2012 Handwerkskammer zu Köln

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2012 Handwerkskammer zu Köln
Geschäftsbericht
     2012
2012 Handwerkskammer zu Köln
2012 Handwerkskammer zu Köln
Geschäftsbericht
2012

Handwerkskammer zu Köln
Heumarkt 12, 50667 Köln
Geschäftsstelle Bonn
Godesberger Allee 105-107, 53175 Bonn
Bildungszentrum Butzweilerhof
Hugo-Eckener-Straße 16, 50829 Köln
Fortbildungszentrum
Köhlstraße 8, 50827 Köln
2012 Handwerkskammer zu Köln
Inhaltsübersicht

    M   Vorwort                                                                                                          3
    M   Überblick über den Kammerbezirk Köln: Karte und Grunddaten                                                       4
    M   Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik                                                                            6
    M   Europapolitik                                                                                                  15
    M   Recht *)                                                                                                       18
    M   Unternehmensberatung *)                                                                                        35
    M   Berufsausbildung *)                                                                                            45
    M   Fort- und Weiterbildung *)                                                                                     59
    M   Handwerk international                                                                                         70
    M   Handwerk in der Öffentlichkeit                                                                                 72
    M   Anhang                                                                                                         74
        – Haushaltsplan der Handwerkskammer                                                                            74
        – Vollversammlung                                                                                              75
        – Ausschüsse                                                                                                   81
        – Vorstand                                                                                                     83
        – Geschäftsverteilungsplan                                                                                     84

    Zu den mit *) markierten Kapiteln gibt es im Innenteil ein detailliertes Inhaltsverzeichnis, das auch die im vorliegen-
    den Geschäftsbericht veröffentlichten Tabellen und Statistiken aufführt.

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2012 Handwerkskammer zu Köln
Vorwort

Fragen der Nach-                                   Auf die Zielgruppe der jungen Generation ist
wuchsgewinnung                                     auch das Programm des „Tags des Handwerks“
und Fachkräftesi-                                  ausgerichtet, den wir am 21. September 2013
cherung werden im                                  zum dritten Mal auf dem Heumarkt, mitten in
Laufe dieses Jahr-                                 der Kölner Innenstadt, veranstalten werden.
zehnts noch an Be-                                 Dieser „Tag des Handwerks“ ist fester Bestand-
deutung gewinnen.                                  teil der Imagekampagne des deutschen Hand-
Dieses Thema prägt                                 werks. Wie diese Kampagne innerhalb unserer
auch den neuen Ge-                                 Region umgesetzt wird, zeigt der vorliegende
schäftsbericht der                                 Geschäftsbericht anhand einiger Fotos auf (im
Handwerkskammer.                                   Anschluss an das Kapitel „Handwerk 2012:
So werden im Kapi-                                 Wirtschaft und Politik“). Die hier in Farbe ge-
tel „Unternehmens-                                 druckten Fotos sollten allerdings nicht die Auf-
beratung“ einige Ide-                              merksamkeit von den umfangreichen Statistiken
en skizziert, wie auch Klein- und Mittelbetriebe                              und Texten unseres
ihre Personalführung attraktiver gestalten kön-                               Geschäftsberichts
nen. Im Kapitel „Berufsausbildung“ stellen wir                                ablenken, der im
die Initiativen zur Verbesserung des Übergangs                                Vergleich zu den vor-
von der Schule in den Beruf vor; der „Ausbil-                                 hergehenden Jahren
dungskonsens Nordrhein-Westfalen“ hat hier                                    um acht Seiten er-
ein Bündel an Bausteinen für das „Neue Über-                                  weitert worden ist.
gangssystem“ entwickelt.                                                      Das macht es mög-
                                                                              lich, einige Themen
Erstmals wird Berufsorientierung auch an allen                                auch etwas detail-
Gymnasien in unserem Bundesland zur Pflicht-                                  lierter darzustellen,
aufgabe. Für das Handwerk wird es darauf an-                                  beispielsweise im
kommen, in Zukunft verstärkt um Abiturienten                                  Kapitel „Recht“ die
für anspruchsvolle Ausbildungsplätze zu wer-                                  Probleme, die sich
ben – in diesem Jahr, wenn die Universitäten                                  für die Unternehmen
und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen         aus dem neuen System der Rundfunkfinanzie-
den Ansturm des doppelten Abiturientenjahr-        rung ergeben. Es ist damit zu rechnen, dass die
gangs bewältigen müssen, hoffen wir auf wach-      Handwerks- und Wirtschaftsorganisationen die
sendes Interesse der Jugendlichen an den viel-     hier verursachten zusätzlichen Belastungen für
seitigen Ausbildungsangeboten der Handwerks-       den Mittelstand im Laufe dieses Jahres noch-
unternehmen.                                       mals aufgreifen werden.

Köln, im Mai 2013

Hans Peter Wollseifer                              Dr. Ortwin Weltrich
Präsident                                          Hauptgeschäftsführer

                                                                                                 3
2012 Handwerkskammer zu Köln
Bezirk der Handwerkskammer zu Köln

                                P Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft
                                p Berufsbildungszentren der Handwerkskammer
                                g Geschäftsstelle Bonn der Handwerkskammer

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2012 Handwerkskammer zu Köln
Kammerbezirk Köln im Überblick

Bevölkerung und Erwerbstätigkeit im Kammerbezirk Köln (= Region Köln-Bonn)

Bevölkerung
                                                                 Einwohner in Tausend                               Volkszählung
Stand am 30. 6.                     2012          2011             2010         2009         2005          2000            1987
Bonn                               328,6         326,1          320,5         318,7         312,3         300,6            276,7
Köln                             1.021,3       1.010,3        1.000,7         993,5         975,9         961,8            928,3
Leverkusen                         161,3         160,9          160,6         160,7         161,4         160,0            154,7
Oberbergischer Kreis               279,1         280,3          281,9         283,8         290,2         287,2            245,4
Rhein-Erft-Kreis                   466,4         464,8          463,7         464,1         463,0         453,4            399,8
Rheinisch-Bergischer Kreis         276,2         276,6          277,0         277,2         279,1         275,4            249,7
Rhein-Sieg-Kreis                   600,8         599,4          598,7         598,2         596,7         574,3            476,5
Insgesamt                        3.133,7       3.118,4        3.103,1       3.096,2       3.078,6       3.013,6          2.731,1

Erwerbstätigkeit
                                                     Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte *) (in Tausend)
Stand am 30. 6.                     2012          2011          2010          2009          2005            2000           1990
Bonn                               158,4         158,6           153,8        151,3         142,2         145,7           130,4
Köln                               485,2         475,3           462,6        460,2         435,2         457,9           436,6
Leverkusen                          60,2          60,3            60,2         58,3          59,6          66,3            77,9
Oberbergischer Kreis                92,0          89,3            86,4         86,0          83,8          87,4            85,0
Rhein-Erft-Kreis                   126,0         122,0           119,2        117,6         111,5         116,8           105,8
Rheinisch-Bergischer Kreis          68,0          67,3            65,1         65,1          63,1          65,8            64,0
Rhein-Sieg-Kreis                   136,1         133,7           131,3        129,5         121,4         126,9           110,5
Insgesamt                        1.125,9       1.106,5        1.078,6       1.067,9       1.016,8       1.066,8         1.010,2
*) Die Zahlen basieren auf dem Arbeitsort, nicht auf dem Wohnort der Beschäftigten.

Handwerkskammer zu Köln                                             Handwerk: Gewichtiger Wirtschaftsfaktor
Betriebsbestand im Jahr 2012                                        in der Region Köln-Bonn -- Schätzungen für 2012

Zahl der Mitgliedsbetriebe am 31.12.2012:             32.907        Umsatz *):                             ca. 15,2 Mrd. Euro

darunter
Zulassungspflichtige Handwerke:                       18.192
                                                                    *) einschließlich der handwerksähnlichen Gewerbe – Vorläufige
Zulassungsfreie Handwerke:                               8.091      Schätzung aufgrund der Ergebnisse der Handwerkszählung des
Handwerksähnliche Betriebe:                              6.624      Statistischen Landesamtes NRW.

Berufsausbildung und Weiterbildung im Jahr 2012
Gesamtzahl der Auszubildenden:                        13.794        Lehrgänge in den Meisterschulen
Zahl der im Jahr 2012 begonnenen                                    Anzahl der Kurse:                                        68
Ausbildungsverhältnisse:                                 4.977      Anzahl der Teilnehmer:                                1.215

                                                                    Weiterbildungsmaßnahmen
Abgelegte Gesellenprüfungen:                             4.077      Anzahl der Veranstaltungen:                             215
Bestandene Gesellenprüfungen:                            3.401      Anzahl der Teilnehmer:                                3.238

                                                                                                                               5
2012 Handwerkskammer zu Köln
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

    Trotz schwacher Wachstumsimpulse setzte sich 2012 der
    Beschäftigungsaufbau fort
    Der kräftige Anstieg des Bruttoinlandsprodukts,         tionen gingen (preisbereinigt) um 1,1 Prozent
    das 2010 um 4,2 und 2011 um drei Prozent zu-            zurück, die Ausrüstungsinvestitionen sogar um
    legte und damit den von der Finanz- und Wirt-           4,4 Prozent.
    schaftskrise verursachten Rezessionseinbruch
    mehr als nur wettmachte, hat sich im Jahr 2012          Bei diesen eher ungünstigen Rahmenbedin-
    nicht fortgesetzt. Mit einem preisbereinigten           gungen ist für die Handwerkswirtschaft ein
    Zuwachs von 0,7 Prozent (in Nordrhein-West-             durchwachsener Konjunkturverlauf für 2012 zu
    falen: 0,4 Prozent) fiel das Wirtschaftswachstum        erwarten. Zum Jahresbeginn hatten die Hand-
    vergleichsweise mager aus. Für die ganz über-           werksorganisationen prognostiziert, dass für
    wiegend auf den Binnenmarkt ausgerichteten              das Jahr 2012 allenfalls ein geringes Umsatz-
    Handwerkszweige kam erschwerend hinzu,                  wachstums möglich werde, nachdem im Jahr
    dass der Export „einmal mehr wichtigster                zuvor der Umsatz in den zulassungspflichtigen
    Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft“                Handwerkszweigen in Nordrhein-Westfalen um
    war, so der Jahresrückblick des Statistischen           6,5 Prozent, in einem Teil der Baubranchen so-
    Bundesamtes. Hingegen verlief die Binnenkon-            gar zweistellig gewachsen war. Ab Mitte 2012
    junktur alles andere als einheitlich: Die privaten      war eine rückläufige Umsatzentwicklung abzu-
    Konsumausgaben stiegen um 0,8 Prozent, hier             sehen. Dass sich allerdings – nach den Be-
    wirkte sich die steigende Zahl der Erwerbstäti-         rechnungen des Statistischen Landesamtes –
    gen positiv aus. Doch bei den Ausgaben für In-          das Minus auf nominal vier Prozent, im Bau-
    vestitionen konnte das im Jahr 2011 erreichte           hauptgewerbe sogar auf sechs Prozent beläuft
    Niveau nicht gehalten werden, die Bauinvesti-           (Tabelle auf Seite 9), war im Jahresverlauf nicht

    Vorstand und Geschäftsführung (GF) der Handwerkskammer zu Köln: (oben v.l.) Klaus Krinis, Karl-Heinz
    Knoch (GF), Birgit Gordes, Jürgen Fritz (GF), Bert Emundts, Peter Panzer (GF), Jakob Mahlberg, Hermann-
    Josef Schumacher, Rolf Mauss, Nicolai Lucks sowie (auf der Treppe, v.r.) Vizepräsident Bernd Rose, Vizeprä-
    sident Fred Balsam, Dr. Ortwin Weltrich (GF), Präsident Hans Peter Wollseifer und Thomas Radermacher
    (nicht auf dem Foto: Bernhard Rott).

6
2012 Handwerkskammer zu Köln
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

      Die Grafik zeigt, wie viel Prozent der Handwerksunternehmer
      die Geschäftslage ihres Betriebes als gut oder befriedigend einstufen
      -- Ergebnisse der Konjunkturumfragen der Handwerkskammer --
100

                                                             Handwerk insgesamt
 95
                                                             Bauhauptgewerbe
                                                             Kraftfahrzeug-Handwerk
                                                             Nahrungsmittel-Handwerk
 90

 85

 80

 75

 70

 65

 60

 55

 50

 45
      1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

                                                                                                  7
2012 Handwerkskammer zu Köln
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

    erwartet worden, zumal die von der Hand-              Nur 17 Prozent der Unternehmer aus dem
    werkskammer im Frühjahr und im Herbst 2012            Bauhauptgewerbe und 28 Prozent der Firmen-
    befragten Unternehmen sich durchweg zuver-            chefs aus den Ausbaubranchen teilten mit,
    sichtlich zur wirtschaftlichen Entwicklung äu-        dass ihre Preise in den vergangenen sechs
    ßerten.                                               Monaten gestiegen sind. Eine Eintrübung des
                                                          Konjunkturklimas ist im Kraftahrzeug-Gewerbe
    Im Vergleich zum Konjunkturhoch des Jahres            festzustellen. Der Anteil der Kfz-Betriebe mit
    2011 hatte sich 2012 die Stimmung in den              guter Geschäftslage ist von 41 Prozent im
    Handwerksbranchen fast gar nicht eingetrübt.          Herbst 2011 auf 21 Prozent im Herbst 2102
    Beispielsweise sprachen im Herbst 42 Prozent          gesunken, der Anteil der Betriebe mit schlechter
    der Unternehmer von einer guten Geschäftsla-          Geschäftslage stieg innerhalb eines Jahres von
    ge, im Herbst 2011 waren es 43 Prozent. In            13 auf 21 Prozent. Die rückläufigen Zahlen im
    diesem Zeitraum ist der Anteil der Unternehmen        Pkw-Neuwagengeschäft belasten die Branche.
    mit schlechter Geschäftslage nur geringfügig          Nach Einschätzung des Zentralverbands des
    von 8,5 auf elf Prozent gestiegen, der Anteil der     Kraftfahrzeuggewerbes ist dieses Marktsegment
    Unternehmen, die die Lage als befriedigend            gesättigt, so dass die Kfz-Betriebe „weitestge-
    einstufen, nur unerheblich von 48,5 auf 47 Pro-       hend vom Ersatzbedarf leben“.
    zent gesunken. Träger des stabilen Konjunktur-
    trends im Handwerk sind vor allem die Bau-            Zuwachs bei der Erwerbstätigkeit, die
    und Ausbaugewerbe. Beispielsweise vergaben            Ausbaugewerbe fragen verstärkt
    im Herbst 2012 rund 60 Prozent der Betriebs-          Fachkräfte nach
    inhaber im Elektro-, im Dachdecker- und im
    Maler- und Lackiererhandwerk die Note „gut“            Alles in allem stellt die große Mehrheit der
    zur Bewertung ihrer aktuellen Geschäftslage.           Handwerksunternehmen in der Region Köln-
    Und diese Bestnote kreuzten auch 48 Prozent            Bonn dem Konjunkturverlauf 2012 ein gutes
    der Tischlereien und 53 Prozent der Installateure      und zufriedenstellendes Zeugnis aus. Auch aus
    und Heizungsbauer auf dem Fragebogen der               anderen Gründen müssen die in der gegen-
    Kammer an. Trotz der guten Auslastung der              überliegenden Tabelle aufgeführten Umsatzin-
    Kapazitäten in vielen Bau- und Ausbaubetrieben         dices relativiert werden: Es handelt sich um
    zeigt sich keine Überhitzung des Preisklimas.          vorläufige Berechnungen, zudem für NRW ins-
                                                                           gesamt. Umsatz- und Beschäf-
                                                                           tigungszahlen, nach Kammer-
                                                                           bezirken und sogar nach Krei-
                                                                           sen/kreisfreien Städte unterglie-
                                                                           dert, werden noch – leider mit
                                                                           erheblicher Verzögerung – vom
                                                                           Statistischen Landesamt ermit-
                                                                           telt werden (die regionalisierten
                                                                           Daten für 2010 wurden erst
                                                                           Ende April 2013 veröffentlicht
                                                                           und konnten daher für den vor-
                                                                           liegenden Geschäftsbericht nicht
                                                                           mehr berücksichtigt werden).
                                                                           Dass die für Nordrhein-Westfalen
                                                                           ermittelten Veränderungsraten
                                                                           nicht eins zu eins auf die einzel-
                                                                           nen Handwerkskammerbezirke
                                                                           übertragen werden können, zeigt
    Die Kommunen sind wichtige Auftraggeber für das Handwerk. Doch         sich beim Blick auf die Entwick-
    mehr als die Hälfte der Kommunen in der Region Köln-Bonn müssen        lung 2009: Im Jahr der Finanz-
    ein Haushaltssicherungskonzept erstellen, darauf wies Hans Peter       und Wirtschaftskrise sank in
    Wollseifer (M.), Präsident der Handwerkskammer, hin, der zum „Politi-  NRW in den zulassungspflichti-
    schen Forum“ Bundestags- und Landtagsabgeordnete begrüßte, da-         gen Handwerkszweigen der Um-
    runter den Vizepräsidenten des Landtags von Nordrhein-Westfalen,
    Dr. Gerhard Papke (r.). Gastredner des Forums Ende Oktober 2012
                                                                           satz um 4,2 Prozent, allerdings
    zu Fragen der kommunalen Finanzpolitik war der Vorsitzende der         im Kammerbezirk Köln nur um
    FDP-Landtagsfraktion, Christian Lindner.                               2,3 Prozent.

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Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

                                                                Damit die Gesundheitsberufe des
                                                                Handwerks mehr Beachtung in der
                                                                Gesundheitspolitik finden, hat die
                                                                Handwerkskammer zu Köln im Feb-
                                                                ruar 2013 eine Tagung mit Bundes-
                                                                gesundheitsminister Daniel Bahr
                                                                (M.) veranstaltet, den Kammerpräsi-
                                                                dent Hans Peter Wollseifer (l.) und
                                                                Hauptgeschäftsführer Dr. Ortwin
                                                                Weltrich in Köln willkommen hießen.
                                                                An der Podiumsdiskussion nahmen
                                                                auch der Vorstandsvorsitzende der
                                                                AOK Rheinland/Hamburg, Günter
                                                                Wältermann, und Vertreter der
                                                                Ärzte- und Zahnärztekammern teil.

Umsatz und Beschäftigte
in den zulassungspflichtigen Handwerken im Jahr 2012 in Nordrhein-Westfalen

                                             Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozenten
                                               Umsatz                         Beschäftigte
Bauhauptgewerbe                                – 6,0                            – 2,9
darunter
       Maurer und Betonbauer, Straßenbauer     – 5,7                            – 4,0
       Zimmerer                                – 4,9                            + 2,6
        Dachdecker                             – 6,9                            – 1,1
Ausbaugewerbe                                  – 3,4                            + 0,5
darunter
       Elektrotechniker                        – 6,0                            + 1,0
       Tischler                                – 0,3                            + 0,3
       Installateure und Heizungsbauer         – 0,7                            + 0,9
       Maler und Lackierer                     – 6,8                            – 0,3
Kfz- und Metallgewerbe
darunter
        Metallbauer                            – 3,2                            + 1,4
        Kraftfahrzeugtechniker                 – 4,5                            + 0,5
Nahrungsmittel-Handwerk                        – 2,0                            – 1,5
darunter
       Bäcker                                  – 3,5                            – 1,5
       Konditoren                              + 2,2                            – 1,2
       Fleischer                               – 1,6                            – 1,5
Gesundheits- und Körperpflege-Gewerbe
darunter
       Friseure                                – 1,3                            – 3,5
       Augenoptiker                            – 1,3                            + 0,6
       Zahntechniker                           – 4,5                            – 0,7

zulassungspflichtige Handwerke insgesamt       – 4,0                            – 0,5

                                                                                                 9
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

                                                                            baugewerbe, das ist immerhin
                                                                            die mit Abstand größte Hand-
                                                                            werksgruppe (mit einem Anteil
                                                                            von rund 32 Prozent an allen so-
                                                                            zialversicherungspflichtig Be-
                                                                            schäftigten in den zulassungs-
                                                                            pflichtigen Handwerksberufen).
                                                                            Laut Herbstumfrage 2012 muss-
                                                                            te nur jeder zehnte Betrieb aus
                                                                            der Gruppe der Ausbaugewerbe
                                                                            die Mitarbeiterzahl reduzieren,
                                                                            hingegen teilten 29 Prozent der
                                                                            Betriebe mit, dass die Beschäf-
                                                                            tigtenzahl innerhalb der zurück-
                                                                            liegenden sechs Monate gestie-
                                                                            gen ist, in 61 Prozent der Betrie-
     Die „Handwerkstage NRW“, das Gipfeltreffen der nordrhein-westfäli-     be blieb sie unverändert.
     schen Handwerksorganisationen, fanden im November 2012 in Köln
     statt. Am Eröffnungstag hatte die Handwerkskammer zum „Rheini-         Falls sich der Aufwärtstrend fort-
     schen Abend“ ins Kammergebäude eingeladen; Hans Peter Wollseifer       setzt – und auch bei der Umfrage
     (r.), Präsident der Handwerkskammer zu Köln, konnte an diesem          der Handwerkskammer im Früh-
     Abend viele Ehrengäste begrüßen, darunter den nordrhein-westfäli-
     schen Wirtschaftsminister Garrelt Duin (l.), und den ehemaligen Bun-
                                                                            jahr 2013 nahmen die Ausbau-
     despräsidenten Prof. Roman Herzog, der zuvor im Kölner Rathaus         gewerbe den Spitzenplatz ein –
     mit dem Europäischen Handwerkspreis geehrt worden war.                 und sich daher die Nachfrage
                                                                            nach qualifizierten Mitarbeitern
                                                                            verstärkt, könnte der Fachkräfte-
     Zur erfreulichen Bilanz des Jahres 2012 gehört,        mangel zur Wachstumsbremse werden. Die
     dass sich der Arbeitsmarkt (bezogen auf die            Bereitschaft der Unternehmen, durch kontinu-
     Gesamtwirtschaft und ebenso auf das Hand-              ierliche Ausbildung für Berufsnachwuchs zu
     werk) trotz abschwächender Konjunktur als ro-          sorgen, ist weiterhin hoch, doch auch in den
     bust erwies. In Deutschland insgesamt und              anspruchsvollen gebäudetechnischen Berufen
     auch in der Region ist die Zahl der Erwerbstä-         bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt, weil ge-
     tigen weiter gestiegen: Zur Jahresmitte 2012           eignete Lehrstellenbewerber fehlen. Eine zuver-
     wurden in der Region Köln-Bonn 1.126 Tausend           lässige Statistik zu freien Ausbildungsplätzen
     sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (2011:       gibt es nicht, allerdings zeigte sich im Frühjahr
     1.107 Tausend) gezählt, das ist ein Zuwachs            2012 bei der Lehrstellenbörse der Handwerks-
     von 1,8 Prozent innerhalb eines Jahres; im Ver-        kammer ein klarer Trend: Innerhalb eines Jahres
     gleich zu 2008 hat sich die Beschäftigtenzahl          hatte sich die Zahl der in dieser Börse registrier-
     um 5,7 Prozent erhöht. Im Bauhauptgewerbe,             ten freien Ausbildungsplätze fast verdoppelt.
     das zeitweise erheblich Beschäftigung abbauen
     musste, steigt die Zahl der Mitarbeiter nach           Öffentliche Investitionen sinken, Pro-
     den Berechnungen des Statistischen Landes-             bleme mit der Verkehrsinfrastruktur
     amts seit 2009 wieder, zur Jahresmitte 2012            wachsen
     lag die Beschäftigtenzahl in NRW um 4,4 Pro-
     zent höher als im Vorjahr, im Regierungsbezirk         Neben der Sicherung des Humankapitals hängt
     Köln sogar um 6,6 Prozent höher.                       die Zukunft des Wirtschaftsstandorts „Köln-
                                                            Bonn“ auch von einer attraktiven Infrastruktur-
     Auch die Konjunkturumfragen der Handwerks-             Ausstattung ab. Angesichts des Erneuerungs-
     kammer signalisieren für 2012 einen Beschäf-           bedarfs bei öffentlichen Hoch- und Tiefbauten
     tigungsaufbau in den Handwerksbetrieben der            ist es ein Alarmsignal, dass 2012 trotz steigen-
     Region Köln-Bonn. Sowohl in der Frühjahrs-             der Steuereinnahmen bundesweit die öffentli-
     als auch in der Herbstumfrage gab es mehr              chen Bauinvestitionen stark rückläufig waren.
     Unternehmen, die eine steigende Beschäftig-            Während die Investitionen in den Wohnungsbau
     tenzahl mitteilen, als Unternehmen mit schrump-        um 0,9 Prozent gestiegen sind, gingen die öf-
     fender Belegschaft. Besonders ins Gewicht              fentlichen Bauinvestitionen um elf Prozent zu-
     fällt hier der aufwärts gerichtete Trend im Aus-       rück.

10
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

Mit Problemen der Verkehrsinfrastruktur in der            kehrsinfrastruktur übernehmen, forderte die
Region Köln-Bonn haben sich 2012 Gremien                  Handwerkskammer zu Köln.
der Handwerkskammer befasst. Bei ihrer Tagung
im November 2012 erörterten die Mitglieder der            Handwerksunternehmen zeichnen sich durch
Kammer-Vollversammlung mit dem Bonner                     eine hohe Bindung an ihren Standort aus, so
Oberbürgermeister die Verkehrsengpässe in der             das Ergebnis einer Umfrage der Handwerks-
Region. Für Firmen, die mit Lieferfahrzeugen              kammer zur Gewerbeflächensituation und zu
unterwegs sind, werden sich die Verkehrspro-              Verlagerungsabsichten. Fast 85 Prozent der im
bleme noch verschärfen, wegen der anstehen-               Herbst 2012 befragten Unternehmen haben
den Sanierung der Autobahnbrücke im Bonner                kein Interesse an einem neuen Betriebsgrund-
Norden und ebenfalls der Konrad-Adenauer-                 stück. Lediglich knapp 100 Betriebe (15 Prozent
Brücke sowie wegen der erforderlichen Arbeiten            der Befragten) geben an, aktuell an einem
an der Viktoria-Brücke und am „Tausendfüßler“.            neuen Betriebsgrundstück interessiert zu sein.
Auch die unvermeidliche Sanierung mehrerer                Nur knapp 42 Prozent halten es für möglich, in
Kölner Rheinbrücken und der Leverkusener Au-              ihrer Standortgemeinde ein den betrieblichen
tobahnbrücke wird Dauerstress für Autofahrer              Notwendigkeiten entsprechendes Grundstück
verursachen, so die Befürchtung der Hand-                 zu finden. Vor allem in den kreisfreien Städten
werkskammer. Daher hat sie im November                    des Kammerbezirkes, aber auch im Rheinisch-
2012 den NRW-Verkehrsminister angeschrieben               Bergischen Kreis stößt die Standortsuche auf
und die Gründung einer „Task Force Straßen-               Schwierigkeiten. Andererseits fühlen sich mehr
verkehrsnetz Köln/Bonn“ angeregt. Ein solches             als drei Viertel der befragten Betriebe auf ihre
Gremium müsste eine Koordinierungsfunktion                Standortgemeinde festgelegt, weil sie beispiels-
für die Maßnahmen zur Ertüchtigung der Ver-               weise bei einer Verlagerung an einen anderen

In der Freiherr-vom-Stein-Realschule in Bonn-Tannenbusch, einem Stadtteil mit hoher Ausländerquote, fand
im März 2013 die mehrsprachige Ausbildungsbörse statt, die die Handwerkskammer mit Unterstützung der
Agentur für Arbeit Bonn und der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg ausgerichtet hat. Beim Gespräch
mit dem Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (3.v.l.), und dem Obermeister der Innung für Informati-
onstechnik Bonn/Rhein-Sieg, Armin Lüth (2.v.l.), teilte Dr. Ortwin Weltrich (l.), Hauptgeschäftsführer der Hand-
werkskammer, mit, dass die Kammer eine Fachstelle zur „Integration durch Ausbildung im Handwerk“ (IDAH)
eingerichtet hat, die verstärkt Jugendliche aus Zuwandererfamilien für eine Ausbildung gewinnen möchte.

                                                                                                              11
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

     Standort zu viele Neukunden gewinnen müss-                                          sehen wegen eines zu kleinen Grundstücks die
     ten. Immerhin 19 Prozent gehen aber davon                                           Entwicklungschancen ihres Betriebes beein-
     aus, dass die Kunden ihnen auch an einen                                            trächtigt. Die durchschnittlich gewünschte Frei-
     neuen Standort folgen würden.                                                       bzw. Lagerfläche liegt bei 1.000 Quadratmetern,
                                                                                         ein Ladenlokal sollte 130 Quadratmeter groß
     Die Unternehmen legen heute Wert auf eine                                           sein. Vier Fünftel aller befragten Handwerksbe-
     größere wirtschaftliche Flexibilität und sind we-                                   triebe sind nach eigener Einschätzung für ihre
     niger als früher bereit, Kapital an Grund und                                       Kunden optimal bis gut erreichbar, nur weniger
     Boden für betriebliche Zwecke zu binden: 65                                         als drei Prozent bewerten dieses Standort-
     Prozent der befragten Betriebe haben ihr La-                                        merkmal als ausreichend oder mangelhaft. Pro-
     denlokal oder ihre Werkstatt gepachtet oder                                         bleme mit der Nachbarschaft aufgrund betrieb-
     gemietet, 35 Prozent sind Eigentümer ihrer Be-                                      licher Emissionen gibt es bei 12 Prozent der
     triebsgebäude. Knapp 46 Prozent der an der                                          befragten Firmen, wobei zehn Prozent der Be-
     Befragung beteiligten Unternehmen bejahen                                           triebe Beschwerden wegen Lärmemissionen
     die Aussage: „Das Grundstück reicht noch                                            angeben und zwei Prozent wegen Geruchs-
     aus, stößt aber an Grenzen“, weitere 13 Prozent                                     emissionen.                                  M

     Imagekampagne des deutschen Handwerks

      WWW.HANDWERK.DE

      Herrlich: Immer mehr Frauen machen eine Ausbildung im Handwerk. Bereits heute stellen sie
      ein Viertel aller Auszubildenden. Kein Wunder, dass 24 Prozent aller Betriebe von Handwerkerinnen
      gegründet werden. Frauen fühlen sich also auch nach der Lehre bei uns wohl – z.B. im Chefsessel.

     Die Imagekampagne des Handwerks, 2010                                               der Imagekampagne sind junge Menschen,
     bundesweit gestartet, lieferte auch zum Jah-                                        denn das Handwerk sucht Nachwuchskräfte.
     resbeginn 2013 wieder Schlagzeilen, z. B. mit                                       Daher hatte die Handwerkskammer zu Köln für
     neuen Plakatmotiven und selbstbewussten Slo-                                        den „Tag des Handwerks“, der am Samstag,
     gans wie „Ich backe keine Brötchen. Ich arbeite                                     15. September 2012 auf dem Kölner Heumarkt
     am perfekten Morgen“ und „Ich schneide keine                                        stattfand, ein Programm entwickelt, das Ju-
     Haare. Ich rette dein nächstes Date“. Zielgruppe                                    gendliche anspricht. Für gute Unterhaltung

12
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

                                                 Wer beruflich vorankommen will, muss sich bewe-
                                                 gen, daher stand das Bühnenprogramm auf dem
                                                 Kölner Heumarkt unter dem Motto „let’s move“.
                                                 Der Tänzer und Choreograph Detlef D! Soost,
                                                 bekannt aus der Fernsehserie „Popstars“, übte mit
                                                 den Besuchern der open-air-Veranstaltung einen
                                                 Tanz ein und brachte das überwiegend junge Publi-
                                                 kum in Schwung. Künftig soll jeweils am dritten
                                                 September im Jahr überall in Deutschland der „Tag
                                                 des Handwerks“ stattfinden. Für den Samstagnach-
                                                 mittag, 21. September 2013 organisiert die Hand-
                                                 werkskammer erneut ein attraktives Programm auf
                                                 dem Heumarkt.

während des vierstündigen Bühnenprogramms        In den drei großen Tageszeitungen in der
sorgte Comedian Simon Gosejohannn; er war        Region Köln-Bonn erschien im Juni 2012 eine
2012 der Werbeträger der auf junge Menschen      Beilage, in der die Handwerkskammer die Be-
ausgerichteten Imagekampagne des Hand-           deutung des Handwerks für den Arbeits- und
werks. Der „Tag des Handwerks“ ist Bestandteil   Ausbildungsmarkt herausstellte und damit eines
dieser Kampagne, mit der die „Wirtschafts-       der zentralen Themen der Imagekampagne
macht von nebenan“, so der Slogan der Image-     aufgriff. Zudem gab es im Herbst 2012 Son-
kampagne, junge Menschen auf ihre vielseitigen   derbeilagen in allen Anzeigenblättern. Banner-
Ausbildungsangebote hinweisen will. An den       werbung auf Straßenbahnen und Bussen sor-
Informationsständen auf dem Heumarkt wurden      gen zudem dafür, dass der Slogan der Image-
insgesamt 18 Handwerksberufe vorgestellt.        kampagne in der ganzen Region präsent ist.

                                                                                                13
Handwerk 2012: Wirtschaft und Politik

                                                              Passend zum „Tag des Handwerks“ hat
                                                              die Handwerkskammer an der Fassade
                                                              ihres Verwaltungsgebäudes das (vielleicht)
                                                              größte Plakat Kölns aufgehängt: 17 Meter
                                                              hoch, sechs breit. Darauf zu lesen ist der
                                                              selbstbewusste Slogan: Wir sind das
                                                              Handwerk. Wir können das. Die Fassade
                                                              des Kammergebäudes muss saniert wer-
                                                              den, daher ist sie bis in das Jahr 2013
                                                              hinein mit Planen abgedeckt.

         30 Mitarbeiter der Handwerkskammer nahmen im
              Juni 2012 am „HRS Business-Run“ im Kölner
        Stadtwald teil. Die Laufstrecke von fünf Kilometern
      legten sie im T-Shirt der Imagekampagne des deut-
            schen Handwerks zurück und machten so Wer-
         bung für die „Wirtschaftsmacht von nebenan“, so
          der Slogan der Kampagne. Der älteste Läufer im
       Team der Handwerkskammer war 63 Jahre alt, der
        jüngste 25 Jahre. Noch jünger war die Zielgruppe,
      die Handwerksunternehmen in Wiehl beim „Tag des
         Handwerks“ erreichten. Sie hatten eine Stadtrallye
           für Kinder organisiert, beispielsweise hämmerten
         die Kinder um die Wette oder sollten das Gewicht
       eines Schinkens schätzen. Die Erwachsenen konn-
          ten an einem Gewinnspiel teilnehmen und für die
                             Hospizarbeit in Wiehl spenden.

14
Europapolitik

Gefährdet die Reform der Europäischen
Berufsanerkennungsrichtlinie das Duale System?
In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union       zwecks Berufsausübung überschreiten, nicht
sind insgesamt rund 800 Berufe reglementiert,       einmal zweistellig. Es gibt also offensichtlich ein
das heißt, die entsprechenden Berufe dürfen         großes Potenzial für Mobilität, das die Europäi-
nur dann ausgeübt werden, wenn die vorgege-         sche Kommission in Zeiten eines ständig zu-
benen nationalen Berufsqualifikationen vorhan-      nehmenden Mangels an qualifizierten Arbeits-
den sind. Dies gilt gleichermaßen für Inländer      kräften gerne ausschöpfen würde.
wie für EU-Ausländer. Damit trotzdem die Mo-
bilität innerhalb des europäischen Binnenmark-      Einen wichtigen Grund für die derzeitige Immo-
tes gewährleistet werden kann, hat der euro-        bilität der EU-Bürger sieht die Europäische
päische Gesetzgeber ein Verfahren zur Aner-         Kommission in der nach wie vor aufwändigen
kennung von im Ausland erworbenen Berufs-           gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifi-
qualifikationen entwickelt, das seit dem Jahr       kationen. Laut EU-Kommission – und dies ha-
2005 in der sogenannten Europäischen Be-            ben auch die meisten Konsultationsbeiträge
rufsanerkennungsrichtlinie geregelt ist. Die        bestätigt - mangelt es bei der grenzüberschrei-
Richtlinie hat in der Praxis - auch für das nord-   tenden Berufsanerkennung an Transparenz;
rhein-westfälische Handwerk - einen hohen           der Zugang zu Informationen ist umständlich
Stellenwert erlangt, weil sie zum einen den Zu-     und die Handhabung des Verfahrens zeitintensiv
gang von EU-Bürgern zu den inländischen zu-         und kompliziert. Vor diesem Hintergrund schlägt
lassungspflichtigen Handwerksberufen, die in        die EU-Kommission die gezielte Modernisierung
der Anlage A der Handwerksordnung aufgelistet       einzelner Vorschriften der Europäischen Be-
sind, regelt. Zum anderen gelten ihre Anerken-      rufsanerkennungsrichtlinie aus dem Jahr 2005
nungsvorschriften aber umgekehrt auch für           vor, die dazu führen soll, dass die Verfahren
deutsche Handwerksunternehmer, die im eu-           vereinfacht und beschleunigt werden.
ropäischen Ausland Leistungen erbringen wol-
len, wenn diese Berufe dort einem Reglemen-         Grundsätzlich unterstützt das nordrhein-west-
tierungsvorbehalt unterliegen.                      fälische Handwerk das Ziel der Europäischen
                                                    Kommission, Mobilitätsbarrieren abzubauen
Abbau von Mobilitätsbarrieren                       und die Arbeitnehmermobilität zu fördern - dies
darf nicht Qualifikationsstandards                  ergibt sich von selbst aus der besonderen geo-
absenken                                            grafischen Lage Nordrhein-Westfalens quasi in
                                                    der Mitte der Europäischen Union. Trotzdem
Die Europäische Kommission hat am 19. De-           muss der Reformvorschlag der Europäischen
zember 2011 - nach einer umfangreichen Kon-         Kommission aus Sicht des Handwerks über-
sultation, an der sich auch die nordrhein-west-     wiegend kritisch gesehen werden; er bedarf in
fälischen Handwerksorganisationen beteiligt         einzelnen Punkten dringend einer Korrektur. Es
hatten - einen Vorschlag zur Überarbeitung der      wäre ansonsten zu befürchten, dass die vor-
Europäischen Richtlinie über die Anerkennung        handenen Qualifikationsstandards nicht nur in
von Berufsqualifikationen vorgelegt. Der Ände-      Deutschland, sondern auch in anderen Mit-
rungsentwurf der Europäischen Berufsaner-           gliedstaaten der Europäischen Union weiter
kennungsrichtlinie sorgt vom Tag seines Er-         abgesenkt würden. Vereinfachungen dürfen
scheinens an für Furore, auch im deutschen          aber nicht zu Lasten der Qualität gehen.
Handwerk. Dabei ist die Idee, die hinter der Re-
form steht, zunächst einmal vom Ansatz her          723 Änderungsanträge zum
begrüßenswert. Denn trotz der geltenden Ar-         Reformvorschlag der EU-Kommission
beitnehmerfreizügigkeit ist die Mobilität von
qualifizierten Berufstätigen innerhalb der Euro-    Dies haben auch die Europaabgeordneten ganz
päischen Union nach wie vor gering. Laut einer      überwiegend so gesehen. In Vorbereitung des
Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2010             Berichts der Berichterstatterin Bernadette Ver-
ziehen zwar 28 Prozent der EU-Bürger eine           gnaud im federführenden Binnenmarktaus-
Beschäftigung im EU-Ausland in Betracht; tat-       schuss des Europäischen Parlaments wurden
sächlich aber ist der Prozentsatz derjenigen,       723 Änderungsanträge zum Reformvorschlag
die im Laufe ihres Berufslebens die Grenzen         der EU-Kommission zur Berufsanerkennung

                                                                                                    15
Europapolitik

                                                                       Bundesfinanzminister Wolfgang
                                                                       Schäuble (r.) nahm bei seinem Be-
                                                                       such in der Kreishandwerkerschaft
                                                                       Köln Stellung zur Euro-Krise. Nach
                                                                       seiner Überzeugung ist die gemein-
                                                                       same Währung richtig. Das erforde-
                                                                       re aber von allen, finanzpolitische
                                                                       Disziplin einzuhalten. Die europäi-
                                                                       sche Einheit sei „notwendige Vo-
                                                                       raussetzung für unsere Stabilität
                                                                       und unseren Wohlstand“, betonte
                                                                       Schäuble, den Kreishandwerks-
                                                                       meister Nicolai Lucks im Mai 2012
                                                                       mit der „Goldenen Ehrennadel“ des
                                                                       Kölner Handwerks auszeichnete.

     gestellt. Der Ausschuss verständigte sich              de dies bedeuten, dass allein diejenigen
     schließlich im Februar 2013 parteiübergreifend         Anforderungen, die in dem Land gestellt
     auf eine Position, die der des Handwerks in Tei-       werden, aus dem der Dienstleistungserbrin-
     len entgegen kommt. Aufgrund der unterschied-          ger kommt, erfüllt sein müssten. Sachge-
     lichen Auffassungen befindet sich das Gesetz-          recht wäre es vielmehr, die abschließende
     gebungsverfahren nun im sogenannten Trilog-            Entscheidung über die Anerkennung von
     verfahren, das heißt Europäische Kommission,           Qualifikationen zumindest im Regelfall dem
     Rat und Europäisches Parlament beraten zur             jeweiligen Aufnahmeland vorzubehalten.
     Zeit miteinander ihre unterschiedlichen Positio-
     nen. Das Ziel ist, bis Mitte des Jahres 2013 zu     M Aus Sicht des Handwerks ist auch das Vor-
     einer Einigung und damit zu einem Abschluss           haben der Europäischen Kommission, den
     des Gesetzgebungsverfahrens zu kommen.                Anerkennungsmechanismus bei Niederlas-
                                                           sungsvorgängen zu ändern, kritisch zu be-
     Es gibt mehrere Kernpunkte der Richtlinienre-         werten. Die derzeit geltende Anerkennungs-
     form, über die in Brüssel diskutiert wird; zumin-     richtlinie kennt fünf Niveaustufen, in die die
     dest drei davon hätten - je nach Ausgang der          nationalen Berufsabschlüsse einsortiert wer-
     Debatte - erhebliche Auswirkungen auf die klei-       den müssen – ein Vorgang, der aufgrund
     nen und mittleren Betriebe des Handwerks in           der Vielzahl der von den Mitgliedstaaten re-
     Deutschland und mittelbar auch gravierende            glementierten Berufe in der Praxis äußerst
     allgemeine arbeitsmarkt- und gesellschaftspo-         schwierig ist. Im Rahmen der Modernisie-
     litische Folgen:                                      rung der Europäischen Berufsanerkennungs-
                                                           richtlinie steht nun zu befürchten, dass die
     M Das ist zunächst die geplante partielle Ein-        hochwertigen Abschlüsse der deutschen
       führung des Herkunftslandprinzips bei der           Berufsausbildung, nämlich die Meisterprü-
       grenzüberschreitenden Dienstleistungser-            fungen, nicht in die ihnen adäquaten Ni-
       bringung. Schon heute, also nach den Re-            veaustufe kommen. Tatsächlich müssten
       geln der bisher geltenden Europäischen              diese den universitären Abschlüssen gleich-
       Berufsanerkennungsrichtlinie aus dem Jahr           gestellt werden. Diese Auffassung teilt auch
       2005, sind die Anforderungen an die Be-             eine Mehrheit im Europäischen Parlament.
       rufsqualifikation der Dienstleistungserbringer,
       die nur gelegentlich und vorübergehend            Betroffen wären Kälteanlagenbauer,
       grenzüberschreitend tätig sind – sei es im        Installateure/Heizungsbauer, Friseure,
       Rahmen einer Dienst- oder eine Werkleis-          Gesundheitshandwerk
       tung –, im EU-Ausland äußerst gering. Unter
       bestimmten Voraussetzungen möchte die             M Das im Zusammenhang mit der Reform der
       Europäische Kommission zukünftig aber               Europäischen Berufsanerkennungsrichtlinie
       auch auf diese bescheidenen Qualifikati-            für das Handwerk grundlegendste Problem
       onsnachweise verzichten. In der Praxis wür-         wäre die Einführung gemeinsamer Ausbil-

16
Europapolitik

 dungsgrundsätze, zu denen sogenannte               fördern möchte, steht zu erwarten, dass
 europaweite gemeinsame Ausbildungsrah-             sich als Ergebnis dieses Vorgehens qualitativ
 men und gemeinsame Ausbildungsprüfun-              geringwertige Anforderungen hinsichtlich
 gen gehören würden. Die Realisierung dieses        der Berufsqualifikation ergeben werden.
 Ansatzes, der die automati-
 sche Anerkennung von Qua-
 lifikationen ermöglichen wür-
 de, würde das deutsche dua-
 le System unmittelbar ge-
 fährden. Wer die Anforde-
 rungen dieser europäischen
 Ausbildungsordnung erfüllt,
 soll automatisch berechtigt
 sein, sich in allen EU-Mit-
 gliedstaaten niederzulassen.
 Die gemeinsamen Ausbil-
 dungsrahmen und die ge-
 meinsamen Ausbildungsprü-
 fungen stünden als Alterna-
 tivmöglichkeit neben den be-
 stehenden nationalen Aus- Im September 2012 hatte die Vereinigung der Region Köln/Bonn an-
 bildungsanforderungen. Es lässlich ihres 20-jährigen Bestehens eine europapolitische Tagung in
 liegt auf der Hand, dass die Brüssel ausgerichtet. Dabei kam Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäfts-
 betroffenen Berufstätigen, führer der Handwerkskammer zu Köln und zugleich stellvertretender
 wenn sie die Wahl erhalten Vorsitzender von Region Köln/Bonn e.V., ins Gespräch mit dem Präsi-
 würden, fast ausnahmslos denten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (l.).
 das gemeinsame europäi-
 sche Modell, das nur geringe Anforderungen Nachbesserungen sind also in diesem Bereich
 stellen würde, dem deutschen anspruchs- dringend notwendig. Das Handwerk steht ein-
 vollen - aber auch besonders erfolgreichen deutig hinter dem Ziel, die Freizügigkeit von
 - Modell vorziehen würden. In Zeiten, in de- Berufstätigen zu fördern und die Anerkennung
 nen die Europäische Union nach wie vor von Berufsqualifikationen transparent, effizient
 danach strebt, der am stärksten wissens- und möglichst unbürokratisch zu regeln. Dies
 basierte Raum der Welt zu werden, wäre darf allerdings nicht auf Kosten des dualen Be-
 die damit zwangsläufig einhergehende Ni- rufsbildungssystems gehen, das gerade in den
 vellierung nach unten allerdings das falsche letzten Jahren innerhalb der Europäischen
 Signal. Nicht alle Handwerksberufe wären Union eine Vorbildfunktion erlangt hat. So findet
 von diesem Vorhaben der EU-Kommission das duale System in Ländern wie Spanien und
 betroffen. Voraussetzung für die Entwicklung Italien, in denen die Jugendarbeitslosigkeits-
 gemeinsamer Ausbildungsrahmen und ge- quote gleichsam explodiert ist, derzeit starkes
 meinsamer Ausbildungsprüfungen soll laut Interesse. Der EU-Durchschnitt der Jugendar-
 Richtlinienentwurf sein, dass der Beruf be- beitslosigkeitsquote liegt bei 23 Prozent;
 reits in mindestens einem Drittel der Mit- Deutschland hat mit acht Prozent den niedrigs-
 gliedstaaten reglementiert ist. In Deutschland ten Prozentsatz in Europa, dazu trägt das
 wären voraussichtlich Kälteanlagenbauer, duale System der Berufsausbildung wesentlich
 Installateure, Heizungsbauer, Friseure und bei. Vor diesem Hintergrund vertritt das nord-
 die Gesundheitshandwerke mit Ausnahme rhein-westfälische Handwerk auch über den
 der Orthopädieschuhmacher betroffen. Nach Arbeitskreis „Europa“ des Westdeutschen
 dem Willen der Europäischen Kommission Handwerkskammertages, dessen Federführung
 würden bezüglich der jeweiligen Berufsbilder seit 1994 bei der Handwerkskammer zu Köln
 die Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompe- liegt, die Auffassung, dass die praxisorientierte
 tenzen von mindestens einem Drittel aller duale Bildung in Deutschland, aber auch in der
 Mitgliedstaaten kombiniert und dann in die gesamten Europäischen Union weiter gestärkt
 oben beschriebenen Niveaustufen einsor-        werden sollte. Die duale Ausbildung als Er-
 tiert. Da die Europäische Kommission mit folgsformel für die Ausbildung dürfe nicht quasi
 dieser Neuerung ausdrücklich die Mobilität durch die Hintertür demontiert werden.               M

                                                                                               17
Recht

     Inhalt

     M Mehr Bürokratie, mehr Beitragsbelastung
        – Das neue System der Rundfunkfinanzierung                        19

     M Reform des Insolvenzrechts                                         24

     M Tabellen und Statistiken                                           28
        – Handwerk in den Kreisen und kreisfreien Städten                 28
        – Betriebsbestand im Bezirk der Handwerkskammer zu Köln           29
        – Die 20 Handwerksberufe mit den höchsten Betriebszahlen          32
        – Sachverständige im Handwerk                                     33
        – Genehmigungen zur Eintragung in die Handwerksrolle              33
        – Vermittlungsstelle der Handwerkskammer                          33
        – Organisationsstrukturen im Bezirk der Handwerkskammer zu Köln   34

18
Recht

Mehr Bürokratie, mehr Beitragsbelastung
– Das neue System der Rundfunkfinanzierung
Nach langen und zähen Entscheidungsprozes-          neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag hatten
sen wurde im Dezember 2011 ein neues                die Handwerksorganisationen die Rundfunkan-
System zur Finanzierung des öffentlich-rechtli-     stalten deshalb auch zur Klärung einiger im
chen Rundfunks von den Bundesländern be-            Handwerk üblichen Raumeinheiten oder Ört-
schlossen und durch den 15. Rundfunkände-           lichkeiten wie z. B. Baucontainer auf Baustellen,
rungsstaatsvertrag ratifiziert. Seit dem Jahres-    mobile Verkaufsstände auf Wochenmärkten,
beginn 2013 ist in Abkehr von der bisherigen        Objektbüros von Reinigungsfirmen etc. aufge-
geräteabhängigen Gebühr ein neues, rein haus-       fordert. Unklar war zudem die Zuordnung von
halts- und betriebsstättenbezogenes Finanzie-       Raumeinheiten und Flächen, bei denen kein
rungsmodell in Kraft getreten. Aus der ehema-       Arbeitsplatz im gegenständlichen Sinne einge-
ligen GEZ-Gebühr wurde ein Rundfunkbeitrag,         richtet ist.
der sich – unabhängig vom tatsächlichen Vor-
handensein und der Inanspruchnahme und              Probleme bei der Abgrenzung von
Nutzung von Empfangsgeräten wie Radio,              Betriebsstätten bestehen fort
Fernseher und Computer – bei Privatpersonen
nach der Anzahl der Wohnungen und bei Un-           Zur Definition der Betriebsstätte hat es mittler-
ternehmen nach der Anzahl der Betriebsstätten       weile seitens der Rundfunkanstalten zwar einige
sowie der Beschäftigten richtet. Zusätzlich zur     Klarstellungen gegeben. Doch allein die Erläu-
Beschäftigtenzahl werden auch die betrieblich       terungen der Rundfunkanstalten (siehe unter
zugelassenen Kraftfahrzeuge mit in die Berech-      www.rundfunkbeitrag.de) zu Verkaufspavillons
nung des Rundfunkbeitrages von Unternehmen          in Zeltform und vorübergehend aufgestellten
einbezogen.                                         Baucontainern verdeutlichen die Detailverses-
                                                    senheit und damit die Komplexität der Neure-
Für die Höhe des Rundfunkbeitrages ist zu-          gelung. Keine Beitragspflicht soll nun u. a. für
nächst die Zahl der Betriebsstätten relevant.       Baustellencontainer, Funktions- bzw. Objekt-
Nach den Regelungen des Rundfunkstaatsver-          räume von Reinigungsunternehmen, Lager,
trages definiert sich eine Betriebsstätte als       temporäre Verkaufsstände auf Wochenmärkten
„jede zu einem eigenständigen, nicht aus-           oder Baumärkten bestehen. Hinsichtlich der
schließlich privaten Zweck bestimmte oder ge-       dauerhaften Baustellen haben sich die Rund-
nutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche in-        funkanstalten bislang noch nicht eindeutig po-
nerhalb einer Raumeinheit“ (§ 6 Abs. 1 Rund-        sitioniert.
funkänderungsstaatsvertrag). Schon bei der
Frage, ob überhaupt eine Betriebsstätte vorliegt,   Weitere Beurteilungsprobleme und Zweifelsfra-
können schwierige Abgrenzungsfragen auftre-         gen im Zusammenhang mit der Zuordnung von
ten. Bereits während der Verhandlungen zum          Betriebsstätten ergeben sich u. a. in Fällen, in

                                                                   Die Vollversammlung ist das höchs-
                                                                   te Organ der Handwerkskammer,
                                                                   ihr gehören 36 Arbeitgeber- und 18
                                                                   Arbeitnehmervertreter aus allen
                                                                   Branchen und Kreisen/kreisfreien
                                                                   Städten des Kammerbezirks an (die
                                                                   Mitglieder der Vollversammlung sind
                                                                   auf den Seiten 75 bis 80 aufge-
                                                                   führt). Im Jahr 2012 fanden zwei Ta-
                                                                   gungen der Vollversammlung statt,
                                                                   bei der Zusammenkunft im Novem-
                                                                   ber hielt der Bonner Oberbürger-
                                                                   meister Jürgen Nimptsch (l.) den
                                                                   Gastvortrag, Hans Peter Wollseifer
                                                                   (r.), Präsident der Handwerkskam-
                                                                   mer, begrüßte den OB.

                                                                                                    19
Recht

     denen sich entweder mehrere
     Raum- oder Betriebseinheiten
     eines Unternehmens auf unter-
     schiedliche Grundstücke vertei-
     len oder rechtlich voneinander
     unabhängige Unternehmen ihre
     Betriebe auf demselben Grund-
     stück in separaten Raumeinhei-
     ten oder innerhalb einer Raum-
     einheit betreiben.

     Fall 1:
     Ein Unternehmen unterhält zu
     betrieblichen Zwecken auf zwei
     getrennten Grundstücken meh-
     rere Gebäude (Raumeinheiten)
     wie beispielsweise eine Bäckerei Erhalten die Sachverständigen des Handwerks für ihre im Auftrag der
     mit einer Backstube auf dem ei- Gerichte erstellten Gutachten eine unzureichende Vergütung? Zu dem
     nen und eine Verkaufsladen umstrittenen Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz nahm der
     (eventuell mit Café) auf dem an- nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty Stellung, als
     deren Grundstück. Oder ein Kfz- er im November 2012 an der Sachverständigen-Tagung der Hand-
     Betrieb unterhält auf dem einen werkskammer zu Köln teilnahm, die im Rahmen der „Handwerkstage
                                       NRW“ stattfand. Dem Vortrag des Ministers folgte ein Podiumsge-
     Grundstück eine Werkstatt und spräch, moderiert vom Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer,
     auf dem anderen eine Lackier- Dr. Ortwin Weltrich (M.).
     kabine. Ob es sich bei solchen
     Konstellationen um eine oder
     mehrere Betriebstätten im Sinne der gesetzli- bar aneinander, sondern verläuft z. B. eine
     chen Regelung handelt, richtet sich danach, Straße zwischen den Grundstücken, so käme
     ob die Grundstücke unmittelbar zusammen- es bei der Frage, ob eine einzelne Betriebsstätte
     hängen und vom einen Inhaber zum gleichen vorliegt, entscheidend auf die Art der Verbin-
     Zweck genutzt werden; auf eine wirtschaftliche, dung wie z. B. einer Brücke an. Bislang sind
     organisatorische oder auch funktionale Einheit die Rundfunkanstalten nicht den Forderungen
     der verschiedenen Grundstücke soll es dabei der Handwerksorganisationen gefolgt, bei einer
     nicht ankommen. Als zusammenhängend wer-           minimalen räumlichen Trennung der Grundstü-
     den die Grundstücke dann angesehen, wenn cke eine funktionale Einheit für die Zuordnung
     zwischen den einzelnen Grundstückskatastern zu einer Betriebsstätte anzuerkennen.
     mindestens eine punktuelle Verbindung besteht.
     Grenzen mithin die Grundstücke nicht unmittel- Fall 2:
                                                        a) Mehrere rechtlich voneinander unabhängige
                                                           Unternehmen unterhalten jeweils eigene Ge-
                                                           bäude zur betrieblichen Nutzung auf dem-
                                                           selben Grundstück.

                                                         b) Mehrere selbstständige Betriebe teilen sich
                                                            eine Werkstatt oder ein Büro (sogenannte
                                                            Werkstatt-/Bürogemeinschaft) auf einem

                                                         Mitte Januar 2013 wurde der Obermeister der Ma-
                                                         ler- und Lackierer-Innung Bergisches Land, Willi Reitz
                                                         (Foto) zum neuen Kreishandwerksmeister der Kreis-
                                                         handwerkerschaft (KH) Bergisches Land gewählt.
                                                         Bert Emundts hatte nicht erneut für dieses Amt kan-
                                                         didiert. Wenige Monate zuvor gab es einen weiteren
                                                         Wechsel an der Spitze der KH: Hauptgeschäftsführer
                                                         Heinz Gerd Neu ging in den Ruhestand, sein Nach-
                                                         folger ist Marcus Otto.

20
Recht

   Grundstück mit erkennbarer räumlicher Tren-         Voraussetzung für diese Beitragsfreiheit ist je-
   nung innerhalb der Raumeinheit.                     doch, dass dieser Arbeitsplatz bzw. diese Be-
                                                       triebsstätte ausschließlich über die Privatwoh-
c) Mehrere selbstständige Betriebe teilen sich         nung zu betreten ist. Ein räumlicher Zusam-
   eine Werkstatt oder ein Büro mit z. B. einem        menhang wie z. B. eine auf demselben Grund-
   gemeinsamen Empfangsbereich.                        stück bzw. im selben Haus gelegene Räum-
                                                       lichkeit (z. B. eine Garage oder ein Ladenge-
Sowohl in der ersten als auch in der zweiten           schäft) mit eigener Zugangsmöglichkeit reicht
Konstellation liegen aufgrund der unterschied-         hierfür nicht aus.
lichen Inhaber mehrere Betriebsstätten vor; je-
des Unternehmen unterliegt separat der Bei-            Die Höhe der Beitragspflicht pro Betriebsstätte
tragspflicht. In der dritten Fallkonstellation fällt   ist gestaffelt und richtet sich nach der Anzahl
hingegen der Rundfunkbeitrag nur für eine Be-          der in der Betriebsstätte Beschäftigten und
triebsstätte an, für den die jeweiligen Inhaber        der betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge. Aus-
gesamtschuldnerisch haften. Nur einer der Be-          gehend von dem Grundbeitrag in Höhe von
triebsinhaber muss in diesen Fällen angemeldet         monatlich 17,98 Euro beträgt der Beitrag für
sein und den Rundfunkbeitrag zahlen. Abzu-             Klein- und Kleinstbetriebe mit bis zu acht Be-
warten bleibt derzeit noch, wie sich die Rund-         schäftigten ein Drittel dieses Beitrages, mithin
funkanstalten zu den Fällen positionieren, bei         5,99 Euro im Monat. Betriebsstätten mit neun
denen sich verschiedene, rechtlich voneinander         bis19 Beschäftigten sind mit dem Grundbeitrag
getrennte Unternehmensteile zwar auf mehrere           von 17,98 Euro belastet. Für Betriebe und Un-
Raumeinheiten auf demselben Grundstück ver-            ternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten
teilen, faktisch jedoch denselben Eigentümer           fallen entsprechend der Beitragsstaffel höhere
haben und als einheitliches Unternehmen agie-          Beiträge an.
ren. Auch diesbezüglich werden sich die Hand-
werksorganisationen weiterhin um Klärung be-           Die für den Rundfunkbeitrag maßgebliche An-
mühen.                                                 zahl der Beschäftigten wird aus allen sozialver-
                                                       sicherungspflichtigen Voll- und Teilzeitbeschäf-
Betriebsstätte in Privatwohnung,                       tigten als Kopfzahl und unabhängig von der je-
Beitragsstaffelung nach der Zahl der                   weiligen wöchentlichen Arbeitszeit ermittelt.
Beschäftigten                                          Nicht mitgerechnet werden geringfügig Be-
                                                       schäftigte (sog. Minijobber auf 450-Euro-Basis),
Die Betriebsinhaber, die sich ihren Arbeitsplatz       Auszubildende sowie der Betriebsinhaber. Mit-
und mithin eine Arbeitsstätte innerhalb ihrer          arbeiter, deren Beschäftigungsverhältnis gerade
Privatwohnung eingerichtet haben, müssen               ruht, wie z. B. bei Mitarbeitern in Elternzeit oder
zusätzlich zu dem bereits für die Privatwoh-           in Sonderurlaub, sind ebenfalls ausgenommen.
nung zu entrichtenden Beitrag keinen geson-            Leiharbeitnehmer werden ausschließlich beim
derten Beitrag für diese Betriebsstätte zahlen.        verleihenden Unternehmen und nicht beim ent-

                                                                     Mitglieder des Bundestags und des
                                                                     Landtags, unter ihnen die Bundes-
                                                                     tagsabgeordneten der CDU, Norbert
                                                                     Röttgen (2.v.l.) und Willi Zylajew
                                                                     (2.v.r.), besichtigten im November
                                                                     2012 die Tischler- und Kfz-Lehrwerk-
                                                                     statt im Bildungszentrum Butzweiler-
                                                                     hof der Handwerkskammer. Fragen
                                                                     der Bildungspolitik standen im Mittel-
                                                                     punkt des Meinungsaustauschs zwi-
                                                                     schen den Politikern und dem Haupt-
                                                                     geschäftsführer der Handwerkskam-
                                                                     mer, Dr. Ortwin Weltrich (3.v.l.). Den
                                                                     Besuch im Bildungszentrum hatte die
                                                                     Landtagsabgeordnete Ilka von Boese-
                                                                     lager (l.) organisiert. Daran nahmen
                                                                     auch die Landtagsmitglieder Rainer
                                                                     Deppe, Gregor Golland, Serap Güler,
                                                                     Rita Klöpper und Christian Möbius teil.

                                                                                                        21
Recht

     leihenden Unternehmen, bei dem diese Leihar-         Von der Beitragspflicht ausgenommen sind zu-
     beitnehmer zeitweise eingesetzt sind, berück-        lassungsfreie Fahrzeuge wie u. a. selbstfahrende
     sichtigt.                                            Arbeitsmaschinen und Stapler, einachsige Zug-
                                                          maschinen, soweit sie nur für land- und forst-
     Bevor die Landtage die Neuregelung der Rund-         wirtschaftliche Zwecke verwendet werden, sowie
     funkfinanzierung beschlossen hatten, hatten          Kraftfahrzeuge, die lediglich zeitlich begrenzt
     die Handwerksorganisationen mehrfach auf die         am Straßenverkehr teilnehmen (Kurzzeit- oder
     zusätzlichen Belastungen, die Teile der mittel-      Saisonkennzeichen, rote Kennzeichen).
     ständischen Wirtschaft treffen werden, hinge-
     wiesen. Auch die Handwerkskammer zu Köln             Aufgrund entsprechender Kritik und Initiative
     ist mehrfach in dieser Sache auf Mitglieder des      der Handwerksorganisationen hat es zur Ver-
     Landtags zugegangen. Diese Lobbyarbeit war           meidung von unbilligen Härten entsprechende
     nicht ganz erfolglos; so wurden beispielsweise       Klarstellungen seitens der Rundfunkanstalten
     günstigere Regelungen bei der Beitragsstaffe-        für das Kraftfahrzeuggewerbe gegeben: Sowohl
     lung erzielt. Das Handwerk gehört zu den aus-        für Kraftfahrzeuge mit „taktischen Tageszulas-
     bildungsintensiven Branchen. Daher ist es für        sungen“ (weniger als 30 Tage zugelassen, keine
     die Beitragsbelastung der Handwerksbetriebe          Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr, Ge-
     von Bedeutung, dass Auszubildende – entge-           samtkilometerlaufleistung weniger als 200 Kilo-
     gen der ursprünglichen Planung für das neue          meter) als auch für Kraftfahrzeuge mit „händler-
     Finanzierungsmodell – bei der Berechnung der         eigenen Zulassungen“ (mehr als 30 Tage zuge-
     Beschäftigtenzahl ausgenommen werden.                lassen, keine Nutzung im öffentlichen Straßen-
                                                          verkehr) entfällt die Beitragspflicht. Hinsichtlich
     Die Ermittlung und Meldung der Beschäftigten-        der in Betrieben des Kraftfahrzeuggewerbes
     zahl obliegt dem Betriebsinhaber. Dieser hat         häufig wechselnden Anzahl von Fahrzeugen
     als Basiswert den Durchschnitt der Beschäftig-       soll zudem die Möglichkeit bestehen, mit den
     tenanzahl des vorangegangenen Kalenderjahres         Landesrundfunkanstalten Vereinbarungen zu
     und Änderungen jeweils bis zum 31. März              lediglich einmal jährlich erforderlichen Meldun-
     eines jeden Jahres anzuzeigen. Unterjährig           gen zum Fahrzeugbestand zu treffen.
     schwankende Beschäftigtenzahlen müssen
     nicht gemeldet werden.                               Anzeigepflicht der Unternehmen,
                                                          automatisierter Datenabgleich
     Kraftfahrzeuge erhöhen den
     Rundfunkbeitrag, Verbesserungen für                  Bereits vor Inkrafttreten des neuen Rundfunk-
     Kfz-Handwerk erreicht                                beitrages wurden die Unternehmen mittels Mel-
                                                          de- und Erfassungsbögen zur Meldung der
     Alle Kraftfahrzeuge, die betrieblich zugelassen      beitragserheblichen Daten angeschrieben. Auf
     und nicht ausschließlich zu privaten Zwecken         Grundlage dessen erheben die Rundfunkan-
     genutzt werden, sind jeweils in Höhe eines Drit-     stalten nunmehr die Beiträge. Hinsichtlich der
     telbeitrages von monatlich 5,99 Euro beitrags-       abgefragten Daten steht für jeden Beitrags-
     pflichtig. Im Sinne des Rundfunkbeitragsstaats-      schuldner im privaten wie im nicht privaten Be-
     vertrages fallen unter den Anwendungsbereich         reich eine Verpflichtung, diese von sich aus
     alle Personen- und Lastkraftwagen, Gelände-          mitzuteilen. Kommt ein Beitragsschuldner seiner
     fahrzeuge und Omnibusse. Die Beitragspflicht         Mitteilungs- bzw. Anzeigepflicht nicht hinrei-
     besteht unabhängig vom Ort der Zulassung und         chend nach, so kann die zuständige Landes-
     dem Umfang der betrieblichen Nutzung sowie           rundfunkanstalt die Auskunft verlangen und
     der Person des tatsächlichen Nutzers. Aus die-       notfalls auch entsprechend durchsetzen. Wer-
     sen Gründen ist mit Ausnahme der in der Pri-         den fällige Rundfunkbeiträge länger als sechs
     vatwohnung eingerichteten Betriebsstätten pro        Monate nicht gezahlt oder der Beginn der Bei-
     Betriebsstätte ein Kraftfahrzeug beitragsfrei. Auf   tragspflicht nicht innerhalb eines Monats ange-
     die tatsächliche Zuordnung der Fahrzeuge zu          zeigt, so stellt dies eine bußgeldbedrohte Ord-
     den einzelnen Betriebsstätten kommt es nicht         nungswidrigkeit dar, die auf Antrag der Rund-
     an; der Betriebsinhaber ist lediglich gehalten,      funkanstalten mithin sogar entsprechend ver-
     die Zahl der betrieblich zugelassenen Kraftfahr-     folgt werden kann.
     zeuge, die über die Anzahl der Betriebsstätten
     insgesamt hinausgehen sowie den Zulassungs-          Vielfach kritisiert wurde im Zusammenhang mit
     ort (ohne Kennzeichen) zu melden.                    der Datenerfassung auch der im Rundfunkbei-

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