 12 Interview mit Johannes Fottner Produktion im städtischen Raum 12 Quelle [12]: siehe S. 14 , Michael Hertwig, Fraunhofer IAO Michael Hertwig Roboter in Laim 15 Silvia Stettmayer Urbane Logistik sorgt für frisches Bier 16 Robert Oettl Wenn der Paketbote zehnmal klingelt 19 Cathrin Cailliau Hellerau – Einheit von Wohn- und Arbeitsstätte 20 Der historische Hintergrund von Sebastian Kasper Sekundäre Effekte der Maßnahme Shuttle-System 4 Technik in Bayern 01/2019
INHALT Suchen Sie eine Dolmetscherin? HOCHSCHULE UND FORSCHUNG VDI-TUM Expertenforum: Spannung im 3D-Druck 28 Andrea Voit, TU München AKTUELLES VDI-AK Aktuelles Forum Technik: Züge in dünner Luft 22 VDI-BV München: VDI Familientag 2019 in Landshut 23 VDI Philharmonie – wer macht mit? 23 VDI BV München: VDI Preise 2018 24 VDE Südbayern: Münchener VDE Abend 2018 26 VDE Südbayern: Einladung zur Mitgliederversammlung 2019 29 VDI LV Bayern, BV München + VDI: Forum 2018 32 VDI BV Bayern Nordost: Cramer Klett Preis 2019 33 VDI BV Bayern Nordost: VDI Innovationspreis 34 VDI Studenten und Jungingenieure: EYE - Emerging Tech 36 VDI BV München: Einladung zur Mitgliederversammlung 2019 37 VDI-AK „Digitalisierung & Nachhaltigkeit“ Nordost: Neuer AK 38 VDI-AK Qualitätsmanagement München: Neue Leitung 44 VDI BV München: Sieger des Fotowettbewerbs 2018 47 RUBRIKEN Veranstaltungskalender39 Buchbesprechungen48 Ausstellungstipp49 I agges ages gees Impressum49 EUP © EU -Im P-Im Cartoon50 Vorschau50 Qualikation Die Redaktion der TiB wünscht allen Leserinnen und Lesern ein Frohes Fest Spezialisierung und Alles Gute für das Neue Jahr! VDI Landesverband Bayern VDI Bezirksverein München, Ober- und Niederbayern e.V. Westendstr. 199, D-80686 München Tel.: (0 89) 57 91 22 00, Fax: (0 89) 57 91 21 61 www.verein-der-ingenieure.de, E-Mail: bv-muenchen@vdi.de Speziell für Ihre Branche: VDI Bezirksverein Bayern Nordost e.V. unsere Fachliste Technik c/o Ohm-Hochschule, Keßlerplatz 12, D-90489 Nürnberg Tel.: (09 11) 55 40 30, Fax: (09 11) 5 19 39 86 - Kontaktdaten von mehr als 340 qualifizierten E-Mail: vdi@th-nuernberg.de technischen Übersetzern und Dolmetschern aus dem gesamten Bundesgebiett VDE Bayern, Bezirksverein Südbayern e.V. - mehr als 30 Sprachen und über BDÜ Expertens ervice Hohenlindener Straße 1, D-81677 München 200 technische Fachgebiete Titelbild: Tel.: (0 89) 91 07 21 10, Fax: (0 89) 91 07 23 09 - kostenlos erhältlich per E-Mail Fachliste Tech 2017 | 2018 Spezialisiertenik Grafik: VDI GPL Übersetzer/innen www.vde-suedbayern.de, E-Mail: info@vde-suedbayern.de für mehr als und Dolmetsc 30 Sprachen her/innen und über 200 Fachgebiete an service@bdue.de oder - direkt herunterladen unter Technik in Bayern 01/2019 5 fachliste-technik.bdue.de Bundesverb and der Dolmetsche r und Übersetzer e. V. (BDÜ)
Neue Symbiose von Stadt und Industrie Bereits heute lebt mehr als die Kooperation mit Zulieferern und Kunden Wärme, Kälte usw. sowie von Infrastruktur und kann damit eine Grundlage für mehr werden aktuell nur als visionäre Konzepte Hälfte der sieben Milliarden Innovation und Effizienz sein; die Nähe verfolgt; daraus ergeben sich weitere öko- Erdbewohner in Städten. Das zu Forschungs- und Technologiezentren nomische und ökologische Potenziale. Jahr 2008 markierte hier einen wie Forschungsinstituten und Hochschu- historischen Wendepunkt: Es len im städtischen Umfeld erleichtert den Herausforderungen urbaner Zugang zu Wissen und Innovation und Produktions- und Logistik-Standorte leben mehr Menschen in Städ- dessen Transfer ins Unternehmen. Zu- Allerdings bringen Standorte in der Stadt ten als auf dem Land. Auch in dem bietet die Stadt aufgrund tendenziell auch einige Nachteile mit sich: Die tenden- Zukunft wird sich der Trend zur kurzer Wege für die Mitarbeiter nicht nur ziell hohe Zahl an Staus in Ballungsräumen „Urbanisierung“ laut Untersu- neue Möglichkeiten zur Arbeitszeitflexibi- führt zu einer schlechten Erreichbarkeit lisierung und für neue Arbeitszeitmodelle, der Unternehmen. Weitere Nachteile kön- chungen der Vereinten Natio- sondern auch neue Ansätze für z. B. die nen aus einer mangelnden Verfügbarkeit nen ungebremst fortsetzen und Entgrenzung bei Erreichen der Ruhestand- von Flächen sowie den meist hohen Flä- dieser Anteil auf knapp 70 Pro- saltersgrenze: so könnten bereits aus dem chenkosten resultieren, die zu höheren Fix Berufsleben ausgeschiedene Mitarbeiter kostenanteilen für Unternehmen führen, zent ansteigen. Schon deshalb kurzfristig reaktiviert werden, die dann die im urbanen Raum produzieren. müssen die Städte von morgen „kurz im Betrieb vorbeischauen“, um Spit- Altlasten in den Böden und Flächennut- nachhaltig, lebenswert und zu- zenlasten mit auszugleichen, Probleme zungskonflikte (Beispiel: Wohnungsbau) kunftsfähig werden. Um das zu zu lösen oder jüngeren Mitarbeitern auf- sind weitere Faktoren, die den Erhalt und grund ihrer größeren Erfahrung Hinweise Ausbau von Produktionsbetrieben in urba- erreichen, kann und muss ein zu geben und auf diese Weise den Wissen- nen Räumen erschweren. Hinzu kommt Aspekt die urbane Produktion stransfer zu verstetigen. Kurze Wege und die fehlende Akzeptanz der Anwohner, In- im Ballungsraum sein. flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen dustriebetriebe in ihrer Nähe zu dulden. zudem für alle eine Verbesserung der In- An vielen Orten in Deutschland gibt es tegration von Arbeit und Privatleben sowie strategische Rahmenpläne für Industrie- P roduzierende Unternehmen wurden eine Weiterentwicklung der Integration von entwicklung. Häufig fehlt die konsequen- in den vergangenen 100 Jahren Arbeit und Familie. Damit entstehen neue te Verknüpfung von Wirtschafts-, Stadt- zunehmend aus dem Stadtbild ver- Möglichkeiten für die Betreuung und Pfle- und Kulturentwicklung. Gleichzeitig sind drängt. Vor allem hohe Grundstückspreise ge von Angehörigen wie Kindern, Kranken die Voraussetzungen von Stadt zu Stadt und wenig Verfügbarkeit in den Ballungs- und Senioren sowie z. B. für die integrative höchst unterschiedlich. räumen, zunehmende Mobilität der arbei- Ausübung von Freizeitaktivitäten. Die Lösung liegt in der (Re-) Integration tenden Bevölkerung und Umweltaspekte Werden Güter für die unmittelbare Umge- von Produktion und Logistik in die Bal- (Image der „dreckigen“ Produktion) führ- bung des Produktionsstandorts herge- lungszentren und in das alltägliche Le- ten zu dieser Entwicklung. Die Entwicklung stellt, können weitere Vorteile durch die ben der Bewohner, denn wir brauchen die zog jedoch auch eine Entfremdung weiter Nähe zum Absatzmarkt sowie zu den ein- Renaissance der urbanen Produktion – Teile der Gesellschaft von Standorten für zelnen Kunden erzielt werden. Die räum- also die Herstellung, die Verarbeitung Produktion und Logistik nach sich. liche Nähe verringert Aufwand in der Logis- und der Versand materieller Güter in tik und unterstützt die Vermeidung ener- dicht besiedelten Gebieten. Das überge- Vorteile urbaner Produktion und gieintensiver Transporte durch die lokale ordnete Ziel dabei ist die physische Ver- urbaner Logistik Produktion. Die Nähe zum Kunden verein- schmelzung von Produktionsort, Arbeits- Die Vorteile urbaner Standorte sind viel- facht auch dessen Einbindung in Unterneh- und Absatzmarkt im Umfeld städtischer fältig. Tendenziell bieten die städtischen mensprozesse (Beispiele sind das „Cus- Ballungsräume. Zudem geht es um die Räume ein höheres Maß an qualifizierten tomizing“ und die „Stückzahl 1“) und un- optimale räumliche Verteilung komplet- Fachkräften und Hochschulabsolventen; terstützt damit auch eine engere Bindung ter Produktionsprozesse im urbanen Bal- die Nähe zu Lieferanten und Dienstleis des Kunden an das Unternehmen. Modelle lungsraum. Denkbar ist beispielsweise tern vereinfacht die Kommunikation und zur gemeinsamen Nutzung von Energie, die Herstellung von Vorprodukten und 6 Technik in Bayern 01/2019
SCHWERPUNKT Komponenten außerhalb und die End- Noch vor hundert Jahren waren produzie- Eine wachsende Entfremdung weiter montage oder Konfiguration individueller rende Unternehmen selbstverständlicher Teile der Gesellschaft von Industrie und Produkte in Kundennähe in der Stadt. Um Teil des Stadtbildes. Eine funktionierende produzierendem Gewerbe, der ökono- zu solchen langfristig optimierten Lösun- Symbiose aus Wohnen und Wirtschaft mischen Basis unseres Wohlstands. gen zu gelangen, sind kreative und ganz- prägte die Strukturen der Regionalzentren. Zudem steht die städtische Infrastruktur heitliche Ansätze erforderlich, welche Leben und Arbeiten waren untrennbar kurz vor dem Kollaps durch den intensi- die Chancen nutzen und die Risiken miteinander verbunden – so schien es zu- ven Personen- und Güterverkehr, den Un- minimieren. Diese Ansätze zu denken, zu mindest. Schleichend aber unaufhaltsam ternehmen „auf der grünen Wiese“ ver- planen, zu realisieren und zu betreiben ist wurden die Firmen jedoch aus den Städten ursachen. nicht zuletzt Aufgabe von Ingenieuren. verdrängt. Vor allem schrumpfende Flächen Auf der anderen Seite sinkt die Mo- und gleichzeitig steigende Grundstücks- bilität von Personen und Gütern ten- Diese zunehmende räumliche Konzentrati- preise in den Ballungsräumen, die Entwick- denziell aufgrund der Trends zu einer on in Ballungszentren erzwingt ein Umden- lung von Industriegebieten in den Außen- ausgewogenen Work-Life-Balance, der ken in vielen Bereichen, insbesondere bei bereichen der Ballungsräume aber auch zunehmende Alterung der (berufstäti- der Stadtentwicklung und -planung. Damit die zunehmende Mobilität der arbeitenden gen) Gesellschaft und der ständigen unsere Städte auch morgen noch lebens- Bevölkerung und schärfere Umweltvor- Verteuerung der Transportkosten. wert sind, brauchen wir nachhaltige Zu- schriften trieben diese Entwicklung voran. Diesen komplexen, dynamischen Verände- kunftskonzepte, u. a. die (Re-) Integration rungsprozessen ist das bisherige Konzept von Produktion und Logistik in den urba- Verbunden sind damit eine ganze Reihe der außerstädtischen, zentralen Produk- nen Alltag. negativer Entwicklungen: tion für den weltweiten Markt nicht mehr gewachsen. Erforderlich ist stattdessen ein alternativer Lösungsansatz mit Fokus auf die Reintegration von Produktion und Logistik in die Ballungszentren und in das alltägliche Leben der Bewohner, mit ande- ren Worten: die Renaissance der Urbanen Produktion. Grundsätzlich versteht man dabei unter „Urbaner Produktion und Logistik“ die Her- stellung, die Verarbeitung und den Ver- sand von materiellen Gütern in dicht besie- delten Gebieten. Ziel ist die physische Ver- schmelzung von Produktionsort, Arbeits- und Absatzmarkt im Umfeld städtischer Ballungsräume. Die urbane Produktion bringt strategische Vorteile für alle Stakeholder. Beispielswei- se bergen städtische Räume die weitaus größten Reserven an qualifizierten Fach- kräften und Hochschulabsolventen – de- ren Mangel ist derzeit einer der akuten Wachstumsbremsen unserer Wirtschaft. Zudem werden die Wege im Netzwerk von Quelle: Fotolia_6824 Kunden, Lieferanten und Dienstleistern kürzer, was die Kommunikation und akti- ve Kooperation miteinander vereinfacht. Auch die Nähe zu Forschungs- und Tech- Technik in Bayern 01/2019 7
SCHWERPUNKT nologiezentren im städtischen Umfeld ist Aktives Beziehungsmanagement ist für Zielgruppen sind Unternehmen – auch nicht zu unterschätzen. Dies erleichtert urbane Produktions- und Logistikunter- kleine und mittlere Unternehmen (KMU) den Zugang zu Wissen und Innovation und nehmen der Schlüssel zu nachhaltigem und dort auch die Ingenieure, denn den Transfer in die Unternehmen hinein. Erfolg, denn nur die Information der ständiger Dialog und Kommunikation Aber, es wäre unredlich die nicht unerheb- Bürger vermittelt den Mehrwert von In- sind für urbane Produktions- und Logis- lichen Herausforderungen zu verschwei- dustrie. Die Unternehmen müssen dazu tikunternehmen unverzichtbar: sie benö- gen, die mit einer Zunahme von Produktion eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit tigen Unterstützung beim Aufbau bzw. in der Stadt verbunden sind. Natürlich wec- und ein Stakeholdermanagement bei bei der Weiterentwicklung eines inten- ken neue Hochspannungsleitungen, Wind- sich verankern, Mitarbeiter zu Gesichtern siven internen und externen Stakehol- parks, Flughäfen und Bahnhöfe sowie viele und Botschaftern der Unternehmen ma- dermanagements in Unternehmen. andere Großprojekte regelmäßig Wider- chen, sich gesellschaftlich engagieren Zielgruppen sind auch die Kommunal- stand in der Bevölkerung. Daher verlangt und mit Politik und Verwaltung intensiv und Stadtverwaltungen, denn eine kom- die Nähe zum Wohnen emissionsärmere und regelmäßig austauschen; und so munale Beteiligungskultur schafft Vor- und ressourceneffizientere Standorte als den „Risiken“ bei Genehmigungsverfah- teile im Standortwettbewerb; sie müs- heute üblich. Doch genau diese – und ren vorbeugen. sen sich einsetzen für die Belange der darüber hinaus viele weitere – Fragestel- Mit einer zeitgemäßen Kommunika KMU aus der Produktion und Logistik. lungen sollen erörtert werden, wenn alle tionskultur können Kommunen wertvolle Zielgruppen sind damit auch die (Ober-) am Prozess Beteiligten zur Diskussion Standortvorteile gewinnen, denn Urbane Bürgermeister, die Bau-/Wirtschafts- und und Lösungsfindung an einen Tisch kom- Produktions- und Logistikstandorte bie- Umweltdezernate, die Wirtschaftsförder- men. Im Mittelpunkt müssen dabei die ten für Städte den Vorteil, dass Wert- er, die Genehmigungsbehörden, die Lo- Argumente stehen, die für eine stärkere In- schöpfung und Beschäftigung am Stand- kalparlamente und -fraktionen, Regie- tegration produzierender Industrie und Lo- ort bleiben. Dazu müssen sie eine Betei- rungspräsidenten bzw. Dezernate der gistikunternehmen in den Ballungsräumen ligungskultur in Verwaltungen etablie- regionalen Bezirksregierungen sprechen und die Voraussetzungen, die für ren, Partnerschaften zwischen Unterneh- Und zuletzt auch die sog. allgemeine eine erfolgreiche Umsetzung erfüllt sein men und Kommunen ausbauen und In- Öffentlichkeit und die Medien, denn die müssen. Das möchte der VDI initiieren. dustrieflächen optimal vermarkten – das urbanen Produktions- und Logistikstand- alles zusammen verlangt quasi einen orte sind wichtig für die Stadt der Zu- Der VDI vertritt hierzu 3 Standpunkte: kommunalen Paradigmenwechsel: Inte- kunft; diese Zielgruppe muss sensibi- In der Stadt der Zukunft sind Industrie und grieren statt Verdrängen. lisiert werden für die Vorteile urbaner Warenverkehr (wieder) integraler Teil von Produktion und Logistik (und nicht nur Leben und Gesellschaft. Das kann nur Ziele des VDI-Fokusthemas für die Nachteile), damit eine Re-Inte- gelingen durch die räumliche Nähe und 1. Produktions- und Logistikstandorte gration erfolgreich funktioniert. ihre neuen Optionen für Arbeitnehmer, müssen stadtnah (wieder) möglich sein. Unternehmen und Gesellschaft, aber 2. Unternehmen, Stadtverwaltung und Be- Dipl.-Ing. Jean Haeffs auch moderne Konzepte zur Verkehrs- hörden müssen insbesondere in den Geschäftsführer VDI Gesellschaft GPL, infrastruktur und durch Ressourcen- Ballungsräumen Wohnen und Arbeiten Düsseldorf effizienz und geringe Emissionen. in räumlicher Nähe möglich machen. 8 Technik in Bayern 01/2019
SCHWERPUNKT Unser Ziel ist das ganzheitliche Konzept Wir sprachen mit Prof. Dr.-Ing. Johannes Fottner, Inhaber des Lehrstuhls für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der TU München, und Stell- vertretender Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Produktion und Logistik (GPL) über die Fotos: Silvia Stettmayer Herausforderungen des VDI- Jahresthemas „Produktion in der Mitte der Gesellschaft“. TiB: Das VDI Jahresthema wurde aus den heiten so zu gestalten, dass sie wieder Umweltbelastungen, mit viel Verkehr ver- Ergebnissen einer unabhängigen Studie der kompatibler sind, sowohl was die Technik- bunden. Aber unsere Aufgabe ist es, uns VDI-Gesellschaft Produktion und Logistik akzeptanz der Menschen betrifft, als auch Gedanken darüber zu machen, wie wir die- (GPL) entwickelt. Können Sie für unsere Le- von Seiten der Technologie. Die Vorstel- se Produktion und die Ver- und Entsorgung ser die Ergebnisse kurz zusammenfassen, lung der Menschen ist, stadtnah zu leben dieser Produktion so umwelt- und sozial- und wie interpretieren Sie diese? und da müssen unserer Meinung nach verträglich wie möglich gestalten, damit Prof. Johannes Fottner: Diese Studie wur- auch die Produktionen stattfinden. Und es wir sie wieder näher bei den Menschen de schon 2012 entwickelt aus der Frage- geht noch eine Stufe weiter: Die Verbrau- ansiedeln können. stellung: Was sind eigentlich wichtige cher sind heute gewöhnt, dass wir Verteil- Standortfaktoren für den Wirtschafts- prinzipien haben, die auch sehr weit in den TiB: Ein Schwerpunkt an Ihrem Lehrstuhl ist standort Deutschland 2025. Eine der ers- urbanen Raum reichen, sprich wir wollen die Technische Logistik. Welche Herausfor- ten Erkenntnisse war, dass wir niemals ein nicht nur Läden, sondern auch Distributi- derungen ergeben sich für diesen Bereich reiner Engineering-Standort sein werden, onszentren haben. Wir wollen die Dinge da aus dem VDI Jahresthema? sondern immer die Kombination aus Engi- verfügbar haben, wo wir sind. Wenn das Prof. Fottner: Die Herausforderungen sind neering und Wertschöpfung. Dann hat man Verteilzentrum in einer Region ist, wo zwar vielfältig. Wir versuchen gerade an der TUM sich gefragt, was das eigentlich bedeutet große Flächen, aber weder Kunden noch ein sehr großes interdisziplinäres Projekt und daraus Handlungsempfehlungen ab- Arbeitskräfte sind, dann macht das we- zu starten, das sich mit diesem Mobilitäts- geleitet. Sehr schnell wurde klar, dass wir nig Sinn. Wir müssen sicherstellen, dass gedanken beschäftigt. Und wenn wir von heute in einer Gesellschaft leben, in der die gesamte Warenversorgung von der Mobilität sprechen, dann gehört natürlich wir zwischen Produktion und Menschen Produktion bis zur Distribution zum End- Warenversorgung dazu. Lassen Sie es zu sehr unterscheiden. Produktion ist aber kunden in erreichbaren Entfernungen, also mich so sagen: Wie kann ich es schaffen, immer eng verbunden mit Menschen, ob dem stadtnahen Raum stattfindet. eine sig-nifikante Menge von Menschen zu als Arbeitskräfte oder als Kunden, und wird den Fabriken zu bringen, die wiederum in es auch über sehr lange Zeit noch bleiben. TiB: Ist dies heute nicht ausreichend ge- einer Umgebung von Menschen sind und Als logische Konsequenz ergab sich dann währleistet? anschließend die Waren von dort wegzube- sehr zügig der Gedanke „Produktion und Prof. Fottner: Nein, diese Nähe ist zur Zeit kommen und wieder zu den Menschen zu Logistik in der Mitte der Gesellschaft“. Wir bei weitem nicht ausreichend. Momentan bringen, ohne dass Beides den Menschen wollen die Menschen – sprich die Arbeiter haben wir noch die Tendenz, alles, was mit fürchterlich auf die Nerven geht? Das ist – mit der Produktion – sprich den Arbeits- Produktion zusammenhängt, möglichst in der Logistik ein großes Thema, denn es plätzen – wieder zusammenführen. Damit weit weg vom Menschen zu verlagern. ist die enge Verknüpfung von spannenden ist gemeint, Produktions- und Logistikein- Produktion wird meist mit Störungen, mit Technologien mit effizienten Prozessen. Technik in Bayern 01/2019 9
Und Logistik wird sich jetzt sehr stark als Ende kann man nicht alles simulieren. ren und ich habe 99% autonom gesteu- prozessorientiert verstehen. Unsere Auf- Überspitzt ausgedrückt sind wir noch nicht erte Fahrzeuge, die ich perfekt koordinie- gabe ist, Logistik so zu optimieren, dass ganz fertig mit der Industrie 4.0. Wir haben ren kann. Unser Problem heute ist doch man Effizienz erreicht und wenn man dies noch den einen oder anderen Menschen, dieser Wandel. Wir gehen vom heutigen jetzt noch koppelt mit moderner, guter, der kommissioniert, der Dinge beschafft. Zustand 0 in einen Zustand 1 in 100 Jah- vernetzter Technologie, die diese Effizien- Die Fragestellung lautet: Wie helfen wir ren und dieser Übergang ist ungeheuer zen nochmals unterstützt, dann hat man diesem Menschen und welche Techno- schwer. Und für diesen Übergang brau- sehr flexible und schlagkräftige Optionen logien müssen wir entwickeln, die diesen chen wir sicher dreimal so viel Technik, zur Realisierung. Wir möchten in diesem Menschen in diese vernetzte Welt mit ein- wie für den Zustand 1 selbst. Forschungsvorhaben die Mobilität in Bal- binden? Diese Technologien muss ich aber Und Technologie alleine reicht hier nicht lungsräumen generell darstellen, vom Ku- anschließend testen und dann stellen sich aus, sondern wir brauchen vernünftige riertransporter über den Individualverkehr Fragen wie: funktioniert das überhaupt? Prozesse und Organisationsstrukturen. bis zum öffentlichen Nahverkehr. Das soll Ist das ergonomisch? Ist das intuitiv? Wir Nehmen Sie das Thema Energiewende: als eine Einheit dargestellt werden und die haben einen demographischen Wandel Firmen können vielleicht dann gar nicht Überlegung geht dahin, wie man das steu- und ich muss auch stärker auf Leistungs- mehr so produzieren wie heute, weil der ern und abbilden kann. Das ist sicherlich defizite von Menschen eingehen. Das alles Strom nicht mehr jederzeit zur Verfügung ein sehr wichtiges Thema, dem wir uns in kann ich tatsächlich nicht in der Simulati- steht. Aber wenn ich jetzt flexible Konzepte Zukunft stellen, auch vor dem Hintergrund, on. Dazu brauche ich dann Feldtests und anwenden möchte, dann können doch was denn eigentlich die richtigen Verkehrs- Studien; alle Instrumente, die man aus der meine Mitarbeiter nicht 120 km aus dem träger sind. Fahren wir mit großen Trucks Wissenschaft kennt. Und dass wir die gan- Umland an ihren Arbeitsplatz pendeln. oder mit kleinen dezentralen, vielleicht au- ze Bandbreite abbilden können – von der Alleine um diese Flexibilität darstellen zu tonom fahrenden Einheiten? Wir brauchen theoretischen Modellbildung, der Simula- können, brauche ich eine gewisse Nähe. hier ein Portfolio unterschiedlicher Tech- tion, von analytischen Formeln bis hin zu nologien. Denn Technologie steht nie allei- den Assistenzsystemen am Gabelstapler, TiB: Der Individualverkehr stellt ein signifi- ne, sie funktioniert in einem Prozess und die in der Halle getestet werden und neuen kantes Problem dar. Wie sieht es beim im- das muss man alles zusammenführen. Beladeprinzipien, mit denen ich Menschen mer weiterwachsenden Warenverkehr aus? Unsere Aufgabe als Wissenschaftler ist es, Organisationsstruktur im Prozess mit Technologie zu verheiraten. „Unsere Aufgabe als Wissenschaftler ist es, TiB: Erforschen Sie diese Abläufe vorwie- Organisationsstruktur im gend auch durch Simulationen? Prozess mit Technologie zu verheiraten.“ Prof. Fottner: 75% unserer Forschung erfolgt sehr eng mit realen Partnern, meist Industrieunternehmen und anderen For- unterstützen kann, das alles macht die Ar- Prof. Fottner: Für die älteren Generationen schungseinrichtungen. Unsere Forschungs- beit an diesem Lehrstuhl so spannend. war das eigene Fahrzeug zu bewegen Aus- arbeit ist extrem interdisziplinär, d.h. wir druck der Freiheit, sprich: „Der Weg ist das brauchen die Elektrotechniker um vernünf- TiB: Gibt es denn schon Modellvorstellun- Ziel“. Wir müssen von dieser Individual tige Sensoren und Motoren zu entwickeln, gen, die Städte in punkto Warenfluss und entscheidung weg. Die junge Generation die Informatiker um programmieren zu Logistik optimieren? kommt hoffentlich zu der Erkenntnis, dass können, wir brauchen die Betriebswirt- Prof. Fottner: Diese Konzepte gibt es, aber das Ziel das Ziel ist. Denn auch die Mo- schaftler, damit wir Optimierungsverfah- sie beziehen sich meist auf Modellstädte bilität im urbanen Raum verändert sich ren anstoßen können und auch, um die und bedingen quasi eine völlige Umstruk- bereits. Beim Warenverkehr wird schon Wirtschaftlichkeit errechnen zu können, turierung der Infrastruktur. Bei gewachse- untersucht, ob es wirklich notwendig ist, die Mathematiker und die Ergonomen, nen Städten muss man die Technologien dass jede größere Kette ihren eigenen damit unsere Produkte auch nutzbar sind in der vorhandenen, aber optimierten In- Kurierdienstleister hat. Die Realität ist ja, und auch Psychologen und Soziologen, die frastruktur nutzen. dass heute viele Ziele mehrmals am Tag die Auswirkungen der Technik beurteilen. Wenn Sie den Zeitraum heute in 100 Jah- angefahren werden. Hier bräuchte ich ei- Natürlich machen wir sehr viel Methodi- ren annehmen, dann ist die Lösung ein- gentlich verpflichtende Koordinationen, sches anhand von Simulationen, aber am fach, denn dann gibt es autonomes Fah- die sicherstellen, dass man für einen be- 10 Technik in Bayern 01/2019
SCHWERPUNKT stimmten Straßenzug an einer bestimm- muss ich Städte nicht umbauen, sondern ten Stelle noch einmal umverteilt. ich muss in bestehenden Städten sinn- volle Konzepte auch für Gewerbetreibende TiB: Wie könnte das realisiert werden? und Industrie entwickeln. Prof. Fottner: Das Zukunftsszenario sieht wohl so aus, dass der Kurierdienst mir TiB: Es gibt viele Gründe, warum das Pro- Waren bringt, die ich online bestellt habe. duzierende Gewerbe aus den Städten ver- Das ist schon heute der Hauptgrund, wa- bannt wurde. Ist die heutige Technik wirk- rum wir mit LKW und Transportern inner- lich ausgereift genug, um die Rückkehr von städtisch unterwegs sind. An welchem Produktionsstätten in den Urbanen Raum Ort ich diese große Menge umverteile, ist zu gewährleisten? unerheblich, aber dann geht es um die be- Prof. Fottner: Wir haben in München einen reits angesprochene Wahl der richtigen starken Industriestandort und mit der TA Verkehrsträger, die die große Menge da- Luft* und der TA Lärm* sind funktionie- hin bringt, wo die Menschen leben. Diese rende Regularien geschaffen worden. Das, möglichen Konzepte der Warenverteilung was wir an Distribution, an Warenvertei- Prinzip alle Beteiligten zusammensetzen. versuchen wir gerade gemeinsam mit den lung und Montagevorgängen haben, ist Wie sieht es damit in der Realität aus? Verkehrswissenschaftlern und den für die heute sehr gut verträglich auch näher am Prof. Fottner: Es gibt heute schon sehr Infrastruktur verantwortlichen Bauinge- Menschen ansiedelbar. Wir haben doch viele, sehr gute Ansätze, wo sich mehrere nieuren und den Informatikern und den mit BMW und seinem Werk mit schwer- beteiligte Parteien zusammenfinden, lei- Maschinenbauern durchzurechnen. sten Maschinen und Presswerken mitten der sind natürlich nicht alle Parteien dabei. in München ein wunderbares Beispiel. Na- Um das Gesamtsystem zu optimieren, hat TiB: Die Verkehrsströme der Mitarbeiter türlich gibt es emmissionstarke Produk- sich das „Stufe-zu-Stufe-Prinzip“ bewährt, könnte man aber auch optimieren? tionsverfahren, wie z. B. den Leichtmetall- denn ich muss die Menschen mitnehmen. Prof. Fottner: Durch die räumliche Nähe guss, aber man muss wirklich nicht Alles Hier kann ich nicht von heute auf morgen des Mitarbeiterstammes wäre schon viel innerstädtisch produzieren. gewohnte Verhaltensweisen, z. B. beim gewonnen und vielleicht ließe sich das Einkaufen, per Dekret umwandeln. Disrup- auch mit einigen Infrastrukturmaßnahmen TiB: Wie können sich Stadtplanung und tive Prozesse funktionieren auf einen län- kombinieren. Beispielsweise könnte man Logistikunternehmen wieder enger in der geren Zeitraum und ich muss mein Ziel im die Distribution der Waren gleich in der Um- Logistikkonzeption abstimmen? Auge behalten und die Schritte dahin ge- gebung von größeren Fabriken ansiedeln, Prof. Fottner: Wir brauchen ein stärker hen. Entscheidend ist immer die Zielgröße um einen effizienteren Warenumschlag koordiniertes System, die bessere Abstim- und nicht die Ursprungsbedingung. Aus zu haben. Unser Ziel ist es, die natürliche mung beispielsweise der Lieferdienste wissenschaftlicher Sicht müssen wir auch Nähe von Mensch und Produktion wieder haben wir schon angesprochen. Aber wir die Pfadtheorie berücksichtigen, die auch herzustellen und nicht das Gegenteil, dass sind ja heute schon weiter als früher. Da die Beharrungskräfte technisch veralteter ich beide extrem weit voneinander entfer- hat sich jeder in sein Auto gesetzt, ist zu Systeme beschreibt. Dadurch werden Sys- ne. Und wir wollen die Warenverteilung in einem Markt gefahren, hat einige Gegen- teme immer weiter suboptimiert und von das Konzept mit einbeziehen. stände gekauft und ist wieder nach Hause solchen Pfaden kommen sie nur mit größ- Ganz wichtig ist auch, dass man mit ver- gefahren. Wenn wir annehmen, dass nur ter Mühe weg. nünftigen Infrastrukturmaßnahmen, die 10% der Käufer die Waren jetzt online be- Um ein Projekt zu realisieren, brauchen Sie nicht immer nur Straßen und Parkplätze stellen und diese dann von nur noch einem eine sehr enge, funktionierende Koordina- heißen, ein vernünftiges Mobilitätskonzept Transporter gebracht werden, dann haben tion und daher ist die Von-Oben-Planung unterstützt. Dies ist ein Kernpunkt des wir schon einen großen Gewinn. Diese An- mit einem guten Überblick über die ge- Konzeptes Urbane Produktion und Logistik. lieferung ist bei weitem nicht so negativ, samte Struktur sicher das Beste. Es gilt ganzheitlich Produktion, Technolo- wie sie oft dargestellt wird, denn wir ent- gie, Warenversorgung, Warenentsorgung lasten damit unsere Infrastruktur erheblich. Das Interview führten mit Infrastrukturmaßnahmen und Mobili- Fritz Münzel und Silvia Stettmayer tätskonzepten zusammenzubringen. Nur TiB: Eigentlich müssten sich zur Realisie- * TA Luft/TA Lärm = Technische Anleitungen wenn ich das als gesamtheitliches System rung der „Produktion wieder näher am Men- (allgemeine Verwaltungsvorschriften) zur Rein- sehe, wird es funktionieren. Und dazu schen“ nach dem klassischen Stakeholder- haltung der Luft und zum Schutz gegen Lärm Technik in Bayern 01/2019 11
Produktion im städtischen Raum Durch Symbiose Leben und Arbeiten wieder in Einklang bringen Die Verflechtung zwischen Customizing, damit sind Unternehmen ge- lokal lebenden Menschen wichtig, um den zwungen auch Wünsche Einzelner adä- Wohlstand zu halten und Perspektiven für Leben und Produktion sind für quat zu befriedigen. Die Mengen gleicher die Bevölkerung zu sichern. Gleichzeitig Unternehmen eine Herausfor- Produkte reduzieren sich demnach, was kann ein urbanes Produktionsunterneh- derung. Denn Änderungen füh- die Nutzung von Skaleneffekten erschwert. men weitere Mehrwerte einbringen. Durch ren zu Widerständen. Symbio- die Etablierung von Symbiosen mit dem Potenziale von verträglicher Produktion Umfeld lassen sich evtl. größere positive sen können negative Einflüsse im urbanen Umfeld Beiträge realisieren, als nur durch die Steu- reduzieren und positive Ein- Mit der voranschreitenden Digitalisierung ern und Abgaben. flüsse steigern. wird es möglich auch Produktion neu zu denken. In vielen Unternehmen gehören Ressourceneffizienz und digitale Werkzeuge dazu wie der Maschi- Symbiose-Ansätze I ndustrielle Produktion ist seit der indus- nenpark [4]. Ausgehend von aktuellen Das Wachstumsstreben führt zu verstärk- triellen Revolution unumstößlich mit Gedanken der Industrie 4.0 soll es mit der tem Ressourcenbedarf. Aktuelle Projekte dem wachsenden Wohlstand verbun- zunehmenden digitalen Beschreibung von und Initiativen haben das Ziel Stoff- und den. Damit waren potenzielle Arbeitsstät- Produktionsprozessen möglich sein, Pro- Energiekreisläufe zu schließen und so ten immer attraktiv für die Ansiedlung von dukte in geringer Stückzahl mit gleicher ressourcenschonende Prozesse zu eta- Menschen. Effizienz zu realisieren. blieren. Dabei steht vermehrt auch die Nut- Durch die Regionalisierung der Produkte zung von Nebenprodukten im Fokus. Aktuelle Herausforderungen werden immer mehr Produktionsstätten in Die Zielsetzung ist, die eingesetzten Res- Heute gibt es viele Beispiele, wo produzie- der Zielregion etabliert, was ebenfalls zur sourcen, Material, Energie, Mensch und rende Unternehmen in direkter Nachbar- Reduktion der Produktionsmenge führt. Kapital so zu nutzen, dass die Erzeugung schaft zu Wohnarealen existieren. Damit werden auch kundennahe Produk- des Produkts optimiert ist [5]. Produk- Veränderungen des aktuellen Status Quo tionsstätten möglich. Durch die Kombina- tionsprozesse im Unternehmen werden vor Ort führt immer wieder zu Reibungen, tion von baugleichen Kernkomponenten mit Berücksichtigung der fünf Perspekti- da Produktion immer mit dreckig, laut, mit kundenindividuellen Designs oder ven – Material, Energie, Emission, Mensch stinkend und unattraktiv assoziiert wird Funktionskomponenten können wettbe- und Organisation – analysiert und durch [1]. Viele Unternehmen scheuen die Kon- werbsorientiert Kundenbedürfnisse befrie- Maßnahmen verbessert, sodass die Ma- frontation und suchen sich neue Standorte, digt werden. terialverwertung und die Energiegewin- meist außerhalb. Betrachtet man Metro- Die räumliche Nähe zwischen Wohnung nung optimiert sind. Diese Anpassung der polregionen, dann wird schnell sichtbar, und Arbeitsplatz bietet den Angestellten Wertschöpfung bedeutet Minimierung bis dass hier eine Flächenkonkurrenz in aus- Flexibilisierung der Arbeitsprozesse. Die Eliminierung von Emissionen, Abfall und geprägter Form vorliegt. Sichtbar für die Steigerung der Personalflexibilität erlaubt Verschwendung. Innerhalb des Unterneh- Bewohner wird das vielfach durch steil den Unternehmen passend zur Nachfrage mens sind die Potenziale für die Optimie- steigende Miet- und Wohnungspreise. die Auslastung zu steuern. Aufwände las- rung begrenzt. Die Maßnahmen können Auch sind geeignete Grundstücke, die für sen sich entsprechend der Bedarfe steu- organisatorisch, technisch und prozessu- eine Entwicklung für Unternehmen verfüg- ern. Damit kann ein Effizienzgewinn von al ausgeprägt sein. Sind die ersten Maß- bar sind, sehr begrenzt, wie z.B. aus der mehreren Prozentpunkten realisiert wer- nahmen mit großem Potenzial realisiert, Analyse des Amts für Stadtplanung der den. Zusätzlich profitieren die Mitarbeiter werden weitere Optimierungen nur mit Stadt Stuttgart hervorgeht [2]. von der Flexibilität, denn damit einher geht sehr großem Aufwand möglich. Die 80:20 Waren Optimierungsinitiativen der Unter- die Stärkung der Work-Life Balance für die Regel beschreibt diesen Zusammenhang nehmen in den vergangenen Jahrzehnten Mitarbeiter. sehr gut. Die Unternehmen stehen vor verstärkt bemüht Skaleneffekte nutzen zu Für die Kommune oder Stadt ist der Er- der Herausforderung mit begrenzten Res- können, so ändert sich heute das Kunden- halt der Produktionsstätte ein hohes Ziel. sourcen weiter die Ziele zu erreichen. Ein verhalten und stellt die Unternehmen vor Die Unternehmen entrichten Steuern und Hebel kann die Zusammenarbeit mit dem veränderte Zielkonflikte [3]. Denn der führen teilweise zu überregionaler Bedeu- Umfeld sein. Dazu müssen geeignete Be- Trend geht Richtung Individualisierung und tung. Weiterhin sind Arbeitsplätze für die ziehungen und Wechselwirkungen identi- 12 Technik in Bayern 01/2019
Quelle: Michael Hertwig, Fraunhofer IAO – in Anlehnung an siehe Quelle[6] SCHWERPUNKT Konzept der urbanen Ultraeffizienzfabrik [5] unter Einbeziehung von Positiv-Effekten [6] fiziert und auf mögliche Symbiose-Effekte Lern- und Trainingszentren auch rechnen. Um diese Bewertung vor- hin analysiert werden. Damit ist gemeint, urbane Integration nehmen zu können, müssen geplante Aus- sich zusammen zu tun und gegenseitig anpassbare Fabrikgebäude und gaben und Einnahmen gegenübergestellt ein Nutzenpotenzial zu finden, der größer symbiotische Flüsse nötig. werden. Die Ausgaben sind einfach zu kal- ist, als ohne die Kollaboration. Dazu ist es Gute Beispiele sind die Wittenstein bastian kulieren. Einnahmen aus Rückflüssen oder nötig alle Stakeholder in den Dialog einzu- in Fellbach sowie Dornbracht in Iserlohn. Einspareffekten lassen sich mehr oder we- binden. Nur die Analyse aller Faktoren und Das neu in Fellbach errichtete Werk für Ge- niger präzise quantifizieren. Es existieren Komponenten erlaubt die Identifikation triebe befindet sich direkt neben einer Pas- aber auch Maßnahmen, die keine direkt von Handlungsfeldern und Potenzialen. sivhauswohnsiedlung, weshalb besondere quantifizierbaren Rückflüsse oder Einspa- Dabei ist wichtig, dass aus Betroffenen Maßnahmen für die Sicherstellung eines rungen zulassen. Beteiligte werden, die durch Einbringen 2-3 Schichtbetriebs nötig waren. Die direk- Aufgrund der veränderten Rahmenbedin- von Impulsen und Engagement an der Mit- te Nähe zur S-Bahn und dem Stadtzentrum gungen sind neben den quantifizierbaren gestaltung beteiligt sind. von Fellbach zeigt die gelungene Integra- Entwicklungsmaßnahmen auch weitere In Forschungsprojekten, wie der „Ultra tion in den urbanen Raum [8]. Maßnahmen ggf. positiv für die Unterneh- effizienzfabrik“ (siehe Abb.) oder „Positiv- Bei der Neuerrichtung der Produktions- mensentwicklung. Diese Nicht-Quantifi- wirkenden Fabrik“, wird eine Vision zur halle bei Dornbracht wurde diese so kon- zierbarkeit verhindert deren realistische vollständigen Einbettung von Fertigungs- zipiert, dass sie mit begrenztem Aufwand Betrachtung in der Unternehmensentwick- einheiten in ihr Umfeld beschrieben [5 & an geänderte Bedürfnisse angepasst wer- lung. Hinzu kommt die Komplexität der 6]. Dabei sollen ganzheitlich Symbiosen den kann. Es soll möglich sein, die Produk- Wirkmechanismen. Die Bewertung der Ab- hergestellt werden. Es soll ein Austausch tionsanlagen so zu positionieren, dass hängigkeiten lässt sich am besten durch von Energie und Nebenprodukten mit dem auch eine Veranstaltungsfläche für größere Modellierung darstellen. Unter Einsatz direkten Umfeld realisiert werden. Die Ent- Menschengruppen entstehen könnte. der System-Dynamik können komplexe Ab- wicklung von Symbiosen zielt sogar darauf Das etablierte Konzept der modularen Fa- hängigkeiten dargestellt und Auswirkun- ab, dass Reststoffe aus Haushalten und brik erlaubt es dem Unternehmen kurzfri- gen mittels Simulation bewertbar gemacht anderen Fabriken weiter verwertet werden stig auf Veränderungen zu reagieren [9]. werden. Es wird selten möglich sein kon- [7]. Um diese Vision zu erreichen, sind die krete Kennzahlen, wie z. B. den Return-on- Komponenten: Bewertbarkeit von finanziell nicht Invest (ROI), exakt zu bestimmen. Aber Flexibles Produktionssystem quantifizierbaren Maßnahmen besonders Eigenschaften, bei denen viele dezentrale Produktions-IT und Cyber- Investitionen von Unternehmen werden schwierig zu quantifizierende Faktoren Physikalische Systeme nur nach finanzieller Bewertung vorge- Einflüsse auf das Zusammenwirken haben, modulare und skalierbare technische nommen. Meist muss sich der finanzielle werden durch Simulation qualitativ bewert- Gebäudeausrüstung Einsatz innerhalb eines kurzen Zeitraums bar. Der Einsatz von system-dynamischen Technik in Bayern 01/2019 13
SCHWERPUNKT Modellen erlaubt es, verschiedene Szena- Zusammenfassung und Ausblick rien darzustellen. Damit lassen sich auch Produktion im urbanen Raum ist die Grund- [5] Lentes, Joachim; Mandel, Joerg; Potenziale sichtbar machen, die bisher lage, um nachhaltige Wertschöpfung auch Schliessmann, Ursula; Blach, Ro- bei einfachen Amortisationsbetrachtun- zukünftig in Deutschland zu haben. Denn land; Hertwig, Michael; Kuhlmann, gen nicht ernsthaft betrachtet werden auch zukünftig sind Unternehmen immer Timm: Competitive and sustain- konnten, da deren Einspar- oder Effizienz- stärker gefordert auch attraktiv für qualifi- able manufacturing by means of ul- zugewinneffekte nicht direkt erkennbar zierte Fachkräfte zu sein. Der Wunsch vie- tra-efficient factories in urban sur- waren [10]. ler Mitarbeiter Arbeiten und Leben optimal roundings; International Journal miteinander zu vereinen kann nur funk- of Production Research, Volume Anwendungsbeispiel tionieren, wenn die Arbeitsorganisation 55, Issue 2, 480-491, 2017 Mit einem real umgesetzten Beispiel lässt entsprechend gestaltet ist und die Arbeits- [6] Herrmann, Christoph; Schmidt, sich dies exemplarisch erläutern. Ein Pro- stätte auch innerhalb einer angemesse- Christopher; Kurle, Denis; Blume, duktionsunternehmen sitzt im Industrie- nen Zeit durch den Mitarbeiter erreichbar Stefan; Thiede, Sebastian: Sus- gebiet einer mittelgroßen Stadt. Die Mit- ist. Die Forderung nach Optimierung von tainability in Manufacturing and arbeiter wohnen in der Stadt aber auch in Ressourceneinsatz und Minimierung von Factories of the Future. Interna- umliegenden Ortschaften [11]. Emissionen kann effektiv nur nach einem tional Journal of Precision Engi- Umdenken erfolgen. Es müssen Zusam- neering and Manufacturing-Green Das Unternehmen ist seit seiner Gründung menarbeitsmodelle etabliert werden, die Technology, Volume 1, Issue 4, pp kontinuierlich gewachsen. Aufgrund der einen gegenseitigen Nutzen der beteiligten 283-292, 2014 guten Auftragslage wird eine Erweiterung Partner schafft. Es existieren erste Unter- [7] Herrmann, Christoph; Schmidt, nötig. Da innerhalb des Industriegebiets nehmen, die als Vorreiter konkret zeigen, Christopher; Kurle, Denis; Blume, alle Grundstücke besetzt sind, sind nur welche Maßnahmen funktionieren kön- Stefan; Thiede, Sebastian: The zwei Varianten denkbar. Erstens die Ent- nen. Die Fraunhofer-Gesellschaft forscht Positive Impact Factory – Tran- wicklung eines zweiten Standorts oder mit verschiedenen Instituten daran, für sition from Eco-Efficiency to Eco- zweitens die Erweiterung auf dem Grund- Unternehmen und Kommunen Lösungsan- Effectiveness Strategies in Manuf- stück des ersten. Welche Auswirkung hat sätze und Werkzeuge bereitzustellen, um acturing. Procedia CIRP, Volume die Entwicklung des bereits existierenden Produktion ökologisch, ökonomisch und 29, pp 19-27, 2015 Standorts? Die verfügbare Freifläche, ak- nachhaltig zu gestalten. [8] Maier, Sabine: Urbane Produktion tuell teilweise als Parkplatzfläche genutzt, und Industrie 4.0: Die Produktion wird für den Neubau benötigt. Die Folge ist Dipl.-Ing. Michael Hertwig der Zukunft bei WITTENSTEIN, die Verschärfung der Parkplatz-Situation Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft Pressemitteilung 18.06.2012 und damit ggf. Unzufriedenheit der Mitar- und Organisation, Stuttgart [9] Dornbracht, Matthias: Anders beiter. Der gewählte Ansatz war die Ein- Denken – Anders Handelns, Work- führung einer Werkszubringer-Linie. Durch shop Innovationscluster Mit digi- Literatur den Dialog mit den Mitarbeitern konnten taler Produktion zur urbanen Pro- sowohl eine akzeptable Pendelzeit als [1] Urbane Wertschöpfung: Wenn Indus- duktion, 25.04.2013, Stuttgart, auch erträgliche Kosten ermittelt werden. trie und Stadt wieder verschmelzen, 2013 Mit diesen Informationen und der Auswer- https://www.ingenieur.de/technik/ [10] Hertwig, Michael; Spath, Dieter tung der Privatadressen konnte in Zusam- fachbereiche/produktion/urbane- (Hrsg.): HoliPOrt – Konzept- menarbeit mit dem lokalen ÖPNV-Anbieter wert, 17.08.12 studie – Holistische Standortent- ein passendes Transportkonzept entwic- [2] Gwildis, Frank: Entwicklungskonzep- wicklung von produzierenden Un- kelt werden. Durch Zuschuss des Unter- tion Wirtschaftsflächen für Stutt- ternehmen unter Berücksichti- nehmens konnten attraktive Fahrpreise er- gart, Impulsvortrag am 28.04.2015, gung von Wechselwirkungen mit reicht werden. Die Datenanalyse erlaubte Innovationswerkstatt „Zukunftsfä- dem Umfeld, Stuttgart, 2017 eine effiziente Routenentwicklung. Die hige Produktion“ [11] Hundsdörfer, Rainer: Effizienz Parkplatz-Situation vor Ort entspannte sich [3] Hu, S. J., „Evolving Paradigms of als Geschäftsmodell, Konferenz und das Unternehmen musste keine zu- Manufacturing: From Mass Pro- Ultraeffizienzfabrik, 9.12.2015, sätzlichen Flächen akquirieren, um diese duction to Mass Customization Fellbach, 2015 als Parkplatz auszuweisen. Durch die Ko- and Personalization,” Procedia [12] N.N.: Vergleich der durchschnitt- operation mit den anderen Unternehmen CIRP, Volume 7, pp. 3-8, 2013 lichen Emissionen einzelner Ver- im Industriegebiet konnte die Auslastung [4] Erbstößer, Anne-Caroline: Produk- kehrsmittel im Personenverkehr – des Shuttle-Systems effizienter gestaltet tion in der Stadt – Berliner Mi- Bezugsjahr 2016, Umweltbundes- werden. Neben dem primären, angestreb- schung 2.0, Technologiestiftung amt, TREMOD 5.72, 13.03.2018 ten Effekt hat diese Maßnahme auch se- Berlin, 2016 kundäre Effekte. 14 Technik in Bayern 01/2019
SCHWERPUNKT Roboter in Laim Ein Robotik Startup bleibt mitten in der Stadt M agazino entwickelt und baut wahrnehmungsgesteuerte, mo- bile Roboter für die Intralogistik. Mit Hilfe von 2D- und 3D-Kameras können einzelne Objekte im Regal identifiziert und lokalisiert, sicher gegriffen und schließ- lich präzise an ihrem Bestimmungsort wieder abgelegt werden. Die vielfach ausgezeichnete Ausgründung der TU München entwickelt und fertigt seine Roboter im Münchener Gewerbe- hof (MHG) in der Landsberger Straße. Warum entwickelt und baut Magazino seine Roboter in München? Quelle: Magazino Nach den Gründen für den innerstädti- schen Standort gefragt, nannten die Fir- mengründer eine Vielzahl an Argumenten: Fast alle Maschinenbau- und Elektro- Die Fertigung von Intralogistik-Robotern bei Magazino im Gewerbehof Laim technik-Lieferanten für den Roboter sind zwischen München und Stuttgart gerade bei hochumkämpften Software- Eine Vielzahl an potentiellen Investoren angesiedelt spezialisten ist das wichtig und Finanziers sind in der Umgebung Top ausgebildete Uniabsolventen & In- Zu attraktiven Arbeitsbedingungen ge- Es gibt wertvolle Unterstützung durch genieure in den Bereichen Maschinen- hören auch kurze Arbeitswege. Manche die UnternehmerTUM. bau/Elektrotechnik/IT an der TU Mün- Mitarbeiter wohnen direkt gegenüber Durch all diese Faktoren bietet München chen waren und sind wichtig für den dem Firmensitz und es gibt eine Anbin- ein gutes Klima für die Gründung eines späteren Aufbau von Personal dung an die S-Bahn-Stammstrecke Technologieunternehmens. Für einen Großteil der Mitarbeiter ist Die MGH hat günstige Mieten für produ- Silvia Stettmayer Magazino der erste Arbeitgeber nach zierende Klein- und Jungunternehmen Weitere Informationen der Universität und es gibt die Möglichkeit, innerhalb München ist als Arbeitsort auch für des Gebäudes zu expandieren. Außer- https://www.magazino.eu/ ausländische IT-Fachkräfte attraktiv – dem ist ein Lastenaufzug vorhanden Gewerbehöfe München Seit mehr als 35 Jahren ein Münchner Erfolgsmodell Im Rahmen einer aktiven Wirtschafts- Um kleinen und mittelständischen Ge- Seit 2008 existiert für junge technolo- politik wurde im November 1981 die werbebetrieben die Möglichkeit eines gieorientierte Gründerinnen und Grün- Münchner Gewerbehofgesellschaft mbH innenstadt- und damit kundennahen der das Münchner Technologiezentrum von der Landeshauptstadt München, der Standortes zu bieten, wurde der erste (MTZ). Neuestes Projekt ist der Gewer- Industrie- und Handelskammer für Mün- Gewerbehof 1983 am Frankfurter Ring behof München Nord in Feldmoching. Er chen und Oberbayern und der Hand- eröffnet. Inzwischen verwaltet die MGH soll mit 11.000 m² in 2019 fertig sein. werkskammer für München und Ober- acht Gewerbehöfe mit rund 107.000 m² Weitere Informationen unter: bayern gegründet. Fläche und ca. 550 Betrieben. www.mgh-muc.de Technik in Bayern 01/2019 15
Alle Fotos: VDI Urbane Logistik sorgt für frisches Bier S Handwerk und Produktion eit Jahren sorgt, auch städteplane- dem Paloma-Viertel, das von der Bayeri- risch, die Entwicklung von reinen schen Hausbau entwickelt wird, nun eines waren bereits vor der Indus- Wohn-, Gewerbe- und Industriege- der ersten „urbanen Gebiete“. Dieser seit trialisierung integraler Be- bieten hin zur gemischten Nutzung für 2017 in die Baunutzungsordnung neu standteil der Lebens- und mehr Individualität, nachdem die viel dis- eingeführte Baugebietstyp ermöglicht Wohnumgebung. kutierte Gentrifizierung der Wohngebiete eine deutlich dichtere Bebauung. Statt in innerstädtischen Großstadtlagen für der ursprünglich geplanten 2000 qm Ge- eine „Sterilisierung“ der innerstädtischen werbeflächen und 5700 qm Wohnflächen Nach einem Jahrhundert der Kieze gesorgt hat. im Mischgebiet entstehen nun 28500 qm Trennung von Produktion und Bruttogeschossfläche auf dem 6200 qm Leben werden Städte immer Das urbane Gebiet – Leben und Arbeiten großen Grundstück. Die gesamte Entwick- rücken zusammen lung erfolgte in engster Abstimmung mit weiter verdichtet, die Produk- Gemischt genutzte Neubau-Quartiere sind, den (bisherigen) Bewohnern des Viertels. tion kehrt zurück – Produkte insbesondere in München, nach wie vor werden in immer kleineren Mangelware. Bau- und Emissionsschutz- Urbane Gebiete fordern urbane Logistik recht tun ihr übriges. Eine echte, meist Gerade durch die extreme Verdichtung Einheiten bestellt und geliefert kleinteilige, Mischnutzung ist für die In- und unterschiedlichste Nutzung kommt – Konzepte urbaner Logistik vestoren wirtschaftlich deutlich weniger der Logistik im urbanen Umfeld eine be- sind unabdingbar und facet- lukrativ, als hochwertiges Wohnen. Im sondere Bedeutung zu. Die zentrale Her- tenreich. Hamburger Stadtteil St. Pauli entsteht mit ausforderung der Logistik im urbanen 16 Technik in Bayern 01/2019
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