Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen

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Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
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                                                        Siedlungsqualität
                                                               bei innerer
                                                              Verdichtung

Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
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                                                                              7

                                                                                              5
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1 Stettbach 2 Schwamendingen 3 Hirzenbach 4 Allmend 5 Zwicky-Areal 6 Wallisellen 7 Richti

                                                                           Wallisellen

   Zürich
                                                                                                               Dübendorf

  RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Bahnhof Stettbach. Begrüssung und Einführung                                           1

     SAFARI
     Die Verdichtung und Weiterentwicklung in Bestandsgebieten sind die grossen Heraus-
     forderungen für die Planung der nächsten Jahre. Dabei Siedlungsqualität zu schaffen, ist
     eine Frage der Planungs- und Baukultur: Mit dieser Einsicht fand der RZU-Erfahrungs-
     austauschprozess zur «Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung» seinen Abschluss. Ein
     Jahr danach greift die RZU das Thema nochmals auf und thematisiert auf einem Rund-
     gang durch das Grenzgebiet zwischen Zürich, Dübendorf und Wallisellen verschiedene
     Aspekte der Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung.

     SIEDLUNGSQUALITÄT
     Siedlungsqualität ist keine absolute Grösse. Sie zeigt sich vielmehr in konkreten Aspek-
     ten, die bei der Bestimmung der bestehenden sowie Formulierung der angestrebten
     Siedlungsqualität in einem konkreten Raum als relevant erachtet werden. Somit lässt
     sich «hohe Siedlungsqualität» an einem guten Verhältnis zwischen den angestrebten und
     den faktisch geschaffenen Qualitäten ablesen.

     EINE FRAGE DER PLANUNGS- UND BAUKULTUR
     Das Schaffen von Siedlungsqualität im Zuge von Verdichtung und Weiterentwicklung in
     Bestandsgebieten erfordert neue Formen der Planung und Verhandlung, da Planungs-
     prozesse mit zunehmender Offenheit konfrontiert ist. Dies zeigt sich nicht zuletzt in
     der Zunahme der von Planungsvorhaben im Bestand betroffenen Akteure und den da-
     durch entstehenden vielfältigeren Abhängigkeiten, die berücksichtigt werden müssen.
     Die planerische Praxis muss sich diesem Wandel entsprechend anpassen. Etablierte
     Instrumente und Handlungsweisen müssen der gestiegenen Komplexität der neuartigen
     Prozesse ergänzt und angepasst werden.

RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Schwamendingen. Ein Leitbild begleitet die Transformation eines Wohnstadtteils                                                              2

  Überbauungsplan von A.H. Steiner von 1948                                                                Stadt Zürich veröffentlichte das Leitbild in 2005

  Den heute noch prägenden baulich-räumlichen                             ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT
  Charakter von Schwamendingen bildet der                                 UND PLANUNGSKULTUR
  an das Stadtentwicklungskonzept angelehnte                              • Bebauungsstruktur, Strassen- und Freiräume, Verkehr
  Überbauungsplan von A.H. Steiner von 1948.                                und Erschliessung, Nutzungsstruktur, soziokulturelle
  Wesentliches Merkmal ist die charakteristische,                           Aspekte, Denkmalschutz
  stark durchgrünte Bebauungsstruktur.                                    • Leitbildprozess unter Einbezug von Schlüsselakteuren

  Das durch die Stadt Zürich 2005 erarbeite-
  te «städtebauliche Leitbild Schwamendingen»
  nimmt starken Bezug auf diese historische
  Grundlage und bildet den Orientierungsrahmen
  für die sukzessive Erneuerung und Verdichtung
  hinsichtlich der charakteristischen Qualitäten.
  Im Leitbild werden insbesondere baulich-räumli-
  che Anforderungen für die künftige Entwicklung
  formuliert. Diese dienen als Grundlage für die
  Erarbeitung von konkreten Vorhaben und das
  Leitbild als Ganzes als «ergänzendes Instrument
  der BZO».

  Die für unterschiedliche Teilgebiete formulierten
  Qualitäten sind das Resultat einer differenzier-
  ten Analyse, die in einem Workshopverfahren zu
  einem Leitbildentwurf verdichtet wurden. Dieser
  wurde mit Schlüsselakteuren aus dem Quartier
  (Wohnbauträgerschaften, Quartierinstitutionen
  und –politiker) weiter entwickelt und plausibili-
  siert.

                                                                          Qualifizierung von Siedlungscharakter, Denkmalschutz und Freiraumqualitäten

RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Hirzenbach. Anpassung an sich wandelnde Bedürfnisse in historischer Bebauungsstruktur                                                               3

                                                                                          Hirzenbach als westlicher Teil Schwamendingens
                                                                                          wurde Ende der 1950er Jahren von A. Wasserfal-
                                                                                          len als städtebauliche Einheit auf einem streng
                                                                                          rechtwinkligen Raster geplant. Er hebt sich des-
                                                                                          halb stark vom restlichen Bebauungsmuster
                                                                                          Schwamendingens ab. Was Hirzenbach und den
                                                                                          Plan von A.H. Steiner verbindet ist der Grünraum,
                                                                                          der hier zwischen den vielgeschossigen Wohn-
                                                                                          blöcken fliesst.

                                                                                          Die beiden Erweiterungsbauten der Primarschule
                                                                                          Hirzenbach sowie der Ersatzneubau des Wohn-
                                                                                          hochhauses von Boltshauser Architekten stehen
                                                                                          stellvertretend für eine städtebaulich sensible
                                                                                          Verdichtung der historisch markanten Bebau-
                                                                                          ungsstruktur vor dem Hintergrund sich wandeln-
                                                                                          der Bedürfnisse und Nutzungsansprüche.

                                                                                          Die Schulhauserweiterung führte zu einer Ver-
                                                                                          dichtung, ohne dass die für den Ort prägenden
                                                                                          Freiraumqualitäten in Frage gestellt worden sind.
                                                                                          Gleichzeitig fügen sich die Neubauten in die cha-
                                                                                          rakteristische orthogonale Bebauungsstruktur
                                                                                          ein und schreiben damit die bauliche Geschichte
                                                                                          des Ortes fort.

                                                                                          Das Wohnhochhaus mit dem vorgelagerten
                                                                                          Flachbau nimmt ebenfalls klaren Bezug auf sei-
                                                                                          nen städtebaulichen Kontext und die ursprüng-
                                                                                          liche Bebauung. Allerdings eröffnet der Umzug
                                                                                          von Coop und Apotheke in den Neubau die Fra-
  Gesamtplanung und Koordination durch Adolf Wasserfallen 1955 - 1961                     ge, wie bestehende Bauten den sich wandelnden
                                                                                          Bedürfnissen angepasst werden können. Zwar
                                                                                          wurden die veränderten wirtschaftlichen Bedin-
                                                                                          gungen im Neubau befriedigt, wie in diesem Falle
                                                                                          die räumlichen und betrieblichen Anforderungen
                                                                                          des Einzelhandels sowie die heutigen Ansprüche
                                                                                          an Wohnungsgrundriss und Ausstattung. Die ge-
                                                                                          genüberliegenden alten Flachbauten hingegen
                                                                                          werden den heutigen Bedürfnissen nicht mehr
                                                                                          gerecht und stehen daher teilweise leer bzw. wer-
                                                                                          den (notdürftig) zwischengenutzt. Wie ist mit sol-
                                                                                          chen aus der ursprünglichen Nutzung gefallenen,
                                                                                          für den Ort und seine gewachsene Identität aber
                                                                                          städtebaulich prägenden Bauten umzugehen?

                                                                                          ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT
                                                                                          UND PLANUNGSKULTUR
                                                                                          • Möglichkeiten der Bestandsanpassung an
  Luftaufnahme aus dem Jahr 1959 (Bild: WERK 5/1961)
                                                                                            sich wandelnde Bedürfnisse
                                                                                          • (städtebaulicher) Denkmalschutz
                                                                                          • soziale und Versorgungsinfrastruktur

RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Allmend. Grenzübergreifende Planung in verdichteten Agglomerationsräumen I                                                       4

  Städte und Ortschaften wachsen seit längerem vieler-
  orts zu einem funktional verflochtenen zusammenhän-
  genden Siedlungsraum zusammen. Gleichzeitig fällt
  stellenweise auf, dass sich angrenzende Siedlungsge-
  biete sowohl funktional als auch gestalterisch «den Rü-
  cken» zuwenden. Gebiete und Areale in Grenzräumen
  stellen aufgrund unterschiedlicher administrativer Zu-
  ständigkeiten oder komplexer Eigentümerverhältnisse
  für die qualitätsvolle Weiterentwicklung eine grössere
  Herausforderung dar. Dies gilt auch für die Erfassung
  der bestehenden und die Bestimmung der angestreb-
  ten Qualitäten, wenn die betroffenen Gemeinden ihre
  Entwicklungsvorstellungen miteinander abstimmen und
  eine gemeinsame Haltung entwickeln müssen. Situa-
  tionen dieser Art lassen sich im RZU-Gebiet vielerorts
  feststellen (u.a. Glattpark-Leutschenbach, Dietikon-
  Weinigen-Geroldswil, Schlieren-Unterengstringen).

  Für den Raum Hochbord/Stettbach gilt, dass die All-
  mend administrativ zur Gemeinde Dübendorf gehört,
  sich jedoch im Eigentum der Stadt Zürich befindet. Die
  BZO von Dübendorf weist die Fläche als Zone für öffent-
  liche Bauten (Oe) aus. Das Freiraumgerüst des Leitbilds
  Schwamendingen hingegen, bezeichnet die Fläche als
  «aufzuwertender Freiraum».                                                         Allmend als «Zone für öffentliche Bauten» in der BZO Dübendorfs

                                                                                     Entwicklungen im angrenzenden Gebiet «Hochbord»

  Im Freiraumgesrüst Schwamendingen als «aufzuwertender Freiraum»

  ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT
  UND PLANUNGSKULTUR
  • grenzübergreifende Planung
  • erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen
    Planungsebenen, Instrumenten und
    Akteuren
  • Definition geeigneter Formate für die
    Zusammenarbeit
                                                                                     Allmend innerhalb der «Zentrumszone von kantonaler Bedeutung» im KRP

RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Zwicky-Areal. Grenzübergreifende Planung in verdichteten Agglomerationsräumen II                                                            5

Gemeindegrenze (schwarz) übergreifender, 2011 revidierter privater Gestaltungsplan (ZANONI Architekten)

                                                                                          Das Zwicky-Areal liegt zur einen Hälfte auf Walli-
                                                                                          seller und zur anderen auf Dübendorfer Boden (s.
                                                                                          oben). Der Grünraum und vor allem die Autobahn
                                                                                          trennen das gesamte Areal deutlich vom übri-
                                                                                          gen Teil der Stadt Wallisellen ab (s. unten links).
                                                                                          Dieser Umstand wirft auch Fragen bezüglich des
                                                                                          Alltagslebens der neuen BewohnerInnen auf: Zu
                                                                                          welcher Gemeinde orientieren sie sich? Welche
                                                                                          Postleitzahl hat das Gebiet? Wo gehen die Kinder
                                                                                          zu Schule? Zur Klärung dieser Fragen müssen die
Revidierter PGP im Modell (ZANONI Architekten)                                            beiden Gemeinden kontinuierlich zusammen ar-
                                                                                          beiten. Im Gegensatz zum Gebiet Hochbord wer-
                                                                                          den die entstehenden und geplanten Projekte im
                                                                                          und um das Zwicky-Areal mit der bestehenden
                                                                                          Siedlungsstruktur von Dübendorf städtebaulich
                                                                                          verbunden.

                                                                                          ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT
                                                                                          UND PLANUNGSKULTUR
                                                                                          • grenzübergreifende Planung
                                                                                          • erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen
                                                                                            Planungsebenen, Instrumenten und
                                                                                            Akteuren
                                                                                          • Definition geeigneter Formate für die
                                                                                            Zusammenarbeit

RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Wallisellen. Strategische und konzeptionelle Überlegungen zur Gemeindeentwicklung                                                            6

  Wichtige Weichenstellungen für die Entwicklung Walli-                                   Derartigen konzeptionellen Vorstellungen über
  sellens wurden mit der BZO von 1993 vorgenommen. Mit                                    die angestrebte Gemeindeentwicklung geht eine
  der Teilrevision im Jahr 2012 wurden die Grundsätze zur                                 Qualifizierung der bestehenden Situation voraus.
  Entwicklung der Teilgebiete präzisiert. Übergeordnete Ziele                             Die Auseinandersetzung mit den spezifischen
  sind die massvolle Verdichtung in den bestehenden Wohn-                                 Charakteristiken der Teilgebiete verschafft einer
  zonen am Hang, höhere Dichten im Bahnhofumfeld sowie                                    Gemeinde ein besseres Bewusstsein über ihre
  eine intensive Nutzungsdurchmischung und Verdichtung                                    Stärken und identitätsbildenden Qualitäten. Eine
  in den Arbeitsplatzgebieten. Ein Freiraumkonzept nimmt                                  Entwicklungsstrategie oder ein Stadtentwick-
  die landschaftlichen Qualitäten in den Fokus und formu-                                 lungskonzept bieten zum einen Orientierung und
  liert Potenziale zur Weiterentwicklung.                                                 zum anderen ermöglichen sie es, sich bei der
                                                                                          späteren Entwicklung konkreter Massnahmen
                                                                                          und Projekte darauf zu beziehen.

                                                                                          Der übergeordnete Massstab und die dabei ge-
                                                                                          wählte «grobkörnige» Charakterisierung von Teil-
                                                                                          räumen lassen Interpretationsspielräume zu,
                                                                                          während sie gleichzeitig auch der Gesamtent-
                                                                                          wicklung eine Richtung vorgeben, von der weder
                                                                                          ohne begründeten Anlass noch massiv abgewi-
                                                                                          chen werden kann.

                                                                                          ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT
                                                                                          UND PLANUNGSKULTUR
                                                                                          • Qualifizierung des Bestands als Basis für
                                                                                            Entwicklungsvorstellungen
                                                                                          • strategische/konzeptionelle Ebene als
                                                                                            Orientierungs- und Diskussionsgrundlage
  Grobe Strukturierung in „Zonen“ im Rahmen der BZO-Teilrevision 2012

                                                                                                                                 Freiraumkonzept von
                                                                                                                                 Feddersen & Kloster-
                                                                                                                                 mann zusammen mit
                                                                                                                                 Brühlmann Loetscher
                                                                                                                                 Architekten ETH SIA
                                                                                                                                 aus dem Jahr 2013

RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Quartierbüro Richti-Areal. Vertiefende Inputs, Diskussion und Abschluss                                                          7

     QUARTIERFÖRDERUNG - UND ENTWICKLUNG WALLISELLEN
     Das Quartierbüro im Richti-Areal fungiert als zentrale Anlaufstelle mit regelmässigen
     Öffnungszeiten. Es dient als Treffpunkt, Austauschort, Informations- und Koordinations-
     stelle. Hinsichtlich der Siedlungsqualität verweist das Angebot der Quartierföderung auf
     soziale Belange, die im Kontext eines Neubau-Quartiers eine hohe Bedeutung besitzen.
     Im ersten Schritt geht es um die Integration und Vergemeinschaftung einer neuen Nach-
     barschaft. Darüber hinaus hat das Büro auch die Aufgabe, Brücken zu schlagen und
     zwischen den neuen Zuzüglern und den Alteingesessenen aus dem restlichen Teil der
     Gemeinde zu vernetzen.

     VERTIEFENDE INPUTS

     Dieter Zumsteg:
     Arealentwicklung in Schwamendingen - Planungsprozess und Akteurskonstellationen

     Reto Lorenzi:
     Einblicke in die Planung der Grenzräume Allmend Stettbach und Zwicky-Areal

     Reto Wild:
     Wechselwirkungen von übergeordneten Vorstellungen und baulicher Entwicklungen

     TEILNEHMENDE

     1.      Berchtold Rolf		                Wangen-Brüttisellen, Vorsteher Bau und Planung
     2.      Bräm		    Christine             Grün Stadt Zürich, Direktorin
     3.      Ciaccia   Sandro                Erlenbach, Leiter Bauabteilung
     4.      Dorn		    Benjamin              Greifensee, Hochbauvorsteher
     5.      Eisinger Angelus                RZU, Direktor
     6.      Finsler   Hans		                Affoltern am Albis, Hochbauvorstand
     7.      Gmür		    Patrick               Zürich, Amt für Städtebau, Direktor
     8.      Günter    Urs		                 Amt für Verkehr (ZH)
     9.      Hess		    Martina               Affoltern am Albis, Sachbearbeiterin Planung
     10.     Hohl		    Hans-Ueli             Schlieren, Leiter Abteilung Bau und Planung
     11.     Holliger Max		                  Vorstand Hochbau und Liegenschaften, Aesch
     12.     Huber     Felix		               Meilen, Planungsgruppe Pfannenstil (ZPP)
     13.     Lorenzi   Reto		                Dübendorf, Leiter Stadtplanung
     14.     Meyer     Barbara               Schlieren, Projektleiterin Stadtentwicklung
     15.     Obrist    Salomé                Amt für Verkehr (ZH)
     16.     Pasaglia Marsilio               Regionalplaner Furttal, PLANAR AG, Zürich
     17.     Pfändler Stefanie               Dübendorf, Stadtplanung
     18.     Schärer Peter		                 Planungsgruppe Knonaueramt (ZPK), Sekretär
     19.     Sharma Ana		                    LEP Consultants AG, Projektleiterin
     20.     Späth     Witali		              RZU, Projektleiter
     21.     Wegmüller Karl		                Regensdorf, Bauvorstand
     22.     Wild		    Reto		                Suter von Känel Wild AG
     23.     Widmer Bruno                    RZU, Projektleiter
     24.     Zumsteg Dieter                  PLANWERKSTADT AG
     25.     Zwiker    Michael               Richterswil, Leiter Planung und Bau

RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
Raum/Landschaft                   19
ZUP Nr. 80 März 2015

Innenentwick-
lung braucht
planungs-
kulturellen
Wandel – gibt
es Anzeichen?
Die qualitätsvolle Verdich-
tung nach innen, also den
Raum in gewachsenen
Siedlungsstrukturen                                                       Innenentwicklung umfasst mehr als nur die bauliche
baulich besser zu nutzen –                                                                    Transformation des Bestands.
welche Ansätze gibt es                                                                                             Quelle: RZU

dazu in der Praxis? Findet
der entsprechende Wandel
in der Planungskultur
bereits statt? Wie können              Für die zukünftige Bewältigung des           sondern dass es darum geht herauszu-
ortsspezifische Qualitäten             Siedlungswachstums stellte 2014 ein          finden, welche Prozesse nötig sind,
erfasst und weiter-                    richtungsweisendes Jahr dar. Seit In-        ortsspezifische Qualitäten erfassen und
entwickelt werden? Welche              krafttreten des revidierten RPG am           sie bestimmten Vorstellungen entspre-
Handlungsoptionen haben                1. Mai gilt ein gesellschaftlicher Auftrag   chend weiterentwickeln zu können.
die Behörden?                          an die Planung, das Siedlungswachs-          Dass heute ein umfassendes Verständ-
Bruno Widmer                           tum unverzüglich nach innen zu richten,      nis der konkreten Situation wesentlich
Witali Späth                           d. h. planerisch und baulich in gewach-      ist, soll ein kurzer historischer Abriss
Regionalplanung Zürich und Umgebung    senen Siedlungsstrukturen zu operie-         der Siedlungsentwicklung und der ent-
RZU                                    ren. Eine Abwendung von der etablier-        sprechenden Planungskultur verdeutli-
Seefeldstrasse 329, 8008 Zürich
Telefon 044 387 10 43                  ten Praxis bedingt jedoch einen              chen.
info@rzu.ch                            planungskulturellen Wandel.
www.rzu.ch                             Mit dieser Einsicht schloss die Regio-       Drei Modi
                                       nalplanung Zürich und Umgebung RZU           der Siedlungsentwicklung
                                       im März 2014 einen Erfahrungsaus-            Die Siedlungsentwicklung seit 1950 lässt
                                       tausch-Prozess (Erfa) zum Thema              sich grob in drei Epochen beschreiben:
                                       «Siedlungsqualität bei innerer Verdich-      In der wirtschaftlich dynamischen
                                       tung» mit Vertretern aus Verwaltung          Nachkriegszeit bedeutete Siedlungs-
                                       und Politik ab. Knapp ein Jahr später        entwicklung meist Siedlungserweite-
                                       sollen die Erkenntnisse mit einigen kon-     rung. Seit den 80ern wurden durch De-
                                       kreten Bestrebungen aus der Praxis           industrialisierung lagegünstige Areale
                                       gespiegelt werden. Die im Beitrag auf-       frei. Ergänzend zum Modus der Erwei-
                                       geführten Ansätze entstammen einer           terung gesellte sich die Entwicklung
                                       Kurzrecherche und stellen nur einen          brachgefallener Industriegebäude und
                                       unvollständigen Auszug dar. Die grobe        -areale. Derartige Potenziale gehen je-
                                       Sichtung ermöglicht dennoch eine Ein-        doch besonders in und um Zürich zur
                                       schätzung, ob und wie Erkenntnisse in        Neige. Es bleiben also zunehmend nur
                                       die Planungspraxis Einzug halten.            die existierenden Bauzonen mit ihren
                                                                                    teilweise unüberbauten oder unternutz-
                                       Erkenntnisse des RZU-Erfa zur                ten Grundstücken als potenzielle Räu-
                                       Siedlungsqualität bei innerer                me zur Aufnahme des anhaltenden
                                       Verdichtung                                  Siedlungswachstums.
                                       Der RZU-Erfahrungsaustausch-Prozess
                                       (RZU-Erfa, vier Veranstaltungen von
                                       Februar 2013 bis März 2014) zeigte,
                                       dass nicht die Definition des Begriffs
                                       «Siedlungsqualität» im Zentrum steht,

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Raum/Landschaft                     20
ZUP Nr. 80 März 2015

Siedlungsqualität im jeweiligen            Planungskulturelle Baustellen                 schränkt bleiben, sondern muss eben-
Modus der Siedlungsentwicklung             für eine qualitätsorientierte                 so die den Bezugsraum prägenden
Siedlungsqualität lässt sich in Bezug      Innenentwicklung                              Kräfte erfassen – sozusagen die «un-
auf die drei Modi (Erweiterung, Brachen-   Die aktuellen Anforderungen an pla-           sichtbaren» Arten des Bestands wie
entwicklung, Innenentwicklung) jeweils     nende Gemeinden sind also deutlich            Eigentümerinteressen, lokales Wis-
anders verstehen. Drehten sich Quali-      höher als diejenigen aus der Zeit der         sen und Akteursnetzwerke. Eine der-
tätsüberlegungen im Zuge der Sied-         Siedlungserweiterung. Zur Erarbeitung         art verstandene «Bestandsaufnahme»
lungserweiterung noch überwiegend          von Lösungen sind «altbewährte», in           verlangt wiederum nach Vorgehens-
um das (Bau-)Projekt selbst, weil es       der Regel formelle Instrumente und            weisen, die über formell geregelte Ver-
«auf der grünen Wiese» entstand,           Verfahren unumgänglich. Für eine qua-         fahren hinausgehen.
musste bei der Konversion zwingend         litätsorientierte Weiterentwicklung des
der bestehende Kontext (Bestandsbau-       Bestands bedarf es allerdings ergän-          Vorgelagerte Prozesse
ten, Eigentümerverhältnisse, Altlasten     zende, den jeweiligen Bestandssitua-          Mit frühzeitigen Klärungsprozessen, in
etc.) einbezogen werden. Qualitätsvor-     tionen angemessene, also situative und        denen der Einbezug relevanter Akteu-
stellungen konnten trotz der komplexe-     informelle Vorgehensweisen. Damit las-        re im Fokus steht, werden drei Zwecke
ren Rahmenbedingungen noch relativ         sen sich für die heutige Planungskultur       verfolgt2: Zum einen helfen vorgelager-
gut bestimmt werden.                       drei sich gegenseitig bedingende «Bau-        te Prozesse einer Behörde, in eine ini-
Bei der Weiterentwicklung bzw. Ver-        stellen» anführen:                            tiative Rolle zu treten. Zweitens sollen
dichtung eines Quartiers oder einer                                                      über den informellen Austausch rele-
Gemeinde ist der Kontext nicht mehr        Analyse und Qualifizierung des                vante Interessen und lokales Wissen
eindeutig umrissen. Die Herausforde-       Bestands                                      sowie Abhängigkeiten und Stolperstei-
rungen zur Bestimmung, was die be-         Bei der Innenentwicklung geht es im-          ne aufgespürt werden. Nicht zuletzt
stehende und die zukünftig angestreb-      mer um den gebauten und gelebten Ein-         schafft ein frühzeitiger Austausch von
te Siedlungsqualität ausmacht, ist in      zelfall mit seinen spezifischen Entste-       Absichten, Vorstellungen und Wissens-
gewachsenen Gebieten vielschichtiger.      hungsbedingungen, Interessenkonstel-          beständen das notwendige Vertrauen –
Die Unsicherheiten, mit denen Planung      lationen und Problemstellungen. Eine          die wichtigste Voraussetzung für eine
konfrontiert ist, nehmen in verschiede-    Analyse des Bestands darf nicht               später gemeinsam getragene strategi-
ner Hinsicht zu1 (siehe Grafik unten).     auf baulich-räumliche Elemente be-            sche Ausrichtung.

                                                                  Handlungsoptionen der Behörde
                                                                  Der RZU-Erfa mit den Vertretern aus
                                                                  Verwaltung und Politik hat gezeigt,
                                                                  dass die Handlungsfähigkeit der Be-
                                                                  hörden in Bezug auf die Erarbeitung
         Dimensionen der Unsicherheit in den drei Planungsepochen von übergeordneten Leitvorstellungen
                                                                  und deren anhaltende Wirkung in der
                                                                  Umsetzungsphase höher ist als ver-
                                                                  mutet. Um den Handlungsspielraum
                                                                  zu erweitern, muss die bisher bewähr-
                                                                  te Handlungsoption des Bestimmens
                                                                  durch weitere ergänzt werden. Durch
                                                                  den Bedeutungsgewinn konkreter Aus-
                                                                  handlungsprozesse rücken situati-
                                                                  ve Handlungsoptionen wie das Setzen
                                                                  von Anreizen oder das Verhandeln in
                                                                  den Vordergrund. Letztere sind umso
                                                                  bedeutender, wenn es um die Siche-
                                                                  rung von Qualitätsvorstellungen geht.

                                                                                         Anzeichen einer neuen
                                                                                         Planungskultur?
                                                                                         Im zweiten Teil des Artikels erfolgt ein
                                                                                         Streifzug durch die Planungspraxis ent-
                                                                                         lang der vom RZU-Erfa abgeleiteten
                                                                                         «planungskulturellen Baustellen». Die
                                                                                         Auswahl entstammt einer Recherche
                                                                                         nach Aktivitäten, die den geforderten
                                                                                         planungskulturellen Wandel andeuten.

             Bei der Weiterentwicklung bzw. Verdichtung eines gewachsenen Quartiers
             ist die Herausforderung zu bestimmen, was künftige Qualitäten ausmacht,
                                                            vielschichtiger geworden.
                                                                           Quelle: RZU

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ZUP Nr. 80 März 2015

Analyse und Qualifizierung
des Bestands
Bezüglich der Erkenntnis, dass es für
die Weiterentwicklung von Bestands-
gebieten eines umfassenden Verständ-
nisses der konkreten Situation bedarf,
herrscht im Forschungsbereich weitge-
teilte Einsicht. Wie sich diese in der Pla-
nungspraxis äussert, soll anhand dreier
Tools diskutiert werden, welche dabei
helfen, Flächenpotenziale zu lokalisie-
ren und zu qualifizieren:
Der Kanton Zürich hat jüngst das GIS-
Tool «Quartieranalyse zur Siedlungser-
neuerung»3 veröffentlicht. Mit diesem
Hilfsmittel wird jeder Zürcher Gemein-
de eine kleinräumige Betrachtung von
sogenannten «Kleinquartieren» ermög-
                                                                 Beispiel für einen vorgelagerten Prozess: Planungswerkstatt Zollikon.
licht, was erlaubt, Potenzialflächen zur                                                                                     Quelle: Adrian Funk
Verdichtung, aber auch anstehende
bauliche und demografische Heraus-
forderungen (anhand von Baualter,
Haushaltsgrössen etc.) zu identifizie-        Reaktion dar. Um diese «unsichtbaren» Investition in vorgelagerte Klärungspro-
ren. In einer begleitenden Publikation        Einflussfaktoren zu erkennen, sind zesse einer Kostensteigerung im späte-
wird die Benutzung des Tools einge-           kommunikative Methoden nötig.         ren Prozess vorbeugen kann.
hend erläutert4.
Der Kanton Luzern verfügt schon län-          Vorgelagerte Prozesse                        Handlungsoptionen der Behörde
ger über ein ähnliches Werkzeug, das          Ernstgemeinte Ansätze einer frühzeiti-       Der RZU-Erfa zeigte, dass eine be-
er seinen Gemeinden zur Nutzung an-           gen Einbindung relevanter Akteure sind       wusste Kombination der Handlungsop-
bietet. Im Unterschied zum Zürcher            in der Planungspraxis rar gesät. Zu oft      tionen Bestimmen, Anreize setzen und
GIS-Tool ist das sogenannte «LUBAT»5          werden planerische Strategien von we-        Verhandeln die Handlungsfähigkeit
jedoch nicht öffentlich zugänglich und        nigen «vorbereitet», bevor sie der Öf-       einer Behörde verbessern kann. Es
erfordert «vertiefte fachliche Kenntnis-      fentlichkeit oder gar direkt Betroffenen     braucht jedoch mehr konkrete Erfah-
se». Gemäss der offiziellen Beschrei-         «präsentiert» oder «erklärt» werden. Im-     rungswerte. Aus diesem Grund sollen
bung werden vorwiegend Ortsplaner             merhin verdichtet sich in der ange-          Erkenntnisse der oben genannten Pub-
angesprochen. Ein weiterer Unter-             wandten Forschung die Erkenntnis zur         likation der HSLU in einem praktischen
schied ist der Fokus auf die planungs-        Bedeutung informeller Klärungsprozes-        Modellversuch getestet werden. Das
rechtlichen Ausnützungs-Reserven6.            se, welche erst «das Feld bereiten» für
Auch das dritte Beispiel regt Gemeinden       formelle Verfahrensschritte, die da-
zu einer umfassenderen Übersicht an.          durch gezielter und informierter bear-       1
                                                                                               vgl. Eisinger, Angelus/Loepfe, Matthias
Der als «Raum+»7 bekannte Ansatz der          beitet werden können.                            (2014): Wenn der Ausnahmefall zum
                                                                                               Normallfall wird – Eckpunkte der Planung im
Professur für Raumentwicklung der ETH         So widmet sich bspw. eine 2014 er-               Zeitalter der Innenentwicklung. In:
Zürich geht jedoch weiter und verfolgt        schienene Publikation der HSLU8 dem              COLLAGE 5/14, S.8
neben der Lokalisierung und der quanti-       bewussten Einbezug von Akteuren. An-         2
                                                                                               vgl. Eisinger, Angelus/Loepfe, Matthias
tativen Erfassung von Nutzungsreser-          hand von vier Phasen bzw. Schritten              (2014): Wenn der Ausnahmefall zum
                                                                                               Normallfall wird – Eckpunkte der Planung
ven auch eine Erhebung qualitativer Flä-      (Plan, Ort, runder Tisch, Objekt) werden         im Zeitalter der Innenentwicklung. In:
cheninformationen wie Lagequalitäten,         die jeweils für relevant gehaltenen Ak-          COLLAGE 5/14, S.9
Eigentümerschaft (und deren Bereit-           teure und Hilfsmittel besprochen. Das        3
                                                                                               www.statistik.zh.ch/internet/justiz_inneres/
schaft zur baulichen Ausnützung der           macht die Arbeit nachvollziehbar und             statistik/de/aktuell/mitteilungen/2015/
Reserven) sowie die Abschätzung der           anwendungsorientiert. Jedoch ist zu              quartanalyse_bevstatistik_2015.html
zeitlichen Verfügbarkeit von Reserveflä-      betonen, dass Planungsprozesse sel-          4
                                                                                               Gysel Oderbolz, Regula (2015): Siedlungs-
chen. Da die Innenentwicklung als «Dau-       ten linear funktionieren. In einem «vor-         strukturen unter der Lupe. In: statistik.info
                                                                                               2015/01
eraufgabe» und als «zyklischer Prozess»       gelagerten Prozess», wie die RZU ihn
                                                                                           5
verstanden wird, sind die Gemeinden im        versteht, sollten die ersten drei «Schrit-       https://rawi.lu.ch/themen/siedlungsentwick-
                                                                                               lung/siedlungsentwicklung_hilfsmittel
Rahmen von Raum+ befähigt, die Da-            te» nicht als lineare Abfolge, sondern       6
                                                                                               Kanton Luzern, rawi (2013): Arbeitshilfe –
tenbank fortlaufend zu aktualisieren.         eher als parallele und iterative Handlun-        Siedlungsentwicklung nach innen
Die besprochenen Referenzen verwei-           gen verstanden werden.                       7
                                                                                               Nebel, Reto (2014): Siedlungsflächen
sen auf wichtige Aspekte für eine um-         Der flüchtige Streifzug durch die Pla-
                                                                                           8
fassende und situative Bestandsauf-           nungspraxis führt zur Einschätzung,              HSLU (2014): Qualitätsvolle Innenentwick-
                                                                                               lung von Städten und Gemeinden durch
nahme. Auf die Notwendigkeit, neben           dass es bezüglich vorgelagerter Pro-             Dialog und Kooperation. Zürich: vdf
den Eigentümern weitere relevante Ak-         zesse noch an eingehender Erfahrung          9
                                                                                               www.are.admin.ch/themen/raumplanung/
teure und Einflusskräfte zu identifizie-      fehlt, auch aufgrund fehlender finanzi-          modellvorhaben/05207/
ren sowie für den Prozess förderliche         eller und personeller Ressourcen in vie-
lokale Wissensbestände zu aktivieren,         len Gemeinden. Dies wiederum verun-
stellen sie jedoch keine hinreichende         möglicht die Einsicht, dass eine

www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft                             22
ZUP Nr. 80 März 2015

                                                                                                Für Gemeinden: Start-
                                                                                                gespräche zur Ortsplanung
                                                                                                Die Gemeinden stehen bei der Umset-
                                                                                                zung des kantonalen Richtplans, der
                                                                                                vom Kantonsrat am 18. März 2014 neu
                                                                                                festgesetzt wurde, vor grossen Heraus-
                                                                                                forderungen. Die Richtplanung sowie
                                                                                                die am 1. Mai 2014 in Kraft gesetzten
                                                                                                Anpassungen am Bundesgesetz über
                                                                                                die Raumplanung verlangen eine kon-
                                                                                                sequente Umsetzung der Siedlungs-
                                                                                                entwicklung nach innen.
                                                                                                Umso wichtiger ist es, frühzeitig die
                                                                                                Anforderungen an genehmigungsfähi-
                                                                                                ge Richt- und Nutzungspläne zu ken-
                                                                                                nen, damit die Planungsarbeiten auf
                                                                                                kommunaler Ebene gezielt angegan-
                                                                                                gen werden können. Die Vorgaben des
                                                                                                Bundesrechts, des kantonalen Raum-
                                                                                                ordnungskonzepts und des kantonalen
                                        Diese Aufstockung in Thalwil zeigt, wie Bestehendes
                                                             weiterentwickelt werden kann.
                                                                                                Richtplans führen nur dann zu guten
                                                                                  Quelle: RZU   Lösungen, wenn die Zusammenarbeit
                                                                                                zwischen Kanton, Regionen und Ge-
                                                                                                meinden intensiviert wird. So sind in
                                                                                                den regionalen Raumordnungskon-
Projekt «Aufbau eines Netzwerks für              Schlussbetrachtung                             zepten und Richtplänen Entwicklungs-
eine kooperative Umsetzung der Innen-            Die Ansätze zeigen, dass einige Forde-         schwerpunkte zu bezeichnen und die
entwicklung»9 wird vom ARE Bund mit              rungen aus dem RZU-Erfa «Siedlungs-            zu erreichenden Nutzungsdichten fest-
175 000 Franken gefördert. Solche von            qualität bei innerer Verdichtung» opera-       zulegen. Häufig werden massgeschnei-
Forschungsprojekten begleiteten Pro-             tionalisiert werden können. Im Beson-          derte Lösungen auf kommunaler Ebene
zesse lassen auf interessante Erkennt-           deren gilt dies für die analytische            nötig sein.
nisse hoffen, auch hinsichtlich der              Grundlagenarbeit, bei der die «Tools»          Das kantonale Amt für Raumentwick-
Bandbreite an möglichen Handlungs-               aufzeigen, welche Informationen er-            lung (ARE) unterstützt die Gemeinden
optionen von Behörden.                           gänzend zur üblichen Bestandsaufnah-           bei dieser Aufgabe mit verschiedenen
Ein weiteres Instrument zur Förderung            me erhoben werden müssen und dass              Angeboten. Dazu gehören Arbeitshilfen
der Handlungsfähigkeit stellen rechtli-          bei Innenentwicklungsvorhaben gerade           zur Siedlungsentwicklung nach innen,
che Grundlagen dar. Im Zusammen-                 qualitative Grössen wichtige Hinweise          zur Umsetzung der Dichtevorgaben
hang mit der «Baulandverflüssigung» –            liefern.                                       sowie zur aussagekräftigen Berichter-
also der Möglichkeit einer Behörde,              Zur Aktivierung von lokalem Wissen rei-        stattung nach Art. 47 RPV. Dazu gehört
Nutzungsreserven zu mobilisieren und             chen diese Tools jedoch nicht aus. Das         auch das Werkzeug «Quartieranalyse»,
damit der Baulandhortung entgegenzu-             direkte Gespräch zwischen Akteuren             das unter Federführung des kantonalen
treten, soll auf ein Beispiel im Kanton          kann durch kein technisches Hilfsmittel        Statistischen Amtes bereitgestellt wird.
Luzern verwiesen werden. Dieser                  ersetzt werden. Selbst Crowdsourcing11         Gemeinden können hiermit z. B. jene
räumt, dank einer Teilrevision des Lu-           -Ansätze wie «nextzürich»12 sind zwar          Quartiere identifizieren, die sich für Ver-
zerner PBG, den kommunalen Behör-                effektiv für eine öffentliche Ideenpro-        änderungen in der Siedlungsstruktur
den seit Anfang 2014 die Möglichkeiten           duktion, helfen aber nicht, die unsicht-       besonders eignen.
ein, Bauzonen ihrer planungsrechtli-             baren Kräfte einer Situation zu ergrün-        Vor diesem Hintergrund bietet das ARE
chen Bestimmung zuzuführen (§§ 38                den. Es sind also die situationsgerechten      in den nächsten Monaten allen Ge-
und 38a). Darüber hinaus gibt das Lu-            Beteiligungsprozesse, die für eine er-         meinden die Möglichkeit für Startge-
zerner PBG den Gemeinden nicht nur               folgreiche Innenentwicklung entschei-          spräche zur Ortsplanung an. Das Ziel
mehr Handlungsspielraum, sondern                 dend sind. Dazu gehören die aus Sicht          besteht darin, die Anforderungen an
nimmt sie mit dem § 39 auch in die               des RZU stark unterschätzten vorgela-          eine genehmigungsfähige kommunale
Pflicht, die Siedlungsentwicklung nach           gerten Prozesse: Erst sie ermöglichen          Richt- und Nutzungsplanung vor dem
innen aktiv anzugehen.10                         es, Hintergründe, Abhängigkeiten und           Hintergrund der neuen Vorgaben zu
                                                 Handlungsspielräume sowie «windows             klären und die Gemeinden bei der Er-
                                                 of opportunities»13 zu identifizieren.         stellung einer Gesamtschau zu unter-
10
     Kanton Luzern (2013): Infopapier zum        Nicht zuletzt schafft ein kommunikativ         stützen. Diese können zum Start einer
     Thema Baulandverflüssigung                  und kooperativ angelegter Prozess das          Planung oder aber auch als Standort-
11
     www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/      Vertrauen zwischen den Beteiligten so-         bestimmung bei bereits laufenden Pla-
     crowdsourcing                               wie die Legitimierung von übergeord-           nungen genutzt werden.
12
     www.nextzuerich.ch                          neten Vorstellungen, welche als quali- www.are.zh.ch
13
     zu verstehen als unvorhersehbare            tative Orientierungsgrundlage in der
     Gelegenheiten                               langen Phase der Transformation not-
                                                 wendig sind.

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Zeitschrift für Planung, Umwelt und Städtebau
                                                               5 14
Périodique d’urbanisme, d’aménagement et d’environnement
Publikation FSU

forum        Visuelle Analyse
als Methode zur Untersuchung
von Raum

                                             thema       Verdichtungsstrategien –
                                             oder: Was ist innen? / Stratégies
                                             de densification – De quoi sont faites
                                             nos villes?
Inhalt / Sommaire
                                                                                  IMPRESSUM
                                                                                  COLLAGE
                                                                                  Zeitschrift für Planung, Umwelt und Städtebau
                                                                                  (erscheint 6 mal pro Jahr) /
                                                                                  Périodique d’urbanisme, d’aménagement et
                                                                                  d’environnement (paraît 6 fois par année)
                                                                                  Herausgeber / Edité par
                                                                                  FSU (Fédération suisse des urbanistes /
                                                                                  Fach­verband der Schweizer Raumplanerinnen und
                                                                                  Raumplaner / Federazione svizzera degli urbanisti /
                                                                                  Federaziun Svizra d’Urbanists)
                                                                                  Redaktion / Rédaction
    News            4 Aktuelles aus Planung, Umwelt und Städtebau /               Zentralkomitee /Comité central: Silvan Aemisegger,
                                                                                  Denise Belloli, Léo Biétry, Dominik Frei,
                      L’actualité de l’urbanisme, de l’aménagement                Andreas Gerber, Jenny Leuba, Henri Leuzinger,
                      et de l’environnement                                       Isabelle Rihm, Stefanie Ledergerber,
                                                                                  Barbara Wittmer; Westschweizer Komitee /
                                                                                  Comité romand: Léo Biétry, Oscar Gential,
    thema           7 Wenn der Ausnahmefall zum Normalfall wird – Eckpunkte       Magali Henry, Jenny Leuba, Laurent Matthey,
                      der Planung im Zeitalter der Innenentwicklung /             Jean-Daniel Rickli, Urs Zuppinger;
                      Quand l’exception devient la règle – Les conditions         Redaktion News /Rédaction News: Lea Guidon

                      de la planification à l’ère de la densification             Kontakt und Inserate /Contact et annonces
                                                                                  COLLAGE, c/o Henri Leuzinger, Postfach 358,
                      (Angelus Eisinger, Matthias Loepfe)                         4310 Rheinfelden 1, Tel. 061 831 70 05,
                                                                                  henri.leuzinger@bluewin.ch
                   10 Folgt städtischer Neubau wirklich der Nachfrage? /          Verlangen Sie unsere Inserattarife und Termine /
                      La construction de logements en ville tient-elle vraiment   Demandez nos tarifs d’annonces et nos échéances
                      compte de la demande? (Corinna Heye, Sarah Fuchs)           Redaktionsschluss / Délai de rédaction
                                                                                  COLLAGE 6/14: 19.10.14
                   13 La contestation citoyenne, un défi salutaire pour les       COLLAGE 1/15: 31.12.14
                      promoteurs de la densification – Expériences en             Abonnemente /Abonnements
                      cours dans l’agglomération lausannoise / Widerstand         Mitglieder FSU: im Mitgliederbeitrag enthalten /
                      der Bewohner, eine heilsame Herausforderung für die         Membres FSU: inclus dans le montant de la cotisation
                      Siedlungs­entwicklung nach innen (Urs Zuppinger)            Einzelabonnemente Schweiz/Europa pro Jahr
                                                                                  (inkl. Porto) / Abonnements individuels Suisse/
                   17 Smart Density – Verdichtung als dialogischer und            Europe, par année (y.c. frais de port)
                      kooperativer Prozess / Smart Density – La densification     CHF 85.00 / € 64,00

                      comme processus basé sur le dialogue et la coopération      Kollektivabonnemente Schweiz pro Jahr
                                                                                  (inkl. Porto) /Abonnements collectifs Suisse,
                      (Ulrike Sturm, Peter Schwehr, Colette Peter)                par année (y.c. frais de port)
                                                                                  > 5 Ex.: CHF 75.00
                   21 Monte Carasso: La ricerca di un centro / Monte Carasso:     > 20 Ex.: CHF 69.00
                      Versuche um ein Ortszentrum (Luigi Snozzi)                  Kollektivabos Europa auf Anfrage /
                                                                                  Abonnements collectifs Europe sur demande
    forum          25 Visuelle Analyse als Methode zur Untersuchung               Einzelhefte Schweiz / Europa (exkl. Porto) /
                      von Raum (Barbara Hahn, Christine Zimmermann)               Exemplaires séparés Suisse /Europe
                                                                                  (frais de port non compris)
                                                                                  1 Ex.: CHF 16.00/€ 10,50
    Info           30 Nachrichten FSU / Informations de la FSU /                  2–6 Ex.: CHF 14.50/€ 9,50
                      Informazioni della FSU                                      Produktion / Production
                                                                                  Konzept, Gestaltung / Graphisme, mise en pages:
                                                                                  Hahn und Zimmermann, Bern (www.von-b-und-c.net)
                                                                                  Druck / Impression: Stämpfli Publikationen AG,
                                                                                  Bern (http://publikationen.staempfli.com)
                                                                                  Hinweise / Avertissements
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                                                                                  Initiativen und dergleichen können von der
                                                                                  Meinung des FSU abweichen. Nachdruck nur mit
                                                                                  Zustimmung der Autoren und Quellenangabe
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                                                                                  be­halten. / La rédaction dispose librement
                                                                                  des textes et images envoyés spontanément.
                                                                                  Les articles et informations publiés dans la revue
                                                                                  ainsi que les encarts (prospectus, initiatives, etc.)
                                                                                  ne reflètent pas forcément la position de la
                                                                                  FSU. Toute reproduction requiert l’autorisation de
                                                                                  l’auteur et la mention de la source. Tous les
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                                                                                  Schutzobjekte oder Kandidaten für die
                                                                                  Nachverdichtung? (Foto: Henri Leuzinger)

2   Collage 5/14
Thema
        Wenn der Ausnahmefall zum
Normalfall wird – Eckpunkte der Planung
im Zeitalter der Innenentwicklung                                                                    Angelus Eisinger
                                                                                                     Prof. Dr., Direktor der
                                                                                                     Regionalplanung Zürich
                                                                                                     und Umgebung RZU.

                                                                                                     Matthias Loepfe
                                                                                                     Dr. rer. nat. Geographie,
                                                                                                     Projektleiter RZU.

Auf Transformation im Bestand sind Planung und Städte-            immer noch die alten. Um den Bestand, und darum geht es im
bau ungenügend vorbereitet. Es fehlt nicht nur an inhalt-         Kern bei der Innenentwicklung, wirklich zukunftsfähig weiter
lichen Qualitätsvorstellungen, sondern vor allem an einer         zu entwickeln, braucht es deshalb neue Zutritte und Hand-
Planungskultur, die mit dem durch Unsicherheiten gepräg-          lungsweisen.
ten Thema Siedlungsqualität offen und gestaltend umzu-                An welchen Prinzipien könnte sich Planung orientieren,
gehen vermag. Gemeinden haben Einflussmöglichkeiten,              wenn die bisherigen Modi, Instrumente und Best-Practice-
müssen aber dafür über die gewohnten Handlungsweisen              Vorstellungen den anstehenden Herausforderungen nicht mehr
hinausdenken und sich der vorhandenen Qualitäten be-              gewachsen sind?
wusst werden, wie Reflexionen über einen Erfahrungs-                  Grundsätzlich gilt: Innenentwicklung behandelt immer Ein-
prozess zu Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung im           zelfälle. Das erfordert situatives Handeln, das weder einfa-
Grossraum Zürich gezeigt haben.                                   che Rezepte noch Sammlungen von Best-Practice-Beispielen
                                                                  kennt, weder Routinen noch eingespielte Allianzen. Es geht
1. Innenentwicklung: eine neue Epoche der                         stattdessen um den konkreten Ort mit seinen spezifischen Ent-
Siedlungsentwicklung                                              stehungsbedingungen, Interessenkonstellationen und Prob-
     Die fachliche und mediale Debatte um die weitere räumliche   lemstellungen. Diese Fakten bestimmen wesentlich die Lösung
Entwicklung der Schweiz kreist aktuell um das Dreieck von Ver-    vor Ort, weshalb sich Konzept und Umsetzung nur mit ent-
dichtung, Urbanisierung und die dabei zu schaffenden urba-        sprechender Abstraktion auf andere Räume übertragen lassen.
nen Qualitäten. Städtische Inselräume auf ehemaligen Indus-           Insgesamt hängt der Erfolg einer Innenentwicklung we-
triegebieten legen davon ein ebenso beredtes Zeugnis ab wie       sentlich von der Fähigkeit der Planenden ab, die vor Ort an-
die akribisch ausformulierten städtebaulichen Visionen klassi-    stehenden Fragestellungen und Problemlagen zu identifizieren
schen Zuschnitts für das Zürcher Glatttal, neue Stadtteile um     und zu definieren. Dazu bedarf es ebenso der Empathie wie
Solothurn oder am Bielersee. Dieses von Immobilienwirtschaft      auch geeigneter Verfahren, die Bekanntes, den Bestand, in
und Hochschullandschaft gleichzeitig hochgehaltene Urbani-        neuem Lichte erscheinen lassen.
tätsparadigma trübt aber nur allzu rasch den Blick auf die
beträchtlich profaneren Realitäten und Perspektiven der Sied-     Im Folgenden wollen wir versuchen, erste Eckpunkte eines so
lungsentwicklung jenseits von einzelnen Arealen und Vorhaben.     verstandenen situativen Agierens für qualitätsvolle Innenent-
     Das zeigt sich rasch, wenn wir uns die dominanten Logi-      wicklungen abzustecken. Sie bilden das Resultat einer Reflexi-
ken der Siedlungsentwicklung über die letzten ca. 50 Jahre        on von Ergebnissen eines Erfahrungsaustausches zum Thema
vor Augen führen. Über weite Strecken erfolgte bis in die Ge-     Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung, den die RZU seit
genwart Siedlungsentwicklung als Siedlungserweiterung. Die        2013 zusammen mit Vertretern aus Gemeinden aus dem Kern-
Bau- und Zonenordnung war dabei das Instrument, mit wel-          raum des Zürcher Metropolitanraums und Kantons in mehreren
chem diese Prozesse planerisch vorbereitet und (mehr oder         Schritten durchgeführt hat.
weniger erfolgreich) begleitet wurden. Mit der gegen Ende der
1980 er-Jahre vehement einsetzenden Deindustrialisierung der      2. Innenentwicklung angehen heisst Neuland betreten
Schweiz wurden gerade in zentrumsnahen Lagen der Städ-                 Innenentwicklung zu realisieren, ohne auf die Alternati-
te beträchtliche Areale frei, die über neuartige Verfahren wie    ven der Siedlungserweiterung und der Brachentransformation
Testplanungen in ihren Potentialen reflektiert und über Ge-       ausweichen zu können, eröffnet ein neues Kapitel der schwei-
staltungspläne und Wettbewerbe zu neuen Stadtbausteinen           zerischen Siedlungsentwicklung. Solches Neuland zu betre-
umgeprägt wurden.                                                 ten, heisst immer auch, unter Unsicherheit zu agieren. Zentral
     Heute präsentiert sich die Situation noch einmal anders:     scheint uns für die nun zu schaffende planerische Praxis im
Die Option der Siedlungserweiterung fällt mit dem neuen           Umgang mit der Innenentwicklung die entschiedene Verab-
Raumplanungsgesetz mehr und mehr aus, während in den              schiedung jeglicher Vorstellung, über Planung alle relevan-
Wachstumsgebieten kaum mehr Brachflächen zur Umdeutung            ten Einflussgrössen der räumlichen Entwicklung ausreichend
zur Verfügung stehen. Innenentwicklung sowie Verdichtung          bestimmen, erfassen und steuern zu
und Qualifizierung des Bestandes lauten die neuen Maximen.        können. Gerade anhand der Innenentwick- [1] Rittel, H.;
     Auch wenn sich diese Herausforderungen grundsätzlich         lung lässt sich die alltägliche Triftigkeit Webber, M. (1973):
von den bisherigen Modi der Siedlungserweiterung und der          der Vorstellung von den «wicked prob- Dilemmas in a general
                                                                                                               theory of planning.
Brachenentwicklung unterscheiden – die Prinzipien der Pla-        lems» (Rittel & Webber, 1973) [1] illustrie- In Policy sciences 4(2):
nung, ihre Verfahren und Instrumente sind erstaunlicherweise      ren, die am Ursprung von Planung stehen: 155–69.

                                                                                                                                 Collage 5/14   7
Themen                                                                             Massstäbe

                                       Brachenentwicklung

             Siedlungserweiterung

                                                                                                                 [ABB. 1] Dimensionen
                                                                                                                 der Unsicherheit und
                                                                                                                 Planungsepochen.
                                                                                                                 Die Unsicherheiten
                                          Innenentwicklung                                                       nehmen jeweils vom
                                                                                                                 Zentrum auf den
                                                                                                                 Achsen zu den Ecken
    Akteure                                                                     Handlungsweisen                  zu. (Quelle: RZU)

    Räumliche Themenstellungen, Nutzungskonzepte u.ä. lassen          sind. Zur Beurteilung und Kontextualisierung von Einzelpro-
    sich nicht von Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung und      jekten müssen die Gemeinden die nötigen Grundlagen bereits
    dabei verfolgten Prioritäten trennen, ebenso wie sie nicht von    im Vorfeld von konkreten Vorhaben schaffen. In einem ersten
    Fragen der Macht und der Eigentumsverhältnisse zu lösen           Schritt erfolgt dies idealerweise in Form der Erarbeitung über-
    sind. Diese Komplexität und Heterogenität der Interessen und      geordneter Entwicklungs- und Zielvorstellungen für ein Ge-
    Erwartungen in der Planung anzunehmen erfordert, Unsicher-        biet oder die gesamte Gemeinde. Deren Konkretisierung erfolgt
    heit und Überraschungen als konstitutive Determinanten ins        dann durch einen Abgleich mit der Analyse der vorliegenden
    planerische Arbeiten aufzunehmen und mit ihnen kreativ um-        Situation (Einzelprojekt und Umgebung) in Form der Festle-
    zugehen. Es gilt dabei, einen Umgang mit vier Dimensionen         gung von Qualitätskriterien. Sowohl übergeordnete Zielvor-
    von Unsicherheit zu finden, ohne sich ihnen gegenüber zum         stellungen wie auch Qualitätskriterien gilt es im Rahmen eines
    Vorhinein zu verschliessen:                                       Prozesses gemeinsam mit Betroffenen zu erarbeiten.
          a) Unsicherheit bezüglich der Themen und Inhalte: Sied-          c) Unsicherheit über Akteure: Mit dem Übergang von der
    lungsqualität entsteht nicht einfach als Verlängerung von         Siedlungserweiterung zur Siedlungsverdichtung hat nicht nur
    einmal festgesetzten ästhetischen Grundsätzen oder funktio­       die Anzahl, sondern auch die Art der an einem (Verdichtungs-)
    nalen Vorgaben. Sie ist mehr als ein technisches Problem von      Projekt beteiligten Akteure zugenommen. Damit gehen vielfäl-
    Experten, sie tangiert notwendigerweise unterschiedliche          tige Abhängigkeiten, Einflussnahmen und Machtbeziehungen
    Aspekte der gesellschaftlichen Entwicklung – von demografi-       einher. Findet Planung keinen Umgang damit, riskiert sie, reine
    schen Aspekten über die Zusammensetzung der Bevölkerung           Papierwelten zu fabrizieren.
    bis hin zu Fragen der Bildung und öffentlichen Infrastruktur.          d) Unsicherheit bezüglich Handlungsweisen: Unsere De-
    Verdichtung nach innen meint somit Transformation in einem        batten im Zuge des Erfahrungsaustauschprozesses und die
    umfassenden Sinne, somit gesellschaftliche Veränderung. Da-       anschliessenden Analysen haben gezeigt, dass eine Gemeinde
    rin liegt eine wesentliche Chance der Planung, ihre Prägekraft    bei der Planung über unterschiedliche Handlungsmöglichkei-
    auf den Gang der Dinge zu erhöhen. Daraus resultieren aber        ten im Umgang mit relevanten Akteuren verfügt, sich diese
    auch für Planungskonzepte wesentliche Stolpersteine, Wider-       Tatsache aber oft nicht ausreichend vor Augen führt. In Anleh-
    stände und Blockierungen. Das Instrumentarium der Planung         nung an Jessop’s Governance-Typen (Jessop, 1998) [2] stehen
    und ihre Prozesslogiken müssen mit solchen Realitäten einen       dabei drei Optionen im Fokus: Die erste Option ist die des
    produktiven Umgang finden.                                        Bestimmens. Sie folgt der Logik einer Verordnung und baut
          b) Unsicherheit bezüglich der Massstäbe: Das Verhältnis     auf einem hierarchischen Verhältnis zwischen zwei Akteuren
    zwischen Projekt und dessen Umfeld (Kontext) ist eines der        auf (z.B. Baubewilligung). Eine zweite Handlungsweise liegt im
    wesentlichen Qualitätskriterien von Transformation. Kontext ist   Setzen von Anreizen. Sie stützt sich auf die Logik des Markts
    dabei visuell, nutzungsbezogen und insbesondere ideell zu         ab, wobei sowohl monetäre als auch ideelle Gewinne (z.B.
    verstehen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass solch vielfältige      Überwindung von Hindernissen oder Schaffung von Allianzen),
    Bezüge zwischen Projekt und Kontext schwierig zu bearbeiten       erzielt werden können. Schliesslich besteht in der Praxis des

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Planens und Bauens auch die Möglichkeit des Verhandelns.               Eine erste Bilanz
Dabei stehen nicht Reglemente oder Gewinne im Vordergrund,                  Drei Einsichten lassen unsere Erkenntnisse in der Ausein-
sondern das «bessere» Argument. Voraussetzung dafür ist ein            andersetzung mit Fragen der konkreten planerischen Bewälti-
kooperatives und konstruktives Verhältnis zwischen den betei-          gung der Innenentwicklung vorläufig zusammenfassen:
ligten Parteien, auf dessen Grundlage gemeinsame Vorstellun-               1. Innenentwicklung ist ein räumlich-gesellschaftlicher
gen etabliert und umgesetzt werden können. In der geschick-            Prozess. Dies ruft nach einem fundamentalen Kultur- und Pra-
ten Verbindung dieser unterschiedlichen Modi der Steuerung             xiswandel in der Planung. Die Instrumente und Verfahren, die
entstehen auch die Voraussetzungen für eine qualitätsvolle             die Siedlungsentwicklung seit den 1950 er-Jahren begleitet
Innenentwicklung.                                                      haben, schaffen keinen ausreichenden Zugriff mehr auf die
                                                                       aktuelle Dynamik der räumlichen Entwicklung und ihre Schwer-
3. Innenentwicklung beginnt mit der Auseinandersetzung                 punkte.
mit dem Bestand                                                            2. Innenentwicklung bedarf eines Kurswechsels hin zu ei-
     Innenentwicklung bedeutet Bestehendes analysieren, um-            ner Planung, die sich ins Feld, also in die vielfältig bestimm-
deuten, neu verbinden. Bestand kann dabei nicht mehr länger            te konkrete Situation wagt und dabei Auseinandersetzungen
nur als Gebilde von Gebäuden und Räumen begriffen werden,              nicht scheut, sondern diese als Elemente auf dem Weg zu einer
sondern muss als umfassende räumlich-gesellschaftliche Be-             Lösung im Sinne von breit abgestützten inhaltlichen Positionen
dingung gesehen werden, auf welcher die weitere Entwicklung            sowie Prozessdesigns versteht.
einer Gemeinde oder eines Stadtteils aufbaut. Die eigentli-                 3. Erfolgreiche Innenentwicklung schliesslich, und darin
che Herausforderung der Planung liegt darin, Wege zu finden,           liegt die zuversichtliche Botschaft unserer bisherigen Recher-
diese vielschichtige und widersprüchliche Gemengelage ange-            chen, beginnt mit der Einsicht in die Optionen, die sich aus
messen zu erfassen, ihre Qualitäten und Eigenheiten heraus-            den vorhandenen Qualitäten, Alleinstellungsmerkmalen und
zuschälen und aus dieser Sichtung einen Referenzrahmen für             Eigenheiten ergeben. Sie lassen sich zu Argumenten fügen,
Entwicklungen zu formulieren, der einzelne Vorhaben vor einem          die Innenentwicklung als umfassende Aufgabe ernst nehmen
Gesamtzusammenhang beurteilbar macht. [3]                              und im Dreieck von Bestimmen, Anreize setzen und Verhandeln
     Damit rücken vorgelagerte, auf Beteiligung weiter Kreise          bearbeitbar machen.
beruhende Prozesse in den Fokus. Indem sie Leitvorstellungen
der allgemeinen Entwicklung und ihrer Anforderungen etablie-
ren, schaffen sie zwei zentrale Voraussetzungen für die wei-
tere Entwicklung: Sie stellen erstens nach aussen inhaltlich
bestimmt Handlungsfähigkeit auf der Ebene der Behörde her.
Zweitens können so in den Vorphasen über den Austausch mit
Betroffenen und weiteren Akteuren Hintergründe und Bedürf-
nisse aufgespürt sowie Abhängigkeiten und Stolpersteine er-
kannt und bearbeitet werden. Die Ansprüche der Bevölkerung, résumé                                 Quand l’exception devient
der Eigentümer und Investoren lassen sich so frühzeitig und
angemessen einbinden. Verfahren und Prozesse, die als Leit-
                                                                             la règle – Les conditions de la
bildprozesse oder Werkstätten den Bauprojekten und den her- planification à l’ère de la densification
kömmlichen Planungsverfahren vorauslaufen, schaffen damit
ein kooperatives Verhältnis zwischen wichtigen Akteuren und Principe élémentaire de l’aménagement du territoire, le déve-
die Basis für die Legitimation der strategischen Ausrichtungen. loppement du milieu bâti vers l’intérieur représentait jusqu’ici,
Darüber hinaus entstehen so «windows of opportunity», die dans les faits, l’exception. Or, la transformation de l’exis-
sich sonst kaum ergeben würden. [4]                                          tant constituera bientôt la règle en Suisse. En y regardant de
     Die Werte und Massstäbe, die eine solche Entwicklung an- plus près, cependant, on s’aperçoit que les professionnels
leiten, liegen aber nicht einfach als Referenzgrössen vor. Sie de l’aménagement et de l’urbanisme sont insuffisamment pré-
müssen geschaffen werden. Eine Gemeinde muss sich dabei parés à cette nouvelle normalité. Pour pouvoir répondre de
klar darüber sein, dass sie mit dem Bestand, dessen Eigen- manière adéquate aux défis du développement vers l’intérieur,
heiten und räumlicher Ausprägung ein teures und kostbares c’est un véritable changement de culture qui devra s’opérer.
Gut anzubieten hat. Normative Zielvorstellungen wie Urbanität, Tels sont les enseignements tirés d’un processus expérimental
Dichte, Durchmischung, Erdgeschossnutzung und anderes mené dans l’aire métropolitaine zurichoise sur le thème de la
mehr, die die Debatte um Siedlungsqualität heute prägen, sind qualité urbaine dans les démarches de densification.
nicht zu objektivieren, sondern als metaphorische Umschrei-                       Il s’agit d’une part d’élaborer, dans chaque situation
bungen in einem Prozess der Aushandlung für den konkreten concrète, des objectifs et références qualitatifs bien définis.
Beispielraum zu reflektieren, nach ihren Inhalten zu selektie- Pour être couronnés de succès, les processus de densifica-
ren und in gemeinsam geteilten Vorstellungen zu qualifizieren. tion doivent commencer par une analyse de l’existant et des
Nur so kann ein Qualitätsverständnis geschaffen werden, das options qu’offrent les qualités spécifiques du lieu. D’autre
auf die Eigenheiten des Ortes, also den genuis loci, Bezug part, les responsables de l’aménagement et de l’urbanisme
nimmt.                                                                       doivent dépasser les manières de faire et procédures habi-
                                                                             tuelles, afin de garantir que les prescriptions normatives des-
                                                                             tinées à cadrer le processus de transformation socio-spatiale
[2] Jessop, B. (1998): The rise of governance and the risks of failure.
The case of economic development. – In: International Social Science Journal déploient tous leurs effets. Les modalités d’implication des
50, 155: 29–45.                                                              acteurs concernés revêtent à cet égard une importance de
[3] Vgl. dazu die Vorgehensweisen bei der Transformation der Île de Nantes   premier plan. Cela permet en effet aux communes d’accroître
oder der 2013 abgeschlossenen IBA Wilhelmsburg in Hamburg.
[4] Vgl. dazu den Prozess, den UC Urban Catalyst Studio in Ingolstadt        leur capacité d’action, tout en œuvrant à une vision qualita-
durchgeführt hat.                                                            tive partagée, qui tienne compte du genius loci.

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