11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol

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11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
Dez./Jänner
                                2013/2014

11	Vielfalt an
     Sprachen
     und Kulturen
15	Interkulturelle
     Mediation

18	Schulische Integra­
     tionsgeschichten

34	Holzblasorchester
     HoBla-O

42	Hattie-Studie:
     Faktoren für Lernerfolg
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
„Jedes Kind ist anders. Alle sind verschieden.
    Und wir werden im Laufe unseres Lebens
    immer verschiedener“
    Remo H. Largo, Schweizer Kinderarzt und Autor

                                                                            4                                      11
                                          Im Überblick                           Thema
                                          Einander begegnen                 4    Vielfalt                                 11
                                          Editorial                         5    Sprach- und kultursensibler Unterricht   12
                                          kurz notiert                      6    Kompetenzzentrum und Sprachenzentren 14
                                          Herbsttagung der Führungskräfte   10   Interkulturelle Mediation
                                                                                 an Kindergarten und Schule               15
                                                                                 Sprachenvielfalt an den Schulen          16
                                                                                 Forschungsarbeit:
                                                                                 Schulische Integrationsgeschichten       18
                                                                                 Interkulturelle Bildung
                                                                                 in Kindergarten und Schule               20

2   Dezember 2013 / Jänner 2014
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
21                                           28                                             39
Vor Ort                                      Lernwelten                                    Service
Mittendrin                              21   lokal - global                           28   Auf Wanderschaft                           39
Kreatives Schreiben im DaZ-Unterricht   22   Auslandserfahrungen                           Didaktische Materialien zur Wander-
                                             eines Zweitsprachlehrers                 29   ausstelltung „Flüchtlinge in Südtirol”     40
OEW-Projekt an der Berufsschule         23
                                             Interkulturelle Mediation konkret        30   Materialien zur Interkulturellen Bildung   41
Progetto potenziamento L2               24
                                             Hausaufgabenhilfe für Kinder                  Seiten der Wissenschaft                    42
Materialien für den Kindergarten:            mit Migrationshintergrund                31
Schatzkiste der Sprachen                25                                                 Aus der Pädagogischen Fachbibliothek       45
                                             Der Südtiroler Dialekt für jugendliche
Medienbildung im Kindergarten           26   Migrantinnen und Migranten               32   Europäischer Sozialfonds (ESF): Projekt
                                                                                           für Zweitsprachlehrpersonen gestartet      46
Ein didaktisches Modell                      Delegation aus Württemberg
zum Sprachenlernen                      27   informiert sich                          33   Deutsches Bildungsressort
                                                                                           Rundschreiben                              47
                                             Musikschulen:
                                             Holzblasorchester HoBla-O                34   Südtiroler Landesregierung
                                                                                           Beschlüsse                                 47
                                             Operation Daywork:
                                             Umweltprojekt in Afrika                  36
                                             Interview mit Benjamin Kostner –
                                             OD-Freiwilliger                          37
                                             Berufsschule: Maßnahmen
                                             gegen Schulverweigerung                  38

                                                                                                      Dezember 2013 / Jänner 2014          3
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
Im Überblick

    Einander begegnen

4   Dezember 2013 / Jänner 2014
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
Editorial

            Julija oder die
            Kunst des Lernens
            „Das kann ich nicht, nein … “ sagt sie und
            wirkt dabei sehr entschieden. Julija ist 16,
            kommt aus Kasachstan und sitzt in einer
            zweiten Klasse Gymnasium in Meran. „Nein,
            ich kann das nicht, ein Kunstwerk zerstö-
            ren.“ Julija meint das Goethe-Gedicht, das
            die Schülerinnen und Schüler gerade „zer-
            schneiden“, neu zusammensetzen, umge-
            stalten, eben „produktionsorientiert“ bear-
            beiten.
            Kinder und Jugendliche mit anderen Erst-
            sprachen und mit anderem kulturellen Hin-
            tergrund gehören immer mehr zu unserem
            (schulischen) Alltag. Der Umgang mit
            sprachlicher und kultureller Verschieden-
            heit fordert uns heraus. Er führt uns immer
            wieder vor Augen, dass unser monolingual        raus gelernt, über mich, über uns und darü-
            und monokulturell geprägtes Bildungssys-        ber, dass scheinbar Selbstverständliches
            tem den gesellschaftlichen Entwicklungen        eben nicht ganz so selbstverständlich ist.
            hinterherhinkt und unsere Methoden oft          Wenn wir lernen, ist es wohl immer irgend-
            nicht mehr so greifen, wie wir es gewohnt       wie ein Lernen am Fremden, und vielleicht
            sind. Was ist also zu tun?                      ist es auch so: je größer die Fremdheit und
            Ich denke nicht, dass es darum geht, Be-        die Herausforderung der Verstehensannä-
            währtes über Bord zu werfen. Es geht dar-       herung, desto intensiver das Lernen.
            um, es von einer anderen Seite zu betrach-      Ich wünsche uns allen, dass es uns in den
            ten. Wenn wir hellhörig sind und nachfragen,    komplexen und herausfordernden Situatio-
            dann sagen uns Julija und Pawel, wie diese      nen unseres Alltags gelingt, sensibel zu sein
            andere Seite ausschaut.                         und neugierig und bereit, die Selbstver-
            Ausgehend von Julijas Bemerkung haben           ständlichkeit zu relativieren und dadurch
            wir damals in der Klasse intensiv darüber       nachhaltiges Lernen zu ermöglichen.
            diskutiert, wie wir angemessen und res-         Die Beiträge in diesem Heft können dazu
            pektvoll mit Kunst umgehen können, eine         vielfältige Anregungen bieten.
            Diskussion, die wohl ohne Julija so nicht zu-
            stande gekommen wäre. Ich habe – zusam-         Inge Niederfriniger
            men mit den „einheimischen“ Schülerinnen        Kompetenzzentrum Förderung von Kindern
            und Schülern der Klasse und Julija – viel da-   und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

                                                                        Dezember 2013 / Jänner 2014         5
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
kurz notiert

      Nachgespürt                                                                            11. Südtiroler Rede-
                                                                                             wettbewerb für Schü-
                                                                                             lerinnen und Schüler
                                              Gesamttiroler Fremd-                           am 10. April 2014 in Bozen
                                              sprachenwettbewerbe
                                              im Februar und März 2014

    Der Papierlocher
    Acht Zentimeter liegen üblicherweise
    zwischen den Löchern, die der Papier-
    locher bei DINA4- und DINA5-Blättern
    ausstanzt, ihr Durchmesser beträgt                                                        Der Südtiroler Redewettbewerb bietet Ju-
    circa 5,5 Millimeter. Die Erfindung des                                                   gendlichen die Gelegenheit, sich zu gesell-
    Papierlochers, die seither Ordnung in     Die Südtiroler Oberschulen sind auch im heu- schaftlich relevanten Themen zu äußern und
    alle Büro- und Schulunterlagen bringt,    rigen Schuljahr wieder zu den Gesamttiroler     ihre Anliegen und Meinungen vor einem brei-
    geht ursprünglich auf Friedrich Soenne-   Fremdsprachenwettbewerben der allgemein ten Publikum vorzutragen. Die Teilnehmen-
    cken zurück. Der deutsche Kaufmann,       bildenden Schulen (AHS) am 14. März 2014 in den können zwischen drei verschiedenen
    Unternehmer und Erfinder entwickelte      Brixen und zu jenem der berufsbildenden         Ausdrucksformen wählen: zwischen der klas-
    im Jahr 1886 den Aktenordner, damals      Schulen (BHS) am 26. und 27. Februar 2014 in sischen Rede, die die Jugendlichen zu Hause
    als Briefordner bezeichnet: eine Mappe    Innsbruck eingeladen. Die Wettbewerbe er-       vorbereiten, der Spontanrede, bei der das
    mit festen Pappdeckeln und Metallbü-      möglichen begabten Schülerinnen und Schü- Thema erst kurz vor Antritt bekannt gegeben
    geln und einem Druckschieber, der die     lern, sich mit Gleichaltrigen über die Landes- wird und dem Neuen Sprachrohr, bei dem
    eingelegten Blätter festklemmt. Die       grenzen hinaus in den Sprachen Latein, Grie- der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind.
    Löcher, um die Dokumente einzulegen,      chisch, Englisch, Französisch und heuer         Die Siegerinnen und Sieger vertreten Südtirol
    mussten mit Nadeln oder einer Schere      erstmals auch in Spanisch und Russisch zu       beim Finale des Österreichischen Bundes-
    ins Papier gestochen werden.              messen. Je nach Sprache und Wettbewerb          wettbewerbes.
    Es war ein schwieriges Unterfangen,       stehen neben Lese- und Hörverständnis-          Der vom Deutschen Bildungsressort und dem
    die Blätter einigermaßen heil einzu­      übungen sowie Übersetzungs- und Interpre-       Amt für Jugendarbeit organisierte Wettbe-
    ordnen. So erfand Soennecken ein          tationsaufgaben mündliche Monologe, Dialo- werb findet am Donnerstag, dem 10. April
    Gerät, mit dem es gelang, durch die       ge und Diskussionsrunden auf dem Pro-           2014 in Bozen statt. Teilnahmeberechtigt sind
    Kraft eines Hebels und mit zwei Stem-     gramm. Die Gewinnerinnen und Gewinner           Schülerinnen und Schüler der 3., 4. und
    peln Löcher von gleichmäßiger Größe in    können an den Österreichischen Bundeswett- 5. Klassen der Oberschulen sowie der 3. und
    genau geregelten Abständen zu stanzen.    bewerben teilnehmen. Die Anmeldungen lau- 4. Klassen der Berufsschulen. Die Anmeldun-
    Ein Restprodukt des Papierlochers         fen von Mitte Jänner bis Mitte Februar 2014.    gen laufen vom 20. Jänner bis zum 28. Febru-
    begegnet uns übrigens alljährlich         Genauere Informationen enthält die entspre- ar 2014 über die Homepage des Schulamtes
    in der Faschingszeit: das Konfetti.       chende Mitteilung des Schulamtsleiters.         www.provinz.bz.it/schulamt. Hier sind auch
     			                              (MiS)   Ulrike Huber, Ulrike.Huber@schule.suedtirol.it, detailliertere Informationen zum Wettbewerb
                                              Tel. 0471 417639                                zu finden.

6   Dezember 2013 / Jänner 2014
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
Begabung verpflichtet ...
                                                                             Tagung zur Begabungs- und Begabtenförderung
Den Spuren der Kinder folgen                                                                               Begabungen sind wertvoll – sie zu er-
                                                                                                           kennen und zu fördern ist ein wichtiger
Tagung K10.06 – Bildungswelt Kindergarten                                                                  Bildungsauftrag. Am 10. Februar 2014
                                                 Am Samstag, 15. Fe-                                       findet in der Europäischen Akademie
                                                 bruar 2014, findet in                                     (EURAC) in Bozen von 9.00 bis 17.30
                                                 Bozen in der Aula der                                     Uhr eine Tagung zur schulischen Bega-
                                                 Wirtschaftsfachober-                                      bungs- und Begabtenförderung mit
                                                 schule „Heinrich                                          dem Titel „Begabung verpflichtet …
                                                 Kunter“, Guntschna-                                       Talente fördern – Kompetenzen entwi-
                                                 straße 1, von 9.00 bis                                    ckeln“ statt. Im Zentrum der von der
                                                 13.00 Uhr die Tagung                                      Fachstelle für Inklusion und Gesund-
                                                 K10.06 „Bildungswelt                                      heitsförderung am Deutschen Schul-
                                                 Kindergarten“ statt.                                      amt organisierten Tagung stehen die
Gabriele Haug wird in ihrem Referat aufzeigen, wie Mädchen und Jun-                                        Fragen, über welche individuellen
gen im pädagogischen Alltag forschen, entdecken, staunen, lernen und         Lernressourcen begabte Schülerinnen und Schüler verfügen, was be-
auf welche Weise die Pädagoginnen und Pädagogen sie dabei beglei-            gabungsfördernde Lehrpersonen und Schulen auszeichnet und wie
ten können. Die Ausstellung „Den Spuren der Kinder folgen“ veran-            Lehren und Lernen gestaltet werden kann, um begabte Menschen
schaulicht mit Beiträgen aus Kindergärten aller Kindergartensprengel         bestmöglich in ihrer Entwicklung zu fördern. Es referieren Willi
vielfältiges und individuelles Lernen der Mädchen und Jungen.                Stadelmann von der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz,
Zur Tagung sind die Verantwortlichen für den Kindergarten, pädagogi-         Heidrun Stöger von der Universität Regensburg und Albert Ziegler
sche Fachkräfte sowie Interessierte geladen und aufgerufen, den              von der Universität Erlangen-Nürnberg. Anmeldungen sind bis
Spuren, welche die Kinder in ihrem Lernen und Leben hinterlassen,            14. Jänner 2014 über „Athena” möglich. Infos zur Tagung: Fachstelle
zu folgen. Anmeldung über das Kursprogramm Athena (Anmeldekarte              für Inklusion und Gesundheitsförderung, Begabungs- und Begabten-
in der Fortbildungsbroschüre).                                               förderung, Siglinde.Doblander@schule.suedtirol, Tel. 0471 417666.

Aus meiner Schulzeit …
Bildung fängt für mich sehr früh an.
Wenn es noch nicht um AN-GELERNTES,
AN-GELESENES geht …

Als ich in die Grundschule kam, fiel es mir sehr   Ich bekam die Erlaubnis und konnte
schwer, in meiner Bank sitzen zu bleiben ...       entspannter, weil in BEWEGUNG,
Ich stellte mich also irgendwann NEBEN die         dem Unterricht folgen.
Bank und sagte zu meiner Lehrerin Helene           Eine GANZKÖRPER-TEILNAHME.
Pancheri: „Entschuldigen Sie, Frau Lehrerin,       Das machte mir den Raum auf für „Bildung“.
aber ich würde gerne stehen.“ ... und trat von
einem Bein aufs andere.                            Krista Posch, Schauspielerin

                                                                                                               Dezember 2013 / Jänner 2014           7
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
kurz notiert
    AUFGELESEN
    Bilinguale Schule in London                   Kochen, mixen und servieren
    Seit September gibt es in London die erste
    deutsch-englische Grundschule. Die Bri-
    ten sind zwar Europas größte Fremdspra-
                                                  Berufsschülerinnen und -schüler auf der Hotelmesse
    chenmuffel, trotzdem erlebt diese neue                                                                          Die Schülerinnen und Schüler
    Grundschule zurzeit einen großen An-                                                                            der gastronomischen Berufs-
    sturm. Ein Spiegel-Online-Artikel be-                                                                           schulen boten auch dieses Jahr
    schreibt, wie es dazu kam.
                                                                                                                    auf der Fachmesse für das
    • w ww.spiegel.de/schulspiegel/ausland/
       bilinguale-grundschule-in-london-junge-                                                                      Hotel- und Gastgewerbe einen
       briten-lernen-deutsch-a-932119.html                                                                          Service erster Klasse – und sie
                                                                                                                    zeigten, dass die Berufsbildung
    Chancengleichheit                                                                                               in Südtirol Jugendliche sehr
    Die internationale Organisation OECD                                                                            gut auf die Arbeitswelt vorbe-
    rechnet vor, dass die Chancendiskriminie-
                                                                                                                    reitet. Auf dem gemeinsamen
    rung in Deutschland besonders hoch ist.
    Die Gefahr, arm zu bleiben, ist besonders     Stand stellten sich die Landeshotelfachschule Bruneck und die Landesberufsschule „Savoy“ Meran
    groß, wenn man in Deutschland als Mig-        vor. Schüler und Schülerinnen präsentierten dort den Besucherinnen und Besuchern Gerichte rund
    rantenkind lebt, aus einem Arbeitslosen-      um das Thema „Käse und Getreide“. Einen Überblick über die Aus- und Weiterbildungsmöglichkei-
    milieu stammt oder allein ein Kind erzieht.
                                                  ten im Hotel- und Gastgewerbe bot auf der Hotelmesse zudem die Koordinationsstelle für berufli-
    Die Agenda 2020 soll die Agenda 2010 er-
    gänzen und verbessern.                        che Weiterbildung und Meisterausbildung. Einer der Höhepunkte: Der international renommierte
    • w ww.zeit.de/2013/36/arme-                 Barkeeper und gebürtige Sarner Christian Heiss war zu Gast. Er präsentierte seine Cocktail-Krea-
      chancengleichheit                           tionen und informierte über die Meisterausbildung zum Restaurant- und Barmeister.

    Aufnahmeprüfung abgeschafft
    In den Schweizer Kantonen Zug, Luzern,
    Schwyz, Uri, Nid- und Obwalden müssen
    Schülerinnen und Schüler nach der 6.          Landtagswahlen 2013 – Erste Hochrechnung
    Klasse keine Aufnahmeprüfungen mehr
    bestehen, um aufs Gymnasium gehen zu          Schüler der TFO „Max Valier“ präsentieren erste Ergebnisse
    können. Ein Interview mit Jürgen Oelkers,
                                                                                                                        18 angehende Maturanten des
    emeritierter Professor für Pädagogik an
    der Universität Zürich, klärt darüber auf,                                                                          Informatik-Zuges an der Tech-
    warum nicht alle mit dem prüfungslosen                                                                              nologischen Fachoberschule
    Übergang ans Gymnasium einverstanden                                                                                Bozen „Max Valier“ (TFO) waren
    sind.                                                                                                               anlässlich der Landtagswahlen
    • Neue Zürcher Zeitung,
      18. November 2013, S. 40                                                                                          2013 imstande, aufgrund erster
                                                                                                                        ausgezählter, von der Südtiro-
    Österreich: Ministerrat beschließt                                                                                  ler Informatik AG gelieferter
    neues Lehrerdienstrecht                                                                                             Sektionsdaten sowie über einen
    Die Verhandlungen um das Lehrerdienst-        Vergleich mit den Ergebnissen der Landtagswahl von 2008 einen aktuellen Trend zu errechnen. Mit
    recht ziehen sich in Österreich schon mehr    einer Trendrechnung kommt man heute nämlich früher als üblich zu sehr sicheren und stabilen Er-
    als ein Jahrzehnt hin. Bereits 2001 kündig-
                                                  gebnissen.
    te die damalige Unterrichtsministerin Eli-
    sabeth Gehrer ein neues System der            Die Daten wurden sogleich an einen Schüler weitergeleitet, der im Palais Widmann, dem Presse-
    Lehrerbesoldung an. Nun hofft die noch        saal der Landesregierung, für deren Veröffentlichung durch Südtirol 1 sorgte. So erschienen be-
    amtierende Regierung, „das neue attrakti-     reits um 9 Uhr erste, schon recht zuverlässige Ergebnisse, von denen es, wie geplant, gut eine
    ve Gesamtpaket“ noch vor Weihnachten im
                                                  Stunde später nur mehr Abweichungen von ± 0,5 Prozent gab. Dann konnten bereits Angaben zur
    Parlament beschließen lassen zu können,
    sagte Beamtenministerin Gabriele              jeweiligen Mandatsverteilung veröffentlicht werden.
    Heinisch-Hosek (SPÖ). Lehrer- und Ge-         Roland Lafogler, Lehrkraft für Statistik, hatte sich mit seinen Schülern gut auf diesen Tag vorberei-
    werkschaftsvertretung kritisieren diesen      tet. Die Schüler haben Makros so programmiert, dass Daten automatisch aus einer Excel-Datei
    Entwurf zum Lehrerdienstrecht. Die Maß-       eingelesen und damit stets ein aktueller Stand ermittelt werden konnte. Entsprechend prägten
    nahmen seien leistungs- und dienstneh-
    merfeindlich.                                 Aufregung und emsiges sowie gut koordiniertes Arbeiten die Stimmung im Studio bei Südtirol 1,
    • http://derstandard.at/1381373629726/       während man im Landhaus mit viel Spannung auf die ersten Ergebnisse der Schüler wartete.
       Letzte-Chance-auf-Einigung-zu-             Mit einem Knopfdruck können heute dank Internet solche Hochrechnungen sofort auf Bildschirmen
      Lehrerdienstrecht                           den Journalisten und Interessierten gezeigt werden, während noch bei den Wahlen im Jahr 2008
                                                  Ausdrucke via Fax in das Palais Widmann geschickt werden mussten.

8   Dezember 2013 / Jänner 2014
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
50 Jahre Einheitsmittelschule
Historische Genese und aktuelle Herausforderungen
                                Am 17./18. Dezember 20013 findet in der
                                Fakultät für Bildungswissenschaften in
                                Brixen eine Tagung zum Thema „50 Jahre
                                Einheitsmittelschule in Südtirol – histori-     Schulen und Genossenschaften
                                sche Genese und aktuelle Herausforderun-
                                gen“ statt. Die Tagung schaut mit einem         Euregio-Veranstaltung in Mezzocorona
                                historischen und einem aktuellen Fokus
                                auf ein halbes Jahrhundert Einheitsmittel-
                                schule in Südtirol. Einer Erörterung der bil-
                                dungs- und sozialpolitischen Vision dieses
nationalen Schulreformwerkes auf der Makroebene (Siegfried Baur) fol-
gen Referate und Diskussionsrunden zu den Herausforderungen, Proble-
men und Maßnahmen im Zuge der Implementierung der Reform auf der
Mesoebene (Schulamt für die drei Sprachgruppen) und auf der Mikroebe-
ne vor Ort (beteiligte Akteure der ersten Zeit). Der zweite Teil steht im
Zeichen aktueller Herausforderungen der Mittelschule (Leiter der drei
Bildungsressorts) und einer Außensicht auf die Südtiroler Mittelschule im       Mehr als 1700 Genossenschaften gibt es in der Europaregion Tirol-Südti-
Kontext der aktuellen Diskussion um eine Reform der Sekundarstufe I im          rol-Trentino. Im Rahmen der Veranstaltung „Educacoop“ wurden am 27.
deutschsprachigen Raum.                                                         November 2013 rund 250 Oberschülerinnen und Oberschüler aus allen
Organisatoren der Tagung sind das Forschungs- und Dokumentations-               drei Teilen der Europaregion die Grundgedanken und Werte des Genos-
zentrum zur Südtiroler Bildungsgeschichte (FDZ) an der Fakultät für Bil-        senschaftswesens näher gebracht. Die Veranstaltung fand in der Cantina
dungswissenschaften der Freien Universität Bozen, das deutsche und das          Storica der Kellereien Mezzacorona im Trentino statt.
ladinische Bildungsressort der Provinz Bozen sowie der Arbeitskreis             Im Mittelpunkt der Tagung standen die Jugendlichen: Eingeladen waren
Südtiroler Mittel-, Ober- und Berufsschullehrer/innen (ASM).                    Oberschulklassen mit wirtschaftlicher Ausrichtung aus der gesamten
                                                                                Europaregion. Sie folgten zunächst den Vorträgen von Professor Carlo
                                                                                Borzaga aus Trient, Präsident des auf Genossenschaften spezialisierten
                                                                                Forschungsinstituts Euricse, und MCI-Professor Siegfried Walch zu Wer-
Deutsch ist nicht gleich Deutsch                                                ten, Zielen und Inhalten der Genossenschaften. Dazu hatte die Genossen-
                                                                                schaft Arianna zwölf Spielstationen aufgebaut, an denen die Jugendlichen
Lehrmaterialien für den Deutschunterricht in Südtirol                           Erfahrungen mit dem Genossenschaftswesen sammeln und den Team-
                                                    Am Dienstag, 10. De-        geist stärken konnten. Dabei ging es um Solidarität, Gemeinschaftswe-
                                                    zember 2013 werden          sen, Demokratie, soziale Verantwortung und Frieden. Die Klassen wurden
                                                    um 10 Uhr in der            in zweisprachige Gruppen aufgeteilt, um ein Kennenlernen zu erleich-
                                                    Europäischen Akade-         tern. Vorrangiges Ziel war es, gemeinsam darüber nachzudenken, wie die
                                                    mie (EURAC) in Bozen        Grundsätze des Genossenschaftswesens stärker in den Schulen veran-
                                                    unter dem Motto             kert und in den Unterricht eingebaut werden können.
                                                    „Deutsch ist nicht          Am Nachmittag standen zwei praxisorientierte Vorträge auf dem Pro-
                                                    gleich Deutsch –            gramm: Während Euricse-Geschäftsführer Gianluca Salvatori über Inno-
Paese che vai, tedesco che trovi“ Lehrmaterialien für den Deutschunter-         vationen im Genossenschaftswesen sprach, berichtete Martin Winkler,
richt in Südtirol vorgestellt.                                                  Lehrer an der Wirtschaftsfachoberschule Bruneck, von praktischen Er-
Varietäten des Deutschen, die Besonderheiten der deutschen Sprache in           fahrungen bei der Anwendung von Lernmodulen zum Thema Genossen-
Südtirol und das Spannungsfeld Dialekt–Standardsprache stehen dabei             schaft im Schulalltag. An einem Runden Tisch diskutierten Vertreter und
im Mittelpunkt. Die Lehrmaterialien werden von Schülerinnen und Schü-           Vertreterinnen der Schulwelt und der Genossenschaften über die Bedeu-
lern der 1E der Mittelschule „Josef Wenter“ in Meran gemeinsam mit den          tung des Genossenschaftswesens in der Schule.
drei Schulamtsleitern, dem Präsidenten der Stiftung Südtiroler Sparkas-         Für Matthias Fink, Generalsekretär der Europaregion, gilt es, Begeiste-
se und Silvia Hofer vom EURAC-Institut für Fachkommunikation und                rung und Engagement junger Menschen für die Genossenschaftsidee zu
Mehrsprachigkeit vorgestellt. Es moderiert Andrea Abel, Koordinatorin           wecken. Freiheit, Respekt und Zusammenarbeit seien die Säulen einer
des EURAC-Instituts für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit.                 Genossenschaft, auf deren Grundlage sich die Genossenschaften gerade
Weitere Informationen: Silvia Hofer, silvia.hofer@eurac.edu,                    in der Wirtschaftskrise als regional verankerte, krisenfeste Unternehmen
Tel. 0471 055143                                                                bewährt hätten, unterstrich Fink im Rahmen der Veranstaltung.

                                                                                                                   Dezember 2013 / Jänner 2014             9
11 Vielfalt an Sprachen und Kulturen - 15 Interkulturelle 18 Schulische Integra 42 Hattie Studie: Science South Tyrol
Im Überblick

     Herbsttagung der Führungskräfte

     Im Zeichen des Web 2.0
     Dem aktuellen Thema „Informations- und Medienkompetenz im Zeitalter von Web 2.0 und Cloud Computing“ widmete sich
     die diesjährige Herbsttagung der Führungskräfte am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Brixen. Alle Schulstufen, die
     Berufsschulen, die Kindergartensprengel und – in diesem Jahr zum ersten Mal auch die Musikschulen – waren vertreten.

     Martin Ebner, Dozent der Technischen Uni-      rinnen und Schüler ihr Mobiltelefon und ihreleichter bedienbar. Auch die Kinder könnten
     versität Graz und dort für sämtliche E-Lear-   Tablets auch gern für Lehr- und Lernzwecke  mit kleinen Fingern und großen Augen die
     ning-Belange verantwortlich, stellte in sei-   einsetzen. Lediglich 25 Prozent der Lehrper-Medienwelt entdecken: Das sei eine aufre-
     nem Referat die Frage: „Ist der Touch-         sonen begrüßten dies jedoch. Diese Diskre-  gende Entwicklung, die es auch in der Medi-
     Screen der Füller von morgen?“ Er vertrat      panz, diesen 81-25-Gap, gelte es zu überwin-enpädagogik und der frühkindlichen Erzie-
     die These, dass sich das Bildungssystem von    den. Das Lernen von morgen werde koopera-   hung zu beachten gelte. Zugleich, so Palme,
     heute radikal ändern müsse, um die Jugend-     tiv sein und sich frei verfügbarer, interaktiver
                                                                                                „bekommt die aktive Medienarbeit neue Im-
     lichen noch erreichen zu können. Kinder und    und vernetzter Lehrmaterialien bedienen.    pulse und der Einsatz mobiler Geräte er-
     Jugendliche von heute bezeichnete er als Di-                                               möglicht innovative Bildungsrouten“. Die
     gital Natives, die Erwachsenen hingegen        Umfassender Medienwandel                    Schul- und Bildungswelt stehe hier vor gro-
     seien bestenfalls Digital Immigrants.          Der zweite Referent der Tagung, Jürgen Pal- ßen Herausforderungen.
                                                    me, Medienpädagoge, Buchautor und Initia- Die Schulführungskräfte konnten selbst
     Digital Natives und                            tor zahlreicher medienpädagogischer Mo-     ausprobieren, welche Möglichkeiten QR-
     Digital Immigrants                             dellprojekte vertiefte am zweiten Tag das   Codes, Backchannels, das Web 2.0 und
     „Digitales Leben ist für Jugendliche normal,   Thema mit zahlreichen praktischen Beispie- Cloud Computing bieten. Gelungene Beispie-
     selbstverständlich und nicht mehr wegzu-       len: „Wir erleben gerade einen umfassenden le zum Einsatz von neuen Medien im Unter-
     denken. Das Internet ist für sie mit Abstand   Medienwandel: Smartphones und Tablets       richt wie beispielsweise Tablets stellten Ver-
     das wichtigste Medium“, so Ebner. Die tägli-   erobern den Alltag, Programme werden        treterinnen und Vertreter aus Mittel- und
     che Onlinezeit der Jugendlichen beträgt im     durch Apps ersetzt, Wikipedia verdrängt den Oberschule und aus Kindergarten und Be-
     Schnitt über zwei Stunden. „Die oftmals ge-    Brockhaus und die neuen sozialen Medien     rufsbildung vor. Experten des Bildungsres-
     priesene Net-Generation zeichnet sich durch    wie Facebook drängen immer stärker in das sorts informierten über didaktische Konzep-
     gute technische Ausstattung aus, durch         Leben der Jugendlichen und Heranwachsen- te, technische Umsetzung und Finanzierung.
     Kommunikationskompetenz und eine primär        den.“ Die medialen Inhalte wanderten vom    Auch der Bildungsserver BLIKK mit einigen
     passive Nutzung moderner Webapplikatio-        Bildschirm auf den Touch-Screen, so Palme. wichtigen Neuerungen wurde vorgestellt.
     nen.“ Dabei würden 81 Prozent der Schüle-      Computer würden immer intuitiver und
                                                                                                       Ein Dankeschön zum Abschied
                                                                                                       Beim gemeinsamen Abendessen verab-
                                                                                                       schiedeten sich Ressortdirektor Peter Höll-
                                                                                                       rigl und das Kollegium der Schulführungs-
                                                                                                       kräfte in einer herzlichen Feier von den Kol-
                                                                                                       leginnen und Kollegen, die mit dem
                                                                                                       Schuljahr 2012/2013 in den Ruhestand ge-
                                                                                                       treten sind. Dabei zeigte der Chor der Schul-
                                                                                                       führungskräfte sein Können, virtuos beglei-
                                                                                                       tet von einem Orchester der Direktorinnen
                                                                                                       und Direktoren der Musikschulen. Bei dieser
                                                                                                       Gelegenheit wurde auch die scheidende Bil-
                                                                                                       dungslandesrätin Sabina Kasslatter Mur ge-
                                                                                                       würdigt und verabschiedet.

     Mit einer herzlichen Feier wurden die Führungskräfte verabschiedet, die mit dem Schuljahr         Alois Weis
     2012/2013 in den Ruhestand getreten sind.                                                         Tagungsleiter, Direktor am Schulsprengel Ritten

10    Dezember 2013 / Jänner 2014
Im Überblick
Thema

Vielfalt

               Dezember 2013 / Jänner 2014   11
Thema

     Sprach- und kultursensibler Unterricht

     Zoom in die Wirklichkeit
     Junge Menschen mit einer anderen Erstsprache und mit anderem kulturellen Hintergrund in unser Bildungssystem
     „hineinzufördern“, ist der falsche Weg. Viel besser gelingt Inklusion, wenn Kindergärten und Schulen offen sind für eine
     sprachlich und kulturell sensible Bildungsarbeit, die allen Lernenden zugute kommt. Ein Beitrag von Inge Niederfriniger*.

     Wenn ich an Kinder und Jugendliche „mit        Fähigkeiten und Besonderheiten zu fördern.      den bestimmte sprachliche Aspekte trai-
     Migrationshintergrund“ denke, fällt mir zu-    Wenn wir alles dransetzen, Kinder und Ju-       niert. Es wird gezielt an individuellen
     erst die Sprachförderung ein, dann die Ver-    gendliche aus dem Ausland in unser System       Stärken und Schwächen gearbeitet. Geeig-
     mittlung, wie unsere Kultur „funktioniert“.    „hineinzufördern“, werden wir dieser Aufga-     nete Diagnoseverfahren erlauben es,
     Mir fallen Elterngespräche mit Unterstüt-      be nicht gerecht.                               Sprachkompetenzen zu analysieren und För-
     zung von Interkulturellen Mediatorinnen und                                                    derprogramme gezielt zu erstellen.
     Mediatoren ein – und mir fällt ein, dass ich   Das integrative Schulsystem                     Lupen, in denen die Kultur in den Vorder-
     erstaunt bin und mich darüber freue, wenn      Wir haben ein integratives Schulsystem, Ge-     grund gerückt wird, sind Projekte oder Un-
     ein Kind mit Migrationshintergrund ein „gu-    setze und Richtlinien sind auf mehrfach he-     terrichtseinheiten, in denen die Auseinan-
     ter“ Schüler oder eine „gute“ Schülerin ist.   terogene Gruppen ausgerichtet. Das ist ein      dersetzung mit eigenen und fremden Sicht-
                                                    guter Ausgangspunkt. In der Praxis zeigt        weisen im Mittelpunkt stehen. Neben dem
     Der monokulturelle Blick                       sich aber, dass Kinder und Jugendliche mit      Kennenlernen und Staunen über Unbekann-
     Bei einem solchen Brainstorming ist zuerst     einer anderen Erstsprache und mit anderem       tes gilt es dabei auch, Irritationen und Unsi-
     einmal – auch wenn ich das lieber nicht ge-    kulturellen Hintergrund deutlich geringere      cherheiten Raum zu geben, die Diskussion
     stehen möchte – mein monokulturell ge-         Bildungschancen haben als „einheimische“        von Vorstellungen, Werten und Überzeugun-
     prägtes Denken aktiv. Wir richten gerne un-    Gleichaltrige. Die Gründe dafür sind vielfäl-   gen zu fördern. Nur dann kann es zu einem
     ser Augenmerk auf Schülerinnen und Schü-       tig. Zwei davon könnten folgende sein: Ers-     Aushandeln von gemeinsamen Möglichkei-
     ler, die sprachlich und kulturell nicht so     tens: „integrativ“ ist nicht gleichbedeutend    ten kommen und nur dann ist die Gefahr ge-
     recht in unsere Schulwelt „passen“, konzen-    mit sprach- und kultursensibel. Zweitens:       bannt, durch un- oder halbbewusste Eindrü-
     trieren uns darauf, sie so „zu fördern“ dass   Integrative Förderung findet nicht „automa-     cke in vorgefertigten Meinungen und Vor-
     sie „passen“, und freuen uns, wenn das Pro-    tisch“ oder „nebenbei“ statt. Es braucht also   Urteilen stecken zu bleiben.
     jekt gelingt.                                  für eine effiziente Förderung ein Zusam-
     Es ist unbestreitbar wichtig, in den Landes-   menspiel aus individueller (auch „gesonder-     Durchgängige Sprachbildung
     und Schulsprache(n) möglichst gezielt agie-    ter“) und integrativer Förderung. Beides        und kultursensibler Unterricht
     ren zu können und sich im Bildungs- und        muss im Kontext von sprachlicher und kul-       Explizit-Maßnahmen sind sinnvoll und wich-
     Gesellschaftssystem gut zurechtzufinden        tureller Aufmerksamkeit stattfinden, so als     tig, nachhaltig können sie aber nur sein,
     und voranzukommen. Wir bedenken aber ei-       ob gewissermaßen mit der Lupe zeitweise         wenn sie im Alltag der Schulen rückgebun-
     nerseits oft nicht, dass ein „Migrationshin-   ein kleiner, spezifischer Teil aus einem Ge-    den sind, wenn sie eben Teil eines Gewebes
     tergrund“ – wie auch immer der umstrittene     webe herausgezoomt würde.                       sind. Begriffe wie durchgängige Sprachbil-
     Begriff verstanden wird – für sich genom-                                                      dung, sprachsensibler oder sprachaufmerk-
     men nicht viel über die Sprachkenntnisse       Förderlupen – Kurse und Projekte                samer und kultursensibler Unterricht und
     oder über kulturelle Prägungen aussagt.        Eine solche Lupe sind auf der sprachlichen      vorurteilsbewusste Bildung sind in diesem
     Anderseits übersehen wir auch, dass es die     Seite die Sprachkurse und die individuelle      Zusammenhang Schlagworte.
     Aufgabe eines Bildungssystems ist, auf die     Sprachförderung, wie wir sie für Neuan-         Durchgängige Sprachbildung meint, dass
     Welt draußen vor der Schultür mit ihren ge-    kömmlinge kennen, wie sie aber auch auf         Bildungseinrichtungen im Bereich der
     sellschaftlichen Veränderungen zu reagie-      höherem Sprachniveau oft sinnvoll und not-      Sprachbildung zusammenarbeiten und ge-
     ren und alle Kinder und Jugendlichen, die      wendig sind. Individuell und in „gesonder-      meinsame, verzahnte Konzepte anwenden.
     ihm anvertraut sind, mit ihren spezifischen    ten“ zeitlichen und örtlichen Räumen wer-       Horizontal ist die Zusammenarbeit zwischen

12    Dezember 2013 / Jänner 2014
... eine Schule, in der alle den für sie passenden Platz finden können …

den Fächern gemeint, vertikal der Aus-          Fachunterricht gilt es, das Bewusstsein zu       ähnlichen Sicht- und Verhaltensweisen und
tausch zwischen den einzelnen Bildungsstu-      schärfen, dass die Auswahl und die Betrach-      das immer neue Ausloten von Grenzen und
fen. Ein Aspekt dieser Durchgängigkeit ist      tungsweise der Inhalte und die Bedeutung,        Möglichkeiten beim Verstehen und Akzeptie-
der sprachsensible Unterricht. Im Fachun-       die wir ihnen beimessen, stark kulturell ge-     ren gibt allen die Möglichkeit, sich bewusst
terricht – von Mathematik über Geschichte       prägt sind. In Geografie wie in Geschichte, in   mit der eigenen Identität auseinanderzuset-
bis hin zu Sport – geht es darum, neben der     Mathematik wie in den Sprachfächern ist          zen, und stärkt die Handlungskompetenzen
inhaltlichen auch die sprachliche Kompo-        beispielsweise der europazentrierte Blick zu     in vielfach vielfältigen Gemeinschaften.
nente zu berücksichtigen und die Inhalte        hinterfragen, durch den unser Denken und         Sprachlich wie kulturell aufmerksamer Un-
durch gezielte Aufgabenstellungen so aufzu-     viele unserer Materialien geprägt sind.          terricht kommt also allen zugute.
bereiten, dass sie einerseits für die Schüle-                                                    Wenn wir es schaffen, den Blick zu öffnen,
rinnen und Schüler zu bewältigen sind und       Unterricht für alle                              wenn wir es schaffen, die Herausforderun-
anderseits mit dem Fachwissen auch impli-       Schülerinnen und Schüler                         gen, die sich durch sprachlich und kulturell
zit Sprache geübt wird.                         Sprach- und kultursensibler Unterricht bie-      heterogene Gruppen ergeben, als Anlass
Wenn es um einen kultursensiblen Unter-         tet – und das ist schließlich der springende     zum eigenen Lernen und zur Weiterentwick-
richt geht, so geht es um ein bewusstes         Punkt in einem integrativen System – allen       lung unseres Unterrichts zu nutzen, sind wir
Wahrnehmen der kulturellen Themen, die in       Schülerinnen und Schülern die Möglichkei-        und gleichzeitig unsere Schülerinnen und
den Inhalten liegen. In fächerübergreifenden    ten, die eigenen Fähigkeiten und Kompeten-       Schüler gerüstet für eine Gesellschaft, in der
Bereichen wie den sozialen und kommunika-       zen einzusetzen, auszubauen und zu stärken.      „Anders-Sein“ sein darf und in der alle einen
tiven Kompetenzen oder den Methodenkom-         Unterschiedliche Sprachkompetenzen und           für sie „passenden“ Platz finden können.
petenzen geht es etwa um die Reflexion und      unterschiedlichen Förderbedarf stellen wir
die Auseinandersetzung mit Wertvorstellun-      bei allen Schülerinnen und Schülern fest,        * Inge Niederfriniger leitet das Kompetenzzentrum
gen und kulturellen Grundannahmen, die          unabhängig von ihrer Erstsprache. Die Aus-        Förderung von Kindern und Jugendlichen mit
hinter unseren Verhaltensweisen stehen. Im      einandersetzung mit unterschiedlichen und         Migrationshintergrund.

                                                                                                             Dezember 2013 / Jänner 2014              13
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                                              Kompetenzzentrum und Sprachenzentren                                                                                                                                                          Thema

                                                für Kinder mit Migrationshintergrund

Dezember 2013 / Jänner 2014
                                                                                                                 Deutsches Bildungsressort
                                                   Italienisches Schulamt                                                                                                           Ladinisches Schulamt
                                                                                                                   Bereich Innovation und Beratung

                                Sprachenzentrum Schlanders                                        Kompetenzzentrum                                                                 Sprachenzentrum Bozen
                                PBZ Schlanders, 39028 Schlanders, Franziskusstraße 6              39100 Bozen, Amba-Alagi-Straße 10                                                PBZ Bozen, 39100 Bozen, Amba-Alagi-Straße 10

                                • Sabina Mair, Tel. 0473 730848                                   • Inge Niederfriniger, Tel. 0471 417241                                          • Fabio Casati, Tel. 0471 417268
                                  sabina.mair@schule.suedtirol.it                                   inge-elisabeth.niederfriniger@schule.suedtirol.it                                fabio.casati@schule.suedtirol.it
                                                                                                  • Friedrich Hofer, Tel. 0471 417257                                              • Verena Debiasi, Tel. 0471 417265
                                                                                                    friedrich.hofer@schule.suedtirol.it                                              verena.debiasi@schule.suedtirol.it
                                                                                                  • Michaela Schlomm, Tel. 0471 417646
                                                                                                    michaela.schlomm@schule.suedtirol.it

                                                                                                  • Irene Costa, Tel. 0471 417023
                                Sprachenzentrum Bruneck                                             irene.costa@provinz.bz.it
                                PBZ Bruneck, 39031 Bruneck, Josef-Ferrari-Straße 10                 Ladinisches Schulamt, 39100 Bozen, Bindergasse 29                              Sprachenzentrum Unterland
                                                                                                  • Annalisa Gallegati, Tel. 0471 411326                                           PBZ Bozen, 39044 Neumarkt, Franz Bonatti Platz 2/3
                                • Sabine Kurz, Tel. 0474 530186                                     annalisa.gallegati@provincia.bz.it
                                  sabine.kurz@schule.suedtirol.it                                   Italienisches Schulamt, 39100 Bozen, Neubruchweg 2                             • Emanuela Atz, Tel. 0471 824166
                                                                                                                                                                                     emanuela.atz@schule.suedtirol.it
                                                                                                  Sekretariat

                                                                                                  • Roswitha Obkircher, Tel. 0471 417246
                                                                                                    roswitha.obkircher@schule.suedtirol.it
                                                                                                  • Julia Obertegger, Tel. 0471 417249
                                Sprachenzentrum Brixen                                              julia.obertegger@schule.suedtirol.it                                           Sprachenzentrum Meran
                                PBZ Brixen, 39042 Brixen, Stadelgasse 8/b                                                                                                          PBZ Meran, 39012 Meran, Palais Esplanade, Sandplatz 10
                                                                                                  Interkulturelle Mediation
                                • Klara Oberhollenzer, Tel. 0472 278221                                                                                                            • Verena Mitterer, Tel. 0473 252207
                                  klara.oberhollenzer@schule.suedtirol.it                         • Ljubica Subotic Rapo, Tel. 0471 417219                                           verena.mitterer@schule.suedtirol.it
                                                                                                    ljubica.rapo@schule.suedtirol.it

                              Die Sprachenzentren bieten Beratung im Bereich Sprachförderung und interkulturelle Bildung für Kindergärten, Schulen und Familien mit Migrationshintergrund. Sie organisieren in Zusammenarbeit mit
                              den Schulen Sprachkurse für Kinder und Jugendliche mit anderen Erstsprachen und arbeiten in Netzwerken mit anderen Institutionen zusammen. Die Sprachenzentren arbeiten sprachgruppenübergreifend
                              für das deutsche und italienische Bildungssystem.
Interkulturelle Mediation an Kindergarten und Schule

Mittler der Kulturen
Sie bilden eine Brücke zwischen Menschen verschiedener Kulturen und Sprachen, helfen bei der Orientierung und begleiten
den Prozess der wechselseitigen Annäherung: Die Interkulturellen Mediatoren und Mediatorinnen, die für Kindergarten und
Schule unverzichtbar sind. Die wichtigsten Informationen dazu im Überblick.

> Genossenschaftlich organisiert               • begleiten Klassen und Gruppen bei der           den Kindergarten oder die Schule, an die
Seit September 2013 besorgt die Sozialge-        Planung und Durchführung von interkul-          territorial zuständige Koordinatorin des
nossenschaft Savera an allen deutschen und       turellen Projekten                              Sprachenzentrums und an die Sachbear-
italienischen Kindergärten und Schulen         • fördern den interkulturellen Austausch          beiterin der Verwaltung.
Südtirols den Dienst Interkultureller Media-     zwischen Kindern oder Jugendlichen und        • Die Genossenschaft ist gefordert, umge-
tion. Dafür bekam sie den Zuschlag über          den Familien                                    hend mit Kindergarten oder Schule in
eine im vergangenen Winter veröffentlichte     • arbeiten in Absprache mit dem Klassen-          Kontakt zu treten und den ersten Termin
öffentliche Ausschreibung.                       rat, wobei die Ziele und Ergebnisse ihrer       zu vereinbaren. Auch der Kindergarten
                                                 Tätigkeit schriftlich festgehalten und eva-     oder die Schule kann die Genossenschaft
Die Interkulturellen Mediatoren und              luiert werden.                                  telefonisch kontaktieren, die Telefonnum-
Mediatorinnen                                                                                    mer der Genossenschaft ist in der Beauf-
• kommen in der Regel aus demselben Kul-       > Der zeitliche Rahmen                            tragungsmail angeführt. Die Interkultu-
  turraum wie die begleiteten Familien, Kin-   Das Kompetenzzentrum stellt für das lau-          relle Mediation kann beginnen.
  der und Jugendlichen und sprechen deren      fende Schuljahr mehr Stunden für Interkul-
  Sprache                                      turelle Mediationen als bisher für Neuan-   Friedrich Hofer
• kennen die Kultur unseres Landes und         kömmlinge an Kindergärten und Schulen zur Kompetenzzentrum Förderung von Kindern und
  sprechen die Unterrichtssprache              Verfügung:                                  Jugendlichen mit Migrationshintergrund
• kennen Gesetze und Richtlinien der Bil-      • 15 Stunden für die Ersteingliederung
  dungssysteme beider Länder                      eines Kindes im Kindergarten (bisher
• haben eine Ausbildung als Interkulturel-        waren es 10);
  len Mediator oder Mediatorin                 • 30 Stunden für die Ersteingliederung
                                                  eines Jugendlichen in Schulen (bisher
> Aufgabenbereiche                                waren es 20);
Die Interkulturellen Mediatoren und            Für klärende Gespräche zwischen Schüler-
Mediatorinnen                                  eltern und pädagogischen Fachkräften oder
• begleiten Kinder und Jugendliche und de-     Lehrpersonen stehen einzelne Stunden zur
  ren Familien in der ersten Phase der         Verfügung, ebenso kann ein Interkultureller
  Orientierung in Kindergarten und Schule      Mediator oder eine Mediatorin Gruppen oder
• beraten in Bezug auf Kultur, Religion,       Klassen bei der Planung und Durchführung
  Tradition, Sprache(n), Schulsystem usw.      interkultureller Projekte unterstützen.       Weiterführende Informationen
• übersetzen wichtige Mitteilungen und
                                                                                                 Unter www.bildung.suedtirol.it/
  Informationen                             > Die Schritte zur                                  referate/migration/ finden sich neben
• erleichtern die Kommunikation mit Kindern     Interkulturellen Mediation                       den erforderlichen Formularen viele
  und Jugendlichen und deren Familien       • Der Kindergarten oder die Schule reicht            zusätzliche Information und Materialen,
• unterstützen die pädagogischen Fachkräf-    am Kompetenzzentrum ein Gesuch (siehe              so sind beispielsweise die wichtigsten
                                                                                                 rechtlichen Bestimmungen angeführt, ein
  te an Kindergärten und die Lehrpersonen     Box) um Zuweisung von Stunden für Inter-
                                                                                                 Leitfaden für den Einsatz Interkultureller
  an Schulen bei der Rekonstruktion des       kulturelle Mediation ein, füllt dabei alle         Mediatoren und Mediatorinnen im
  Bildungsweges der Kinder/Jugendlichen       vorgesehenen Felder genauestens aus.               Bildungssystem und andere Publikationen
• informieren über Kultur und Schulsystem • Das Kompetenzzentrum bearbeitet das                  und Unterrichtsmaterialien.
  im Herkunftsland                            Gesuch umgehend und beauftragt die Ge-             Unter www.mediatoriculturali.bz.it
                                                                                                 geht es zur Homepage der Genossenschaft
• arbeiten mit pädagogischen Fachkräften      nossenschaft mit dem Dienst. Die Beauf-            Savera.
  bei interkulturellen Projekten zusammen     tragung geht per E-Mail zur Kenntnis an

                                                                                                         Dezember 2013 / Jänner 2014          15
Thema

     Sprachenvielfalt an den Schulen

     Über die Normalität des Fremden
     Wie gehen unsere Bildungseinrichtungen mit der Mehrsprachigkeit um? Nutzen Südtiroler Schulen das Potenzial der Mehr­
     sprachigkeit? Verena Debiasi* stellt einige Überlegungen zur sprachlichen und kulturellen Verschiedenheit in unserem Land an.

     Am 29. Juli 2013 wurde in Bozen die XV. In-     angesehen. Viel wird in die Sprachförderung      Familie spricht Russisch, das werde ich
     ternationale Deutschlehrertagung (IDT 2013)     dieser „Schüler und Schülerinnen mit Mig-        später erfahren, aber meine siebenjährige
     eröffnet. Diese einwöchige Veranstaltung        rationshintergrund“ investiert, wobei unter      Nichte hat mir in einem Satz die sprachliche
     gilt als das größte Forum für Deutsch als       Sprachförderung vorrangig das Erlernen der       Vielfalt und den natürlichen Umgang damit
     Fremd- und Zweitsprache und wird alle vier      Zielsprache, der Schulsprache Deutsch/Ita-       nahe gelegt.
     Jahre vom Internationalen Deutschlehrer-        lienisch, verstanden wird. Dabei wird als
     verband (IDV) ausgerufen. Nach Luzern,          Maßstab für gelungenen Spracherwerb, be-         Was brauchen wir in der Zukunft?
     Graz und Weimar war erstmals Bozen an der       wusst oder unbewusst, die muttersprachli-        Die Kinder, die ich hier zu Wort kommen las-
     Reihe. 2.684 Deutschlehrer und -lehrerin-       che Kompetenz vorwiegend einsprachig auf-        se, wissen wahrscheinlich mehr als ich, mit
     nen aus 110 Ländern und fünf Kontinenten        wachsender Personen herangezogen. Die            Sicherheit wissen sie mehr, als ich in ihrem
     trafen hier zu einem regen Austausch zu-        Förderung der verschiedenen Herkunfts-           Alter wusste. Sind sie uns Erwachsenen vor-
     sammen. Es ist ein Leichtes, an diesem Bei-     sprachen bleibt zweitrangig beziehungswei-       aus?
     spiel Sprachenvielfalt und interkulturelle      se wird völlig vernachlässigt. Kaum jemand       Sie nehmen verschiedene Herkunftsspra-
     Begegnung als Bereicherung darzustellen.        traut sich daran zu denken, dass diese Spra-     chen in ihrer unmittelbaren Umgebung wahr
     Ich habe mir mit großem Interesse das           chenvielfalt an Südtiroler Schulen ein Vorteil   und entwickeln einen relativ normalen, von
     Deutsch-Lehren und Lernen in verschiede-        für die gesamte Klasse, für alle Schülerin-      Neugier geprägten Umgang damit. In der
     nen europäischen, afrikanischen und asiati-     nen und Schüler darstellen könnte. Viel-         zwischenmenschlichen Kommunikation
     schen Staaten angehört und große Lust ver-      leicht sollten wir die Perspektive ändern. Ich   nehmen sie Rücksicht darauf, dass verschie-
     spürt, Fragen zu stellen, um die mir so         lasse hier Kinder sprechen!                      dene Menschen in verschiedenen Situatio-
     fremd anmutenden Realitäten näher ken-          „Ich kann ciao auf Urdu sagen!“, eröffnet ein    nen verschiedene Sprachen verwenden. In
     nenzulernen. Kein Wunder, denn ich bin          fünfjähriges Südtiroler Mädchen ihrer er-        der heutigen globalisierten Gesellschaft, die
     selbst Deutschlehrerin, genauer gesagt          staunten Oma nach dem Kindergarten. Wann         sich aufgrund von Mobilität und Migration
     Deutsch-als-Zweitsprach-Lehrerin an italie-     habe ich von der Existenz dieser Sprache er-     kontinuierlich und rapide verändert, ist dies
     nischen Schulen in Südtirol, und habe mich,     fahren?                                          vielleicht die einzig richtige Vorbereitung auf
     sowohl privat als auch beruflich, kontinuier-   „Flutura heißt im Kosovo Schmetterling!“, so     eine Zukunft, die wir nicht mehr verlässlich
     lich mit Zweit- und Fremdsprachenlernen         erklärt eine zwölfjährige Mittelschülerin ih-    vorhersagen können. Hans Hunfeld, emeri-
     auseinandergesetzt. Als Koordinatorin des       rer Mutter die Bedeutung des Namens ihrer        tierter Professor für die Didaktik der engli-
     Sprachenzentrums Bozen hat sich mein            Schülerin.                                       schen Sprache und Literatur an der Katholi-
     Interessengebiet seit 2009 deutlich erwei-      Ein elfjähriges Mädchen klickt im Internet       schen Universität Eichstätt–Ingolstadt,
     tert, vom Lehren und Lernen von Deutsch         einen Polnisch-für-Anfänger-Kurs an, weil        drückt das folgendermaßen aus: „Im Haus
     als Zweitsprache für italienische Schülerin-    ihre Freundin aus der Grundschule mit ih-        Europa werden nicht Freunde miteinander
     nen und Schüler hin zum Lehren und Lernen       rem Vater nach Polen zurückgekehrt ist. Sie      leben, die einander verstehen, sondern
     von Deutsch und Italienisch für Schülerin-      sind weiterhin über Skype in Kontakt, aber       Fremde, die auch dann friedfertig miteinan-
     nen und Schüler verschiedener Herkunfts-        „Alina hat Angst, dass sie das Deutsche ver-     der leben müssen, wenn sie sich nicht ver-
     sprachen.                                       gisst. Vielleicht sollte ich ein bisschen Pol-   stehen.“ (Hunfeld, Hans: Fremdheit als
                                                     nisch lernen, sicherheitshalber.“ Wer von        Lernimpuls. Skeptische Hermeneutik, Nor-
     Sprachenvielfalt als Vorteil                    uns hat während seiner Schulzeit eine ähnli-     malität des Fremden, Fremdsprache Litera-
     für die gesamte Klasse                          che Anregung zum Erlernen einer Fremd-           tur. Alpha Beta/Drava Verlag, Bozen/Kla-
     Die zunehmend sprachlich buntere Zusam-         sprache erfahren?                                genfurt, 2004)
     mensetzung in unseren Südtiroler Schul-         Ich selbst spreche die Freundin meiner sie-      Daher fordert er, dass ein Kind beim Erler-
     klassen, wo Kinder und Jugendliche aus fünf     benjährigen Nichte im Schwimmbad auf Ita-        nen einer Sprache auch lernen muss, „dass
     Kontinenten und aus über fünfzig verschie-      lienisch an. „Ciao, vuoi giocare con noi?“ und   Sprache allein nicht ausreicht, […] dass es
     denen Herkunftsländern zusammentreffen,         werde prompt belehrt. „Sie redet nicht Itali-    eine Haltung der Neugier, des Respekts, des
     ähnlich wie bei der eingangs erwähnten IDT      enisch, sondern Deutsch … mit mir, mit ihrer     lebenslangen Lernens – mit seinem jeweili-
     2013 in Bozen, wird kaum als Bereicherung       Mama redet sie eine andere Sprache.“ Die         gen Gegenüber – entwickeln muss.“

16    Dezember 2013 / Jänner 2014
Erste Station der Wanderausstellung war die Mittelschule „Josef von Aufschnaiter”. Die Standposter der Wanderausstellung laden zum
Mitmachen und Mitspielen ein.

Wahrnehmen und wertschätzen                     „Ich mache einen Entwurf von ihm“, sagte
In unserem dreisprachigen Land fällt schon      Herr K., „und sorge, dass er ihm ähnlich          Interaktive Wanderausstellung:
beim Betreten der Schulgebäude auf, dass        wird.“
                                                                                                  „Sprachenvielfalt: in der Welt
Zwei- und Mehrsprachigkeit gefördert wird.      „Wer? Der Entwurf?“
Meist hängen in Gängen und Klassenräu-          „Nein“, sagte Herr K., „der Mensch.“
                                                                                                  und vor unserer Haustür“
men, nicht nur in ladinischen Schulen, Pla-     (aus Bertolt Brecht: Geschichten vom Herrn        Die Ausstellung befasst sich mit den
kate in drei verschiedenen Sprachen,            Keuner)                                           Fragen: „Wie viele Sprachen kann man
Deutsch, Italienisch, Englisch und/oder La-     Die grundlegende Frage ist, ob ich die viel-      lernen?“ - „Wie klingt Litauisch?“ -
                                                                                                  „Welche Sprachen sprechen wir hier in
dinisch. Weitere Sprachen, die, wie wir in-     fältige Verschiedenheit erkennen kann und
                                                                                                  Südtirol noch?“ Sie wurde im Rahmen
zwischen hinlänglich wissen, in der Schüler-    ob ich sie anerkennen und bewahren möchte         des Projektes „SMS - Sprachenvielfalt
schaft vorhanden sind, scheinen seltener        oder ob ich sie leugnen und die vielfältig ver-   macht Schule“ von Mitarbeiterinnen
auf. Fehlt es an der Wahrnehmung oder an        schiedenen Lerner in der Gruppe alle gleich       und Mitarbeitern der EURAC konzipiert
                                                                                                  und gestaltet. Die Ausstellung besteht
der Anerkennung dieser Sprachen? Wie            machen will, damit sie meinem Entwurf von
                                                                                                  aus sieben großen und mehrsprachigen
kann man Wertschätzung einer Sprache ge-        den Menschen ähnlich werden.                      Standpostern und einer Lernstation mit
genüber signalisieren, wenn man diese                                                             Anleitungen dazu, wie man sein eigenes
Sprache nicht einmal sichtbar macht?            Sprachenvielfalt macht Schule                     Sprachporträt aufzeichnet oder wie man
                                                Die EURAC hat in Zusammenarbeit mit den           in anderen Alphabeten schreibt. Es gibt
                                                                                                  Videointerviews mit mehrsprachigen
Normalität der Verschiedenheit                  Sprachenzentren das Projekt „Sprachenviel-
                                                                                                  Personen zu sehen und eine Sammlung
Weit verbreitet ist auch der Mythos von ho-     falt macht Schule” entwickelt, das sich auf die   von Lieblingswörtern, bei der jede und
mogenen Lernergruppen. Doch woran liegt         Beantwortung der Frage, wie an Südtiroler         jeder mit seinen persönlichen Favoriten
es, dass meist alle Bemühungen, homogene        Schulen das Potenzial der Mehrsprachigkeit        mitmachen kann.
                                                                                                  Mit der Wanderausstellung steht den
Gruppen zu bilden, scheitern? Wahrschein-       wahrgenommen und genutzt wird, konzent-
                                                                                                  Lehrkräften künftig ein Hilfsmittel zur
lich an der vielfältigen Verschiedenheit, die   riert. Dazu gibt es nun auch eine Wanderaus-      Verfügung, um das Bewusstsein und
Menschen auszeichnet, denn es gibt ver-         stellung, die von den Schulen kostenlos ange-     die Wahrnehmung für Sprachen und
schiedene Lernertypen mit unterschiedli-        fordert werden kann. Dies ist hoffentlich ein     Mehrsprachigkeit in ihren Klassen zu
chem Vorwissen und unterschiedlichen Inte-      weiterer Beitrag, um Sprachenvielfalt und in-     stärken. Ziel ist es, Mehrsprachigkeit als
                                                                                                  allgemeines Bildungsziel umfassend zu
ressen, mit verschiedenen kulturellen, reli-    terkulturelle Begegnung als Bereicherung zu       vertiefen. Die Bereiche Innovation und
giösen, familiären Traditionen und              erkennen. Gemeinsam sollten wir uns trauen        Beratung des Deutschen und Ladinischen
Gewohnheiten, mit verschiedenen Her-            und auch zutrauen in unseren Schulen Elite-       Bildungsressorts und die Area Pedagogica
kunftssprachen; es gibt auch zwei- und          schulen zu sehen, in denen gerade der Um-         des Italienischen Bildungsressorts
                                                                                                  arbeiten als Kooperationspartner mit. Die
mehrsprachig Aufwachsende mit unter-            gang mit vielfältig Verschiedenen zentral und
                                                                                                  Ausstellung tourt bis Juni 2014 durch ganz
schiedlichen Lebenserfahrungen und Welt-        zukunftsweisend wird.                             Südtirol.
wissen.                                                                                           Nähere Informationen bei Dana Engel,
„Was tun Sie,“ wurde Herr K. gefragt, „wenn     * Verena Debiasi ist Koordinatorin am            Tel. 0471 055143, dana.engel@eurac.edu
Sie einen Menschen lieben?“                       Sprachenzentrum Bozen.

                                                                                                          Dezember 2013 / Jänner 2014          17
Thema

     Forschungsarbeit: Schulische Integrationsgeschichten

     Vielfalt zum Leuchten bringen
     Wie Jugendliche erster Migrationsgeneration ihren Schulwechsel von einem Land in das andere wahrnehmen, hat Irene
     Cennamo zum Gegenstand ihrer Forschungsarbeit für das Doktorat an der Fakultät für Bildungswissenschaften der
     Universität Bozen gemacht. Sie geht der Frage nach, was die Jugendlichen als lern- und integrationsfördernd erlebt haben
     und was als hemmend. Ihre Erkenntnisse hat sie für INFO zusammengefasst.

     Meine Forschungsarbeit trägt den Titel „Do-      deutsch, und ja, rede auch nur noch             Interkulturellen Kompetenz (vgl. Chisholm/
     ing Difference im Schulalltag“. Jugendliche      Deutsch.“                                       Peterlini 2012), erinnern diese Orientierun-
     erster Migrationsgeneration wurden zum           Die Datenanalyse dieser Interviewgruppe         gen stark an den „emotionalen Argwohn“
     Subjekt der Studie, während sie – laut ihren     brachte ein interessantes Phänomen zum          (ebd.: 118) und an eine gewisse Abwehr, die
     Erzählungen – oft Objekte besonderer schu-       Vorschein: Der Wille und Wunsch nach Ein-       (Gesamt-)Südtiroler Jugendliche immer wie-
     lischer Interventionen sind. Subjektwissen-      sprachigkeit geschieht nicht nur auf Kosten     der der lokalen Zweitsprache entgegenbrin-
     schaftliche Forschung beschäftigt sich, in       der Familiensprache oder Herkunftssprache,      gen. Der fehlende sozialemotionale Zugang
     meinem Zusammenhang, mit der Frage, wie          sondern überträgt sich – vermutlich im Sinne    zu den jeweiligen Zweitsprachen charakteri-
     Kinder infolge der Migrationserfahrung ihre      einer habituellen Übereinstimmung an der        siert spiegelgleich die Aussagen neu zuge-
     neue Wirklichkeit an Südtirols Schulen kons-     Schule – auch auf die jeweilige lokale Zweit-   wanderter Schüler und Schülerinnen.
     truieren. Die Rekonstruktion der Bildungser-     sprache. Vergleicht man den Inhalt der Aus-
     fahrungen mittels narrativer Interviews gibt     sagen mit Interviews von Südtiroler Jugend-     Schule als interkultureller
     daher Einblick in die Alltagspraxis der jewei-   lichen in neueren Studien zur lokalen Zweit-    Erfahrungsraum
     ligen Schulsysteme (ich untersuchte urbane       sprache (vgl. Baur/Larcher 2011; Kolipsi        Die zweite Gruppe bezeichnet ein eigenakti-
     deutsch- und italienischsprachige Sekundar-      2012; Cennamo/Provenzano 2010) oder zur         ves Ringen um Kontakte an der Schule und
     schulen ersten Grades, bezog mich aber in
     den Interviews auch auf die Zeit des Schul­
     einstiegs in die jeweilige Primarschule) und
     zwar in Hinblick auf den gewohnten Umgang
     mit individueller Mehrsprachigkeit und ge-
     sellschaftlicher Vielfalt. Hier bündle ich aus
     Platzgründen die Ergebnisse auf zwei signifi-
     kante Gruppen. Das erste Beispiel bildet das
     Orientierungsmuster eines „Angleichungs-
     bestrebens vonseiten der zugewanderten
     Schüler und Schülerinnen an schulsystemi-
     schern Einsprachigkeit“. Die Einsprachigkeit
     wird als Normalfall erkannt und von den
     Schüler und Schülerinnen internalisiert.
     Mehrsprachigkeit wird höchstens als
     Sprachverwirrung intendiert. Dazu ein kur-
     zer Interviewausschnitt von einem Schüler:
     „Und wenn meine Cousine etwas Neues in
     der Schule in V. gelernt hat, dann hat sie
     es mir halt beigebracht und ich es ihr. Und
     dann haben wir immer Deutsch geredet,
     aber ich weiß nicht, wie wir dazu gekommen       Wege tun sich auf – Entfaltungsmöglichkeiten werden zugelassen:
     sind, und heute denke ich auch bloß noch         mehrsprachig – vielfältig – chancengerecht.

18    Dezember 2013 / Jänner 2014
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