Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung

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Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
Begabungsförderung
  Der Weg zum Konzept, das Konzept und
               was daraus geworden ist

          Personalität. Spiritualität. Solidarität. Universalität.
Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
2   Begabungsförderung grundlegen   Konzeptionelle Schärfung   Mentorielle Lernbegleitung   3
Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
Inhaltsverzeichnis

    Geleitwort		5                                                     4.		Das Ziel der Schulentwicklung:
                                                                      		integrative Begabungsförderung                   55
    Einleitung 		 7                                                   5.		Weiterführung des Projekts
    		                                                                		Begabungsförderung: konkrete Schritte            57
    Grundlagen Begabungsförderung
    I. Der Profilprozess ab dem Jahr 1997		11                         Mentorielle Lernbegleitung
    1. 		Profilentwicklung im Orden		11                               IV. Begabungsförderung konkret: Entwicklungen       61
    2. 		Schritte der Profilentwicklung:                              1.		Das Tandemprojekt                               61
    		„Beschreiben heißt verändern“		13                               2.		Aus Konflikten lernen
    3. Schritte der Profilentwicklung: Das Profil herausarbeiten 15   		Supervisions-Teams als Lernfeld für pädagogisch
    4. 		Begabte auch noch fördern?                                   		förderliche Peer-Beziehungen                      66
    		Ein Zwischenbericht zur Begabtenförderung                  16   3.		Mentoring bewusst machen
     		                                                               		Ressourcenorientierte Schülersprechstunde in
    Konzeptionelle Schärfung                                          		Klasse 8 mit ZRM und PSI-Theorie                  72
    II. Erfahrungen in den Projekten
    der Begabungsförderung                                       19   Ausblick                                           76
    1.		„Junge Talente zeigen ihr Können“                        19
    2.		Interviews: Das Besondere der Projekte                        Literaturliste                                     78
    		der Begabungsförderung                                     20
    3.		Begegnung mit dem Literaturpreisträger
    		Ehrhart Neubert                                            22
    4.		Begabungsförderung: Von Anfang an dabei                  24
    5.		Erlebnispädagogik: „Kopf, Herz und Verstand“             28
    6.		Eine Rückblende über außerschulische Aktivitäten
    		am Salvatorkolleg                                          33

    III. Konzept für die Begabungsförderung
    am Salvatorkolleg ab 2014                                   35
    1. 		Einleitung                                             35
    2. 		Erfahrungen – Rückblick                                36
    3.		Grundlegung                                             46

4                                                                                                                              3
Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
Geleitwort

    Geleitwort zum Sonderheft                          Vielmehr soll möglichst vielen Schülern die
    Begabungsförderung                                 Chance eröffnet werden, ihr eigenes Lei-
                                                       stungspotential zu erkennen und zu entwi-
    Was sind die Motive von Stiftern? Im Fall          ckeln. Über die Vehikel der begabungspsycho-
    Friedrich Schiedels ergaben sie sich aus sei-      logischen Lernbegleitung und die mentorielle
    nem persönlichen Lebensweg. Neben der              Begleitung durch überaus engagierte Lehr-
    Förderung der Wissenschaften lag Friedrich         kräfte, die sich mittlerweile auf die gesamte
    Schiedel vor allem auch am Herzen, jungen          Breite der schulischen Arbeit auswirken,
    Menschen den Weg zu einem selbstbestimm-           wurden und werden die richtigen Ansätze
    ten, erfolgreichen Leben zu ebnen. So steht es     gefunden. Dieser Erfolg war auch der Grund
    in seiner Stiftungssatzung, und es war und ist     dafür, dass die Friedrich-Schiedel-Stiftung die
    eine wunderbare Fügung, dass mit dem Pro-          Förderung des Projekts noch ein­mal deutlich
    jekt der Begabungsförderung am Salvatorkol-        verlängert hat, um seine ­Nachhaltigkeit zu
    leg seit 2004 ein sehr erfolgreicher Weg ge-       gewährleisten. Die Tatsache, dass das Salva-
    funden wurde, dieses Anliegen umzusetzen.          torkolleg im Jahr 2018 als bundesweit erste
    Ganz bewusst wird nicht als Ziel vorge­geben,      Schule zum Kompetenzzentrum für Lernbe-
    einer elitären Zahl von Schülern zu noch bes-      gleitung ernannt worden ist, unterstreicht die
    seren schulischen Leistungen zu ­verhelfen.        Richtigkeit dieser Entscheidung.

                                                        Dr. Reinhard Dörfler
     Dietrich von Buttlar                               2. Vorsitzender der Friedrich-Schiedel-Stiftung      Ursula Schiedel im Gespräch mit
     1. Vorsitzender der Friedrich Schiedel-Stiftung    und Vorsitzender des Projektbeirats                  D. v. Buttlar und R. Dörfler.

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Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
Einleitung

    Einleitung                                          mit der Möglichkeit an die Schule herantrat,        An diesem Punkt der Entwicklung wurde
                                                        eine Begabungsförderung in Bad Wurzach zu           schnell klar, dass eine gründliche Weiterbil-
    Als im Schuljahr 2004/2005 die von der              etablieren, stieß dies nicht nur auf offene Oh-     dung der beteiligten Lehrpersonen nötig ist.
    Friedrich-Schiedel-Stiftung geförderte und          ren, sondern auch auf eine Schule, die sich des     Diese wurde in mehreren Durchläufen und
    dadurch ermöglichte Begabungsförderung              eigenen Profils bewusst war und dieses Profil       mit einer großen Zahl von Lehrerinnen und
    am Gymnasium Salvatorkolleg begann, hatte           verfolgte. Von daher war von Anfang an klar,        Lehrern durchgeführt.
    die Schule bereits einen längeren Profilbil-        dass auch die Begabungsförderung am Sal-
    dungsprozess durchlaufen. Der Zeitpunkt für         vatorkolleg bei der Persönlichkeitsförderung        Die Begabungsförderung am Salvatorkol-
    den Start der Begabungsförderung war des-           ansetzte. Mit besonderen Programmen konn-           leg, die eng mit dem Schulprofil verbunden
    halb ideal.                                         ten jetzt Schülerinnen und Schüler gefördert        ist, hat auch direkte Rückwirkungen auf die
                                                        werden, die eine besondere Begabung und             Schule genommen. Die äußerst positiven
    Seit 1997 hatte sich die Schule gemeinsam           besondere Interessen zeigten. Bei ihnen sollte      Erfahrungen mit unterschiedlichen Formen
    mit der Ordensgemeinschaft der Salvatori-           der Aspekt der Verantwortungsübernahme              der mentoriellen Begleitung haben dazu
    aner, die damals noch alleiniger Schulträger        noch mehr im Fokus stehen.                          ­geführt, solche Formen auch im „Regelschul-
    war, auf den Weg gemacht, das Profil der                                                                 betrieb“ einzuführen und in einem inzwi-
    Schule zu beschreiben und auf diese Weise           Von Anfang an waren die Projekte so angelegt,        schen erstellten Curriculum der mentoriellen
    auch zu schärfen. Das Ergebnis dieses Pro-          dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für          Begleitung am Salvatorkolleg zu etablieren.
    zesses, an dem Ordensgemeinschaft, Lehrer,          den Erfolg selbst die Verantwortung über-            Damit war klar, dass die Begabungsförderung
    Eltern und Schüler beteiligt waren, mündete         nahmen. Außerdem wurde die mentorielle               tat­sächlich ein Schulentwicklungsprojekt war
    in der Formulierung der vier Profilelemente         Begleitung zunehmend wichtig. Zusammen               und ist.
    Personalität, Solidarität, Spiritualität und Uni-   mit Prof. Julius Kuhl von der Universität Osna-
    versalität. Im Kern ging es darum, mit diesen       brück und Dr. Sebastian Renger, dessen Dis-         Die verschiedenen Entwicklungsschritte die-
    Profilelementen das Zentrum der pädago-             sertation aus der Begleitung und Entwicklung        ser für die Schülerinnen und Schüler und für
    gischen und erzieherischen Arbeit der Schule        der Begabungsförderung am Salvatorkol­leg           die Schule so erfolgreichen und weiterführen-
    zu beschreiben: die Förderung der Persön-           entstand, konnte ein entsprechendes Kon­zept        den Geschichte finden Sie in diesem Sonder-
    lichkeit einer jeden Schülerin und eines jeden      entwickelt werden. War zuerst daran gedacht,        heft der Schule dokumentiert: Angefangen
    Schülers.                                           die Wissenschaft nur zur Evaluation des Pro-        vom Profilprozess aus dem Jahr 1996/1997
                                                        jektes einzusetzen, zeigte sich sehr rasch, dass    über die ersten Schritte und die Entwicklung
    Als dann die Friedrich-Schiedel-Stiftung in         die psychologischen Testverfahren ein ideales       der Begabungsförderung ab 2004 bis hin
    Person des damaligen Bürgermeisters von             Instrument für gezielte Rückmeldungen an            zur Neufassung und Weiterentwicklung des
    Bad Wurzach, Herrn Helmuth Morczinietz,             die Schülerinnen und Schüler darstellten.           Konzeptes im Jahr 2016. Immer sind auch

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Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
Prof. Julius Kuhl                                 Dr. Sebastian Renger

    Berichte über konkrete Projekte angefügt, die     ­ sycho­logie und Persönlichkeitsforschung an
                                                      P                                                 des Konzeptes beteiligt. Der Dialog der Wis-
    die Arbeit der Begabungsförderung lebendig        der Universität Osnabrück hatte er sich schon     senschaft fand mit ihnen und auch mit den
    werden lassen.                                    ­lange mit der Begabungsförderung beschäf-        Schülerinnen und Schülern statt, die unmit-
                                                       tigt und verschiedene Projekte begleitet.        telbare Resonanz auf das gaben, was die
    All diese wäre ohne die Unterstützung vieler       Seine Persönlichkeitstheorie war für das Sal-    Schule sich an Konzepten hat einfallen lassen.
    Menschen und Institutionen nicht möglich           vatorkolleg mit seinem Schwerpunkt der Per-      Einen ganz besonderen Anteil an der Ausge-
    gewesen. An erster Stelle ist hier die Fried-     sönlichkeitsentwicklung auf der Grundlage         staltung hatte und hat Klaus Amann, der als
    rich-Schiedel-Stiftung zu nennen. Unter der       des christlichen Menschenbildes anschlussfä-      stellvertretender Schulleiter die schulische
    Leitung von Dietrich von Buttlar als Justitiar    hig. Wir sind dafür dankbar, dass Julius Kuhl     Federführung der Begabungsförderung hat
    und den Vorsitzenden des Beirates Bega-           sich sofort dazu bereiterklärte, das Projekt      und für die Entwicklung auch verantwortlich
    bungsförderung Helmuth Morczinietz und            am Salvatorkolleg zu begleiten.                   zeichnet.
    Dr. Reinhard Dörfler wurde das Projekt in-
    itiiert, über bisher 15 Jahre belgeitet und       Diese Begleitung geschah durch ihn persön-        Wir freuen uns, Ihnen heute diese Veröffent-
    äußerst wohlwollend in die Zukunft geführt.       lich, sie geschah aber auch durch Mitarbeiter     lichung als Sonderausgabe des Jahresheftes
    Wir sehen es als Vertrauensbeweis und als         seines Lehrstuhls. Hier ist ganz besonders        vorlegen zu können. Wir dokumentieren da-
    Auszeichnung an, dass sich die Friedrich-         ­Sebastian Renger zu erwähnen. Seit 2004          rin die Entwicklung, beschreiben das aktuelle
    Schiedel-Stiftung zwei Mal (2004 und 2016)         war er immer wieder Gast am Salvatorkol-         Konzept und geben auch einen Ausblick auf
    über einen Zeitraum von jeweils zehn Jahren        leg. Er verantwortete die wissenschaftliche      die Zukunft.
    an das Projekt bindet und dem Salvatorkolleg       Evaluation, führte viele Gespräche mit Schü-
    diese Art der Begabungsförderung überhaupt         lerinnen und Schülern und dem Lehrerkol-         Bad Wurzach, Februar 2019
    ermöglicht. Immer haben die Verantwort-            legium, ­erstellte eine Dissertation über die
    lichen der Stiftung alle Wege der Entwicklung      Begabungsförderung am Salvatorkolleg und         Paul Stollhof, Geschäftsführer
    mit großem Interesse begleitet und vorange-        schulte in der Folgezeit viele Lehrerinnen und   Hans-Peter Staiber, Geschäftsführer
    trieben. Wir sind davon überzeugt, dass diese      Lehrer der Schule, um sie für die mentorielle    P. Dr. Friedrich Emde, Schulleiter
    Arbeit mit jungen Menschen im Sinne des            Begleitung optimal auszubilden. Wir können
    Stifters Senator Friedrich Schiedel und seiner     sagen, dass die heutige Form der Begabungs-
    Familie ist.                                       förderung im Dialog mit der Wissenschaft
                                                       entstanden ist.
    Es war für die Schule ein Glücksfall, auf
    Prof. Julius Kuhl aufmerksam zu werden.           Lehrerinnen und Lehrer der Schule waren
    Als Inhaber des Lehrstuhls für Differentielle­­   ebenfalls wesentlich an der Ausgestaltung

8                                                                                                                                                        Begabungsförderung grundlegen   Konzeptionelle Schärfung   Mentorielle Lernbegleitung   9
Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
Begabungsförderung grundlegen

           I. Der Profilprozess ab dem Jahr 1997

     Der Auftrag des Provinzials der Salvatorianer,        1. Profilentwicklung im Orden
     Pater Winopal SDS, an die Schule, ein Profil des      Jahresheft 2000
     Salvatorkollegs herauszuarbeiten, um die Schule
     „in die Zukunft zu führen“, brachte ab dem Jahr       „Wir wollen das Gymnasium Salvatorkolleg
     1997 das Salvatorkolleg in Bewegung (Artikel          Bad Wurzach als Apostolat (Werk) der Süd-
     „Profilentwicklung im Orden“ vom Jahresheft           deutschen Provinz der Salvatorianer neu in
     2000). Der Profilprozess wurde zunächst inhalt-       die Zukunft führen. Auf dieser Grundlage soll
     lich geführt – jeweils auch in Abstimmung mit         die Ordensgemeinschaft an die Herausforde-
     der Profilgruppe des Ordens. Damit war schließ-       rungen der Zeit angepasst und umstruktu-
     lich die Voraussetzung für die Gründung des Or-       riert werden.“
     densschulen Trägerverbundes geschaffen. Als           Diesen Beschluss hat das Provinzialat der Süd-
     Gesellschafter fungierten die Salvatorianer und       deutschen Provinz der Salvatorianer auf sei-
     die Franziskanerinnen von Sießen. Sie schufen         ner Sitzung am 14. Juli 1997 gefasst. Damit
     mit dem Trägerverbund einen gemeinsamen               wurde ein Prozess der Profilentwicklung an-
     Schulträger für alle von diesen beiden Ordens­        gestoßen, bei dem es um mehr gehen sollte
                                                                                                                 Pater Walter Winopal (†)
     gemeinschaften geführten Schulen.                     als um die Entwicklung des vom Staat gefor-
     Die ersten Überlegungen zum Profil wiesen be-         derten Eigenprofils jeder weiterführenden
     reits in die später immer wichtigere Richtung:        Schule. Es müssen Antworten herausgearbei-          Träger des Gymnasiums ist die Ordenspro-
     Eigenständigkeit und Selbstverantwortung der          tet werden etwa auf Fragen:                         vinz. Wir können uns daher nicht nur mit
     Schülerinnen und Schüler (Artikel „Beschreiben                                                            einem unserer Apostolate analytisch und in-
     heißt verändern“ vom Jahresheft 2000). Der Pro-       • Warum ist uns Salvatorianern diese Schule         novativ gestalterisch beschäftigen, sondern
     filprozess am Salvatorkolleg führte schließlich         ein Anliegen?                                     müssen gleichzeitig die Gesamtsituation der
     zu der Formulierung der vier Profilsäulen: Perso-     • Warum führen wir ihr Ressourcen zu?               Provinz bzw. der einzelnen Häuser und Ge-
     nalität, Solidarität, Universalität, Spiritualität.   • Was soll das ‚Salvatorianische‘ an ihr sein?      meinschaften genauso analytisch und inno-
     Der nächste Schritt der Entwicklung wurde mit         • Wie können Impulse unseres Grüders                vativ gestalterisch ordnen und in die Zukunft
     dem Projekt Begabungsförderung unternom-                ­aufgenommen und weitergegeben                    führen. Darum haben wir parallel zur ‚Profil-
     men. Hier waren zunächst manche Vorbehalte               ­werden?                                         gruppe Schule‘ die ‚Profilgruppe Orden‘ ge-
     anzugehen, was durch eine klare, profilorien-         • Wie glauben und erwarten wir, dass die uns        bildet. Ihr gehören der Provinzial P. Walter
     tierte Schwerpunktsetzung in der ­Profilsäule             anvertrauten jungen Menschen mit all dem        Winopal, P. Nikolaus Wucher und P. Hubert
     Personalität gelang („Begabte auch noch                   vertraut werden können?                         Veeser an, dazu Herr Bernhard Morgenstern
     ­fördern?“, Jahresheft 2005)                                                                              als Begleiter von außen.

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Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
Ihre Aufgabe ist einerseits, die Verbindung        vorangegangenen 16. Generalkapitels umset-       Der „Profilierungsprozess Orden“ ist nun im    2. Schritte der Profilentwicklung:                   Befragungen
     zur Profilgruppe Schule zu halten, sich mit ihr    zen wollen, zum anderen überhaupt unseren        wörtlichen Sinn in der entscheidenden Phase:   „Beschreiben heißt verändern“
     zu treffen und Fragen des Salvatorianischen        Auftrag in der Kirche und den Menschen wei-      Welches Profil in welchen Projekten werden     Jahresheft 2000                                      Welche Schritte waren zu unternehmen?
     im zu entwickelnden Profil einzubringen;           terführen können.                                wir Salvatorianer der Süddeutschen Provinz                                                          Den Ausgangspunkt des Profils sollte die Be-
     ­andererseits hat sie sich das Ziel gesteckt,      Die Verantwortung für diesen Prozess hat         zeigen, und wie wollen wir Schätze und Res-    Der Auftakt                                          standsaufnahme, die IST-Analyse bilden. Al-
      den Veränderungsprozess in der Provinz an-        das Kapitel einer größeren Gruppe unter der      sourcen heben, um unsere Sendung neu zu                                                             so wurde zunächst ein Fragebogen für das
      zustoßen und zu begleiten. Als erstes wurde       ­Leitung einer Doppelspitze nach dem Vier-­      erfüllen.                                      Im November 1996 gab uns Provinzial P. Wal-          Lehrerkollegium zusammengestellt, bei dem
      vom Provinzial eine Analyse der ganzen Pro-        Augen-Prinzip übertragen. Es wurde ge-                                                         ter Winopal einen Einblick, welche ­Schritte         vor allem Erziehungsziele und deren Ver-
      vinz erarbeitet, die dann allen Mitbrüdern         sichtet, hinterfragt, zugeordnet, in die Ge-    P. Walter Winopal SDS,                         ­eine Profilbildung durchlaufen kann und             wirklichung erfragt wurden. Für die Schüler
      zur Überprüfung, zum Durchdenken und zur           meinschaften zurückgegeben, ergänzt, neu        Provinzial der Süddeutschen Provinz             sollte, als die Geschäftsführer der Sießener        ­wurden in den verschiedenen Stufen jeweils
      Ergänzung vorgelegt wurde. Sie war auch            formuliert. Als verbindliche Aussagen, welche   1996 bis 2005                                   Schulen ihren Prozess hin zum formulierten           verschiedene Formen der Befragung gewählt:
      Grundlage für die Gespräche, die er bei der        die konkrete Umsetzung in der Provinz prä-                                                      Text vorstellten. Schon damals war klar, dass        Der Unterstufe wurde ein Fragebogen vorge-
      darauf folgenden Visitation des Provinzials in     gen, entstanden so Grundlagenpapiere zu                                                         viele Gespräche, Termine, Papiere notwendig          legt, für die Mittelstufe erstellten die Schüler­
      allen Gemeinschaften mit jedem Mitbruder           vier Themen:                                                                                    sein würden, um in begrenzter Zeit zu einem          Innen selbst einen Fragebogen und legten ihn
      geführt hat. Zunächst sah es so aus, als bringe    • Unser Gründer P. Jordan                                                                       vorzeigbaren Ergebnis zu kommen.                     dann anderen Klassen vor; in der Oberstufe
      dieser Prozess außer einer gewissen Ver-           • Ausbreitung der Gesellschaft                                                                                                                       schrieb eine Abiturklasse einen Aufsatz, bei
      unsicherung der Mitbrüder kaum greifbare           • Bildung und inneres Wachstum                                                                 Den eigentlichen Auftakt bildete ein ­knappes         dem der Blick über die Zeit am Salvatorkolleg
      Ergebnisse. Aber wir haben innerhalb der           • Gemeinschaft                                                                                 Jahr später im Oktober 1997 eine Lehrer­              rückblickend eingeschätzt werden sollte.
      Profilgruppe begonnen zu lernen, wie pro-                                                                                                         kon­ferenz, in der P. Walter den Rahmen des
      zesshaftes Denken und projektorientiertes         Durch verantwortliches Planen und Handeln                                                       ­Profilprozesses vorstellte und der Schule           Im Oktober 1998 konnte schließlich mit der
      Handeln für uns aussehen könnte. Ähnlich          sollen nun unsere Apostolate in die Zukunft                                                      nun förmlich den Auftrag gab, die Profil-           Auswertung der Befragung begonnen wer-
      ging es den Mitbrüdern, die bei den Provinz-      geführt werden. Wir können das nicht allein.                                                     entwicklung aufzunehmen. Vom Kollegium              den, eine intensive Lesearbeit war zu bewäl-
      treffen zusammen gekommen sind.                   Neben Mitarbeitern, die im salvatorianischen                                                     ­wurden durch eine Wahl drei KollegInnen            tigen. Nach der statistischen Auswertung
      Das Provinzkapitel Anfang September 1999          Geist unsere Werke wesentlich mittragen, ha-                                                      (Klaus Amann, Bernhard Maier, Gisela Ro-           wurden die wichtigsten Ergebnisse in Texten
      gab dann dem Prozess einen neuen Schub.           ben wir auch strukturelle Veränderungen in                                                        thenhäusler) beauftragt, die Interessen der        formuliert: Sowohl die LehrerInnen als auch
      Zum erstenmal arbeitete es selbst bewusst         den Blick genommen. So wurde parallel zur                                                         ­KollegInnen zu vertreten, sie sollten den         die SchülerInnen beklagten die ­mangelnde
      prozesshaft und trug in einer Zukunftswerk-       Entwicklung des Schulprofils im letzten Jahr                                                       ­Profilprozess zusammen mit den Vertetern         Eigenverantwortung der SchülerInnen im
      statt Ziele und Möglichkeiten zusammen,           auch an neuen Konzepten der Zusammen-                                                               des Ordens (P. Pro­vinzial, P. Hubert Veeser     Lernen aber auch in der Gestaltung des Schul­
      wie wir angesichts der immer geringer wer-        arbeit mit anderen Träger-Institutionen auf                                                         und P. Nikolaus Wucher) und dem Schulleiter      lebens. Außerdem zeigte sich Klärungs­­­be­
      denden Ressourcen in der Süddeutschen Pro-        dem Bildungssektor gearbeitet und schon ei-                                                         ­(Hubert Heinrich, später Robert Häusle) ge-     darf bei den Themen Leistungsdruck,­­Reli-
      vinz zum einen die Themenschwerpunkte des         niges auf den Weg gebracht.                                                                          stalten und vorantreiben.                       giöses und Elternarbeit. In Gesprächen mit

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Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
3. Schritte der Profilentwicklung:                   innen und außen besser kommunizierbar.“
                                                                                                                                                                                                         Das Profil herausarbeiten                            Jedes Mitglied der Schulgemeinschaft solle
                                                                                                                                                                                                                                                              es kennen und erinnern. Für diese Konzentra-
                                                                                                                                                                                                         Die Formulierung und Verabschiedung des              tion auf wenige Kernbegriffe schlug er vor:
                                                                                                                                                                                                         Profiltextes, wie er im Dezember 2000 dem            ­Personalität, Solidarität und Weltverantwor-
                                                                                                                                                                                                         Lehrerkollegium vorgelegt wurde, bildete              tung – Werte, die sich auch in der Umschrei-
                                                                                                                                                                                                         eine erste Zäsur im Profilprozess. Den Be-            bung der salvatorianischen Wesensmerkmale
                                                                                                                                                                                                         schreibungen und Festlegungen, die der Text           finden ließen. Die Steuerungsgruppe des Pro-
                                                                                                                                                                                                         enthielt, wurde in der Lehrerkonferenz mit           filprozesses nahm diesen Vorschlag schnell
     ­ ertretern der SchülerInnen und beim päda-
     V                                                Das Profil entwerfen                             gewordenen Defiziten begegnen? Was soll          Ein erstes Resümee                               großer Mehrheit zugestimmt. Damit dienten            auf und ergänzte die Begriffe um den Begriff
     gogischen Tag im Februar 1999 wurde über-                                                         die Grundlage unseres Profils bilden? Bis Ende                                                    sie als Grundlage für die folgenden Schritte.        der Spiritualität und formulierte den Begriff
     legt, wie diesen Problembereichen zu be­         Nachdem nun alle Befragungen ausgewertet         März werteten wir die Rückmeldungen aus          Anfangs war die Skepsis – nicht nur im Kol-      Gleichzeitig liefen die Planungen für die Grün-      Weltverantwortung um in „Universalität“. In
     gegnen sei: Spätestens zu diesem Zeitpunkt       waren, durchsuchten wir die Ergebnisse nach      und stellten so die „grundlegenden Aussagen      legium – zu spüren, ob eine Profilbildung et-    dung des Ordensschulen Trägerverbunds.               der Sichtung der Texte zeigte sich, dass damit
     hatte die Profilentwicklung in der Schule        Punkten, die für ein Profil interessant sein     für ein zu erstellendes Profil“ zusammen.        was bringt: „Am Schluss haben wir ein Papier     Mit einer pädagogischen Bestandsaufnah-              eine hervorragende Grundlage für die Formu-
     ­begonnen!                                       könnten: Diese umfassten bereits vorhandene      Diese enthalten unter anderem Stichworte         und dann?“ In der Profilgruppe wurde uns         me und der Entwicklung eines Profils waren           lierung des Profils gegeben war: Die vier Pro-
                                                      Stärken unserer Arbeit ebenso wie Felder, in     wie: Klima an der Schule, gute Unterrichts-      bald klar, dass ein formulierter Text, der das   die pädagogischen Grundlagen gelegt für die           filsäulen Personalität, Solidarität, Spiritualität
     Die Befragung der Eltern wurde zusammen          denen wir Handlungsbedarf sahen. Zeitgleich      versorgung, Stärkung der Persönlichkeit,         Profil beschreiben sollte, nie ein endgültiger   Übernahme der Schule in die Trägerschaft. In          und Universalität als Leitvorstellungen, die in
     mit einer Elterngruppe erstellt, die sich aus    mit unserer Arbeit an der Schule führte auch     Wir-Gefühl für die Schule, neue Unterrichts-     Text sein konnte; eher könnte man sagen,         dieser Situation war es ein natürlicher Schritt,      knappen Sätzen im Schulprofil erläutert und
     dem Elternbeirat herausbildete. Hier konnten     der Orden im Bereich der Süddeutschen Pro-       formen, Leistung verbunden mit sozialem          dass mit dem Profiltext der neue Ist-Zustand     dass der verfasste Text dem inzwischen neu            dann mit konkreten Elementen des Schulpro-
     bereits die Ergebnisse der ersten Befragungen    vinz eine eigene Analyse und Beschreibung        ­Aspekt, Berufs- und Sozialpraktikum, SMV-       ­beschrieben wird. Der Text hatte hier eher      eingesetzten pädagogischen Geschäftsführer            gramms verbunden wurden.
     gezielter untersucht und aus der Sicht der       durch. Auf den Ergebnissen dieser Arbeit auf-     und Mentorenarbeit, die Tradition der Schule.    dienende Funktion, denn wichtiger waren die     der Sießener Schulen, Herrn Paul Stollhof, –          Die Schulentwicklung des Salvatorkollegs ori-
     ­Eltern ausgewertet werden. Der große Rück-      bauend entwickelte der Orden eine eigene                                                           Be­fragungen und die Reaktionen darauf: Sie     neben der wirtschaftlichen Bestandsaufnah-            entiert sich seit dem Jahr 2005, nachdem das
      lauf mit über 300 Fragebögen (von ca. 500)      Stellungnahme zur Grundlegung der Schule         Wie nun daraus ein Ganzes machen? Nach-           haben die Schule schon verändert, ehe ein       me der Schule durch den kaufmännischen Ge-            Profil in Prospekten erfasst und formuliert
      überraschte positiv, die Befragung fiel aber    aus der Sicht des Schulträgers.                  dem wir die Ergebnisse geordnet und zumin-        Text verfasst war!                              schäftsführer, Herrn Hans-Peter Staiber – als         war, konsequent an den vier Profilsäulen.
      auch insgesamt erfreulich aus, wenngleich                                                        dest vorläufig gegliedert hatten, konnte bis                                                      pädagogische Bestandsaufnahme vorgelegt
      auch hier der Wunsch nach mehr Eigenver-        Dieses Zwischenergebnis legten wir im Januar     heute in mehreren Schritten ein Text entwor-     Klaus Amann                                      wurde. Diese sollte sich für den Profilprozess       Klaus Amann
      antwortung stark zum Ausdruck kam. Die          2000 dem Lehrerkollegium vor und i­ nitiierten   fen werden, der momentan dem Lehrerkolle-                                                         als sehr produktiv erweisen.
      Ergebnisse wurden im Mai 1999 schließlich       dabei die zweite und sehr wichtige Befragung     gium zur Beratung vorliegt. Sind dann auch                                                        Herr Stollhof regte in seiner Rückmeldung an,
      im Elternbeirat vorgestellt und diskutiert,     der Lehrer: Wie kann Bewahrenswertes un-         die organisatorischen Details (s.o.) geklärt,                                                     „den Endtext für die Beteiligten übersicht-
      daraufhin k­ onnten sie als Text festgehalten   serer Schule erhalten werden? Wie können         kann der Text in die Endredaktion gehen.                                                          licher und durchsichtiger zu gestalten“, denn
      werden.                                         wir nach Meinung der KollegInnen deutlich                                                                                                          „ein knapp formuliertes Leitbild ist auch nach

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Begabungsförderung Der Weg zum Konzept, das Konzept und was daraus geworden ist - Friedrich-Schiedel-Stiftung
4. Begabte auch noch fördern?                       mit ihrer Situation zu konfrontieren, zur Elite   Arbeit mit den Schülern:                          ­ rfahrungen. Für die Stufen 10 bis 12 gab es
                                                                                                                                                             E                                                      förderung tätig, die in zwölf zum Teil unter-
     Ein Zwischenbericht zur Begabten­                   zu gehören. Andererseits soll die Erkenntnis      Fachkurse und Begleitprogramm                     zwei Reflexionstage: Im Januar, im Reflexions­         gliederten Fachgruppen etwa 100 Schüler
     förderung                                           wachsen, dass Leistung den Menschen nicht                                                           tag I, stand die eigene Begabung und eine              betreuen; geplant sind außerdem Angebote
     Jahresheft 2005                                     allein ausmachen kann.2 Damit kristallisierte     In den ersten Wochen des Schuljahres mel-         Aus­­einandersetzung mit dem Elitebegriff an,          zur Erlebnispädagogik („Basiskurs“) und zur
                                                         sich heraus, dass neben die Fachkurse ein Be-     deten sich schließlich über 70 Schülerinnen       im Mai beim Reflexionstag II sollte dies im            musisch-künstlerischen Arbeit. Die Themen
     Diese und noch mehr Fragen zum Warum der            gleitprogramm gestellt werden sollte, in dem      und Schüler, die beim Auftakt im ­November        kreativen Arbeiten mit einem Künstler erfol­           der neuen Fachgruppen lauten u.a.: Tour de
     Begabtenförderung begleiteten uns durch             Impulse für diese Reflexionsarbeit gesetzt        die Fachprojekte vorgestellt bekamen und          gen. Konnte man die erste Veranstaltung als            France, Fliegen, Conversation, Ökobilanzen,
     das Schuljahr 2004/2005 hindurch bis heute:         werden können.                                    sich dann für Semester- bzw. Trimester­           interessant und gewinnbringend bezeichnen,             Schreibwerkstatt, Wirtschaft und Schüler­
     Ist es sinnvoll, besonders begabten jungen                                                            blöcke anmeldeten. Die Gruppen der K    ­ lasse   so zeigte sich bei der zweiten, dass die erlebnis­-    firma. Auffallend hier war das überwältigende
     Menschen, die „es ohnehin leichter haben“,           In der Zusammenarbeit mit Prof. Julius Kuhl      7/8 ­beschäftigten sich mit der Geschichte        ­pädagogisch-musischen Seminare für Ma­na­             Interesse vieler Schüler für öko­nomische
     auch noch ein zusätzliches Förderprogramm            von der Universität Osnabrück und seinen         des Mittelmeers bzw. Nördlingens oder mit          ger und Personen in Leitungsposi­ti­o­nen nicht      ­Themen.
     zu bieten? Oder erhöht sich dadurch die An-          Mitarbeitern, vor allem Herrn Sebastian Ren-     natur­wissenschaftlichen Problemstellungen.        ohne weiteres auf die Begabten­för­derung
     forderung an alle Schüler, die durch die Ein-        ger, konnten wir die Linien der Grundkon-        In Klasse 10 bis 12 fanden sich Gruppen zu Er-     übertragbar sind. Schließlich wurde für die          Es hat sich im vergangenen Jahr als günstig
     führung des achtjährigen Gymnasiums schon            zeption3 präzisieren: Wenn – so Prof. Kuhl       kenntnis und Statistik, Grundlagen Europas,        Schüler der 11. Klassen von der Uni Osnabrück        erwiesen, offene Fragen nicht im Vorfeld,
     belastet sind? Es galt im vergangenen Schul-        – höhere Begabung zur Umsetzung höhere            Business-English und Literatur. Jede Gruppe        ein Training angeboten, das abge­stimmt auf          sondern im Verlauf der Erprobung des Kon-
     jahr, die Begabtenförderung zu erproben und         persönliche Kompetenz4 braucht, dann gilt         verfolgte das Thema über längere Zeitab-           die ersten Testergebnisse die Bereiche Selbst-       zepts zu klären. So konnten wir herausfiltern,
     dabei die gestellten Fragen nicht aus dem           es, auf der Grundlage der jeweiligen persön-      schnitte, enthielt immer Phasen des Selbst-        motivation und Selbstberuhigung einübte.             welche Wege erfolgversprechender sind. Zu
     ­Auge zu verlieren.                                 lichen fachlichen Stärken/Begabungen der          studiums und der Präsentation in den Grup-                                                              klären bleiben aber z.B. die Fragen nach dem
                                                         einzelnen Schüler solche Kompetenzen wie          pe. Zum Ende des Schuljahres stellten die         Resümee, Blick ins jetzige Schuljahr                  Aus- und Anmeldewahlverfahren, nach Rück-
     Fortbildungen und Außenkontakte                     beispielsweise Anpassungsfähigkeit, persön-       Gruppen ihre Ergebnisse in verschiedenen                                                                wirkungen auf den allgemeinen Unterricht,
                                                         liches Engagement, Planungskompetenz,             Klassen vor, der ­Literaturkurs ­veranstaltete    Neben der Arbeit mit den Schülern wirkten alle        nach dem Verpflichtungscharakter des sog.
     Die Lehrerfortbildung in Obermarchtal setzte        Tatkraft, Selbstmotivation etc. zu fördern.       sogar zwei literarische Abende und plant          beteiligten Lehrer in zahlreichen Sitzungen an        Begleitprogramms und die Abstimmungspro-
     mit Prof. Rainer Bucher, der früher als stellver-   So ist in den Fachkursen auf selbstständiges      ­weitere Präsen­tationen.                         der Entwicklung des Konzepts mit: Was sind            bleme mit dem Stundenplan.
     tretender Leiter des bischöflichen Cusanus-         Arbeiten, Präsentieren, Auseinandersetzung                                                          die nächsten Schritte, die ersten Erfahrungen,
     werks die dortige Begabtenförderung beglei-         mit der Meinungen anderer usw. zu achten.         Erlebnispädagogische Übungen wurden für           Erfolge oder Misserfolge bei verschiedenen Me-        Wir sind gespannt, wie sich die sehr unter-
     tete, einen weiteren Akzent: „Nach meinen           Um die Entwicklung der Kompetenzen zu             die TeilnehmerInnen aus Klasse 7 und 8 an-        thoden usw. Die Diskussion verliefen teilweise        schiedlichen Themengebiete unter der Hand
     Erfahrungen leben hochbegabte ­Studierende          ­untersuchen, wurde in der Jahrgangsstufe 11      geboten. Hier wurden Kooperations- und            recht kontrovers, vor allem was die Anforde-          der teilnehmenden Schülerinnen und Schü-
     tendenziell eher schwerer, angestrengter,            ein von Prof. Kuhl entwickelte Testverfahren     Interaktionsübungen unternommen, teil-            rungen an die teilnehmenden Schüler betrifft.         ler entwickeln werden und freuen uns jetzt
                                                                                                                                                                                                                                                                      1
                                                                                                                                                                                                                                                                          BUCHER, R. (2001), S. 241.
                                                                                                                                                                                                                                                                      2
                                                                                                                                                                                                                                                                          Vgl. ebd. S. 241f.
     weniger zufrieden mit sich selbst.“1 Bucher          durchgeführt. Erste Ergebnisse erwarten wir      weise kam die neue Kletterwand in der Turn-                                                             schon auf zahlreiche Präsentationen.               3
                                                                                                                                                                                                                                                                          Vgl. Jahresheft 2004, S. 19f.
     sieht in der Begabtenförderung einer kirch-          Mitte November.                                  halle zum Einsatz. Wesentlicher Bestandteil       Mit dem neuen Schuljahr sind nun insgesamt                                                               4
                                                                                                                                                                                                                                                                          Heute werden diese in Wirtschaftsunternehmen
     lichen Einrichtung die Pflicht, die Betroffenen                                                       hier ist die Reflexion über die gesammelten       24 Lehrerinnen und Lehrer in der Begabten-            Klaus Amann                                            häufig als Schlüsselqualifikationen bezeichnet.

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Konzeptionelle Schärfung

                                  II. Erfahrungen in den Projekten
                                          der Begabungsförderung

       Den Kern der Begabungsförderung bilden die           1. „Junge Talente zeigen ihr                       In der Zeit der Monarchie handeln die ersten
       Projekte, die jährlich angeboten werden und          Können“ – SZ-Bericht zum Projekt                   zwei Werke, die von Michael Schönball und
       für die sich Schülerinnen und Schüler b­ ewerben.    „Wien – ein kulturelles Schwer­                    Oktay Tuncer knapp und bündig vorgestellt
      Jährlich nehmen ca. 90 bis 100 Schüler an diesen      gewicht in Europa“ Jahresheft 2007                 wurden: In „Leutnant Gustl“ von Arthur
       Projekten teil. Aus Sicht der Schülerinnen und                                                          Schnitzler und „Radetzkymarsch“ von Joseph
     Schüler sind dies Themen, für die sie sich inter­      Unter dem Titel „Wien, Walzer und Tod –            Roth zeichnen sich der Verfall der Kaiserzeit
       essieren und die sie in Gruppen mit ebenfalls        ­ rüchigkeit einer Idylle“ haben sechs Schüler
                                                            B                                                  und das Aufstreben des Nationalismus ab.
       Interessierten bearbeiten; es gibt keinen Noten-      im Rahmen der Begabungsförderung Litera-          Den Schwerpunkt nahmen aber zwei Werke
       druck, das Interesse an der Sache ist maßgeblich.    tur am Salvatorkolleg vier Werke präsentiert,      aus den 30er und 90er Jahren mit ausführ-
     Aus der Sicht der Lehrerinnen und Lehrer ergeben       die einen Querschnitt des letzten Jahrhun-         licher Inhaltsangabe, Informationen zum Au-
      sich in diesen Projekten „Idealsituationen von        derts darstellen. Dabei wurden auch ­Bezüge        tor, Interpretation und kreativer Aufgabe ein.
       Lernen“: Die üblichen Störfaktoren (Notendruck,­     zur Politik, Geschichte, Kunst und Musik
       fachliche Vorgaben, nicht interessierte Mit­schü­    ­dieser bewegten Zeit hergestellt.                 „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von
       ler,­etc.) sind nicht vorhanden, so dass man als     Von unserem Mitarbeiter Karl-Heinz Schweigert        Ödon von Horváth (Johanna Appelt und Ste-
       Lehrer E­ rfahrungen mit „Lernen an sich“ m­ achen                                                       fanie Tüchert) und, nach einer kurzen Pause
       kann.                                                In zehn Angeboten werden derzeit im Salva-           mit Mozartkugeln und Donauwellen, „Opern-
       Die folgenden Beispiele sind aus den Jahres­         torkolleg 90 Schüler mit besonderen Bega-            ball“ von Josef Haslinger (Kathrin Schad und
       heften der vergangenen Jahre entnommen und           bungen dank der Unterstützung der Fried-             Margarethe Contag). Im erstgenannten Werk,
     ­spie­geln einen Querschnitt über die Projekte, ­      rich Schiedel Stiftung gefördert. Sechs von          einem gesellschaftskritischen Volksstück er-
       ihre Themen und die darin angesammelten              ihnen aus den Klassen zehn und elf befassen         scheint Wien nach außen schön beschaulich,
      ­Erfahrungen wider.                                   sich in Sitzungen, begleitet von ihren Lehrern       nach innen kalt und brutal. Sehr zeitgemäß
                                                            Andreas Brade und Thomas Epting, mit der            wird im „Opernball“ das Thema Terroris-
                                                            Literatur über Wien und dessen Schriftsteller        mus mit auffallenden Parallelen zu aktuellen
                                                            aus dem vergangenen Jahrhundert. Ergänzt            ­Personen, Problemen und Anschlägen be-
                                                            und bereichert wurde das Projekt mit Vorträ-         leuchtet.
                                                            gen, Filmanalysen und einer Studienfahrt in
                                                            die österreichische Hauptstadt. Das Ergebnis       Allen Präsentationen gemein waren das gut
                                                            dieser intensiven Arbeit war am Mittwoch-          vorbereitete, motivierte und selbstbewusste
                                                            abend im Aufenthaltsraum die Präsentation          Auftreten der Schüler, ihre verständliche
                                                            von vier Romanen, die mit über 50 Zuhörern         Sprache und die mit Rollenspielen, abwechs-
                                                            gut besucht war.                                   lungsreichem, anschaulichem Medieneinsatz

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interessant gestaltete Form, die das Publikum     2. Interviews: Das Besondere der                die Werke sehen, Inhaltsangaben durch-            Hier zeigt sich nun ein weiterer Unterschied      Die Schüler zeigen hier ein gutes Sensorium         ­ OS-Ergebnissen ist: Was hier zu sehen ist, ha-
                                                                                                                                                                                                                                                               E
     von Anfang an in seinen Bann zog. Auffallend      Projekte der Begabungsförderung                 schauen, etc. Nach der Entscheidung für ein       zum Normalunterricht: Ist im Normalunter-         bei der kritischen Rückmeldung.                     ben die Schüler über sich selbst angegeben!
     war zudem die ganzheitliche, vernetzte Be-        Jahresheft 2008                                 Thema bzw. ein literarisches Werk wird die        richt ein Werk besprochen und die Klassen­                                                            Vieles bestätigt den eigenen Eindruck, der
     trachtung, die sich nicht allein auf das Studi-                                                   Primärliteratur gelesen; die Sekundärliteratur    arbeit geschrieben, dann ist das Thema            Nochmals zu den Rückmeldungen: Weshalb              Eindruck wird z.T. genau wiedergegeben und
     um der Literatur beschränkte. Unterstützt mit     Als Kernstück der Arbeit in den Projektgrup-    folgt nach etwa 4 Wochen: Die Erarbeitung         abgeschlossen. In der Begabtenförderung           funktioniert die Rückmeldung in der Gruppe?         damit gleichzeitig quantifizierbar. Aber es
     den Impulsen und Hilfen ihrer Lehrer ergab         pen der Begabtenförderung stellte sich die     des Werks geschieht im Wesentlichen selbst-       beginnt jetzt allerdings der Prozess innerhalb    Welche Rolle spielt hierbei der Lehrer?             gibt auch Überraschungen: Dann ergibt sich
     sich so inhaltlich und methodisch ein faszinie-   Begleitung der Schüler durch ihre Mentoren      ständig.                                          der Gruppe: Die Präsentationen der Zweier-                                                            der Blick hinter die Fassade. Dies speziell er-
     render Abend, dem ein beeindruckter Hörer-         heraus. Diese Begleitung geht allerdings                                                         gruppen werden jeweils aufwendig ausge-            Bei den Rückmeldungen zeigt sich der Unter-        gibt gute Gesprächsanlässe, die sehr nahe an
     kreis anhaltend Beifall zollte.                   über das im üblichen Unterricht Leistbare       Die Schüler arbeiten in der Regel zu zweit, um    wertet. Unter der Vorgabe, dass am Ende eine      schied zum normalen Unterricht besonders            den Schüler heranführen.
                                                        hinaus. Um einen Eindruck vom „Mentoring“      sich gegenseitig zu unterstützen, Ideen aus-      öffentliche Präsentation stehen soll, werden      ausgeprägt: Da es keine Notengebung gibt,           Auf jeden Fall ergeben sich gute Perspektiven
     (SZ vom 29. Juni 2007)                            (manchmal auch: „Coaching“) zu erhalten,        zutauschen, kritisch zu hinterfragen, so dass     die Vorträge kritisch bearbeitet. Dies wird im    wird der Blick frei für die Weiterentwicklung       für das weitere Handeln.
                                                        befragten wir Lehrer und Schüler zu ihren      sie die Erarbeitung des Themas im Dialog ent-     Wesentlichen durch die anderen Gruppenmit-        und Verbesserung des Projekts. Die Gruppe
                                                       ­Erfahrungen.                                   wickeln. Sie haben die Möglichkeit, von den        glieder geleistet, die sich hier meist mit gut   will eine möglichst gute Präsentation zeigen
                                                                                                       Lehrern Beratung zu erhalten, beispielsweise      fundierter Kritik einbringen.                     und bewertet Beiträge oder das Verhalten            Die Schülerperspektive:
                                                       Die Lehrerperspektive:                           bei methodischen Fragen, Abstimmungsfra-         Im dritten Abschnitt erfolgt dann die Planung      der Mitglieder danach. Disziplinfragen stellen
                                                                                                        gen, ­selten brauchen sie uns bei inhaltlichen    des konkreten Präsentationsabends. Die           sich nicht.                                         Sebastian Kaltenbach (Klasse 9a) arbeitete in
                                                       Herr Brade und Herr Epting arbeiten seit 5      ­Problemen.                                        Gruppe entscheidet vor dem Hintergrund der        Der Lehrer erfährt sich dadurch in der Rolle       der 7. Klasse in der Schreibwerkstatt der Be-
                                                       Jahren im Rahmen der Begabtenförderung                                                             gesehenen Präsentationen, welche Werke an         des Mentors, der die Schüler begleitet und         gabtenförderung, seit der 8. Klasse tüftelt er
                                                       mit Schülerinnen und Schülern der oberen        Hier zeigt sich beispielsweise ein Unterschied     diesem Abend präsentiert werden sollen. Dies      mit ihnen bedenkt, welche Schritte jeweils         in der Robotik-Gruppe der Begabtenförderung.
                                                       Klassen im Bereich Literatur.                   zum Alltagsunterricht: Der Alltagsunterricht      sind natürlich die Werke, deren Präsentation      zu tun sind. Für die Schüler ist dies ebenfalls
                                                                                                        muss kleinschrittiger und mehr vorgebend          gut gelungen war. Schüler, deren Werke nicht      ein Rollenwechsel, außerdem erleben sie bei        Wie läuft die „Arbeit“ in der Begabtenförde-
                                                       Können Sie zunächst schildern, wie Ihr Pro-      geplant werden, im Begabtenkurs arbeiten         zum Zug kommen, bringen sich mit anderen          ­Lehrern, dass diese als Team arbeiten.             rung ab?
                                                       jekt abläuft? Wie verläuft die Betreuung?       wir eher im Seminarstil.                          Aufgaben ein.                                                                                         In der Begabtenförderung erarbeitet man
                                                       Gibt es im Projekt Besonderheiten im Ver-       Dann kommt die erste Hürde: Der erste             Im Rahmen von Probeläufen wird die Choreo­        Zusätzlich zu den Gruppenrückmeldungen              hauptsächlich in Kleingruppen oder alleine
                                                       gleich zum üblichen Unterricht in der Schule?   Vortrag der Zweiergruppe. Als Kriterium für        graphie des Abends zunehmend entwickelt          wurde auch über die Ergebnisse des EOS-             neue Themen und wendet diese dann auch
                                                                                                        diese Präsentation gilt: den Roman einem         und verbessert. Dies geschieht immer mit          Scannings gesprochen. Welchen Nutzen                gleich an. Im Vordergrund steht also das
                                                       Die Betreuung beginnt eigentlich mit der        ­Publikum vorstellen, das das Werk nicht          ­Hilfe von Rückmeldungen aus der Gruppe.          ­sehen Sie darin?                                   selbstständige Arbeiten und Erarbeiten sowie
                                                       ersten Sitzung, der Themenauswahl. In der        kennt. Es sollen Informationen zum Rahmen,        Die Schüler sprechen erfahrungsgemäß De-                                                             die Teamfähigkeit.
                                                       Ausschreibung beschreiben wir nur das The-      zur Epoche, zum Autor, zum Inhalt g ­ egeben      fizite nicht so gern an, dies bleibt manchmal     Das Lesen der Ergebnisse, die Interpreta-
                                                       mengebiet. Die Einstiegssitzung dient dann      werden, um dann zur Interpretation des             doch an den Lehrern hängen. Trotzdem wird        tion ist nicht einfach, auch fehlt uns die          Welche Rolle spielen hier die Lehrer? Sind es
                                                       der Orientierung: Die SchülerInnen können       Werkes zu kommen.                                  die Kritik innerhalb der Gruppe besprochen.      breite Erfahrung damit. Hilfreich bei den           in der Förderung überhaupt noch „Lehrer“?

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Die Lehrer haben sich vor dem Start des             habe ich Schwächen und Stärken meiner Per-        Als Vorbereitung auf das Interview lasen wir      auf Entdeckungstour. Nachdem wir uns zwei        der SED. Für uns, als die Generation „nach der       schließlich von Erfurt und machten uns auf
     Kurses schon dem Thema gewidmet. Sie pla-           sönlichkeit erfahren, die der Wirklichkeit sehr   einige Textauszüge seines Werkes. Hierbei         Stunden tapfer durch den Großstadt-Dschun-       Mauer“, war es sehr interessant die Schilde-         den Weg zurück in unser schönes Allgäu. Die-
     nen und organisieren die Kurstermine und            nahe kamen. Dies hätte ich nicht gedacht, da      bekam jeder Teilnehmer ein eigenes Thema          gel geschlagen hatten, kehrten alle zur Pensi-   rungen eines Menschen zu hören, der jahre-           ser kurze „Ausflug“ nach Erfurt war in jeder
     Ausflüge, sind aber während des Kurses sel-         die Werte nur mithilfe eines zwei Stunden         zugeteilt, mit dem er sich auseinandersetzen      on zurück, wo wir uns zum Abendessen und         lang mit der Mauer gelebt hat und zu man-            Hinsicht sehr gelungen. Wir hatten jede Men-
     ber eher wie Mitarbeiter in einem Team, die         dauernden Fragebogens, der am Computer            bzw. eingehend beschäftigen sollte. Um uns        zu einer Stadtführung verabredeten.              chen Zeitpunkten sich ein Leben ohne Mauer           ge Spaß beim Ausführen unseres Spezialauf-
     hin und wieder Tipps oder Anreize zum Wei-          ausgefüllt werden musste und Fragen wie:          einen besseren Zugang zum Text zu ermög-                                                           nicht hätte vorstellen können. Die Erzäh-            trages und alle teilten die Begeisterung für
     terarbeiten geben.                                 „Was würdest du tun, wenn …“, enthielt, er-        lichen, bekamen wir Unterstützung von un-         Am nächsten Morgen fuhren wir, nach einem        lungen aus dem Geschichtsunterricht nahmen           die aufregende Lebensgeschichte von Ehrhart
                                                         rechnet wurden.                                   serem leitenden Lehrer Herrn Markus Benzin-       ausgiebigen Frühstück, mit der S-Bahn zum        plötzlich Gestalt an, wurden für uns greifbar        Neubert.
     Im Kurs spielt die Rückmeldung innerhalb der                                                          ger, der uns während der gesamten Dauer des       Thüringer Landtag. Dort sollte unser Inter-      und real. Er erzählte uns lustige Anekdoten
     Gruppe eine Rolle? Wie läuft das ab?                                                                  Projekts mit Rat und Tat zur Seite stand. Diese   view mit Ehrhart Neubert stattfinden. Seine      aus seinem Leben als Bürgerrechtler, in denen        Zurück in Bad Wurzach gingen wir daran, das
     Da sehr viel auch in Einzelarbeit erledigt wird,   3. Begegnung mit dem Literatur­                    Hilfe reichte von Ratschlägen zur richtigen Art   Frau führte uns durch den weitläufigen und       beispielsweise seine Frau die vor seinem Haus        Interview zu bearbeiten. Dafür mussten wir
     sieht man sehr gut, wie weit man im Ver-           preisträger Ehrhart Neubert                        des Lesens bis zum Verfassen eines Exzerptes      stilvollen Gebäudekomplex. Schließlich er-       postierten MfS-Agenten mit Tee und Kuchen            zunächst das Tonband stückweise abspielen
     gleich zur Gruppe gekommen ist. So erhält          Jahresheft 2010                                    für wissenschaftliche Texte. Im Anschluss da-     reichten wir den Ort unserer Bestimmung:         versorgte oder er sich mit den selbigen kleine       und auf Computer nachschreiben. Als das
     jeder seine eigene, private Rückmeldung.                                                              ran stellten die einzelnen Schüler den Inhalt     die Bibliothek der Abteilung zur Aufarbeitung    Autorennen leistete. Dennoch ließ ein ernster        geschafft war, begannen wir damit kleine-
                                                        Ein Erfahrungsbericht zum Geschichtspro-           ihrer Textauszüge im Plenum vor. Somit er-        der MfS-Akten. Dort erwartete uns bereits        Unterton in seiner Stimme uns nie den Ernst          re Unstimmigkeiten zu korrigieren und das
     Wie empfindest du diese Rückmeldungen?             jekt „Befragung von Zeitzeugen“im Rahmen           hielten alle Beteiligten einen guten Überblick    Ehrhart Neubert.                                 der Lage in der damaligen DDR vergessen.             Interview zu kürzen. Dabei mussten wir leider
     Sind sie für dich hilfreich?                       der Begabungsförderung am Gymnasium                über das Gesamtwerk und konnten auf dieser                                                         Insgesamt war das Gespräch mit Herrn Neu-            auf viele, sehr interessante Ausführungen von
     Diese Rückmeldungen sollen Anreiz dazu sein,       Salvatorkolleg (Betreuender Lehrer: Markus         Grundlage Leitfragen entwickeln, die uns          Als alle einen Platz gefunden hatten und aus-    bert von einer freundlichen und offenen At-          Sachverhalten verzichten. Schließlich fassten
     entweder mehr zu tun, um mit der Gruppe            Benzinger)                                         durch das Interview führen sollten.               reichend mit Getränken versorgt waren, be-       mosphäre geprägt. Er ist ein Mann mit einer          wir unsere gesammelten Erfahrungen und
     Schritt zu halten, oder sie lösen eine positive                                                                                                         gannen wir mit unserem Interview. Wir zeich-     langen und erzählenswerten Geschichte, der           Wahrnehmungen noch in einem Text zusam-
     Reaktion aus, da man nun weiß, dass man das        Im Rahmen der Begabungsförderung „Die              Am 8. Juli 2010 brachen wir in Aulendorf auf,     neten alle Fragen und Antworten auf einem        mit Recht von sich behaupten kann, in seinem         men, den Sie hier unter dem Titel „Erfah-
     Thema sehr gut beherrscht. In diesem Sinne         Geschichte des Fremden“ bot sich uns die           um unsere Reise nach Erfurt anzutreten. Als       Diktiergerät auf, das Herr Benzinger extra für   Leben viel erreicht zu haben. Bis heute setzt er     rungsbericht“ lesen können. An dieser Stelle
     sind sie hilfreich.                                Möglichkeit ein Interview mit Ehrhart Neu-         wir nach fünfeinhalb Stunden Fahrt endlich        diesen Zweck besorgt hatte. Diese Aufnah-        sich für die Opfer der MfS ein und hilft ihnen       möchten wir uns noch ganz herzlich bei der
                                                        bert, dem Mitbegründer des Demokratischen          um 14.35 Uhr in Erfurt ankamen, machten           men sollten uns später als Grundlage für das     bei der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit.            Schiedel-Stiftung bedanken, die uns das alles
     Zusätzlich hattet ihr ein Rückmeldegespräch        Aufbruchs in der Deutschen Demokratischen          wir uns zunächst auf die Suche nach unserer       verschriftlichte Interview dienen. Durch die                                                          ermöglicht hat.
     zum EOS-Scanning? Wie lief dieses ab? Was          Republik, zu führen. Sein Buch, „Unsere Re-        Pension. Dabei mussten wir feststellen, dass      Erzählungen des ehemaligen Bürgerrechtlers       Um kurz vor elf Uhr verabschiedeten wir uns
     war hier anders als bei den sonstigen Rück-        volution“, das im Jahr 2009 erschienen war,        Erfurt, verglichen mit Bad Wurzach, eine sehr     wurde uns ein ganz neuer Blick auf die DDR       schließlich von Herrn Neubert und kehrten in         Greta Bauer und Sara Ivens
     meldungen? Was war hier der Inhalt des Ge-         sollte von der Schiedel-Stiftung mit dem Lite-     große Stadt ist, in der man zum Teil auch lan-    und ihre Bewohner zuteil. Durch viele, auch      unsere Pension zurück. Dort hatten wir noch
     sprächs? Ist diese Ausweitung hilfreich?           raturpreis der Stadt Bad Wurzach ausgezeich-       ge Laufwege in Kauf nehmen muss. Endlich in       oft sehr persönliche Geschichten schilderte er   bis zu unserer Abfahrt Zeit, um zu Mittag zu
     Diese Rückmeldung war ein persönliches Ge-         net werden.                                        der Pension angekommen, bezogen wir un-           uns seine Aktivitäten in der Opposition, den     essen und gemütlich in der Stadt zu schlen-
     spräch mit mir und dem Gruppenleiter. Dabei                                                           sere gemütlichen Zimmer und begaben uns           Widerstand des Volkes und die Reaktionen         dern. Um 14.40 Uhr verabschiedeten wir uns

22                                                                                                                                                                                                                             Begabungsförderung grundlegen     Konzeptionelle Schärfung   Mentorielle Lernbegleitung   23
­ chülerteams des Salvatorkollegs beim Robo-
                                                                                                         S                                                vorstellte. Das hat mich so überzeugt, dass       ­ ontakt pflege ich auch zur Hochschule Wein-
                                                                                                                                                                                                            K                                                   habe ich auch, dass man mit dem Auto nach
                                                                                                         tik-Wettbewerb an der TU München gezeigt         ich bei ihm später eine Fortbildung zu diesem     garten. Dorthin habe ich mit mehreren Grup-         der 1. Stunde nach München fahren, 5 Lego-
                                                                                                         hat. Die Schülerinnen und Schüler erwerben       Thema belegte. Daraus entwickelte sich das        pen Exkursionen durchgeführt, um „Profis“           Mindstorms-Bausätze an der TU abliefern und
                                                                                                         eine verstärkte Kompetenz beim Umgang mit        Roberta-Projekt, denn Frau Sabrina Gebauer        der Robotik bei der Arbeit über die Schulter        rechtzeitig zur 6. Stunde wieder im Klassen-
                                                                                                         Fehlschlägen und ­Misserfolgen, da nicht alle    von der TUM lieh mir für ein halbes Schuljahr     schauen zu können. Außerdem erhofft sich            zimmer stehen kann, sodass kein Unterricht
                                                                                                         hochfliegenden Ideen mit den uns zur Ver-        die entsprechenden Bausätze aus. Nach den         die Hochschule zukünftige Ingenieur-Studen­         ausfallen muss.
                                                                                                         fügung stehenden Mitteln realisierbar sind.      positiven Erfahrungen wurden mir von der          ten für ihre Studiengänge interessieren zu          Lernen müssen habe ich (wieder einmal), dass
                                                                                                         Außerdem lernen sie eine realistischere Ein-     Friedrich-Schiedel-Stiftung dankenswerter­        können. Aus Weingarten bekamen wir auch             Bad Wurzach nicht besonders zentral gelegen
                                                                                                         schätzung ihrer Fähigkeiten. Inwieweit man       weise die Mittel zur Anschaffung eigener          durch die Vermittlung von Herrn Professor           ist und man mit öffentlichen Verkehrsmit-
     4. Begabungsförderung:                            ­ ezeichnung in „Roberta – Lernen mit Ro-
                                                       B                                                 das im Unterricht erkennen kann, ist schwer      Lego-Systeme bereitgestellt. U. a. um dabei       Löhmann Teile des Zeppelin-Bausatzes                teln mit einer Schülergruppe leichter nach
     Von Anfang an dabei                               botern“ umgewandelt und die Kurse werden          zu beurteilen, da ich dieses Jahr z. B. keinen   in den Genuss vergünstigter Konditionen für       geschenkt. Eine kleine Abwechslung durfte           München als nach Weingarten gelangen kann.
     Jahresheft 2011                                   unter diesem Namen sowohl für Mädchen als         einzigen Projektteilnehmer i­ n irgendeinem      die Schule bei der Anschaffung zu kommen,         ich durch Grundschüler des Bildungshauses           Außerdem habe ich gelernt, dass Lego bauen
     Gespräch mit Peter Allgaier                       auch für Jungen angeboten. Neu in diesem          Fach „regulär“ unterrichte. ­Allerdings hat ja   ließ ich mich in einer mehrtägigen Fortbil-       Arnach erleben, mit denen ich auf Bitte von         allen Spaß macht und dass Roberta einen
                                                       Schuljahr ist der Versuch einer Fortgeschrit-     Dr. Sebastian Renger in seiner Dissertation      dung am Fraunhofer-Institut für intelligente      Klaus Amann und Rektor André Radke an vier          unglaublich hohen Motivationsfaktor und
     Jahresheft (JH): Herr Allgaier, Sie sind ja von   tenen-Gruppe, einen Zeppelin autonom (also        beeindruckende Ergebnisse zu dieser Frage        Analyse- und Informationssysteme (IAIS) in        Mittwochnachmittagen einen achtstündigen            Aufforderungscharakter besitzt. Und schließ-
     Anfang an bei der Begabungsförderung dabei.       ohne Fernsteuerung) fliegen zu lassen. Man        veröffentlicht.                                  St. Augustin bei Bonn zum Roberta-Kursleiter      Roberta-Kompaktkurs abhielt. Und schließ-           lich habe ich lernen müssen, dass das größte
     Welche Projekte für die Schüler haben Sie         darf gespannt sein …                                                                               (mittlerweile „Roberta-Teacher“) ausbilden        lich hatte und habe ich es natürlich mit vielen     Problem bei einer Begabungsförderung nach
     denn dabei geleitet und betreut?                                                                    JH: Mit wem und was haben Sie zu tun gehabt      und zertifizieren. Dort lernte ich interessante   Schülerinnen und Schülern des Salvatorkol-          dem Enrichment-Prinzip darin besteht, dass
                                                       JH: Welche Begabungen sind da bei den             bei den Projekten?                               Leute aus verschiedensten Bereichen kennen,       legs von Klasse 6 bis 13 an vielen Mittwoch-        die Schülerinnen und Schüler die Belastung
     Peter Allgaier: Nun ja, nicht ganz von An-        Schülern gefördert worden und kann man das                                                         die Roberta z. B. als selbstständige Bildungs-    oder Freitagnachmittagen zu tun.                    durch einen zusätzlichen Nachmittag in der
     fang an. Bei der konzeptionellen Entwicklung      in irgendeiner Form erkennen?                     Peter Allgaier: Ich versuch’s mal chrono-        berater an Schulen oder bei der Ausbildung                                                            Woche oft unterschätzen.
     war ich noch nicht am Salvatorkolleg. Aller-                                                        logisch geordnet : zunächst hat mich Klaus       von Erstsemesterstudenten der Informatik          JH: Was haben Sie dabei gelernt und auch
     dings leite ich nun seit 7 Jahren ununterbro-     Peter Allgaier: Außer den speziellen fach-        Amann gefragt, ob ich im Bereich „Technik“       einsetzen. Mit dem Beirat der Friedrich-          lernen müssen?                                      JH: Die Begabungsförderung ist ja von Anfang
     chen Kurse im Themenbereich Robotik und           lichen Fähigkeiten, die das Programmieren         ein Begafö-Projekt entwickeln und durchfüh-      Schiedel-Stiftung traf ich zweimal zusammen:                                                          an wissenschaftlich begleitet worden. Auf
     Programmierung. Begonnen habe ich mit             erfordert, kann ich feststellen, dass vor allem   ren könne. Dabei kam ich auf ein Roboter-        einmal stellte ein Schüler seinen Roboter mit     Peter Allgaier: Zunächst musste ich mich            welche Weise ist bzw. war das Ihrer Meinung
     einem Robotik-Projekt, zu dem sich nur Jun-       die Kreativität beim Finden von Problem-          Bausatz-System mit einer grafischen Pro-         dem entsprechenden Programm vor, ein              natürlich von fachlicher Seite her in die Kon-      nach notwendig und sinnvoll?
     gen beworben haben. Später liefen parallel        lösungen und die Fähigkeit zur Teamarbeit         grammieroberfläche. Im Rahmen des ersten         anderes Mal präsentierte ich die Inhalte der      struktion der jeweiligen Modelle einarbeiten
     dazu „Roberta“-Kurse speziell für Mädchen.        gefördert werden. Ebenso steigert sich das        Robotik-Kurses machten wir eine Exkursion        Fortbildung zum begabungspsychologischen          und meine Programmierkenntnisse (die Dank           Peter Allgaier: Zunächst einmal war dies
     Diese vom Fraunhofer-Institut initiierten         Durchhaltevermögen und die Leistungs-             zum Schülerlabor der TU München im Deut-         Lernbegleiter und deren Konsequenzen für          Herrn B. Gates und seinen vorgefertigten Pro-       sicher notwendig, um die Finanzierung
     Kurse hießen offiziell „Roberta – Mädchen         fähigkeit unter stressigen Bedingungen,           schen Museum. Dort lernte ich Herrn Mike         den Unterricht. Darauf kommen wir aber            dukten in den letzten 20 Jahren doch etwas          zu gewährleisten. Am Anfang waren sich
     erobern Roboter“. Mittlerweile wurde diese        was sich unter anderem beim 2. Platz eines        Kramler kennen, der uns Lego-Mindstorms          nachher noch ausführlicher zu sprechen.           nachgelassen hatten) auffrischen. Gelernt           vielleicht nicht alle Beteiligten über die

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