Giesserei Rundschau Jhg. 61 - PROGUSS-AUSTRIA
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Das nächste Heft der GIESSEREI RUNDSCHAU Innovative Technologie, Individuelle Designs. Nr. 11/12 erscheint am 9. Dezember 2014 zum Thema: „Eisen- BORBET Austria GmbH Lamprechtshausener 5282 Ranshofen er Bundesstraße 77 und Stahlguss“ T: +43(0)7722/884-0 • E: office@borbet-austria.at Redaktionsschluss: www.borbet-austria.at Innovativer Partner der Automobilindustrie 7. November 2014 Deutsche Gießerei-Industrie eröffnete in Düsseldorf den Neubau ihres Verbandshauses Am 12. September 2014 wurde in der Hansaallee 203, 40549 Düsseldorf/D, das neue Vereinshaus der Deutschen Gießerei-Organisationen feierlich seiner Bestimmung übergeben. Es vereint BDG (Bun- desverband der Deutschen Gießerei-Industrie), VDG (Verein Deutscher Gießereifachleute), IfG (Institut für Gießereitechnik) und FVG (Forschungsvereinigung Gießereitechnik e.V.) unter einem gemeinsamen Dach und bietet zeitgemäße Arbeitsbe- dingungen für eine effiziente und kooperative Verbandsarbeit. Mit den Worten „modern, innovativ und transparent“ eröff- nete BDG-Präsident Dr.-Ing. Erwin Flender vor über 300 gela- denen Gästen das neue Haus, das der Gießerei-Branche die Möglichkeit verschaffe, die Interessen der Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung noch besser zu vertreten und die Mitglieder angemessen zu betreuen. Das neue Verbandszentrum ist dem übergreifenden Arbeiten verpflichtet und so sind neben den klassischen Verbandsfunktionen auch die VDG-Akademie – der Bildungspartner der Branche – und das Institut für Gieße- reitechnik an einem Ort konzentriert. Wirtschaft, Politik, Technik und Forschung sollen Hand in Hand zur Bewältigung der Herausforderungen und damit zur Sicherung der Zukunft der deutschen Gießerei-Industrie beitragen. Ein herzliches Glückauf für ein erfolgreiches Arbeiten in einem neuen motivierenden Ambiente übermitteln: Verein Österreichischer Gießereifachleute – VÖG Fachverband der österreichischen Gießerei-Industrie Österreichisches Gießerei-Institut – ÖGI Lehrstuhl für Gießereikunde a.d. Montanuniversität Leoben
Impressum Herausgeber: Verein Österreichischer Gießereifachleute, Wien, Fachverband der Gießereiindustrie, Wien Österreichisches Gießerei-Institut des Vereins für praktische Gießereifor- Organ des Vereines Österreichischer Gießereifachleute und des schung u. Lehrstuhl für Gießereikunde Fachverbandes der Gießereiindustrie, Wien, sowie des Österrei- an der Montanuniversität, beide Leoben chischen Gießerei-Institutes und des Lehrstuhles für Gießerei- Verlag Strohmayer KG A-1100 Wien, Weitmosergasse 30 kunde an der Montanuniversität, beide Leoben. Tel./Fax: +43 (0)1 61 72 635 E-Mail: giesserei@verlag-strohmayer.at www.verlag-strohmayer.at Chefredakteur: Bergrat h.c. Dir.i.R. Dipl.-Ing. Erich Nechtelberger Tel./Fax: +43 (0)1 44 04 963 INHALT Mobil: +43 (0)664 52 13 465 Die Tiroler Rohre GmbH wurde 1947 gegrün- Jhg. 61 E-Mail: nechtelberger@voeg.at det und versteht sich als führendes, europäisches In- heft 9/10 2014 dustrieunternehmen im Bereich Wasserwirtschaft Redaktionsbeirat: Prof. Dr.-Ing. Andreas Bührig-Polaczek und Tiefbau. Giesserei Rundschau Dipl.-Ing. Dr. mont. Hans-Jörg Dichtl Entwickelt, produziert und vermarktet werden Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp hochwertige Systeme (Rohrleitungen,Verbindungen Magn. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. und Zubehör) für den Wassertransport sowie wirt- Dr. techn. Wilfried Eichlseder schaftliche Tiefgründungssysteme (Pfähle) aus duk- Dipl.-Ing. Dr. mont. Georg Geier tilem Guss. Dipl.-Ing. Dr. techn. Erhard Kaschnitz Die nachhaltigen Eigenschaften des Werkstoffes, in- Dipl.-Ing. Adolf Kerbl, MAS novative Produkttechnologien und professionelle Dipl.-Ing. Dr. mont. Leopold Kniewallner Kompetenz in den Anwendungsbereichen der Kun- Dipl.-Ing. Dr. mont. Thomas Pabel den machen TRM zum führenden Problemlöser in Dipl.-Ing. Gerhard Schindelbacher der Wasserwirtschaft und im Tiefbau. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Peter Am Produktionsstandort Hall in Tirol sind mehr als Schumacher 200 Mitarbeiter beschäftigt. Anzeigenleitung: www.trm.at Irmtraud Strohmayer Tel./Fax: +43 (0)1 61 72 635 Mobil: +43 (0)664 93 27 377 BEITRÄGE 270 ➠ Zylinderkurbelgehäuse aus Aluminium: E-Mail: giesserei@verlag-strohmayer.at Werkstoffe u. prozesstechnische Konzepte zur Realisierung eines Abonnementverwaltung: Johann Strohmayer Aggregate-Leichtbaus Tel./Fax: +43 (0)1 61 72 635 279 ➠ Neue Entwicklungen u. Produktionstechnologien zur Herstellung E-Mail: giesserei@verlag-strohmayer.at von GJL-Zylinderkurbelgehäusen in Dünnwandtechnologie Bankverbindung des Verlages: 283 ➠ Reduzierung von Oxideinschlüssen in Al-Zylinderköpfen IBAN: AT55 3200 0000 1701 1826 BIC: RLNWATWW durch virtuelle Versuchsplanung 292 ➠ Kernschießsimulation – zum ökonomischen u. ökologischen Jahresabonnement: Inland: € 61,00 Ausland: € 77,40 Vorteil der Gießerei Das Abonnement ist jeweils einen 295 ➠ Numerische Simulation und praktische Versuche zum Monat vor Jahresende kündbar, sonst gilt die Bestellung für das folgende Jahr Verbundgießen von Aluminiumlegierungen weiter. Erscheinungsweise: 6x jährlich 303 ➠ Untersuchung der Wirkung der Hauptlegierungselemente bei Druck: konventionellen DG-Legierungen Druckerei Robitschek & Co. Ges.m.b.H. A-1050 Wien, Schlossgasse 10–12 Tel. +43 (0)1 545 33 11 TAGUNGEN/ 311 Rückblick auf den Deutschen Gießereitag, Hamburg E-Mail: druckerei@robitschek.at SEMINARE/MESSEN 15./16. Mai 2014,Teil 2 319 Veranstaltungskalender Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. Unverlangt einge- sandte Manuskripte und Bilder werden AKTUELLES 321 Aus dem ÖGI Aus dem Fachverband der Gießereiindustrie nicht zurückgeschickt. Angaben und Aus den Betrieben Mitteilungen, welche von Firmen stam- Firmennachrichten men, unterliegen nicht der Verantwort- lichkeit der Redaktion. Vereinsnachrichten VÖG-VEREINSNACHRICHTEN 334 Personalia Offenlegung nach § 25 Mediengesetz siehe www.voeg.at LITERATUR 336 Bücher und Medien
GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) HEFT 9/10 Zylinderkurbelgehäuse aus Aluminium: Werkstoffe und prozesstechnische Konzepte zur Realisierung eines Aggregate-Leichtbaus Aluminium Cylinder Crankcases: Materials and Processing Concepts for Realisation of Lightweight Power Train Dr.-Ing. Franz Josef Feikus, Schlüsselwörter: AlSiCu-Gusslegierung, Aggregate- leichtbau, Downsizing, Zylinderkurbelgehäuse (ZKG), studierte Gießereikunde an der RWTH Aachen. Nach langjähriger Tätigkeit in Kokillengießverfahren, Sandgießverfahren, turbulenz- verschiedenen Funktionen in Forschung arme Formfüllung, mechanische Eigenschaften, ther- & Entwicklung bei der Hydro Aluminium misch gespritzte Zylinderlauffläche, Stegkanalküh- in Bonn sowie beim VDG/BDG als Fach- lung referent NE-Metallguss, seit 2011 als F&E Manager für die Nemak Europe in Frank- furt tätig. 1. Einleitung Die Entwicklung neuer Antriebsaggregate für PKWs Dr.-Ing. Detlef Kube, lässt bei allen Automobilherstellern einen ungebro- studierte Metallurgie und Werkstoffwissen- chenen Trend zu höheren spezifischen Leistungen und schaften mit der Fachrichtung Gießerei- Drehmomenten erkennen. Parallel dazu erzeugen die kunde an der RWTH Aachen. Nach seiner weiter abgesenkten gesetzlich vorgeschriebenen Gren- Promotion wechselte er zur Nemak Dillin- zen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes einen hohen gen GmbH (vormals Hydro Aluminium). Druck, den Leichtbau der Fahrzeuge zu forcieren. Nach den Positionen als Prozessoptimierer, In diesem Zusammenhang findet gleichzeitig eine Leiter verschiedener Kundenprojekte und konsequente Entwicklung in Richtung kompakterer, Leiter der Prototypengießerei hat er seit April 2007 die Po- sition des Leiters Produktentwicklungszentrum mit den aber sehr leistungsstarker Motoren, statt. Wesentliche Abteilungen Produktdesign, Produkt- und Prozessent- Beiträge zur Umsetzung der herausfordernden Ziele wicklung samt Prototypengießerei inne. leisten dabei als Einzelkomponenten das Zylinderkur- belgehäuse (ZKG) und der Zylinderkopf. Diese machen den Großteil der Masse des Antriebsaggregates aus und Dr.-Ing. Dirk Schnubel, verfügen damit aber auch über das größte Potenzial, studierte an der Universität des Saarlandes Gewicht einzusparen. Trotz der angestrebten Massere- Werkstoffwissenschaften mit Vertiefungs- duzierung müssen sie aber die gestiegenen thermo- richtung Metallische Werkstoffe. Nach Tä- mechanischen Belastungen tragen und über die ge- tigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Helmholtz-Zentrum Geesthacht und Pro- motion an der Technischen Universität Hamburg-Harburg ist er heute F&E-Inge- Abb. 1: Bauarten von ZKG nach Köhler [1] nieur bei der Nemak Dillingen GmbH. Henning Meishner, gelernter Werkzeugmacher und Maschi- nenbauingenieur, sammelte zunächst Er- fahrungen als Versuchsingenieur im Be- reich Sondermaschinenbau bei der Körber AG. Anschließend war er als Projektleiter bei der IAV GmbH in Gifhorn tätig und wechselte in dieser Funktion 2001 zur Ne- mak in Wernigerode. Seit 2010 leitet er dort das Produkt- entwicklungszentrum Dipl.-Ing.Dr.mont. Leopold Kniewallner, studierte an der Montanuniversität Leoben Werkstoffwissenschaften. Von 1992 bis 2012 war er in verschiedenen Positionen bei Georg Fischer Automotive aktiv, zuletzt als Leiter Forschung & Entwicklung in Schaffhausen. Seit 2012 ist er bei Nemak tätig und aktuell verantwortlich für alle Produktentwicklungszentren der Nemak in Europa. 270
HEFT 9/10 GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) Zylinderlaufflächen- Charakter Büchsenwanddicke min. Al-Umguss- min. Stegbreite konzept des ZKG (fertigbearb.) a [mm] dicke b [mm] c [mm] eingegossene GJL- heterogen 2,5 (3) 2 7 (8) Büchsen lokal erzeugter Al-Matrix-Verbund- quasimonolithisch (1,75) 2,0 1,5 (5,0) 5,5 werkstoff (MMC) übereutektische (4,0) 4,5 – 5,5 monolithisch ganzes ZKG aus kein Umguss AlSi-Legierung dieser Legierung bzw. Zylinderlaufflächen- (4,0) 4,5 – 5,5 quasimonolithisch 0,075 – 0,25 Kein Umguss beschichtung samte Lebensdauer ausfallsicher bleiben. Besonders die Direkteinspritzung und Turboaufladung stellen Tabelle 1: Sinnvolle minimale Steg- enorm hohe Anforderungen an statische und dynami- breiten bei unterschiedlichen Lauf- sche Festigkeiten bei erhöhten Temperaturen. flächenkonzepten nach Köhler [1] Dennoch ist es kaum zu bewerkstelligen Vergleiche anzustellen, welche Masseeinsparungen bei einzelnen Motorkomponenten, insbesondere bei den ZKG, reali- • die lokale Gefügeeinstellung durch gezielte Wärme- siert werden können. Grund dafür sind die nach Köh- abfuhr, ler [1] möglichen, unterschiedlichen Designkonzepte • das Temperaturmanagement mit optimaler Wärme- (Tab. 1 u. Abb. 1) sowohl für den Aufbau des ZKG mit abfuhr/ vorgegossener Stegkühlung sowie der Anbindung der Kurbelwellenlagerung als auch für • den Einsatz von thermischen Spritzschichten. die Laufflächentechnologie: • Schürzenbauweise (short skirt) mit Lagerdeckeln/ Lagerdeckelverbund/Leiterrahmen, 2. Gießverfahren für • Short Skirt mit Bedplate, Zylinderkurbelgehäuse bei NEMAK • Monolithische ZKG, • ZKG mit eingegossenen Linern, Abb. 2 gibt einen Überblick der bei NEMAK installier- • ZKG mit gefügten Linern, ten Gießverfahren zur Herstellung von Zylinderkur- • ZKG mit thermisch gespritzten Laufflächen. belgehäusen. Mit der Zielsetzung einer kostengünstigen Herstel- Diese Vielfalt, die in den verschiedenen Motoren An- lung findet das Druckgießverfahren insbesondere wendung findet, erlaubt es nicht, einen direkten Ver- durch das technologiebedingt unproblematische Ein- gleich der Einzelmassen von ZKG’s anzustellen. gießen von GJL-Linern für eine verschleißfeste Kolben- Der vorliegende Beitrag gibt eine Übersicht zu den laufbahn eine breite Anwendung für Großserien. bei NEMAK vorhandenen Gießverfahren für ZKG und Als Lösung auf die ständig steigenden Anforderun- erörtert gen zur Bauteilfestigkeit und Porenfreiheit wird die • die Möglichkeiten der Designfreiheit im Alumini- unterdruckunterstützte Formfüllung für das Druck- umguss, gießverfahren immer weiter entwickelt. Dagegen be- • das Potenzial zur Festigkeitssteigerung über die Alu- finden sich die Lösungsansätze zur Umsetzung von minium-Gusslegierungen, closed-deck Konstruktionen mittels Salzkerntechnolo- gie in einem noch frühen Ent- wicklungsstadium. Im Unterschied zu den Druck- gießverfahren sind mit den Kokil- lengießverfahren bereits kleine und mittlere Stückzahlen wirt- schaftlich darstellbar, ebenso sind closed-deck ZKG-Konzepte reali- sierbar. Die Schwerkraftkokillen- verfahren (im Bodenguss) finden derzeit hauptsächlich in Nord- amerika für V8-Otto ZKG Anwen- dung. Das CPS®-Kernpaket-Sand- Abb. 2: Übersicht zu den Kokillengieß- verfahren bei NEMAK 271
GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) HEFT 9/10 gießverfahren mit Schwerkraft-Füllung und roll-over 2.1 Turbulenzarme Formfüllung wird vornehmlich für große Serien eingesetzt und für Abb. 3 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen ZKG’s, die höchste Anforderungen an die Komplexität Füllgeschwindigkeit und dem Risiko zur Oxidauf- und mechanische Belastbarkeit stellen. In der Entwick- nahme. lung befindlich ist die Applikation des Rotacast®-Ver- Beispielhaft sind in der Kurve die bekannten Gießver- fahrens, insbesondere für Diesel ZKG für künftige Bau- fahren für Zylinderköpfe (ZK) eingetragen. Neben dem teilanforderungen. Ziel ist die Verbesserung der me- bekannten Kopfguss, also der Formfüllung über ein chanischen Eigenschaften mit Fokus auf beschich- Laufsystem von oben, sind dies die in Tabelle 2 aufge- tungsfähige Laufbahnoberflächen bei Reduzierung des führten Gießverfahrensvarianten. Bauteilgewichts. In Kombination mit der konsequenten Dabei wird für den Kippguss und das Rotacast®-Ver- Verwendung anorganischer Kernbinder erfüllt dies die fahren ein verlagertes Umfüllen der Schmelze in eine zukünftigen Ansprüche einer nachhaltigen Fertigungs- separate Gießwanne realisiert, wohingegen die ande- strategie. ren Verfahren direkt mittels Gießlöffel in das Gießsys- Aufbauend auf die langjährigen Erfahrungen bei NE- tem eingießen. MAK bei der Fertigung von Zylinderköpfen im Rota- Verwendet man die Füllgeschwindigkeit als Indika- cast®-Verfahren (mehr als 15 Mio. Stück, Stand 2014) tor für mögliche durch die Bauteilgeometrie indizierte Turbulenzen, so zeigt die Grafik, dass die Gefahr des Oxidrisiko Einfangens von Oxiden und damit von Bauteilfehlern direktes Eingießen Füllen mittels gering hoch beim Rotacast®-Verfahren am geringsten ist. Dies liegt Wanne zum einen an der steigenden, schöpfenden Formfül- Füllgeschwindigkeit m/s 2,0 Kopfguss lung, zum anderen aber auch an der anlagenseitig va- 1,5 TP+ riablen Drehgeschwindigkeitsanpassung beim Fließen NDCS der Schmelze von der Gießwanne in die Gießform. 1,0 0,5 Kippguss 2.2 Temperaturgradient zum Ende der Formfüllung Schwerkraft/ CPS 40° geneigter Kokille in Richtung Gießsystem, Drehpunkt im Brennraum des ZK gut Bodenguss Formfüllung von unten über Schwer- Tilt (GSPM) kraft, ein direkt gefülltes Gießsystem NDCS TP+ TP Risiko zur Entstehung von Kippwinkel > 90°: Drehpunkt außerhalb gering Schwindungsporen Kippguss der Gussteilkavität GSPM niedrig hoch Gesamte Form wird um 180° gedreht; 0° 20° 45° 90° 120° 180° Rotacast® Drehpunkt außerhalb der Gussteilkavität Ausgangs-Gießposition Tabelle 2: Charakteristische Merkmale der bei Nemak eingesetz- Abb. 4: Temperaturgradient nach Füllung in Abhängigkeit vom ten Kokillengießverfahren Füllwinkel 272
HEFT 9/10 GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) Schwerkraft Schwerkraft Kokillenguss Kokillenguss 2.3 Korrelation von konventionell konventionell (Bodenguss) (Bodenguss) dynamisch dynamisch (Rotacast (Rotacast ®) ®) Werkstoffkennwerten und Gefügeausbildung Bevorzugte Gusslegierung für hochbe- lastete ZKG ist die Legierung potenzielle AlSi8Cu3. Sie weist die geforderten Erstarrungsfehler hohen mechanischen Kennwerte bei Raumtemperatur wie auch bei erhöh- ten Temperaturen (bis 200 °C) auf. Werden Ungänzen im Gefüge (Poro- sitäten und nichtmetallische Ein- schlüsse) auf ein minimales Niveau reduziert, sind auch sehr gute Kenn- Abb. 5: Vergleich potentieller Bauteilfehler Bodenguss vs. Rotacast® werte unter zyklischer Belastung er- (aus Erstarrungssimulation) reichbar. So muss beim statischen Bodengießverfahren die ge- 2.3.1 Typische mechanische Kennwerte für das samte zur Formfüllung benötigte Schmelze über die Rotacast®-Verfahren gekühlte Kokillengrundplatte, bei ZKG über den ge- Die in Kapitel 2.2 beschriebenen Maßnahmen zur kühlten Kurbelraumeinsatz, geführt werden. Dabei Minimierung potenzieller Gussfehler wurden in Proto- kühlt die Schmelze stark ab, folglich verschlechtert typ-Projekten in der Praxis umgesetzt. Im Rotacast®- sich der Temperaturgradient im Speiser, die Nachspei- Verfahren hergestellte ZKG’s wurden verglichen mit sung ist nur eingeschränkt möglich, schwindungsbe- ZKG’s aus Schwerkraftkokillenguss mit steigender Fül- dingte Bauteilfehler drohen. lung: Mit zunehmendem Kipp- oder Drehwinkel wird der Temperaturgradient erhöht und findet sein Optimum 1. ein Benzin Hochleistungs-ZGK Rotacast® im Ver- im Rotacast®-Verfahren. Durch die schichtende, tur- gleich zu Bodenguss im identischen Bauteildesign bulenzarme Füllung der Kokille wird kontinuierlich 2. ein Benzin Hochleistungs-ZGK Rotacast® heiße Schmelze von oben nachgeführt. Sichtbares Re- 3. ein Diesel Hochleistungs-ZKG im Rotacast® mit er- sultat am Gussteil sind minimale Speiserhöhen. Dies höhten Anforderungen an die Stegfestigkeit (Rm > verdeutlicht auch Abb. 5 anhand von Erstarrungs- 300 MPa). simulationsrechnungen geometrisch identischer Bau- Tabelle 3 führt die im Einzelnen erzielten Ergebnisse teile. auf. Während beim konventionellen Bodenguss signifi- Die Messwerte zeigen auf, dass sich im Rotacast®- kante Schwindungsporositäten angezeigt werden, er- Verfahren signifikant bessere mechanische Kennwerte scheinen für das gleiche Bauteil im Rotacast®-Verfah- bei identischer Bauteilkonstruktion im Vergleich zum ren, insbesondere im speisernahen Bereich, keine Lun- Schwerkraftkokillenguss (Bodenguss) oder Nieder- keranzeigen. druckkokillenguss erreichen lassen. Die Legierung ZKG- Gieß- Legierung/ Rm Rp 0,2 A [%] Bemerkung Variante verfahren WBH* [MPa] [MPa] Gewicht gegenüber GSPM Rotacast 320 260 5,5 AlSi7Cu0,5Mg/ um 1 kg reduziert ZKG 1 T6 Wasser Bodenguss 305 250 4,5 gleiche WBH* AlSi7Cu0,5Mg/ ZKG 2 Rotacast 330 260 6,0 T6 Wasser Stegfestigkeit AlSi8Cu3 / Rm = 340 MPa ZKG 3 Rotacast 350 290 2,0 T6 Luft Rp0,2 = 270 MPa A5 = 2% * WBH = Wärmebehandlung Tabelle 3: Mechanische Eigenschaften im Hauptlagerstuhl von ZKG-Rotacast® im Vergleich zu anderen Kokillengießverfahren 273
GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) HEFT 9/10 Die im Diagramm dargestellten Isolinien kennzeich- nen den Qualitätsindex Q, der sich wie folgt aus den im statischen RT-Zugversuch ermittelten mechani- schen Kennwerten berechnet: Q = Rm + 150 * log (A) Aus dem Diagramm wird ersichtlich, dass ein Absen- ken des Cu-Gehaltes quasi keinen Einfluss auf den Q- Index hat. Die Zugfestigkeit Rm sinkt in dem Maße wie die Bruchdehnung A ansteigt. Unter Kenntnis dieses Zusammenhangs lässt sich die Al-Legierung gezielt an das Anforderungsprofil anpassen. Bei festigkeitsdomi- nanter Auslegung wäre ein hoher Cu-Gehalt einzustel- len, bei höheren Anforderungen an die Dehnung wäre ein niedriger Cu-Gehalt zu wählen. Eine andere Situation besteht beim Einfluss des Fe- Gehaltes. Wird der Fe-Gehalt abgesenkt, können so- wohl die Zugfestigkeit als auch die Bruchdehnung ge- steigert werden, der Q-Index wird konsequenterweise erhöht. Tabelle 4: Mechanische Eigenschaften von ZKG, die im CPS® Kernpaketsandguss gefertigt wurden AlSi7Cu0,5Mg weist nicht zuletzt auch aufgrund des niedrigeren Fe-Gehaltes gegenüber der AlSi8Cu3 deut- lich höhere Bruchdehnungen auf. 2.3.2 Typische mechanische Kennwerte für das CPS®-Verfahren Im CPS®-Verfahren gefertigte Zylinderkurbelgehäuse erreichen die in Tabelle 3 aufgeführten mechanischen Eigenschaften. Abb. 7: Abhängigkeit der Zugfestigkeit vom Porositätsgehalt Besonderer Untersuchungsgegenstand der vorliegen- (DAS 30 – 40 µm) den Arbeit war die Ermittlung des Einflusses der Kup- fer- und Eisen-Gehalte auf die statischen mechani- schen Eigenschaften für eine Position außerhalb des Eine weitere wichtige Größe, die die Qualität eines ideal gekühlten Lagerstuhlbereichs (DAS 30 – 40 µm). Gussstücks bestimmt, ist die Porosität. Abb. 7 stellt Abb. 6 stellt die Abhängigkeit der Dehnung und Zug- den Zusammenhang zwischen Porosität und Zugfes- festigkeit dar. tigkeit für die Legierung AlSi8Cu3 mit 0,5% Eisen nach T6 Wärmebehandlung dar. Die Probenentnahme- position entspricht der aus Abb. 6 (DAS 30 – 40 µm), jedoch wurde für die Warmauslagerung eine höhere Temperatur gewählt. Zu beachten ist das auch für ei- nen Bereich außerhalb des optimal gekühlten Lager- stuhlbereiches insgesamt niedrige Porositätsniveau. 3. Lösungen zur Umsetzung von Leichtbaukonzepten Zur Umsetzung von Leichtbaukonzepten für Zylinder- kurbelgehäuse bietet der Aluminium-Guss diverse Möglichkeiten, die insbesondere im CPS® Kernpaket- Sandgießverfahren in Serie umgesetzt worden sind: • Thermisch gespritzte, linerlose Zylinderlaufflächen Abb. 6: Abhängigkeit der Zugfestigkeit und Dehnung vom Cu- • Filigrane, komplex geformte Sandkerne und Fe-Gehalt von AlSi8Cu-Gusslegierungen (für eine Position • Glasstegkühlungen zwischen den Zylinderbohrun- außerhalb des ideal gekühlten Lagerstuhlbereichs) gen 274
HEFT 9/10 GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) Lauffläche Laufbahndicke Potenzial Verkürzung Baulänge (R4-Motor) Eingegossener GJL-Liner 1,75 mm Vergleichsbasis Slip-Fit GJL-Liner 1,0 mm 3 x 1,5 mm Thermische Spritzschicht 0,15 mm 3 x 3,2 mm Tabelle 5: Potenzial zur Verkürzung der Motorbaulänge für unterschiedliche Laufbahntechnologien 3.1 Thermisch gespritzte Zylinderlaufflächen dass sich daraus ein weiterer Nutzen für den motori- Die Entwicklung von Zylinderkurbelgehäusen mit schen Betrieb ergibt. thermisch gespritzten Zylinderlaufflächen bietet ein Die Anforderungen an den Herstellungsprozess von signifikantes Potenzial zur Reduzierung der Bauteil- ZKGs mit thermischen Spritzschichten leiten sich zum länge. Da damit auch die Länge der Kurbelwelle, des einen aus der Spezifikation für die Oberflächenquali- Zylinderkopfes sowie der Nockenwelle verringert wer- tät vor dem Beschichten ab. Um eine ausreichende den, ist dieser Entwicklungsschritt besonders effizient, Haftung zwischen dem Grundwerkstoff und der ther- die Masse des Gesamtmotors zu reduzieren. Tabelle 5 mischen Spritzschicht sicherzustellen, muss die vor- zeigt auf, dass ein Reihen-4-Zylinder ZKG mit ther- gespindelte Bohrung vor dem Beschichten durch misch gespritzten Laufflächen im Vergleich zu einem Hochdruckwasserstrahlen aufgeraut werden. Alterna- ZKG mit eingegossenen GJL-Linern ein Potenzial von tiv kann die erforderliche Haftung durch Bildung von fast 10 mm zur Reduzierung der Motorlänge bietet. Hinterschnitten durch eine speziell entwickelte me- Konkrete Umsetzungsbeispiele lassen sich leider nicht chanische Bearbeitung erreicht werden, Abb. 8. Eine anführen, da für neu entwickelte Motorengenerationen besondere Herausforderung an den Guss stellt das aufgrund der in der Regel veränderten Rahmenbedin- Hochdruckwasserstrahlen dar. Durch das Strahlen der gungen die direkte Vergleichsbasis zum Vorgängermo- Oberfläche mit einem Druck von bis zu 3000 bar wird dell fehlt. die geforderte Oberflächenrauigkeit erreicht. Durch Eine weitere, sicherlich die maßgebliche Motivation den hohen Druck werden u.U. kleine Volumendefizite zur Entwicklung von Laufflächenlösungen aus ther- im Guss aufgeweitet bzw. es besteht das Risiko, dass misch gespritzten Schichten, sind die sehr hohen ther- einzelne Gefügebestandteile aus der Matrix herausge- mischen Belastungen moderner Motoren. Thermische strahlt werden. Damit stellt das Hochdruckstrahlen Spritzschichten bieten die Möglichkeit, ein an den je- deutlich höhere Anforderungen an die Gussgefügequa- weiligen Lastfall des Motors angepasstes Wärmemana- lität als das mechanische Aufrauen. gement des Motors umzusetzen. Die geringe Schicht- Bei der Einführung thermischer Spritzschichten ist dicke und die dadurch umgesetzte engere Anbindung ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: Bei ZKG mit an den Wassermantel ermöglichen eine effizientere GJL-Buchsen stützt sich die Zylinderkopfdichtung und gleichmäßigere Wärmeabfuhr aus dem Brenn- häufig zumindest zum Teil auf der Buchse ab, wo- raumbereich. Lokale Überhitzungen, die den Verbren- durch die Druckkräfte nicht unmittelbar auf den Al- nungsvorgang negativ beeinflussen können, werden Umguss wirken. Die Lastverteilung ändert sich, wenn vermieden. Darüber hinaus werden die Temperaturbe- die Buchsen entfallen, die Presskraft der Zylinder- lastungen der angrenzenden Bauteile wie Kolben, Zy- kopfdichtung wirkt unmittelbar auf die Aluminium- linderkopf und Abgassystem zusätzlich gesenkt, so Gusslegierung. Um einen möglichen Einfall in der Deckfläche zu verhindern, muss dort nicht nur eine ausreichend hohe Härte im Grundzustand eingestellt werden, es muss auch eine Legierung und Wärmebe- handlung eingesetzt werden, die über das gesamte Mo- torleben stabile mechanische Eigenschaften zeigt. Damit stellen ZKG mit thermisch gespritzten Lauf- bahnen grundsätzlich neue Herausforderungen an die Gießtechnik. Während lange Zeit die höchsten mecha- nischen Eigenschaften hauptsächlich im Bereich der Hauptlager-Verschraubungen gefordert wurden, wer- den diese nun ebenfalls in den Zylinderbohrungen be- nötigt, d. h. die höchsten Festigkeiten werden entlang des gesamten Kraftflusses vom Brennraum in die Hauptlager verlangt. Die Grundlage zur Erzielung ho- her Festigkeiten sind lokal kurze Erstarrungszeiten, die bei einer herkömmlichen Speisung des Blocks von oben nach unten oder umgekehrt nun aber in einem Zielkonflikt zu dem o. g. Eigenschaftsprofil stehen. Eine systematische Lösung für dieses Problem wur- de entwickelt, indem das ZKG nicht mehr klassisch Abb. 8: Durch eine mechanische Bearbeitung erzeugte Hinter- von ‚oben nach unten‘, sondern von ‚außen nach in- schnitte zur Verbesserung der Haftzugfestigkeit der thermischen nen‘ gespeist wird. D.h. im Bereich der Lagerstuhlver- Spritzschicht schraubung und Zylinderbohrung werden lokal Kühl- 275
GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) HEFT 9/10 chanischen Belastungen auftreten. Durch diese Anord- nung wird letztlich die optimale Nachspeisung inner- halb des Blocks realisiert. Darüber hinaus soll schon durch die Füllung des Gussstücks ein optimaler Temperaturgradient vom Block zum Speiser eingestellt d. h. ein unnötiges Auf- heizen der Form durch die Füllung minimiert und des- halb ein sogenannter ‚kalter Speiser‘ vermieden wer- den. Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass die Form während oder nach der Füllung um 180° gedreht wird. D.h. die Füllposition unterscheidet sich von der späte- ren Erstarrungsposition. Das CPS®-Kernpaket-Sandgießverfahren zeichnet sich folglich durch die Option aus, durch die Kombi- nation von lokalen Kühlkokillen und dem roll-over nach der Formfüllung lokal geringste Erstarrungszeiten zu erreichen, bei gleichzeitig optimalen Speisungsbe- dingungen durch Einhalten eines hohen Temperatur- Abb. 9: Kürzeste Erstarrungszeiten im ZKG entlang des späteren gradienten bei der Gussteilerstarrung. Ein weiterer Kraftflusses im Motorbetrieb. Die Außenwände erstarren zuletzt Pluspunkt ergibt sich aus der Option, dass auch Al-Le- und gewährleisten so die Nachspeisung. gierungen mit höheren Cu-Gehalten vergossen werden können, die sonst aufgrund ihrer stärkeren Neigung kokillen eingesetzt, um die geforderten hohen Abkühl- zur Bildung von Schwindungsporen kaum eingesetzt raten zu generieren, während die Nachspeisung ent- werden. Höhere Kupfergehalte sind wünschenswert, lang der ZKG-Außenwände erfolgt, die zur Realisierung um die Warmfestigkeit und Temperaturstabilität zu geringer Bauteilgewichte idealerweise durch Sand ge- verbessern. formt werden, Abb. 9. Diese beiden genannten Anforderungen werden im Kernpaketverfahren umgesetzt. Gerade bei der Herstel- 3.2 Filigrane, komplex geformte Sandkerne lung von hochbelasteten ZKG insbesondere für Diesel- Die hohe mechanische Stabilität von Cold-Box Kernen motoren werden sowohl im Zylinderbohrungsbereich erlaubt das Vorgießen von bis zu 5 mm dünnen Kanä- als auch im Lagerstuhlbereich Kokillen eingesetzt, die len. Durch Verkleben einzelner Kerne lassen sich die dort für kürzeste Erstarrungszeiten sorgen. Neben der Designmöglichkeiten zusätzlich erweitern. Hierdurch notwendigen Darstellung des Wasserraums durch können folgende konstruktive Vorteile ausgenutzt wer- Sandkerne wird durch die Verwendung von Kernen im den, siehe Abb. 10: Außenbereich die Wirkung der eingesetzten Kokillen a) Erhöhung der Bauteilsicherheit z. B. im Bereich der auf die Bereiche fokussiert, in denen die höchsten me- Verschraubung der Hauptlagerstühle. Die vorgegos- Minimale Formschrägen => Minimaler Bauraum/Gewicht Vorgießen verschiedenster Laufbahntechnologien => Flexibilität Konturangepasster Ölrücklauf => Gewichtsminimierung Vorgießen von Hohlräumen => Reduzierung von Bearbeitungen Vorgießen von Anbauteilen => Reduzierung der Motoreinzelteile Gebogene Ölversorgung zum Lager => Längere Verschraubungsgewinde Vorgießen der Ölgallery Konturangepasste Kanäle => Entfall der Bearbeitung => Minimierung des Bauraums Abb. 10: Verschiedene Beispiele für konstruktive Vorteile des Kernpaketverfahrens 276
HEFT 9/10 GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) sene Druckölzuführung kann gekrümmt ausgeführt raumfläche z. B. das Vorgießen von Ölrücklaufka- werden, wodurch die Einschraubtiefe und damit nälen in strukturversteifenden Geometrien. Bauteilsicherheit in diesem hochbelasteten Bereich c) Integration von funktionalen Anbauteilen wie z.B. geometrisch erhöht werden kann. Wasserpumpengehäusen, Kettenkästen oder De- b) Steife Bauteilkonstruktion: Hierzu zählt neben der ckeln von Ausgleichswellentunneln. Hierdurch ‚closed deck‘ Konstruktion im Bereich der Brenn- wird nicht nur der Bearbeitungs- und Montageauf- wand im Motorenwerk verringert, sondern auch die Anzahl möglicher Fehlerquellen für spätere Un- dichtigkeiten im Motorbetrieb verkleinert. d) Die Darstellbarkeit jeglicher Hinterschnitte ist die Grundlage zur Realisierung maximaler Gewichts- einsparungen sowie der Realisierung eines gieß- technisch optimierten Designs. Hierdurch werden das Bauteilgewicht verringert sowie die Bauteilkos- ten und der Nacharbeitsaufwand gesenkt. 3.3 Glasstegkühlungen zwischen (a) den Zylinderbohrungen Durch die Darstellung kleinster Kühlkanäle lässt sich die thermische Belastung in den Stegbereichen signifi- kant reduzieren. Das Vorgießen dieser Kühlkanäle spart spätere, sehr komplexe und aufwändige Präzi- sionsbohrungen. Zudem ist eine bessere Positionie- rung an der höchst belasteten Stelle im Steg („hot spot“) und damit eine verbesserte Kühlwirkung mög- lich. Abb. 11 zeigt dies beispielhaft an einem 4-Zylin- der Reihenmotor. Die vorgegossene Lösung bietet zu- dem einen verdoppelten Wärmeübergang im Vergleich zur gebohrten Lösung. So wird im motorischen Betrieb die Temperaturbelastung in diesem kritischen Bereich um bis zu 20 °C reduziert. (b) 3.4 Umgesetztes Downsizing – Abb. 11: (a) Vorgegossene Kühlkanäle im Stegbereich eines Rei- Leistungssteigerung + Massereduktion henmotors und (b) reduzierte thermische Belastung im Stegbe- In der Einleitung wurde ausgeführt, dass ein 1:1 Mas- reich durch vorgegossene Kühlkanäle severgleich von ZKG’s einer alten zu einer neuen Mo- Tabelle 6: In Serienmotoren umgesetztes Downsizing, resultierend in reduzierten Motorengewichten bei gleichzeitiger Leistungser- höhung ; der aufgeführte Werkstoff bezieht sich auf das ZKG. 277
GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) HEFT 9/10 torengeneration aufgrund unterschiedlicher Design- Die Legierung AlSi8Cu3-T6 verfügt über exzellente konzepte nicht möglich ist. Um die zweifelsohne den- mechanische Eigenschaften, zugeschnitten für einen noch erreichten technologischen Verbesserungen hin- Einsatz in Zylinderkurbelgehäusen. Systematische Un- sichtlich eines Aggregateleichtbaus zu dokumentieren tersuchungsreihen haben gezeigt, in welchem Maß wird in Tabelle 6 die Entwicklung neuer Motoren sich die mechanischen Eigenschaften durch Variation (Bauart, Hubraum, ZKG-Werkstoff) unter Angabe des des Fe- und Cu-Gehaltes der Legierung gezielt auf das Motorengewichtes und der Motorleistung skizziert. Im Anforderungsprofil des jeweiligen ZKG’s einstellen gewählten Beispiel ist eine Leistungssteigerung von lassen. 142 kW auf 160 kW erreicht worden bei einer gleich- Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde weiter- zeitigen Reduktion der Motormasse um 42 kg. Das hin die Abhängigkeit der statischen mechanischen ZKG hat an der Massereduktion einen signifikanten Kennwerte vom Porenanteil ermittelt. Das Ergebnis Anteil. Die oben dargestellten prozess- und werkstoff- motiviert zukünftige Entwicklungsprojekte, den Po- technischen Entwicklungen, nicht zuletzt die Substi- renanteil in Zylinderkurbelgehäusen weiter zu mini- tution des GJL durch eine Aluminium-Gusslegierung mieren. für das Zylinderkurbelgehäuse, haben dazu maßgeb- Die beispielhaft angeführte Entwicklung einer neu- lich beigetragen. en Motorengeneration belegt eindrucksvoll, welche Fortschritte im Aggregateleichtbau hinsichtlich Leis- 4. Zusammenfassung und tungssteigerung und Massereduzierung möglich sind, nicht zuletzt durch die Substitution des Gusseisens Schlussfolgerungen durch Aluminium als Werkstoff für das Zylinderkur- Nemak verfügt über ein breites Spektrum an Gießver- belgehäuse. fahren zur Herstellung von Motorblöcken aus Al-Guss- legierungen. Im CPS®-Kernpaket-Sandguss wie auch im Rotacast-Verfahren lassen sich höchstbelastete Zy- 5. Literatur linderkurbelgehäuse aus Al-Gusslegierungen optimal [1] E. Köhler, R. Flierl, „Verbrennungsmotoren“, DOI fertigen. 10.1007/978-3-8348-8309-4_1, Vieweg+Teubner Verlag – Einen wesentlichen Beitrag zum Downsizing bietet Springer Fachmedien, 2011 die Anwendung thermischer Spritzschichten. Dadurch [2] Otremba, M.; Gehring, K.; Kahn, D. Giesserei 98 (2011) erschließt sich die Option, die Bauteillänge und damit die Masse des Motors zu reduzieren. Die damit ver- bundene gießtechnologische Herausforderung, die Be- Kontaktadresse: schichtbarkeit der Zylinderbohrungen sicherzustellen, Dr.-Ing. Franz Josef Feikus ist durch eine entsprechende Prozessentwicklung er- R&D Manager Europe | Nemak Europe GmbH füllt worden. Die Entwicklung gegossener Stegkühlka- D-60549 Frankfurt/Main | The Squaire 17 näle hat es ermöglicht, die lokale Temperaturbelastung Am Flughafen | Tel.: +49 (0)69 695 376-4036 des ZKG zu minimieren und damit die Leistungsgren- E-Mail: franz.feikus@nemak.com ze weiter zu erhöhen. www.nemak.com Georg Fischer Fittings GmbH A-3160 Traisen / Österreich Tel.: +43(0)2762/90300-378 Fax: +43(0)2762/90300-400 fittings.ps@georgfischer.com www.fittings.at Hochwertige Gewindefittings und PRIMOFIT-Klemmverbinder aus Temperguss 278
HEFT 9/10 GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) Neue Entwicklungen und Produktionstechnologien zur Herstellung von GJL-Zylinderkurbelgehäusen in Dünnwandguss New Developments and Production Technologies for the Manufacturing of Cast Iron Crankcases in Thin-Wall-Casting-Technology Dipl.-Ing. Ralph Wegener, Downsizing und Leichtbau in der studierte Betriebswirtschaftslehre an der Motorenentwicklung Universität Dortmund und Maschinenbau an der Gesamthochschule Duisburg. Ab Die Herabsetzung der CO2-Emission bei Verbrennungs- 1990 Assistent d. Geschäftsführung, ab motoren, gleichbedeutend mit der Minimierung des 1996 bis 1999 Geschf. Fa. Georgsmarien- „Carbon Footprints“ eines Fahrzeugs, beschäftigt die hütte, Walter Hundhausen GmbH, Schwer- Automobilbranche von der Entstehung bis zur Ver- te/D. 2000 bis 2006 Geschf. Bereich Engi- schrottung eines Fahrzeuges. Die durch verschärfte neering u. Produktion, Fa. Georgsmarienhütte, Dickerhoff- Umweltauflagen in den Fokus geratene Entwicklung Guss, Gevelsberg. 2006 bis 2010 Leiter Gießerei u. mecha- von Motoren läuft kontrovers zum Kundenwunsch, nische Bearbeitung bei Daimler AG in Mannheim/D u. welcher stetig eine verbesserte Ausstattung, mehr Kom- Kapstadt/SA. Seit 2011 Geschäftsführer der Eisenwerk fort und Leistung sowie Sicherheit fordert. Diese Vo- Brühl GmbH, Brühl/D. raussetzungen führen zu einem Gewichtsanstieg, einem erhöhten Treibstoffverbrauch und somit unmittelbar zu Dipl.-Ing. Wim Görtz, einer Erhöhung der CO2-Emission. Durch sogenanntes studierte Automotive Engineering an der „Downsizing“, also wohlüberlegte „Schrumpfung“, be- HTS Apeldoorn/NL. 1981 bis 1995 Moto- wirkt man eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs renentwicklung bei Fa. DAF in Eindho- bei gleichzeitiger Erhöhung der Leistungsfähigkeit ei- ven/NL, seither Produktentwicklung Eisen- nes Verbrennungsmotors. Seit mehr als 10 Jahren ist werk Brühl GmbH, Brühl/D. der Begriff „Downsizing“ mit vielen Anforderungen an die Herstellung hochkomplexer Gussteile, insbesonde- Schlüsselwörter: GJL, Dünnwandguss, Leichtbau, Zy- re im Motorenguss, verknüpft. linderkurbelgehäuse (ZKG), Kernpaket-Verfahren, Die stetig steigende spezifische Motorleistung zeigt Schlichteoptimierung, Eisenwerk Brühl Diagramm 1. Wurden im Jahre 1940 noch 4,5 Liter Hubraum zur Realisierung von 100 KW Motorleistung benötigt, so sind für das Jahr 2014 Motoren angekün- Mit einer Tradition von über 85 Jahren ist das Eisen- digt, welche dieselbe Leistung mit nur 0,65 Liter Hub- werk Brühl auf die Entwicklung und Großserienferti- raum bewerkstelligen. Hochgerechnet auf einen Otto- gung von Zylinderkurbelgehäusen (ZKG) aus Eisen- motor mit 2 Liter Hubraum ergibt das eine Leistung guss für den PKW-Markt spezialisiert. Die Produkte, von Reihen 2 Zylinder- ZKG bis zum V12-ZKG, Hubraum bei Otto Motoren für 100 kW Motorleistung werden weltweit in alle Märkte exportiert. Mit ca. 6,0 1600 Mitarbeitern werden bis zu 5 Mio. ZKG pro Jahr in Brühl hergestellt. Mit ei- 5,0 4,5 nem hohen Automatisie- rungsgrad und einem tech- 4,0 Hubraum [L] nologisch ausgereiften Fer- tigungsprozess für Leicht- bau und 3,0 2,7 Dünnwandkonzepte ist das Eisenwerk Brühl einer der 2,0 2,0 wichtigsten Lieferanten von Eisenguss-ZKG für die 1,3 Automobilindustrie. 1,0 0,9 0,74 0,65 0,0 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2012 2014 2015 2020 Jahr Diagramm 1 279
GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) HEFT 9/10 von 309 KW. Eine derartige Verringerung des Hubrau- – Optimale tribologische Eigenschaften der Zylinder- mes hat immense Auswirkungen auf das Bauteil „Zy- bohrung, auch bei minderer Kraftstoffqualität linderkurbelgehäuse“, was zu einer enormen Zunahme – Großes Potential für Leistungssteigerungen bei glei- der mechanischen und thermischen Belastung bei cher Bauteilgeometrie gleichzeitiger Gewichtsoptimierung führte. In Bezug – Reduzierter Ölbedarf im Kurbeltrieb auf Maßlichkeit, Toleranzen, mechanische Eigenschaf- ten sowie die Vermeidung von Gussfehlern waren die- In den letzten Jahren wurden daher neue Motoren mit se Entwicklungen nur durch den Einsatz modernster Zylinderkurbelgehäusen aus GJL in Dünnwandtechno- CAE-Tools, einer stetigen Werkstoffweiterentwicklung logie entwickelt. Diagramm 2 zeigt im Allgemeinen sowie einer konstanten, hochwertigen Gussteilqualität die Gewichtsunterschiede von Reihen- und V-Motor- möglich. Diese Entwicklungen verdeutlichen letztlich blöcken aus Aluminimum und Gusseisen mit Lamel- das große Potential des Werkstoffs Gusseisen mit La- lengraphit. mellengraphit für ZKG, auch für zukünftige Leistungs- Wie aus Diagramm 2 zu entnehmen ist, werden die steigerungen und Bauteiloptimierungen. Gewichtsunterschiede zwischen Aluminium- und GJL- Anhand der Gewichtseinsparungen reduzierte sich ZKG mit zunehmendem Hubraum größer. Allerdings im Verlauf der letzten 10 Jahre das mittlere ZKG-Stück- ist im Bereich der kleinen, kompakten Motoren zwi- gewicht massiv. Wurde im Jahre 2007 beim Eisenwerk schen 1,0 und 2,0 l Hubraum die Gewichtsdifferenz re- Brühl für die Herstellung von ca. 5 Mio. ZKG eine Jah- lativ gering. Generell ist für eine vergleichende Be- restonnage von 300.000 t Guss benötigt, so reduziert trachtung zwischen Al- und GJL-ZKG immer das ge- sich diese Menge in 2014 auf ca. 220.000 t Guss. samte Motorgewicht von Relevanz, da hinsichtlich Ge- Das ist bei gleichbleibender Stückzahl im Schnitt wichtsunterschied das ZKG allein nicht den reellen eine Gewichtsreduzierung von ca. 27 %. Diese Verän- Gewichtsunterschied spiegelt. Des Weiteren sollten für derung hat folglich Auswirkungen innerhalb der Gie- vergleichende Betrachtungen auch die Leistungsdaten ßerei, insbesondere in den Bereichen Schmelzbetrieb, sowie das NVH-Verhalten miteinbezogen werden Kernfertigung und bei der Gussbearbeitung. Für die (NVH = Noise/Geräusch, Vibration, Harshness/Rau- Motorenentwickler ist neben der Optimierung des Wir- heit). Aufgrund der niedrigeren Dämpfungseigenschaf- kungsgrades auch die Gewichtsreduzierung des ge- ten beim Werkstoff Aluminium ist hier bei Motoren- samten Antriebsstranges eine Stellschraube für das Er- konstruktionen ein erhöhter Aufwand zu betreiben. reichen der gesetzlichen Vorgaben des CO2-Ausstoßes Das führt zu weiteren Eingrenzungen im Gewichtsun- der gesamten Fahrzeugflotte. Trotz des Dichteunter- terschied. Durchschnittlich verbleiben bei einem Bau- schieds zwischen Aluminium und Gusseisen setzen teilgewichtsunterschied im ZKG von 10 kg im kom- weiterhin viele Motorenentwickler als Werkstoff für pletten Aggregat nur noch 6 bis 7 kg erhalten. ZKG auf Gusseisen mit Lamellengraphit, welches eine In einer früheren Arbeit, gemeinsam mit anderen Menge an Vorteilen gegenüber dem Werkstoff Alumi- Gießereien und dem Institut für Gießereitechnik in nium vorweist: Düsseldorf, wurde eine Energiebilanz für die Herstell- – Stabile mechanische Eigenschaften über große Tem- energie sowie die CO2-Reduzierung aufgrund von Ge- peraturbereiche wichtseinsparungen zwischen Al- und GJL-ZKG durch- – Maximale Konstruktionsfreiheit (Kernpaket, Sand- geführt [1]. Als Berechnungsbasis wurde eine Verrin- guss) gerung des Verbrauchs von 0,25 Liter je 100 kg Ge- – Kostengünstige Großserienfertigung wichtsreduzierung bei 100 km Fahrleistung angenom- – Geringer CO2-Ausstoß und geringer Energieeinsatz men. Bei einem Gewichtsunterschied von 10 kg für das bei der Herstellung von ZKG (Schmelzen, Gussnach- ZKG (angenommen für den kompletten Motor) und behandlung) vergleichbarem Herstellverfahren (Sandguss) liegt der – Optimales Dämpfungs- und Geräuschverhalten beim Break-Even-Point bei 60.000 km Laufleistung. Dies gilt Betrieb (NVH) jedoch nur unter der Annahme des Einsatzes von 100 % Sekundäraluminium bei der Al-Va- riante. Schon durch den Einsatz von nur 5 % Primär-Aluminium verschiebt sich der Break-Even-Point auf 190.000 km Lauf- leistung (siehe Diagramm 3). Kernfertigung, Kernpaket Konventionelle ZKG-Konstruktionen mit 4 bis 5 mm Wandstärke werden heute nicht mehr produziert. Diese Bauteile, unter Ver- wendung von 6 bis 7 Kernen, werden heutzutage durch den Einsatz von ge- wichtsoptimierten, als „Leichtbau“-ZKG mit 3,5 ±0,8 mm Wanddicke, mit 8 bis 10 Kernen produziert. Die Gießlage sowie die Auslegung der Einlegekerne als Doppelpa- ket (2 ZKG aus einem Kernpaket) haben Diagramm 2 (Quelle: FEV GmbH Aachen) sich hierbei nicht wesentlich gegenüber 280
HEFT 9/10 GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) Betrachtung der Energieeinsparung über die Fahrleistung in Abhängigkeit der Beimischung von primär erzeugtem Aluminium 1600 1400 steigender Anteil von primär Aluminium 1200 Energiedifferenz [kWh / ZKG] 1000 800 600 Break even beim Einsatz von 5 % Primäraluminum: ca. 190.000 km 400 200 Break even bei 100 % Sekundär‐ aluminum: ca. 60.000 km 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 Fahrleistung [x1000 km] Energie - ZKG GJL Energie - ZKG 100% Al Sek Energie - ZKG 95% Al Sek Energie - ZKG 90% Al Sek Energie - ZKG 85% Al Sek Diagramm 3 konventionellen ZKG verändert. Zylinderkurbelgehäu- punkto Leichtbau und Funktionsintegration. Zum Bei- se, welche im „Dünnwandguss“ hergestellt werden, spiel können die filigranen Ölkerne (Entlüftung, unterscheiden sich im Wesentlichen durch Ihre Gieß- Druckölkern, etc.) sofort nach dem Schießen in den lage. Durch die stehende Gießlage beim Dünnwand- stabilen Seitenkern montiert werden. Dadurch ist ein guss ist es möglich, Wandstärken von 3,0 ± 0,5 mm se- sicheres Handling beim Schlichten, Trocknen und riensicher herzustellen, wobei die Seitenkonturen hier beim Kerntransport sowie bei der weiteren Verarbei- zusätzlich mit Kernen abgebildet werden müssen. Auf- tung gewährleistet. grund der Gießlage können diese nicht mehr durch Zur Abdeckung der hohen Bedarfe von Dünnwand- Grünsandformen realisiert werden. Für den Bereich motorblöcken entstanden im Laufe der letzten 3 Jahre der Kernfertigung wurden im Jahre 2007 durchschnitt- hochmoderne Kernfertigungszentren. Auf diesen Kern- lich 9,2 Einzelkerne für die Herstellung eines ZKG be- fertigungslinien werden die Kerne bzw. Kernpakete für nötigt. Derzeit werden hierfür 14 Stück eingesetzt, das ca. 1,2 Mio. Motorblöcke teil- bzw. vollautomatisch ge- entspricht einem Zuwachs von mehr als 50 %. fertigt und an die Formanlagen transportiert. In einer In Abb. 1 sind die Gründe für den Wechsel von lie- Taktzeit von 45 Sekunden werden zwei Kernpakete pa- gender auf stehende Gießlage zu sehen. Beim stehenden rallel mit 5 Kernschießmaschinen hergestellt. Der Ab- Abguss wirken die Auftriebskräfte in Verbindung mit lauf geschieht vollautomatisch unter Einsatz von 26 der Energie der strömenden Schmelze auf eine geringe- Robotern je Anlage. Die Kernqualität wird unter Ver- re Kernoberfläche, was eine stabile Positionierung des wendung eines Kamerasystems geprüft. Im Weiteren Kerns sowie minimale Deformationen in Form und Lage werden die Kerne durch Verschrauben oder Tackern zur Folge hat. Hierdurch wird eine Verbesserung der montiert. Durch die stehende Gießlage sind keine wei- Maßtoleranzen erreicht. Des Weiteren sind für das Kern- teren Einlegeteile wie Kernspangen oder Kernstützen paketverfahren mehr Einzelkerne erforderlich. Es wer- erforderlich, was ein weiterer großer Vorteil der ste- den statt 40 Kernen für die liegende Position nun henden Gießlage ist. 56 Kerne für die stehende Gießlage pro Formkasten be- Die Fertigung des Zylinderkurbelgehäuses im Kern- nötigt. Daraus ergibt sich auch die nahezu Verdoppe- paketverfahren erfordert den Einsatz von keramischen lung des gesamten Kerngewichts von 173,6 auf 333,4 kg. Überzugsstoffen. Die Schichtstärke der Schlichte auf Aufgrund dieser Entwicklung werden derzeit im Eisen- den unterschiedlichen Positionen des Kernes beein- werk Brühl täglich 200.000 Kerne produziert und zu flusst direkt die Maßtoleranz beim Zusammenfügen den Kernmontageplätzen bzw. Formbändern transpor- der verschiedenen Kernteilpakete. In Hinblick auf die tiert. geringen Wanddicken und Toleranzen bei Dünnwand- Durch die Verwendung von Seitenkernen ergeben ZKG nimmt das Schlichten bzw. die Schlichte bei die- sich für den Konstrukteur neue Möglichkeiten in sem Verfahren eine besondere Stellung ein. Daher war 281
GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) HEFT 9/10 Abb. 1 eine Modifizierung der Schlichte notwendig, um eine EcoBoost-Motor. Letzterer war in 2012, 2013 und 2014 uniforme Schicht mit genügend thermischer Bestän- in seiner Kategorie: „Engine of the Year“ [2]. digkeit, Gasdurchlässigkeit und Verformbarkeit zu er- halten. Für eine erfolgreiche Anwendung des Kernpa- ketverfahrens bei Dünnwand-ZKG ist ein vollautoma- Literatur tisierter Kernfertigungsprozess zwingend notwendig. [1] Fritsche, E.; Vergleich der Energieeffizienz und CO2- Nur durch den Einsatz von Robotern können Kernpa- Emissionen bei der Herstellung von Zylinderkurbelge- kete für Zylinderkurbelgehäuse neuer Euro6-Motoren- häusen aus Gusseisen mit Lamellengraphit und Alumi- generationen prozesssicher hergestellt werden. niumlegierungen. Große Gießereitechnische Tagung, 23./24. April 2009 in Salzburg. [2] Lach, R.; Weber, F.; Maas, H.; Weiss U.; Die Kurbelge- Zusammenfassung häusematerialwahl während der frühen Konzeptphase der Motorenentwicklung; ATZ/MTZ International Engi- Die Herstellung von Zylinderkurbelgehäusen aus Guss- ne Congress; Baden-Baden; 18.–19. Februar 2014. eisen mit Lamellengraphit ist in den letzten Jahren sehr viel kernintensiver und komplexer geworden. Dies stellt Gießereien und ihre Zulieferer vor große He- rausforderungen. Das Eisenwerk Brühl hat sich diesen Herausforderungen gestellt und ist mit neuen Anlagen Kontaktadresse: in der Lage, seine Kunden mit hochqualitativen Pro- Eisenwerk Brühl GmbH | D-50321 Brühl dukten zu beliefern. Beispiele für erfolgreiche Motoren Kölnstraße 262–266 | Tel.: +49 (0)2232 75 0 sind z. B.: „Global Engine“ 1,8–2,0 l Otto-Motor für Fax: +49 (0)2232 75 205 | E-Mail: info@eb-bruehl.de den VW/Audi-Konzern und der Ford 1,0 l 3 Zylinder www.eb-bruehl.com Der VÖG im Internet: www.voeg.at 282
HEFT 9/10 GIESSEREI RUNDSCHAU 61 (2014) Reduzierung von Oxideinschlüssen in Aluminium- Zylinderköpfen durch virtuelle Versuchsplanung*) Reduction of Oxide Inclusions in Aluminum Cylinder Heads through Virtual Design of Experiments Dr.-Ing. Jörg C. Sturm, Einleitung Geschäftsführer bei der MAGMA Gie- Oxideinschlüsse, die während des Gießprozesses von ßereitechnologie GmbH in Aachen, D Aluminiumlegierungen entstehen, gelten bei dünn- wandigen und filigranen Gussteilen wie Zylinderköp- fen als Hauptursache für Undichtigkeiten. Aufgrund des höheren Schmelzpunkts wird die auf der Schmelz- badoberfläche in Bruchteilen von Sekunden gebildete Oxidhaut beim Gießen nicht mehr auf- oder umge- schmolzen und bleibt im festen Zustand im Gussteil vorhanden. Jede Formfüllung führt zu Turbulenzen der Dr.-Ing. Lubos Pavlak, Schmelzeoberfläche. Dadurch wird die Oxidhaut auf- Projektingenieur bei der MAGMA Gie- gebrochen und in die Schmelze eingetragen. Oxidhäu- ßereitechnologie GmbH in Aachen, D te führen zu einer Materialtrennung im Gefüge und da- mit, abhängig von ihrer Größe, entweder zur Reduzie- rung der lokalen mechanischen Eigenschaften oder Schlüsselwörter: Al-Zylinderkopf, Oxideinschlüsse, speziell in dünnen Wänden zu Undichtigkeiten. Gießprozesssimulation der Oxidbildung, Oxidein- Im realen Versuch kann die schädigende Wirkung schlussreduzierung, virtuelle Versuchsplanung von Oxiden auf die Qualität im Gussteil nur nach der Herstellung, beispielsweise durch Lecktests, bewertet werden. Eine genaue Vorhersage der Verteilung und des genauen Ortes von Oxiden und damit von Un- dichtigkeiten am Ende der Formfüllung ist anspruchs- Zusammenfassung voll und quantitativ kaum möglich. In der Literatur Oxideinschlüsse, die während des Gießens von [1,2] sind potentielle Ursachen für die Bildungsme- Aluminiumlegierungen entstehen, sind eine Haupt- chanismen von Oxiden beim Schmelzen und Gießen ursache für Undichtigkeiten im Gussteil. Dieser Ar- der Aluminiumlegierungen beschrieben worden. Die tikel zeigt, wie mit Hilfe der Integration der Gieß- qualitative und quantitative Bewertung einzelner Quel- prozess-Simulation in eine virtuelle Versuchspla- len für die Bildung von Oxiden in einzelnen Prozess- nung wichtige Prozessparameter auf die Bildung schritten des Fertigungsprozesses für einen Zylinder- und Verteilung von Oxiden für die Herstellung von kopf ist jedoch bislang nur in Ansätzen untersucht Zylinderköpfen beim Schmelzetransport und bei worden. der Formfüllung analysiert und optimiert werden Eine effektive Untersuchung der vielfältigen unter- können. Dabei können gleichzeitig unterschiedliche schiedlichen Einflüsse des Formfüllprozesses auf die Qualitätskriterien, die eine Oxidbildung während Gussqualität eines Zylinderkopfes ist nur durch Simu- der Herstellung von Zylinderköpfen beschreiben, lationstechniken möglich. Die Simulation von Strö- quantitativ bewertet werden. Die Durchführung von mungsvorgängen und der Formfüllung ist heute Stand virtuellen Versuchen im Computer erlaubt eine der Technik. In den letzten Jahren sind darüber hinaus automatisierte Variation sowohl des Gießsystems unterschiedliche Simulationsmodelle zu Bildung und (Geometrie) als auch von Fertigungsparametern. Es Transport von Oxiden während der Formfüllung vor- wird gezeigt, dass die virtuelle Versuchsplanung zu geschlagen worden [3 bis 7]. Allerdings sind diese Mo- einer optimierten Gestaltung der Gießtechnik und delle aufgrund der Komplexität und des Rechenauf- zu verbesserten Produktionsabläufen mit einer sig- wandes in vielen Fällen entweder nur zwei-dimensio- nifikanten Reduzierung von Oxiden im Gussteil nal verfügbar, nicht für die speziellen Randbedingun- führt. Die simulationsgestützten Untersuchungen gen von Aluminiumlegierungen geeignet oder auf- werden mit hochauflösender Videotechnik und der grund des Berechnungsaufwands für einen praktischen PREFIL-Messtechnik experimentell begleitet und Einsatz in der Gießerei nur sehr bedingt einsetzbar. verifiziert. Die aktuelle Version der Simulationssoftware MAGMA5 bietet einfache, aussagekräftige und quanti- tative Bewertungsmöglichkeiten der potentiellen Oxid- bildung während der Formfüllung realer komplexer *) Diese Veröffentlichung beruht auf der Dissertation von Gussteile. In Verbindung mit den voll integrierten Dr.-Ing. Lubos Pavlak und weiterführenden Arbeiten bei Möglichkeiten zur automatischen Versuchsplanung der MAGMA Gießereitechnologie GmbH, Aachen. Die und Prozessoptimierung ist so die Optimierung von Autoren bedanken sich für die Unterstützung seitens der Gießsystemen und Prozessbedingungen in kurzer Zeit Gießerei Nemak GmbH in Wernigerode/D und der Otto- von-Guericke-Universität Magdeburg/D. bereits im Entwicklungsprozess möglich. 283
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