Zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung - Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
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...zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen
6 7 5 3 2 4 1 1 Stettbach 2 Schwamendingen 3 Hirzenbach 4 Allmend 5 Zwicky-Areal 6 Wallisellen 7 Richti Wallisellen Zürich Dübendorf RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Bahnhof Stettbach. Begrüssung und Einführung 1 SAFARI Die Verdichtung und Weiterentwicklung in Bestandsgebieten sind die grossen Heraus- forderungen für die Planung der nächsten Jahre. Dabei Siedlungsqualität zu schaffen, ist eine Frage der Planungs- und Baukultur: Mit dieser Einsicht fand der RZU-Erfahrungs- austauschprozess zur «Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung» seinen Abschluss. Ein Jahr danach greift die RZU das Thema nochmals auf und thematisiert auf einem Rund- gang durch das Grenzgebiet zwischen Zürich, Dübendorf und Wallisellen verschiedene Aspekte der Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung. SIEDLUNGSQUALITÄT Siedlungsqualität ist keine absolute Grösse. Sie zeigt sich vielmehr in konkreten Aspek- ten, die bei der Bestimmung der bestehenden sowie Formulierung der angestrebten Siedlungsqualität in einem konkreten Raum als relevant erachtet werden. Somit lässt sich «hohe Siedlungsqualität» an einem guten Verhältnis zwischen den angestrebten und den faktisch geschaffenen Qualitäten ablesen. EINE FRAGE DER PLANUNGS- UND BAUKULTUR Das Schaffen von Siedlungsqualität im Zuge von Verdichtung und Weiterentwicklung in Bestandsgebieten erfordert neue Formen der Planung und Verhandlung, da Planungs- prozesse mit zunehmender Offenheit konfrontiert ist. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Zunahme der von Planungsvorhaben im Bestand betroffenen Akteure und den da- durch entstehenden vielfältigeren Abhängigkeiten, die berücksichtigt werden müssen. Die planerische Praxis muss sich diesem Wandel entsprechend anpassen. Etablierte Instrumente und Handlungsweisen müssen der gestiegenen Komplexität der neuartigen Prozesse ergänzt und angepasst werden. RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Schwamendingen. Ein Leitbild begleitet die Transformation eines Wohnstadtteils 2 Überbauungsplan von A.H. Steiner von 1948 Stadt Zürich veröffentlichte das Leitbild in 2005 Den heute noch prägenden baulich-räumlichen ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT Charakter von Schwamendingen bildet der UND PLANUNGSKULTUR an das Stadtentwicklungskonzept angelehnte • Bebauungsstruktur, Strassen- und Freiräume, Verkehr Überbauungsplan von A.H. Steiner von 1948. und Erschliessung, Nutzungsstruktur, soziokulturelle Wesentliches Merkmal ist die charakteristische, Aspekte, Denkmalschutz stark durchgrünte Bebauungsstruktur. • Leitbildprozess unter Einbezug von Schlüsselakteuren Das durch die Stadt Zürich 2005 erarbeite- te «städtebauliche Leitbild Schwamendingen» nimmt starken Bezug auf diese historische Grundlage und bildet den Orientierungsrahmen für die sukzessive Erneuerung und Verdichtung hinsichtlich der charakteristischen Qualitäten. Im Leitbild werden insbesondere baulich-räumli- che Anforderungen für die künftige Entwicklung formuliert. Diese dienen als Grundlage für die Erarbeitung von konkreten Vorhaben und das Leitbild als Ganzes als «ergänzendes Instrument der BZO». Die für unterschiedliche Teilgebiete formulierten Qualitäten sind das Resultat einer differenzier- ten Analyse, die in einem Workshopverfahren zu einem Leitbildentwurf verdichtet wurden. Dieser wurde mit Schlüsselakteuren aus dem Quartier (Wohnbauträgerschaften, Quartierinstitutionen und –politiker) weiter entwickelt und plausibili- siert. Qualifizierung von Siedlungscharakter, Denkmalschutz und Freiraumqualitäten RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Hirzenbach. Anpassung an sich wandelnde Bedürfnisse in historischer Bebauungsstruktur 3 Hirzenbach als westlicher Teil Schwamendingens wurde Ende der 1950er Jahren von A. Wasserfal- len als städtebauliche Einheit auf einem streng rechtwinkligen Raster geplant. Er hebt sich des- halb stark vom restlichen Bebauungsmuster Schwamendingens ab. Was Hirzenbach und den Plan von A.H. Steiner verbindet ist der Grünraum, der hier zwischen den vielgeschossigen Wohn- blöcken fliesst. Die beiden Erweiterungsbauten der Primarschule Hirzenbach sowie der Ersatzneubau des Wohn- hochhauses von Boltshauser Architekten stehen stellvertretend für eine städtebaulich sensible Verdichtung der historisch markanten Bebau- ungsstruktur vor dem Hintergrund sich wandeln- der Bedürfnisse und Nutzungsansprüche. Die Schulhauserweiterung führte zu einer Ver- dichtung, ohne dass die für den Ort prägenden Freiraumqualitäten in Frage gestellt worden sind. Gleichzeitig fügen sich die Neubauten in die cha- rakteristische orthogonale Bebauungsstruktur ein und schreiben damit die bauliche Geschichte des Ortes fort. Das Wohnhochhaus mit dem vorgelagerten Flachbau nimmt ebenfalls klaren Bezug auf sei- nen städtebaulichen Kontext und die ursprüng- liche Bebauung. Allerdings eröffnet der Umzug von Coop und Apotheke in den Neubau die Fra- Gesamtplanung und Koordination durch Adolf Wasserfallen 1955 - 1961 ge, wie bestehende Bauten den sich wandelnden Bedürfnissen angepasst werden können. Zwar wurden die veränderten wirtschaftlichen Bedin- gungen im Neubau befriedigt, wie in diesem Falle die räumlichen und betrieblichen Anforderungen des Einzelhandels sowie die heutigen Ansprüche an Wohnungsgrundriss und Ausstattung. Die ge- genüberliegenden alten Flachbauten hingegen werden den heutigen Bedürfnissen nicht mehr gerecht und stehen daher teilweise leer bzw. wer- den (notdürftig) zwischengenutzt. Wie ist mit sol- chen aus der ursprünglichen Nutzung gefallenen, für den Ort und seine gewachsene Identität aber städtebaulich prägenden Bauten umzugehen? ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT UND PLANUNGSKULTUR • Möglichkeiten der Bestandsanpassung an Luftaufnahme aus dem Jahr 1959 (Bild: WERK 5/1961) sich wandelnde Bedürfnisse • (städtebaulicher) Denkmalschutz • soziale und Versorgungsinfrastruktur RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Allmend. Grenzübergreifende Planung in verdichteten Agglomerationsräumen I 4 Städte und Ortschaften wachsen seit längerem vieler- orts zu einem funktional verflochtenen zusammenhän- genden Siedlungsraum zusammen. Gleichzeitig fällt stellenweise auf, dass sich angrenzende Siedlungsge- biete sowohl funktional als auch gestalterisch «den Rü- cken» zuwenden. Gebiete und Areale in Grenzräumen stellen aufgrund unterschiedlicher administrativer Zu- ständigkeiten oder komplexer Eigentümerverhältnisse für die qualitätsvolle Weiterentwicklung eine grössere Herausforderung dar. Dies gilt auch für die Erfassung der bestehenden und die Bestimmung der angestreb- ten Qualitäten, wenn die betroffenen Gemeinden ihre Entwicklungsvorstellungen miteinander abstimmen und eine gemeinsame Haltung entwickeln müssen. Situa- tionen dieser Art lassen sich im RZU-Gebiet vielerorts feststellen (u.a. Glattpark-Leutschenbach, Dietikon- Weinigen-Geroldswil, Schlieren-Unterengstringen). Für den Raum Hochbord/Stettbach gilt, dass die All- mend administrativ zur Gemeinde Dübendorf gehört, sich jedoch im Eigentum der Stadt Zürich befindet. Die BZO von Dübendorf weist die Fläche als Zone für öffent- liche Bauten (Oe) aus. Das Freiraumgerüst des Leitbilds Schwamendingen hingegen, bezeichnet die Fläche als «aufzuwertender Freiraum». Allmend als «Zone für öffentliche Bauten» in der BZO Dübendorfs Entwicklungen im angrenzenden Gebiet «Hochbord» Im Freiraumgesrüst Schwamendingen als «aufzuwertender Freiraum» ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT UND PLANUNGSKULTUR • grenzübergreifende Planung • erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen Planungsebenen, Instrumenten und Akteuren • Definition geeigneter Formate für die Zusammenarbeit Allmend innerhalb der «Zentrumszone von kantonaler Bedeutung» im KRP RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Zwicky-Areal. Grenzübergreifende Planung in verdichteten Agglomerationsräumen II 5 Gemeindegrenze (schwarz) übergreifender, 2011 revidierter privater Gestaltungsplan (ZANONI Architekten) Das Zwicky-Areal liegt zur einen Hälfte auf Walli- seller und zur anderen auf Dübendorfer Boden (s. oben). Der Grünraum und vor allem die Autobahn trennen das gesamte Areal deutlich vom übri- gen Teil der Stadt Wallisellen ab (s. unten links). Dieser Umstand wirft auch Fragen bezüglich des Alltagslebens der neuen BewohnerInnen auf: Zu welcher Gemeinde orientieren sie sich? Welche Postleitzahl hat das Gebiet? Wo gehen die Kinder zu Schule? Zur Klärung dieser Fragen müssen die Revidierter PGP im Modell (ZANONI Architekten) beiden Gemeinden kontinuierlich zusammen ar- beiten. Im Gegensatz zum Gebiet Hochbord wer- den die entstehenden und geplanten Projekte im und um das Zwicky-Areal mit der bestehenden Siedlungsstruktur von Dübendorf städtebaulich verbunden. ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT UND PLANUNGSKULTUR • grenzübergreifende Planung • erhöhter Abstimmungsbedarf zwischen Planungsebenen, Instrumenten und Akteuren • Definition geeigneter Formate für die Zusammenarbeit RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Wallisellen. Strategische und konzeptionelle Überlegungen zur Gemeindeentwicklung 6 Wichtige Weichenstellungen für die Entwicklung Walli- Derartigen konzeptionellen Vorstellungen über sellens wurden mit der BZO von 1993 vorgenommen. Mit die angestrebte Gemeindeentwicklung geht eine der Teilrevision im Jahr 2012 wurden die Grundsätze zur Qualifizierung der bestehenden Situation voraus. Entwicklung der Teilgebiete präzisiert. Übergeordnete Ziele Die Auseinandersetzung mit den spezifischen sind die massvolle Verdichtung in den bestehenden Wohn- Charakteristiken der Teilgebiete verschafft einer zonen am Hang, höhere Dichten im Bahnhofumfeld sowie Gemeinde ein besseres Bewusstsein über ihre eine intensive Nutzungsdurchmischung und Verdichtung Stärken und identitätsbildenden Qualitäten. Eine in den Arbeitsplatzgebieten. Ein Freiraumkonzept nimmt Entwicklungsstrategie oder ein Stadtentwick- die landschaftlichen Qualitäten in den Fokus und formu- lungskonzept bieten zum einen Orientierung und liert Potenziale zur Weiterentwicklung. zum anderen ermöglichen sie es, sich bei der späteren Entwicklung konkreter Massnahmen und Projekte darauf zu beziehen. Der übergeordnete Massstab und die dabei ge- wählte «grobkörnige» Charakterisierung von Teil- räumen lassen Interpretationsspielräume zu, während sie gleichzeitig auch der Gesamtent- wicklung eine Richtung vorgeben, von der weder ohne begründeten Anlass noch massiv abgewi- chen werden kann. ASPEKTE DER SIEDLUNGSQUALITÄT UND PLANUNGSKULTUR • Qualifizierung des Bestands als Basis für Entwicklungsvorstellungen • strategische/konzeptionelle Ebene als Orientierungs- und Diskussionsgrundlage Grobe Strukturierung in „Zonen“ im Rahmen der BZO-Teilrevision 2012 Freiraumkonzept von Feddersen & Kloster- mann zusammen mit Brühlmann Loetscher Architekten ETH SIA aus dem Jahr 2013 RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Quartierbüro Richti-Areal. Vertiefende Inputs, Diskussion und Abschluss 7 QUARTIERFÖRDERUNG - UND ENTWICKLUNG WALLISELLEN Das Quartierbüro im Richti-Areal fungiert als zentrale Anlaufstelle mit regelmässigen Öffnungszeiten. Es dient als Treffpunkt, Austauschort, Informations- und Koordinations- stelle. Hinsichtlich der Siedlungsqualität verweist das Angebot der Quartierföderung auf soziale Belange, die im Kontext eines Neubau-Quartiers eine hohe Bedeutung besitzen. Im ersten Schritt geht es um die Integration und Vergemeinschaftung einer neuen Nach- barschaft. Darüber hinaus hat das Büro auch die Aufgabe, Brücken zu schlagen und zwischen den neuen Zuzüglern und den Alteingesessenen aus dem restlichen Teil der Gemeinde zu vernetzen. VERTIEFENDE INPUTS Dieter Zumsteg: Arealentwicklung in Schwamendingen - Planungsprozess und Akteurskonstellationen Reto Lorenzi: Einblicke in die Planung der Grenzräume Allmend Stettbach und Zwicky-Areal Reto Wild: Wechselwirkungen von übergeordneten Vorstellungen und baulicher Entwicklungen TEILNEHMENDE 1. Berchtold Rolf Wangen-Brüttisellen, Vorsteher Bau und Planung 2. Bräm Christine Grün Stadt Zürich, Direktorin 3. Ciaccia Sandro Erlenbach, Leiter Bauabteilung 4. Dorn Benjamin Greifensee, Hochbauvorsteher 5. Eisinger Angelus RZU, Direktor 6. Finsler Hans Affoltern am Albis, Hochbauvorstand 7. Gmür Patrick Zürich, Amt für Städtebau, Direktor 8. Günter Urs Amt für Verkehr (ZH) 9. Hess Martina Affoltern am Albis, Sachbearbeiterin Planung 10. Hohl Hans-Ueli Schlieren, Leiter Abteilung Bau und Planung 11. Holliger Max Vorstand Hochbau und Liegenschaften, Aesch 12. Huber Felix Meilen, Planungsgruppe Pfannenstil (ZPP) 13. Lorenzi Reto Dübendorf, Leiter Stadtplanung 14. Meyer Barbara Schlieren, Projektleiterin Stadtentwicklung 15. Obrist Salomé Amt für Verkehr (ZH) 16. Pasaglia Marsilio Regionalplaner Furttal, PLANAR AG, Zürich 17. Pfändler Stefanie Dübendorf, Stadtplanung 18. Schärer Peter Planungsgruppe Knonaueramt (ZPK), Sekretär 19. Sharma Ana LEP Consultants AG, Projektleiterin 20. Späth Witali RZU, Projektleiter 21. Wegmüller Karl Regensdorf, Bauvorstand 22. Wild Reto Suter von Känel Wild AG 23. Widmer Bruno RZU, Projektleiter 24. Zumsteg Dieter PLANWERKSTADT AG 25. Zwiker Michael Richterswil, Leiter Planung und Bau RZU-SAFARI zur Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung: Ein Streifzug durch das Grenzgebiet von Zürich, Dübendorf und Wallisellen am 25. Juni 2015
Raum/Landschaft 19 ZUP Nr. 80 März 2015 Innenentwick- lung braucht planungs- kulturellen Wandel – gibt es Anzeichen? Die qualitätsvolle Verdich- tung nach innen, also den Raum in gewachsenen Siedlungsstrukturen Innenentwicklung umfasst mehr als nur die bauliche baulich besser zu nutzen – Transformation des Bestands. welche Ansätze gibt es Quelle: RZU dazu in der Praxis? Findet der entsprechende Wandel in der Planungskultur bereits statt? Wie können Für die zukünftige Bewältigung des sondern dass es darum geht herauszu- ortsspezifische Qualitäten Siedlungswachstums stellte 2014 ein finden, welche Prozesse nötig sind, erfasst und weiter- richtungsweisendes Jahr dar. Seit In- ortsspezifische Qualitäten erfassen und entwickelt werden? Welche krafttreten des revidierten RPG am sie bestimmten Vorstellungen entspre- Handlungsoptionen haben 1. Mai gilt ein gesellschaftlicher Auftrag chend weiterentwickeln zu können. die Behörden? an die Planung, das Siedlungswachs- Dass heute ein umfassendes Verständ- Bruno Widmer tum unverzüglich nach innen zu richten, nis der konkreten Situation wesentlich Witali Späth d. h. planerisch und baulich in gewach- ist, soll ein kurzer historischer Abriss Regionalplanung Zürich und Umgebung senen Siedlungsstrukturen zu operie- der Siedlungsentwicklung und der ent- RZU ren. Eine Abwendung von der etablier- sprechenden Planungskultur verdeutli- Seefeldstrasse 329, 8008 Zürich Telefon 044 387 10 43 ten Praxis bedingt jedoch einen chen. info@rzu.ch planungskulturellen Wandel. www.rzu.ch Mit dieser Einsicht schloss die Regio- Drei Modi nalplanung Zürich und Umgebung RZU der Siedlungsentwicklung im März 2014 einen Erfahrungsaus- Die Siedlungsentwicklung seit 1950 lässt tausch-Prozess (Erfa) zum Thema sich grob in drei Epochen beschreiben: «Siedlungsqualität bei innerer Verdich- In der wirtschaftlich dynamischen tung» mit Vertretern aus Verwaltung Nachkriegszeit bedeutete Siedlungs- und Politik ab. Knapp ein Jahr später entwicklung meist Siedlungserweite- sollen die Erkenntnisse mit einigen kon- rung. Seit den 80ern wurden durch De- kreten Bestrebungen aus der Praxis industrialisierung lagegünstige Areale gespiegelt werden. Die im Beitrag auf- frei. Ergänzend zum Modus der Erwei- geführten Ansätze entstammen einer terung gesellte sich die Entwicklung Kurzrecherche und stellen nur einen brachgefallener Industriegebäude und unvollständigen Auszug dar. Die grobe -areale. Derartige Potenziale gehen je- Sichtung ermöglicht dennoch eine Ein- doch besonders in und um Zürich zur schätzung, ob und wie Erkenntnisse in Neige. Es bleiben also zunehmend nur die Planungspraxis Einzug halten. die existierenden Bauzonen mit ihren teilweise unüberbauten oder unternutz- Erkenntnisse des RZU-Erfa zur ten Grundstücken als potenzielle Räu- Siedlungsqualität bei innerer me zur Aufnahme des anhaltenden Verdichtung Siedlungswachstums. Der RZU-Erfahrungsaustausch-Prozess (RZU-Erfa, vier Veranstaltungen von Februar 2013 bis März 2014) zeigte, dass nicht die Definition des Begriffs «Siedlungsqualität» im Zentrum steht, www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 20 ZUP Nr. 80 März 2015 Siedlungsqualität im jeweiligen Planungskulturelle Baustellen schränkt bleiben, sondern muss eben- Modus der Siedlungsentwicklung für eine qualitätsorientierte so die den Bezugsraum prägenden Siedlungsqualität lässt sich in Bezug Innenentwicklung Kräfte erfassen – sozusagen die «un- auf die drei Modi (Erweiterung, Brachen- Die aktuellen Anforderungen an pla- sichtbaren» Arten des Bestands wie entwicklung, Innenentwicklung) jeweils nende Gemeinden sind also deutlich Eigentümerinteressen, lokales Wis- anders verstehen. Drehten sich Quali- höher als diejenigen aus der Zeit der sen und Akteursnetzwerke. Eine der- tätsüberlegungen im Zuge der Sied- Siedlungserweiterung. Zur Erarbeitung art verstandene «Bestandsaufnahme» lungserweiterung noch überwiegend von Lösungen sind «altbewährte», in verlangt wiederum nach Vorgehens- um das (Bau-)Projekt selbst, weil es der Regel formelle Instrumente und weisen, die über formell geregelte Ver- «auf der grünen Wiese» entstand, Verfahren unumgänglich. Für eine qua- fahren hinausgehen. musste bei der Konversion zwingend litätsorientierte Weiterentwicklung des der bestehende Kontext (Bestandsbau- Bestands bedarf es allerdings ergän- Vorgelagerte Prozesse ten, Eigentümerverhältnisse, Altlasten zende, den jeweiligen Bestandssitua- Mit frühzeitigen Klärungsprozessen, in etc.) einbezogen werden. Qualitätsvor- tionen angemessene, also situative und denen der Einbezug relevanter Akteu- stellungen konnten trotz der komplexe- informelle Vorgehensweisen. Damit las- re im Fokus steht, werden drei Zwecke ren Rahmenbedingungen noch relativ sen sich für die heutige Planungskultur verfolgt2: Zum einen helfen vorgelager- gut bestimmt werden. drei sich gegenseitig bedingende «Bau- te Prozesse einer Behörde, in eine ini- Bei der Weiterentwicklung bzw. Ver- stellen» anführen: tiative Rolle zu treten. Zweitens sollen dichtung eines Quartiers oder einer über den informellen Austausch rele- Gemeinde ist der Kontext nicht mehr Analyse und Qualifizierung des vante Interessen und lokales Wissen eindeutig umrissen. Die Herausforde- Bestands sowie Abhängigkeiten und Stolperstei- rungen zur Bestimmung, was die be- Bei der Innenentwicklung geht es im- ne aufgespürt werden. Nicht zuletzt stehende und die zukünftig angestreb- mer um den gebauten und gelebten Ein- schafft ein frühzeitiger Austausch von te Siedlungsqualität ausmacht, ist in zelfall mit seinen spezifischen Entste- Absichten, Vorstellungen und Wissens- gewachsenen Gebieten vielschichtiger. hungsbedingungen, Interessenkonstel- beständen das notwendige Vertrauen – Die Unsicherheiten, mit denen Planung lationen und Problemstellungen. Eine die wichtigste Voraussetzung für eine konfrontiert ist, nehmen in verschiede- Analyse des Bestands darf nicht später gemeinsam getragene strategi- ner Hinsicht zu1 (siehe Grafik unten). auf baulich-räumliche Elemente be- sche Ausrichtung. Handlungsoptionen der Behörde Der RZU-Erfa mit den Vertretern aus Verwaltung und Politik hat gezeigt, dass die Handlungsfähigkeit der Be- hörden in Bezug auf die Erarbeitung Dimensionen der Unsicherheit in den drei Planungsepochen von übergeordneten Leitvorstellungen und deren anhaltende Wirkung in der Umsetzungsphase höher ist als ver- mutet. Um den Handlungsspielraum zu erweitern, muss die bisher bewähr- te Handlungsoption des Bestimmens durch weitere ergänzt werden. Durch den Bedeutungsgewinn konkreter Aus- handlungsprozesse rücken situati- ve Handlungsoptionen wie das Setzen von Anreizen oder das Verhandeln in den Vordergrund. Letztere sind umso bedeutender, wenn es um die Siche- rung von Qualitätsvorstellungen geht. Anzeichen einer neuen Planungskultur? Im zweiten Teil des Artikels erfolgt ein Streifzug durch die Planungspraxis ent- lang der vom RZU-Erfa abgeleiteten «planungskulturellen Baustellen». Die Auswahl entstammt einer Recherche nach Aktivitäten, die den geforderten planungskulturellen Wandel andeuten. Bei der Weiterentwicklung bzw. Verdichtung eines gewachsenen Quartiers ist die Herausforderung zu bestimmen, was künftige Qualitäten ausmacht, vielschichtiger geworden. Quelle: RZU www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 21 ZUP Nr. 80 März 2015 Analyse und Qualifizierung des Bestands Bezüglich der Erkenntnis, dass es für die Weiterentwicklung von Bestands- gebieten eines umfassenden Verständ- nisses der konkreten Situation bedarf, herrscht im Forschungsbereich weitge- teilte Einsicht. Wie sich diese in der Pla- nungspraxis äussert, soll anhand dreier Tools diskutiert werden, welche dabei helfen, Flächenpotenziale zu lokalisie- ren und zu qualifizieren: Der Kanton Zürich hat jüngst das GIS- Tool «Quartieranalyse zur Siedlungser- neuerung»3 veröffentlicht. Mit diesem Hilfsmittel wird jeder Zürcher Gemein- de eine kleinräumige Betrachtung von sogenannten «Kleinquartieren» ermög- Beispiel für einen vorgelagerten Prozess: Planungswerkstatt Zollikon. licht, was erlaubt, Potenzialflächen zur Quelle: Adrian Funk Verdichtung, aber auch anstehende bauliche und demografische Heraus- forderungen (anhand von Baualter, Haushaltsgrössen etc.) zu identifizie- Reaktion dar. Um diese «unsichtbaren» Investition in vorgelagerte Klärungspro- ren. In einer begleitenden Publikation Einflussfaktoren zu erkennen, sind zesse einer Kostensteigerung im späte- wird die Benutzung des Tools einge- kommunikative Methoden nötig. ren Prozess vorbeugen kann. hend erläutert4. Der Kanton Luzern verfügt schon län- Vorgelagerte Prozesse Handlungsoptionen der Behörde ger über ein ähnliches Werkzeug, das Ernstgemeinte Ansätze einer frühzeiti- Der RZU-Erfa zeigte, dass eine be- er seinen Gemeinden zur Nutzung an- gen Einbindung relevanter Akteure sind wusste Kombination der Handlungsop- bietet. Im Unterschied zum Zürcher in der Planungspraxis rar gesät. Zu oft tionen Bestimmen, Anreize setzen und GIS-Tool ist das sogenannte «LUBAT»5 werden planerische Strategien von we- Verhandeln die Handlungsfähigkeit jedoch nicht öffentlich zugänglich und nigen «vorbereitet», bevor sie der Öf- einer Behörde verbessern kann. Es erfordert «vertiefte fachliche Kenntnis- fentlichkeit oder gar direkt Betroffenen braucht jedoch mehr konkrete Erfah- se». Gemäss der offiziellen Beschrei- «präsentiert» oder «erklärt» werden. Im- rungswerte. Aus diesem Grund sollen bung werden vorwiegend Ortsplaner merhin verdichtet sich in der ange- Erkenntnisse der oben genannten Pub- angesprochen. Ein weiterer Unter- wandten Forschung die Erkenntnis zur likation der HSLU in einem praktischen schied ist der Fokus auf die planungs- Bedeutung informeller Klärungsprozes- Modellversuch getestet werden. Das rechtlichen Ausnützungs-Reserven6. se, welche erst «das Feld bereiten» für Auch das dritte Beispiel regt Gemeinden formelle Verfahrensschritte, die da- zu einer umfassenderen Übersicht an. durch gezielter und informierter bear- 1 vgl. Eisinger, Angelus/Loepfe, Matthias Der als «Raum+»7 bekannte Ansatz der beitet werden können. (2014): Wenn der Ausnahmefall zum Normallfall wird – Eckpunkte der Planung im Professur für Raumentwicklung der ETH So widmet sich bspw. eine 2014 er- Zeitalter der Innenentwicklung. In: Zürich geht jedoch weiter und verfolgt schienene Publikation der HSLU8 dem COLLAGE 5/14, S.8 neben der Lokalisierung und der quanti- bewussten Einbezug von Akteuren. An- 2 vgl. Eisinger, Angelus/Loepfe, Matthias tativen Erfassung von Nutzungsreser- hand von vier Phasen bzw. Schritten (2014): Wenn der Ausnahmefall zum Normallfall wird – Eckpunkte der Planung ven auch eine Erhebung qualitativer Flä- (Plan, Ort, runder Tisch, Objekt) werden im Zeitalter der Innenentwicklung. In: cheninformationen wie Lagequalitäten, die jeweils für relevant gehaltenen Ak- COLLAGE 5/14, S.9 Eigentümerschaft (und deren Bereit- teure und Hilfsmittel besprochen. Das 3 www.statistik.zh.ch/internet/justiz_inneres/ schaft zur baulichen Ausnützung der macht die Arbeit nachvollziehbar und statistik/de/aktuell/mitteilungen/2015/ Reserven) sowie die Abschätzung der anwendungsorientiert. Jedoch ist zu quartanalyse_bevstatistik_2015.html zeitlichen Verfügbarkeit von Reserveflä- betonen, dass Planungsprozesse sel- 4 Gysel Oderbolz, Regula (2015): Siedlungs- chen. Da die Innenentwicklung als «Dau- ten linear funktionieren. In einem «vor- strukturen unter der Lupe. In: statistik.info 2015/01 eraufgabe» und als «zyklischer Prozess» gelagerten Prozess», wie die RZU ihn 5 verstanden wird, sind die Gemeinden im versteht, sollten die ersten drei «Schrit- https://rawi.lu.ch/themen/siedlungsentwick- lung/siedlungsentwicklung_hilfsmittel Rahmen von Raum+ befähigt, die Da- te» nicht als lineare Abfolge, sondern 6 Kanton Luzern, rawi (2013): Arbeitshilfe – tenbank fortlaufend zu aktualisieren. eher als parallele und iterative Handlun- Siedlungsentwicklung nach innen Die besprochenen Referenzen verwei- gen verstanden werden. 7 Nebel, Reto (2014): Siedlungsflächen sen auf wichtige Aspekte für eine um- Der flüchtige Streifzug durch die Pla- 8 fassende und situative Bestandsauf- nungspraxis führt zur Einschätzung, HSLU (2014): Qualitätsvolle Innenentwick- lung von Städten und Gemeinden durch nahme. Auf die Notwendigkeit, neben dass es bezüglich vorgelagerter Pro- Dialog und Kooperation. Zürich: vdf den Eigentümern weitere relevante Ak- zesse noch an eingehender Erfahrung 9 www.are.admin.ch/themen/raumplanung/ teure und Einflusskräfte zu identifizie- fehlt, auch aufgrund fehlender finanzi- modellvorhaben/05207/ ren sowie für den Prozess förderliche eller und personeller Ressourcen in vie- lokale Wissensbestände zu aktivieren, len Gemeinden. Dies wiederum verun- stellen sie jedoch keine hinreichende möglicht die Einsicht, dass eine www.umweltschutz.zh.ch/zup
Raum/Landschaft 22 ZUP Nr. 80 März 2015 Für Gemeinden: Start- gespräche zur Ortsplanung Die Gemeinden stehen bei der Umset- zung des kantonalen Richtplans, der vom Kantonsrat am 18. März 2014 neu festgesetzt wurde, vor grossen Heraus- forderungen. Die Richtplanung sowie die am 1. Mai 2014 in Kraft gesetzten Anpassungen am Bundesgesetz über die Raumplanung verlangen eine kon- sequente Umsetzung der Siedlungs- entwicklung nach innen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig die Anforderungen an genehmigungsfähi- ge Richt- und Nutzungspläne zu ken- nen, damit die Planungsarbeiten auf kommunaler Ebene gezielt angegan- gen werden können. Die Vorgaben des Bundesrechts, des kantonalen Raum- ordnungskonzepts und des kantonalen Diese Aufstockung in Thalwil zeigt, wie Bestehendes weiterentwickelt werden kann. Richtplans führen nur dann zu guten Quelle: RZU Lösungen, wenn die Zusammenarbeit zwischen Kanton, Regionen und Ge- meinden intensiviert wird. So sind in den regionalen Raumordnungskon- Projekt «Aufbau eines Netzwerks für Schlussbetrachtung zepten und Richtplänen Entwicklungs- eine kooperative Umsetzung der Innen- Die Ansätze zeigen, dass einige Forde- schwerpunkte zu bezeichnen und die entwicklung»9 wird vom ARE Bund mit rungen aus dem RZU-Erfa «Siedlungs- zu erreichenden Nutzungsdichten fest- 175 000 Franken gefördert. Solche von qualität bei innerer Verdichtung» opera- zulegen. Häufig werden massgeschnei- Forschungsprojekten begleiteten Pro- tionalisiert werden können. Im Beson- derte Lösungen auf kommunaler Ebene zesse lassen auf interessante Erkennt- deren gilt dies für die analytische nötig sein. nisse hoffen, auch hinsichtlich der Grundlagenarbeit, bei der die «Tools» Das kantonale Amt für Raumentwick- Bandbreite an möglichen Handlungs- aufzeigen, welche Informationen er- lung (ARE) unterstützt die Gemeinden optionen von Behörden. gänzend zur üblichen Bestandsaufnah- bei dieser Aufgabe mit verschiedenen Ein weiteres Instrument zur Förderung me erhoben werden müssen und dass Angeboten. Dazu gehören Arbeitshilfen der Handlungsfähigkeit stellen rechtli- bei Innenentwicklungsvorhaben gerade zur Siedlungsentwicklung nach innen, che Grundlagen dar. Im Zusammen- qualitative Grössen wichtige Hinweise zur Umsetzung der Dichtevorgaben hang mit der «Baulandverflüssigung» – liefern. sowie zur aussagekräftigen Berichter- also der Möglichkeit einer Behörde, Zur Aktivierung von lokalem Wissen rei- stattung nach Art. 47 RPV. Dazu gehört Nutzungsreserven zu mobilisieren und chen diese Tools jedoch nicht aus. Das auch das Werkzeug «Quartieranalyse», damit der Baulandhortung entgegenzu- direkte Gespräch zwischen Akteuren das unter Federführung des kantonalen treten, soll auf ein Beispiel im Kanton kann durch kein technisches Hilfsmittel Statistischen Amtes bereitgestellt wird. Luzern verwiesen werden. Dieser ersetzt werden. Selbst Crowdsourcing11 Gemeinden können hiermit z. B. jene räumt, dank einer Teilrevision des Lu- -Ansätze wie «nextzürich»12 sind zwar Quartiere identifizieren, die sich für Ver- zerner PBG, den kommunalen Behör- effektiv für eine öffentliche Ideenpro- änderungen in der Siedlungsstruktur den seit Anfang 2014 die Möglichkeiten duktion, helfen aber nicht, die unsicht- besonders eignen. ein, Bauzonen ihrer planungsrechtli- baren Kräfte einer Situation zu ergrün- Vor diesem Hintergrund bietet das ARE chen Bestimmung zuzuführen (§§ 38 den. Es sind also die situationsgerechten in den nächsten Monaten allen Ge- und 38a). Darüber hinaus gibt das Lu- Beteiligungsprozesse, die für eine er- meinden die Möglichkeit für Startge- zerner PBG den Gemeinden nicht nur folgreiche Innenentwicklung entschei- spräche zur Ortsplanung an. Das Ziel mehr Handlungsspielraum, sondern dend sind. Dazu gehören die aus Sicht besteht darin, die Anforderungen an nimmt sie mit dem § 39 auch in die des RZU stark unterschätzten vorgela- eine genehmigungsfähige kommunale Pflicht, die Siedlungsentwicklung nach gerten Prozesse: Erst sie ermöglichen Richt- und Nutzungsplanung vor dem innen aktiv anzugehen.10 es, Hintergründe, Abhängigkeiten und Hintergrund der neuen Vorgaben zu Handlungsspielräume sowie «windows klären und die Gemeinden bei der Er- of opportunities»13 zu identifizieren. stellung einer Gesamtschau zu unter- 10 Kanton Luzern (2013): Infopapier zum Nicht zuletzt schafft ein kommunikativ stützen. Diese können zum Start einer Thema Baulandverflüssigung und kooperativ angelegter Prozess das Planung oder aber auch als Standort- 11 www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/ Vertrauen zwischen den Beteiligten so- bestimmung bei bereits laufenden Pla- crowdsourcing wie die Legitimierung von übergeord- nungen genutzt werden. 12 www.nextzuerich.ch neten Vorstellungen, welche als quali- www.are.zh.ch 13 zu verstehen als unvorhersehbare tative Orientierungsgrundlage in der Gelegenheiten langen Phase der Transformation not- wendig sind. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Zeitschrift für Planung, Umwelt und Städtebau 5 14 Périodique d’urbanisme, d’aménagement et d’environnement Publikation FSU forum Visuelle Analyse als Methode zur Untersuchung von Raum thema Verdichtungsstrategien – oder: Was ist innen? / Stratégies de densification – De quoi sont faites nos villes?
Inhalt / Sommaire IMPRESSUM COLLAGE Zeitschrift für Planung, Umwelt und Städtebau (erscheint 6 mal pro Jahr) / Périodique d’urbanisme, d’aménagement et d’environnement (paraît 6 fois par année) Herausgeber / Edité par FSU (Fédération suisse des urbanistes / Fachverband der Schweizer Raumplanerinnen und Raumplaner / Federazione svizzera degli urbanisti / Federaziun Svizra d’Urbanists) Redaktion / Rédaction News 4 Aktuelles aus Planung, Umwelt und Städtebau / Zentralkomitee /Comité central: Silvan Aemisegger, Denise Belloli, Léo Biétry, Dominik Frei, L’actualité de l’urbanisme, de l’aménagement Andreas Gerber, Jenny Leuba, Henri Leuzinger, et de l’environnement Isabelle Rihm, Stefanie Ledergerber, Barbara Wittmer; Westschweizer Komitee / Comité romand: Léo Biétry, Oscar Gential, thema 7 Wenn der Ausnahmefall zum Normalfall wird – Eckpunkte Magali Henry, Jenny Leuba, Laurent Matthey, der Planung im Zeitalter der Innenentwicklung / Jean-Daniel Rickli, Urs Zuppinger; Quand l’exception devient la règle – Les conditions Redaktion News /Rédaction News: Lea Guidon de la planification à l’ère de la densification Kontakt und Inserate /Contact et annonces COLLAGE, c/o Henri Leuzinger, Postfach 358, (Angelus Eisinger, Matthias Loepfe) 4310 Rheinfelden 1, Tel. 061 831 70 05, henri.leuzinger@bluewin.ch 10 Folgt städtischer Neubau wirklich der Nachfrage? / Verlangen Sie unsere Inserattarife und Termine / La construction de logements en ville tient-elle vraiment Demandez nos tarifs d’annonces et nos échéances compte de la demande? (Corinna Heye, Sarah Fuchs) Redaktionsschluss / Délai de rédaction COLLAGE 6/14: 19.10.14 13 La contestation citoyenne, un défi salutaire pour les COLLAGE 1/15: 31.12.14 promoteurs de la densification – Expériences en Abonnemente /Abonnements cours dans l’agglomération lausannoise / Widerstand Mitglieder FSU: im Mitgliederbeitrag enthalten / der Bewohner, eine heilsame Herausforderung für die Membres FSU: inclus dans le montant de la cotisation Siedlungsentwicklung nach innen (Urs Zuppinger) Einzelabonnemente Schweiz/Europa pro Jahr (inkl. Porto) / Abonnements individuels Suisse/ 17 Smart Density – Verdichtung als dialogischer und Europe, par année (y.c. frais de port) kooperativer Prozess / Smart Density – La densification CHF 85.00 / € 64,00 comme processus basé sur le dialogue et la coopération Kollektivabonnemente Schweiz pro Jahr (inkl. Porto) /Abonnements collectifs Suisse, (Ulrike Sturm, Peter Schwehr, Colette Peter) par année (y.c. frais de port) > 5 Ex.: CHF 75.00 21 Monte Carasso: La ricerca di un centro / Monte Carasso: > 20 Ex.: CHF 69.00 Versuche um ein Ortszentrum (Luigi Snozzi) Kollektivabos Europa auf Anfrage / Abonnements collectifs Europe sur demande forum 25 Visuelle Analyse als Methode zur Untersuchung Einzelhefte Schweiz / Europa (exkl. Porto) / von Raum (Barbara Hahn, Christine Zimmermann) Exemplaires séparés Suisse /Europe (frais de port non compris) 1 Ex.: CHF 16.00/€ 10,50 Info 30 Nachrichten FSU / Informations de la FSU / 2–6 Ex.: CHF 14.50/€ 9,50 Informazioni della FSU Produktion / Production Konzept, Gestaltung / Graphisme, mise en pages: Hahn und Zimmermann, Bern (www.von-b-und-c.net) Druck / Impression: Stämpfli Publikationen AG, Bern (http://publikationen.staempfli.com) Hinweise / Avertissements Für unverlangt eingereichtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Artikel, Infor- mationen sowie dem Heft beigelegte Prospekte, Initiativen und dergleichen können von der Meinung des FSU abweichen. Nachdruck nur mit Zustimmung der Autoren und Quellenangabe gestattet. Alle Text- und Bildrechte bleiben vor- behalten. / La rédaction dispose librement des textes et images envoyés spontanément. Les articles et informations publiés dans la revue ainsi que les encarts (prospectus, initiatives, etc.) ne reflètent pas forcément la position de la FSU. Toute reproduction requiert l’autorisation de l’auteur et la mention de la source. Tous les droits sont réservés. Titelblatt / Couverture Schutzobjekte oder Kandidaten für die Nachverdichtung? (Foto: Henri Leuzinger) 2 Collage 5/14
Thema Wenn der Ausnahmefall zum Normalfall wird – Eckpunkte der Planung im Zeitalter der Innenentwicklung Angelus Eisinger Prof. Dr., Direktor der Regionalplanung Zürich und Umgebung RZU. Matthias Loepfe Dr. rer. nat. Geographie, Projektleiter RZU. Auf Transformation im Bestand sind Planung und Städte- immer noch die alten. Um den Bestand, und darum geht es im bau ungenügend vorbereitet. Es fehlt nicht nur an inhalt- Kern bei der Innenentwicklung, wirklich zukunftsfähig weiter lichen Qualitätsvorstellungen, sondern vor allem an einer zu entwickeln, braucht es deshalb neue Zutritte und Hand- Planungskultur, die mit dem durch Unsicherheiten gepräg- lungsweisen. ten Thema Siedlungsqualität offen und gestaltend umzu- An welchen Prinzipien könnte sich Planung orientieren, gehen vermag. Gemeinden haben Einflussmöglichkeiten, wenn die bisherigen Modi, Instrumente und Best-Practice- müssen aber dafür über die gewohnten Handlungsweisen Vorstellungen den anstehenden Herausforderungen nicht mehr hinausdenken und sich der vorhandenen Qualitäten be- gewachsen sind? wusst werden, wie Reflexionen über einen Erfahrungs- Grundsätzlich gilt: Innenentwicklung behandelt immer Ein- prozess zu Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung im zelfälle. Das erfordert situatives Handeln, das weder einfa- Grossraum Zürich gezeigt haben. che Rezepte noch Sammlungen von Best-Practice-Beispielen kennt, weder Routinen noch eingespielte Allianzen. Es geht 1. Innenentwicklung: eine neue Epoche der stattdessen um den konkreten Ort mit seinen spezifischen Ent- Siedlungsentwicklung stehungsbedingungen, Interessenkonstellationen und Prob- Die fachliche und mediale Debatte um die weitere räumliche lemstellungen. Diese Fakten bestimmen wesentlich die Lösung Entwicklung der Schweiz kreist aktuell um das Dreieck von Ver- vor Ort, weshalb sich Konzept und Umsetzung nur mit ent- dichtung, Urbanisierung und die dabei zu schaffenden urba- sprechender Abstraktion auf andere Räume übertragen lassen. nen Qualitäten. Städtische Inselräume auf ehemaligen Indus- Insgesamt hängt der Erfolg einer Innenentwicklung we- triegebieten legen davon ein ebenso beredtes Zeugnis ab wie sentlich von der Fähigkeit der Planenden ab, die vor Ort an- die akribisch ausformulierten städtebaulichen Visionen klassi- stehenden Fragestellungen und Problemlagen zu identifizieren schen Zuschnitts für das Zürcher Glatttal, neue Stadtteile um und zu definieren. Dazu bedarf es ebenso der Empathie wie Solothurn oder am Bielersee. Dieses von Immobilienwirtschaft auch geeigneter Verfahren, die Bekanntes, den Bestand, in und Hochschullandschaft gleichzeitig hochgehaltene Urbani- neuem Lichte erscheinen lassen. tätsparadigma trübt aber nur allzu rasch den Blick auf die beträchtlich profaneren Realitäten und Perspektiven der Sied- Im Folgenden wollen wir versuchen, erste Eckpunkte eines so lungsentwicklung jenseits von einzelnen Arealen und Vorhaben. verstandenen situativen Agierens für qualitätsvolle Innenent- Das zeigt sich rasch, wenn wir uns die dominanten Logi- wicklungen abzustecken. Sie bilden das Resultat einer Reflexi- ken der Siedlungsentwicklung über die letzten ca. 50 Jahre on von Ergebnissen eines Erfahrungsaustausches zum Thema vor Augen führen. Über weite Strecken erfolgte bis in die Ge- Siedlungsqualität bei innerer Verdichtung, den die RZU seit genwart Siedlungsentwicklung als Siedlungserweiterung. Die 2013 zusammen mit Vertretern aus Gemeinden aus dem Kern- Bau- und Zonenordnung war dabei das Instrument, mit wel- raum des Zürcher Metropolitanraums und Kantons in mehreren chem diese Prozesse planerisch vorbereitet und (mehr oder Schritten durchgeführt hat. weniger erfolgreich) begleitet wurden. Mit der gegen Ende der 1980 er-Jahre vehement einsetzenden Deindustrialisierung der 2. Innenentwicklung angehen heisst Neuland betreten Schweiz wurden gerade in zentrumsnahen Lagen der Städ- Innenentwicklung zu realisieren, ohne auf die Alternati- te beträchtliche Areale frei, die über neuartige Verfahren wie ven der Siedlungserweiterung und der Brachentransformation Testplanungen in ihren Potentialen reflektiert und über Ge- ausweichen zu können, eröffnet ein neues Kapitel der schwei- staltungspläne und Wettbewerbe zu neuen Stadtbausteinen zerischen Siedlungsentwicklung. Solches Neuland zu betre- umgeprägt wurden. ten, heisst immer auch, unter Unsicherheit zu agieren. Zentral Heute präsentiert sich die Situation noch einmal anders: scheint uns für die nun zu schaffende planerische Praxis im Die Option der Siedlungserweiterung fällt mit dem neuen Umgang mit der Innenentwicklung die entschiedene Verab- Raumplanungsgesetz mehr und mehr aus, während in den schiedung jeglicher Vorstellung, über Planung alle relevan- Wachstumsgebieten kaum mehr Brachflächen zur Umdeutung ten Einflussgrössen der räumlichen Entwicklung ausreichend zur Verfügung stehen. Innenentwicklung sowie Verdichtung bestimmen, erfassen und steuern zu und Qualifizierung des Bestandes lauten die neuen Maximen. können. Gerade anhand der Innenentwick- [1] Rittel, H.; Auch wenn sich diese Herausforderungen grundsätzlich lung lässt sich die alltägliche Triftigkeit Webber, M. (1973): von den bisherigen Modi der Siedlungserweiterung und der der Vorstellung von den «wicked prob- Dilemmas in a general theory of planning. Brachenentwicklung unterscheiden – die Prinzipien der Pla- lems» (Rittel & Webber, 1973) [1] illustrie- In Policy sciences 4(2): nung, ihre Verfahren und Instrumente sind erstaunlicherweise ren, die am Ursprung von Planung stehen: 155–69. Collage 5/14 7
Themen Massstäbe Brachenentwicklung Siedlungserweiterung [ABB. 1] Dimensionen der Unsicherheit und Planungsepochen. Die Unsicherheiten Innenentwicklung nehmen jeweils vom Zentrum auf den Achsen zu den Ecken Akteure Handlungsweisen zu. (Quelle: RZU) Räumliche Themenstellungen, Nutzungskonzepte u.ä. lassen sind. Zur Beurteilung und Kontextualisierung von Einzelpro- sich nicht von Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung und jekten müssen die Gemeinden die nötigen Grundlagen bereits dabei verfolgten Prioritäten trennen, ebenso wie sie nicht von im Vorfeld von konkreten Vorhaben schaffen. In einem ersten Fragen der Macht und der Eigentumsverhältnisse zu lösen Schritt erfolgt dies idealerweise in Form der Erarbeitung über- sind. Diese Komplexität und Heterogenität der Interessen und geordneter Entwicklungs- und Zielvorstellungen für ein Ge- Erwartungen in der Planung anzunehmen erfordert, Unsicher- biet oder die gesamte Gemeinde. Deren Konkretisierung erfolgt heit und Überraschungen als konstitutive Determinanten ins dann durch einen Abgleich mit der Analyse der vorliegenden planerische Arbeiten aufzunehmen und mit ihnen kreativ um- Situation (Einzelprojekt und Umgebung) in Form der Festle- zugehen. Es gilt dabei, einen Umgang mit vier Dimensionen gung von Qualitätskriterien. Sowohl übergeordnete Zielvor- von Unsicherheit zu finden, ohne sich ihnen gegenüber zum stellungen wie auch Qualitätskriterien gilt es im Rahmen eines Vorhinein zu verschliessen: Prozesses gemeinsam mit Betroffenen zu erarbeiten. a) Unsicherheit bezüglich der Themen und Inhalte: Sied- c) Unsicherheit über Akteure: Mit dem Übergang von der lungsqualität entsteht nicht einfach als Verlängerung von Siedlungserweiterung zur Siedlungsverdichtung hat nicht nur einmal festgesetzten ästhetischen Grundsätzen oder funktio die Anzahl, sondern auch die Art der an einem (Verdichtungs-) nalen Vorgaben. Sie ist mehr als ein technisches Problem von Projekt beteiligten Akteure zugenommen. Damit gehen vielfäl- Experten, sie tangiert notwendigerweise unterschiedliche tige Abhängigkeiten, Einflussnahmen und Machtbeziehungen Aspekte der gesellschaftlichen Entwicklung – von demografi- einher. Findet Planung keinen Umgang damit, riskiert sie, reine schen Aspekten über die Zusammensetzung der Bevölkerung Papierwelten zu fabrizieren. bis hin zu Fragen der Bildung und öffentlichen Infrastruktur. d) Unsicherheit bezüglich Handlungsweisen: Unsere De- Verdichtung nach innen meint somit Transformation in einem batten im Zuge des Erfahrungsaustauschprozesses und die umfassenden Sinne, somit gesellschaftliche Veränderung. Da- anschliessenden Analysen haben gezeigt, dass eine Gemeinde rin liegt eine wesentliche Chance der Planung, ihre Prägekraft bei der Planung über unterschiedliche Handlungsmöglichkei- auf den Gang der Dinge zu erhöhen. Daraus resultieren aber ten im Umgang mit relevanten Akteuren verfügt, sich diese auch für Planungskonzepte wesentliche Stolpersteine, Wider- Tatsache aber oft nicht ausreichend vor Augen führt. In Anleh- stände und Blockierungen. Das Instrumentarium der Planung nung an Jessop’s Governance-Typen (Jessop, 1998) [2] stehen und ihre Prozesslogiken müssen mit solchen Realitäten einen dabei drei Optionen im Fokus: Die erste Option ist die des produktiven Umgang finden. Bestimmens. Sie folgt der Logik einer Verordnung und baut b) Unsicherheit bezüglich der Massstäbe: Das Verhältnis auf einem hierarchischen Verhältnis zwischen zwei Akteuren zwischen Projekt und dessen Umfeld (Kontext) ist eines der auf (z.B. Baubewilligung). Eine zweite Handlungsweise liegt im wesentlichen Qualitätskriterien von Transformation. Kontext ist Setzen von Anreizen. Sie stützt sich auf die Logik des Markts dabei visuell, nutzungsbezogen und insbesondere ideell zu ab, wobei sowohl monetäre als auch ideelle Gewinne (z.B. verstehen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass solch vielfältige Überwindung von Hindernissen oder Schaffung von Allianzen), Bezüge zwischen Projekt und Kontext schwierig zu bearbeiten erzielt werden können. Schliesslich besteht in der Praxis des 8 Collage 5/14
Planens und Bauens auch die Möglichkeit des Verhandelns. Eine erste Bilanz Dabei stehen nicht Reglemente oder Gewinne im Vordergrund, Drei Einsichten lassen unsere Erkenntnisse in der Ausein- sondern das «bessere» Argument. Voraussetzung dafür ist ein andersetzung mit Fragen der konkreten planerischen Bewälti- kooperatives und konstruktives Verhältnis zwischen den betei- gung der Innenentwicklung vorläufig zusammenfassen: ligten Parteien, auf dessen Grundlage gemeinsame Vorstellun- 1. Innenentwicklung ist ein räumlich-gesellschaftlicher gen etabliert und umgesetzt werden können. In der geschick- Prozess. Dies ruft nach einem fundamentalen Kultur- und Pra- ten Verbindung dieser unterschiedlichen Modi der Steuerung xiswandel in der Planung. Die Instrumente und Verfahren, die entstehen auch die Voraussetzungen für eine qualitätsvolle die Siedlungsentwicklung seit den 1950 er-Jahren begleitet Innenentwicklung. haben, schaffen keinen ausreichenden Zugriff mehr auf die aktuelle Dynamik der räumlichen Entwicklung und ihre Schwer- 3. Innenentwicklung beginnt mit der Auseinandersetzung punkte. mit dem Bestand 2. Innenentwicklung bedarf eines Kurswechsels hin zu ei- Innenentwicklung bedeutet Bestehendes analysieren, um- ner Planung, die sich ins Feld, also in die vielfältig bestimm- deuten, neu verbinden. Bestand kann dabei nicht mehr länger te konkrete Situation wagt und dabei Auseinandersetzungen nur als Gebilde von Gebäuden und Räumen begriffen werden, nicht scheut, sondern diese als Elemente auf dem Weg zu einer sondern muss als umfassende räumlich-gesellschaftliche Be- Lösung im Sinne von breit abgestützten inhaltlichen Positionen dingung gesehen werden, auf welcher die weitere Entwicklung sowie Prozessdesigns versteht. einer Gemeinde oder eines Stadtteils aufbaut. Die eigentli- 3. Erfolgreiche Innenentwicklung schliesslich, und darin che Herausforderung der Planung liegt darin, Wege zu finden, liegt die zuversichtliche Botschaft unserer bisherigen Recher- diese vielschichtige und widersprüchliche Gemengelage ange- chen, beginnt mit der Einsicht in die Optionen, die sich aus messen zu erfassen, ihre Qualitäten und Eigenheiten heraus- den vorhandenen Qualitäten, Alleinstellungsmerkmalen und zuschälen und aus dieser Sichtung einen Referenzrahmen für Eigenheiten ergeben. Sie lassen sich zu Argumenten fügen, Entwicklungen zu formulieren, der einzelne Vorhaben vor einem die Innenentwicklung als umfassende Aufgabe ernst nehmen Gesamtzusammenhang beurteilbar macht. [3] und im Dreieck von Bestimmen, Anreize setzen und Verhandeln Damit rücken vorgelagerte, auf Beteiligung weiter Kreise bearbeitbar machen. beruhende Prozesse in den Fokus. Indem sie Leitvorstellungen der allgemeinen Entwicklung und ihrer Anforderungen etablie- ren, schaffen sie zwei zentrale Voraussetzungen für die wei- tere Entwicklung: Sie stellen erstens nach aussen inhaltlich bestimmt Handlungsfähigkeit auf der Ebene der Behörde her. Zweitens können so in den Vorphasen über den Austausch mit Betroffenen und weiteren Akteuren Hintergründe und Bedürf- nisse aufgespürt sowie Abhängigkeiten und Stolpersteine er- kannt und bearbeitet werden. Die Ansprüche der Bevölkerung, résumé Quand l’exception devient der Eigentümer und Investoren lassen sich so frühzeitig und angemessen einbinden. Verfahren und Prozesse, die als Leit- la règle – Les conditions de la bildprozesse oder Werkstätten den Bauprojekten und den her- planification à l’ère de la densification kömmlichen Planungsverfahren vorauslaufen, schaffen damit ein kooperatives Verhältnis zwischen wichtigen Akteuren und Principe élémentaire de l’aménagement du territoire, le déve- die Basis für die Legitimation der strategischen Ausrichtungen. loppement du milieu bâti vers l’intérieur représentait jusqu’ici, Darüber hinaus entstehen so «windows of opportunity», die dans les faits, l’exception. Or, la transformation de l’exis- sich sonst kaum ergeben würden. [4] tant constituera bientôt la règle en Suisse. En y regardant de Die Werte und Massstäbe, die eine solche Entwicklung an- plus près, cependant, on s’aperçoit que les professionnels leiten, liegen aber nicht einfach als Referenzgrössen vor. Sie de l’aménagement et de l’urbanisme sont insuffisamment pré- müssen geschaffen werden. Eine Gemeinde muss sich dabei parés à cette nouvelle normalité. Pour pouvoir répondre de klar darüber sein, dass sie mit dem Bestand, dessen Eigen- manière adéquate aux défis du développement vers l’intérieur, heiten und räumlicher Ausprägung ein teures und kostbares c’est un véritable changement de culture qui devra s’opérer. Gut anzubieten hat. Normative Zielvorstellungen wie Urbanität, Tels sont les enseignements tirés d’un processus expérimental Dichte, Durchmischung, Erdgeschossnutzung und anderes mené dans l’aire métropolitaine zurichoise sur le thème de la mehr, die die Debatte um Siedlungsqualität heute prägen, sind qualité urbaine dans les démarches de densification. nicht zu objektivieren, sondern als metaphorische Umschrei- Il s’agit d’une part d’élaborer, dans chaque situation bungen in einem Prozess der Aushandlung für den konkreten concrète, des objectifs et références qualitatifs bien définis. Beispielraum zu reflektieren, nach ihren Inhalten zu selektie- Pour être couronnés de succès, les processus de densifica- ren und in gemeinsam geteilten Vorstellungen zu qualifizieren. tion doivent commencer par une analyse de l’existant et des Nur so kann ein Qualitätsverständnis geschaffen werden, das options qu’offrent les qualités spécifiques du lieu. D’autre auf die Eigenheiten des Ortes, also den genuis loci, Bezug part, les responsables de l’aménagement et de l’urbanisme nimmt. doivent dépasser les manières de faire et procédures habi- tuelles, afin de garantir que les prescriptions normatives des- tinées à cadrer le processus de transformation socio-spatiale [2] Jessop, B. (1998): The rise of governance and the risks of failure. The case of economic development. – In: International Social Science Journal déploient tous leurs effets. Les modalités d’implication des 50, 155: 29–45. acteurs concernés revêtent à cet égard une importance de [3] Vgl. dazu die Vorgehensweisen bei der Transformation der Île de Nantes premier plan. Cela permet en effet aux communes d’accroître oder der 2013 abgeschlossenen IBA Wilhelmsburg in Hamburg. [4] Vgl. dazu den Prozess, den UC Urban Catalyst Studio in Ingolstadt leur capacité d’action, tout en œuvrant à une vision qualita- durchgeführt hat. tive partagée, qui tienne compte du genius loci. Collage 5/14 9
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