Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme

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Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
ZEITSCHRIFT DER ÖSTERREICHISCHEN VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH
                                 UND DES FACHVERBANDES DER GAS- UND WÄRMEVERSORGUNGSUNTERNEHMUNGEN

                                 Sommeor-
                                 Heft N 2
                          4/21

                                 Im Brennpunkt
                                 Auf dem Weg zu
P.b.b. – MZ 18Z041331 M

                                 nachhaltigen Lösungen
                                 Neue Wege für Wasserstoff | Versorgungssicherheit und Qualität bei Trinkwasser
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
FIRMEN IM GASFACH                    The Plastics Experts.
                                                                                                                                 www.ovgw.at/figa

                                                                                                     Manufaktur für ökologische Dichtmittel
                                                                                                            und Korrosionsschutz

                             www.agru.at                           www.aliaxis-ui.at                    www.bacoga.com                         www.bammer-gmbh.at
                          Rohre, Fittings, Platten,              Das innovative Unternehmen,        BCG Gas 2000 Dichtmittel zum nach-         Die Firma Bammer Handels GmbH
                      Dichtungsbahnen – Innovative               das Ihre PE-Rohre sicher und       träglichen Abdichten von Gewinde-           ist Ihr Partner für Komponenten
                     Kunststoffprodukte von AGRU –                   zuverlässig verbindet.         verbindungen in Gas-Innenleitungen.               der Erdöl-, Erdgas- und
                         Seit 1948 auf Ihrer Seite!                FRIALEN®-Sicherheitsfitting      ÖVGW G 2.662 / Vertrieb AT: www.hig.at            Fernwärmeversorgung.

                    www.diehl.com/metering                   www.elster-instromet.at                       www.fiorentini.at                          www.flexim.at
                    • Elektronische Gaszähler mit              Elster ist der weltweit führende        •   Filter, Vorwärmer                    Technologieführer bei eingriffsfreier
                      integriertem Funk                      Anbieter für Gasmess- und Regel-          •   Absperrarmaturen                   Durchflussmessung mit Ultraschall. Die
                    • „Open Metering“ Spezifikation          technik, mit innovativen Lösungen         •   Gasdruckregler                      Clamp-On-Systeme messen praktisch
                      geeignet für Smart Metering                       für Ihren Bedarf.              •   Sicherheitseinrichtungen           alles, was fließt, Flüssigkeiten wie Gase.

                          www.gfps.com/at                             www.gmt.de                            www.hawle.at                                www.heat.at
                    GF Piping Systems entwickelt, produ-          Kompetenter Partner für           Hawle ist Hersteller von qualitativ        Kompetenz im Erdgasanlagenbau
                    ziert und vermarktet Rohrleitungs-           Gasmess- und Regeltechnik           hochwertigen Armaturen für die             mit eigener Fertigung von: SAV,
                    systeme für den sicheren Transport            in der Erdgasversorgung.                   Gasversorgung.                    Gasdruckregler, Filter, Abscheider,
                        von Flüssigkeiten und Gasen.                                                HAWLE. MADE FOR GENERATIONS                Wärmetauscher, Erdgastrocknung

                            info@ipu.co.at                           www.isiflo.de                         www.itron.com                         www.kontinentale.at
                      •   RMA – Pipeline Equipment           Innovativer Hersteller ÖVGW-geprüf-    SMARTES MESSEN, ZÄHLEN & REGELN            Ihr starker Partner für Armaturen-
                      •   GHIBSON – Absperrklappen              ter Steckverbindungen für Kunst-    Mit neuen Technologien von ITRON           und Rohrleitungstechnik mit einer
                      •   HUBER – Druckmessgeräte              stoffrohrleitungen und Rohrbruch-    in die Zukunft der Gasversorgung!          umfangreichen Produktpalette für
                      •   BERNARD – Stellantriebe             dichtschellen für die Gasversorgung                                              die österreichische Gasversorgung

                           www.pipelife.at                   www.pp-engineering.com                 www.schermanngmbh.com                               www.sick.at
                    Kunststoff-Rohrsysteme von Pipelife          Spezialist für kathodischen          Innovative Technologien für die              SICK ist einer der weltweit
                    – diese starken Lebensadern sorgen            Korrosionsschutz und für             Lecksuche und Leitungsortung                 führenden Hersteller von
                      für eine sichere Gasversorgung.        elektromaschinelle Ausrüstung in            an erdverlegten Leitungen               Sensoren und Sensorlösungen
                           Heute und in Zukunft.             der Wasser- und Abwassertechnik                                                     für industrielle Anwendungen.

                                                             Die FIRMEN IM GASFACH (FIGA)
                                                             sind ein Fachausschuss der ÖVGW
                                                             Aufgaben und Zielsetzungen:
                                                             •   Mitarbeit bei der Erstellung von Regelwerken
                     wieland-moellersdorf.at                 •   Kooperation mit der ÖVGW im Bereich Aus- und Weiterbildung
                      Kupfer-System aus einer Hand.          •   Produkte und Dienstleistungen auf höchstem Niveau
                       SUPERSAN® Kupferrohre aus             •   Forcierung der Marke „ÖVGW geprüft“, um für Gasversorgungsunternehmen eine hohe Qualität
                        Österreich und Fittings von              der Produkte sowie Beratungssicherheit zu gewährleisten
                            Conex | Bänninger
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
EDITORIAL
    www.boagaz.com                               www.denso.de
     Europaweiter
     Europaweiter Experte
                    Experte und
                            und                   Führender, weltweit
 Anbieter
 Anbieter einer
            einer Systemlösung
                  Systemlösung für
                                 für            agierender Anbieter für
verbindungslose
verbindungslose Gasinstallationen
                   Gasinstallationen           Korrosionsschutz-Produkte
 mit
 mit flexiblen
      flexiblen Edelstahlwellrohren
                Edelstahlwellrohren            und innovative Dichtmittel

                                                                                 A     lles unklar! Nach den zuversichtlich
                                                                                       stimmenden Meldungen im ersten Halb-
                                                                                 jahr hat es so ausgesehen, als könnten wir die
                                                                                 Masken bald an den Nagen hängen, einen
                                                                                 weitgehend sorgenfreien Sommer verbrin-
   www.gas.consult.at                        www.mhc-gruppe.de                   gen und uns dennoch auf einen halbwegs
  Beratung
  Beratung für
            für Gewerbe-
                Gewerbe- und
                          und Netz-
                              Netz-        Lösungen für die Gas-, Wasserstoff-   normalen Herbst freuen. Nun ist das keines-
   Betreiber
    Betreiber von
              von Gas-Anlagen
                  Gas-Anlagen bei
                               bei            und Automatisierungstechnik:
Planung/Bau/Betrieb/Überwachung
Planung/Bau/Betrieb/Überwachung            Planung • Anlagenbau • Service und
                                                                                 wegs mehr so sicher. Vielmehr ist unklar, was
 nach
 nach geltendem
       geltendem ÖVGW-Regelwerk
                   ÖVGW-Regelwerk            Wartung • Schulung und Training     uns nach Ferienende und Ende der Reisesai-
                                                                                 son erwartet: Unklar, in welchem Ausmaß
                                                                                 Bewegungsfreiheit weiterhin gegeben sein
                                                                                 wird. Unklar, wie sich der Arbeitsalltag ge-
                                                                                 stalten wird. Unklar, ob Präsenzveranstaltun-
                                                                                 gen schon wieder verantwortbar und möglich
    www.hongastec.de                           www.interapp.net                  sein werden. U.v.a.m.
Honeywell
 Honeywell GasGas Technologies
                   Technologies GmbH
                                  GmbH      Wir sind ein weltweit agierender        Unklarheiten gibt es indes nicht nur im Zu-
     Ihr
      Ihr zuverlässiger
          zuverlässiger Partner
                        Partner für:
                                für:       Hersteller von AVK Armaturen und      sammenhang mit der Pandemie und bei den
•• Gasdruckregelgeräte
   Gasdruckregelgeräte •• Sicherheits-
                            Sicherheits-    Zubehör mit Qualitätsprodukten
technik
 technik •• Automatisierungslösungen
            Automatisierungslösungen             für die Gasversorgung.          Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung. Auch ab-
                                                                                 seits von Corona herrscht in vielen Bereichen
                                                                                 alles andere als Klarheit. Unklar im Energie-
                                                                                 bereich ist etwa nach wie vor, woher die der-
                                                                                 zeit jährlich durch Erdgas abgedeckten rund
                                                                                 70 TWh Energie kommen sollen, die künftig
                                                                                 nach den Vorstellungen der Regierung nicht
 www.landisgyr.com/at                             www.midex.at
  G350
   G350 –– der
           der kommunikative
               kommunikative               Wir arbeiten nicht mit Gaszählern
                                                                                 durch erneuerbare Gase substituiert wer-
  ULTRASCHALL-GASZÄHLER
   ULTRASCHALL-GASZÄHLER                          oder Wasserzählern,            den können. Unklar in der Trinkwasserver-
        der
        der Zukunft
             Zukunft für
                     für                        sondern mit Menschen!
 Smart
 Smart Metering
       Metering Anwendungen.
                 Anwendungen.
                                                                                 sorgung ist etwa, wie die im European Green
                                                                                 Deal in Aussicht gestellten Maßnahmen tat-
                                                                                 sächlich zum Schutz der Grundwasserres-
                                                                                 sourcen beitragen.
                                                                                    Klar hingegen ist, dass sich das FORUM
                                                                                 GWW mit diesen Themen befasst. Wir setzen
   www.vc-austria.com
                                                                                 den im ersten Sommerheft begonnenen Was-
    www.tpa-kks.at                                www.viega.at
                                                                                 serstoff-Schwerpunkt fort und legen im Was-
Seit
Seit über
     über 40
           40 Jahren
               Jahren führender
                       führender An-
                                  An-      Viega. Höchster Qualität verbunden.
bieter
bieter von
       von Kathodischen
            Kathodischen Korrosions-
                          Korrosions-                                            serfach den Fokus auf den neuen Aktionsplan
schutzsystemen
schutzsystemen für für Rohrleitungen,
                       Rohrleitungen,                                            Nitrat. Das wird wohl nicht direkt zur Klärung
 Behälter
 Behälter und
           und Stahlbetonbauwerke
                Stahlbetonbauwerke
                                                                                 der offenen Fragen führen, aber möglicher-
                                                                                 weise doch den Diskurs durch Herausstrei-
                                                                                 chung des Standpunkts der Interessenvertre-
                                                                                 tung bereichern.

                                                                                 FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021                          3
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
FORUM GAS WASSER WÄRME

INHALT
                                                 FORUM GAS WASSER WÄRME
                                                 Heft 4/2021
                                                 18. Jahrgang | 102. Ausgabe | 9. August 2021
                                                 Die Zeitschrift der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach und des
                                                 Fachverbandes der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen erscheint seit Grün-
                                                 dung der ÖVGW im Jahr 1881. Seit 2004 trägt sie den Titel FORUM Gas Wasser Wärme.
                                                 Cover: Sommerheft No. 2

                  ENERGIEFORUM                   21                                                  WASSERFORUM
                                                 CNG für Schweizer Diskonter
                                                 Lidl gibt Gas
                 6                                                                                 29
                                                 22
                 Aufbau der europäischen                                                           Aspekte der Wasser- und
                 ­Wasserstoffwirtschaft          Grüngas-Offensive in Italien:                     ­Energiewirtschaft am
                                                 4,68 Mrd. kg Biogas bis 2030                       ­Kaspischen Meer
                 Studie der European Hydrogen
                 Backbone-Initiative             Interview mit CIB-Präsident
                                                 Piero Gattoni
                 Interview mit GCA-Geschäfts­                                                      32
                 führer Harald Stindl 10
                                                 24                                                Ärger im Paradies
                                                                                                   Wasserversorgung in Neuseeland
                 14                              „Umweltfreundliches Gift“                         und das „Three Waters Reform
                 ÖVGW-Forschungsprojekt          Solarenergie für Mohnanbau                        Programme“
                                                 in Afghanistan
                 CO2 und Wasserstoff
                 sorgen für mehr Grünes Gas                                                        36
                                                 26
                                                                                                   Entwurf zur Novelle des
                 16                              Fernwärme-Projekte                                Aktionsprogramms Nitrat
                 Methanemissionen                Solarwärme für Mürzzuschlag 26                    ÖVGW sieht Chancen für Verbes-
                 Österreichs Gasleitungen        Smart Anergy Quarter Baden 27                     serungen beim Grundwasser-
                 sind dicht                                                                        schutz

                 18                                                                                38
                                                                                                   Österreichs Wasserversorger im
                 Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
                                                                                                   Portrait
                 in Kraft
                                                                                                   Wassergenossenschaft
                 Stellungnahme des FGW
                                                                                                   ­­Hinterglemm
                 20                                                                                42
                 „Fit for 55“
                                                                                                   Statistik Trinkwasser
                 Maßnahmenpaket zur Erreichung
                 der Klimaneutralität bis 2050                                                     Mitgliederumfragen der ÖVGW

 4                                                                                          FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
FORUM GAS WASSER WÄRME

                                                                                                                                               INHALT
6                                   18                                                       36
Große Potenziale an Wasserstoff     Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz                           Entwurf für die Novelle des
sind vorhanden – zur Nutzung        ist in Kraft getreten. Der FGW kriti-                    AP Nitrat: Die ÖVGW sieht Chan-
wird jetzt mit dem Ausbau der       siert unzureichende Berücksichti-                        cen für Verbesserungen beim
Infrastruktur begonnen.             gung von erneuerbarem Gas.                               Grund­wasserschutz.

43                                  VERBÄNDEFORUM                                            54
Wasser aktuell                                                                               Infotage Trinkwasser
65 Jahre WLV Nördl. Burgenland
Empfehlung PFAS-Analyse
                                  49                                                         55
                                  ImFocus
                                                                                             ÖVGW setzt verstärkt auf die
44                                Die Bekämpfung des Klima­
                                                                                             Kommunal­messe
Nachhaltigkeit zementgebun-       wandels ist eine globale
dener Sanierungssysteme für       Herausforderung                                            55
Trinkwasserbehälter                                                                          ÖVGW-Richtlinien Gas –
                                  50                                                         Neuerscheinung 9/2021
                                  140 Jahre ÖVGW
                                  Im August 1881 wurde die Vereini-                          55
                                  gung als Interessenvertretung der                          Personalia
                                  Gaswirtschaft gegründet.
 VERANSTALTUNGS                                                                              56
 FORUM                            53                                                         Die Prüfstellen der ÖVGW (6)
                                  Gremien der ÖVGW im Portrait                               Medizinische Universität Wien
47                                TAK Gasqualität                                            – Abteilung Wasserhygiene
Webinar „Technikforum
­Wasserstoff Digital“

47                                Impressum: FORUM GAS WASSER WÄRME Offizielle Fachzeitschrift des Fachverbandes der Gas- und
                                  Wärmeversorgungsunterneh­mungen (FGW) und der Ö       ­ sterreichischen Vereinigung für das Gas- und Was-
Ordentliche Generalversamm-       serfach (ÖVGW). Redaktion Tel.: (01) 548 27 88-23, Fax: (01) 548 27 88-26. Chefredaktion: Mag. H.M. Jobst,
lung der ÖVGW – Einladung         E-Mail: hjobst@forum-gww.at. Redaktionsteam: Mag. Christian Fell, Mag. Erich Johann Papp, Mag. Helmut
                                  Ruck. Verlag und Vertrieb Friedrich Druck & Medien GmbH, Linz und Wien. Anzeigenberatung und Me-
                                  dienkoordination ÖVGW, Mag. Marion Zeilhofer, 1010 Wien, Schubertring 14, Tel.: (01) 513 15 88-28, Fax:
48                                (01) 513 15 88-25, E-Mail: ­zeilhofer@ovgw.at. Abonnement ÖVGW, 1010 Wien, Schubertring 14, Tel.: (01)
                                  513 15 88-0, E-Mail: office@ovgw.at. Preis Einzelheft EUR 7,- Jahresabo (6 Hefte) EUR 40,- Auflage 5.000.
Veranstaltungskalender            OFFENLEGUNG NACH DEM MEDIENGESETZ: Medieninhaber Fachverband der Gas- und Wärmeversor-
Ankündigungen:                    gungsunternehmungen (FGW), repräsentiert durch GF Mag. Michael Mock; ­Österreichische Vereinigung für
                                  das Gas- und Wasserfach (ÖVGW), repräsentiert durch GF Mag. Michael Mock, 1010 Wien, Schubertring 14,
FGW Fernwärme­tage, ÖVGW Werk­
                                  Tel.: (01) 513 15 88-0, E-Mail: office@gaswaerme.at, E-Mail: office@ovgw.at. Herausgeber peripher.media.
leitertagung, ÖVGW Gas Digital    1050 Wien, Grüngasse 16/18, Tel.: (01) 548 27 88-23, Fax: (01) 548 27 88-26, E-Mail: office@forum-gww.at.

FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021                                                                                                                        5
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
EN ER GIE F OR UM

                                                                                                                                            GCA
                    Schwerpunkt
                    Aufbau der europäischen
                    ­Wasserstoffwirtschaft
                    Eine Studie der European Hydrogen Backbone-Initiative zeigt auf, dass
                    bereits 2040 genügend Grüner Wasserstoff für Industrie, Stromerzeugung,
                    Mobilität und Raumwärme zur Verfügung stehen könnte. Notwendig dafür
                    ist allerdings der massive Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung.

                    W      er am „Jubiläums-Radweg R1“ das Burgenland vom
                           Norden bis Süden, von Kittsee bis Kalch, durch-
                    quert, kommt auf etwa der Hälfte der Strecke in die recht
                                                                                fentlich auch eine Antwort auf die Frage gefunden, wel-
                                                                                che CO2-freien Energieträger in der heimischen Industrie
                                                                                zum Einsatz kommen. Aus heutiger Sicht scheint Wasser-
                    idyllische, waldreiche Gegend rund um Oberpullendorf.       stoff am besten geeignet, fossiles Erdgas im Hochtempe-
                    Nur mehr trichterförmige Vertiefungen in den Wäldern        raturbereich zu ersetzen. Allerdings müssen die Weichen-
                    deuten heute darauf hin, dass vor etwas mehr als 2.000      stellungen jetzt vorgenommen werden, um diesen Ener-
                    Jahren in dieser Region eine rege industrielle Tätigkeit    gieträger in ausreichenden Mengen herzustellen bzw. im-
                    herrschte. Eisenerz wurde abgebaut und daraus Rohei-        portieren zu können.
                    sen hergestellt. Dieses Produkt, bekannt als „Norisches
                    Eisen“, wurde für die Waffenproduktion benötigt und lie-    Wie viel H2 wird gebraucht?
                    ferte somit auch einen Beitrag zum militärischen Aufstieg
                    des Römischen Reichs.                                       Einen möglichen Weg für die zukünftige Bereitstellung
                       Die damalige Eisenproduktion war nur möglich, weil       von Wasserstoff stellt die „European Hydrogen Back-
                    in der Nähe der Lagerstätten der in dieser Zeit wichtigs-   bone-Initiative“ (EHB) dar. Dieses Vorhaben von 23 euro-
                    te Energieträger überreichlich vorhanden war: Holz als      päischen Erdgas-Fernleitungsnetzbetreibern verfolgt das
                    Brennstoff für die Weiterverarbeitung des Erzes. Und        Ziel, bis 2040 ein europäisches Wasserstoffnetz mit einer
                    auch heute gilt noch: keine industrielle Produktion ohne    Länge von 40.000 km aufzubauen, das 21 europäische
                    ausreichende Energieressourcen. Wenn es bis 2040 ge-        Länder miteinander verbindet. Dazu sollen auch Teile
                    lingt, Österreich klimaneutral zu machen, hat man hof-      der bereits bestens ausgebauten Gasinfrastruktur für den

6                                                                                                 FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
ENE RGIE FORUM

               Wasserstofftransport umgerüstet werden. Die beiden hei-                 hen. Aber nicht nur in der Industrie werden künftig große
               mischen Fernleitungsnetzbetreiber Gas Connect Aus­tria                  Mengen Wasserstoff benötigt, sondern auch für die Elek-
               und Trans Austria Gasleitung haben sich vor kurzem der                  trizitätserzeugung, als Kraftstoff vor allem im Schwer-
               Initiative angeschlossen.                                               verkehr und auch im Raumwärmesektor. Die Studie geht
                  Die Initiatoren des European Hydrogen Backbone ver-                  davon aus, dass bis Mitte des Jahrhunderts die jährliche
               öffentlichten im Juni eine Studie, die sich mit dem künf-               Wasserstoffnachfrage in der EU und Großbritannien bei
               tigen Wasserstoffbedarf in der EU und in Großbritanni-                  ca. 2.300 TWh liegen wird (Schwankungsbreite der Schät-
               en, mit den Kosten der Erzeugung und dem Transport                      zungen 2.150–2.750 TWh). Das wird dann rd. 20–25 %
               von Wasserstoff befasst.1 Die Verfügbarkeit von Grünem                  des gesamten Endenergiebedarfs entsprechen (zum Ver-
               und Blauem Wasserstoff wird als entscheidender Faktor                   gleich: der derzeitige Gesamtenergiebedarf Österreichs
               für die Dekarbonisierung der Industrie in Europa angese-                beträgt ca. 400 TWh).

               1 2021 European Hydrogen Backbone – Analysing future demand,            Industrie
                 supply, and transport of hydrogen. Download: https://hydrogen-
                 central.com/2021-european-hydrogen-backbone-demand-supply-            Der jährliche industrielle Wasserstoffbedarf in der EU
                 transport-hydrogen/                                                   und Großbritannien wird dabei mit 1.200 TWh angenom-

                       Europäisches
                     H2-Backbone 2040
                     Bestehende Gas-Pipeline
                     (umgewidmet)
                     Neu errichtete H2-Pipeline
                     Unterwasser-Pipeline
                     (umgewidmet oder neu)
                     Import/Export-Pipeline
                     (umgewidmet)
                     Potenzieller H2-Speicher
                     Energy Island für offshore
                     H2-Produktion
                     Teilnehmende Staaten

                                                                                                                                       Wenn genügend erneuerbare Er-
                                                                                                                                       zeugungsanlagen errichtet wer-
                                                                                                                                       den, könnte schon ab 2040 der
                                                                                                                                       Bedarf an Grünem Wasserstoff
                                                                                                   WAG
                                                                                                                                       in Europa durch das vorhandene
                                                                                                    TAG
                                                                                                                                       Potenzial abgedeckt werden. Und
                                                                                                                                       das zu geringeren Kosten als für
                                                                                                                                       Grauen Wasserstoff oder fossile
                                                                                                                                       Energieträger, denen dann wohl
                                                                                                                                       europaweit ein CO2-Preis aufge-
                                                                                                                                       schlagen wird.
Grafik: ÖVGW

                                Europäisches H2-Backbone 2040: Flächendeckendes Transportnetz mit umgewidmeten Gas-Pipelines
                                                           und neu errichteten Wasserstoff-Pipelines

               FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021                                                                                                                          7
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
EN ER GIE F OR UM

                    men, macht also etwa die Hälfte des Gesamtbedarfs aus.       Europa auf diesen Bereich – sollen rund 300 TWh Was-
                    Davon sollen 200 TWh für die Erzeugung von Prozess-          serstoff zum Einsatz kommen. In dieser Zahl noch nicht
                    wärme im Hoch- und Mitteltemperaturbereich eingesetzt        enthalten ist der Wasserstoffbedarf für den Flugverkehr,
                    werden. Rund 1.000 TWh sollen den Grauen Wasserstoff         der in der Studie dem Industriebedarf zugerechnet wird.
                    ersetzen, der heute vor allem als Grundstoff in der chemi-
                    schen Industrie, in der Stahlerzeugung und bei der Erzeu-    Raumwärme
                    gung von Treibstoffen zum Einsatz kommt.                     Auch bei der Dekarbonisierung des Raumwärmemarktes
                                                                                 sollen Wasserstoff und dekarbonisierte Gase eine bedeut-
                    Stromerzeugung                                               same Rolle spielen. Wie groß diese sein wird, hängt von
                    Der Ausweitung der volatilen erneuerbaren Stromerzeu-        einer Reihe von Faktoren ab – beispielsweise von der Re-
                    gung mittels Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen wird        novierungsrate, dem Wasserstoffanteil, der künftig dem
                    vermehrt Aufrufe von Ausgleichsenergie zur Folge haben,      Biomethan im Netz hinzugefügt werden wird, oder da-
                    um in den europäischen Stromnetzen die nötige Frequenz       von, welche Heiztechnologien künftig zum Einsatz kom-
                    von 50 Hz garantieren zu können. Dafür wird man so wie       men werden bzw. dürfen (vgl. auch FORUM GWW 2/2021,
                    schon bisher Gaskraftwerke einsetzen. Allerdings soll da-    S. 6ff.). Den Annahmen der Studie folgend wird 2050 der
                    bei nicht fossiles Erdgas zum Einsatz kommen, sondern        europaweite Wasserstoffbedarf für Raumwärme 600 TWh
                    Grünes Gas, das zur Gänze oder zum Teil aus Wasserstoff      betragen. Vielfach wird er in hybriden Heizsystemen Ver-
                    bestehen wird. In der Studie wird angenommen, dass für       wendung finden und bei Spitzenbedarf oder bei Tempera-
                    die Sicherung der Stromversorgung durch Gaskraftwer-         turen, bei denen Wärmepumpen nicht wirtschaftlich be-
                    ke jährlich rund 650 TWh benötigt werden. Nur Wasser-        trieben werden können, zum Einsatz kommen. Bei einer
                    stoff kann aus heutiger Sicht in diesen großen Mengen        hohen Ausweitung der Biomethanproduktion und wenn
                    zu relativ günstigen Investitionskosten gespeichert wer-     Wasserstoff nur zu relativ geringen Teilen beigemischt
                    den, ­sodass im Bedarfsfall darauf zurückgegriffen wer-      wird, könnten am Raumwärmemarkt allerdings auch le-
                    den kann.                                                    diglich 150 TWh benötigt werden.

                    Mobilität
                                                                                 Wie viel H2 gibt es in Europa?
                    Bei der Dekarbonisierung des Verkehrs – ein großer Teil
                    des Treibhausgasausstoßes entfällt in Österreich und in      Die Studie stellt für die EU und GB ein beträchtliches Po-

                                                  150                            Wasserstoff-Bedarf EU/Großbritannien bis 2050
                                                  TWh
                                                                                 Wasserstoff kann entscheidend dazu beitragen, dass Europa ein
                                                                                 ­klimaneutraler Kontinent wird.
                                                                                 Für die Europäische Union und Großbritannien könnte bis 2050 die
                                                                                 Nachfrage nach Wasserstoff rund 2.300 TWh (die Bandbreite der
                                                                                 Schätzungen reicht von 2.150–2.750 TWh) ausmachen:
                                                                                 Rund 150–600 TWh (abhängig von der Höhe der Renovierungsrate
                                                                                 und dem Ausmaß der Biomethanproduktion) sollen für die Bereit­
                                           2.300
                                                                                                                                                        Quelle: 2021 European Hydrogen Backbone

                                                                   650           stellung von Raumwärme eingesetzt werden.
                     1.200              (2.150−2.750)              TWh
                      TWh
                                            TWh                                  Für die Sicherung der Stromerzeugung werden rund 650 TWh nötig
                                                                                 sein.
                                                                                 300 TWh Wasserstoff sollen als Beitrag zur Dekarbonisierung des
                                                                                 Verkehrs direkt oder als Beimischung zu Kraftstoffen eingesetzt wer-
                                                                                 den.
                                                         300
                                                         TWh                     In der Industrie werden rund 1.200 TWh an Wasserstoff benötigt,
                                                                                 200 TWh davon für Hochtemperatur-Wärme für industrielle Prozesse.

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  European H2-Backbone und Österreich
  Die EHB-Initiative möchte ein Wasserstoffnetz mit ei-        toren zu Italien, Slowenien und Ungarn entstehen, die
  ner Länge von fast 40.000 km bis zum Jahr 2040 reali-        den Wasserstoff-Transport von Nordafrika und der Ukrai-
  sieren, das 21 europäische Länder verbindet. Etwa 69 %       ne nach Slowenien, Ungarn und via Slowakei und Tsche-
  des vorgeschlagenen Wasserstoffnetzes werden aus be-         chien nach Deutschland ermöglichen.
  reits vorhandener Gasinfrastruktur bestehen. Die verblei-       Bis 2040 könnte eine zusätzliche Verbindung nach
  benden 31 % neu zu bauender Leitungen werden für den         Deutschland hinzukommen, indem die WAG-Pipeline der
  Anschluss neuer Abnehmer benötigt und befinden sich in       GCA vollständig umgerüstet wird. Somit wäre eine alter-
  Ländern mit heute kleinen Gasnetzen, jedoch mit hohem        native Transportroute für ukrainischen Wasserstoff nach
  erwarteten zukünftigen Wasserstoffbedarf und -angebot.       Deutschland vorhanden. Nach Fertigstellung wäre das ös-
  In Österreich wird auf das Potenzial der bestens etablier-   terreichische Netz bereit, als effiziente und flexible Was-
  ten Gas-Routen und insbesondere auf die Gas-Drehschei-       serstoff-Drehscheibe in der Region zu fungieren. An allen
  be Baumgarten der beiden Fernleitungsnetzbetreiber           Kopplungspunkten bestünde die Möglichkeit, Wasser-
  GCA und TAG zurückgegriffen.                                 stoff in beide Richtungen zu transportieren. Neben dem
                                                               Transit könnte über das Netz der GCA auch kostengünsti-
  Österreich als Wasserstoff-Drehscheibe                       ger Wasserstoff zu österreichischen Verbrauchern gelan-
  Bis 2035 könnte einer der parallelen Stränge der TAG-        gen, wie z.B. zu einem der größten Stahlwerke Europas,
  Pipeline umgewidmet werden, um Wasserstoff in beide          der VOEST in Linz, das bereits Versuche zur wasserstoff-
  Richtungen (von Norden nach Süden und umgekehrt) zu          basierten Stahlerzeugung durchführt, sowie zur Raffine-
  transportieren. Außerdem könnten bereits 3 Interkonnek-      rie in Schwechat nahe Wien.

tenzial für die Produktion von Grünem Wasserstoff fest.        die in den Nationalen Klima- und Energieplänen an die
Wie viel es wirklich sein wird, hängt letztendlich vom         EU-Kommission gemeldet wurden. Es braucht daher den
Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung ab. 2030 soll           massiven Ausbau von erneuerbaren Erzeugungsanlagen,
das mögliche Angebot 450 TWh betragen, bereits 2.100           weit über das Maß hinaus, das ohnehin nötig ist, um kon-
TWh sind es laut Studie im Jahr 2040 und 4.000 TWh im          ventionelle Kraftwerke zu ersetzen.
Jahr 2050. Bei der Abschätzung dieses Potenzials wurde            Für den Fall, dass genügend erneuerbare Erzeugungs-
der steigende Bedarf an erneuerbarer Elektrizität (z.B. in     anlagen errichtet werden, könnte nach den Annahmen
der Mobilität und der Raumwärme) ebenso berücksich-            der Studie aber schon ab 2040 der Bedarf an Grünem
tigt wie die Verfügbarkeiten von Flächen für die Errich-       Wasserstoff in Europa durch das vorhandene P       ­ otenzial
tung der Anlagen (das gilt besonders für PV-Anlagen) und       abgedeckt werden – und das zu geringeren Kosten als
mögliche Beschränkungen durch Umweltauflagen.                  für Grauen Wasserstoff oder fossile Energieträger, de-
   Will man die Potenziale für Grünen Wasserstoff er-          nen dann wohl europaweit ein CO2-Preis aufgeschlagen
schließen, so ist ein rascher und ambitionierter Ausbau        wird. 2050 könnte beinahe das gesamte angenommene
der erneuerbaren Solar- und Windkraft-Kapazitäten not-         ­Potenzial von 4.000 TWh zu einem Preis von weniger als
wendig – und zwar zusätzlich zu den ohnehin beträcht-           2 Euro/kg erzeugt werden, 2.500 TWh davon mit weniger
lichen Kapazitäten, die zur Abdeckung des steigenden            als 1,5 Euro/kg und 600 TWh zu weniger als 1,0 Euro/kg.2
direkten Elektrizitätsbedarfs notwendig sind. So müss-            Um den angenommenen Bedarf an Grünem Wasserstoff
ten im Jahr 2030 erneuerbare Erzeugungskapazitäten im           im Ausmaß von 2.150–2.750 TWh abdecken zu können,
Ausmaß von 1.900 GW vorliegen, 2040 würden 3.200 GW             würden 2.900–3.800 TWh an Elektrizität benötigt (zum
benötigt und 2050 4.500 GW. Schon allein die 1.900 GW,          Vergleich: die gesamte installierte Leistung aller Stromer-
die 2030 für die Erschließung des Potenzials für Grünen         zeugungsanlagen in der EU und in GB betrug im Jahr 2017
Wasserstoff im Ausmaß von 450 TWh erforderlich sind,
bedeuten mehr als eine Verdoppelung der Kapazitäten,           2 1 kg H2 entspricht einer Energiemenge von 33,33 kWh.

FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021                                                                                                              9
Sommer- Heft No2 - FORUM Gas Wasser Wärme
EN ER GIE F OR UM

                            „Das Know-how der Gaswirtschaft nutzen!“
                            Die heimischen Fernleitungsnetzbetreiber sind bereit am Aufbau eines europäischen Wasser-
                            stoffnetzes mitzuwirken. Nötig sind dafür geeignete Rahmenbedingungen sowie einheitliche
                            Gasqualitätsstandards für den grenzüberschreitenden Handel und Transport.

                            FORUM GWW: Herr Dr. Stindl, warum beteiligt sich die Gas        sungen der bestehenden Infrastruktur erfolgen. Wesentlich
                            Connect Austria am Projekt „H2-Backbone“?                       wird auch die Einbindung der Gasspeicher sein.
                            Stindl: Wir sind der Initiative im Bewusstsein beigetreten,
                            dass Wasserstoff im künftigen Energiesystem Europas – und       Welche Weichenstellungen bzw. gesetzlichen Rahmen­
                            damit auch für Österreich – eine wichtige Rolle spielen wird.   bedingungen benötigt die GCA, damit der Umbau der Infra-
                            Die GCA hat sich in der Folge an den Studien zum Aufbau         struktur für den Wasserstofftransport durchgeführt werden
                            eines europaweiten Wasserstoffnetzes beteiligt. Der Grund       kann?
                            unseres Engagements – und auch jenem der TAG GmbH –             Die österreichische Gas­infra­struktur ist an das europäische
Dr. Harald Stindl ist Ge-
                            ist, Österreichs Potenzial für eine Verbindung durch eine eu-   Gasnetz angeschlossen und mit den Speichern und den In-
schäftsführer der Gas
Connect Austria GmbH,       ropäische Nord/Süd- sowie Ost/West-Achse aufzuzeigen.           dustriegebieten als wichtigen Wasserstoffsenken verbun-
Mitglied im Aufsichtsrat    Damit könnten Regionen mit guten Voraussetzungen für die        den. Somit ist sie eine wichtige Transport-, Speicher- und
der Trans Austria Gaslei-   Wasserstoffproduktion wie z.B. die Ukraine, Süditalien oder     Handelsdrehscheibe in Zentraleuropa. Naheliegend ist da-
tung GmbH und Mitglied      Nordafrika mit großen potenziellen Wasserstoffabnehmern         her, dass dieses Know-how sowohl für Pilotprojekte bei Po-
im Fachverbandsaus-
                            – auch in Österreich – verbunden werden.                        wer-to-Gas-Anlagen genutzt wird als auch für den Betrieb
schuss des FGW.
                                                                                            von Wasserstoffleitungen und den Aufbau einer Wasser-
                            Sollte die künftige Wasserstoffnachfrage ausschließlich         stoffwirtschaft.
                            mit Grünem Wasserstoff abgedeckt werden oder sollten
                            auch „andere Farben“ zum Zug kommen?                            Unterstützt das Erneuerbaren Ausbau-Gesetz den Aufbau
                            Die politischen Absichtserklärungen zielen vordergründig        einer Wasserstoffinfrastruktur?
                            auf den Einsatz von Grünem Wasserstoff ab. Der ist auf ab-      Es ist nicht hilfreich, dass es P2G-Anlagen von der Förde-
                            sehbare Zeit jedoch weder in ausreichenden Mengen, noch         rung ausschließt, wenn sie in das Gasnetz einspeisen. Netz-
                            zu wettbewerbsfähigen Bedingungen herstellbar. Er wird          betreiber sollen Wasserstoffnetze besitzen und betreiben
                            wohl – wie auch viele andere erneuerbare Energieformen –        dürfen – entweder neu erbaut oder als umgerüstete Erdgas-
                            so lange ein Subventionsfall sein, bis positive Skalierungs-    leitungen. Mit dem Wachsen der Wasserstoffwirtschaft ist
                            effekte eintreten bzw. bis CO2-Steuern und die Kosten für       auch eine schrittweise Regulierung sinnvoll und – je nach
                            Treibhausgaszertifikate die fossilen Alternativen verteuern.    Kundenstruktur – unter Umständen auch eine adäquate So-
                            Bis dahin sollten auch andere dekarbonisierte Spielarten        zialisierung der Wasserstoff-Infrastrukturkosten zwischen
                            in Erwägung gezogen werden. Allein schon, damit sich eine       Erdgas und Wasserstoff. So könnten anfangs die Transport-
                            Wasserstoffwirtschaft für Anwendungen in der Indus­trie,        und Speichertarife in realistischen Höhen gehalten werden.
                            dem Verkehr, der Raumwärme und der Energiewirtschaft            Nachdem wir eng mit dem europäischen Gasnetz verbun-
                            entwickeln kann.                                                den sind und Österreichs Potenzial für Grünen Wasserstoff
                                                                                            begrenzt ist, ist für den grenzüberschreitenden Handel und
                            Welche Rolle kann die Gasinfrastruktur beim Aufbau einer        Transport grüner und kohlenstoffarmer Gase eine EU-weit
                            Wasserstoffwirtschaft spielen?                                  einheitliche Regelung zu Gasqualitätsstandards, Limits von
                            Unsere Aufgabe ist es, die Wasserstoffproduktion mit der        Wasserstoff im Erdgas sowie Herkunfts- und Nachhaltig-
                            Wasserstoffnachfrage auf verlässliche und sichere Weise         keitsnachweisen notwendig. Der beste Weg die Zukunft vor-
                            sowie zu leistbaren Konditionen zu verbinden. Es wird sich      herzusagen, ist sie mitzugestalten, und hier bemüht sich die
                            zeigen, in welcher Form wir den Wasserstoff künftig trans-      Gaswirtschaft seit Jahren nach Kräften, ihren Beitrag für die
                            portieren. Am Beginn wird es wohl ein Erdgas-Wasserstoff-       optimale klimaneutrale Lösung zu leisten.
                            Mix sein, danach immer häufiger reiner Wasserstoff. Je nach
                            Wasserstoffanteil werden mehr oder weniger große Anpas-         Vielen Dank für das Gespräch.

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Die Turbine
                                                                    wird digital
ca. 1.000 GW, die Bruttostromerzeugung ca. 3.250 TWh).
Um derartige Mengen erzeugen zu können, ist nicht nur
ein ambitionierter Ausbau der Erzeugungskapazitäten er-        Natürlich dreht sich auch hier ein
forderlich, sondern wohl auch viel Überzeugungsarbeit,         Turbinenrad - aber alles andere
um die öffentliche Akzeptanz für die Errichtung der An-
lagen zu erreichen.
                                                               ist elektronisch und das Zählwerk
                                                               kann bis 10 m vom Messwerk
Hohe Potenziale für Blauen Wasserstoff                         entfernt sein.
Abgesehen vom Grünen Wasserstoff weist Europa auch
hohe Potenziale für die Erzeugung von Blauem Wasser-
stoff auf. Er wird aus fossilem Erdgas hergestellt, wobei
das bei der Produktion anfallende CO2 abgeschieden und
entweder genutzt oder im Untergrund gespeichert, jeden-
falls nicht in die Atmosphäre emittiert wird. Es gibt sogar
genügend Erdgasreserven und Speichermöglichkeiten,
um den gesamten prognostizierten Wasserstoffbedarf                            TME 400-VC:
mittels CCS- bzw. CCU-Technologie abdecken zu können.                         Der Kompakte für
  Die Kosten für die Erzeugung von Blauem Wasserstoff                         Betriebsmessungen
werden in der Studie bei moderaten Erdgas- und CO2-
Preisen mit 1,4–2 Euro/kg angenommen; bei in der Folge
steigenden CO2-Preisen könnten sie auf 1,6–2 Euro/kg an-
steigen. Länder mit Gasvorkommen könnten den Blauen
Wasserstoff bereits zum Kilopreis von 1 Euro herstellen.
  Der Einsatz von Blauem Wasserstoff könnte zu einer
raschen Reduktion der CO2-Emissionen führen und das
Tempo des Übergangs zu einer Wasserstoffwirtschaft be-
schleunigen. Das gilt besonders für die Startphase ab
2030. Zu diesem Zeitpunkt wird es noch nicht überall ge-                          TME 400-VCF:
nügend Grünen Wasserstoff geben, um den Bedarf ab-                                Der Präzise, mit
zudecken. Der Grund liegt darin, dass ein europaweites                            MID-Zulassung
Wasserstoffnetz – der European Hydrogen Backbone – zu
diesem Zeitpunkt noch nicht voll ausgebaut ist.
                                                                                  für Abrechnungs-
  Das Potenzial für die Produktion von Grünem und                                 messungen
Blauem Wasserstoff ist also sehr hoch, allerdings geht
der Ausbau langsam vor sich. Die Kapazität der geplanten
Projekte für die kommenden Jahre bis 2030 macht erst 230
TWh aus und ab 2035 und später 380 TWh. Mehr als zwei
Drittel dieser Produktionsanlagen sollen in Großbritan-
nien und den Niederlanden errichtet werden. Nach 2030         Mit Durchflussanzeige, integrierter
könnten neue Projekte für die Erzeugung von Blauem
                                                              Umwertefunktion und Bediensoftware.
Wasserstoff zunehmend Konkurrenz durch Grünen Was-
serstoff bekommen, da größere Mengen davon zu gerin-
                                                              ... und natürlich H2-ready!
geren Preisen auf den Markt gelangen werden. Bereits in
Betrieb genommene Anlagen für Blauen Wasserstoff wer-
den aber auch nach 2030 eine wichtige Rolle spielen: ei-
nerseits zur Abdeckung des Spitzenbedarfs, andererseits
zur Bereitstellung der Grundlast, um die volatile grüne
Wasserstoff-Erzeugung auszugleichen.

FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021
                                                                   RMG Messtechnik GmbH
                                                                         www.rmg.com
EN ER GIE F OR UM

                          Bedeutung des EHB für den Aufbau eines EU-Wasserstoff-           die energiepolitische Bedeutung des im Aufbau befind-
                          marktes                                                          lichen Backbones erhöhen, zumal die regionalen Unter-
                                                                                           schiede bei der Versorgung mit der Zeit – soll heißen bei
                          Bei den Plänen zum Aufbau des EHB kommt, wie er-                 wachsendem Bedarf – noch deutlicher zu Tage treten,
                          wähnt, der Erdgasinfrastruktur eine besondere Bedeu-             wenn sich der Markt entwickelt.
                          tung zu. Umgerüstete Pipelines können in einem ersten               Wasserstoff-Pipelines sind die am meisten kosteneffizi-
                          Schritt Wasserstoffangebot und -nachfrage zusammen-              ente Möglichkeit, um große Mengen über weite Strecken
                          bringen. Um 2030 werden Länder mit – verglichen zum              zu transportieren. In der Studie werden dafür Kosten im
                          Bedarf – geringen Produktionskapazitäten (in der Studie          Bereich von 0,11–0,21 €/kg (3,3–6,3 €/MWh) pro 1.000 km
                          werden als Beispiele Deutschland und Belgien genannt)            angenommen. Der Transport mit Schiffen innerhalb Eu-
                          Wasserstoff importieren müssen. Diese Importe werden             ropas bzw. aus benachbarten Regionen würde weit mehr
                                                                                           kosten. Die dafür nötigen Technologien wie die Umwand-
                                                                                           lung in Ammonium, die Verflüssigung von Wasserstoff
                                                                                           oder die Umwandlung in flüssige Wasserstoffträgermedi-
                                                                                           en – die sog. LHOCs (flüssige organische Verbindungen,
                                                                                           die Wasserstoff aufnehmen und auch wieder abgeben
             H2-Farbenlehre
                                                                                           können) – sind zudem mit hohen Investitionskosten ver-
             Als Rohstoffe kommen bei der Wasserstofferzeugung v.a. Wasser, Methan         bunden. Der Transport mit Schiffen aus Nordafrika oder
             oder andere Kohlenwasserstoffe zum Einsatz, als Energiequelle dient che-      Saudiarabien wäre um das 3- bis 5-Fache teurer als über
             mische Energie oder zugeführte elektrische, thermische oder solare Ener-      Pipelines. Für Importe aus Australien müsste man mit
             gie. Je nach Produktionsart werden unterschieden:                             Transportkosten von 1 €/kg Wasserstoff rechnen.
                    Grüner Wasserstoff: Wasserstoff, für dessen Erzeugung keine fossi-        Aber warum überhaupt den Strom in Wasserstoff um-
                    len Energieträger verwendet werden. Die Produktion in Elektrolyse-     wandeln, um ihn dann über weite Strecken zu transpor-
                    Anlagen mit erneuerbarem Strom ist derzeit die wichtigste Technolo-
                                                                                           tieren? Wäre es nicht günstiger, leistungsfähige Hoch-
                    gie für die Erzeugung von Wasserstoff ohne CO2-Emissonen.
                                                                                           spannungsleitungen und dort, wo der Wasserstoff benö-
                    Grauer Wasserstoff: Mittels Dampf-Reformierung in der Regel aus        tigt wird, Elektrolyseanlagen zu errichten? In der Studie
                    Methan erzeugt. Die weltweit am meisten angewendete Produkti-
                                                                                           wurde auch diese Frage untersucht. Ergebnis: Der Trans-
                    onsmethode. Nach Schätzungen werden jährlich ca. 600 Mrd. m3
                    Wasserstoff als Rohstoff für chemische Prozesse hergestellt. Das bei   port von Wasserstoff über Pipelines – umgewidmet oder
                    der Produktion anfallende CO2 wird meist nicht genutzt.                neu errichtet – ist 2- bis 4-mal so günstig wie die Varian-
                                                                                           te mit Elektrolyse vor Ort. Speicherkosten wurden dabei
                    Blauer Wasserstoff: Von blauem Wasserstoff spricht man, wenn
                    das bei der Produktion (z.B. bei der Dampf-Reformierung) anfallen-     nicht betrachtet. Zudem geht es hier nicht nur um eine
                    de CO2 nicht in die Atmosphäre entweicht, sondern im Untergrund        wirtschaftliche Frage, sondern auch um soziale Akzep-
                    gespeichert wird (Carbon Capture and Storage – CCS) oder einer         tanz. Eine unterirdisch verlegte Wasserstoffleitung mit ei-
                    Nutzung zugeführt wird (Carbon Capture and Utilization – CCU). Die     nem Durchmesser von 48 Inch (ca. 122 cm) kann dieselbe
                    Wirtschaftlichkeit dieser Technologien hängt von der Höhe der CO2-     Energiemenge transportieren wie 7 oberirdische Strom-
                    Bepreisung und dem Vorhandensein von Transport- und Speicher-
                                                                                           übertragungsleitungen.
                    möglichkeiten ab. Kann aufgrund des Aufbaus der dafür nötigen
                    Infrastruktur und der Versorgungsketten ein Türöffner für eine grüne
                    Wasserstoffwirtschaft sein.                                            Importregionen für Wasserstoff
                    Türkiser Wasserstoff: Wasserstoff, der über die thermische Spal-
                    tung von Methan (Methanpyrolyse) hergestellt wurde. Anstelle von       Der EHB ist auch eine Chance, die Wasserstoff-Potenzia-
                    CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff. Voraussetzungen für die CO2-    le außerhalb der Region EU/GB zu nutzen. In der Studie
                    Neutralität des Verfahrens sind die erneuerbare Wärmeversorgung        wird davon ausgegangen, dass auf diese Weise bis 2040
                    des Hochtemperaturreaktors und die dauerhafte Bindung des anfal-       Grüner Wasserstoff aus der Ukraine und aus Nordafri-
                    lenden Kohlenstoffs.
                                                                                           ka zu Kosten von 1,5–2,5 €/kg zur Verfügung steht. Sol-
                    Pinker Wasserstoff (auch roter Wasserstoff genannt): Wasserstoff,      che Importe wären möglicherweise auch eine Lösung für
                    der durch Elektrolyse mittels Atomstrom gewonnen wird.                 die Probleme mit der Flächenverfügbarkeit und der sozi-
                    Weißer Wasserstoff: Nicht künstlich erzeugter, sondern natürlich       alen Akzeptanz – z.B. bei der Errichtung von Photovolta-
                    im Untergrund vorkommender Wasserstoff.                                ik- und Windkraftanlagen –, die in vielen Ländern der EU
                                                                                           auftauchen werden. ◂

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„Volle Energie für den
 K li m a schutz ist un s se h r w icht ig .
Aus Liebe zur Natur.“
  Karin & Emil Doll, Doll ̓ s Blumen.
  Zufriedene Wien Energie-KundInnen seit 2013.

                                        klimaschützen.at
        www.wienenergie.at               Wien Energie Vertrieb, ein Unternehmen der EnergieAllianz Austria.
EN ER GIE F OR UM

                                                                                                                                                Grafik: Ruck
CO2 und Wasserstoff
sorgen für mehr Grünes Gas
Durch Nutzung des im Rohbiogas enthaltenen Kohlenstoffdioxids
kann der Methanertrag von Biogasanlagen erhöht werden.

I m Juli wurde das Erneuerbaren Ausbau-Gesetz beschlossen. Es sieht
  Förderungen vor, um bei bestehenden Biogasanlagen die Aufberei-
tung des Rohbiogases zu Biomethan zu ermöglichen. Dabei muss das
                                                                       – chemisch zu Methan und Wasserdampf umgewandelt. Dieser Vor-
                                                                       gang erfolgt bei Temperaturen zwischen 300 und 500 °C und Druck-
                                                                       verhältnissen, die zwischen 5 und 15 bar liegen.
im Rohbiogas enthaltene CO2 abgetrennt werden, um Grünes Gas mit         Wird bei diesem Prozess genügend Wasserstoff eingesetzt, kann das
dem notwendigen Methangehalt in das Erdgasnetz einspeisen zu kön-      im Biogas enthaltene CO2 praktisch vollständig zu Methan umgesetzt
nen.                                                                   werden. Bevor das Synthesegas in das Gasnetz eingespeist werden
  Je nach eingesetztem Substrat macht CO2 20–55 % des Biogasvolu-      kann, muss der darin enthaltene Wasserdampf abgetrennt werden. Je
mens aus. Doch das CO2 kann auch genutzt werden, um durch Zugabe       nach geltender Einspeise-Richtlinie muss unter Umständen auch der
von Grünem Wasserstoff synthetisches Methan herzustellen. Auf die-     Wasserstoffgehalt des Synthesegases reduziert werden. In Österreich
se Weise kann der Methanertrag von Biogasanlagen in erheblichem        darf seit 1. Juni nur Gas mit maximal 10%igem Wasserstoffanteil in das
Ausmaß gesteigert werden. Wird der Wasserstoff für die Methanisie-     Netz eingespeist werden.
rung in einer mit erneuerbarem Strom betriebenen Wasserelektrolyse
erzeugt, spricht man von einer Power-to-Gas-Technologie, die Strom-    Biologische Methanisierung
und Gasnetze koppelt (zusammenführt) und erneuerbaren Strom in
Form von Grünem Gas speichert.                                         Bei der biologischen Methanisierung kommen bei der Methanerzeu-
  In der ÖVGW-Publikation Gasforschung (GF) 60 „Standardisierte        gung speziell gezüchtete Archaeen, das sind einzellige Organismen,
Biogasaufbereitung und Methanisierung“ werden zwei Methoden be-        zum Einsatz. Sie nutzen das im Rohbiogas enthaltene CO2 und den zu-
schrieben, mit denen CO2 aus Biogasanlagen genutzt werden kann,        gesetzten Wasserstoff als Nahrung und wandeln diese Bestandteile in
um unter Zugabe von Wasserstoff synthetisches Methan zu erzeugen:      Methan um. Dieser Vorgang findet bei Temperaturen von 40 bis 70 °C
die katalytische und die biologische Methanisierung.                   und leichtem Überdruck statt. Der Prozess ist also weniger energie­
                                                                       intensiv als die katalytische Methanisierung. Er läuft langsamer ab,
Katalytische Methanisierung                                            und man benötigt größere Reaktoren und längere Verweilzeiten.
                                                                         Die biologische Methanisierung kann direkt im Biogasreaktor (in-si-
Bei der katalytischen Methanisierung wird das CO2 mit Wasserstoff an   tu Betrieb) oder in einem separaten biologischen Methanisierungsre-
einem Katalysator – zumeist wird dafür das Metall Nickel verwendet     aktor (ex-situ Betrieb) erfolgen. Als Reaktoren werden am häufigsten

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                                                                                                                             Methanisierung
                                                                                                                                2-stufig
                                                                                                       Gas-                                                Gas-
                                                                                                    Reinigung        H2                                Aufbereitung
                                                                                    Roh-                                                                        SNG
                                                                                                                                                                            Gasnetz
                                                                                   biogas
                                                                                                                P=10 bar
                                                                                              H2O     H2S                                          H2O
                                                                                                      NH3           Produktgas (R1)
                                                                                                                    Teilrückführung
                                                                                                                                            Retentat
                                                                                                                                         Rückführung (H2)

                                                                                                                   Schema katalytische Methanisierung

                                                                                                            Methanisierung
                                                                                                                             Gasreinigung           Gas-
                                                                                                         H2                  & Trocknung        Aufbereitung
                                                                                                                                        SNG
Andreas Klingl

                                                                                            Rohbiogas                                                                 Gasnetz
                                                                                             CH4 / CO2
                                                                                                                                        H2S
                                                                                                  Nährstoff                   Wärme     H2O        Rest CO2
                      In der biol0gischen Methanisierung eingesetzte Archaeen

                                                                                                               Abwasser-
                 kontinuierliche Rührkessel verwendet, vereinzelt werden
                                                                                                              aufbereitung

                                                                                                                                                                                           ÖVGW
                 auch Trickle Bed-Reaktoren und Blasensäulen eingesetzt.
                 Auch bei der biologischen Methanisierung ist eine Reini-                                          Schema biologische Methanisierung
                 gung des gewonnen Produktgases notwendig. Zusätzlich
                 zur Entfernung des Wasserdampfes muss auch die Ab-             ÖVGW GF 60: Standardisierte Biogasaufbereitung und Methanisierung
                 trennung von Schwefelverbindungen erfolgen.                    In diesem Forschungsprojekt wurden katalytische und biologische Methanisierung zur Aufbereitung
                                                                                von Biogas für die Einspeisung in das Gasnetz verglichen. Ergebnis: Die biologische Methanisierung
                                                                                bringt in dieser Anwendungsumgebung Vorteile, weil der Wegfall einer Gasreinigung den Gesamtauf-
                 Investitionskosten                                             wand deutlich verringert. Die katalytische Methansierung ist hingegen vor allem bei größeren Anlagen
                                                                                (> 1 MWth) zu ­bevorzugen.
                 Bei einer Integration in eine bestehende Biogasanlagen-
                 infrastruktur (in-situ Betrieb) ist die biologische Metha-
                 nisierung aus technischer und ökonomischer Sicht bis zu
                 einer Anlagengröße von 1 MW geeignet. Bei größeren An-
                 lagen ist die katalytische Methanisierung zu bevorzugen.
                 Die Investitionskosten für eine „Power-to-Gas“-Anlage
                 zur Methanisierung von Biogas hängen von der Anlagen-
                 größe und von der Art der Methanisierung ab. Derzeit                           Auf den Punkt gebracht
                 sind für die biologische Methanisierung um knapp 50 %                           • Rohbiogas enthält CO2. Für die Einspeisung ins Gasnetz muss dieses CO2
                 höhere Investitionen nötig als bei der katalytischen Me-                          abgeschieden werden.
                 thanisierung. Auch bei größeren Anlagen verringert sich                         • Durch die Zugabe von Wasserstoff kann jedoch das im Rohbiogas enthaltene
                 dieser Unterschied – allerdings nur im geringen Ausmaß.                           CO2 zur Methanerzeugung genutzt werden.
                 Durch Lerneffekte und Skaleneffekte (größere Anlagen                            • Dadurch steigt der Methanertrag von Biogasanlagen – und ihre Wirtschaftlichkeit.
                 können vergleichsweise günstiger errichtet werden) ist in                       • Stammt der eingesetzte Wasserstoff aus Power-to-Gas-Anlagen, wird damit auch
                 den kommenden Jahren eine Verringerung der Investiti-                             ein Beitrag zur Sektorkopplung geleistet.
                 onskosten zu erwarten. ◂

                 FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021                                                                                                                                        15
EN ER GIE F OR UM

                    Das österreichische Gasnetz:
                    rd. 44.700 Kilometer
                    (ohne Fernleitungen)

                                                                                                                                               Grafik: GCA
                    Methanemissionen
                    Österreichs Gasleitungen sind dicht

                    N    ach der Greenpeace-Pressemitteilung von Septem-
                         ber letzten Jahres1 zeigt nun der ORF in seinem Be-
                    richt „Gaslecks als unsichtbare Klimakiller“ erneut Lecks
                                                                                  valent ausgemacht. Somit ist die Gaswirtschaft für weni-
                                                                                  ger als 0,3 Prozent der gesamten österreichischen Treib-
                                                                                  hausgasemissionen verantwortlich. ÖVGW-Geschäftsfüh-
                    bei Produktionsanlagen in Österreich. Die ÖVGW weist          rer Michael Mock folgert: „Gasleitungen sind dicht. Daher
                    in diesem Zusammenhang darauf hin, dass lediglich 0,3         ist auch die Forderung nach einem Ausbaustopp für die
                    Prozent aller österreichischen Treibhausgasemissionen         Gasinfrastruktur im Zusammenhang mit Methanemissi-
                    auf die Gaswirtschaft zurückzuführen sind. Ein weitaus        onen verfehlt.“ Denn die heimische Gaswirtschaft unter-
                    größeres Problem sind Methanemissionen aus der Verrot-        nimmt laufend große Anstrengungen, um die im interna-
                    tung von Reststoffen der Landwirtschaft – hier fordert die    tionalen Vergleich guten Werte weiter zu verbessern.
                    ÖVGW den Bau von Biogasanlagen, um Reststoffe sinn-              Es wurde und wird viel investiert, um die Infrastruktur
                    voll zu verwerten und um Biogas herzustellen.                 sowohl sicherheitstechnisch als auch im Sinne von Emis-
                                                                                  sions-Reduktion zu optimieren. Neben umfangreichen
                    Gute internationale Werte                                     Erneuerungen, zum Beispiel durch den Austausch alter
                                                                                  Rohrleitungen durch moderne isolierte Stahl- oder Kunst-
                    Von den 79 Mio. Tonnen Treibhausgasen haben die Me-           stoffrohre, wurde und wird kontinuierlich an der Weiter-
                    thanemissionen aus der Gewinnung, Speicherung und             entwicklung der Verfahren gearbeitet. Weiters überwa-
                    Verteilung von Gas 2018 exakt 0,24 Mio. Tonnen CO2-Äqui-      chen die Leitungsnetzbetreiber die Leitungen und An-
                    1 Vgl. dazu auch unseren Bericht in FORUM Gas Wassser Wärme
                                                                                  lagen standardmäßig periodisch, um auch kleinste Un-
                      5/2020, S. 19f.                                             dichtheiten aufzuspüren und zu beheben.

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ENE RGIE FORUM

  Die Methan-Strategie der EU
  Im Oktober 2020 hat die EU-Kommission die Methan-             und landwirtschaftliche Gemeinschaften.
  Strategie vorgelegt. Ziel ist es, die Methanemissionen in   • Förderung bewährter Verfahren und Technologien,
  den Bereichen Energie, Landwirtschaft und Abfall zu ver-      Veränderungen bei Futtermitteln und in der Tierhal-
  ringern.                                                      tung sowie einer klimaeffizienten Landwirtschaft zur
     Bis zu 95 % der von Menschen verursachten weltwei-         Verringerung der Emissionen aus der Landwirtschaft.
  ten Methanemissionen werden in der Landwirtschaft, in       • Eine Verpflichtung zur Verbesserung der Erkennung
  der Abfallwirtschaft und im Energiesektor erzeugt. Der        und Reparatur von Leckagen in der gesamten Infra-
  Energiesektor ist in Europa für 19 % der Methanemissio-       struktur für fossiles Gas, also bei dessen Erzeugung,
  nen verantwortlich, die Abfallwirtschaft für 26 % und die     Transport und Nutzung.
  Landwirtschaft für 53 %.                                    • Mögliche künftige Rechtsvorschriften über das Ab-
                                                                lassen und Abfackeln von Gasen sowie Standards für
  Im Strategiepapier der EU-Kommission wird eine Reihe          die gesamte Versorgungskette und Unterstützung der
  von wirksamen Emissionsverringerungs-Maßnahmen an-            „Zero Flaring“-Initiative der Weltbank zur Abschaffung
  geführt:                                                      des Abfackelns.
   • Gezielte Unterstützung zur Beschleunigung der Ent-       • Eine Überprüfung der Richtlinie über Abfalldeponien,
     wicklung des Marktes für Biogas aus nachhaltigen           der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem
     Quellen, einschließlich Pilotprojekten für ländliche       Abwasser und der Klärschlammrichtlinie.

Bessere Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe

Laut dem Klimaschutzbericht 2020 des Umweltbundes-
amtes sind 72 Prozent der Methanemissionen in Öster-
reich auf die Landwirtschaft und 18 Prozent auf die Ab-
fallwirtschaft zurückzuführen. Hier sieht Mock Hand-
lungsbedarf: „Die hohen Methanemissionen der Land-
wirtschaft müssten nicht sein. Errichten wir österreich-
weit neue Biogasanlagen, wo landwirtschaftliche Rest-
stoffe kontrolliert vergären, ziehen wir daraus doppelten

                                                                                                                                                                  Quelle: Umweltbundesamt
Nutzen: Die Treibhausgase gelangen nicht mehr unkon­
trolliert in die Atmosphäre, und zugleich gewinnen wir
heimisches Grünes Gas.“
   Gerade was die biologischen Gasemissionen anlangt,
ist die Gaswirtschaft bestrebt, diese Energiepotenziale
aus der Land- und Abfallwirtschaft auszuschöpfen, um          Auf die Gewinnung, Speicherung und Verteilung von Gas entfallen in Österreich lediglich 0,3 % der
fossiles Gas schrittweise durch Grünes Gas (Biogas und        Treibhausgasemissionen
Wasserstoff) zu ersetzen. Die Erzeugung von Biogas stellt
eine Win-win-Situation dar, da einerseits Methanemissio-
nen aus der Land- und Abfallwirtschaft minimiert werden
und andererseits fossiles Gas durch erneuerbares Gas er-
setzt und damit ein entscheidender Betrag zur Erreichung
der Klimaziele geleistet werden kann. ◂

FORUM GAS WASSER WÄRME 4/2021                                                                                                                              17
EN ER GIE F OR UM

Erneuerbaren-
Ausbau-Gesetz
in Kraft
Der FGW begrüßt das Investitionspaket für Fernwärme, kritisiert
jedoch das Fehlen nachhaltiger Anreize zur Einspeisung von Grünem
Gas und Wasserstoff ins Gasnetz.

M     it 28. Juli ist das Erneuerbaren-Ausbau-Paket in Kraft getreten.
      Mit dem Paket wird das Bundesgesetz über den Ausbau von
Energie aus erneuerbaren Quellen (EAG) neu erlassen sowie eine Rei-
                                                                          sätzlich herangezogen werden, d.h. dadurch würde sich das jährliche
                                                                          Fördervolumen für Grünes Gas erhöhen. Die Investitionsförderung für
                                                                          Biogas wird weiterhin ausschließlich durch einen Aufschlag auf die
he energiewirtschaftlicher Gesetze novelliert. Auf diese Weise soll der   Netztarife der Gaskunden (Grüngas-Förderbeitrag) finanziert.
Ökostromausbau für die nächsten 10 Jahre gesichert werden (27 TWh).
Bis 2030 soll der Strombedarf in Österreich bilanziell zur Gänze aus      Investitionsförderung für Wasserstoff
nachhaltigen Energiequellen gedeckt werden und bis 2040 soll das          Kritisch zu beurteilen ist, dass die Beimengung von Wasserstoff in die
Land klimaneutral sein.                                                   bestehende Gasinfrastruktur sowie Anlagen von Netzbetreibern wei-
  In einigen Punkten konnte der FGW noch deutliche Verbesserungen         terhin von der Förderung ausgeschlossen sind. Dies erscheint insbe-
erreichen. Zu begrüßen ist der Abbau der Warteschlangen für Fern-         sondere vor dem Hintergrund der gewünschten Sektorkopplung sach-
wärmeprojekte sowie die Bereitstellung von neuen Mitteln für Fern-        lich nicht gerechtfertigt und innovationshemmend. Kleine H2-Anla-
wärmeprojekte, die der FGW seit Jahren fordert. Grundsätzlich gutzu-      gen mit einer Mindestleistung von 0,5 MW und einer Höchstleistung
heißen ist auch die Einführung von Investitionsförderungen für Bio-       von unter 1 MW hingegen können nunmehr gefördert werden.
gasanlagen und Anlagen zur Umwandlung vom Strom in Wasserstoff.
Allerdings bleiben die Einspeisung von Wasserstoff in die bestehende      Abbau der Warteliste und weiterer Ausbau der Fernwärme
Gasinfrastruktur sowie Power-to-Gas Anlagen, die von Netzbetreibern       Mit 110 Mio. Euro soll der Rückstau der Projekte beim Ausbau der
betrieben werden, von den Investförderungen ausgeschlossen.               Fernwärme in Österreich über das Fernwärme- und -kälteleitungs-
                                                                          ausbaugesetz (WKLG) abgearbeitet werden. Das betrifft insgesamt 173
Finanzierung der Grüngas-Investförderungen                                Projekte, die teilweise seit 2011 auf eine Förderzusage warten. Die Um-
In Summe steht ein Fördervolumen von 80 Mio. Euro jährlich für Bio-       weltförderung im Inland wird das zentrale Förderinstrument für den
gas und Wasserstoff zur Verfügung – 40 Mio. für Wasserstoff und wei-      Ausbau der Fernwärme in den nächsten 10 Jahren – damit kann dieser
tere 40 Mio. für Biogas (davon 15 Mio. für Umrüstung von Biogasan-        weiterhin wirtschaftlich und auch sozialgerecht erfolgen. So sollen in
lagen und 25 Mio. für neue Biogasanlagen), die ursprünglich aus-          den nächsten 10 Jahren insgesamt bis zu 300 Mio. Euro für die Fern-
schließlich von den Gaskunden finanziert werden sollten. Hier konnte      wärme bereitgestellt werden.
eine Verbesserung erreicht werden: Die Fördermittel für Wasserstoff
sind nunmehr zu 50 % über Ökostromzuschläge (Erneuerbaren-För-            Überwachungsbehörde für Preistransparenz der Fernwärme
derpauschale und Erneuerbaren-Förderbeitrag) sowie 50 % über den          Das BM für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Grüngas-Förderbeitrag durch die Gaskunden aufzubringen.                   Technologie (BMK) ist für die Überwachung der Verpflichtungen zur
   Zur Abdeckung der Aufwendungen für Wasserstoff und erneuerba-          Preistransparenz der Fernwärme- und -kälteunternehmen zuständig.
re Gase können auch Bundesmittel herangezogen werden, wodurch             Diese Tätigkeit darf das BMK zwar an Dritte auslagern, allerdings dezi-
sich die Kostenbelastung für die Netzkunden weiter reduzieren lässt.      diert nicht an die Regulierungsbehörde, die ursprünglich vorgesehen
Unionsmittel, insbesondere aus dem EU-Recovery Fonds, können zu-          war. Diese Formulierung wird vom FGW ausdrücklich begrüßt.

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