11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
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Dez./Jänner 2013/2014 11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen 15 Interkulturelle Mediation 18 Schulische Integra tionsgeschichten 34 Holzblasorchester HoBla-O 42 Hattie-Studie: Faktoren für Lernerfolg
„Jedes Kind ist anders. Alle sind verschieden. Und wir werden im Laufe unseres Lebens immer verschiedener“ Remo H. Largo, Schweizer Kinderarzt und Autor 4 11 Im Überblick Thema Einander begegnen 4 Vielfalt 11 Editorial 5 Sprach- und kultursensibler Unterricht 12 kurz notiert 6 Kompetenzzentrum und Sprachenzentren 14 Herbsttagung der Führungskräfte 10 Interkulturelle Mediation an Kindergarten und Schule 15 Sprachenvielfalt an den Schulen 16 Forschungsarbeit: Schulische Integrationsgeschichten 18 Interkulturelle Bildung in Kindergarten und Schule 20 2 Dezember 2013 / Jänner 2014
21 28 39 Vor Ort Lernwelten Service Mittendrin 21 lokal - global 28 Auf Wanderschaft 39 Kreatives Schreiben im DaZ-Unterricht 22 Auslandserfahrungen Didaktische Materialien zur Wander- eines Zweitsprachlehrers 29 ausstelltung „Flüchtlinge in Südtirol” 40 OEW-Projekt an der Berufsschule 23 Interkulturelle Mediation konkret 30 Materialien zur Interkulturellen Bildung 41 Progetto potenziamento L2 24 Hausaufgabenhilfe für Kinder Seiten der Wissenschaft 42 Materialien für den Kindergarten: mit Migrationshintergrund 31 Schatzkiste der Sprachen 25 Aus der Pädagogischen Fachbibliothek 45 Der Südtiroler Dialekt für jugendliche Medienbildung im Kindergarten 26 Migrantinnen und Migranten 32 Europäischer Sozialfonds (ESF): Projekt für Zweitsprachlehrpersonen gestartet 46 Ein didaktisches Modell Delegation aus Württemberg zum Sprachenlernen 27 informiert sich 33 Deutsches Bildungsressort Rundschreiben 47 Musikschulen: Holzblasorchester HoBla-O 34 Südtiroler Landesregierung Beschlüsse 47 Operation Daywork: Umweltprojekt in Afrika 36 Interview mit Benjamin Kostner – OD-Freiwilliger 37 Berufsschule: Maßnahmen gegen Schulverweigerung 38 Dezember 2013 / Jänner 2014 3
Editorial Julija oder die Kunst des Lernens „Das kann ich nicht, nein … “ sagt sie und wirkt dabei sehr entschieden. Julija ist 16, kommt aus Kasachstan und sitzt in einer zweiten Klasse Gymnasium in Meran. „Nein, ich kann das nicht, ein Kunstwerk zerstö- ren.“ Julija meint das Goethe-Gedicht, das die Schülerinnen und Schüler gerade „zer- schneiden“, neu zusammensetzen, umge- stalten, eben „produktionsorientiert“ bear- beiten. Kinder und Jugendliche mit anderen Erst- sprachen und mit anderem kulturellen Hin- tergrund gehören immer mehr zu unserem (schulischen) Alltag. Der Umgang mit sprachlicher und kultureller Verschieden- heit fordert uns heraus. Er führt uns immer wieder vor Augen, dass unser monolingual raus gelernt, über mich, über uns und darü- und monokulturell geprägtes Bildungssys- ber, dass scheinbar Selbstverständliches tem den gesellschaftlichen Entwicklungen eben nicht ganz so selbstverständlich ist. hinterherhinkt und unsere Methoden oft Wenn wir lernen, ist es wohl immer irgend- nicht mehr so greifen, wie wir es gewohnt wie ein Lernen am Fremden, und vielleicht sind. Was ist also zu tun? ist es auch so: je größer die Fremdheit und Ich denke nicht, dass es darum geht, Be- die Herausforderung der Verstehensannä- währtes über Bord zu werfen. Es geht dar- herung, desto intensiver das Lernen. um, es von einer anderen Seite zu betrach- Ich wünsche uns allen, dass es uns in den ten. Wenn wir hellhörig sind und nachfragen, komplexen und herausfordernden Situatio- dann sagen uns Julija und Pawel, wie diese nen unseres Alltags gelingt, sensibel zu sein andere Seite ausschaut. und neugierig und bereit, die Selbstver- Ausgehend von Julijas Bemerkung haben ständlichkeit zu relativieren und dadurch wir damals in der Klasse intensiv darüber nachhaltiges Lernen zu ermöglichen. diskutiert, wie wir angemessen und res- Die Beiträge in diesem Heft können dazu pektvoll mit Kunst umgehen können, eine vielfältige Anregungen bieten. Diskussion, die wohl ohne Julija so nicht zu- stande gekommen wäre. Ich habe – zusam- Inge Niederfriniger men mit den „einheimischen“ Schülerinnen Kompetenzzentrum Förderung von Kindern und Schülern der Klasse und Julija – viel da- und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Dezember 2013 / Jänner 2014 5
kurz notiert Nachgespürt 11. Südtiroler Rede- wettbewerb für Schü- lerinnen und Schüler Gesamttiroler Fremd- am 10. April 2014 in Bozen sprachenwettbewerbe im Februar und März 2014 Der Papierlocher Acht Zentimeter liegen üblicherweise zwischen den Löchern, die der Papier- locher bei DINA4- und DINA5-Blättern ausstanzt, ihr Durchmesser beträgt Der Südtiroler Redewettbewerb bietet Ju- circa 5,5 Millimeter. Die Erfindung des gendlichen die Gelegenheit, sich zu gesell- Papierlochers, die seither Ordnung in Die Südtiroler Oberschulen sind auch im heu- schaftlich relevanten Themen zu äußern und alle Büro- und Schulunterlagen bringt, rigen Schuljahr wieder zu den Gesamttiroler ihre Anliegen und Meinungen vor einem brei- geht ursprünglich auf Friedrich Soenne- Fremdsprachenwettbewerben der allgemein ten Publikum vorzutragen. Die Teilnehmen- cken zurück. Der deutsche Kaufmann, bildenden Schulen (AHS) am 14. März 2014 in den können zwischen drei verschiedenen Unternehmer und Erfinder entwickelte Brixen und zu jenem der berufsbildenden Ausdrucksformen wählen: zwischen der klas- im Jahr 1886 den Aktenordner, damals Schulen (BHS) am 26. und 27. Februar 2014 in sischen Rede, die die Jugendlichen zu Hause als Briefordner bezeichnet: eine Mappe Innsbruck eingeladen. Die Wettbewerbe er- vorbereiten, der Spontanrede, bei der das mit festen Pappdeckeln und Metallbü- möglichen begabten Schülerinnen und Schü- Thema erst kurz vor Antritt bekannt gegeben geln und einem Druckschieber, der die lern, sich mit Gleichaltrigen über die Landes- wird und dem Neuen Sprachrohr, bei dem eingelegten Blätter festklemmt. Die grenzen hinaus in den Sprachen Latein, Grie- der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind. Löcher, um die Dokumente einzulegen, chisch, Englisch, Französisch und heuer Die Siegerinnen und Sieger vertreten Südtirol mussten mit Nadeln oder einer Schere erstmals auch in Spanisch und Russisch zu beim Finale des Österreichischen Bundes- ins Papier gestochen werden. messen. Je nach Sprache und Wettbewerb wettbewerbes. Es war ein schwieriges Unterfangen, stehen neben Lese- und Hörverständnis- Der vom Deutschen Bildungsressort und dem die Blätter einigermaßen heil einzu übungen sowie Übersetzungs- und Interpre- Amt für Jugendarbeit organisierte Wettbe- ordnen. So erfand Soennecken ein tationsaufgaben mündliche Monologe, Dialo- werb findet am Donnerstag, dem 10. April Gerät, mit dem es gelang, durch die ge und Diskussionsrunden auf dem Pro- 2014 in Bozen statt. Teilnahmeberechtigt sind Kraft eines Hebels und mit zwei Stem- gramm. Die Gewinnerinnen und Gewinner Schülerinnen und Schüler der 3., 4. und peln Löcher von gleichmäßiger Größe in können an den Österreichischen Bundeswett- 5. Klassen der Oberschulen sowie der 3. und genau geregelten Abständen zu stanzen. bewerben teilnehmen. Die Anmeldungen lau- 4. Klassen der Berufsschulen. Die Anmeldun- Ein Restprodukt des Papierlochers fen von Mitte Jänner bis Mitte Februar 2014. gen laufen vom 20. Jänner bis zum 28. Febru- begegnet uns übrigens alljährlich Genauere Informationen enthält die entspre- ar 2014 über die Homepage des Schulamtes in der Faschingszeit: das Konfetti. chende Mitteilung des Schulamtsleiters. www.provinz.bz.it/schulamt. Hier sind auch (MiS) Ulrike Huber, Ulrike.Huber@schule.suedtirol.it, detailliertere Informationen zum Wettbewerb Tel. 0471 417639 zu finden. 6 Dezember 2013 / Jänner 2014
Begabung verpflichtet ... Tagung zur Begabungs- und Begabtenförderung Den Spuren der Kinder folgen Begabungen sind wertvoll – sie zu er- kennen und zu fördern ist ein wichtiger Tagung K10.06 – Bildungswelt Kindergarten Bildungsauftrag. Am 10. Februar 2014 Am Samstag, 15. Fe- findet in der Europäischen Akademie bruar 2014, findet in (EURAC) in Bozen von 9.00 bis 17.30 Bozen in der Aula der Uhr eine Tagung zur schulischen Bega- Wirtschaftsfachober- bungs- und Begabtenförderung mit schule „Heinrich dem Titel „Begabung verpflichtet … Kunter“, Guntschna- Talente fördern – Kompetenzen entwi- straße 1, von 9.00 bis ckeln“ statt. Im Zentrum der von der 13.00 Uhr die Tagung Fachstelle für Inklusion und Gesund- K10.06 „Bildungswelt heitsförderung am Deutschen Schul- Kindergarten“ statt. amt organisierten Tagung stehen die Gabriele Haug wird in ihrem Referat aufzeigen, wie Mädchen und Jun- Fragen, über welche individuellen gen im pädagogischen Alltag forschen, entdecken, staunen, lernen und Lernressourcen begabte Schülerinnen und Schüler verfügen, was be- auf welche Weise die Pädagoginnen und Pädagogen sie dabei beglei- gabungsfördernde Lehrpersonen und Schulen auszeichnet und wie ten können. Die Ausstellung „Den Spuren der Kinder folgen“ veran- Lehren und Lernen gestaltet werden kann, um begabte Menschen schaulicht mit Beiträgen aus Kindergärten aller Kindergartensprengel bestmöglich in ihrer Entwicklung zu fördern. Es referieren Willi vielfältiges und individuelles Lernen der Mädchen und Jungen. Stadelmann von der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz, Zur Tagung sind die Verantwortlichen für den Kindergarten, pädagogi- Heidrun Stöger von der Universität Regensburg und Albert Ziegler sche Fachkräfte sowie Interessierte geladen und aufgerufen, den von der Universität Erlangen-Nürnberg. Anmeldungen sind bis Spuren, welche die Kinder in ihrem Lernen und Leben hinterlassen, 14. Jänner 2014 über „Athena” möglich. Infos zur Tagung: Fachstelle zu folgen. Anmeldung über das Kursprogramm Athena (Anmeldekarte für Inklusion und Gesundheitsförderung, Begabungs- und Begabten- in der Fortbildungsbroschüre). förderung, Siglinde.Doblander@schule.suedtirol, Tel. 0471 417666. Aus meiner Schulzeit … Bildung fängt für mich sehr früh an. Wenn es noch nicht um AN-GELERNTES, AN-GELESENES geht … Als ich in die Grundschule kam, fiel es mir sehr Ich bekam die Erlaubnis und konnte schwer, in meiner Bank sitzen zu bleiben ... entspannter, weil in BEWEGUNG, Ich stellte mich also irgendwann NEBEN die dem Unterricht folgen. Bank und sagte zu meiner Lehrerin Helene Eine GANZKÖRPER-TEILNAHME. Pancheri: „Entschuldigen Sie, Frau Lehrerin, Das machte mir den Raum auf für „Bildung“. aber ich würde gerne stehen.“ ... und trat von einem Bein aufs andere. Krista Posch, Schauspielerin Dezember 2013 / Jänner 2014 7
kurz notiert AUFGELESEN Bilinguale Schule in London Kochen, mixen und servieren Seit September gibt es in London die erste deutsch-englische Grundschule. Die Bri- ten sind zwar Europas größte Fremdspra- Berufsschülerinnen und -schüler auf der Hotelmesse chenmuffel, trotzdem erlebt diese neue Die Schülerinnen und Schüler Grundschule zurzeit einen großen An- der gastronomischen Berufs- sturm. Ein Spiegel-Online-Artikel be- schulen boten auch dieses Jahr schreibt, wie es dazu kam. auf der Fachmesse für das • w ww.spiegel.de/schulspiegel/ausland/ bilinguale-grundschule-in-london-junge- Hotel- und Gastgewerbe einen briten-lernen-deutsch-a-932119.html Service erster Klasse – und sie zeigten, dass die Berufsbildung Chancengleichheit in Südtirol Jugendliche sehr Die internationale Organisation OECD gut auf die Arbeitswelt vorbe- rechnet vor, dass die Chancendiskriminie- reitet. Auf dem gemeinsamen rung in Deutschland besonders hoch ist. Die Gefahr, arm zu bleiben, ist besonders Stand stellten sich die Landeshotelfachschule Bruneck und die Landesberufsschule „Savoy“ Meran groß, wenn man in Deutschland als Mig- vor. Schüler und Schülerinnen präsentierten dort den Besucherinnen und Besuchern Gerichte rund rantenkind lebt, aus einem Arbeitslosen- um das Thema „Käse und Getreide“. Einen Überblick über die Aus- und Weiterbildungsmöglichkei- milieu stammt oder allein ein Kind erzieht. ten im Hotel- und Gastgewerbe bot auf der Hotelmesse zudem die Koordinationsstelle für berufli- Die Agenda 2020 soll die Agenda 2010 er- gänzen und verbessern. che Weiterbildung und Meisterausbildung. Einer der Höhepunkte: Der international renommierte • w ww.zeit.de/2013/36/arme- Barkeeper und gebürtige Sarner Christian Heiss war zu Gast. Er präsentierte seine Cocktail-Krea- chancengleichheit tionen und informierte über die Meisterausbildung zum Restaurant- und Barmeister. Aufnahmeprüfung abgeschafft In den Schweizer Kantonen Zug, Luzern, Schwyz, Uri, Nid- und Obwalden müssen Schülerinnen und Schüler nach der 6. Landtagswahlen 2013 – Erste Hochrechnung Klasse keine Aufnahmeprüfungen mehr bestehen, um aufs Gymnasium gehen zu Schüler der TFO „Max Valier“ präsentieren erste Ergebnisse können. Ein Interview mit Jürgen Oelkers, 18 angehende Maturanten des emeritierter Professor für Pädagogik an der Universität Zürich, klärt darüber auf, Informatik-Zuges an der Tech- warum nicht alle mit dem prüfungslosen nologischen Fachoberschule Übergang ans Gymnasium einverstanden Bozen „Max Valier“ (TFO) waren sind. anlässlich der Landtagswahlen • Neue Zürcher Zeitung, 18. November 2013, S. 40 2013 imstande, aufgrund erster ausgezählter, von der Südtiro- Österreich: Ministerrat beschließt ler Informatik AG gelieferter neues Lehrerdienstrecht Sektionsdaten sowie über einen Die Verhandlungen um das Lehrerdienst- Vergleich mit den Ergebnissen der Landtagswahl von 2008 einen aktuellen Trend zu errechnen. Mit recht ziehen sich in Österreich schon mehr einer Trendrechnung kommt man heute nämlich früher als üblich zu sehr sicheren und stabilen Er- als ein Jahrzehnt hin. Bereits 2001 kündig- gebnissen. te die damalige Unterrichtsministerin Eli- sabeth Gehrer ein neues System der Die Daten wurden sogleich an einen Schüler weitergeleitet, der im Palais Widmann, dem Presse- Lehrerbesoldung an. Nun hofft die noch saal der Landesregierung, für deren Veröffentlichung durch Südtirol 1 sorgte. So erschienen be- amtierende Regierung, „das neue attrakti- reits um 9 Uhr erste, schon recht zuverlässige Ergebnisse, von denen es, wie geplant, gut eine ve Gesamtpaket“ noch vor Weihnachten im Stunde später nur mehr Abweichungen von ± 0,5 Prozent gab. Dann konnten bereits Angaben zur Parlament beschließen lassen zu können, sagte Beamtenministerin Gabriele jeweiligen Mandatsverteilung veröffentlicht werden. Heinisch-Hosek (SPÖ). Lehrer- und Ge- Roland Lafogler, Lehrkraft für Statistik, hatte sich mit seinen Schülern gut auf diesen Tag vorberei- werkschaftsvertretung kritisieren diesen tet. Die Schüler haben Makros so programmiert, dass Daten automatisch aus einer Excel-Datei Entwurf zum Lehrerdienstrecht. Die Maß- eingelesen und damit stets ein aktueller Stand ermittelt werden konnte. Entsprechend prägten nahmen seien leistungs- und dienstneh- merfeindlich. Aufregung und emsiges sowie gut koordiniertes Arbeiten die Stimmung im Studio bei Südtirol 1, • http://derstandard.at/1381373629726/ während man im Landhaus mit viel Spannung auf die ersten Ergebnisse der Schüler wartete. Letzte-Chance-auf-Einigung-zu- Mit einem Knopfdruck können heute dank Internet solche Hochrechnungen sofort auf Bildschirmen Lehrerdienstrecht den Journalisten und Interessierten gezeigt werden, während noch bei den Wahlen im Jahr 2008 Ausdrucke via Fax in das Palais Widmann geschickt werden mussten. 8 Dezember 2013 / Jänner 2014
50 Jahre Einheitsmittelschule Historische Genese und aktuelle Herausforderungen Am 17./18. Dezember 20013 findet in der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen eine Tagung zum Thema „50 Jahre Einheitsmittelschule in Südtirol – histori- Schulen und Genossenschaften sche Genese und aktuelle Herausforderun- gen“ statt. Die Tagung schaut mit einem Euregio-Veranstaltung in Mezzocorona historischen und einem aktuellen Fokus auf ein halbes Jahrhundert Einheitsmittel- schule in Südtirol. Einer Erörterung der bil- dungs- und sozialpolitischen Vision dieses nationalen Schulreformwerkes auf der Makroebene (Siegfried Baur) fol- gen Referate und Diskussionsrunden zu den Herausforderungen, Proble- men und Maßnahmen im Zuge der Implementierung der Reform auf der Mesoebene (Schulamt für die drei Sprachgruppen) und auf der Mikroebe- ne vor Ort (beteiligte Akteure der ersten Zeit). Der zweite Teil steht im Zeichen aktueller Herausforderungen der Mittelschule (Leiter der drei Bildungsressorts) und einer Außensicht auf die Südtiroler Mittelschule im Mehr als 1700 Genossenschaften gibt es in der Europaregion Tirol-Südti- Kontext der aktuellen Diskussion um eine Reform der Sekundarstufe I im rol-Trentino. Im Rahmen der Veranstaltung „Educacoop“ wurden am 27. deutschsprachigen Raum. November 2013 rund 250 Oberschülerinnen und Oberschüler aus allen Organisatoren der Tagung sind das Forschungs- und Dokumentations- drei Teilen der Europaregion die Grundgedanken und Werte des Genos- zentrum zur Südtiroler Bildungsgeschichte (FDZ) an der Fakultät für Bil- senschaftswesens näher gebracht. Die Veranstaltung fand in der Cantina dungswissenschaften der Freien Universität Bozen, das deutsche und das Storica der Kellereien Mezzacorona im Trentino statt. ladinische Bildungsressort der Provinz Bozen sowie der Arbeitskreis Im Mittelpunkt der Tagung standen die Jugendlichen: Eingeladen waren Südtiroler Mittel-, Ober- und Berufsschullehrer/innen (ASM). Oberschulklassen mit wirtschaftlicher Ausrichtung aus der gesamten Europaregion. Sie folgten zunächst den Vorträgen von Professor Carlo Borzaga aus Trient, Präsident des auf Genossenschaften spezialisierten Forschungsinstituts Euricse, und MCI-Professor Siegfried Walch zu Wer- Deutsch ist nicht gleich Deutsch ten, Zielen und Inhalten der Genossenschaften. Dazu hatte die Genossen- schaft Arianna zwölf Spielstationen aufgebaut, an denen die Jugendlichen Lehrmaterialien für den Deutschunterricht in Südtirol Erfahrungen mit dem Genossenschaftswesen sammeln und den Team- Am Dienstag, 10. De- geist stärken konnten. Dabei ging es um Solidarität, Gemeinschaftswe- zember 2013 werden sen, Demokratie, soziale Verantwortung und Frieden. Die Klassen wurden um 10 Uhr in der in zweisprachige Gruppen aufgeteilt, um ein Kennenlernen zu erleich- Europäischen Akade- tern. Vorrangiges Ziel war es, gemeinsam darüber nachzudenken, wie die mie (EURAC) in Bozen Grundsätze des Genossenschaftswesens stärker in den Schulen veran- unter dem Motto kert und in den Unterricht eingebaut werden können. „Deutsch ist nicht Am Nachmittag standen zwei praxisorientierte Vorträge auf dem Pro- gleich Deutsch – gramm: Während Euricse-Geschäftsführer Gianluca Salvatori über Inno- Paese che vai, tedesco che trovi“ Lehrmaterialien für den Deutschunter- vationen im Genossenschaftswesen sprach, berichtete Martin Winkler, richt in Südtirol vorgestellt. Lehrer an der Wirtschaftsfachoberschule Bruneck, von praktischen Er- Varietäten des Deutschen, die Besonderheiten der deutschen Sprache in fahrungen bei der Anwendung von Lernmodulen zum Thema Genossen- Südtirol und das Spannungsfeld Dialekt–Standardsprache stehen dabei schaft im Schulalltag. An einem Runden Tisch diskutierten Vertreter und im Mittelpunkt. Die Lehrmaterialien werden von Schülerinnen und Schü- Vertreterinnen der Schulwelt und der Genossenschaften über die Bedeu- lern der 1E der Mittelschule „Josef Wenter“ in Meran gemeinsam mit den tung des Genossenschaftswesens in der Schule. drei Schulamtsleitern, dem Präsidenten der Stiftung Südtiroler Sparkas- Für Matthias Fink, Generalsekretär der Europaregion, gilt es, Begeiste- se und Silvia Hofer vom EURAC-Institut für Fachkommunikation und rung und Engagement junger Menschen für die Genossenschaftsidee zu Mehrsprachigkeit vorgestellt. Es moderiert Andrea Abel, Koordinatorin wecken. Freiheit, Respekt und Zusammenarbeit seien die Säulen einer des EURAC-Instituts für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit. Genossenschaft, auf deren Grundlage sich die Genossenschaften gerade Weitere Informationen: Silvia Hofer, silvia.hofer@eurac.edu, in der Wirtschaftskrise als regional verankerte, krisenfeste Unternehmen Tel. 0471 055143 bewährt hätten, unterstrich Fink im Rahmen der Veranstaltung. Dezember 2013 / Jänner 2014 9
Im Überblick Herbsttagung der Führungskräfte Im Zeichen des Web 2.0 Dem aktuellen Thema „Informations- und Medienkompetenz im Zeitalter von Web 2.0 und Cloud Computing“ widmete sich die diesjährige Herbsttagung der Führungskräfte am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Brixen. Alle Schulstufen, die Berufsschulen, die Kindergartensprengel und – in diesem Jahr zum ersten Mal auch die Musikschulen – waren vertreten. Martin Ebner, Dozent der Technischen Uni- rinnen und Schüler ihr Mobiltelefon und ihreleichter bedienbar. Auch die Kinder könnten versität Graz und dort für sämtliche E-Lear- Tablets auch gern für Lehr- und Lernzwecke mit kleinen Fingern und großen Augen die ning-Belange verantwortlich, stellte in sei- einsetzen. Lediglich 25 Prozent der Lehrper-Medienwelt entdecken: Das sei eine aufre- nem Referat die Frage: „Ist der Touch- sonen begrüßten dies jedoch. Diese Diskre- gende Entwicklung, die es auch in der Medi- Screen der Füller von morgen?“ Er vertrat panz, diesen 81-25-Gap, gelte es zu überwin-enpädagogik und der frühkindlichen Erzie- die These, dass sich das Bildungssystem von den. Das Lernen von morgen werde koopera- hung zu beachten gelte. Zugleich, so Palme, heute radikal ändern müsse, um die Jugend- tiv sein und sich frei verfügbarer, interaktiver „bekommt die aktive Medienarbeit neue Im- lichen noch erreichen zu können. Kinder und und vernetzter Lehrmaterialien bedienen. pulse und der Einsatz mobiler Geräte er- Jugendliche von heute bezeichnete er als Di- möglicht innovative Bildungsrouten“. Die gital Natives, die Erwachsenen hingegen Umfassender Medienwandel Schul- und Bildungswelt stehe hier vor gro- seien bestenfalls Digital Immigrants. Der zweite Referent der Tagung, Jürgen Pal- ßen Herausforderungen. me, Medienpädagoge, Buchautor und Initia- Die Schulführungskräfte konnten selbst Digital Natives und tor zahlreicher medienpädagogischer Mo- ausprobieren, welche Möglichkeiten QR- Digital Immigrants dellprojekte vertiefte am zweiten Tag das Codes, Backchannels, das Web 2.0 und „Digitales Leben ist für Jugendliche normal, Thema mit zahlreichen praktischen Beispie- Cloud Computing bieten. Gelungene Beispie- selbstverständlich und nicht mehr wegzu- len: „Wir erleben gerade einen umfassenden le zum Einsatz von neuen Medien im Unter- denken. Das Internet ist für sie mit Abstand Medienwandel: Smartphones und Tablets richt wie beispielsweise Tablets stellten Ver- das wichtigste Medium“, so Ebner. Die tägli- erobern den Alltag, Programme werden treterinnen und Vertreter aus Mittel- und che Onlinezeit der Jugendlichen beträgt im durch Apps ersetzt, Wikipedia verdrängt den Oberschule und aus Kindergarten und Be- Schnitt über zwei Stunden. „Die oftmals ge- Brockhaus und die neuen sozialen Medien rufsbildung vor. Experten des Bildungsres- priesene Net-Generation zeichnet sich durch wie Facebook drängen immer stärker in das sorts informierten über didaktische Konzep- gute technische Ausstattung aus, durch Leben der Jugendlichen und Heranwachsen- te, technische Umsetzung und Finanzierung. Kommunikationskompetenz und eine primär den.“ Die medialen Inhalte wanderten vom Auch der Bildungsserver BLIKK mit einigen passive Nutzung moderner Webapplikatio- Bildschirm auf den Touch-Screen, so Palme. wichtigen Neuerungen wurde vorgestellt. nen.“ Dabei würden 81 Prozent der Schüle- Computer würden immer intuitiver und Ein Dankeschön zum Abschied Beim gemeinsamen Abendessen verab- schiedeten sich Ressortdirektor Peter Höll- rigl und das Kollegium der Schulführungs- kräfte in einer herzlichen Feier von den Kol- leginnen und Kollegen, die mit dem Schuljahr 2012/2013 in den Ruhestand ge- treten sind. Dabei zeigte der Chor der Schul- führungskräfte sein Können, virtuos beglei- tet von einem Orchester der Direktorinnen und Direktoren der Musikschulen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die scheidende Bil- dungslandesrätin Sabina Kasslatter Mur ge- würdigt und verabschiedet. Mit einer herzlichen Feier wurden die Führungskräfte verabschiedet, die mit dem Schuljahr Alois Weis 2012/2013 in den Ruhestand getreten sind. Tagungsleiter, Direktor am Schulsprengel Ritten 10 Dezember 2013 / Jänner 2014
Im Überblick Thema Vielfalt Dezember 2013 / Jänner 2014 11
Thema Sprach- und kultursensibler Unterricht Zoom in die Wirklichkeit Junge Menschen mit einer anderen Erstsprache und mit anderem kulturellen Hintergrund in unser Bildungssystem „hineinzufördern“, ist der falsche Weg. Viel besser gelingt Inklusion, wenn Kindergärten und Schulen offen sind für eine sprachlich und kulturell sensible Bildungsarbeit, die allen Lernenden zugute kommt. Ein Beitrag von Inge Niederfriniger*. Wenn ich an Kinder und Jugendliche „mit Fähigkeiten und Besonderheiten zu fördern. den bestimmte sprachliche Aspekte trai- Migrationshintergrund“ denke, fällt mir zu- Wenn wir alles dransetzen, Kinder und Ju- niert. Es wird gezielt an individuellen erst die Sprachförderung ein, dann die Ver- gendliche aus dem Ausland in unser System Stärken und Schwächen gearbeitet. Geeig- mittlung, wie unsere Kultur „funktioniert“. „hineinzufördern“, werden wir dieser Aufga- nete Diagnoseverfahren erlauben es, Mir fallen Elterngespräche mit Unterstüt- be nicht gerecht. Sprachkompetenzen zu analysieren und För- zung von Interkulturellen Mediatorinnen und derprogramme gezielt zu erstellen. Mediatoren ein – und mir fällt ein, dass ich Das integrative Schulsystem Lupen, in denen die Kultur in den Vorder- erstaunt bin und mich darüber freue, wenn Wir haben ein integratives Schulsystem, Ge- grund gerückt wird, sind Projekte oder Un- ein Kind mit Migrationshintergrund ein „gu- setze und Richtlinien sind auf mehrfach he- terrichtseinheiten, in denen die Auseinan- ter“ Schüler oder eine „gute“ Schülerin ist. terogene Gruppen ausgerichtet. Das ist ein dersetzung mit eigenen und fremden Sicht- guter Ausgangspunkt. In der Praxis zeigt weisen im Mittelpunkt stehen. Neben dem Der monokulturelle Blick sich aber, dass Kinder und Jugendliche mit Kennenlernen und Staunen über Unbekann- Bei einem solchen Brainstorming ist zuerst einer anderen Erstsprache und mit anderem tes gilt es dabei auch, Irritationen und Unsi- einmal – auch wenn ich das lieber nicht ge- kulturellen Hintergrund deutlich geringere cherheiten Raum zu geben, die Diskussion stehen möchte – mein monokulturell ge- Bildungschancen haben als „einheimische“ von Vorstellungen, Werten und Überzeugun- prägtes Denken aktiv. Wir richten gerne un- Gleichaltrige. Die Gründe dafür sind vielfäl- gen zu fördern. Nur dann kann es zu einem ser Augenmerk auf Schülerinnen und Schü- tig. Zwei davon könnten folgende sein: Ers- Aushandeln von gemeinsamen Möglichkei- ler, die sprachlich und kulturell nicht so tens: „integrativ“ ist nicht gleichbedeutend ten kommen und nur dann ist die Gefahr ge- recht in unsere Schulwelt „passen“, konzen- mit sprach- und kultursensibel. Zweitens: bannt, durch un- oder halbbewusste Eindrü- trieren uns darauf, sie so „zu fördern“ dass Integrative Förderung findet nicht „automa- cke in vorgefertigten Meinungen und Vor- sie „passen“, und freuen uns, wenn das Pro- tisch“ oder „nebenbei“ statt. Es braucht also Urteilen stecken zu bleiben. jekt gelingt. für eine effiziente Förderung ein Zusam- Es ist unbestreitbar wichtig, in den Landes- menspiel aus individueller (auch „gesonder- Durchgängige Sprachbildung und Schulsprache(n) möglichst gezielt agie- ter“) und integrativer Förderung. Beides und kultursensibler Unterricht ren zu können und sich im Bildungs- und muss im Kontext von sprachlicher und kul- Explizit-Maßnahmen sind sinnvoll und wich- Gesellschaftssystem gut zurechtzufinden tureller Aufmerksamkeit stattfinden, so als tig, nachhaltig können sie aber nur sein, und voranzukommen. Wir bedenken aber ei- ob gewissermaßen mit der Lupe zeitweise wenn sie im Alltag der Schulen rückgebun- nerseits oft nicht, dass ein „Migrationshin- ein kleiner, spezifischer Teil aus einem Ge- den sind, wenn sie eben Teil eines Gewebes tergrund“ – wie auch immer der umstrittene webe herausgezoomt würde. sind. Begriffe wie durchgängige Sprachbil- Begriff verstanden wird – für sich genom- dung, sprachsensibler oder sprachaufmerk- men nicht viel über die Sprachkenntnisse Förderlupen – Kurse und Projekte samer und kultursensibler Unterricht und oder über kulturelle Prägungen aussagt. Eine solche Lupe sind auf der sprachlichen vorurteilsbewusste Bildung sind in diesem Anderseits übersehen wir auch, dass es die Seite die Sprachkurse und die individuelle Zusammenhang Schlagworte. Aufgabe eines Bildungssystems ist, auf die Sprachförderung, wie wir sie für Neuan- Durchgängige Sprachbildung meint, dass Welt draußen vor der Schultür mit ihren ge- kömmlinge kennen, wie sie aber auch auf Bildungseinrichtungen im Bereich der sellschaftlichen Veränderungen zu reagie- höherem Sprachniveau oft sinnvoll und not- Sprachbildung zusammenarbeiten und ge- ren und alle Kinder und Jugendlichen, die wendig sind. Individuell und in „gesonder- meinsame, verzahnte Konzepte anwenden. ihm anvertraut sind, mit ihren spezifischen ten“ zeitlichen und örtlichen Räumen wer- Horizontal ist die Zusammenarbeit zwischen 12 Dezember 2013 / Jänner 2014
... eine Schule, in der alle den für sie passenden Platz finden können … den Fächern gemeint, vertikal der Aus- Fachunterricht gilt es, das Bewusstsein zu ähnlichen Sicht- und Verhaltensweisen und tausch zwischen den einzelnen Bildungsstu- schärfen, dass die Auswahl und die Betrach- das immer neue Ausloten von Grenzen und fen. Ein Aspekt dieser Durchgängigkeit ist tungsweise der Inhalte und die Bedeutung, Möglichkeiten beim Verstehen und Akzeptie- der sprachsensible Unterricht. Im Fachun- die wir ihnen beimessen, stark kulturell ge- ren gibt allen die Möglichkeit, sich bewusst terricht – von Mathematik über Geschichte prägt sind. In Geografie wie in Geschichte, in mit der eigenen Identität auseinanderzuset- bis hin zu Sport – geht es darum, neben der Mathematik wie in den Sprachfächern ist zen, und stärkt die Handlungskompetenzen inhaltlichen auch die sprachliche Kompo- beispielsweise der europazentrierte Blick zu in vielfach vielfältigen Gemeinschaften. nente zu berücksichtigen und die Inhalte hinterfragen, durch den unser Denken und Sprachlich wie kulturell aufmerksamer Un- durch gezielte Aufgabenstellungen so aufzu- viele unserer Materialien geprägt sind. terricht kommt also allen zugute. bereiten, dass sie einerseits für die Schüle- Wenn wir es schaffen, den Blick zu öffnen, rinnen und Schüler zu bewältigen sind und Unterricht für alle wenn wir es schaffen, die Herausforderun- anderseits mit dem Fachwissen auch impli- Schülerinnen und Schüler gen, die sich durch sprachlich und kulturell zit Sprache geübt wird. Sprach- und kultursensibler Unterricht bie- heterogene Gruppen ergeben, als Anlass Wenn es um einen kultursensiblen Unter- tet – und das ist schließlich der springende zum eigenen Lernen und zur Weiterentwick- richt geht, so geht es um ein bewusstes Punkt in einem integrativen System – allen lung unseres Unterrichts zu nutzen, sind wir Wahrnehmen der kulturellen Themen, die in Schülerinnen und Schülern die Möglichkei- und gleichzeitig unsere Schülerinnen und den Inhalten liegen. In fächerübergreifenden ten, die eigenen Fähigkeiten und Kompeten- Schüler gerüstet für eine Gesellschaft, in der Bereichen wie den sozialen und kommunika- zen einzusetzen, auszubauen und zu stärken. „Anders-Sein“ sein darf und in der alle einen tiven Kompetenzen oder den Methodenkom- Unterschiedliche Sprachkompetenzen und für sie „passenden“ Platz finden können. petenzen geht es etwa um die Reflexion und unterschiedlichen Förderbedarf stellen wir die Auseinandersetzung mit Wertvorstellun- bei allen Schülerinnen und Schülern fest, * Inge Niederfriniger leitet das Kompetenzzentrum gen und kulturellen Grundannahmen, die unabhängig von ihrer Erstsprache. Die Aus- Förderung von Kindern und Jugendlichen mit hinter unseren Verhaltensweisen stehen. Im einandersetzung mit unterschiedlichen und Migrationshintergrund. Dezember 2013 / Jänner 2014 13
14 Kompetenzzentrum und Sprachenzentren Thema für Kinder mit Migrationshintergrund Dezember 2013 / Jänner 2014 Deutsches Bildungsressort Italienisches Schulamt Ladinisches Schulamt Bereich Innovation und Beratung Sprachenzentrum Schlanders Kompetenzzentrum Sprachenzentrum Bozen PBZ Schlanders, 39028 Schlanders, Franziskusstraße 6 39100 Bozen, Amba-Alagi-Straße 10 PBZ Bozen, 39100 Bozen, Amba-Alagi-Straße 10 • Sabina Mair, Tel. 0473 730848 • Inge Niederfriniger, Tel. 0471 417241 • Fabio Casati, Tel. 0471 417268 sabina.mair@schule.suedtirol.it inge-elisabeth.niederfriniger@schule.suedtirol.it fabio.casati@schule.suedtirol.it • Friedrich Hofer, Tel. 0471 417257 • Verena Debiasi, Tel. 0471 417265 friedrich.hofer@schule.suedtirol.it verena.debiasi@schule.suedtirol.it • Michaela Schlomm, Tel. 0471 417646 michaela.schlomm@schule.suedtirol.it • Irene Costa, Tel. 0471 417023 Sprachenzentrum Bruneck irene.costa@provinz.bz.it PBZ Bruneck, 39031 Bruneck, Josef-Ferrari-Straße 10 Ladinisches Schulamt, 39100 Bozen, Bindergasse 29 Sprachenzentrum Unterland • Annalisa Gallegati, Tel. 0471 411326 PBZ Bozen, 39044 Neumarkt, Franz Bonatti Platz 2/3 • Sabine Kurz, Tel. 0474 530186 annalisa.gallegati@provincia.bz.it sabine.kurz@schule.suedtirol.it Italienisches Schulamt, 39100 Bozen, Neubruchweg 2 • Emanuela Atz, Tel. 0471 824166 emanuela.atz@schule.suedtirol.it Sekretariat • Roswitha Obkircher, Tel. 0471 417246 roswitha.obkircher@schule.suedtirol.it • Julia Obertegger, Tel. 0471 417249 Sprachenzentrum Brixen julia.obertegger@schule.suedtirol.it Sprachenzentrum Meran PBZ Brixen, 39042 Brixen, Stadelgasse 8/b PBZ Meran, 39012 Meran, Palais Esplanade, Sandplatz 10 Interkulturelle Mediation • Klara Oberhollenzer, Tel. 0472 278221 • Verena Mitterer, Tel. 0473 252207 klara.oberhollenzer@schule.suedtirol.it • Ljubica Subotic Rapo, Tel. 0471 417219 verena.mitterer@schule.suedtirol.it ljubica.rapo@schule.suedtirol.it Die Sprachenzentren bieten Beratung im Bereich Sprachförderung und interkulturelle Bildung für Kindergärten, Schulen und Familien mit Migrationshintergrund. Sie organisieren in Zusammenarbeit mit den Schulen Sprachkurse für Kinder und Jugendliche mit anderen Erstsprachen und arbeiten in Netzwerken mit anderen Institutionen zusammen. Die Sprachenzentren arbeiten sprachgruppenübergreifend für das deutsche und italienische Bildungssystem.
Interkulturelle Mediation an Kindergarten und Schule Mittler der Kulturen Sie bilden eine Brücke zwischen Menschen verschiedener Kulturen und Sprachen, helfen bei der Orientierung und begleiten den Prozess der wechselseitigen Annäherung: Die Interkulturellen Mediatoren und Mediatorinnen, die für Kindergarten und Schule unverzichtbar sind. Die wichtigsten Informationen dazu im Überblick. > Genossenschaftlich organisiert • begleiten Klassen und Gruppen bei der den Kindergarten oder die Schule, an die Seit September 2013 besorgt die Sozialge- Planung und Durchführung von interkul- territorial zuständige Koordinatorin des nossenschaft Savera an allen deutschen und turellen Projekten Sprachenzentrums und an die Sachbear- italienischen Kindergärten und Schulen • fördern den interkulturellen Austausch beiterin der Verwaltung. Südtirols den Dienst Interkultureller Media- zwischen Kindern oder Jugendlichen und • Die Genossenschaft ist gefordert, umge- tion. Dafür bekam sie den Zuschlag über den Familien hend mit Kindergarten oder Schule in eine im vergangenen Winter veröffentlichte • arbeiten in Absprache mit dem Klassen- Kontakt zu treten und den ersten Termin öffentliche Ausschreibung. rat, wobei die Ziele und Ergebnisse ihrer zu vereinbaren. Auch der Kindergarten Tätigkeit schriftlich festgehalten und eva- oder die Schule kann die Genossenschaft Die Interkulturellen Mediatoren und luiert werden. telefonisch kontaktieren, die Telefonnum- Mediatorinnen mer der Genossenschaft ist in der Beauf- • kommen in der Regel aus demselben Kul- > Der zeitliche Rahmen tragungsmail angeführt. Die Interkultu- turraum wie die begleiteten Familien, Kin- Das Kompetenzzentrum stellt für das lau- relle Mediation kann beginnen. der und Jugendlichen und sprechen deren fende Schuljahr mehr Stunden für Interkul- Sprache turelle Mediationen als bisher für Neuan- Friedrich Hofer • kennen die Kultur unseres Landes und kömmlinge an Kindergärten und Schulen zur Kompetenzzentrum Förderung von Kindern und sprechen die Unterrichtssprache Verfügung: Jugendlichen mit Migrationshintergrund • kennen Gesetze und Richtlinien der Bil- • 15 Stunden für die Ersteingliederung dungssysteme beider Länder eines Kindes im Kindergarten (bisher • haben eine Ausbildung als Interkulturel- waren es 10); len Mediator oder Mediatorin • 30 Stunden für die Ersteingliederung eines Jugendlichen in Schulen (bisher > Aufgabenbereiche waren es 20); Die Interkulturellen Mediatoren und Für klärende Gespräche zwischen Schüler- Mediatorinnen eltern und pädagogischen Fachkräften oder • begleiten Kinder und Jugendliche und de- Lehrpersonen stehen einzelne Stunden zur ren Familien in der ersten Phase der Verfügung, ebenso kann ein Interkultureller Orientierung in Kindergarten und Schule Mediator oder eine Mediatorin Gruppen oder • beraten in Bezug auf Kultur, Religion, Klassen bei der Planung und Durchführung Tradition, Sprache(n), Schulsystem usw. interkultureller Projekte unterstützen. Weiterführende Informationen • übersetzen wichtige Mitteilungen und Unter www.bildung.suedtirol.it/ Informationen > Die Schritte zur referate/migration/ finden sich neben • erleichtern die Kommunikation mit Kindern Interkulturellen Mediation den erforderlichen Formularen viele und Jugendlichen und deren Familien • Der Kindergarten oder die Schule reicht zusätzliche Information und Materialen, • unterstützen die pädagogischen Fachkräf- am Kompetenzzentrum ein Gesuch (siehe so sind beispielsweise die wichtigsten rechtlichen Bestimmungen angeführt, ein te an Kindergärten und die Lehrpersonen Box) um Zuweisung von Stunden für Inter- Leitfaden für den Einsatz Interkultureller an Schulen bei der Rekonstruktion des kulturelle Mediation ein, füllt dabei alle Mediatoren und Mediatorinnen im Bildungsweges der Kinder/Jugendlichen vorgesehenen Felder genauestens aus. Bildungssystem und andere Publikationen • informieren über Kultur und Schulsystem • Das Kompetenzzentrum bearbeitet das und Unterrichtsmaterialien. im Herkunftsland Gesuch umgehend und beauftragt die Ge- Unter www.mediatoriculturali.bz.it geht es zur Homepage der Genossenschaft • arbeiten mit pädagogischen Fachkräften nossenschaft mit dem Dienst. Die Beauf- Savera. bei interkulturellen Projekten zusammen tragung geht per E-Mail zur Kenntnis an Dezember 2013 / Jänner 2014 15
Thema Sprachenvielfalt an den Schulen Über die Normalität des Fremden Wie gehen unsere Bildungseinrichtungen mit der Mehrsprachigkeit um? Nutzen Südtiroler Schulen das Potenzial der Mehr sprachigkeit? Verena Debiasi* stellt einige Überlegungen zur sprachlichen und kulturellen Verschiedenheit in unserem Land an. Am 29. Juli 2013 wurde in Bozen die XV. In- angesehen. Viel wird in die Sprachförderung Familie spricht Russisch, das werde ich ternationale Deutschlehrertagung (IDT 2013) dieser „Schüler und Schülerinnen mit Mig- später erfahren, aber meine siebenjährige eröffnet. Diese einwöchige Veranstaltung rationshintergrund“ investiert, wobei unter Nichte hat mir in einem Satz die sprachliche gilt als das größte Forum für Deutsch als Sprachförderung vorrangig das Erlernen der Vielfalt und den natürlichen Umgang damit Fremd- und Zweitsprache und wird alle vier Zielsprache, der Schulsprache Deutsch/Ita- nahe gelegt. Jahre vom Internationalen Deutschlehrer- lienisch, verstanden wird. Dabei wird als verband (IDV) ausgerufen. Nach Luzern, Maßstab für gelungenen Spracherwerb, be- Was brauchen wir in der Zukunft? Graz und Weimar war erstmals Bozen an der wusst oder unbewusst, die muttersprachli- Die Kinder, die ich hier zu Wort kommen las- Reihe. 2.684 Deutschlehrer und -lehrerin- che Kompetenz vorwiegend einsprachig auf- se, wissen wahrscheinlich mehr als ich, mit nen aus 110 Ländern und fünf Kontinenten wachsender Personen herangezogen. Die Sicherheit wissen sie mehr, als ich in ihrem trafen hier zu einem regen Austausch zu- Förderung der verschiedenen Herkunfts- Alter wusste. Sind sie uns Erwachsenen vor- sammen. Es ist ein Leichtes, an diesem Bei- sprachen bleibt zweitrangig beziehungswei- aus? spiel Sprachenvielfalt und interkulturelle se wird völlig vernachlässigt. Kaum jemand Sie nehmen verschiedene Herkunftsspra- Begegnung als Bereicherung darzustellen. traut sich daran zu denken, dass diese Spra- chen in ihrer unmittelbaren Umgebung wahr Ich habe mir mit großem Interesse das chenvielfalt an Südtiroler Schulen ein Vorteil und entwickeln einen relativ normalen, von Deutsch-Lehren und Lernen in verschiede- für die gesamte Klasse, für alle Schülerin- Neugier geprägten Umgang damit. In der nen europäischen, afrikanischen und asiati- nen und Schüler darstellen könnte. Viel- zwischenmenschlichen Kommunikation schen Staaten angehört und große Lust ver- leicht sollten wir die Perspektive ändern. Ich nehmen sie Rücksicht darauf, dass verschie- spürt, Fragen zu stellen, um die mir so lasse hier Kinder sprechen! dene Menschen in verschiedenen Situatio- fremd anmutenden Realitäten näher ken- „Ich kann ciao auf Urdu sagen!“, eröffnet ein nen verschiedene Sprachen verwenden. In nenzulernen. Kein Wunder, denn ich bin fünfjähriges Südtiroler Mädchen ihrer er- der heutigen globalisierten Gesellschaft, die selbst Deutschlehrerin, genauer gesagt staunten Oma nach dem Kindergarten. Wann sich aufgrund von Mobilität und Migration Deutsch-als-Zweitsprach-Lehrerin an italie- habe ich von der Existenz dieser Sprache er- kontinuierlich und rapide verändert, ist dies nischen Schulen in Südtirol, und habe mich, fahren? vielleicht die einzig richtige Vorbereitung auf sowohl privat als auch beruflich, kontinuier- „Flutura heißt im Kosovo Schmetterling!“, so eine Zukunft, die wir nicht mehr verlässlich lich mit Zweit- und Fremdsprachenlernen erklärt eine zwölfjährige Mittelschülerin ih- vorhersagen können. Hans Hunfeld, emeri- auseinandergesetzt. Als Koordinatorin des rer Mutter die Bedeutung des Namens ihrer tierter Professor für die Didaktik der engli- Sprachenzentrums Bozen hat sich mein Schülerin. schen Sprache und Literatur an der Katholi- Interessengebiet seit 2009 deutlich erwei- Ein elfjähriges Mädchen klickt im Internet schen Universität Eichstätt–Ingolstadt, tert, vom Lehren und Lernen von Deutsch einen Polnisch-für-Anfänger-Kurs an, weil drückt das folgendermaßen aus: „Im Haus als Zweitsprache für italienische Schülerin- ihre Freundin aus der Grundschule mit ih- Europa werden nicht Freunde miteinander nen und Schüler hin zum Lehren und Lernen rem Vater nach Polen zurückgekehrt ist. Sie leben, die einander verstehen, sondern von Deutsch und Italienisch für Schülerin- sind weiterhin über Skype in Kontakt, aber Fremde, die auch dann friedfertig miteinan- nen und Schüler verschiedener Herkunfts- „Alina hat Angst, dass sie das Deutsche ver- der leben müssen, wenn sie sich nicht ver- sprachen. gisst. Vielleicht sollte ich ein bisschen Pol- stehen.“ (Hunfeld, Hans: Fremdheit als nisch lernen, sicherheitshalber.“ Wer von Lernimpuls. Skeptische Hermeneutik, Nor- Sprachenvielfalt als Vorteil uns hat während seiner Schulzeit eine ähnli- malität des Fremden, Fremdsprache Litera- für die gesamte Klasse che Anregung zum Erlernen einer Fremd- tur. Alpha Beta/Drava Verlag, Bozen/Kla- Die zunehmend sprachlich buntere Zusam- sprache erfahren? genfurt, 2004) mensetzung in unseren Südtiroler Schul- Ich selbst spreche die Freundin meiner sie- Daher fordert er, dass ein Kind beim Erler- klassen, wo Kinder und Jugendliche aus fünf benjährigen Nichte im Schwimmbad auf Ita- nen einer Sprache auch lernen muss, „dass Kontinenten und aus über fünfzig verschie- lienisch an. „Ciao, vuoi giocare con noi?“ und Sprache allein nicht ausreicht, […] dass es denen Herkunftsländern zusammentreffen, werde prompt belehrt. „Sie redet nicht Itali- eine Haltung der Neugier, des Respekts, des ähnlich wie bei der eingangs erwähnten IDT enisch, sondern Deutsch … mit mir, mit ihrer lebenslangen Lernens – mit seinem jeweili- 2013 in Bozen, wird kaum als Bereicherung Mama redet sie eine andere Sprache.“ Die gen Gegenüber – entwickeln muss.“ 16 Dezember 2013 / Jänner 2014
Erste Station der Wanderausstellung war die Mittelschule „Josef von Aufschnaiter”. Die Standposter der Wanderausstellung laden zum Mitmachen und Mitspielen ein. Wahrnehmen und wertschätzen „Ich mache einen Entwurf von ihm“, sagte In unserem dreisprachigen Land fällt schon Herr K., „und sorge, dass er ihm ähnlich Interaktive Wanderausstellung: beim Betreten der Schulgebäude auf, dass wird.“ „Sprachenvielfalt: in der Welt Zwei- und Mehrsprachigkeit gefördert wird. „Wer? Der Entwurf?“ Meist hängen in Gängen und Klassenräu- „Nein“, sagte Herr K., „der Mensch.“ und vor unserer Haustür“ men, nicht nur in ladinischen Schulen, Pla- (aus Bertolt Brecht: Geschichten vom Herrn Die Ausstellung befasst sich mit den kate in drei verschiedenen Sprachen, Keuner) Fragen: „Wie viele Sprachen kann man Deutsch, Italienisch, Englisch und/oder La- Die grundlegende Frage ist, ob ich die viel- lernen?“ - „Wie klingt Litauisch?“ - „Welche Sprachen sprechen wir hier in dinisch. Weitere Sprachen, die, wie wir in- fältige Verschiedenheit erkennen kann und Südtirol noch?“ Sie wurde im Rahmen zwischen hinlänglich wissen, in der Schüler- ob ich sie anerkennen und bewahren möchte des Projektes „SMS - Sprachenvielfalt schaft vorhanden sind, scheinen seltener oder ob ich sie leugnen und die vielfältig ver- macht Schule“ von Mitarbeiterinnen auf. Fehlt es an der Wahrnehmung oder an schiedenen Lerner in der Gruppe alle gleich und Mitarbeitern der EURAC konzipiert und gestaltet. Die Ausstellung besteht der Anerkennung dieser Sprachen? Wie machen will, damit sie meinem Entwurf von aus sieben großen und mehrsprachigen kann man Wertschätzung einer Sprache ge- den Menschen ähnlich werden. Standpostern und einer Lernstation mit genüber signalisieren, wenn man diese Anleitungen dazu, wie man sein eigenes Sprache nicht einmal sichtbar macht? Sprachenvielfalt macht Schule Sprachporträt aufzeichnet oder wie man Die EURAC hat in Zusammenarbeit mit den in anderen Alphabeten schreibt. Es gibt Videointerviews mit mehrsprachigen Normalität der Verschiedenheit Sprachenzentren das Projekt „Sprachenviel- Personen zu sehen und eine Sammlung Weit verbreitet ist auch der Mythos von ho- falt macht Schule” entwickelt, das sich auf die von Lieblingswörtern, bei der jede und mogenen Lernergruppen. Doch woran liegt Beantwortung der Frage, wie an Südtiroler jeder mit seinen persönlichen Favoriten es, dass meist alle Bemühungen, homogene Schulen das Potenzial der Mehrsprachigkeit mitmachen kann. Mit der Wanderausstellung steht den Gruppen zu bilden, scheitern? Wahrschein- wahrgenommen und genutzt wird, konzent- Lehrkräften künftig ein Hilfsmittel zur lich an der vielfältigen Verschiedenheit, die riert. Dazu gibt es nun auch eine Wanderaus- Verfügung, um das Bewusstsein und Menschen auszeichnet, denn es gibt ver- stellung, die von den Schulen kostenlos ange- die Wahrnehmung für Sprachen und schiedene Lernertypen mit unterschiedli- fordert werden kann. Dies ist hoffentlich ein Mehrsprachigkeit in ihren Klassen zu chem Vorwissen und unterschiedlichen Inte- weiterer Beitrag, um Sprachenvielfalt und in- stärken. Ziel ist es, Mehrsprachigkeit als allgemeines Bildungsziel umfassend zu ressen, mit verschiedenen kulturellen, reli- terkulturelle Begegnung als Bereicherung zu vertiefen. Die Bereiche Innovation und giösen, familiären Traditionen und erkennen. Gemeinsam sollten wir uns trauen Beratung des Deutschen und Ladinischen Gewohnheiten, mit verschiedenen Her- und auch zutrauen in unseren Schulen Elite- Bildungsressorts und die Area Pedagogica kunftssprachen; es gibt auch zwei- und schulen zu sehen, in denen gerade der Um- des Italienischen Bildungsressorts arbeiten als Kooperationspartner mit. Die mehrsprachig Aufwachsende mit unter- gang mit vielfältig Verschiedenen zentral und Ausstellung tourt bis Juni 2014 durch ganz schiedlichen Lebenserfahrungen und Welt- zukunftsweisend wird. Südtirol. wissen. Nähere Informationen bei Dana Engel, „Was tun Sie,“ wurde Herr K. gefragt, „wenn * Verena Debiasi ist Koordinatorin am Tel. 0471 055143, dana.engel@eurac.edu Sie einen Menschen lieben?“ Sprachenzentrum Bozen. Dezember 2013 / Jänner 2014 17
Thema Forschungsarbeit: Schulische Integrationsgeschichten Vielfalt zum Leuchten bringen Wie Jugendliche erster Migrationsgeneration ihren Schulwechsel von einem Land in das andere wahrnehmen, hat Irene Cennamo zum Gegenstand ihrer Forschungsarbeit für das Doktorat an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Bozen gemacht. Sie geht der Frage nach, was die Jugendlichen als lern- und integrationsfördernd erlebt haben und was als hemmend. Ihre Erkenntnisse hat sie für INFO zusammengefasst. Meine Forschungsarbeit trägt den Titel „Do- deutsch, und ja, rede auch nur noch Interkulturellen Kompetenz (vgl. Chisholm/ ing Difference im Schulalltag“. Jugendliche Deutsch.“ Peterlini 2012), erinnern diese Orientierun- erster Migrationsgeneration wurden zum Die Datenanalyse dieser Interviewgruppe gen stark an den „emotionalen Argwohn“ Subjekt der Studie, während sie – laut ihren brachte ein interessantes Phänomen zum (ebd.: 118) und an eine gewisse Abwehr, die Erzählungen – oft Objekte besonderer schu- Vorschein: Der Wille und Wunsch nach Ein- (Gesamt-)Südtiroler Jugendliche immer wie- lischer Interventionen sind. Subjektwissen- sprachigkeit geschieht nicht nur auf Kosten der der lokalen Zweitsprache entgegenbrin- schaftliche Forschung beschäftigt sich, in der Familiensprache oder Herkunftssprache, gen. Der fehlende sozialemotionale Zugang meinem Zusammenhang, mit der Frage, wie sondern überträgt sich – vermutlich im Sinne zu den jeweiligen Zweitsprachen charakteri- Kinder infolge der Migrationserfahrung ihre einer habituellen Übereinstimmung an der siert spiegelgleich die Aussagen neu zuge- neue Wirklichkeit an Südtirols Schulen kons- Schule – auch auf die jeweilige lokale Zweit- wanderter Schüler und Schülerinnen. truieren. Die Rekonstruktion der Bildungser- sprache. Vergleicht man den Inhalt der Aus- fahrungen mittels narrativer Interviews gibt sagen mit Interviews von Südtiroler Jugend- Schule als interkultureller daher Einblick in die Alltagspraxis der jewei- lichen in neueren Studien zur lokalen Zweit- Erfahrungsraum ligen Schulsysteme (ich untersuchte urbane sprache (vgl. Baur/Larcher 2011; Kolipsi Die zweite Gruppe bezeichnet ein eigenakti- deutsch- und italienischsprachige Sekundar- 2012; Cennamo/Provenzano 2010) oder zur ves Ringen um Kontakte an der Schule und schulen ersten Grades, bezog mich aber in den Interviews auch auf die Zeit des Schul einstiegs in die jeweilige Primarschule) und zwar in Hinblick auf den gewohnten Umgang mit individueller Mehrsprachigkeit und ge- sellschaftlicher Vielfalt. Hier bündle ich aus Platzgründen die Ergebnisse auf zwei signifi- kante Gruppen. Das erste Beispiel bildet das Orientierungsmuster eines „Angleichungs- bestrebens vonseiten der zugewanderten Schüler und Schülerinnen an schulsystemi- schern Einsprachigkeit“. Die Einsprachigkeit wird als Normalfall erkannt und von den Schüler und Schülerinnen internalisiert. Mehrsprachigkeit wird höchstens als Sprachverwirrung intendiert. Dazu ein kur- zer Interviewausschnitt von einem Schüler: „Und wenn meine Cousine etwas Neues in der Schule in V. gelernt hat, dann hat sie es mir halt beigebracht und ich es ihr. Und dann haben wir immer Deutsch geredet, aber ich weiß nicht, wie wir dazu gekommen Wege tun sich auf – Entfaltungsmöglichkeiten werden zugelassen: sind, und heute denke ich auch bloß noch mehrsprachig – vielfältig – chancengerecht. 18 Dezember 2013 / Jänner 2014
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