WIR MACHEN WEITER Verlässlich Nachhaltig Sicher Geschäftsbericht des Deutschen Bauernverbandes 2019/2020 - Deutscher Bauernverband
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WIR MACHEN WEITER Verlässlich • Nachhaltig • Sicher Geschäftsbericht des Deutschen Bauernverbandes 2019/2020
Foto: Breloer/ DBV Joachim Rukwied Bernhard Krüsken Präsident des Deutschen Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes Bauernverbandes „Landwirtschaft ist systemrelevant – nicht erst seit der Coronakrise, aber seither ist das Bewusstsein in Politik und Gesellschaft gewachsen, dass Landwirtinnen und Landwirte unverzichtbarer Teil der kritischen Infrastruktur sind.“
Vorwort 3 Sehr geehrte Damen und Herren, große Teile der Wirtschaft und auch die Landwirt- unsere Landwirtinnen und Landwirte. Es wäre fatal, schaft sind durch die Coronakrise enorm unter diesen hintenanzustellen, auch wenn jetzt die Bewäl- Druck geraten. Die Einschränkungen im Zuge der tigung der Coronakrise im Fokus steht. Mehr Klima- Pandemie haben zu Umbrüchen im Marktgesche- und Umweltschutz können die Landwirte aber nicht hen geführt. Die Logistik der Lebensmittelkette zum Nulltarif leisten, sondern muss sich in einem stand unter Stress, Absatzmärkte sind weggebro- höheren Preis für Lebensmittel abbilden. Dieser chen und die Gastronomie fiel zeitweise komplett Mehrwert muss auch bei den Bauern ankommen. aus. Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen konnten und können wir aber weiterarbeiten. Investitionen in die Landwirtschaft und die Und wir können auch mit Stolz sagen, dass wir ländlichen Räume sind auch ein Beitrag zum Landwirte einen maßgeblichen Anteil daran haben, wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona- dass die Versorgung der Bevölkerung mit Lebens- krise. Grundlage dafür ist eine wettbewerbsfähige mitteln aufrechterhalten werden kann. Landwirtschaft in der EU. Die vorgeschlagene Farm-to-Fork-Strategie, die ein massiver Eingriff Landwirtschaft ist systemrelevant – nicht erst in die Bewirtschaftung wäre, muss daher unter seit der Coronakrise, aber seither ist das Bewusst- Einbindung von landwirtschaftlicher Fachexperti- sein in Politik und Gesellschaft gewachsen, dass se überarbeitet werden, denn: Europa braucht eine Landwirtinnen und Landwirte unverzichtbarer Teil starke, moderne Landwirtschaft und die Landwirt- der kritischen Infrastruktur sind. Nur so konnten schaft braucht eine stabile Europäische Union. Ein wir auch eine Sonderregelung für ausländliche Europa ohne Landwirtschaft ist undenkbar! Erntehelfer erwirken, mit der es gelang, zu Saison- beginn aufgetretene Arbeitsengpässe abzumildern. Zentraler Stabilitätsanker für unsere deutschen Auch die vielen Angebote von Seiten der Bevölke- und europäischen Bauern ist dabei eine starke rung zur Unterstützung der Landwirte belegen Gemeinsame Agrarpolitik mit einem soliden eine positive Stimmung. Agrarbudget, die mit Weitsicht und Augenmaß die Anliegen der Bauern und den Anspruch der Der Titel dieses Geschäftsberichts „Wir machen Ernährungssicherung austariert und der Landwirt- weiter: verlässlich - nachhaltig - sicher“ ist für schaft Planungssicherheit bietet. die Landwirtschaft auch bei der Bewältigung des Klimawandels Programm, genauso bei der kontinu- Gemeinsam werden wir die Coronakrise bewäl- ierlichen Weiterentwicklung des Tierwohls, bei der tigen. Das heißt vor allem auch, aus der Krise zu Förderung der Artenvielfalt, beim Einsatz digitaler lernen. Diesem Thema haben wir in unserem Technologien und der beständigen Verbesserung Geschäftsbericht mehr Raum gegeben und als unserer fachlichen Praxis. Aber auch unser Anlie- Schwerpunkt herausgehoben. Gleichzeitig stellt gen, den Dialog mit der Gesellschaft konstruktiv dieser Bericht die gesamte Breite der agrarpoliti- fortzuführen und die Landwirtschaft in der Mitte schen Themenfelder und Positionen dar, die wir der Gesellschaft zu verankern, werden wir weiter gemeinsam mit unseren Landes-, Kreis- und mit Engagement voranbringen. Ortsbauernverbänden bearbeitet haben. Wir danken allen, die uns dabei unterstützt haben Der Klimaschutz ist eine der größten Herausforde- und damit geholfen haben, die Zukunft der rungen der Menschheit und damit ein Topthema für Bauernfamilien zu sichern.
Inhalt 02 Vorwort 18 Agrarförderung und Agrarstrukturpolitik 20 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Auftakt: Schwerpunkt Tierische Erzeugung 06 Aus der Krise lernen! 22 Schweine- und Rindfleischmarkt 10 Corona bedingte Sonderregelungen 24 Milchproduktion 12 Risikomanagement und 26 Eier und Geflügel Rettungsschirmversprechen 27 Schafe, Ziegen, Pferde und 14 Mit dem Handel aus der Krise landwirtschaftliche Wildhaltung 29 Tiergesundheit 16 Tierhaltung und Risiken von 30 Futtermittel Zoonosen 17 Kommunikation in der Coronakrise Pflanzliche Erzeugung 31 Getreide 32 Eiweißpflanzen 33 Kartoffeln 34 Obst, Gemüse und andere Sonderkulturen 35 Saatgutfragen 36 Pflanzenschutz Foto: Steve Howard/pixabay.com Foto: Countrypixel/adobestock.com
37 Öko-Landbau und Regional- Recht und Steuern vermarktung 52 Allgemeine Rechtsfragen 40 Energiepolitik 54 Steuerrecht und Steuerpolitik Umweltpolitik und -recht 55 Lebensmittelrecht 41 Umwelt- und Gewässerschutz Bildung, Innovation, 43 Klimaschutz: Landwirtschaft ist Teil Forschung der Lösung 56 Berufliche Qualifizierung 44 Biodiversität: kooperativ und 58 Schorlemer Stiftung des DBV produktionsintegriert 59 Alles auf Start-up 45 DBV-Projekte für kooperativen Natur- schutz in der Agrarlandschaft 60 Andreas Hermes Akademie 60 Wissenschaft, Forschung und Innovation Ländlicher Raum 49 Lebensraum und Wirtschaftsstandort 61 Bund der Deutschen Landjugend 51 Urlaub auf dem Bauernhof und 62 Agrarsozialpolitik Landtourismus in Deutschland 64 DBV – Spitzenverband der Landwirtschaft 51 Forst- und Waldwirtschaft 66 Agrarpolitische Zeittafel 2019 74 Organigramm 78 Impressum Foto: Natascha/adobestock.com Foto: goodluz/adobestock.com
6 Schwerpunkt SCHWER PUNKT Aus der Krise lernen! VERBANDSARBEIT IN ZEITEN VON CORONA - UND DANACH Dieser Geschäftsbericht legt Rechenschaft ab über einen Zeitraum, für den unter anderem zwei Entwicklungen und Ereignisse festzuhalten sind: Die Bauernproteste im Herbst 2019 und die Coronakrise. Beides hat in sehr unterschiedlicher Weise, aber nachhaltig die Landwirt- schaft bewegt und in ein anderes Licht gerückt. Grund genug, dem nachzugehen und mit kritischem Blick Schlussfolgerungen für die politische Interessenvertre- tung und die Verbandsarbeit zu ziehen. Foto: JackF/adobestock.com
Schwerpunkt 7 Coronakrise: Stresstest mit Folgen zunächst von den Kontakt- und Reisever- worden. Daraus folgt die zweite Einsicht: Die Republik hat bisher keinen solchen boten erfasst waren. Allen diesen Punkten Die Politik muss auch und vor allem nach schnellen und radikalen Wechsel der ist gemeinsam, dass sie auf dem etablier- der Krise mehr für die strukturelle und politischen Agenda erfahren wie beim ten Weg der Verbandsarbeit im Zusam- wirtschaftliche Stärkung der heimischen Einstieg in den Lockdown, in die Schutz- menwirken mit der Politik erfolgreich Landwirtschaft tun, damit diese arbeits- maßnahmen und in die öffentliche angegangen werden konnten. Erste Ein- und leistungsfähig bleiben kann. Krisenhilfe. Wirtschaft und Konjunktur sicht: Verbandsarbeit darf ihr klassisches zeigen tiefe Bremsspuren, weil mehr als Terrain nicht aufgeben. Keine Absage an die Globalisierung ein Quartal an Wirtschaftsleistung fehlt. Manche Akteure bewerten den neuen Fo- Eine für die Agrarbranche selbstverständ- Neue Prioritäten für die Abwägung von kus auf heimische Wirtschaft und europä- liche Erkenntnis ist bei großen Teilen der Zielkonflikten ische Lieferketten schon als weitgehende Gesellschaft schlagartig angekommen: Die zentrale Forderung „Arbeitsfähig- Absage an die Globalisierung. Das ist aber Landwirtschaft ist nicht alles, aber ohne keit erhalten“ ist keine Absage an den zu kurz gedacht. Das heimische Absatz- Landwirtschaft ist alles nichts. Die Bot- Schutz von Klima, Umwelt und Arten- potenzial zu behalten und hier auch schaft, dass Landwirtschaft nicht nur in der Krise, sondern grundsätzlich arbeitsfä- hig bleiben muss, fand breite Zustimmung in Politik und Gesellschaft. Wir stehen in besonderer Verantwortung für Versorgung „Landwirtschaft muss nicht und Lebensmittelerzeugung, für intakte Lieferketten und letztlich für das Funkti- nur in der Krise, sondern onieren einer Industriegesellschaft. Das nennt man systemrelevant. grundsätzlich arbeitsfähig Erfolgreiche Verbandsarbeit bleiben.“ Ein Lockdown war und ist für die Land- wirtschaft keine Option. Um die Land- vielfalt – aber sie setzt neue Prioritäten aufzuholen, ist das eine. Die Chancen für wirtschaft arbeitsfähig zu halten, konnte für politische Rahmenbedingungen und hochwertige Produkte in wertschöpfungs- der DBV in drei drängenden Punkten Lö- für die Abwägung von Zielkonflikten. Bei starken Märkten werden wir aber sicher sungen erreichen und umsetzen. Zualler- aller Tragik des Corona-Geschehens: Es ist weiter nutzen. Ebenfalls bleiben wird ein erst der Status „systemrelevant“, dann die eine Lektion darin, wie man auch in einer Einfluss internationaler Märkte auf das Unterstützung der kurzfristig wirtschaft- digitalen und postindustriellen Gesell- europäische und deutsche Preisgefüge für lich besonders betroffenen Betriebe über schaft Widerstandsfähigkeit gegen Krisen Agrarerzeugnisse. Damit sind wir bei den Liquiditätshilfen und Förderprogramme gewährleistet. Dass man Landwirtschaft längerfristigen Folgen der Coronakrise und last but not least eine Lösung für nicht in globale Lieferketten outsourcen und der davon ausgelösten wirtschaftli- Erntehelfer und Saison-Arbeitskräfte, die darf, ist mehr als deutlich sichtbar ge- chen Rezession. Druck auf Rohstoffpreise ist stets ein zuverlässiger Begleiter von Wirtschaftskrisen und Konjunkturein- brüchen. In den ersten Monaten der Foto: macrovector/freepik Krise ist die Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen mit einem blauen Auge davongekommen. Das kann sich aus den genannten Gründen noch ändern. Die dritte Einsicht lautet: Auch wenn das Tempo der Globalisierung stockt, bleibt der Einfluss internationaler Märkte auf die Landwirtschaft in Europa stark.
8 Schwerpunkt Foto: Dr. Anni Neu Landwirtschaft in der Mitte der Öffentlichkeit Zum zweiten besonderen Punkt: Die Bauernproteste im Herbst 2019 haben die öffentliche Aufmerksamkeit auf eine ganz andere Weise auf die Landwirtschaft ge- lenkt. Zum ersten Mal seit langem ging die Einigkeit im Berufsstand über Verbands-, Organisations- und Parteigrenzen hinweg. Akzeptanz und Verständnis auf Seiten der Bevölkerung waren unerwartet groß, auch weil es friedlich blieb. Auch die Politik musste eingestehen, dass die Kritik an Ag- rarpaketen, Aktionsprogrammen, Auflagen und Bürokratie nicht von den Verbänden inszeniert war, sondern die Landwirte in der Fläche massiv bewegt. Die Proteste haben gezeigt, dass die Herausforderungen rund um Landwirtschaft, Umwelt und Ernährung nur gemeinsam mit den Bauern zu meistern sind. Wucht und Wirkung dieser Einsicht sind aus der Einheitlichkeit schaffen öffentliche Wahrnehmung und Jemand - Person oder Institution - muss und Geschlossenheit unter Landwirten zu- politischen Handlungsdruck und öffnen Forderungen und Anliegen hineintragen stande gekommen – und hier liegt die Her- Türen, die vorher verschlossen waren. Aber und umsetzen. Das geht nur im gemeinsa- ausforderung, wenn es gelingen soll, diesen auf der anderen Seite derselben Medaille men Auftritt. Das Prinzip Bauernverband – Schwung in dauerhafte Wirkung umzu- stehen politische Umsetzung, Aushand- oder besser Bauerndemokratie – muss man setzen. Demonstrationen und Aktionen lung und gesetzgeberisches Handwerk. nicht ein zweites Mal erfinden, sonst geht Agenda nach der Krise – den Die Zukunftsfähigkeit der Tierhaltung am Standort Deutschland sichern: Wandel strategisch angehen An diesem hehren Ziel haben sich in der Vergangenheit etliche runde Tische und Mit Klimawandel, Ressourcenschutz, Digitalisierung, Biodiversität, Kommissionen ohne wirklichen Erfolg abgearbeitet. Mit dem Kompetenznetz- Tierwohl, neuen Verbrauchergewohnheiten und gesellschaftlichen werk Nutztierhaltung ist es nun erstmalig Anforderungen werden wir uns auch nach Corona weiter auseinan- gelungen, zwischen vielen gesellschaft- dersetzen. Landwirte und ihre Berufsvertretung stellen sich diesen lichen Gruppen einen Konsens zu finden Veränderungen. Der DBV bringt sich weiterhin mit politischen und ein Konzept für die Weiterentwick- Forderungen, umsetzbaren Strategien und kooperativen Ansätzen lung des Sektors zu formulieren. Der DBV in diese Zukunftsdebatten ein, um die gesellschaftliche und wirt- hat mitgearbeitet und darauf hingewirkt, schaftliche Position der Landwirte zu stärken. Beispiele für diese dass Markt und Nachfrage, eine tragfähige politischen Initiativen sind: Finanzierung und eine Entwicklungsper- spektive für die tierhaltenden Betriebe Den „European Green Deal“ im Sinne „Klima-Grenzausgleich“ im EU-Außen- Eingang in das Konzept gefunden haben. der Landwirtschaft gestalten: handel müssen auch für Agrarprodukte Auch die Weiterführung der Initiative Die Ziele der EU-Kommission für eine kli- diskutiert werden. Tierwohl zählt zu den Bausteinen für eine maneutrale und emissionsfreie Wirtschaft zukunftsfähige Tierhaltung. sind zum Teil widersprüchlich, noch nicht Struktur und Strategie in die neue mit Finanzmitteln unterlegt und nicht GAP bringen: Mit der Klimastrategie 2.0 neue Förde- mit der Handelspolitik abgeglichen. Eine Um die Diskussion über die Agrarför- rung für Land- und Forstwirte anstoßen: weitere Abwanderung der Landwirtschaft derung stärker zu prägen, hat der DBV Ende 2019 wurde der Klimaschutzplan aus Europa muss verhindert werden. Der im Januar 2020 einen Vorschlag für die 2030 beschlossen. Der DBV hat dazu DBV wird sich mit Kritik und konstruk- neuen „Eco-Schemes“ vorgelegt. Landwirte bereits Anfang 2018 die Klimastrategie 2.0 tiven Vorschlägen einbringen, unter an- können danach aus einem Katalog ein- vorgelegt und danach weitere konkrete derem für eine durchgängige Herkunfts- kommenswirksamer Agrarumweltmaß- Vorschläge für Klimaschutzmaßnahmen und Haltungsformkennzeichnung bei nahmen auswählen, Vor-Ort-Kontrollen in der Land- und Forstwirtschaft erarbei- tierischen Lebensmitteln. Pläne für einen sollen dafür möglichst entfallen. tet, die von der Bundesregierung weitge-
Schwerpunkt 9 es auf Kosten des eigenen Ziels, nämlich Sichtbarkeit und Einfluss werden immer Themen wie Düngerecht, Natur- oder einer einheitlichen Stimme der Landwirt- stärker von Schnelligkeit und Lautstärke Insektenschutz, GAP oder Tierhaltung schaft. bestimmt. Digitale Medien haben Infor- steckt viel Detailarbeit – ein Blick in die mationsgeschwindigkeit und -qualität Dossiers und Gesetzesentwürfe belegt das. Interessenvertretung für die Landwirt- neu definiert. Das birgt Chancen in der Die Positionen und Forderungen müssen schaft Kommunikation, aber z.B. bei Meinungs- bei vielen Adressaten gespielt werden, um Auch das politische, mediale und gesell- bildungsprozessen innerhalb von Organi- „durchzukommen“. Demonstrationen und schaftliche Umfeld hat bekanntlich einige sationen auch handfeste Risiken für ein Aktionen sind ein wichtiger, manchmal Umbrüche hinter sich. Daran knüpft sich demokratisches und ausgewogenes Ab- unverzichtbarer Aufschlag, aber dabei unmittelbar die Frage, wie politische stimmungsverfahren in größeren Gruppen. kann man nicht stehenbleiben. Interessenvertretung für den Berufsstand Bauerndemokratie muss sich klare Regeln und die Verbandsarbeit zukünftig aussehen geben. Auch darf die Qualität von Informa- Landwirtschaft ist nicht alleine in der müssen? Dazu einige Thesen: tionen nicht auf der Strecke bleiben. Interessenvertretung unterwegs. Positi- onen müssen gegen andere durchgesetzt Die Zersplitterung der Parteienlandschaft Nur gemeinsam bewegt man etwas und werden und gehen in klassische Aushand- wird sich Parteienforschern zufolge nicht holt politische Erfolge. Auch und gerade lungsprozesse. Allianzen und Kooperati- mehr zurückdrehen, weil sie eine logische in der digitalen Vielstimmigkeit gilt dieser onen helfen nicht nur, sondern können Folge gesellschaftlicher und demographi- Grundsatz. Lassen wir uns auseinander- manchmal auch unentbehrlich sein, um scher Megatrends ist: Veränderung der dividieren oder nehmen Verbände und Ziele umzusetzen. typischen Erwerbsbiographien und beruf beruf- Bewegungen, die die gleichen Mitglieder licher Tätigkeiten in der postindustriellen und Ziele vertreten, sich als politische Interessenvertretung über Verbände oder Gesellschaft, Globalisierung, Akademi- Wettbewerber wahr, dann ist es für die über Bewegungen? Darauf gibt es im sierung, Individualisierung und stärkere Politik einfach, sich die passende Stimme Grunde nur eine Antwort: Beides geht, aber Differenzierung einzelner gesellschaftli- auszusuchen. nicht ohne einander und vor allem nicht in cher Gruppen, Lebensstile und Interessen. unterschiedliche Richtungen. Gegenseitige Diese Entwicklungen bilden sich im Lang- Auch im politischen Geschäft gibt es die Ergänzung muss das Stichwort sein. fristtrend deutlich im Wählerverhalten ab. „Mühen der Ebene“: Hinter den großen darauf verständigt, den Lebensmitte- Europe die Zertifizierungsgesellschaft Foto: Gero Breloer leinzelhandel in das System QM-Milch SURE gegründet, die auch für die als Partner aufzunehmen. QM-Milch Holzenergie und Biogas eine möglichst soll als gemeinsame Plattform für ein bürokratiearme Nachhaltigkeitszertifi- stufenübergreifendes Qualitätssiche- zierung umsetzen soll. rungssystem entwickelt werden. Ziel des DBV ist es, die absehbare Einführung von Vertragsnaturschutz ausbauen – Nachhaltigkeits- und Tierwohlstandards Erfolgsmodell regionale Landwirte- über Brancheninitiativen besser zu steu- Kooperativen: ern und den Mehraufwand der Erzeuger Bereits 2018 hat der DBV das nie- bezahlt zu bekommen. derländische Modell der regionalen Landwirte-Kooperativen für Biodiver- Nachhaltigkeitszertifizierung einfach sitätsmaßnahmen als Erfolgsmodell umsetzen: im Vertragsnaturschutz identifiziert hend aufgegriffen wurden. Im Ergebnis Die seit 2010 bestehende Vorgabe zur und sich seitdem für eine Erprobung in wurde ein völlig neuer Förderbereich Nachhaltigkeitszertifizierung von Deutschland eingesetzt. Im Frühjahr mit 1,3 Milliarden Euro Bundesmitteln Biokraftstoffen soll laut EU-Recht ab 2020 konnte zwischen dem Bundes- zunächst bis 2023 etabliert, aus dem 2021 auch auf Bioenergieförderung für landwirtschaftsministerium, den Maßnahmen zur Emissionsminderung Strom und Wärme ausgeweitet werden. interessierten Länderagrarministerien und zur Kohlenstoffbindung finanziert Damit sind auch Biogas- und Holz- und den betreffenden Landesbau- werden. Damit sind Weichen für eine Ho- energieanlagen oberhalb bestimmter ernverbänden eine Einigung über ein norierung von Klimaleistungen gestellt Mindestschwellen betroffen. Der DBV ist gemeinsames Modellprojekt erzielt worden. Mitgesellschafter des branchengetrage- werden. Damit soll die aktive Rolle der nen Zertifizierungssystems Redcert, was Landwirte bei Maßnahmen zum Erhalt Mit gemeinsamen Branchenplattfor- landwirtschaftlichen Erzeugern eine ein- der Artenvielfalt noch stärker heraus- men die Marktpartner in die Verant- fache Teilnahme über eine so genannte gearbeitet werden. Die Erfahrungen wortung nehmen: Selbsterklärung ermöglicht. Redcert hat aus den beiden Biodiversitätsprojekten Im Frühjahr 2020 hat sich der DBV mit in 2019 gemeinsam mit dem europä- „Lebendige Agrarlandschaften“ und den Verbänden der Molkereiwirtschaft ischen Bioenergieverband Bioenergy „F.R.A.N.Z“ sollen einfließen.
10 Schwerpunkt Foto: Felix Mittermeier, matthewafflecat/pixabay.com Corona bedingte Dieses Moratorium gilt jeweils nur für sogenannte Dauerschuldverhältnisse über „wesentliche Leistungen“, also Sonderregelungen solche, die zur angemessenen Daseins- vorsorge bzw. zur angemessenen Fortset- zung des Erwerbsbetriebs erforderlich sind, mit folgenden Ausnahmen: Es gilt nicht für Arbeitsverträge und ebenfalls Die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie und die staatlich nicht für Miet- und Darlehensverträge, angeordneten Maßnahmen zu ihrer Eindämmung haben sich er- für die jeweils Sonderregelungen einge- heblich auf das öffentliche Leben und die Wirtschaft ausgewirkt. führt werden (siehe unten). Die neu geschaffenen Leistungsverweige- rungsrechte für Verbraucher bzw. Kleinst- Der DBV hat frühzeitig und mit Nach- i.d.R. Zahlungen) aus vor dem 8. März unternehmen bestehen jedoch dann druck die Betroffenheit der Landwirtschaft 2020 abgeschlossenen Verbraucherver- nicht, wenn dies die wirtschaftlichen verdeutlicht und auf gezielte Maßnahmen trägen bis zum 30. Juni 2020 verwei- Grundlagen oder den Lebensunterhalt zur Bewältigung der Pandemiefolgen gern, wenn anderenfalls aufgrund der des anderen Vertragspartners gefährden gedrungen. Innerhalb einer Woche wurde Corona-Pandemie ihr Lebensunterhalt würde. In diesem Fall können der Ver- das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der oder der ihrer Unterhaltsberechtigten braucher bzw. das Kleinstunternehmen COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- gefährdet wäre. den Vertrag allerdings kündigen. und Strafverfahrensrecht“ erarbeitet und am 27. März im Bundesgesetzblatt verkündet „Der DBV hat frühzeitig die (BGBL T.I Nr.14). Damit traten u.a. zeitlich befristete Erleichterungen im Gesellschafts- Betroffenheit der Landwirt- und Vereinsrecht, die Aussetzung der In- solvenzantragspflicht und Erleichterungen für Corona bedingte Liquiditätsengpässe im Vertragsrecht in Kraft. Zur Abmilderung der Coronakrise wurden zudem wichtige schaft verdeutlicht.“ Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Maßnahmen umgesetzt, sowie Steuerer- Das gilt auch für sogenannte Kleinstun- Vorübergehender Kündigungsaus- leichterungen und Soforthilfen beschlossen. ternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter schluss für Miet- und Pachtverträge Die wichtigsten Maßnahmen gegen die und Jahresumsatz oder -bilanz unter Allein wegen Zahlungsverzugs des Pandemieauswirkungen: EUR 2 Mio.), wenn sie aufgrund der Mieters im Zeitraum 1. April bis 30. Juni Corona-Pandemie die Leistung nicht 2020 ist der Vermieter bzw. Verpächter Moratorium für Verbraucher und erbringen können oder anderenfalls ihre nicht zur Kündigung berechtigt, wenn Kleinstunternehmen bei Verträgen wirtschaftlichen Grundlagen gefährdet der Verzug auf den Auswirkungen der Verbraucher können Leistungen (also wären. Corona-Pandemie beruht. Eine Kündi-
Schwerpunkt 11 gung aus anderen Gründen bleibt möglich. Auf der Grundlage eines gemeinsamen unter 2019 im Rahmen eines pauschalierten Diese Regelungen gelten auch für Pacht- Beteiligung des Robert-Koch-Instituts und Verlustrücktrages aus 2020 verträge. des DBV entwickelten Konzepts von BMI Der Kündigungsausschluss gilt bis zum 30. und BMEL wurde (2. April 2020) für die Mo- Soforthilfen auch für landwirtschaftliche Juni 2022, d.h. sind Mietrückstände aus nate April und Mai 2020 jeweils die Einreise Unternehmen erwirkt dem Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2020 bis von bis zu 40.000 ausländischen Saisonkräf Saisonkräf- Das Bundesprogramm „Corona-Sofort- dahin noch nicht ausgeglichen, kann bis ten unter Auflagen wieder gestattet. hilfen“ für Unternehmen mit bis zu 10 Juli 2022 wegen dieser Rückstände nicht Die Abwicklung und Überwachung des Beschäftigten steht nach Drängen des DBV gekündigt werden. Kontingents einreisender Saisonarbeits- auch landwirtschaftlichen Unternehmen Über eine Verordnungsermächtigung kräfte hat der DBV über das eigens hierfür offen. Die Höhe des Zuschusses richtet sich können die Regelungen auf Mietrückstän- eingerichtete Online-Portal unter nach der Anzahl der Beschäftigten: de für den Zeitraum 1. Juli 2020 bis 30. www.saisonarbeit2020.bauernverband.de bis 9.000 Euro Einmalzahlung für 3 Mona- September 2020 erstreckt werden. begleitet. te bei bis zu 5 Beschäftigten bis 15.000 Euro Einmalzahlung für 3 Mo- Sozialschutz-Paket schafft Anreiz für Weitere Anreize zur Arbeitsaufnahme in nate bei bis zu 10 Beschäftigten Saisonarbeit in der Landwirtschaft systemrelevanten Branchen Da Ende März viele Saisonkräfte fehlten Das BaföG-Gesetz wird geändert und Kredit- und finanzwirtschaftliche und zu dieser Zeit ein Einreiseverbot für schafft damit verbundene Zuverdienst Maßnahmen ausländische Saisonkräfte bestand, wurden Möglichkeiten auch in der Landwirtschaft. Im Rahmen des „Corona-Schutzschilds“ gibt mit dem Sozialschutz-Paket vom 27. März Die Globalzustimmung der Bundesagentur es zudem eine Reihe von kredit- und ande- 2020 (BGBl. I, S. 575) Anreize für bereits für Arbeit erfolgt für den Einsatz von Dritt- ren finanzwirtschaftlichen Maßnahmen eingereiste ausländische, vor allem aber staatsangehörigen, Asylbewerbern und Ge- für gewerbliche Unternehmen, die über auch inländische Arbeitskräfte gesetzt, duldeten als Helfer in der Landwirtschaft. die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eine Saisontätigkeit in der Landwirtschaft umgesetzt werden. Dazu gehört auch das aufzunehmen. Folgende Regelungen traten Steuerliche Entlastungen und Erleichte- umstrittene Programm „KfW-Schnellkredit in Kraft: rungen bei der Verlustverrechnung 2020“, bei dem 100 Prozent der Kreditsum- Ausweitung der 70-Tage-Regelung für ver- Stundung fälliger und fällig werdender me staatlich verbürgt werden und im Falle sicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung Steuern (Einkommen- und Körperschaft- einer Nichtrückzahlung die Insolvenz droht. auf 115 Arbeitstage; steuer, Umsatzsteuer) Das Pendant zur KfW ist für Unternehmen Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen bei Verzicht auf Stundungszinsen der landwirtschaftlichen Primärproduk- vorzeitigen Altersrenten; Anpassung von Vorauszahlungen auf die tion die Landwirtschaftliche Rentenbank Erleichterungen bei der Einkommensan- Einkommen- und Körperschaftsteuer (LR). Die LR hatte am 18. März ihr Liquidi- rechnung beim Kurzarbeitergeld; sowie die Gewerbesteuer tätssicherungsprogramm für die von der Flexibilisierung bei der Arbeitnehmerüber- Aussetzung von Vollstreckungsmaßnah- Coronakrise betroffenen Unternehmen der lassung; men bis zum 31. Dezember 2020 für alle Land- und Forstwirtschaft, des Garten- und Flexibilisierung der Arbeitszeitregelung; überfälligen Steuern Weinbaus sowie der Fischerei und Aquakul- vergleichbare Maßnahmen für die Zollver- tur geöffnet. Seit Mitte April 2020 umfasst Einreise für ausländische Saisonkräfte waltung (u.a. Energie- und Luftverkehrsteuer) das Programm auch eine Bürgschaftsva- erwirkt Bonuszahlungen für Beschäftigte sind riante. Das BMEL hat angekündigt, das Am 24. März hatte das Bundesinnenminis- zwischen dem 1.3.2020 und dem 31.12.2020 LR-Liquiditätssicherungsprogramm mit terium als weitere Maßnahme im Kampf bis 1.500 Euro steuer- und sozialversiche- einem Zuschussprogramm zu koppeln und gegen die Ausbreitung des Coronavirus die rungsfrei. aus der „Globalen Mehrausgabe“ des Corona Einreise von ausländischen Saisonkräften Antrag auf pauschalierte Herabsetzung bedingten Nachtragshaushaltes des Bundes verboten. bereits geleisteter Vorauszahlungen für zu finanzieren (Stand Ende Mai 2020). Foto: Bruno Germany/pixabay.com Foto: Jai79/pixabay.com
12 Schwerpunkt Risikomanagement und Rettungsschirmversprechen Jeder Unternehmer ist zuvorderst selbst verantwortlich für sein einzelbetriebliches Risikoma- nagement – so auch in der Landwirtschaft. Zugleich ist es in Deutschland bewährte Praxis, dass in akuten Notsituationen auf Grund von außergewöhnlichen Naturereignissen staatliche „Ad hoc-Hilfen“ gewährt werden, und das nicht nur in der Landwirtschaft. Die Covid-19-Pandemie ist im Hinblick auf die Dimension einer solchen Situation ein extremes Beispiel. Wie muss sich das Risikomanagement durch Anbaudiversifizierung, der Anbau immensen Schäden durch Spätfrost, entwickeln? trocken- und hitzetoleranter sowie wi- Sturm, Starkregen und Trockenheit Ein anderes Beispiel ist das Bund- derstandsfähiger Pflanzen, die Steigerung auszugleichen. Länder-Dürrehilfeprogramm 2018 über der Wasserhaltefähigkeit der Böden über insgesamt 340 Millionen Euro „Ad hoc- konservierende Bodenbearbeitung oder Risikovorsorge durch staatlich un- Hilfen“. Kritik hatte sich seinerzeit an der Einsatz effizienter Be- und Entwässe- terstütze Versicherungen stärken der Komplexität und der Ausgestaltung rungstechnik oder geeigneter Forst- und Diskutiert wird deswegen die Stärkung des Antragsverfahrens entzündet. Von den 340 Millionen Euro wurden letzt- „Die Wetterrisiken haben lich nur knapp 300 Millionen Euro als Dürrehilfen ausgezahlt. Klimawandel bedingt sind die Risiken besonders durch Spätfröste, Starkregen in den letzten Jahren stark und Trockenheit in den letzten Jahren jedoch deutlich angestiegen. Bei „Sturm“ zugenommen.“ ist keine eindeutige Tendenz erkennbar. Die Auswirkungen derartiger Wetterext- Hagelschutztechnik können die Auswir- der einzelbetrieblichen Risikovorsorge reme sind von den landwirtschaftlichen kungen der Extremwetterereignisse zwar durch staatlich unterstützte Versiche- Betrieben kaum noch beherrschbar. ein Stückweit abfedern. Sie reichen aber rungslösungen. Eine solche Lösung Anpassungsstrategien wie Risikostreuung offensichtlich nicht aus, um die häufig wäre aber verknüpft mit dem Wegfall des „staatlichen Rettungsschirms“ über „Ad hoc-Hilfen“. Denn wer sich mit staatlicher Hilfe relativ günstig Foto: daeron/pixabay.com versichern kann, sollte dann keinen Anspruch mehr auf Ad hoc-Unterstüt- zung haben, so das Junktim der Politik. Dies aber wiederum setzt voraus, dass sich zumindest eine breite Mehrheit der Landwirte auch versichert. Sich nicht versichernde Landwirte würden die Klimawandel bedingten Risiken anderweitig absichern und tragen, zum Beispiel durch die Bildung von Rücklagen oder dergleichen. Modellrechnungen des BMEL zeigen, dass ein 50-prozentiger Zuschuss zur Versicherungsprämie bei den Gefahren Spätfrost, Starkregen, Trockenheit und Sturm einen Bedarf an öffentlichen Mitteln von bis 300 Millionen Euro erge- ben. Unterstellt sind dabei ein gewisser Selbstbehalt und die Annahme, dass damit etwa zwei Drittel der Ackerfläche Deutschlands versichert werden können.
Schwerpunkt 13 Foto: pexels/pixabay.com Versicherte Flächen lichen Förderung mit EU-Mitteln aus Etwa 8,0 Millionen Hektar landwirtschaftliche Kulturen oder 68 Prozent der Acker- der 2. Säule (ELER) steht entgegen, dass fläche in Deutschland sind gegen Hagelschäden versichert. Eine Million Hektar sind diese Mittel bereits von den Ländern auch gegen die Gefahren Frost, Starkregen oder Sturm versichert. Nur etwa 100.000 verplant sind bzw. Umschichtungen zu Hektar sind gegen Dürreschäden versichert, und das meist über nur wenig treffsiche- Lasten bestehender Maßnahmen nach re Index-Versicherungen. Durch das hohe Kumul-Risiko sind Versicherungen gegen sich ziehen würden. Trockenheit besonders teuer. Zudem bleibt ein hoher Anteil des Risikos beim Land- wirt. Seit Anfang 2020 gilt die vom DBV geforderte ermäßigte Versicherungssteuer Eigene Risikovorsorge braucht von 0,03 Prozent der Versicherungssumme auch für Dürreversicherungen. Dadurch steuerliche Gewinnrücklage dürfte der Abschluss dieser Art von Versicherungen an Attraktivität gewinnen. Aus DBV-Sicht sollten die Instrumente für eine eigene Risikovorsorge durch landwirtschaftliche Betriebe ausgebaut werden. Neben der Einführung einer steuerlichen Gewinnrücklage gehört Bundesländer am Zuge Mehrgefahrenversicherung muss Dür- dazu eine Unterstützung von Mehrge- Die Regelungen und die Finanzierung reschäden miteinbeziehen fahrenversicherungen, so wie der DBV von staatlichen „Ad hoc-Hilfen“ infolge Aber auch die staatliche Unterstützung das bereits im Sonderkulturbereich vor von außergewöhnlichen Naturereig- von Versicherungslösungen fällt in die Zu- allem im Hinblick auf Frostschäden seit nissen fallen aufgrund der verfassungs- ständigkeit der Bundesländer. Sie führen geraumer Zeit fordert. Ein Pilotprojekt rechtlichen Aufgabenverteilung zwi- die Diskussion um Alternativen zu ad hoc- in Baden-Württemberg ist dazu im schen Bund und Ländern grundsätzlich Unterstützungen an. Zusätzlichen Auftrieb Frühjahr 2020 erfolgreich angelaufen in die Zuständigkeit der Länder. Der dafür hat die diesjährige Frühjahrstro- und lässt bereits heute erkennen, dass Bund kann bei Naturkatastrophen und ckenheit in vielen Regionen Deutschlands eine staatliche unterstützte Versiche- ihnen gleichgestellten widrigen Witte- gegeben. Favorisiert wird die staatliche rungslösung sowohl für den Steuerzah- rungsverhältnissen nur ausnahmswei- Unterstützung von Mehrgefahrenversiche- ler als auch für den Landwirt kalku- se im Rahmen der gesamtstaatlichen rungen, die ausdrücklich die Versicherung lierbarer wird und am Ende finanziell Repräsentation und Verantwortung von Dürreschäden miteinbezieht. Aus Sicht günstiger zu stehen kommt als „Ad finanzielle Hilfe leisten. Vorausset- der Länder soll der Bund die Mehrgefah- hoc-Hilfen“. Darüber hinaus ist die Ver- zung für eine Hilfe des Bundes ist die renversicherungen über eine eigenständige sicherungswirtschaft weiter gefordert, Einstufung des Schadereignisses als Maßnahme in der Gemeinschaftsaufgabe praxisgerechtere, zielgenauere und „Ereignis von nationalem Ausmaß“. „Verbesserung der Agrarstruktur“ mit kostengünstige Angebote für Versiche- Letzteres hat der Bund bei den Dürreh- unterstützen. Das aber lehnt der Bund vor rungen insbesondere bei Trockenschä- ilfen 2018 getan und 50 Prozent des allem mit dem Hinweis auf einen hohen den zu entwickeln. Ausgleichs übernommen. Finanzmittelbedarf bislang ab. Einer mög-
14 Schwerpunkt GASTAUT O R- BEITRAG Mit dem Handel Damit nicht genug: Die Coronakrise droht auch zu einer Protektionismusfalle zu wer- den. Bereits eingeführte Handelshemm- aus der Krise nisse könnten nach der Krise bestehen bleiben. Das würde nicht nur Lieferketten von einzelnen Unternehmen beeinträch- tigen, sondern auch immer mehr ganze RESILIENZ STATT ABSCHOTTUNG Bereiche des freien Welthandels unter Vorbehalt stellen. Das gilt ganz besonders für Arzneimittel und Gesundheitsproduk- Die Wirtschaft befindet sich weltweit im Krisenmodus. Die te. Zu Beginn der Krise haben fast täglich Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen Staaten neue Exportverbote, -beschrän- zur Bewältigung fordern Gesellschaft, Politik und Unterneh- kungen oder -kontrollen für Schutzmas- men auf noch nie dagewesene Weise heraus. Das Gebot der ken, Schutzkleidung, Beatmungsgeräte oder Desinfektionsmittel beschlossen. Stunde bleibt die grenzüberschreitende Arbeitsteilung als Bereits bevor die Pandemie den ganzen wichtiger Bestandteil wirtschaftlicher Resilienz. Globus erfasste, klagten 50 Prozent der deutschen Unternehmen mit Auslands- geschäft über neue Handelshemmnisse Ein nie dagewesenes Ausmaß lusten, die das Geschäftsjahr 2020 zu durch Zölle, Sanktionen oder andere Bar- Die Corona-Pandemie belastet die deut- einem sehr schlechten werden lassen. 15 rieren – ein Rekordwert. Der Ruf in vielen sche Wirtschaft in einem nie dagewesenen Prozent gehen sogar von einer Umsatz- Ländern nach Lokalisierungszwängen und Ausmaß. Dazu drei Zahlen: 80 Prozent der halbierung und mehr aus. Dies verdeut- Exportkontrollen, um die heimische Wirt- Betriebe erwarten laut einer aktuellen DIHK- licht eindrücklich wie sehr die internatio- schaft vermeintlich zu schützen, hat über Umfrage für das gesamte Jahr z.T. signifikan- nalisierte deutsche Wirtschaft auf offene die Jahre hinweg an Lautstärke gewon- te Umsatzrückgänge, rund 60 Prozent sehen Märkte und gute Regeln für Handel und nen. Doch dies führt zu höheren Kosten, Nachfragerückgänge und 13 Prozent befürch- Investitionen angewiesen ist. Schließ- Produktionsengpässen wegen fehlender ten sogar die Insolvenz. Darunter sind zehn- lich hängt jeder vierte Arbeitsplatz in Vorprodukte und längeren Lieferzeiten. tausende bislang kerngesunde mittelständi- Deutschland am Export, in der Industrie Und innovativer werden diese Unterneh- sche Unternehmen, die eigentlich nichts so sogar jeder zweite. Statt dem Rückzug ins men auch nicht. schnell umwirft. Mit jeder Woche Krise mehr nationale Schneckenhaus ist beherzter werden diese Werte dramatischer. Durch Einsatz für internationale Arbeitsteilung Handelshemmnisse verstärken Versor- Finanzierungs- und Liquiditätsprobleme das Gebot der Stunde. gungsprobleme werden uns die wirtschaftlichen Auswirkun- Klar ist: Ein Weiterdrehen der Protektio- gen dieser Krise womöglich länger beschäfti- Globale Lieferketten erhalten – nismusspirale durch die Corona-Pandemie gen als die Corona-Pandemie selbst. Protektionismusfalle verhindern werden die Weltwirtschaft, den Welthan- Um aus der Krise zu kommen, sind del und auch die exportorientierten deut- Internationale Arbeitsteilung bleibt funktionierende Lieferketten notwendig. schen Unternehmen nur schwer verkraften Gebot der Stunde Denn um über den Tag hinaus wieder können. Eine Verpflichtung der G20-Län- Die Corona-Pandemie hat nicht nur erfolgreich sein zu können, brauchen Un- der, keine neuen Zölle einzuführen, könnte das Wirtschaftsleben in Deutschland, son- ternehmen Zulieferer und Kunden in aller das Schlimmste verhindern. Das war auch dern auf dem ganzen Globus erfasst. Laut Welt. Die wirtschaftliche Belebung nach schon 2008 für ein rohstoffarmes Land wie aktuellem AHK World Business Outlook der Coronakrise kann daher nachhaltig Deutschland vorteilhaft. Heute wäre dies rechnen die deutschen Unternehmen im nur gelingen, wenn auch unsere Handels- wieder nötig, denn Handelshemmnisse Ausland ebenfalls mit starken Umsatzver- partner wieder auf die Beine kommen. verstärken Versorgungsprobleme, führen zu ineffizienter Allokation, die letztlich sogar Leben kosten kann. Gerade die Gesund- Foto: Steve Howard/pixabay.com heitsgüterindustrie ist hochinternationa- lisiert, Vorprodukte und Dienstleistungen werden grenzüberschreitend gehandelt, auch in deutschen Tochterunternehmen. Rund die Hälfte der deutschen Güterim- porte und -exporte sind Vorprodukte. Glo- bale Wertschöpfungsketten ermöglichen durch Spezialisierung, Wissensaustausch und Investitionen Standortvorteile mit Effizienzgewinnen zu kombinieren. Laut der Welthandelsorganisation (WTO) ist Deutschland neben China und den USA eines der wichtigsten Zentren weltweiter Wertschöpfungsketten.
Schwerpunkt 15 Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Geschäfte der für die Wirtschaft in Europa und weltweit zu Unternehmen in Prozent, Mehrfachnennung möglich sichern. Hierzu sollte die EU verstärkt ihre Nachbarschaftsbeziehungen und Konnek- tivitätsagenda forcieren. Zudem ist die Weniger Nachfrage 60% Stärkung des regelbasierten Welthandelssys- Stornierung von Aufträgen durch Kunden 43% tems und weiterer Handelsabkommen nötig, Kürzung der Investitionsplanungen 2020 36% um Handel weniger anfällig für Krisen und politische Störungen zu machen. Stillstand der geschäftlichen Tätigkeit 35% Ausfallende / fehlende Mitarbeiter 16% Regelbasierter Welthandel schützt auch die EU selbst Fehlende Waren und Dienstleistungen 16% Nur mit einer EU, die entschlossen und ge- Logistische Engpässe 14% schlossen auftritt, haben unsere Unterneh- men im internationalen Wettbewerb eine Drohende Insolvenz 13% hörbare Stimme. Die beste Unterstützung Keine negativen Auswirkungen 7% globaler Lieferketten liefern verlässliche Derzeit keine Einschätzung möglich 3% Regeln und internationale Abkommen, die Märkte öffnen, offenhalten und Unterneh- Steigende Nachfrage nach Waren / 3% Dienstleistungen men Rechtssicherheit bieten. Zwei Drittel der außereuropäischen Exporte deutscher Quelle: DIHK-Blitzumfrage COVID-19 Unternehmen beruhen schließlich einzig auf Regeln der Welthandelsorganisation, die zunehmend durch unilaterale Maßnah- Deglobalisierung? Stattdessen Vielfalt etwa durch ausgewogene Freihandelsab- men unter Druck gerät. Nötig ist daher ein und Anpassungsfähigkeit kommen umso wichtiger. Unternehmeri- ehrgeiziger EU-Impuls für die Stärkung des Die Coronakrise wirkt strukturell auf sche Lieferkettenanpassungen bedeuten regelbasierten Welthandels, um die Erosion die Globalisierung als Brandbeschleu- für Deutschland zugleich eine Chance, der WTO und der Welthandelsregeln zu niger. Erwartbare Entwicklungen der wenn die richtigen Anreize als Investiti- stoppen. Um auch trotz WTO-Blockaden nächsten zehn Jahre ereignen sich nun onsstandort hierzulande gesetzt werden. voranschreiten zu können, sollten auch im Zeitraffer von 10 Wochen, etwa im Generell gilt dabei, dass Unternehmen, die Verhandlungen und die Umsetzung Digitalbereich, aber auch bei globalen die umfassend auf Lokalisierung setzen, bilateraler Freihandelsabkommen vorange- Protektionismustrends. Mit der Resilienz, auch anfälliger für externe Schocks trieben werden. Indem Europa sich für den die die deutsche Wirtschaft insgesamt hat, sind, da ihre Ausweichmöglichkeiten regelbasierten Welthandel einsetzt, schützt sowie mit ihrer Vielfalt und Anpassungs- beschränkt sind. Auch ihre Zulieferer es am Ende auch sich selbst. fähigkeit wird sie diese Veränderungen in nicht wettbewerbsfähigen Branchen bewältigen können – so wie sie das auch sind weniger profitabel und verlässlich. schon früher geleistet hat. Die internati- Grenzüberschreitende Arbeitsteilung ist onale Arbeitsteilung wird fortbestehen, und bleibt daher ein wichtiger Bestandteil aber sich verändern, zum Beispiel durch wirtschaftlicher Resilienz. Foto: DIHK/ Paul Aidan Perry stärkere Risikobewertungen oder Regio- nalisierungsprozesse. Diese Änderungen Deutsche Verantwortung - Europas und Relokalisierungen von Lieferkettenbe- Führungsrolle standteilen werden auch durch technolo- Aus Sicht der Wirtschaft sollte neben der gische Fortschritte möglich. Sektoren wie Eindämmung der Pandemie nun konse- die Nahrungsmittel- und Textilproduktion quent die Unterstützung von Wachstum sind aufgrund von verderblichen Gütern und Investitionen vorangetrieben werden. Gastautor und kürzeren Produktionszyklen beson- Der Dreiklang für den Wirtschaftsstand- ders anfällig für Lieferkettenunterbre- ort Deutschland müsste lauten: mehr chungen, so dass Reshoring-Diskussionen Wettbewerbsfähigkeit, weniger Bürokratie lauter werden dürften. und keine neuen Belastungen. Für die Dr. Volker Treier Unternehmen hierzulande ist zudem ist Außenwirtschaftschef und Mitglied Lokalisierung macht anfällig wichtig, dass Deutschland sich in Brüssel der Hauptgeschäftsführung des Änderungen von Lieferketten sind in erster für gemeinsame Lösungen einsetzt. Denn Deutschen Industrie- und Handels- Linie unternehmerische Entscheidungen. die deutschen Unternehmen wickeln kammertages (DIHK). Dort zeichnet er Der Staat sollte grundsätzlich auf eine knapp 60 Prozent ihrer Warenexporte verantwortlich für die außenwirtschaft- Regulierung von Wertschöpfungsketten und -importe mit anderen Ländern der liche und europapolitische Vertretung verzichten. Die Gefahr besteht allerdings, EU ab. Der europäische Binnenmarkt soll- des DIHK. Das Studium der Volks- dass nach der Krise etwa viele wirtschafts- te deshalb gestärkt und ausgebaut wer- wirtschaftslehre absolvierte Treier, der schädliche Lokalisierungspflichten für den. Die seit über einem Jahrzehnt erste aus Baden-Württemberg stammt, in Unternehmen bestehen bleiben. Stattdes- deutsche EU-Ratspräsidentschaft bietet Bamberg und Budapest, seine Promoti- sen sind international gleiche Wettbe- eine wichtige Gelegenheit, die Rolle der on wiederum in Bamberg. werbsbedingungen und Diversifizierung, EU als zukunftsgerichteter Impulsgeber
16 Schwerpunkt KOMMEN TAR Tierhaltung und Risiken von Zoonosen IM KONTEXT WELTUMSPANNENDER WARENSTRÖME Für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs spielt der Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen tierischer Herkunft eine wesent- liche Rolle. Durch die Verkettung von Handelsströmen entlang der Wertschöpfungskette entsteht ein komplexes Handelsnetzwerk, das sich von der Geburt der Tiere bis zu den fertigen Lebensmitteln erstreckt und von regionalen bis globalen Kontakten reicht. Foto: FLI Krankheitserreger können sich entlang Datenbank (HI-Tier) erfasst und dieser Handelsnetzwerke schnell ver- bei Rindern kann sogar jedes Tier Prof. Dr. Dr. h.c. breiten. Hierzu zählen auch zoonoti- über seinen gesamten Lebenslauf Thomas C. Mettenleiter sche Erreger. Durch die Vielzahl dieser individuell verfolgt werden. Import- ist Präsident des Friedrich- Erreger – 75 Prozent der neu auftre- risiken von tierischen Produkten und Loeffler-Instituts, Bun- tenden Erreger beim Menschen haben Futtermitteln können mittels der desforschungsinstitut für einen tierischen Ursprung - stellen Datenbank TRACES erfasst werden. Tiergesundheit, auf der Insel weltweite Warenströme damit ein po- Darüber hinaus existiert mit TSN Riems. tenzielles Risiko für den Menschen dar. im Veterinärbereich seit 1995 ein leistungsfähiges System zur elekt- Handelsdaten ermöglichen Ursachen- ronischen Erfassung von Daten zu analyse Tierseuchenausbrüchen in Echtzeit Die COVID-19-Pandemie zeigt, dass und zum Krisenmanagement, das der Mensch mit solchen unsichtbaren als Vorbild auch für den öffentlichen Gefahren nur schwer umgehen kann. Gesundheitsdienst dienen kann. Im Gegensatz zu direkt von Mensch zu Mensch übertragenen Krankheiten Foto: kai/adobestock.com können bei der Tierhaltung Handels- daten (Handelskontakte) dazu genutzt werden, um potenzielle Ursprünge einer Infektionskrankheit zu finden und auch deren mögliche Verbreitung zu modellieren. Vorbild Rückverfolgbarkeit bei Aus- brüchen von Tierseuchen Bei der aktuellen Covid-19-Pandemie ist ein wesentliches Problem die Rückverfolgbarkeit von Kontakten infizierter Menschen. Für die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere ist die für Rückverfolgungen benötigte Daten- lage in Deutschland dagegen gut. Die Handelsbewegungen von Schweinen werden lückenlos in einer zentralen
Schwerpunkt 17 an manchen Tagen ähnlich hoch wie während Foto: Michal Krynski/pixabay.com der Dürre 2018. Geschwindigkeit und Fakten – Glaubwür- digkeit ist Gebot der Stunde Beim Kampf um die Deutungshoheit spielt Geschwindigkeit eine entscheidende Rolle. Der Wettbewerb in den Redaktionen lässt nicht nach. Wer hat als Erster die Nachricht draußen, oder wer hat eine neue exklusive Botschaft und kommt damit in die Agenturen? Mit Marktberichten, Daten zu Erntehelfern oder Einlassungen des Präsidenten lassen sich auch in der Krise Schlagzeilen produzieren. Dabei entscheidet häufig das Timing. Doch in dieser aufgeheizten Lage legen Journalisten jedes Wort auf die Goldwaage – ein miss- verständlicher Satz oder ein provozierendes Kommunikation in Wort wird interpretiert und berichtet werden. Nur mit faktenbasierten Informationen und ausgewogenen Statements lässt sich eine glaubwürdige Kommunikation aufbauen. Wer der Coronakrise in der politischen Diskussion ernstgenommen werden will, muss gerade in der Krise beson- ders besonnen kommunizieren. Die Corona-Pandemie hat natürlich auch die Kommunikation Veränderte Wahrnehmung in der Bevöl- kerung des DBV stark gefordert – sowohl auf politischer Ebene als auch Auch in der Bevölkerung ist im Zuge der medial. Die Landwirtschaft wurde nicht nur in den Corona- Coronakrise eine spürbare Veränderung Regelungen als systemrelevant eingestuft, sondern auch von in der Haltung gegenüber der Landwirt- Medien und Öffentlichkeit so wahrgenommen. Intensive Me- schaft eingetreten. Die Diskussion über dienarbeit war damit vorprogrammiert. Versorgungssicherheit und die ausführliche Berichterstattung über die fehlenden Ernt- ehelfer haben den Deutschen die Bedeutung Agenda Setting durch Corona möglich die Deutungshoheit über die eigenen der Landwirtschaft wieder bewusst gemacht Hamsterkäufe haben im Bereich Ernährung Themen zu behalten und selbst Schlagzeilen und auch deren Wertschätzung verändert. für große Aufmerksamkeit gesorgt und das zu setzen. Das kann nur durch eine Mischung Zuschriften und persönliche Botschaften Thema Versorgungssicherheit in die Medien aus proaktiver und reaktiver Kommunika- und Dankesbekundungen in den sozialen und damit überhaupt wieder ins Bewusstsein tion gelingen. Präsenz zeigen ist wichtig. Netzwerken, aber auch tausende Angebote, der Bevölkerung gerückt. Haben noch vor der DBV-Präsident Joachim Rukwied ist sehr die Landwirte als Arbeitskraft zu unterstüt- Krise Klimaschutz und Umweltthemen die frühzeitig gemeinsam mit Bundesministerin zen, waren Belege dafür. In einigen Medien politische und mediale Agenda bestimmt, Julia Klöckner und dem Handelsverband in wurden auch die Landwirte als Helden des sind diese Themen mit der Krise in den Hin- die Bundespressekonferenz gegangen und Alltags bezeichnet. tergrund getreten. Statt über eine eher vom hat die Versorgungsicherheit der Bevölkerung Lifestyle geprägte Ernährung zu sprechen, bei Grundnahrungsmitteln betont, aber auch „WIR MACHEN WEITER“ - engagiert auch lösten die Hamsterkäufe im Lebensmittelein- schon die drohenden Probleme wegen der in der Krise zelhandel eine lange nicht mehr gekannte fehlenden Saisonarbeiter angesprochen. Diese Entwicklung hat der DBV in seiner Diskussion über Ernährung aus. Fragen nach Öffentlichkeitsarbeit aufgegriffen. Gemein- der Versorgungssicherheit, dem Gemeinwohl, Diese Botschaft haben die Landesbauern- sam haben der DBV und die Landesbauern- der Sicherheit, Bezahlbarkeit und dem Schutz verbände durch Vermittlung von Betrieben verbände in einer digitalen Aktionswoche der Gesundheit dominieren plötzlich die an die Medien deutlich unterstützt. So ist es „WIR MACHEN WEITER“ unterstrichen, dass Artikel. Das Szenario fehlender Saisonar- gelungen, innerhalb weniger Tage den Einrei- die deutsche Landwirtschaft auch in dieser beiter und ausfallender Ernten ließen auch sestopp für Saisonarbeiter durch eine Einrei- besonderen Situation ihrer Verantwortung für ökonomischen Argumenten wieder Raum. seregelung für den Luftweg zu ersetzen . die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren Obst- und Gemüsebaubetriebe mussten und hochwertigen Lebensmitteln gerecht weiterarbeiten können. Plötzlich war auch Die Zahl der Presseanfragen war in diesen wird. In kurzen Video-Clips haben zahlreiche der geringe Selbstversorgungsgrad in diesen Tagen enorm – im Zeitraum zwischen dem Landwirtinnen und Landwirte ihr Engage- Bereichen wieder ein Thema. 12. März und dem 25. April gingen beim DBV ment in der Krise beschrieben. Die Abruf Abruf- über 150 Presseanfragen allein per Mail ein, zahlen in den sozialen Netzwerken waren Deutungshoheit behalten hinzu kamen viele telefonische Auskünfte. teilweise auf Tagesschau-Niveau. Gerade in der Krise ist es wichtig, soweit Der Ausschlag des Presse Monitorings war
18 Agrarförderung Agrarförderung und Agrarstrukturpolitik Foto: Grecaud Paul/adobestock.com AGRARFÖRDERUNG – LANDWIRTE BRAUCHEN PRAKTIKABLE UND VERLÄSSLICHE FÖRDERMASSNAHMEN Wichtige Weichenstellungen für die zukünftige Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) stehen Mitte des Jahres 2020 noch aus. Das betrifft insbesondere den EU-Haushalt 2021 bis 2027 und das Verordnungspaket zur Weiterentwicklung der GAP-Förderung. Der DBV hat Vorschläge zur Grünen Architektur und zu den Eco Schemes erarbeitet. Entscheidende Voraussetzung dafür ist ein stabiler EU-Agrarhaushalt. Verzögerte Entscheidungen auf drei Verordnungen zu den Strategieplänen DBV zur Grünen Architektur und zu Eco EU-Ebene (1./2. Säule), horizontalen Verwaltungsvor- Schemes Zum künftigen EU-Haushalt scheiterten gaben und zur Gemeinsamen Marktorgani- Auf EU-Ebene sowie zwischen Bund und Ende Februar 2020 Verhandlungen der sation. Damit läuft es auf einen Abschluss Ländern wurde im abgelaufenen Be- Staats- und Regierungschefs über Kompro- der Verhandlungen unter deutschem richtsjahr intensiv über die Details in der missvorschläge von Ratspräsident Charles Ratsvorsitz im 2. Halbjahr 2020 hinaus. künftigen Grünen Architektur der GAP Michel und EU-Kommission. Verzögert ha- Ein Start der neuen GAP-Förderung erst ab diskutiert: Auflagen der „erweiterten Kon- ben sich auch die Verhandlungen über die 2023 ist wahrscheinlich. ditionalität“ (neue „Baseline“ aus Cross Compliance und Greening) plus einjährige Maßnahmen der „Eco Schemes“ (1. Säule) plus mehrjährige Agrarumwelt- und Wesentliche Elemente der DBV-Position zur Klimamaßnahmen (2. Säule). Dazu hat Umsetzung der GAP-Förderung in Deutschland: der DBV im Ergebnis intensiver Beratun- gen mit den Landesbauernverbänden - Stabiles EU-Agrarbudget in beiden - Begrenzung der Konditionalität Vorschläge zur Grünen Architektur und zu Säulen auf wesentliche und fachlich sinn- Eco Schemes vorgelegt. - Einkommenswirksame volle Kriterien Basisprämie - Einfach gestaltete Eco Schemes DBV bringt sich beim Nationalen GAP- - Keine betriebliche Kappung und mit einem EU-weit einheitlichen Strategieplan ein Degression der Direktzahlungen, Budgetanteil Künftig wird der Nationale Strategie- eine Weiterentwicklung der - Besserer finanzieller Anreiz plan maßgeblich für die Umsetzung der Förderung der ersten Hektare ist für freiwillige Agrarumwelt- und gesamten GAP-Förderung in Deutschland sinnvoll Klimamaßnahmen sein. Bund und Länder müssen sich dazu abstimmen. Ausgangspunkt ist eine SWOT
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