Bio 2|05 das magazin der biobewegung

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Bio 2|05 das magazin der biobewegung
bio
März

                               das magazin der biobewegung

       2|05
       Kosmos der Maria Thun

       Barometer für
       gentechfreie Zonen

       Passen Hybriden
       zum Biolandbau?
Bio 2|05 das magazin der biobewegung
Bio 2|05 das magazin der biobewegung
inhalt                                                                    kolumne

4   kosmos.                                                               Kirche und Zertifizierung
    Seit 52 Jahren befasst sich die deutsche Konstellationsforscherin
    Maria Thun mit den Einflüssen der kosmischen Konstellationen          Die BIO SUISSE GV vom 20. April wird ei-
    auf das Pflanzenwachstum. Seit 42 Jahren gibt sie ihren Aussaat-      nen Punkt hinter eine seit Jahren geführ-
    kalender heraus, der mittlerweile in 25 Sprachen erscheint. bio-      te Kontroverse setzen: hinter die Frage, wer
    aktuell hat sich mit ihr über ihre Arbeit und eine Schweizer Be-      Knospe-Betriebe zertifizieren darf. Durch
    sonderheit unterhalten.                                               die Gründung der BIO SUISSE wurde das
                                                                          Ziel verfolgt, Labels, Richtlinien, Kontrolle
6   gentech. Immer mehr Regionen werden gentechfrei.                      und Zertifizierung schweizweit zu verein-
    Immer mehr Regionen in Europa, zurzeit 3600, erklären sich frei       heitlichen. Das war nötig, denn noch Ende
    von Gentech-Anbau. In der der Schweiz startet die Aktion «gen-        der 1980er-Jahre nannte BLW-Direktor Jean-
    techfreie Gemeinden». Mit Verträgen können Landwirte ihren                            Claude Piot den Biolandbau
    GVO-Verzicht deklarieren. bioaktuell führt einen «Gentech-Baro-                       in Anspielung auf die fünf
    meter» ein, der die Leserinnen und Leser auf dem Laufenden hält.                      starken Bioorganisationen
                                                                                          eine «Religion mit fünf Kir-
8   pflanzenbau. Passt Hybridroggen zum Biolandbau?                                       chen». Durch ihren gemeinsa-
    Hybridsorten haben sich bei Mais und Gemüse im Biolandbau                             men Auftritt unter der Knos-
    durchgesetzt. Dazu hat keine Meinungsbildung statt gefun-                             pe ist der Biolandbau seither
    den. Beim Getreide ist dies noch möglich. Die Fachkommission                          erstarkt. Dazu trug auch das
    Ackerbau der BIO SUISSE möchte Hybridroggen ab 2007 vom                               Zertifizierungsmonopol der
    Bioanbau und Import ausschliessen. Was steckt dahinter?               bio.inspecta seinen Teil bei.
                                                                          Monopole können aber zu Trägheit und
12 pflanzenbau. Zwei neue Winterweizensorten empfohlen.                   Leerlauf führen. Das war der Grund, dass
    Die empfehlende Sortenliste für Winterweizen im Biolandbau            Niklaus Wynistorf die Bio Test Agro (BTA)
    enthält zwei neue Sorten: Ataro und Pollux.                           gründete, die mit schlanken Strukturen in ei-
                                                                          nem bäuerlichen Umfeld Dampf zu machen
14 düngung. Aufbereiteter Mist ist des Biobauern List.                    wusste, die Effizienz der Biokontrolle stei-
    Die Aufbereitung von Festmist durch Rotte oder Kompostierung          gerte und die Kosten senkte. Heute ist die-
    führt zwar zu erheblich höheren Verlusten an Stickstoff und           se Firma aus der Kontrolllandschaft in der
    organischer Substanz. Trotzdem schneidet aufbereiteter Mist in        Deutschschweiz nicht mehr wegzudenken.
    Versuchen besser ab als Stapelmist.                                   Die BIO SUISSE vergab sich nichts, als sie
                                                                          die BTA zur Kontrolle zuliess, weil die Zerti-
18 pflanzenbau. Bioraps: Eine interessante, aber heikle Kultur.           fizierung noch immer über eine einzige, von
    Raps würde eigentlich sehr gut in die Fruchtfolge vieler Bioacker-    der BIO SUISSE GV gewählte Firma lief und
    baubetriebe passen. Auch der Absatz wäre da. Doch es handelt          so für Einheitlichkeit gesorgt war.
    sich um eine Kultur mit hohen Standortansprüchen und gros-            Mit der Öffnung der Zertifizierung würde
    sem Risiko.                                                           diese harmonisierende Wirkung entfallen.
                                                                          Mit der Folge, dass die BIO SUISSE das Heft
21 milchmarkt. Knacknüsse von «Modell 2A»                                 in die Hand nehmen und die Zertifizierungs-
    Die Umsetzung des Milchmarktmodells 2A gemäss GV-Be-                  praxis bestimmen müsste. Sie hat die an-
    schluss geht voran. Knacknüsse liegen im Umgang mit Käsereien         spruchsvolle Aufgabe, Zulassungskriterien
    und regionalen Molkereien. Und auch juristische Fragen.               zu definieren und durchzusetzen, die garan-
                                                                          tieren, dass die Praxis bei allen zugelassenen
17 richtlinien und weisungen                                              Zertifizierern den gleichen Standards folgen,
20 BIO SUISSE                                                             und zwar flächendeckend. Wenn die BIO
23 vermischtes                                                            SUISSE dies schafft, dann kann der Wett-
26 agenda                                                                 bewerb für die Biobetriebe Vorteile bringen,
29 märitstand                                                             ohne dass die Knospe an Glaubwürdigkeit
30 das letzte wort. Leserbriefe                                           verliert. Schafft sie es nicht, dann hat der
32 Impressum                                                              Biolandbau in der Schweiz schon bald ein
                                                                          Problem – und baut neue Kirchen.
Titelbild: Konstellationsforscherin Maria Thun.         Alfred Schädeli                                   Alfred Schädeli

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kosmos

Maria Thun: «Die Planeten können über die zu
wenig belebten Böden nicht mehr wirken»
                                                                                             in einem Kalender der Mond gleichmässig
                                                                                             zwei Tage verbleibt, werden die Zeichen
                                                                                             berücksichtigt, die eben nicht mehr der
                                                                                             Wirklichkeit am Himmel entsprechen.
                                                                                             Die Zeicheneinteilung wurde durch die
                                                                                             alten Griechen eingeführt und damals
                                                                                             stimmte das noch. Doch der Stand der
                                                                                             Sonne verändert sich in 72 Jahren um ein
                                                                                             Grad. In zweitausend Jahren verschiebt
                                                                                             sich dadurch der ganze Tierkreis um ein
                                                                                             mittelgrosses Sternbild. Dann kann es ja
                                                                                             nicht mehr stimmen.

                                                                                             Es handelt sich also um altes Wissen, das
                                                                                             nicht mehr erneuert wurde?
                                                                                             Thun: Genau. Das gleiche gilt für die al-
                                                                                             ten Bauernregeln: Am Joseftag macht man
                                                                                             dies, am Petertag macht man das. Das sind
                                                                                             auch mal Erkenntnisse gewesen, wo das so
                                                                                             war. Aber weil sich der Stand der Sonne
«Ich mach diese Arbeit ja nicht allein»: Maria Thun mit Sohn Matthias Thun.            als   von der Erde aus gesehen verändert hat,
                                                                                             stimmen diese Regeln nicht mehr. Denn
Seit 52 Jahren befasst sich die deutsche Konstellationsforscherin Maria Thun                 diese Tage sind nun um zwei oder drei
mit den Einflüssen der kosmischen Konstellationen auf das Pflanzenwachs-                     Wochen verschoben. Wenn man weiterhin
tum. Seit 42 Jahren gibt sie ihren Aussaatkalender heraus, der mittlerweile                  danach arbeiten möchte, müsste man sie
in 25 Sprachen erscheint. bioaktuell hat sich mit ihr über ihre Arbeit und                   neu suchen. Daran haben wir mal gearbei-
eine Schweizer Besonderheit unterhalten.                                                     tet, aber das hätte so viel zu tun gegeben,
                                                                                             dass wir es schliesslich bleiben liessen.
bioaktuell: Die kosmischen Konstellationen     nun stimmt. In unserem Kalender stellen
werden von immer mehr Landwirten und           wir dar, wie die Verhältnisse am Himmel       Die Bauernregeln sind oft lokal oder regio-
Gärtnerinnen beachtet, nicht nur in der        tatsächlich sind, in welchen Sternbildern     nal geprägt. Ist das bei den kosmischen
biologischen, sondern auch in der kon-         des Tierkreises der Mond und die Plane-       Konstellationen auch so?
ventionellen Landwirtschaft. Es gibt dazu      ten wirklich stehen. Das kann ja jeder sel-   Thun: Dazu ist gerade die Schweiz ein gu-
zahlreiche Publikationen, die sich zum Teil    ber nachprüfen.                               tes Beispiel: Die Schweizer sind das ein-
widersprechen. Wie soll man sich da noch                                                     zige Volk, das den aufsteigenden und ab-
zurechtfinden?
Maria Thun: Als wir 1963 unseren Aus-
                                               « Wenn überdüngt wird, kom-
                                               men nur Vollmondrhythmen
                                                                                             steigenden Mond kennt, «obsigend» und
                                                                                             «nidsigend». Die Österreicher schreiben
saatkalender erstmals herausgaben, gab es      heraus mit höheren Erträgen,                  das, was die Schweizer dem «obsigenden»
keine anderen Kalender dieser Art, heute
erscheinen im deutschsprachigen Raum
                                               aber schlechter Qualität.      »              Mond zuschreiben, dem zunehmenden zu.
                                                                                             Und was die Schweizer unter «nidsigend»
ungefähr 30 Mondkalender. Allerdings           Wie lassen sich denn diese verschiedenen      verstehen, verstehen die Österreicher un-
fussen die meisten auf der alten Einteilung    Ansätze unterscheiden?                        ter abnehmend. In anderen Ländern be-
nach Zeichen, die man etwa für Horosko-        Thun: In den Sternbildern verweilt der        achtet man ausschliesslich den abnehmen-
pe braucht. Und dann stimmen die Anga-         Mond unterschiedlich lange. Da gibt es        den und den zunehmenden Mond.
ben nicht. Dazu erhalte ich auch zahlrei-      Bilder wie die Waage, da bleibt der Mond
che Zuschriften von Leuten, die völlig ver-    knapp eineinhalb Tage, oder die Jungfrau,     Haben die Konstellationen auch einen
wirrt sind, weil sie nicht mehr wissen, was    in der er vier Tage verweilt. Immer wenn      Einfluss auf das Pflanzenwachstum, wenn

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Bio 2|05 das magazin der biobewegung
die Pflanzen mit Kunstdünger gedüngt
                                               Was hat Landwirtschaft mit dem Kosmos zu tun?
werden?
Thun: Ich habe einmal geschrieben, dass        Zur diesjährigen Landwirtschaftlichen Ta-      den Sternenhimmel betrachten», stellte er
die kosmischen Rhythmen nicht in der           gung am Goetheanum in Dornach ver-             fest, «werden wir schweigsam und ruhig.»
                                               sammelten sich Anfang Februar gut 500          Denn der Blick in den Sternenhimmel sei
gleichen Weise auf die Pflanzen wirken,
                                               biologisch-dynamische Landwirte und am         auch ein Blick in unsere Seele. Man könne
wenn man mit Mineraldünger arbeitet.
                                               Biolandbau interessierte aus der ganzen        damit eine Innerlichkeit erleben, die in den
Da hat mir ein konventioneller Bauer ge-
                                               Welt. Die viertägige Veranstaltung war dem     vergangenen Jahrzehnten weitgehend ver-
schrieben, ich solle mir nicht einbilden,      Thema «Landwirtschaft und Kosmos» ge-          loren gegangen sei.
dass der Mond nur den Anthroposophen           widmet. Im grossen Saal fanden zahlreiche      Das Pflanzenwachstum könne man, so Ru-
scheine. Er arbeite seit Jahren nach dem       Vorträge statt. Zudem hatten die Teilneh-      dolf Steiner, der Begründer der biologisch-
Aussaatkalender und erziele die besten         menden die Möglichkeit, in Fachgruppen         dynamischen Landwirtschaft, als Spiegel
Resultate damit.                               und Seminaren die Thematik zu vertiefen.       der kosmischen Gesetzmässigkeiten be-
                                               Eine Besonderheit der biologisch-dynami-       trachten. Diesen Gedanken führte Ernst
                                               schen Landwirtschaft ist die Berücksichti-     Michael Kranich aus und zeigte anhand
Was haben Sie ihm geantwortet?
                                               gung der kosmischen Rhythmen in ihrer Ar-      zahlreicher Beispiele, wie die Formen der
Thun: Das zeige, schrieb ich ihm, dass er
                                               beit. In den vergangenen Jahren haben die      Planetenbahnen in den Pflanzenorganen
ein sehr guter Landwirt sei und bei der        Zusammenhänge zwischen dem Leben auf           Spross, Blättern, Blüten und Früchten ihre
Düngung das richtige Mass treffe. Denn         der Erde und dem Sternenhimmel jedoch          Entsprechungen haben. So beschreibt bei-
wenn überdüngt wird, dann kommen nur           weit über den Biolandbau hinaus grosse         spielsweise die Umlaufbahn der Venus um
Vollmondrhythmen heraus mit höheren            Popularität erlangt. Auch in Fachzeitschrif-   die Erde in acht Jahren eine exakte, fünf-
Erträgen, aber schlechter Qualität.            ten wie dem «Schweizer Bauer» werden           teilige Form, die der Blüte eines Rosenge-
                                               regelmässig Mondkalender mit Hinweisen         wächses sehr ähnlich sieht.

«  Die Schweizer sind das ein-
zige Volk, das den aufsteigenden
                                               auf geeignete Zeiten für Aussaat, Pflege
                                               und Ernte publiziert.
                                                                                              Nebst den fachlichen Vorträgen wurden
                                                                                              die Teilnehmenden durch ein vielseitiges
                                               Wolfgang Held, Kosmologe am Goethe-            künstlerisches Angebot durch die Tagung
und absteigenden Mond kennt,
«obsigend» und «nidsigend.            »        anum, stellte sich die Frage, wie dieses
                                               wachsende Interesse an den Himmelser-
                                               scheinungen zu erklären sei. «Wenn wir
                                                                                              geführt. Meistens verbunden mit Musik,
                                                                                              die, dem Thema entsprechend, für die Zu-
                                                                                              hörer zu Sphärenmusik werden konnte. als
Gibt es Unterschiede in der Wirkung der
Konstellationen zwischen konventioneller
und biologischer Landwirtschaft? An der        den es ankommt, wird dadurch nicht ver-        heraus, mittlerweile in 25 Sprachen. Haben
Landwirtschaftlichen Tagung haben Sie auf      mehrt. Der Rückgang von Nährhaftigkeit         Sie auch schon ans Aufhören gedacht?
die besondere Bedeutung der biologisch-        und Reproduktionskraft hing auch damit         Thun: Nein. Wieso meinen Sie?
dynamischen Präparate hingewiesen.             zusammen, dass die Planeten über die zu
Thun: Vor hundert Jahren haben auf-            wenig belebten Böden nicht mehr wirken         Sie sind immerhin 83 Jahre alt.
merksame Bauern festgestellt, dass ihre        konnten. Dem kann man mit der Anwen-           Thun: Ich mache ja diese Arbeit nicht
Samen nicht mehr keimt und die Grün-           dung der Präparate entgegenwirken, die         allein. Mein Sohn Matthias ist seit 1972
flächen für die Fütterung ihrer Tiere nicht    Rudolf Steiner im Landwirtschaftlichen         voll dabei. Der Sohn meiner Tochter
mehr reichten und die Futterqualität nicht     Kurs 1924 angeregt hat.                        hat Chemie studiert, damit er das Labor
mehr stimmte. Man hat festgestellt, dass                                                      übernehmen konnte. Sie sind da hinein-
die Lebenskräfte der Erde zurückgehen.         Nun gibt es aber mehr biologische als          gewachsen, dass sie es ohne mich weiter
Die Evolution sei jetzt so weit, erklärte      biologisch-dynamische Bauern, welche           machen können. Man kann ja nicht damit
Rudolf Steiner, dass die Schöpfermächte,       keine Präparate anwenden.                      rechnen, ewig zu leben. Solange ich noch
die früher alles gelenkt haben, sich von       Thun: Unter ihnen gibt es auch viele, die      da bin und geistig fähig bin, arbeite ich
der Erde zurückziehen. Der Mensch ist in       nach den kosmischen Rhythmen arbeiten.         in der Versuchsanlage mit und halte ich
seiner Entwicklung nun fähig, diese Auf-       Wir haben viele Versuche gemacht, in de-       noch Vorträge.
gaben zu übernehmen.                           nen wir Tees der Präparatepflanzen benutz-
                                               ten. Damit erzielten wir gute Ergebnisse,      Legen Sie in Ihrem Garten immer noch
Was bedeutet das konkret?                      und diese Tees kommen in der biologi-          Hand an?
Thun: Die erste Folge davon kann man in        schen Landwirtschaft stark auf. Wer gute       Thun: Garten ist schön gesagt – wir
der Mineraldüngerwirtschaft sehen. Aber        Erfahrungen mit diesen Tees macht, wendet      haben fünf Hektaren Versuchsfläche, und
das ist eine Entwicklung, die unsere Bö-       manchmal später auch die Präparate an.         es wird bald noch mehr sein. Doch, ich
den nicht neu belebt. Das bringt zwar Er-                                                     arbeite da noch mit, so gut es geht.
träge, aber der Ton-Humus-Komplex, auf         Sie geben Ihre Aussaattage seit 1963                                         Alfred Schädeli

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gentech

Immer mehr Regionen werden gentechfrei
Immer mehr Regionen in Europa, zurzeit 3600, erklären sich frei von Gentech-                      hört Slovenien mit seiner ganzen Lan-
anbau. In Berlin fand zu diesem Thema Ende Januar eine Tagung mit 150 Poli-                       desfläche, die südlichen österreichischen
tikerinnen, Wissenschaftern und Konsumentenvertreterinnen aus 30 Ländern                          Bundesländer und die nordöstlichen itali-
statt. Der Prozess ist extrem dynamisch. Der Versuch eines Überblicks.                            enischen Provinzen. In Österreich haben
                                                                                                  ausser Wien alle Bundesländer den Status
In Europa gibt es zurzeit 3600 Regionen, die     zur Diskussion und im Baskenland und in          der GVO-Freiheit deklariert.
sich frei von GVO-Anbau erklärt haben. Es        Andalusien besteht ein fünfjähriges Mora-            Eine weitere staatenübergreifende Re-
handelt sich dabei um sehr unterschiedliche      torium. Der Widerstand in der spanischen         gion ist Pannonien, zu der nebst ostös-
Regionen, die teils nur einige wenige Betrie-    Bevölkerung ist im Wachsen begriffen.            terreichischen und westungarischen auch
be, teils ganze Staaten umfassen. Weil Gen-                                                       zehn slowakische Gemeinden gehören.
techfreiheit auf allen denkbaren Ebenen pro-     Die Saubermänner
klamiert wird, ist es auch für Insider schwie-   Einige Länder haben sich flächendeckend          Agrarriesen haben Mühe
rig, den Überblick zu behalten.                  gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft       In Frankreich und auf den britischen In-
    Ende Januar fand zu diesem Thema in          ausgesprochen, allen voran Griechenland.         seln gibt es sowohl eine starke GVO-Op-
Berlin eine Konferenz statt, die vom euro-       Allerdings handelt es sich jeweils um Be-        position als auch einen starken Druck
päischen gentechkritischen Netzwerk Ge-          schlüsse regionaler Parlamente, nicht des        für den Versuchsanbau seitens der Gen-
net organisiert wurde. 150 aktive Persön-        Staates. So auch in Ungarn, das noch vor         techlobby. In Frankreich erklärten sich
lichkeiten aus über 30 Ländern nahmen            wenigen Jahren voll auf den GVO-Anbau            1250 Gemeinden, 15 Regionen und 5 De-
daran teil, regionale Regierungsvertrete-        setzte, jedoch keinen Absatz für die Produk-     partemente als gentechfrei. Ihr Engage-
rinnen, Bauern, Wissenschaftler, Aktivis-        te fand. Daraufhin haben sich sämtliche 31       ment wirkt teilweise bis nach Übersee: In
ten, Rechtsanwältinnen, Naturschutzex-           Provinzen als GVO-frei deklariert.               der Bretagne wird viel Soja als Futtermit-
perten und Konsumentenvertreterinnen.                Eine starke und aktive Bürgerbewe-           tel importiert. Das Departement Bretagne
Alle reisten nach Berlin, weil sie dasselbe      gung hat sich auch in Italien konstituiert.      hat mit dem brasilianischen Bundesstaat
Ziel verfolgen: Sie wollen, dass ihre Re-        Über 1800 Gemeinden und 14 Regionen              Paraná ein Projekt lanciert, in dem für
gion gentechnikfrei bleibt.                      haben die Gentechnik aus ihren Länderei-         die Bretagne gentechfrei Soja produziert
                                                 en verbannt. Schätzungsweise 80 Prozent          wird. Schottland ist grösstenteils, Wales
Koexistenz wird abgelehnt                        der Landesfläche kann in Italien als gen-        flächendeckend gentechfrei erklärt und in
In praktisch allen europäischen Gesetz-          techfrei bezeichnet werden. Der grösste          England gibt es 60 gentechfreie Regionen.
gebungen ist das räumliche Nebeneinan-           italienische Bauernverband «Coldiretti»              Deutschland kennt bisher kein einziges
der von GVO-Kulturen und gentechnik-             bekämpft den Einsatz der Gentechnik              gentechfreies Bundesland, aber 50 GVO-
freien Sorten als Grundsatz verankert,           in der Landwirt-
ähnlich oder gleich wie in der Schweiz.          schaft, um die
Dieses Konzept der Koexistenz stiess bei         italienischen Qua-
den Teilnehmerinnen und Teilnehmern              litätsmarken      zu
mehrheitlich auf Ablehnung. Ernsthafte           schützen. Der Ver-
Konflikte seien damit vorprogrammiert.           band kann auf Un-
Sie können vermieden werden, wenn sich           terstützung aus der
ganze Regionen gentechnikfrei erklären.          Konsumentenschaft
Und dazu gibt es verschiedene Ansätze,           zählen.
die an der Konferenz vorgestellt wurden.
                                                 Über Grenzen
Die GVO-Produzenten                              hinweg
Der namhafteste GVO-Anbau in Europa              In den Ostalpen hat
findet in Spanien und Rumänien statt.            sich die Opposition
In Spanien werden rund 20'000 Hektaren           grenzüberschrei-       Übersicht über die gentechfreien Regionen in Europa. In den Gebie-
GVO-Pflanzen angebaut. Allerdings gibt           tend organisiert, in   ten, die als «teilweise GVO-frei» ausgeschieden sind, liegen hunder-
es auch einige Provinzen, die sich gentech-      der «GVO-freien        te von kleineren GVO-freien Regionen, die auf der Karte nicht darge-
frei erklärt haben, etwa Castilla la Man-        Bio-region Alpe-       stellt werden können.
cha. In Katalonien steht ein GVO-Verbot          Adria». Dazu ge-              Christian Schlatter, FiBL/Quelle: www.gmofree-europe.org, genet

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freie Regionen. Die grösste ist die Ucker-     Osten unklar                                       Die meisten gentechfreien Gebiete in
mark nördlich von Berlin. Als positiver        Weniger klar ist die Situation in den ost-     Europa sind aus Initiativen von Landwirten
Nebeneffekt habe sich dort, wie Bauern         europäischen Staaten der ehemaligen Sow-       oder besorgten Bürgerinnen und Bürgern
berichten, die Kommunikation zwischen          jetunion. In Russland, Weissrussland und       hervorgegangen. Sie sind in verschiedenen
konventionell und biologisch wirtschaf-        der Ukraine gibt es offiziell keinen Anbau     Netzwerken wie Genet locker miteinander
tenden Landwirten deutlich verbessert.         von gentechnisch veränderten Pflanzen,         verbunden. Als Informationsdrehscheibe
    In den anderen EU-Staaten gibt es          eine Zulassung wäre dafür erforderlich.        dient die Homepage www.gmofree-europe.
ebenfalls eine bewegte Gentech-Gegner-         Doch es kursieren auch Informationen,          org, auf welcher unter anderem auch ein
schaft, die in einzelnen kleineren oder        gemäss denen westliche Saatgutfirmen den       Leitfaden zu finden ist, der beschreibt, wie
grösseren Regionen GVO-freie Zonen be-         Anbau ihrer GVO-Sorten in Russland sehr        man von der Bevölkerung her eine GVO-
wirkt hat.                                     wohl vorantreiben sollen.                      freie Zone schafft            Alfred Schädeli

bioaktuell lanciert Gentech-Barometer
In der Schweiz wird voraussichtlich Ende 2005 über die «Gentechfrei-Initia-                   IP Suisse bewirtschaftet werden, welche
tive» abgestimmt. Die Initianten starten zudem die Aktion «Gentechfreie Ge-                   den GVO-Einsatz ausschliessen.
meinden». Landwirte können sich vertraglich verpflichten, auf GVO-Anbau zu                       Auch Biobauern, die bereits gemäss dem
verzichten. Mit dem «Gentech-Barometer» hält bioaktuell die Leserinnen und                    Knospe-Label gentechfrei wirtschaften, sind
Leser über den Stand der Aktion auf dem Laufenden.                                            eingeladen, den Vertrag zu unterzeichnen.
                                                                                              Auf jedem Formular können sechs Land-
In der Schweiz haben sich drei Kantone         Mit der Zeit soll die Karte immer grüner       wirtschaftsbetriebe unterzeichnen. Es kön-
zu GVO-freien Regionen erklärt: Waadt,         werden. Ab dieser Nummer wird in jedem         nen also auch Nachbarn gebeten werden, an
Jura und Tessin (vgl. Europakarte). Weiter     bioaktuell unter dem Titel «Gentech-Baro-      der Aktion teilzunehmen.                als
steht die Gentechfrei-Initiaive vor der Ab-    meter» die aktualisierte Karte abge-           Mehr Infos: Verein Gentechfrei Ja,
stimmung. Das Schweizer Stimmvolk wird         druckt. Zurzeit können erst eine Handvoll      Postfach 1168, 8032 Zürich, Jacqueline
voraussichtlich Ende dieses Jahres über ein    Gemeinden grün eingezeichnet werden.           Oggier, WWF, Tel. 022 939 39 77 E-Mail
fünfjähriges Moratorium für Gentechnik         Es handelt sich um Gemeinden, in denen         gemeinde@gentechfrei.ch. Die Verträge
in der Landwirtschaft abstimmen können.        sämtliche Landwirtschaftsbetriebe nach         können vom Internet heruntergeladen
Die Initiative wird von 24 Organisationen      den Richtlinien der BIO SUISSE oder der        werden: www.gentechfrei.ch
getragen, darunter die BIO SUISSE, Bioter-
ra und die IP Suisse.
    Die Initianten begnügen sich aber nicht
mit der Kampagnenführung zur Abstim-
mung; sie haben die Aktion «Gentech-
freie Gemeinde» gestartet. Die Idee: Im-
mer mehr Schweizer Gemeinden sollen als
GVO-freie Zonen ausgeschieden werden,
und zwar nicht auf der Ebene der Politik,
sondern von den Landwirtschaftsbetrieben
her. Die Bauernhöfe haben die Möglichkeit,
vertraglich den Verzicht auf gentechnisch
veränderte Tiere und Pflanzen zu erklären.
Dafür bieten die Initianten das Formular
«Erklärung zur Gentechfreiheit» an. So-
bald sämtliche Landwirte einer Gemein-
de diesen Vertrag mit Laufdauer bis zum
1. Januar 2010 unterzeichnet haben, gilt
die Gemeinde als gentechfrei. In der hier      Die grün eingezeichneten Gemeinden sind GVO-frei auf der Ebene Landwirtschaftsbetrie-
unten abgebildeten Schweizer Karte wer-        be. Nicht berücksichtigt sind die als GVO-frei erklärten Kantone Waadt, Jura und Tessin.
den diese Gemeinden grün eingetragen.                                                                           WWF/Christian Schlatter, FiBL

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pflanzenbau

Passt Hybridroggen zum Biolandbau?
Hybridsorten haben sich bei Mais und Gemüse im Biolandbau durchgesetzt,                       Vorteile des Hybridroggens
ohne dass dies jemals grundsätzlich diskutiert wurde. Beim Getreide ist eine                  Hybridroggensorten bringen dem Land-
Meinungsbildung noch möglich. Dies betrifft aktuell vor allem den Roggen.                     wirt höhere Erlöse. Zwar zahlt er gut 60
Die Fachkommission Ackerbau der BIO SUISSE möchte Hybridroggen ab 2007                        Prozent mehr für das Saatgut, doch diese
vom Bioanbau und Import ausschliessen und hat einen entsprechenden An-                        Mehrkosten werden durch die um 30 Pro-
trag an die Markenkommission Anbau gestellt. Was steckt dahinter?                             zent geringere Saatdichte und den Mehr-
                                                                                              ertrag mehr als nur kompensiert. Weiter
                                                                                              weisen Hybridsorten eine höhere Stand-
                                                                                              festigkeit und eine bessere Auswuchsfes-
                                                                                              tigkeit, das heisst höhere Fallzahlen, auf.
                                                                                                  Standfestigkeit, Auswuchstoleranz und
                                                                                              auch eine Steigerung des Ertrages sind
                                                                                              aber nicht zwingend an den Hybridzu-
                                                                                              stand der Pflanzen gebunden, sondern
                                                                                              durch weiteren Züchtungsfortschritt ge-
                                                                                              nauso bei Populationssorten erreichbar.

                                                                                              Nachteile von Hybriden
                                                                                              Einheitlichkeit führt zu Verarmung und
                                                                                              genetischer Verwundbarkeit. Alle Pflan-
                                                                                              zen einer Hybridsorte haben den gleichen
                                                                                              Genotyp: Die Sorte ist genetisch verwund-
                                                                                              bar, das heisst, eine plötzlich auftretende
Roggen weist als Fremdbestäuber innerhalb der herkömmlichen Populationssorten eine            Epidemie kann alle Pflanzen eines Feldes
gewisse genetische Vielfalt auf. Hybridsorten hingegen sind einheitlicher.   oekolandbau.de   befallen. Populationssorten sind dagegen
                                                                                              durch die im Feld vorhandene Vielfalt
Hybridsorten sind die erste Generation          ger und vor allem ertragreicher als ihre      besser gegen Epidemien abgepuffert.
(F1) nach der Kreuzung zweier unter-            Eltern. Zu Anfang eines Hybrid-Zucht-             Beim Roggen haben darüber hinaus
schiedlicher Zuchtlinien. Die von diesen        programms sind die Inzuchtlinien oft sehr     noch alle Hybridsorten eines Züchters (oder
Sorten gebildeten Samen werden nicht            kümmerlich, die Heterosis nach der Kreu-      sogar mehrerer Züchter) dasselbe cms-Zell-
als Saatgut weiterverwendet, sondern die        zung ist gross. Bei fortgesetzter Inzucht     plasma. Alle diese Sorten, so verschieden sie
Kreuzung muss immer wieder neu durch-           und Selektion nimmt die Eigenleistung         auch in vielem sein können, sind bezogen
geführt werden.                                 der Inzuchtlinien zu, die relative Bedeu-     auf das Zellplasma absolut uniform.
    Bei Fremdbefruchtern wie dem Roggen         tung der Heterosis nimmt allmählich ab.           Aufgrund der nur teilweisen Wieder-
ist eine Sorte zunächst eine vielfältige Po-        Hybridsorten sind einheitlich. Die        herstellung der Fruchtbarkeit bilden Rog-
pulation, eine «Mischung komplexer Hyb-         Einheitlichkeit von Hybridsorten kann         genhybriden weniger Pollen. Damit steigt
riden». Die Hybridzüchtung möchte hier-         durch Populationszüchtung nicht erreicht      die Gefahr des Befalls mit Mutterkorn.
aus die beste Hybride herausfinden und          werden.                                           Viele qualitativ differenzierende Ei-
vervielfältigen. Dafür zerlegt sie die bei-         Wenn man eine Hybridsorte nach der        genschaften werden rezessiv vererbt. Sie
den Ausgangspopulationen zuerst durch           Ernte nachbaut, erhält man einen unein-       gehen während des Inzuchtprozesses ver-
mehrjährige erzwungene Selbstbestäubung         heitlichen Pflanzenbestand, der nicht den-    loren, wenn sie nicht bewusst in beiden
in verschiedene Inzuchtlinien. Dann wer-        selben Ertrag und dieselbe Qualität bringt    Eltern selektiert werden.
den durch Testkreuzungen die besten Hy-         wie das eingekaufte F1-Saatgut. Die ver-
briden aus den Inzuchtlinien ermittelt und      schiedenen Erbeigenschaften «spalten auf».    Sozioökonomische und
danach als homogene Sorten produziert.          Daher empfiehlt sich bei Hybridsorten der     ethische Aspekte
                                                jährliche Saatgutkauf. Sie haben quasi ei-    Populationssorten können    Bäuerinnen
Vorteile von Hybriden                           nen «eingebauten Produktschutz», was für      und Bauern selber vermehren, während
Kreuzungsnachkommen genetisch ent-              den Züchter wirtschaftliche Vorteile hat.     Hybridsorten eine Abhängigkeit vom
fernter Inzuchtlinien sind leistungsfähi-                                                     Züchter erzeugen, denn das Saatgut muss

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Bio 2|05 das magazin der biobewegung
Saatguterzeugung bei Hybridroggen
Die Mutterlinie muss pollensteril sein.

                      Drei Jahre vor Brotgetreideanbau
    Erzeugen von Vorstufensaatgut. Die Mutterlinie A ist
                   cytoplasmatisch-männlichsteril (cms).
  Damit sie vermehrt werden kann, wird eine fertile Er-
 halterform der Mutterlinie (Maintainer) mit normalem
   Zellplasma im Streifenanbau daneben angebaut. Die
 Nachkommen der Mutterlinie sind wieder pollensteril.
Getrennt davon werden die fertile Bestäuberlinie B und
der fertile Vater C (Restorer) vermehrt. Der Restorer hat
  Gene, die die Fruchtbarkeit der Mutterlinie mehr oder
                    weniger vollständig wiederherstellen.

                                                            Zwei Jahre vor Brotgetreideanbau
                                                            Erzeugen von Basissaatgut
                                                            Anbau der Linien A und B in Streifen nebeneinander,
                                                            so dass die Linie B die Linie A bestäubt und auf Linie A
                                                            Kreuzungssaatgut geerntet werden kann. Getrennt da-
                                                            von Vermehrung des Restorers.

                        Ein Jahr vor Brotgetreideanbau
                                 Erzeugen von Z-Saatgut
  Die pollensterile Einfachhybride A x B wird unter Bei-
 mischung von 5 Prozent des fertilen Restorers C ange-
             baut, dessen Pollen die Hybride bestäubt.

                                                                          Brotgetreideanbau
                                                                          Anbau der Dreiweghybride (A x B) x C mit wiederher-
                                                                          gestellter Pollenfertilität. Beimischung von 5 Prozent
                                                                          Populationsroggen zur Absicherung der Pollenmenge.
                                                                          Der Mangel an Pollen in Hybridsorten wird kritisch ge-
                                                                          sehen,
                                                                          -wegen der Gefahr, dass unbestäubte Blüten zu lange
                                                                          offen bleiben und eine Eintrittspforte für Mutterkorn
                                                                          darstellen;
                                                                          -aus biologisch-dynamischer Sicht wegen der Bezie-
                                                                          hung des Pollens zu Wärmeprozessen im Pflanzen-
                                                                          wachstum.

                                                                                                  Grafik: Christine Arncken, Claudia Kirchgraber

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Bio 2|05 das magazin der biobewegung
für jede Aussaat zugekauft werden. Dieser                          Roggen-Streifenversuche 03 und 04
  Produktschutz mag dem Züchter und dem
                                                                     Wie die Streifensortenversuche Bioroggen                            Populationssorten, während die Hybriden
  Saatguthandel Vorteile verschaffen, für
                                                                     im Kanton Aargau zeigten, waren die Ver-                            bis vor der Ernte schön dastanden. Im Jahr
  die Landwirte sieht es anders aus.
                                                                     hältnisse 2004 für Roggen ideal. Es wur-                            2003 war der Ertragsunterschied wesent-
      Wenn die Nachfrage nach Hybridsorten                           den Erträge von fast 80 kg/a erreicht. Diese                        lich geringer. Er betrug nur 10 Prozent. In
  steigt, nimmt diejenige nach Populations-                          Spitzenerträge konnten aber nur mit Hyb-                            Deutschland lagen bei der bundesweiten
  sorten entsprechend ab. Deshalb wird es                            ridsaatgut erreicht werden. Die traditionel-                        Auswertung der Landessortenversuche
  für Landwirte, die keine Hybriden anbauen                          len Populationssorten Matador, Boresta                              2004 die drei meistgeprüften Hybriden
  wollen, immer schwieriger, gute Populati-                          und Nikita (deutsche Sorten) und Oktavian                           (Avanti, Askari, Treviso) im Schnitt zirka 20
  onssorten zu finden.                                               lagen 10 bis 20 kg (15–25 Prozent) unter                            Prozent über den vier meistgeprüften Po-
                                                                     den Erträgen der Hybridsorten. Insbeson-                            pulationssorten (Hacada, Matador, Nikita,
      Mit grossem Aufwand an Zeit und Geld
                                                                     dere am Standort Kölliken lagerten die                              Recrut).
  versucht die Züchtungsforschung, die Ste-
  rilitätsphänomene, die Grundlage für die
  Hybridzüchtung, zu erzeugen und zu be-
  herrschen. Damit bestimmt der Einsatz
  von Hybriden die Forschungsrichtung we-
  sentlich mit.
      Hybridzüchtung beschleunigt zudem
  die Nachfrage nach Gentechnik, denn vie-
  le aufwändige Kreuzungsschritte könnten
  durch sie abgekürzt werden. Für die Po-
  pulationszüchtung dagegen besteht kein
  Anlass für den Einsatz von Gentechnik, da
  man hier ja nicht einen einzigen Genotyp
  vervielfältigt.
                                  Christine Arncken, FiBL

      «bio aktuell»
      Das Magazin für die Biobewegung (Bäuerinnen, Verarbeiter, Handel). Erscheint monatlich mit zwei
      Doppelnummern (Juli und Dezember). Informiert auf 32 Seiten knapp und umsetzungsorientiert.
      Herausgeber: FiBL und BIO SUISSE (Forschungsinstitut für biologischen Landbau, 5070 Frick, und Vereinigung Schweizer
      Biolandbau-Organisationen, 4053 Basel)

      «Ökologie & Landbau»
      Für Agrarfachleute, Berater, Biobäuerinnen, Gärtner, Konsumentinnen …
      Erscheint viermal jährlich. Informiert umfassend über Forschung, Praxis und Markt des Biolandbaus.
      Mit aktuellen FiBL-Seiten.

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         mich Fr. 49.– (Ausland    42.–.                    die Kopie eines           Ausgaben für Fr. 31.–.    Fr. 61.–
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                                                                                                                biologischen
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                                                           2|05
Fachkommission will aussteigen
Ausser beim Roggen und Mais sind bis               Die Kommission betrachtet die Hybri-         fähr doppelt so viel wird zu einem um 40
jetzt im Biogetreidebau keine Hybrid-          den als «Vorhof» zur Gentechnik. Durch           Prozent tieferen Preis importiert. Durch
sorten zugelassen. Um die Entwicklung          den Verzicht auf Hybridsorten, so ver-           die Preisdifferenz ist es schwierig, die In-
abzuwenden, dass bald nur noch Hy-             spricht sich die Fachkommission, kann            landmenge zu vermarkten. Mit dem kla-
bridsorten angeboten werden, möchte            die Botschaft des Biolandbaus transpa-           ren Bekenntnis, dass nur noch nachbau-
die Fachkommission Ackerbau der BIO            rent kommuniziert werden. Nicht höhe-            fähige Sorten angebaut werden dürfen,
SUISSE ab 2007 ein Verbot von Hybrid-          re Erträge sind das Ziel des Biolandbaus,        setzt die Fachkommission ein Zeichen,
saatgut für den Getreidebau bewirken.          sondern eine hohe Qualität des Getreides.        dass Nachhaltigkeit im Biolandbau umge-
Nicht nur der Anbau von Hybridgetreide         Die Kommission rechnet damit, dass der           setzt wird. Für die Konsumentin und den
im Inland, sondern auch der Import von         durch höhere Erträge der Hybridsorten            Konsumenten entsteht beim Kauf eines
Hybridsorten soll unter der Knospe un-         erzielte Mehrwert ohnehin früher oder            Knospe-Produkts ein weiterer transpa-
tersagt werden. Zu diesem Zweck hat die        später durch sinkende Preise kompen-             renter Mehrwert.
Kommission einen Antrag an die Mar-            siert würde. Heute werden in der Schweiz                            Bertrand Bollag, BIO SUISSE
kenkommission Anbau (MKA) gestellt.            rund 400 Tonnen Roggen geerntet. Unge-

pro und kontra

Beim Roggen noch zu vermeiden                                                                   Danke, Hybridroggen
Wenn ich für meinen Sohn Rion (9 Mo-                                                            Ich habe grösste Lust, dem Hybridroggen
nate) seinen Roggenbrei koche, ist es mir                                                       Dankeschön zu sagen. Danke, dass er uns
gleichgültig, ob der Roggen 20 Prozent                                                          die Türe öffnet, um eine grosse Frage zu dis-
mehr Ertrag gebracht hat. Ich bin be-                                                           kutieren. Es darf in dieser Diskussion nicht
reit, den Preis zu zahlen, den der Bauer                                                        darum gehen, für oder gegen die Hybriden
braucht, um den Roggen zu produzieren. Aber ich erwarte die             zu sein, weil es uns aus protektionistischen Gründen zurzeit gera-
bestmögliche innere Qualität. Und die vermute ich eher dort,            de so passt. Oder ist das die richtige Politik für die nachhaltige Zu-
wo der Ertrag nicht ganz so hoch ist und wo nicht nur vegetative        kunft und das wirtschaftliche Überleben unserer 6000 Biobetriebe?
Stoffwechselwege betont sind (Heterosis), sondern wo Differenzie-           Meiner Meinung nach zeigt die Frage des Hybridroggens ein
rung und Reifeprozesse die Pflanzensubstanz nach ihrer primären         Dilemma auf, mit welchem sich der Biolandbau immer mehr aus-
Bildung nochmals durchgestalten.                                        einander zu setzen hat: Die Biobäuerinnen und Biobauern sind
    Ich möchte keine Lebensmittel für meine Kinder, deren Vorfah-       zunehmend in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite ein fun-
ren über Generationen pollensteril waren. Nach biologisch-dyna-         damentalistischer Biolandbau, auf der anderen Seite der Bioland-
mischem Verständnis hat der Blütenstaub mit Wärmeprozessen in           bau mit Wille zum wirtschaftlichen Überleben, der nicht versäu-
der Pflanze zu tun, die wir heutzutage besonders brauchen.              men wird, sich in der Wirtschaftswelt zu behaupten.
    Wenn ich Hybridgetreide kaufe, würde das bei der Aussaat die            Haben wir Biobauern in einem Umfeld, wo das Überleben auf
F2 ergeben. Aus vielen dieser Körner würden unbefriedigende,            einem Landwirtschaftsbetrieb immer mehr an Effizienz und Pro-
kümmerliche oder einseitige Pflanzentypen wachsen. Nach mei-            duktivität gebunden ist, immer noch die Wahlfreiheit zwischen mo-
nem Verständnis hat die grosse Ernährungskraft von Getreide ge-         derner Technik und Treue gegenüber unserer Biophilosophie? Ha-
rade damit zu tun, dass im Getreidekorn die Potenz schlummert,          ben wir, wenn wir an den Fortbestand unserer Entwicklung denken,
kräftig wachsende, stark wurzelnde, intensiv reifende Pflanzen          das Recht, uns immer mehr vom wissenschaftlichen Fortschritt zu
hervorzubringen. Deshalb würde ich Populationssorten bevorzu-           verabschieden? Sind wir damit nicht im Begriff, unsere technologi-
gen. BIO SUISSE Konsumentinnen haben jedoch nicht die Wahl,             sche Isolation auf gefährliche Weise zu steigern? Stellt dieser Allein-
da der Sortentyp nicht deklariert wird.                                 gang nicht die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Existenz der
    Hybridsorten sind genauso bestechend wie die konventionelle         Biobetriebe in Frage?
Landwirtschaft – aber in das Konzept des biologischen Landbaus              Vielen Dank, Bioroggen, dass du diese grundsätzliche Debatte
passen sie nicht wirklich hinein. Wo es noch geht, sollte die Ge-       ausgelöst hast. Du forderst uns grundsätzliche Gedanken zur An-
meinschaft der Biobauern gemeinsam versuchen, sie zu vermei-            wendung und Kompatibilität des technischen und wissenschaftli-
den. Und beim Roggen geht es noch.                                      chen Fortschrittes im Biolandbau ab.
                                              Christine Arncken, FiBL                                                   Charly Beyeler, Progana

                                       2|05     11
pflanzenbau

Zwei neue Winterweizensorten empfohlen
Aufgrund verschiedener Versuche konnten Sortenempfehlungen für Winter-                        Ataro ist qualitativ mit Arina vergleichbar.
weizen im Bioanbau ausgearbeitet werden. Die Sortenliste enthält neu auch                     In den Streifenversuchen hat die aus der
Informationen über die Saatgutverfügbarkeit. Neu aufgenommen wurden die                       Züchtung der Forschungsanstalt Changins
beiden Sativa-Sorten Pollux und Ataro.                                                        stammende Sorte Zinal bezüglich Ertrag
                                                                                              gleich gut abgeschnitten wie die Sorte
Sobald die Resultate verschiedener Anbau-      Zwei neue Klasse-I-Sorten                      Ataro. Zinal ist aber von viel kürzerem
versuche im biologischen Getreidebau be-       Die beiden Sorten stammen aus der bio-         Wuchs, hat damit eine bessere Standfestig-
kannt waren, setzte sich ein Ausschuss der     logischen Züchtung von Peter Kunz und          keit, beschattet den Boden jedoch weniger
Fachkommission Getreide der BIO SUISSE         können nur im Vertragsanbau mit der            gut und bringt natürlich auch einen gerin-
letzten Herbst zusammen und arbeitete          Genossenschaft Sativa angebaut werden.         geren Strohertrag. Sie ist die Nachfolgerin
Sortenempfehlungen aus. Der Ausschuss          Pollux eignet sich für mittlere Lagen mit      von Arina, zeigt aber bessere Resistenzei-
gehörten Biobauern, Bioberaterinnen,           hohem Ertragspotenzial und hat eine mit        genschaften.
Müller, Forschungsleute der FAL Recken-        Runal vergleichbare Backqualität. Pollux           Greina als winterharter Sommerwei-
holz, FAC Changins und des FiBL an. Auf-       ist mit einer durchschnittlichen Wuchs-        zen bringt in milden Wintern wie 2004
grund der Resultate der Biosortenversuche      höhe von 110 cm rund 10 cm höher als           erstaunlich gute Erträge. Durch Spätsaa-
und von Praxiserfahrungen konnten die          Titlis. Die zweite Peter-Kunz-Sorte Ataro      ten lässt sich das Risiko der Auswinterung
neuen Klasse-I-Winterweizensorten Pollux       bringt auf intensiven Standorten mit ho-       verringern.
und Ataro in die die Liste der empfohlenen     hem Stickstoffangebot noch bessere Erträ-          Arolla, die zweite begrannte Neuzüch-
Sorten aufgenommen werden.                     ge als Pollux oder die Standardsorte Titlis.   tung der Forschungsanstalten, hat in den

Ertrag und Qualitätsmerkmale von Winterweizensorten im Bioanbau. Je nach Sorte wurden die Durchschnitte aus den Resultaten von
3 bis 7 Standorten gezogen. Der Zelenywert ist eine Masszahl für die Quellfähigkeit des Eiweisses. Hohe Werte deuten auf gute, tiefe Wer-
te auf schlechte Eiweissqualität hin.

                                        2|05    12
Streifenversuchen wegen ihrer späten Ab-       Asita für Randregionen                        tiv hohen Düngungsniveau der Schweizer
reife schlechter abgeschnitten als der Stan-   Die begrannte Sativa-Sorte Asita hat in       Biobetriebe hat Asita keine echte Chance
dard. Deshalb wurde auf die Aufnahme in        den letztjährigen Streifenversuchen be-       für eine grossflächige Verbreitung. Als Ni-
die empfehlende Biosortenliste von Arolla      züglich Qualität überrascht. Auf den eher     schensorte für extensive Standorte wäre sie
verzichtet. Die deutsche Sorte mit dem viel    ertragsstarken Standorten der Streifen-       aber durchaus zu empfehlen. Asita hat die
versprechendem Namen Ökostar konnte            versuche konnte sie aber mit den anderen      offizielle Sortenprüfung auch wegen unge-
nicht klassiert werden, da sie bei uns als     Sorten nicht mithalten. Insbesondere im       nügender Qualität (noch) nicht bestanden.
Klasse-II-Weizen eingestuft würde.             vergangenen Jahr mit idealen Bedingun-        In den Streifenversuchen 2004 hat sie be-
                                               gen bezüglich Niederschlag und Stickstoff     züglich Qualität alle anderen Sorten hinter
Mehr Infos zu den Sorten                       konnten die bisherigen Sorten klar ihr Er-    sich stehen lassen.
                                               tragspotenzial ausschöpfen. Astia wurde           Von den Klasse-I-Weizen Arina, Runal,
> Sortenliste 2005 unter www.fibl.org. Die     von Peter Kunz speziell für die Randregi-     Titlis, Zinal, Pollux und Ataro steht genü-
  Liste kann dort gratis heruntergeladen
                                               onen des Weizenanbaus, leichtere Böden        gend Biosaatgut zur Verfügung. Deshalb
  werden. Die Sortenliste vereinigt ab die-
                                               und Betriebe, die über wenig Stickstoff       sind sie in der Saatgutverfügbarkeitsstufe
  sem Jahr die empfehlende Sortenliste
  von BIO SUISSE, FiBL und Agroscope           verfügen, gezüchtet. Unter solchen Bedin-     1 eingeteilt. Für Umsteller wird Pegassos
  und die Saatgutverfügbarkeitsliste.          gungen kann sie sehr gute Resultate erzie-    empfohlen. Ab Aussaat 2005 wird neu
                                               len. Auch die Standfestigkeit ist dort kein   auch Levendis für Umsteller zur Verfü-
> Die Saatgutverfügbarkeit kann weiterhin      Problem. Solche Standorte finden sich eher    gung stehen. Er deckt den Boden besser
  unter www.organicxseeds.com abgeru-          im Ausland, weshalb Sativa nun versucht,      als Levis und ist standfester als Pegassos.
  fen werden.                                  diese Sorte in Deutschland anzumelden.        Deshalb wird er Levis ablösen.
                                       hud
                                               Eigentlich schade, aber unter dem rela-                             Hansueli Dierauer, FiBL

                                                                         Wetten dass…             wir in der Lage sind, für
                                                                        sämtliche, auf Ihrem Hof im Freien und im Boden
                                                                                  zu verbauenden Hölzer, eine
                                                                          ökologisch saubere Lösung
                                                                         in Robinienholz anzubieten!
                                                                          Robinienholz, auch Akazie oder Scheinakazie
                                                                        genannt,isteineuropäischesEdelholz,gedeihtauch
                                                                         prächtig in der Schweiz, und hat im natürlichen
                                                                        Zustand eine höhere Dauerhaltbarkeit als Eiche,
                                                                             Kastanie oder imprägniertes Nadelholz.

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düngung

Aufbereiteter Mist ist des Biobauern List
Die Aufbereitung von Festmist durch Rotte oder Kompostierung führt zwar                       lich in den stabilen Huminverbindungen,
zu erheblich höheren Verlusten an Stickstoff und organischer Substanz.                        die während der Kompostierung gebildet
Trotzdem schneidet aufbereiteter Mist in Versuchen besser ab als Stapelmist.                  werden. Entsprechend wurde in den mit
Er versorgt die Pflanzen besser mit Stickstoff und bringt den Humushaushalt                   Kompost gedüngten Parzellen ein höhe-
langfristig ins Lot.                                                                          rer Gehalt an Huminen in der organischen
                                                                                              Substanz des Bodens gefunden.
Hofdünger sind auf den meisten biolo-             Über zwei Fruchtfolgen erreichten die
gischen Betrieben die wichtigste Nähr-         beiden biologischen Systeme eine Stick-        Mistkompost wirkt besser
stoffquelle. Das Ziel der Düngung ist die      stoffwirkung von 50–60 Prozent, wobei          Über sechs Jahre untersuchte das FiBL
Steigerung der natürlichen Bodenfrucht-        sich das organische System mit Rottemist       in einem Hofdüngerversuch in Therwil
barkeit. Nur ein Teil der Nährstoffe steht     und das biologisch-dynamische mit Mist-        die Wirkung von verschieden aufbereite-
den Pflanzen direkt zur Verfügung – der        kompost nicht unterschieden. Die biolo-        ten Misten im Vergleich zu Gülle. Die Er-
grössere Teil muss durch die Bodenlebe-        gische Aktivität der Böden stieg in der        träge waren im Durchschnitt aller Kultu-
wesen zuerst aufgeschlossen werden. Weil       Reihenfolge K, O zu D. In der gleichen         ren bei Verwendung von Rottemist und
Stickstoff auf dem Biobetrieb meist ein        Reihenfolge nahm die Stabilität der Bo-        Mistkompost auf einem vergleichbaren
knappes Gut ist, kommt der verlustarmen        denkrümel zu.                                  Niveau wie bei Vollgülle (vgl. Tabelle
Lagerung, Aufbereitung und Ausbringung                                                        Seite 15 unten). Überraschend war, dass
eine zentrale Rolle zu. In diesem Artikel      Kompost baut Humus auf                         die Stickstoffwirkung der aufbereite-
wird die Aufbereitung von Festmist unter       Über 21 Jahre nahm der Humusgehalt ein-        ten Miste (Rottemist, Mistkompost) viel
die Lupe genommen.                             zig im biologisch-dynamischen System           höher war als die von Stapelmist. Die
    Durch die Aufbereitung von Mist ha-        unter Verwendung von Mistkompost zu,           Mistaufbereitung erhöhte die Stickstoff-
ben die Bäuerinnen und Bauern ein wich-        während er in den andern Systemen mit          wirkung um den Faktor drei (19 Pro-
tiges Instrument in der Hand, die Quali-       Hofdüngereinsatz etwa gleich blieb oder        zent gegenüber 6 Prozent). Das heisst, in
tät des Endproduktes zu beeinflussen. Je       leicht abnahm (vgl. Grafik Seite 15 oben       den mit Rottemist und Mistkompost ge-
nach Aufbereitungsart entstehen aus dem        rechts). Dies ist erstaunlich, weil das bio-   düngten Parzellen wurde vom anfallen-
frischen Mist, der im Stall anfällt, Stapel-   logisch-dynamische Verfahren infolge hö-       den Stickstoff in den geernteten Pflanzen
mist, Rottemist oder Mistkompost. In der       herer erwarteter Rotteverluste etwa 10–20      dreimal mehr wieder gefunden als in den
Tabelle auf dieser Seite sind die Aufberei-    Prozent weniger organische Substanz via        mit Stapelmist gedüngten. Der Stickstoff-
tungsarten zusammengefasst.                    Hofdünger erhielt als das organische oder      entzug in den ungedüngten Parzellen wur-
    Die Aufbereitung von Mist ist mit Ar-      das konventionelle.                            de dabei abgezogen.
beit und Kosten verbunden und lohnt sich           Der Grund für die bessere Humuswir-           Dieses Resultat ist umso erstaunli-
deshalb nur, wenn die Kompostierung klare      kung des D-Verfahrens liegt wahrschein-        cher, als bei Rottemist und Mistkompost
Vorteile bringt. Das FiBL hat in den vergan-
genen Jahren zahlreiche Versuche angestellt,
                                               So entstehen verschiedene Miste
die Aufschluss über die Stickstoff- und Hu-
muswirkung von Mistkompost geben.               Mistart          Farbe               Geruch           Entstehung

                                                Stapelmist       grünlich            Mistgeruch,      Durch kompakte, anaerobe La-
Bodenstabilität erhöht                                                               Ammoniak         gerung, bis 30 °C warm, ähnlich
Im DOK-Versuch (dynamisch, organisch,                                                                 wie schlechte Silage.
konventionell) in Therwil BL untersucht das     Rottemist        dunkel bis braun,   geruchlos        Durch lockere Lagerung unter
FiBL in Zusammenarbeit mit dem Agrosco-                          mit braunem                          Zutritt von Luft, bis 60 °C warm,
                                                                 Stroh                                Vernässung verhindern (Vlies).
pe FAL Reckenholz die Auswirkungen von
                                                                                                      Mit Frontlader auf Mistplatte
biologisch-dynamischen (D), biologisch-                                                               umschichten oder als Miete auf-
organischen (O) und konventionellen (K)                                                               setzen.

Anbausystemen auf Boden und Pflanze. Er-        Mistkompost      dunkel bis braun    geruchlos bis    Durch lockere Lagerung unter
wartungsgemäss hat sich gezeigt, dass mit                                            erdig            Zutritt von Luft, bis 60 °C warm,
                                                                                                      feucht halten, aber mit Vlies vor
Mist und Gülle gedüngte Böden eine bes-                                                               Regen schützen. An Mieten auf-
sere Stickstoffnachlieferung haben als rein                                                           setzen und mit Maschine wen-
                                                                                                      den.
mineralisch gedüngte Böden.

                                        2|05    14
Verluste bei der Mistaufbereitung                                             Veränderung Humus im Oberboden (0–20cm) nach
                                                                              21 Jahren (DOK-Versuch)

Je mehr der Mist aufbereitet wird, desto grössere Verluste sind in
Kauf zu nehmen. Dennoch vermag aufbereiteter Mist den Boden
besser zu ernähren. Im DOK-Versuch wurde im konventionellen Ver-
fahren Stapelmist, im organisch-biologischen Verfahren Rottemist
und im biologisch-dynamischen Verfahren präparierter Mistkom-
post verwendet.                                          Quelle: FiBL

die durch die Aufbereitung verursachten             Das FiBL startete im November 2002             Veredelter Mist
Stickstoffverluste rund ein Drittel höher       einen Feldversuch in Frick, in welchem             Zusammenfassend kann festgehalten werden,
lagen als bei Stapelmist (vgl. Grafik oben      die Wirkung von Mistkompost im Ver-                dass Mistkompost langfristig den Humusge-
links). In Mineralisierungsversuchen zeig-      gleich zu Gülle, mit oder ohne biologisch-         halt des Bodens mehrt und die Stickstoffwir-
te sich, dass Stapelmist kurzfristig eine N-    dynamische Präparate in einer Ackerbauf-           kung von Mist verbessert. Ein zusätzlicher
Sperre bewirkte und dass die aufbereiteten      ruchtfolge geprüft wird. Alle Verfahren            Nutzen entsteht dadurch, dass kompostierter
Miste rascher Stickstoff mineralisierten        testen wir unter Pflugeinsatz und bei re-          Mist bodenbürtige Krankheiten unterdrückt.
als Stapelmist. Ähnliche Wirkungen er-          duzierter Bodenbearbeitung. Während                Damit werden kompostierter Mist und Rot-
zielte die FAL Reckenholz: Aufbereitete         Vollgülle bei Winterweizen rund 5 Prozent          temist zu veredeltem Dünger, der zwar mehr
Miste lieferten etwas höhere Erträge als        mehr Ertrag brachte als Mistkompost, war           Arbeit für die Aufbereitung braucht, aber we-
Stapelmist.                                     der Ertrag der Sonnenblumen bei den bei-           gen seiner positiven Eigenschaften gezielt für
    Sechsjährige Kompostierungsversuche         den Düngerformen gleich hoch. Dies er-             anspruchsvolle Kulturen oder zum Beispiel
im österreichischen Gumpenstein zeigten,        klärt sich damit, dass der in den Sonnen-          zur Sanierung von Böden verwendet werden
dass mit Rottemist und Mistkompost im           blumen später mineralisierte Stickstoff            kann. Er wird in Kombination mit geringen
Vergleich zu Gülle ähnliche Erträge erzielt     noch ertragswirksam werden konnte. Der             Gaben von Gülle eingesetzt.
werden können. Einzig bei Sommergetrei-         Versuch läuft über zwei Fruchtfolgen bis                      Paul Mäder, Andreas Fliessbach und
de war die Ertragswirkung von Gülle bes-        zum Jahr 2011.                                                                 Alfred Berner, FiBL
ser, vermutlich wegen der kurzen Vegeta-
tionszeit dieser Kultur.                        Mittel der Pflanzenerträge und Stickstoffwirkung (Hofdüngerversuch Therwil)

Oberflächlichkeit lohnt sich                     Verfahren              Ertrag                                 Stickstoffwirkung
Die Aufbereitung ist nur eine Massnah-
                                                                        in % von Kunstdünger   nur Feldverluste      Feld- und
me, wie wir die Stickstoffwirkung und Er-                                                      berücksichtigt        Aufbereitungsverluste
tragswirksamkeit der Hofdünger optimie-                                                                              berücksichtigt
ren können. Ein bemerkenswertes Resul-           Mistkompost            90                     22                    17
tat lieferten Versuche des Agroscope RAC
                                                 Rottemist              92                     24                    19
Changins. Hofdünger, nur oberflächlich
in den Boden eingemischt und nicht un-           Stapelmist             84                     7                     6

tergepflügt, steigerten den Getreide- und        Gülle                  91                     31                    nicht gemessen
Maisertrag um 17 Prozent. Dies stützt eine
                                                 ohne Düngung           76                     -                     -
alte These, dass Hofdünger oberflächlich
eingemischt und nicht mit dem Pflug ver-         Kunstdünger            100                    65                    65
                                                 Norm
graben werden sollten.

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richtlinien und weisungen

Bei Heckenneupflanzungen muss gepfropftes Pflanzgut von Ertragssorten (rechts im Bild) aus biologischen Baumschulen stammen. Setz-
linge von Wildsträuchern können konventionell bezogen werden.                                                                oekolandbau.de

Zwei Fragen zu Hecken und Hilfsstoffliste
Müssen Jungpflanzen für die Anlage einer Hecke biologischer                                  Antwort: Nein, nicht unbedingt. 2005 ist
Herkunft sein? Darf den Kühen eine Mineralstoffmischung ver-                                 noch ein Übergangsjahr. Sie dürfen auch
füttert werden, die nicht auf der Hilfsstoffliste steht? Fragen,                             noch Mineralstoffe einsetzen, die nicht auf
die immer wieder an die BIO SUISSE-Geschäftsstelle gerichtet                                 der Hilfsstoffliste aufgeführt sind, sofern
werden – und ihre Antworten.                                                                 Sie eine Futtermittelbestätigung für Ihre
                                                                                             Mineralstoffmischung haben oder der Auf-
Frage: Damit ich die ökologische Vernet-      wollen, können diese von einer konventi-       druck «Das Produkt entspricht der Futter-
zung auf meinem Betrieb verbessern kann,      onellen Baumschule gekauft werden. Bitte       mittelliste von BIO SUISSE/ALP/FiBL» auf
möchte ich eine Hecke pflanzen. Müssen die    beachten Sie, dass in gewissen Kantonen        Ihrem Mineralstoffsack aufgeführt ist. Ab
Sträucher für die Hecke biologisch sein?      ein Pflanzverbot von Feuerbrandwirts-          2006 sind die gelisteten Mineralstoffe und
                                              pflanzen wie zum Beispiel Weissdorn be-        Ergänzungsfuttermittel verbindlich. Nächs-
Antwort: Nein. Es gibt keine biologische      steht.                                         tes Jahr dürfen nur noch die Produkte ein-
Forstbaumschule in der Schweiz. Die                                                          gesetzt werden, die auf der Hilfsstoffliste auf-
Sträucher wie Hartriegel, Schlehdorn oder     Frage: Ich habe vor ein paar Wochen die        geführt sind.
Geissblatt können bei einer konventionel-     neuen Weisungen, das Einlageblatt für die
len Baumschule gekauft werden. Wenn           Richtlinien und die neue Hilfsstoffliste von   Kapitel Desinfektions-
Holundersträucher gepflanzt werden,           der BIO SUISSE zugeschickt bekommen.           und Hygienemittel
muss zwischen Ertragssorten und Wild-         Dafür bedanke ich mich ganz herzlich. In       Neu sind die in der Hilfsstoffliste im Kapi-
sträuchern unterschieden werden. Wenn         der neuen Hilfsstoffliste habe ich gesehen,    tel Desinfektions- und Hygienemittel auf-
Sie gepfropfte Ertragssorten setzen möch-     dass es ein neues Kapitel mit Mineralstof-     geführten Desinfektionsmittel für Ställe
ten, müssen diese von einer Biobaumschu-      fen gibt. Meine Mineralstoffmischung, die      verbindlich. Die aufgeführten Mittel decken
le stammen, sofern ein Angebot besteht. In    ich für meine Kühe einsetze, ist aber dort     den Bedarf für die Desinfektion von Ställen
diesem Fall bedarf die Verwendung von         nicht aufgeführt. Muss ich nun meine Mine-     aller Art ab. Deshalb ist die BIO SUISSE zum
konventionellen Jungpflanzen einer Bewil-     ralstoffmischung wechseln und eine wählen,     Schluss gekommen, die Liste dieser Mittel
ligung der Biosaatgutstelle am FiBL. Wenn     die auf der Hilfsstoffliste aufgeführt ist?    für die Ställe für verbindlich zu erklären.
Sie aber nur ungezweite Sorten pflanzen                                                                          Beatrice Moser, BIO SUISSE

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