Wts journal # 05/22 Mandanteninformation wts.com/de - WTS Global
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wts journal Dezember 2022 TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern # 05/22 Mandanteninformation wts.com/de TAX Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) Anwendungsschreiben zum Wechsel zur Einlagelösung nach § 14 Abs. 4 KStG Umsatzsteuerliche Organschaft – Voraussetzungen und Rechtsfolgen Keine Besteuerung durch sog. passive Entstrickung Pillar Two-Richtlinie der EU LEGAL Grünstrombezug – Power Purchase Agreements ADVISORY Regierungsentwurf zum Public Country-by-Country Reporting IASB entwickelt Exposure Draft zu Dynamic Risk Management DIGITAL Manuelle vs. automatisierte Prozesse – Transaktionsdatenanalyse als Beispiel SPECIAL Staatliche Unterstützungsmaßnahmen in der Energiepreiskrise Finanzprozesse sind reif für die Digitale Prozessautomatisierung
Inhalt TAX Seite Seite Steuerpolitik b Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer 28 6 a Bundestag verabschiedet Jahres zu privaten Zwecken als tauschähnlicher steuergesetz 2022 (JStG 2022) Umsatz 11 b Bundestag beschließt Gesetz zur c Rs. "HUMDA" – Verzinsung des 29 „DAC 7“-Umsetzung und zur Moderni- „Reemtsma“-Direktanspruchs sierung des Steuerverfahrensrechts d Vorsteuerabzug und Personalabbau 31 12 c Inflationsausgleichsgesetz (InflAusG) e Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 32 12 d Ukraine-Hilfe – Aktueller Stand zu den UStG bei gemischt genutzten Grund untergesetzlichen Maßnahmen des BMF stücken und der obersten Länderfinanzbehörden f Befristete Steuersatzsenkung für 33 1 Ertragsteuern Gas- und Wärmelieferungen im Zeit- 14 a Anwendungsschreiben zum Wechsel raum vom 01.10.2022 bis 31.03.2024 zur Einlagelösung nach § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. des KöMoG g Grenzen der Rückwirkung einer 33 Rechnungsberichtigung 16 b Kein steuerlich wirksamer rückwirken- der Formwechsel, wenn bei Beschluss- 3 Grunderwerbsteuer fassung die Einbringungsvoraussetzun- Gleich lautende Ländererlasse zur An- 34 gen nicht vorliegen wendung des § 1 Abs. 2c GrEStG 17 c Verfassungsmäßigkeit der Höhe des 4 Erbschaft-/Schenkungsteuer Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG Erklärung zur erbschaftsteuerlichen 35 Optionsverschonung 18 d Abfärbung von Verlusten aus gewerbli- cher Tätigkeit auf die im Übrigen vermö- 5 Lohnsteuer/Sozialversicherung gensverwaltende Tätigkeit einer GbR a Steuerfreie Inflationsausgleichsprämie 36 20 e Beginn der sachlichen Gewerbe b Kein Werbungskostenabzug für Fami 38 steuerpflicht eines gewerblichen lienheimfahrten auch bei Zuzahlungen Grundstückshändlers an den Arbeitgeber für die Nutzungs- überlassung eines Firmenwagens 21 f Erweiterte Kürzung des Gewerbeer- trags bei Überlassung von Gewerberäu- c Lohnsteuer-Richtlinien 2023 – LStR 39 men an geringfügig beteiligte Genossin 2023 22 g AfA-Berechtigung nach entgeltlichem d Höhere Steuerlast für Stammhaus 40 Erwerb eines Anteils an einer vermö- reisende ab 2023 gensverwaltenden Personengesellschaft e Energiepreispauschale für Renten 42 24 h Berücksichtigung von Aufwendungen bezieher – Doppelzahlungen erlaubt für Glattstellungsgeschäfte im Veranla- gungszeitraum der Vereinnahmung der f Sozialversicherungsrechengrößen: 42 Stillhalterprämien Das gilt für das Jahr 2023 25 i Gewerbesteuerliche Hinzurechnung 6 Abgabenordnung von Lizenzgebühren für synchronisierte a Berechnung der Gebühr für eine 43 Spielfilme verbindliche Auskunft in Umwandlungs- fällen 26 2 Umsatzsteuer a Umsatzsteuerliche Organschaft – b Steuerliche Maßnahmen zur Berück- 45 Voraussetzungen und Rechtsfolgen sichtigung der gestiegenen Energie kosten 2 wts journal | # 5 | Dezember 2022
LEGAL Seite Seite 7 Energiesteuer Energierecht 50 a Einführung einer neuen Sonderabgabe Grünstrombezug – Power Purchase 67 für Produkte aus Einwegkunststoff ab Agreements 2025 51 b Überwachungspläne für Inverkehr- ADVISORY bringer nach dem Brennstoffemissions- handelsgesetz BEHG 1 Financial Advisory a Country-by-Country Reporting 69 52 8 Zoll-und Außenwirtschaftsrecht (CbCR) zur Schaffung von Transparenz Zollwertermittlung – Grenzüberschrei- über Ertragsteuerinformationen – tende Geschäfte zwischen verbundenen Regierungsentwurf Unternehmen – Auswirkungen von nach- träglichen Preisanpassungen auf den b Fachlicher Hinweis des IDW zu den 70 Zollwert Auswirkungen des wirtschaftlichen Umfelds auf Finanzberichte zum oder 9 Internationales nach dem 30.09.2022 54 a Deutschland: Passive Entstrickung führt nicht zur Besteuerung c Aktuelle Aspekte zu Impairment Tests 78 in IFRS-Konzernabschlüssen 55 b Deutschland: Zuschläge für nicht oder verspätet vorgelegte oder nicht d Audit-proof & IPO-ready durch Cloud 79 verwertbare Verrechnungspreisdoku- Native Finance mentation unionsrechtskonform e Transaction Readiness als Baustein 80 57 c Deutschland: Gewerbesteuerrecht- einer effizienten und effektiven M&A- liches Schachtelprivileg bei doppelt Prozessumsetzung ansässigen Kapitalgesellschaften f ESMA veröffentlicht Prüfungsschwer- 82 58 d Deutschland: Vermietungseinkünfte punkte für die Jahresfinanzberichte 2022 beim Progressionsvorbehalt g Temporäre Anpassung des Sanie- 83 58 e EU: Pillar Two-Richtlinie der EU kommt rungs- und Insolvenzrechts durch das SanInsKG 59 f EU: Aktualisierung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für h IDW RS BFA 3 Verlustfreie Bewertung 83 Steuerzwecke von zinsbezogenen Geschäften des Bankbuchs (Zinsbuchs) im gegenwärti- 59 g Mauritius: Änderung des DBA zwi- gen Marktumfeld schen Deutschland und Mauritius 2 Risk & Compliance 61 h Mexiko: Protokoll zum DBA Mexiko a IASB entwickelt Exposure Draft zu 84 ratifiziert Dynamic Risk Management 62 i Niederlande: Wichtige Änderungen b Corporate Sustainability Reporting 85 des DBA Niederlande ab 01.01.2023 Directive (CSRD) durch das EU-Parla- ment angenommen 63 j Österreich: (Kein) Anrechnungsvor- trag von Quellensteuern DIGITAL 65 k Österreich: Arbeitskräftegestellung – Abzugsteuerentlastung neu geregelt! Digital Transfer Pricing & AI a Manuelle vs. automatisierte Prozesse – 86 66 l Österreich: Progressionsvorbehalt Transaktionsdatenanalyse als Beispiel künftig auch bei Nicht-Ansässigen b Digital Transfer Pricing Umsetzungs- 90 modell wts journal | # 5 | Dezember 2022 3
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern Maßnahmen in der Energiepreiskrise – Ein ordnungspolitischer Balanceakt! ← RAin Dr. Karen Möhlenkamp, WTS Partnerin ↓ RAin Dr. Sabine Schulte-Beckhausen, WTS Partnerin
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern Liebe Leserinnen, Liebe Leser, mit dem Ausbruch des russischen helfen, die Krise zu bewältigen, indem Angriffskriegs gegen die Ukraine im sie für die Versorgungssicherheit sor- Februar dieses Jahres erleben wir in der gen. Zudem sind „Windfallprofits“ kein Europäischen Union und insbesondere ausreichender Grund, Unternehmen in Deutschland eine tiefgreifende Ener- über das bisherige Maß hinaus zu be- giekrise, die sowohl die Unternehmen steuern. Diese Gewinne sind weder Aus- als auch die privaten Haushalte mit nie fluss unzulässiger staatlicher Beihilfen dagewesenen Preissteigerungen in der noch privater Wettbewerbsbeschrän- Energieversorgung überrollt. In die- kungen. Vielmehr sind sie Ausfluss einer sem und vor allem im nächsten Winter Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb. (2023/24) droht den Verbrauchern Da die Maßnahme steuerlicher Art ist, in Deutschland eine Gasmangellage, hätte die Verordnung zudem einstimmig wenn die Verfügbarkeiten an Energien verabschiedet werden müssen, was nicht gesichert werden können und die nicht geschehen ist. Industrie, aber auch die Haushalte nicht Erdgas einsparen. In der Krise gibt es Gleichzeitig werden u.a. für Wind- und Verlierer, aber auch einzelne Gewinner. PV- Anlagenbetreiber die Markterlöse Fraglich ist, mit welchem ordnungs staatlich erheblich begrenzt. Der Maß- politischen Instrumentenkasten der nahmenkatalog wirkt tief in den Markt Staat die Krise bewältigen will und wie hinein und drosselt Investitionsanreize er die Unternehmen dafür einbindet. gerade für erneuerbare Energien, was Deutschland hat in diesem Zusammen- angesichts der weiter existierenden hang der „Verordnung (EU) 2022/1854 Klimakrise nicht nachvollziehbar ist. des Rates vom 06.10.2022 über Notfall- Auf der anderen Seite werden zur Ab- maßnahmen als Reaktion auf die hohen senkung der Energiepreise € 200 Mrd. Energiepreise“ zugestimmt und damit in die Finanzierung der Strom-, Gas- und unmittelbar anwendbares EU-Recht Wärmebremse gesteckt, mit extrem geschaffen. Ob die einzelnen Regelun- komplizierten Regelungen. Energiein- gen vor dem EuGH und dem BVerfG tensive Unternehmen sehen weiteren halten werden, ist aber höchst fraglich. Verbesserungsbedarf. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Einführung eines befristeten Solidari- Die Politik und der Gesetzgeber haben tätsbeitrags (EU-Energiekrisenbeitrag) viel getan, keine Frage. Ein ordnungs- für im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und politisch gelungener Balanceakt ist Raffineriebereich tätige Unternehmen daraus aber nicht geworden. Zu viele und Betriebsstätten der Union. Einer Grundsatzfragen zur Rechtmäßigkeit zusätzlichen Besteuerung unterliegen des staatlichen Handelns und seiner ne- die steuerpflichtigen Gewinne, die über gativen wirtschaftlichen Folgen drängen 20 % über dem Durchschnitt der steuer- sich auf. pflichtigen Gewinne in den vier am oder nach dem 01.01.2018 beginnenden Wirtschaftsjahren liegen. Der so ermit- telte, zeitlich auf die Wirtschaftsjahre 2022 und 2023 befristete EU-Energiekri- senbeitrag soll 33 % des Überschussge- winns betragen und zusätzlich zu den Ihre Karen Möhlenkamp regelmäßigen Steuern und Abgaben erhoben werden (Steueraufkommen ca. € 1 bis 3 Mrd.). Diese Regelung ist im deutschen Steuerrecht ein Novum. An- greifbar ist die Regelung aus verschie- denen Gründen, zumal sie sich aus der Krisensituation nicht rechtfertigen lässt. Die betroffenen Unternehmen sollen Ihre Sabine Schulte-Beckhausen wts journal | # 5 | Dezember 2022 5
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern Steuerpolitik a | Bundestag verabschiedet Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) | Autor: RA/StB Dr. Martin Bartelt, München auch Photovoltaikanlagen auf über- Key Facts wiegend zu betrieblichen Zwecken genutzten Gebäuden bis zu 15 kW › Gesetzentwurf des Jahressteuer- (peak) je Wohn-/Geschäftseinheit be- gesetzes 2022 (JStG 2022) vom günstigt. Letzteres entspricht einer Bundestag verabschiedet. Forderung des Bundesrats. › Regierungsentwurf des JStG 2022 in vielen Punkten geändert und › Modernisierung des Abzugs von Arbeitszimmer und ergänzt. Aufwendungen für die betriebliche Homeoffice-Pauschale › Ganz neu ist insbesondere auch oder berufliche Tätigkeit in der das EU-Energiekrisenbeitragsge- häuslichen Wohnung ab 2023 (§ 4 setz zur Einführung eines Solida- Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c EStG-E): ritätsbeitrags von Unternehmen Wenn der Mittelpunkt der gesam- des Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und ten betrieblichen und beruflichen Raffineriebereichs. Betätigung im häuslichen Arbeitszim- › Abschließende Beratung im Bun- mer liegt, sollen nach § 4 Abs. 5 Satz desrat für den 16.12.2022 geplant. 1 Nr. 6b EStG-E die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer – abweichend vom Regierungsentwurf Hintergrund Am 14.09.2022 hatte das Bundeskabinett – auch dann abziehbar sein, wenn für den Regierungsentwurf des Jahressteu- die betriebliche oder berufliche Be- ergesetzes 2022 (JStG 2022) beschlossen tätigung ein anderer Arbeitsplatz zur (vgl. ausführlich WTS Journal 04/2022). Verfügung steht. Unter den gleichen Der Bundesrat hatte dazu seine Stellung- Voraussetzungen (Arbeitszimmer nahme am 28.10.2022 abgegeben. und Mittelpunkt) soll ein pauschaler Abzug in Höhe von € 1.260 (Jahres- Bundestag Am 02.12.2022 hat nun der Bundestag pauschale) für das Wirtschafts- oder den Regierungsentwurf des Jahres Kalenderjahr möglich sein. Für jeden steuergesetzes 2022 (JStG 2022) in vollen Kalendermonat, in dem diese der Fassung „Beschlussempfehlung Voraussetzungen nicht vorliegen, und Bericht“ seines Finanzausschusses ermäßigt sich der Betrag von € 1.260 in 2./3. Lesung beschlossen. Gegen- um ein Zwölftel (monatsbezogene über dem Regierungsentwurf vom Berücksichtigung der Jahrespau- 14.09.2022 sind insbesondere die fol- schale). Bei dieser Jahrespauschale genden Änderungen hervorzuheben: handelt es sich um einen personen- bezogenen Betrag. Die unabhängig Corona-Pflegebonus › Klarstellung des Anwendungsbe- vom Vorliegen eines häuslichen reiches des steuerfreien Corona- Arbeitszimmers und vom „Mittel- Pflegebonus (§ 3 Nr. 11b EStG-E): punktsfall“ geltende Tagespauschale Der Verweis auf das Infektionsschutz- nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG-E gesetz (IfSG) in Satz 2 (Einrichtungs- (sog. Homeoffice-Pauschale) wird auf bezug) bezieht sich auf die Geset- € 6 und höchstens € 1.260 im Wirt- zesfassung, die zum Zeitpunkt der schafts- oder Kalenderjahr erhöht. Verkündung des Vierten Corona- Steuerhilfegesetzes – am 22.06.2022 › Einführung einer steuerrechtlichen RAP-Bildung – galt (statischer Verweis). Dies wird Wesentlichkeitsgrenze für die RAP- nunmehr gesetzlich klargestellt. Bildung (§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG-E): Die Regelung analog der GWG-Gren- Ertragsteuerbefreiung › Einführung einer Ertragsteuerbe- ze soll erstmals für Wirtschaftsjahre für bestimmte freiung für bestimmte Photovol- gelten, die nach dem 31.12.2021 Photovoltaikanlagen taikanlagen ab 2023 (§ 3 Nr. 72 enden. Damit wird einer Forderung EStG-E): Der Anwendungszeitpunkt des Bundesrats entsprochen. der Ertragsteuerbefreiung wird auf den 01.01.2022 vorgezogen (Rück- › Anhebung des linearen AfA-Satzes Gebäude-AfA wirkung). Durch die Streichung für die Abschreibung von Wohnge- der Formulierung „überwiegend zu bäuden von zwei auf drei Prozent Wohnzwecken genutzten“ werden (§ 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG-E): Als Ergeb- 6 wts journal | # 5 | Dezember 2022
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL Steuerpolitik nis der parlamentarischen Beratun- Anreizwirkung zu setzen, soll die gen wird die Regelung gegenüber Neuregelung erst für solche neuen dem Regierungsentwurf um ein Wohnungen Anwendung finden, die halbes Jahr auf den 01.01.2023 vor- hergestellt werden aufgrund eines gezogen. Bauantrags oder einer entsprechen- den Bauanzeige in den Jahren 2023 › Fortgeltung des Ansatzes einer bis 2026. Neue Wohnungen, die kürzeren Nutzungsdauer für Gebäu- aufgrund eines Bauantrags oder einer deabschreibung (§ 7 Abs. 4 Satz 2 Bauanzeige im Jahr 2022 hergestellt EStG): Die nach dem Regierungsent- werden, bleiben vom Anwendungs- wurf beabsichtigte Streichung der bereich des § 7b EStG ausgeschlos- Ausnahmeregelung zum Ansatz einer sen. Die Inanspruchnahme der kürzeren Nutzungsdauer für Gebäu- Sonderabschreibung wird zukünftig deabschreibung wird nicht umge- daran gekoppelt, dass das Gebäude, setzt. Damit bleibt die Möglichkeit in dem die neue Wohnung herge- der Abschreibung eines Gebäudes stellt wird, die Kriterien für ein „Effizi- nach einer tatsächlichen Nutzungs- enzhaus 40“ mit Nachhaltigkeitsklas- dauer bestehen, wenn diese kürzer se/Effizienzgebäude-Stufe 40 erfüllt. ist als der sich durch den Ansatz Voraussetzung ist das "Qualitätssie- der AfA-Sätze ergebene Zeitraum. gel Nachhaltiges Gebäude" (QNG). Dies entspricht einer Forderung des Die Baukosten für Wohnungen, die Bundesrats. aufgrund der bisherigen Regelung gebaut wurden, durften € 3.000 Mietwohnungsneubau › Prolongation der Sonderabschrei- je qm Wohnfläche nicht übersteigen. bung für Mietwohnungsneubau – nur Für im Rahmen der Neuregelung ge- energieeffizient (§ 7b EStG-E): Die baute Wohnungen wird diese Grenze Sonderabschreibung für die Herstel- auf € 4.800 angehoben. Auch die De- lung neuer Mietwohnungen nach ckelung der Bemessungsgrundlage § 7b EStG-E soll auch weiterhin der Sonderabschreibung wird je qm Anreize für den Bau von Mietwohnun- Wohnfläche von € 2.000 auf € 2.500 gen schaffen. Um die erforderliche angehoben. wts journal | # 5 | Dezember 2022 7
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL Steuerpolitik Arbeitnehmer- › Erhöhung des Arbeitnehmer-Pausch- › Besteuerung Dezember-Hilfe (§ 123 Besteuerung Pauschbetrag betrags (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Abs. 1 EStG-E): Alle im Erdgas- Dezember-Hilfe EStG-E): Der Pauschbetrag wird ab Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) dem 01.01.2023 bzw. ab dem Veran- benannten Entlastungen sollen der lagungszeitraum 2023 von bisher Besteuerung unterliegen, um eine € 1.200 auf € 1.230 erhöht. sozial ausgewogene Entlastungswir- kung der Entlastungsmaßnahmen zu Energiepreispauschale › Steuerpflicht der Energiepreispau- erzielen. schale (EPP) für Renten- und Ver sorgungsbeziehende (§ 19 Abs. 3, › Gewerbesteuerbefreiung für Betrei- Gewerbesteuerbe- § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c, § 22a ber kleiner Solaranlagen; weiterer freiung für Betreiber kleiner Solaranlagen Abs. 1 Satz 2 EStG-E): Die EPP soll als Ausschluss der Kammerzugehörig- steuerpflichtige Einnahme vollstän- keit von Betreibern von Solaranla- dig der Besteuerung unterliegen – für gen (§ 3 Nr. 32, § 36 Abs. 2 Satz 5 Versorgungsempfänger als Einkünfte GewStG-E): Mit Einführung der aus nichtselbständiger Arbeit und für Einkommensteuerbefreiung für kleine Rentner als sonstige Einkünfte. Solaranlagenbetreiber in § 3 Nr. 72 EStG wird die Gewerbesteuerbefrei- Alleinerziehende › Erhöhung des Entlastungsbetrags ung obsolet. Durch die Anhebung für Alleinerziehende von € 4.008 auf des Größenmerkmals der Solaranlage € 4.260 (§ 24b EStG-E): Arbeitgeber von 10 kW/h auf 30 kW/h werden haben den erhöhten Entlastungs- weitere Unternehmer, die ausschließ- betrag für Alleinerziehende bei den lich Solaranlagen betreiben, von der Lohn-, Gehalts- und Bezügeabrech- IHK-Mitgliedschaft ausgeschlossen. nungen ab Januar 2023 zu berück- sichtigen, ggf. rückwirkend. › Gewerbesteuerliche Behandlung Gewerbesteuerliche von Sanierungsgewinnen bei Mit Behandlung von Sanierungsgewinnen Registerfallbesteuerung › Sog. Registerfallbesteuerung (§ 49 unternehmerschaften (§ 7b Abs. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und § 49 Abs. Satz 4 und § 36 Abs. 3a GewStG-E): 1 Nr. 6 EStG-E): Abweichend vom Die Änderung soll ab dem Erhe- Regierungsentwurf soll die Regis- bungszeitraum 2023 sicherstellen, terfallbesteuerung nicht vollständig dass der Sanierungsertrag in voller für die Zukunft aus dem EStG in das Höhe für die Minderung des fest- Steueroasen-Abwehrgesetz (StAb- gestellten Gewerbeverlusts der wG) überführt werden. Über die in Mitunternehmerschaft zur Verfügung § 10 StAbwG-E vorgesehene umfas- steht, um nicht gerechtfertigte Dop- sende Steuerpflicht der Einkünfte aus pelbegünstigungen zu verhindern. der Vermietung und Verpachtung Durch die für Zwecke der Verlustvor- oder Veräußerung von Rechten, die tragsminderung geregelte Zurech- in ein inländisches öffentliches Buch nung des Sanierungsertrags im oder Register eingetragen sind und Verhältnis der den Mitunternehmern bei denen der Vergütungsgläubiger zum Ende des vorangegangenen seinen Sitz in einem nicht koopera- Erhebungszeitraums zugerechneten tiven Steuerhoheitsgebiet nach § 2 Fehlbeträge ist die Minderung des StAbwG hat, hinaus, wird die Besteu- Gewerbeverlusts der sanierenden erung dieser Vorgänge zwischen na- Personengesellschaft insbesondere hestehenden Personen nunmehr wei- nicht vom Umfang der Beteiligung terhin von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f eines hinzugetretenen Mitunter- und § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG-E erfasst. nehmers abhängig. Die Änderung In Zukunft soll die Registeranknüp- entspricht einer Forderung des fung bei sonstigen Rechten dann Bundesrats. nicht mehr zu inländischen Einkünften führen, wenn der Besteuerung die › Ergänzende Regelungen zur sog. Sog. Einlagelösung Vorschriften eines Abkommens zur Einlagelösung (§ 14 Abs. 4 und § 34 (Organschaft) Vermeidung der Doppelbesteuerung Abs. 6e KStG-E): Die Änderungen und die die Anwendung der Abkom- ergänzen die bisherigen Regelungen men regelnden Vorschriften des EStG zum Übergang vom System der steu- entgegenstehen. erlichen Ausgleichsposten zur Einla- gelösung insbesondere um gesetzli- 8 wts journal | # 5 | Dezember 2022
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL Steuerpolitik che Regelungen zur Bestimmung des UStG behandelt werden können. Beteiligungsbuchwerts, zur mittelba- Dies entspricht einer Forderung des ren Organschaft, zur Berechnungs- Bundesrats. reihenfolge bei der Auflösung von Ausgleichsposten sowie zur Berück- › Verlängerung der Übergangsrege- Verlängerung der sichtigung eines Angleichungsfaktors lung für die Nichtanwendung des Nichtanwendung des § 2b UStG bei Organgesellschaftsbeteiligungen § 2b UStG (§ 27 Abs. 22a UStG-E): unter 100 %. Die Übergangsregelung für die Um- satzbesteuerung von juristischen Per- Einlagenrückgewähr bei › Neufassung des § 27 Abs. 8 KStG sonen des öffentlichen Rechts wird Drittstaaten- und EWR- (Einlagenrückgewähr) mit Einbezie- um weitere zwei Jahre bis einschließ- Kapitalgesellschaften hung von Drittstaaten- und EWR- lich zum 31.12.2024 verlängert. Kapitalgesellschaften: Die Neurege- lung entspricht einer Forderung des › Verhinderung des Statusverlusts als Spezial- Bundesrats und soll erstmalig An- Spezial-Investmentfonds bei gewerb- Investmentfonds wendung finden auf Leistungen und lichen Einkünften aus der Erzeugung Nennkapitalrückzahlungen, die nach von erneuerbaren Energien (§ 26 dem 31.12.2022 erbracht werden. Nr. 7a InvStG-E): Spezial-Investment- fonds dürfen damit in größerem Um- Wegzugsbesteuerung › Wegzugsbesteuerung (§ 6 Abs. 2 fang Einnahmen aus der Erzeugung Satz 4, § 21 Abs. 3 Satz 1 AStG-E): oder Lieferung von Strom erzielen, Die Verweisanpassung in § 6 Abs. 2 ohne dass dies zu einem Verlust des Satz 4 AStG-E auf den Entfall nach Status als Spezial-Investmentfonds § 6 Abs. 3 AStG in der jeweils gel- führt. Die Grenze von 10 % orientiert tenden Fassung oder einer bis zum sich an den Regelungen in § 9 Nr. 1 30.06.2021 geltenden Fassung stellt Satz 3 Buchst. b GewStG. klar, dass die Fiktion einer unbe- schränkten Steuerpflicht für Zwecke › Vermeidung zweimaliger Besteue- Besteuerungs des § 6 Abs. 1 AStG auch dann gilt, rung im Rahmen der Grunderwerb- konkurrenz bei der Grunderwerbsteuer wenn die Steuer nach einer vorher- steuer (§ 16 Abs. 4 und Abs. 5 gehenden Fassung des § 6 AStG Satz 2 GrEStG-E): Regelung der infolge eines nur vorübergehenden grunderwerbsteuerlichen Besteu- Wegzugs rückwirkend entfällt und erungskonkurrenz innerhalb der der Steuerpflichtige unter Geltung Ersatztatbestände bei zeitlich aus der aktuellen Fassung des § 6 AStG einanderfallendem schuldrechtlichen erneut wegzieht (Entfall nach altem und dinglichen Vollzugsgeschäft und erneuter Wegzug nach neuem (Signing/Closing) über eine zeit- Recht). Darüber hinaus wird § 21 lich unbegrenzt mögliche Rückab Abs. 3 Satz 1 AStG klarstellend da- wicklung der Besteuerung des hingehend geändert, dass in Fällen, schuldrechtlichen Geschäfts nach in denen einer der Tatbestände des § 16 GrEStG. Vorausgesetzt werden § 6 Abs. 1 AStG in der am 30.06.2021 fristgerechte und in allen Teilen voll- geltenden Fassung vor dem umfängliche Anzeigen für das schuld- 01.01.2022 verwirklicht wurde, die rechtliche sowie für das dingliche Rechtsfolgen jeweils gemäß § 6 AStG Rechtsgeschäft. Dies entspricht einer in der am 30.06.2021 geltenden Fas- Forderung des Bundesrats. sung auch beim Hinzutreten weiterer Tatbestände nach dem 31.12.2021 › Kapitalmaßnahme aus Gesellschafts- Kapitalmaßnahme aus eintreten. Insgesamt entsprechen mitteln (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 46a Gesellschaftsmitteln die Änderungen einer Forderung des FVG-E; § 7 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 und 4 Bundesrats. KapErhStG-E): Die Ergänzung schafft eine Rechtsgrundlage für die Prüfung Unternehmerfähigkeit › Unternehmerfähigkeit von nicht der steuerlichen Behandlung als von nicht rechtsfähigen rechtsfähigen Personengemein- Kapitalerhöhung aus Gesellschafts- Personengemein schaften schaften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG-E): mitteln auch bei Antragstellung Durch Ausweitung des Anwendungs- durch die ausländische Gesellschaft bereichs von § 2 UStG sollen insbe- selbst und regelt die Zuständigkeit sondere Bruchteilsgemeinschaften des Bundeszentralamts für Steuern. (z.B. Ehegatten- und Erbengemein- Damit wird eine Forderung des Bun- schaften) als Unternehmer i.S.d. desrats weitgehend umgesetzt. wts journal | # 5 | Dezember 2022 9
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL Steuerpolitik EU-Energiekrisenbeitrag › Einführung des EU-Energiekrisen- auf den Teil des Gewinns des im beitrags (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 45a Besteuerungszeitraum 1 bzw. 2 FVG-E; EU-EnergieKBG-E): Wesent- endenden Wirtschaftsjahres zu licher Regelungsinhalt ist die Einfüh- entrichten, der mehr als 20 % über rung des EU-Energiekrisenbeitrags dem Durchschnitt der steuerli- durch das neue EU-Energiekrisen- chen Gewinne aus den nach dem beitragsgesetz (EU-EnergieKBG-E) 31.12.2017 beginnenden und vor in Deutschland. Die Verordnung (EU) dem Beginn des Besteuerungszeit- 2022/1854 des Rates über „Notfall- raums 1 endenden Wirtschaftsjahren maßnahmen als Reaktion auf die ho- liegt. Bei Kapitalgesellschaften ist hen Energiepreise“ vom 06.10.2022 als Gewinn der steuerliche Gewinn enthält als Maßnahme in Bezug auf maßgebend (siehe auch R 7.1 Abs. 1 den Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Satz 2 Nr. 31 KStR 2022), bei Steu- Raffineriebereich Vorgaben zu einem erpflichtigen in anderer Rechtsform befristeten obligatorischen EU- die entsprechende Größe. Soweit Energiekrisenbeitrag auf bestimmte Übergewinne nachweislich Folge Gewinne aus Tätigkeiten in diesen einer Umwandlung sind, ist eine Bereichen. Von den Regelungen soll Korrektur vorgesehen. Ebenso sind jedes gewerbliche Unternehmen Regelungen zur Vermeidung einer unabhängig von seiner Rechtsform doppelten Belastung mit einem EU- erfasst werden, soweit es im Inland Energiekrisenbeitrag sowohl national betrieben wird (Einzelunternehmen (Mitunternehmerschaften) als auch und Personen- und Kapitalgesell- mit Blick auf andere Mitgliedstaaten schaften sowie Betriebsstätten) und (ausländische Betriebsstätten oder im Besteuerungszeitraum mindestens Hinzurechnungsbetrag i.S.d. § 10 75 % seines Umsatzes in den Be- Abs. 2 AStG) enthalten. Der EU- reichen Extraktion, Bergbau, Erd- Energiekrisenbeitrag beträgt 33 % ölraffination oder Herstellung von dieser Bemessungsgrundlage und ist Kokereierzeugnissen erzielt. Der keine abzugsfähige Betriebsausgabe. Solidaritätsbeitrag soll für das erste, Die Durchführung des Besteuerungs- nach dem 31.12.2021 beginnende verfahrens wird dem Bundeszentral- Wirtschaftsjahr, das als Besteue- amt für Steuern als weitere Aufgabe rungszeitraum 1 definiert wird, sowie übertragen. Ihr Kontakt für das darauffolgende Wirtschafts- RA/StB Dr. Martin jahr, das als Besteuerungszeitraum Die abschließende Beratung über die Bartelt, München, 2 definiert wird, erhoben werden. Zustimmung des Bundesrats zum JStG martin.bartelt@ Der EU-Energiekrisenbeitrag ist 2022 ist für den 16.12.2022 geplant. wts.de 10 wts journal | # 5 | Dezember 2022
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL Steuerpolitik b | Bundestag beschließt Gesetz zur „DAC 7“-Umsetzung und zur Modernisie- rung des Steuerverfahrensrechts | Autor: RA/StB Dr. Martin Bartelt, München wird der Begriff „nicht vollständig“ Key Facts durch den Begriff „nicht hinreichend“ ersetzt. Nach der Begründung sei › Der Bundestag hat das Gesetz in dabei nicht der quantitative Umfang der Fassung „Beschlussempfeh- der Nichterfüllung der geforderten lung und Bericht“ seines Finanz- Mitwirkung maßgebend, sondern ihre ausschusses beschlossen. qualitative Bedeutung für die Ermitt- › Die Änderungen gegenüber dem lungsmaßnahmen. Geringfügige und Regierungsentwurf sind nicht für den Fortgang der Außenprüfung grundlegender Natur. eher unbedeutende Mitwirkungs- › Erleichterungen in der Betriebs- pflichtverletzungen sollen damit vom prüfung bei geprüften Steuer IKS. Anwendungsbereich der Vorschrift › Der Bundesrat soll dem Gesetz ausgenommen werden. Der im Regie- in seiner Sitzung am 16.12.2022 rungsentwurf in § 200a Abs. 2 AO-E zustimmen. vorgesehene Tagesbetrag des Mitwir- kungsverzögerungsgelds von € 100 wird auf € 75 abgesenkt. Die vorge- Bundestag Am 11.11.2022 hat der Bundestag den sehene Höchstdauer der Berechnung Regierungsentwurf des Gesetzes zur des Mitwirkungsverzögerungsgelds „DAC 7“-Umsetzung und zur Moderni- wird gleichzeitig von 100 auf 150 sierung des Steuerverfahrensrechts in Tage angehoben. Der im Regie- der Fassung „Beschlussempfehlung und rungsentwurf in § 200a Abs. 3 AO-E Bericht“ seines Finanzausschusses (BT- vorgesehene Tageshöchstbetrag des Drucksache 20/4376) beschlossen. Zuschlags zum Mitwirkungsverzö- gerungsgeld von € 10.000 wird auf Wesentliche Ände- Diese vom Bundestag beschlossene € 25.000 angehoben. Zugleich wird rungen gegenüber Fassung enthält insbesondere folgende auch hier die vorgesehene Höchst- Regierungsentwurf Änderungen gegenüber dem Regie- dauer der Berechnung des Zuschlags rungsentwurf (vgl. hierzu WTS Journal zum Mitwirkungsverzögerungsgeld 04/2022): von 100 auf 150 Tage angehoben. Umsetzung der „DAC 7“-Richtlinie › Umfangreich überarbeitet wurden Anwendungsregelun- Antrag auf Auskunft zum › Möglichkeit eines Antrags auf Aus- auch die Anwendungsregelungen zu gen zu den Änderungen Anwendungsbereich der Abgabenordnung kunft zum Anwendungsbereich des den Änderungen der Abgabenordnung des PStTG neuen Plattformen-Steuertranspa- (Art. 97 § 37 EGAO-E). Eine ausführli- renzgesetzes – PStTG (neu eingefüg- che Erläuterung findet sich in der Ge- ter § 10 PStTG-E). setzesbegründung auf den Seiten 90 und 91 der Beschlussempfehlung des Modernisierung des Steuerverfahrens- Finanzausschusses des Bundestags. rechts einschließlich der Außenprüfung § 171 Abs. 4 Satz 5 › Abweichend vom Regierungsentwurf › Wie erwartet hat der Bundestag Erleichterungen in der AO-E soll sich die Befristung der Ablaufhem- auch den vom Bundeskabinett am Betriebsprüfung bei geprüften Steuer IKS mung auf fünf Jahre (§ 171 Abs. 4 14.09.2022 vorgelegten Vorschlag Satz 3 Hs. 1 AO-E) bei Inanspruchnah- (vgl. WTS Journal 04/2022) übernom- me zwischenstaatlicher Amtshilfe um men, wonach in Betriebsprüfungen die Dauer der zwischenstaatlichen testweise Erleichterungen gewährt Amtshilfe verlängern, mindestens aber werden können, wenn Unternehmen um ein Jahr (§ 171 Abs. 4 Satz 5 AO-E). über ein geprüftes innerbetriebliches Steuerkontrollsystem (Steuer IKS) Änderungen beim › In § 200a Abs. 1 Satz 1 AO-E wird verfügen. Der Bundestag verlängerte qualifizierten Mit bestimmt, dass das nach dem Regie- aber noch die Evaluationsphase um wirkungsverlangen (§ 200a AO-E) rungsentwurf vorgesehene qualifizier- zwei Jahre, so dass der Testlauf nun te Mitwirkungsverlangen frühestens vom 01.01.2023 bis zum 31.12.2029 Ihr Kontakt nach Ablauf von sechs Monaten seit möglich ist. RA/StB Dr. Martin Bekanntgabe der Prüfungsanordnung Bartelt, München, ergehen darf. In § 200a Abs. 1 Satz 2 Der Bundesrat soll dem Gesetz in seiner martin.bartelt@ AO-E und § 200a Abs. 2 Satz 1 AO-E Sitzung am 16.12.2022 zustimmen. wts.de wts journal | # 5 | Dezember 2022 11
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL Steuerpolitik Kurznews c | Inflationsausgleichsgesetz (InflAusG) | Autor: RA/StB Dr. Martin Bartelt, München Bundestag Am 10.11.2022 hat der Bundestag raten für die Jahre 2023 und 2024 den Regierungsentwurf des Inflations- weiter nach rechts verschoben. ausgleichsgesetzes (InflAusG) in der › Ebenso wird der Kinderfreibetrag Fassung „Beschlussempfehlung und für die Veranlagungszeiträume 2023 Bericht“ seines Finanzausschusses und 2024 deutlicher erhöht als bis- beschlossen. her vorgesehen. › Das Kindergeld wird ab 01.01.2023 Änderungen gegenüber Diese Fassung enthält insbesondere auf einheitlich € 250 für jedes Kind Regierungsentwurf folgende Änderungen (vgl. zum Regie- erhöht. Die Staffelung bei mehreren rungsentwurf WTS Journal 04/2022): Kindern entfällt. › Ganz neu aufgenommen wurde eine › Auf Grundlage des 14. Existenzmi- stufenweise Anpassung der Frei- nimumberichts und des Steuerpro- grenze beim Solidaritätszuschlag gressionsberichts der Bundesre- für die Veranlagungszeiträume 2023 Ihr Kontakt gierung vom 02.11.2022 wird der und 2024. RA/StB Dr. Martin Einkommensteuertarif zur Anpas- Bartelt, München, sung an die derzeitigen Inflations- Der Bundesrat hat dem Gesetz am martin.bartelt@ 25.11.2022 zugestimmt. wts.de d | Ukraine-Hilfe – Aktueller Stand zu den untergesetzlichen Maßnahmen des BMF und der obersten Länderfinanzbehörden | Autor: RA/StB Dr. Martin Bartelt, München Kürzlich haben das BMF und die obers- gung von Kriegsflüchtlingen aus ten Finanzbehörden der Länder unter- der Ukraine durch Vermietungsge- gesetzliche Maßnahmen zur Ukraine- nossenschaften und Vermietungs- Hilfe verlängert bzw. neu gefasst: vereine im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG mit BMF-Schreiben BMF vom 17.11.2022 › Mit BMF-Schreiben vom 17.11.2022 vom 11.11.2022 bis zum 31.12.2023 hat die Finanzverwaltung den verlängert. Anwendungszeitraum für das BMF- Schreiben vom 17.03.2022 zu steu- › Außerdem wurden gleich lautende Gleich lautende erlichen Maßnahmen zur Unterstüt- Erlasse der obersten Finanzbehör- Ländererlasse vom 11.11.2022 zung der vom Krieg in der Ukraine den der Länder vom 11.11.2022 zu Geschädigten, das v. a. die Themen Billigkeitsmaßnahmen im Zusam- Spenden und Unterbringung von menhang mit der Unterbringung geflüchteten Menschen behandelt von Kriegsflüchtlingen aus der (vgl. WTS Journal 02/2022), und Ukraine bei der Anwendung der dessen Ergänzung mit BMF-Schrei- erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 ben vom 07.06.2022 zu lohnsteuer- Satz 2 ff. GewStG veröffentlicht. lichen Aspekten (vgl. WTS Journal Ob die entgeltliche Überlassung 03/2022), bis zum 31.12.2023 von möbliertem Wohnraum an verlängert. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Ihr Kontakt den Tatbestand der Gewerblichkeit RA/StB Dr. Martin BMF vom 11.11.2022 › Weiterhin wurde auch der Anwen- erfüllt, wird demnach aus Billig- Bartelt, München, dungszeitraum für das BMF-Schrei- keitsgründen für Einnahmen bis zum martin.bartelt@ ben vom 31.03.2022 zur Unterbrin- 31.12.2023 nicht geprüft. wts.de 12 wts journal | # 5 | Dezember 2022
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TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern 1a | Anwendungsschreiben zum Wechsel zur Einlagelösung nach § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. des KöMoG | Autorin: StBin Evelyn Hollender, Erlangen wenige Punkte angepasst bzw. ergänzt. Key Facts Die wichtigsten Änderungen werden im Folgenden kurz skizziert: › Die Finanzverwaltung hat das finale Anwendungsschreiben zum In Rz. 1 wird hinsichtlich der erstmali- Abweichende Wirt- Wechsel zur sog. Einlagelösung gen zeitlichen Anwendung der Einlage- schaftsjahre bei Organ- träger und Organgesell- nach § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. des lösung nach § 14 Abs. 4 KStG (KöMoG) schaft KöMoG bei der ertragsteuerlichen nunmehr auch der Fall voneinander Organschaft veröffentlicht. abweichender Wirtschaftsjahre bei › Es enthält im Vergleich zum Organträger und Organgesellschaft Entwurfsstand von Mitte April nur erörtert. Dabei sei darauf abzustellen, wenige Anpassungen. ob die Minder- oder Mehrabführungen bei der Organgesellschaft noch der Regelung des § 14 Abs. 4 KStG a. F. KöMoG vom 25.06.2021 Mit dem Gesetz zur Modernisierung (§ 34 Abs. 6e Satz 6 KStG) unterliegen. des Körperschaftsteuerrechts vom In diesem Fall seien die Ausgleichs- 25.06.2021 (KöMoG) wurde – in Bezug posten erst zum Schluss des darauffol- auf die ertragsteuerliche Organschaft genden Wirtschaftsjahres aufzulösen; – ein Wechsel der bisherigen Behand- auch eine etwaige Rücklage sei sodann lung von Minder- und Mehrabführungen entsprechend später zu bilden (Rz. 14). vollzogen und die Bildung steuerli- cher Ausgleichsposten durch die sog. Hinsichtlich der Zulässigkeit einer Beteiligungsbezogene Einlagelösung ersetzt (vgl. hierzu WTS beteiligungsbezogenen Saldierung der Saldierung von Minder- und Mehrabführungen Journal 02/2021 und 03/2021). Min- Minder- und Mehrabführungen beim beim Organträger derabführungen der Organgesellschaft, Organträger wurde in Rz. 6 des fina- die ihre Ursache in organschaftlicher len BMF-Schreibens eine klarstellende Zeit haben, sind als Einlage durch den Ergänzung vorgenommen, wonach Organträger in die Organgesellschaft Mehrabführungen den Beteiligungs- zu behandeln (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG buchwert in einem Wirtschaftsjahr erst n. F.). Entsprechende Mehrabführungen dann mindern, wenn die sich aus den der Organgesellschaft gelten als Einla- Minderabführungen resultierenden genrückgewähr der Organgesellschaft Erhöhungen des Beteiligungsbuchwerts an den Organträger (§ 14 Abs. 4 Satz 2 im gleichen Wirtschaftsjahr berücksich- KStG n. F.). Die Einlagelösung führt tigt wurden. demnach unmittelbar zu einer Erhöhung bzw. Minderung des Beteiligungsansat- Neu aufgenommen wurden in Rz. 10 Besonderheiten bei zes in der Steuerbilanz des Organträ- Ausführungen zur Abbildung des Betei- einer Personengesell- schaft als Organträgerin gers. Einlage und Einlagenrückgewähr ligungsbuchwerts an der Organgesell- sind dabei nicht auf das Verhältnis der schaft bei einer Personengesellschaft Beteiligung des Organträgers am Nenn- als Organträgerin. Danach sei der dem kapital der Organgesellschaft begrenzt. einzelnen Mitunternehmer zuzurech- nende Beteiligungsbuchwert aus dem BMF-Entwurf vom Das BMF hatte am 14.04.2022 den Ent- anteiligen Buchwert in der Gesamt- 14.04.2022 wurf eines Anwendungsschreibens zum handsbilanz zuzüglich bzw. abzüglich Wechsel zur Einlagelösung nach § 14 etwaiger Mehr- oder Minderbuchwerte Abs. 4 KStG (KöMoG) herausgegeben aus den jeweiligen Ergänzungsbilanzen (vgl. hierzu WTS Journal 02/2022). zu ermitteln. Die Minder- und Mehrab- führungen seien dabei nach dem allge- BMF vom 29.09.2022 Am 29.09.2022 wurde nun das fina- meinen Gewinnverteilungsschlüssel zu le BMF-Schreiben veröffentlicht. Die verteilen. Finanzverwaltung hat darin wichtige Aussagen zu ihrer Sichtweise zu Zwei- Während im BMF-Entwurf in Rz. 16 noch Rücklagenbildung felsfragen im Zusammenhang mit dem geregelt war, dass die Bildung einer auch bei abweichen- den Wirtschaftsjahren Wechsel von der Ausgleichsposten- hin Rücklage auch möglich ist, wenn das von Organträger und zur Einlagelösung veröffentlicht. Im Ver- Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft Organgesellschaft gleich zum Entwurfsstand wurden nur zum 31.12. endet, das Wirtschaftsjahr 14 wts journal | # 5 | Dezember 2022
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern des Organträgers hingegen später, der Rücklage unabhängig vom Fortbe- bestimmt nunmehr die weiter gefasste stand der Organschaft zu erfolgen hat. Regelung der Rz. 17 im finalen BMF- Schreiben, dass eine Rücklage auch Der in Rz. 26 des BMF-Entwurfs noch dann gebildet werden kann, wenn das enthaltene Hinweis auf das BMF-Schrei- Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft ben vom 26.08.2003 zur körperschaft- von dem des Organträgers abweicht. und gewerbesteuerlichen Organschaft im Hinblick auf die Behandlung des Beispiel zur Auflösung In Rz. 21 des finalen BMF-Schreibens steuerlichen Einlagekontos bei organ- der Rücklage bei antei- wurden ergänzende Erläuterungen und schaftlichen Minder- und Mehrabführun- liger Veräußerung ein neues Zahlenbeispiel zur anteiligen gen ist entfallen. Auflösung der Rücklage aufgenom- men. Dabei wird der Fall behandelt, Die Ausführungen zur mittelbaren Or- Weitere Fallkonstel- in welchem mehrere mittelbare Betei- ganschaft wurden gegenüber dem BMF- lation bei mittelbarer Organschaft ligungen oder eine unmittelbare und Entwurf am umfangreichsten angepasst. eine oder mehrere mittelbare Beteili- Es wurde u.a. in Rz. 27 eine zusätzliche gungen bestehen. Für die Bestimmung Fallkonstellation der mittelbaren Organ- des aufzulösenden Anteils der Rücklage schaft aufgenommen, die danach auch sei auf das Verhältnis des veräußerten dann vorliegt, wenn sich die finanzielle Anteils an den gesamten Stimmrechten Eingliederung der Organgesellschaft in der Organgesellschaft (mittelbar zzgl. den Organträger durch die mittelbare unmittelbar) abzustellen. Als Beispiel für Beteiligung über eine Zwischenge- einen Vorgang, der einer vollständigen sellschaft ergibt und darüber hinaus Veräußerung gleichgestellt ist, wurde noch eine unmittelbare Beteiligung des Ihr Kontakt die Übertragung in ein Sonderbetriebs- Organträgers an der Organgesellschaft StBin Diana vermögen neu aufgenommen. Zudem besteht. Diese Fallvariante wird in Rz. Driemel, Erlangen, wurde klargestellt, dass die Auflösung 35 des finalen Schreibens durch ein diana.driemel@ Zahlenbeispiel näher erläutert. wts.de wts journal | # 5 | Dezember 2022 15
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern 1b | Kein steuerlich wirksamer rückwirkender Formwechsel, wenn bei Beschlussfassung die Einbringungsvoraussetzungen nicht vorliegen | Autoren: RA/StB Dr. Klaus Dumser und StB Christian Schöler, beide Nürnberg schiedsbetrag sei aufzulösen, weil die Key Facts GbR als Gesellschafterin aus der GmbH & Co. KG ausgeschieden sei. Aufgrund › Soll eine Personengesellschaft der Umwandlung in eine Kapitalgesell- steuerlich (rückwirkend) nach schaft sei eine spätere Versteuerung §§ 25 Satz 1, 20 UmwStG in eine des Unterschiedsbetrags nicht mehr Kapitalgesellschaft formgewech- gesichert. selt werden, muss im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Im Rahmen des sich anschließenden Formwechsel eine Mitunterneh- Einspruchs- und Klageverfahrens vor merschaft vorliegen. dem Finanzgericht wurde vorgetra- › Eine rein vermögensverwaltende gen, dass die durch den Formwechsel Personengesellschaft erfüllt den entstandene GmbH als Rechtsnachfol- Einbringungstatbestand nach § 20 gerin in die steuerrechtliche Position Abs. 1 UmwStG nicht. der Rechtsvorgängerin umfassend eingerückt sei. Es liege daher kein Ausscheiden eines Gesellschafters BFH vom 21.02.2022 Mit Urteil vom 21.02.2022 hat der aus der GmbH & Co. KG, sondern ein (AZ: I R 13/19) BFH entschieden, dass kein steuerlich identitätswahrender Formwechsel vor. wirksamer und damit rückwirkender Dementsprechend komme auch eine Formwechsel einer Personen- in eine Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 Kapitalgesellschaft nach §§ 25 Satz 1, EStG nicht in Betracht. 20 UmwStG vorliegt, wenn die übertra- gende (Personen-) Gesellschaft zuvor Der BFH konnte jedoch die Rechtsfrage, Entscheidung ihren Gewerbebetrieb i.S.v. § 16 Abs. 1 ob auch eine formwechselnde Um- S. 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG veräußert hat. wandlung einer Personen- in eine Kapi- talgesellschaft den Tatbestand des § 5a Urteilsfall Kläger waren Gesellschafter einer GbR, Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG auslöst, offen die durch Handelsregistereintragung lassen. Nach Auffassung des BFH lagen am 17.12.2012 zur OHG wurde. Die nämlich zum Zeitpunkt des Beschlusses Gesellschafterversammlung der OHG über den rückwirkenden Formwechsel hatte am 25.01.2013 den Beschluss ge- die notwendigen Tatbestandsvoraus- fasst, die Gesellschaft rückwirkend zum setzungen der §§ 25 Satz 1, 20 UmwStG 18.12.2012 in eine GmbH nach §§ 190 ff. schon gar nicht vor. Der Formwechsel UmwG umzuwandeln. Das Stammkapital wurde also steuerlich im Streitjahr gar der GmbH wurde durch Umwandlung nicht wirksam. der OHG im Wege eines Formwechsels nach §§ 190 ff. des UmwG erbracht. Der BFH führt insoweit aus, dass an Handelsrechtlich nur einem Formwechsel zwar an sich nur ein Rechtsträger am Formwechsel beteiligt Die einzige Tätigkeit der OHG war das ein Rechtsträger beteiligt ist, der sein Halten einer Kommanditbeteiligung an „Rechtskleid“ wechselt. Es kommt einer GmbH & Co. KG. Deren Unter- also handelsrechtlich weder zu einer nehmensgegenstand war der Erwerb, Gesamtrechtsnachfolge eines Rechts- der Betrieb und die Veräußerung von trägers in das Vermögen eines anderen Seeschiffen. Sie ermittelte ihren Ge- Rechtsträgers noch zu einer Übertra- winn nach § 5a EStG. Mit Wirkung zum gung einzelner Vermögensgegenstän- 02.01.2013 wurde die Beteiligung an de. Gleichwohl wird steuerrechtlich der GmbH & Co. KG veräußert. durch den Verweis in § 25 Satz 1 UmwStG auf die §§ 20 bis 23 UmwStG Streitgegenstand Auf Basis dieses Sachverhalts erließ das eine Vermögensübertragung fingiert. Finanzamt einen Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2012. Darin rechnete Gegenstand der Übertragung sind die Steuerlich wird Ver- das Finanzamt der GbR u.a. den für jeweiligen Mitunternehmeranteile der mögensübertragung fingiert sie festgestellten anteiligen Unter- Einbringenden. Dementsprechend muss schiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 Satz 1 im Zeitpunkt der tatsächlichen Einbrin- EStG dem Gewinn hinzu. Dieser Unter- gung der Mitunternehmeranteile, hier 16 wts journal | # 5 | Dezember 2022
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern also im Zeitpunkt des Beschlusses über Abs. 1 UmwStG jedoch nicht. Folglich den Formwechsel am 25.01.2013, eine war der Formwechsel steuerlich im Mitunternehmerschaft vorliegen, die Streitjahr nicht wirksam geworden. formgewechselt werden soll. Die form- zuwechselnde Personengesellschaft Soll im Rahmen einer Umstrukturie- Praxishinweis muss also einen gemeinsamen Betrieb rung eine Personengesellschaft in eine i.S.d. §§ 13, 15 oder 18 EStG zum Ge- Kapitalgesellschaft formgewechselt genstand haben oder aber i.S.d. § 15 werden und sollen steuerlich die §§ 25 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt Satz 1, 20 UmwStG zur Anwendung sein. kommen, ist darauf zu achten, dass die Personengesellschaft im Zeitpunkt der Vermögensverwaltende Dies war jedoch vorliegend nicht der Beschlussfassung über den Formwech- Personengesellschaft Fall. Die OHG hatte bereits zuvor, näm- sel eine Mitunternehmerschaft ist. Sie kann steuerlich nicht formgewechselt lich zum 02.01.2013, das wirtschaftliche muss also - sofern keine gewerbliche werden Eigentum an ihrer einzigen wesentli- Prägung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG chen Betriebsgrundlage und damit ih- vorliegt - einen Betrieb i.S.d. §§ 13, 15 ren ganzen Gewerbebetrieb i.S.d. § 16 oder 18 EStG zum Gegenstand haben. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG veräußert. Andernfalls kann ein steuerlich wirksa- Ihr Kontakt Es handelte sich also bei der OHG nun- mer rückwirkender Formwechsel wegen RA/StB Dr. Klaus mehr um eine vermögensverwaltende der Verweisung des § 25 Satz 1 Umw Dumser, Nürnberg, Personengesellschaft. Diese erfüllt den StG auf § 20 UmwStG nicht angenom- klaus.dumser@ Einbringungstatbestand nach § 20 men werden. wts.de 1c | Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG | Autoren: StB Bernhard Brock und Alexandra Fleitz, beide München vestitionsgut, insbesondere Grund und Key Facts Boden oder Gebäude, überträgt, kann er im Jahr der Veräußerung eine den › Gewinnzuschlag gem. § 6b Abs. 7 steuerlichen Gewinn mindernde Rückla- EStG bewirkt Ausgleich für einge- ge gem. § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG bilden. tretenen Zinsvorteil und dient der Erfolgt innerhalb der einschlägigen Missbrauchsvermeidung. Reinvestitionsfrist keine Neuanschaf- › Willensentscheidung des Steuer- fung, ist die gebildete Rücklage gem. pflichtigen als Ausgangspunkt. § 6b Abs. 7 EStG gewinnerhöhend › Wertungen des Bundesverfas- aufzulösen. Dabei fällt gem. § 6b Abs. 7 sungsgerichts zu Nachzahlungs- EStG in dem Jahr, in dem die Rücklage zinsen nach § 233a AO sind nicht aufgelöst wird, für jedes volle Wirt- auf den Gewinnzuschlag nach § 6b schaftsjahr, in dem die Rücklage bestan- Gewinnzuschlag gem. Abs. 7 EStG übertragbar. den hat, ein Gewinnzuschlag i. H. v. 6 % § 6b Abs. 7 EStG des aufgelösten Rücklagebetrags an. FG Münster Die Kläger wenden sich in dem vom FG Das FG Münster stellt fest, dass der Ge- Verfassungsrechtlich vom 24.08.2022 Münster entschiedenen Streitfall gegen winnzuschlag i.H.v. 6 % gem. § 6b Abs. relevante Ungleich (AZ: 7 K 3764/19 E) behandlung die gem. § 6b Abs. 7 EStG festgesetz- 7 EStG zu einer verfassungsrechtlich ten Gewinnzuschläge für die Veranla- relevanten Ungleichbehandlung führt, gungszeiträume 2015 bis 2017, da diese da dieser höher ist als die Zinssätze für in Bezug auf die Erwägungen des BFH Unternehmenskredite, welche für die zur Verfassungswidrigkeit der Vollver- Streitjahre 2015 bis 2017 zwischen zinsung nach §§ 233a, 238 AO, welche 2,54 % und 3,09 % lagen. auf § 6b Abs. 7 EStG übertragbar seien, verfassungswidrig seien. Gemessen am allgemeinen Gleichheits- Sachliche Rechtfer- grundsatz erweist sich nach Auffassung tigungsgründe für Ungleichbehandlung Urteilsfall Soweit der Steuerpflichtige den Gewinn des FG Münster diese Ungleichbehand- aus der Veräußerung von bestimmten lung aber als verfassungsgemäß, da Wirtschaftsgütern seines Anlagevermö- § 6b Abs. 7 EStG einen über den Zweck gens, insbesondere Grund und Boden, der Einnahmeerzielung hinausgehen- nicht im Veräußerungsjahr auf ein Rein- den, besonderen sachlichen Rechtfer- wts journal | # 5 | Dezember 2022 17
TAX LEGAL ADVISORY DIGITAL 1 Ertragsteuern tigungsgrund aufweise. So diene § 6b vorteile erzielen. Insbesondere kann er Abs. 7 EStG zum einen dem Ausgleich – wie der Streitfall exemplarisch zeigt einer faktischen Steuerstundung, die – den Veräußerungsgewinn durch die dadurch entsteht, dass sich der betref- sukzessive Auflösung der Rücklage auf fende Veräußerungsgewinn steuerlich mehrere Wirtschaftsjahre verteilen und nicht im Wirtschaftsjahr seines Entste- so in besonderem Maße seine Progres- hens, sondern erst in den Folgejahren sion senken. auswirkt. Zum anderen soll der Gewinn- zuschlag der missbräuchlichen Inan- Schließlich hebt das FG Münster hervor, Willensentscheidung spruchnahme einer Rücklagenbildung dass sich der Steuerpflichtige durch die des Steuerpflichtigen zur Bildung der entgegenwirken. Rücklagenbildung bewusst dem Risiko Rücklage aussetzt, in späteren Veranlagungszeit- Renditeerwartung als Hinsichtlich der Höhe des Gewinnzu- räumen Gewinnzuschläge versteuern zu Anknüpfungspunkt für schlags hat sich der Gesetzgeber nicht müssen, falls keine Reinvestition erfolgt, die Höhe nur an der Höhe der Kreditzinsen, son- so dass dem Gewinnzuschlag eine Wil- dern auch an der Höhe der Renditeer- lensentscheidung des Steuerpflichtigen wartungen der betroffenen Unterneh- zugrunde liegt. men orientiert. Diese beträgt nach den Feststellungen des Finanzgerichts 2012 Damit können die Wertungen, welche bis 2017 zwischen 7,13 % und 7,50 % das BVerfG für die verfassungsrechtli- und liegt damit über dem Gewinnzu- che Prüfung der vom Steuerpflichtigen schlag. Auch führt der Gewinnzuschlag nicht zu beeinflussenden Nachzah- von 6 % nur dann zu einer Verzinsung lungszinsen nach § 233a AO – anders der „gestundeten“ Steuer von 6 %, als Stundungs-, Hinterziehungs- und wenn für den Steuerpflichtigen im Wirt- Aussetzungszinsen, die auch auf einer schaftsjahr der Rücklagenbildung und Willensentscheidung des Steuerpflichti- im Wirtschaftsjahr der Rücklagenauflö- gen beruhen – herangezogen hat, nicht sung derselbe individuelle Steuersatz auf den Gewinnzuschlag nach § 6b gilt. Gilt für das Bildungsjahr ein höherer Abs. 7 EStG übertragen werden. Ihr Kontakt Steuersatz, so führt der Gewinnzuschlag StB Bernhard zu einer „Verzinsung“ von unter 6 %. Das FG Münster hat die Revision zuge- Brock, München, Damit kann der Steuerpflichtige durch lassen. Ob diese eingelegt wurde, ist bernhard.brock@ die Rücklagenbildung Progressions- bisher nicht bekannt. wts.de 1d | Abfärbung von Verlusten aus gewerblicher Tätigkeit auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit einer GbR | Autoren: StB Bernhard Brock und StBin Valerie Widow, beide München Mit Urteil vom 30.06.2022 hat sich der BFH vom 30.06.2022 BFH mit der Frage befasst, ob Verluste (AZ: IV R 42/19) Key Facts aus einer gewerblichen Tätigkeit bei › Verluste aus einer gewerblichen Überschreiten der sog. Bagatellgrenze Tätigkeit stehen bei Überschrei- zu einer Umqualifizierung der im Übri- ten der sog. Bagatellgrenze der gen vermögensverwaltenden Tätigkeit Umqualifizierung der im Übrigen einer GbR führen. vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR nicht entgegen. Im Streitfall hat die Klägerin, eine Urteilsfall › Hintergrund dieser Rechtspre- vermögensverwaltende Gesellschaft chungsänderung des BFH ist die bürgerlichen Rechts (GbR), auf einem rückwirkende Gesetzesänderung von ihr vermieteten Grundstück eine in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alt. 1 Photovoltaikanlage errichten lassen, EStG. aus deren Betrieb sie zunächst Ver- › Der BFH erachtet die rückwirken- luste erwirtschaftete. Dem Finanzamt de Geltung der gesetzlichen Neu- gegenüber erklärte sie für das Streitjahr regelung als verfassungsgemäß. 2012 Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sowie gewerbliche 18 wts journal | # 5 | Dezember 2022
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