DÜSSELDORF ANGRIFF AUF UNSERE NAHRUNG GENTECHNIK LEBENSRAUM FÜR BUCHE & CO FFH-GEBIETE BUND FÜRS LEBEN BIOTOPVERBUNDSYSTEME - GRÜNSTIFT ...
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Heft 51 / Mai - September 2004 Das Umwelt- und Fahrradmagazin hs en w a c ch dur DÜSSELDORF ANGRIFf Auf unsere nahrung Gentechnik LEBENSRAUM FÜR buche & CO FFH-Gebiete BUND FÜRS LEBEN Biotopverbundsysteme
3 Trägervereine des Liebe Freundinnen und Freunde! Inhalt GRÜNSTIFT Bund für Umwelt und Naturschutz Landschaft erhalten, natürliche und Stadt und Land Deutschland naturnah kultivierte Landschaftstypen 4 Verkehrsplanung Heerdt: Landesverband NRW e.V. bewahren - damit beschäftigen sich Grünes Gegenkonzept Kreisgruppe Düsseldorf mehrere Artikel in dieser GRÜN- STIFT-Ausgabe 51. 4 Worringer Platz: Düssel- Naturschutzbund Deutschland Gerade im Frühjahr genießt es wohl dorfer ,Grün' Stadtverband Düsseldorf e.V. jeder, spazieren zu gehen. Besonders 5 U-Bahnbau: Wehrhahnlinie schön ist es der in Urdenbacher Käm- 6 Hochhausrahmenplan: Hoch Niemandsland e.V. pe oder im Himmelgeister Rheinbo- gen. Die abwechslungsreiche, blühen- hinaus Verkehrsclub Deutschland e.V. de Auenlandschaft mit ihren Wiesen 7 Kiesabbau Elbsee: Schüler- Landesverband NRW und Weiden, mitten drauf Kopfweiden protest Kreisverband Düsseldorf/Mett- und Obstbäume und drum herum Hec- mann/Neuss ken, mit Pappelreihen entlang der We- ge und kleinen Waldflecken zwischen- Umwelt und Natur Waldkindergarten drin tut uns einfach gut. Dieses Gefühl 9 FFH-Gebiete: Naturschätze Düsseldorf e.V. will sich nicht so recht einstellen beim bewahren Anblick der benachbarten großflächi- gen und leeren Ackerfluren, auf denen 10 FFH-Beispiele: Buchenwald intensiv gewirtschaftet wird. und Glatthaferwiese Nun, die Urdenbacher Kämpe und 11 Buchtipp: Niederrhein Himmelgeist sind Reste alten Bauern- landes. Vielseitige Fruchtfolgen, Ver- 12 Biotopverbundsysteme: zicht auf Unkrautvernichtungs- und Grün verbinden Schädlingsbekämpfungsmittel, dafür 15 Im Nationalpark Eifel: Wild- Anlage von Ackerrainen und Hecken, katzen die Nützlingen Unterschlupf geben – solche Methoden werden aber auch 16 In Düsseldorfer Teichen: heute noch angewandt: im Bio-Land- Erdkröten bau. (Da wird übrigens auch kein gen- 16 Im Eller Forst: Wespen- technisch verändertes Saatgut einge- spinnen setzt, ein weiteres Thema im Heft.) Wenn wir solche Landschaften mit 16 Nachgedacht: Stadt- und all ihrer Vielfalt an Pflanzen und Tie- Landleben ren und ihrem Reichtum an Formen weiter haben wollen, müssen wir aber auch die Produkte dieser Landschaft Verschiedenes wollen, d.h. kaufen. Auch wenn sie 18 Gentechnik: Gegenwehr von Impressum nicht so billig sind wie die Produkte Landwirten und Verbrauchern Herausgeber: Spendenkonto: Redaktion: Kon- der Agrarindustrie. Da sind nicht nur 20 Veranstaltungstipps: Aus- takt: Anzeigen: Druckvorstufe: Druck: Auflage: die Landwirte, sondern auch wir als Erscheinungsdaten:Redaktionsschluss Zu den Konsumenten in der Verantwortung. flüge aufs Land, Fahrradsaison, Artikeln: Nachdruck Titelbild: Allen Au- Da müssen wir unsere Schnäppchen- Ausstellung... toren und Fotografen gilt ein jäger-Instinkte überwinden und unser 8 GRÜNSTIFT Kaufverhalten von unserem Wissen herzlicher Dank für ihre Beiträ- und unseren Sinnen leiten lassen – ja, ge! auch von unserer Genussfähigkeit. Neues aus den Vereinen Denn: diese Landschaft schmeckt! 22 BUND Die Themen Landwirtschaft und 23 VCD Ernährung sollen einen festen Platz im GRÜNSTIFT bekommen. Da passt es 24 NABU, NAJU gut, dass wir ein neues Mitglied in der 26 Niemandsland Redaktionsgemeinschaft haben: Das 27 Waldkindergarten Niemandsland, das uns Städtern das 28 Umwelt-Zentrum, Land wieder nahe bringen will. Neu ab dieser Ausgabe ist auch eine Seite Umweltforum der Biologischen Station Urdenbacher 29 Biologische Station UK Kämpe, die ja mit der Pflege nicht nur von Natur-, sondern auch von Kultur- landschaft betraut ist. Der GRÜN- 30 Termine STIFT wird also noch vielseitiger in- formieren können, meint die Redaktion 31 Adressen
4 STADT UND LAND ,Grüne Mitte‘ statt lose Erschließungskosten für die neuen Anlieger würden eingespart. Der gesamte Umraum erführe eine Verbesserung und Verkehrsachse würde der geplanten Wohnbebauung auf dem Allianz-Gelände erst eine angemesse- ne Qualität geben. Dieses Konzept nutzt allen unmittelbar Beteiligten und hat mittlerweile die Zu- Linksrheinische Bürger setzen sich für einen stimmung und Unterstützung der linksrhei- Grüngürtel ein als Alternative zu weiteren nischen Initiativen und Bürgervereine ge- funden. Beteiligt sind neben der Interes- Stadtautobahnen in ihrem Viertel sengemeinschaft Viersener Straße/Neu- werker Straße und der Bürgerinitiative für die Grüne Mitte die Architektengruppe des Verkehrs- und Verschönerungsvereins linksrheinisch, die Bürgervereine Heerdt und Lörick und das Ökotop Heerdt. Auch die Ratsfraktionen von SPD und B‘90/Grü- ne haben sich mittlerweile dieser Planung angeschlossen. Es gilt jetzt, die städtischen Planungs- gremien von ihrer Befangenheit in die selbstprognostizierten Zahlen zu befreien und gemeinsam eine Lösung zu finden, die Anwohnern, Beschäftigten und Investoren der neuen Bürostandorte einen optimalen Lebens- und Arbeitsraum bietet. Grafiken: B.I. Grüne Mitte Weitere Infos über die ,Grüne Mitte’ im Internet unter www.gruenemitte.org In der Ausschreibung zum Werkstattver- bahn von der Luegallee bis zum Neusser Clemens Stupperich fahren für das ehemalige Gatzweiler Ge- Willy-Brandt-Ring die Verkehrsströme lände und angrenzender Flächen in Düssel- leiten. Auf einer Breite von 350 m würden dorf Heerdt / Oberkassel war noch aus dem dann 18 (!) Spuren für eine ungehinderte Munde von OB Erwin von der Rücksicht und autobahnschnelle Zufahrt nach Ober- auf die „nachbarschaftlichen Belange der Viersener und Neuwerker Straße“ und vom kassel sorgen. Die Neuplanungen werden mit den Neu- Es grünt so Schutz vor den „unhaltbaren Lärm emissionen“ die Rede. Später bei der Vor- stellung des Verkehrskonzepts war das al- ansiedlungen von Büros auf dem Gatzwei- ler-Gelände, dem Allianz-Grundstück an der Hansa Allee und dem Gelände hinter grün... les vergessen. Nur mühsam und in Bruch- dem ehemaligen Oberkasseler Bahnhof be- z.B. auf dem Worringer Platz stücken ließ sich bei dem Termin der Bür- gründet. Alle neuen Standorte sind aber mit gerbeteiligung so etwas wie ein Konzept den bestehenden Ressourcen oder mit kur- aus den Planern des Amts für Verkehrsma- zen Stichstraßen anzubinden. Die Neupla- Düsseldorfer Realsatire: Der Worringer nagement herausziehen. nung bringt dagegen für fast alle Verkehrs- Platz soll grün werden. Und das sind die teilnehmer erheblich größere Entfernun- Ideen des beauftragten Planungsbüros: Der Leben wie auf einer gen mit sich. Platz bekommt eine grüne Betonoberfläche Verkehrsinsel und mitten drauf einen Pylon, der nachts Aufwertung durch einen Grün- mit grünem Licht angestrahlt wird! Dazu Es geht um das Heerdter Dreieck, ein von gürtel gibt es noch Bilder einer grünenWiese mit allen ungeliebtes Verkehrsfossil am westli- Hirschen drauf, als Lichtspiele an eine chen Eingang von Düsseldorf. Das wird Die Interessengemeinschaft Viersener Hauswand projeziert. nun zu einem riesigen Verkehrsmonstrum Straße/Neuwerker Straße hat ein Konzept Das erinnert doch fatal an den Science aufgeblasen: durch die Planung einer vier- entwickelt, dass eine sinnvolle und zu- Fiction Film ,Soylent Green‘. In einer un- spurigen Basisstraße mit Anbindung über kunftsorientierte Verkehrsführung vor- wirtlichen Zukunft – das letzte Stückchen den Heerdter Lohweg an den noch zu sieht. Kern dieser Planung ist eine ,Grüne Natur ist schon längst verschwunden – ist schaffenden Vollanschluss an die B7. Mitte‘, ein bepflanzter Streifen zwischen auch für die über 70jährigen kein Platz und Quasi-Autobahnen werden die Viersener Viersener Straße und Prinzenpark. Er wür- keine Nahrung mehr da. Als letzte Gunst und Neuwerker Straße vollständig isolie- de ein wichtiges Glied in der Kette von vor seinem verordneten Tod darf sich Ed- ren – beides Straßen, die in Stil und Bauge- Grünflächen bilden, die als (einzige!) öko- ward G. Robinson einen Naturfilm anse- schichte vergleichbar mit den Jugendstil- logische Achse transversal durch die Ober- hen, der die Erde zeigt, wie sie in seiner Straßen Oberkassels sind und ein außerge- kasseler Halbinsel verläuft. Um so wichti- Jugend noch war. Zu schwelgerischen Auf- wöhnliches Sozial- und Vereinsleben ha- ger, als das linksrheinische Düsseldorf im nahmen von Wäldern, Wiesen und Rehen ben. Die Bewohner finden sich in einem Hinblick auf Park- und Grünflächen unbe- erklingt die Pastorale von Beethoven. allseitigen Verkehrstumult wieder, auf dem stritten unterversorgt ist. Ja, das wäre doch auch noch eine Idee für der größte Teil des linksrheinischen Ver- Diese Konzeption bietet eine wirkliche den Worringer Platz: Musik gegen den kehrs im Kreise fährt. städtebauliche Komponente, da alle Straßenlärm. Vielleicht treibt‘s den Pas- Mittelfristig soll die Basisstraße weiter- Grundstücke – auch die der neuen Büro- santen dann – wie im Film Charlton Heston geführt werden und als zweite Stadtauto- parkprojekte – aufgewertet würden. Sinn- – auch Tränen in die Augen. LW
STADT UND LAND 5 Wehrhahnlinie vor Bahn-Bau: Der Unterhalt für Tunnel und Bahnhöfe ist teuer, größere Bahnen können nicht eingesetzt werden, und Wendemög- dem Aus!? lichkeiten wird es im Tunnel nicht geben, während heute die Straßenbahnen noch am Jan-Wellem-Platz, an der Benrather Straße, am Graf-Adolf-Platz und am Kirchplatz drehen können. Teuer in Bau und Unterhalt, nachteilig für die Um tatsächlich Zuschüsse zu erhalten, Fahrgäste – nichts spricht für diese U-Bahn muss die Stadt Düsseldorf nachweisen, dass das Projekt volkswirtschaftlich sinn- voll ist – durch Vorlage einer sogenannten Recht konkrete Planungen, die Straßen- „Standardisierten Bewertung“. Ein solches bahnen auf der sogenannten Wehrhahnlinie Gutachten wird zur Zeit im Auftrag der in einen U-Bahn-Tunnel zu legen, gab es in Stadt erarbeitet und soll bis zum Sommer Düsseldorf bereits in den 1970er und 80er wohl vorliegen – leider aber wahrschein- Jahren. Die damals und auch aktuell noch lich nicht veröffentlicht werden. Aufgrund vorgesehene Trasse verläuft entlang der der oben dargestellten Argumente ist aber heutigen Linienwege der Linien 703, 712 davon auszugehen, dass dann die U-Bahn- und 713 von der Grafenberger Allee über Planungen für die Wehrhahnlinie endgültig den Jan-Wellem-Platz bis nach Bilk, wobei beerdigt werden müssen. die Tunnelenden, an denen die Bahnen Für das ÖPNV-System in Düsseldorf über Rampen an die Oberfläche fahren sol- wäre das sicher positiv, nicht nur weil die len, ursprünglich in Höhe des Arbeitsamt- U-Bahn mehr Nachteile als Vorteile für die Neubaus und der Uni-Kliniken geplant Breite Straße: Genug Platz für die Straßen- Fahrgäste mit sich bringen würde, sondern waren. bahn Foto: I.Tönjes auch, weil hoffentlich effektive Möglich- Nachdem zunächst aber – auch auf keiten zur Verbesserung des öffentlichen Druck der Zuschussgeber Land und Bund Personennahverkehrs wieder stärkeres Ge- – die Nord-Süd-Strecke in mehreren Ab- wicht bekommen. Vorschläge des VCD schnitten als U-Bahn-Tunnel gebaut wur- dazu gibt es*. Bedauerlich bleibt, dass de, schien es in den 1990er Jahren so, als zweistellige Millionenbeträge bereits für wären die Planungen für die Wehrhahnlinie die U-Bahn-Planungen verschwendet wur- in der untersten Schublade verschwunden. den. Sinnvolle andere Maßnahmen wurden Das Geld in den öffentlichen Kassen wurde wegen deshalb zurückgestellt, beispiels- knapper, und SPD und Grüne waren sich weise Beschleunigungsmaßnahmen und einig, dass zumindest auf absehbare Zeit qualitative Verbesserungen an weiteren weiterer U-Bahn-Bau nicht sinnvoll sei. Strasbourg: Moderne Stadtbahn mitten in der Haltestellen durch behindertengerechten Eine überraschende Wende gab es 1999: City Foto: I.Tönjes Ausbau und Ausstattung mit elektroni- Eine breite Mehrheit im Stadtrat – beste- schen Abfahrtsanzeigen. hend aus CDU, FDP und auch der SPD – und in der Lage seien, eine derartige Erhö- *Der VCD Düsseldorf/Mettmann/Neuss beschloss, die Planungen wieder aufzuneh- hung des ursprünglich vorgesehenen Ko- schickt sein Nahverkehrskonzept auf An- men. Der Versuch von VCD, Umweltfo- stenrahmens mit zu tragen, beschloss der frage gerne zu. Weiterführende Informatio- rum und Grünen, über ein Bürgerbegehren Stadtrat, den Tunnel nur noch zwischen nen sind auch im Internet zu finden. das Projekt zu Fall zu bringen, scheiterte. den S-Bahnhöfen Bilk und Wehrhahn wei- (Adressen s. S. 23) Jost Schmiedel Auf Antrag der Stadt Düsseldorf nahmen ter zu planen – unter Verzicht auf ca. 20 % Bund und Land die Wehrhahnlinie in ihre der Tunnelstrecke und auf drei von zuvor Unsere Alternative jeweiligen ÖPNV-Förderprogramme auf – neun vorgesehenen U-Bahnhöfen. Für mit einem vorgesehenen Kostenrahmen für rund 380 Mio.Euro soll dieses Stück nach zur Wehrhahnlinie den U-Bahn-Bau von rund 350 Mio.Euro. Aussagen der städtischen Planer zu reali- • Flächendeckende Verbesserungen Obwohl die Stadt nur gut 10 % der Ko- sieren sein – also 40-50 % weniger als für im Netz statt 350 Mio. Euro für sten selbst übernehmen will, plante man in die längere Strecke kalkuliert. die Wehrhahnlinie: Düsseldorf unter dem Oberbürgermeister Nach den aktuellen Plänen würde sich • bessere Ampelschaltungen, Joachim Erwin und mit Zustimmung einer die Fahrzeit zur Haltestelle Heinrich-Hei- • behindertengerechte und komforta- klaren Mehrheit im Stadtrat weitaus groß- ne-Allee / Altstadt aus anderen Teilen der blere Haltestellen, zügiger. Im März 2003 wurden die damals Stadt um höchstens drei Minuten verkür- • Abfahrtsanzeigen an allen wichti- aktuellen Pläne der Öffentlichkeit vorge- zen. Um tatsächlich zur Altstadt zu gelan- gen Haltestellen; auch spezielle stellt: Für den Bau einer Tunnelstrecke gen, müssten die Fahrgäste sich aber noch Verbes- serungen auf der vom Hennekamp bis zur Uhlandstraße / vom U-Bahnsteig im dritten Untergeschoss Wehrhahnstrecke, z.B.: S-Bahnhof Wehrhahn kalkulierte die Ver- nach oben bewegen – womit auch für • Umwandlung der Schadowstraße waltung Kosten von rund 750 Mio.Euro – Nicht-Mobilitätsbehinderte der Zeitge- zur Fußgängerzone plus Stra- also weit mehr als das Doppelte dessen, winn schon wieder ausgeglichen würde. ßenbahn mit zusätzlicher was die Zuschussgeber einkalkuliert hat- Für andere Fahrgäste, die bisher mit den Haltestelle Bleich- straße für ten. Die Verwaltung schätzte gleichzeitig, Linien 706 oder 715 zur Altstadt fahren, kurze Wege, dass man über verschiedene Einsparungs- sähe die Bilanz wesentlich schlechter aus, • Ausbau der Haltestelle Jacobistraße möglichkeiten die Kosten auf etwa 650 da diese Bahnen in Zukunft gar nicht mehr zu einer Premium-Haltestelle, Mio.Euro drücken könnte. zur Altstadt fahren sollen. • eigene Fahrspur auf der Friedrichstr., Nachdem Bund und Land deutlich ge- Auch betriebliche Gründe bei der Rhein- • Umbau der Haltestelle Karolinger macht hatten, dass sie keinesfalls bereit bahn sprechen sicher nicht für den U-
6 STADT UND LAND Hoch hinaus (Nicht) überall neue Hochhäuser - das Hochhauskonzept der Stadt Düsseldorf Düsseldorf wird in den nächsten Jahren wieder einen deutlichen Hochhaus-Boom erleben. Im Hafen, am Handelszentrum, an den Einfallsstraßen werden derzeit Hoch- häuser geplant und gebaut. Die Stadt will den Bau neuer Hochhäuser durch einen Rahmenplan steuern. Welche Auswirkun- gen wird dieses Hochhauskonzept haben? In den Jahren 1922 bis 1924 entstand in Düsseldorf das erste Hochhaus Deutsch- lands – das Wilhelm-Marx-Haus. Mit sei- nen 57 m Höhe wirkt es heutzutage klein und bescheiden, verglichen mit den später gebauten ,Wolkenkratzern’. Das derzeit höchste Haus in Düsseldorf ist das Gebäude der ARAG-Hauptverwal- tung mit 125 m. Nur der Rheinturm ist noch deutlich höher. Hochhäuser entstanden meist dann in großer Zahl, wenn die wirtschaftliche Lage schlecht war. Hochhäuser als Krisenbaro- meter: In der Inflationszeit der frühen 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gras- sierte in Deutschland das Hochhausfieber. Offensichtlich schlägt sich die derzeitige wirtschaftliche Schwäche in Europa wie- der in einem starken Wunsch nach Hoch- häusern nieder. Wien, Zürich, München, Köln und jetzt auch Düsseldorf verlangen nach einem Hochhauskonzept. In der Hoff- nung, die Investoren würden Schlange ste- hen, werden Rahmenbedingungen für den Bau neuer Hochhäuser definiert. Ganz of- fensichtlich verspricht das Hochhaus – an- ders als man es vielleicht nach dem 11. September vermuten würde – Hoffnung Städtebaulicher ,Akzent’ Foto: Lika Weingarten auf die Zukunft, auf Aufschwung und Trost. oder in Zonen mit überwiegender Büronut- schen und stadtplanerischen Einbindung Der Ausschuss für Planung und Stadt- zung die uneingeschränkte Hochhausent- im Umfeld. entwicklung der Stadt Düsseldorf hat im wicklung ermöglicht werden Hochhäuser können ganz unterschiedli- Januar 2004 den Entwurf des Rahmenplans Das Düsseldorfer Hochhauskonzept soll che Auswirkungen auf das städtische Um- ,Hochhausentwicklung in Düsseldorf' be- „einen Ausgleich zwischen Investorenin- feld und die Umwelt haben. Durch ihre schlossen. Dieser Rahmenplan definiert teressen und den Zielsetzungen einer die Höhe werfen sie lange Schatten, die zu Gebiete, die von Hochhausbebauung frei Lebensqualität sichernden sowie von mög- starken Beeinträchtigungen von angren- zu halten sind, Flächen, auf denen Hoch- lichst breiter Akzeptanz geprägten Stadt- zenden Häusern führen, während sich die häuser mit Einschränkungen gebaut wer- entwicklung herstellen”. Zu diesem Zweck stadtklimatischen Bedingungen durch eine den können und Bereiche, in denen unein- wurde ein Prüfkatalog aufgestellt, der als Beeinflussung der Windverhältnisse ver- geschränkt gebaut werden kann. Entscheidungsgrundlage für Verwaltung schlechtern können. Der historische Stadtkern, die Rhein- und Politik dienen soll. Neben einer Be- Keinesfalls zu vernachlässigen ist das fronten, Bereiche mit Denkmalschutzsat- schreibung des Projekts verlangt dieser deutlich erhöhte Verkehrsaufkommen, das zungen oder Wohngebiete scheiden als Prüfkatalog Angaben zu Standortvoraus- durch die starke Konzentration von Gewer- Standorte für Hochhäuser aus. Dagegen setzungen, eine Darstellung der gestalteri- be- oder Wohnraum ausgelöst wird. Und soll im Umfeld von ÖPNV-Schwerpunkten
STADT UND LAND 7 nicht zuletzt erfordern Hochhäuser große Abstandsflächen, was das gerne genannte Argument der Flächen schonenden Bebau- ung wieder relativiert. Wie gehen andere Städte mit diesen potenziellen Beeinträch- tigungen um? Nachdem in Wien in den 90er Jahren na- hezu ohne Konzept Hochhäuser gebaut wurden, erarbeitete auch dort die Stadtver- waltung im Jahr 2002 ein Hochhauskon- zept. Investoren müssen durch ein Gutach- ten die Erfüllung eines zehn Punkte umfas- Foto: Lika Weingarten Foto: Zerrin Aydin-Herwegh senden Kriterienkatalogs nachweisen. Hierunter fällt z.B. die Vorgabe, dass der motorisierte Individualverkehr maximal 25 % des gesamten Zubringerverkehrs be- tragen darf – notfalls muss dies über eine Bio-Unterricht am Stellplatzregulierung erfüllt werden. Für die Beschattung angrenzender Flächen sind klare Grenzen gesetzt: bei mittlerem Dreiecksweiher Sonnenstand (21. März) dürfen Fenster be- nachbarter Gebäude nicht länger als Für den 12er Bio-Grundkurs der Gesamtschule 2 Stunden beschattet sein. Außerdem ist es Kikweg fand der Unterricht draußen statt: erklärtes Ziel, die deutliche Verbesserung des umgebenden Freiraums durch das Pro- Thema war das gefährdete Naturschutzgebiet jekt mitfinanzieren zu lassen. Viele weitere Kriterien sind aber ausge- sprochen schwammig formuliert, wie ”po- Die Elbsee Kieswerk Düsseldorf GmbH tikerin mal gesagt haben soll: „In höch- sitive Beziehung zum Umfeld” oder ”stadt- plant, zusammen mit der Stadt Düsseldorf, stens zehn Jahren kommen die Tiere doch strukturelle Verträglichkeit”. Anforderun- eine 600x200 Meter große Waldfläche des wieder“. Da ging Gelächter durch die Run- gen an ein Hochhaus bleiben ohne konkre- Naturschutzgebiets abzuholzen, um Kies de der Schüler. te Maßzahlen und Grenzwerte abzubauen. Der Kieswert wird auf etwa 25 Für jeden ist klar geworden, dass ein Na- Interpretationssache. Aus diesem Grund Millionen Euro geschätzt. Ab 2012 soll turschutzgebiet nicht nur ein Wald ist. Hier stößt das Wiener Hochhauskonzept auch dann ein Biotop mit Flachwasserzonen und muss man der Ökologie den Vorrang vor auf deutliche Kritik. Inseln geschaffen werden (Infos aus der Ökonomie geben. Aktionen (u.a. Pro- Der Düsseldorfer Rahmenplan bleibt GRÜNSTIFT Heft 46). testbrief an Oberbürgermeister Erwin, In- selbst hinter den Wiener Vorgaben weit zu- Der Fall Elbsee kam dem Bio-Kurs wie formationen an die Parteien) gegen die rück: hier vermisst man Maßzahlen und gerufen. Die aktuellen Unterrichtsthemen Abholzung sind in Planung bzw. wurden Grenzwerte gänzlich. Einzig die Zonierung befassten sich gerade mit der Frage ,Öko- schon durchgeführt. für die Hochhausbebauung ist klar abge- logie oder Ökonomie?’ Daniel Wittke (Schüler GE Kikweg) grenzt. Am 5.Februar trafen sich dann die 22 Mögliche Auswirkungen auf das Umfeld Schüler und Schülerinnen und Lehrer M. der künftigen Hochhäuser, Beschattung, Wilfert mit den Naturschützern E.Steller, Aus dem offenen Brief klimatische Auswirkungen, Verkehrser- A.Leisten, G.Steinert und R.Kremer und schließung, soziale Auswirkungen – all einigen Herren der lokalen Presse. Herr an Oberbürgermeister dies bleibt der Interpretation und Abwä- Steller schilderte das Vorhaben der Kies- J.Erwin: gung von Politik und Stadtplanung über- werk Düsseldorf GmbH in Kooperation lassen. mit der Stadt, die Situation aus der wirt- ...(Informationen und der Besuch des Das Düsseldorfer Hochhauskonzept schaftlichen Sicht und schließlich auch die Gebietes) führten bei uns übereinstim- kann sich leicht als Selbstbedienungsladen Sicht der Naturschützer. Er berichtete, dass mend zu der Ansicht, dass der Verlust für Investoren herausstellen, zu Lasten ei- das Kieswerk und auch die Stadt vom Erlös des geschützten Areals zugunsten eines ner die Lebensqualität sichernden Stadt- profitiere. Es würden auch einige Arbeits- – sicher profitablen – Kiesabbaus nicht entwicklung. plätze neu geschaffen. Außerdem würde hinnehmbar ist. Wir protestieren ent- Am Graf-Adolf-Platz wird bereits kräf- nach Beendigung der Ausbaggerungen ein schieden gegen dieses Vorhaben, das tig in die Höhe gebaut, für 15 Hoch- neuer Biotop entstehen. Aus wirtschaftli- offenbar zum erstenmal in NRW dazu hausprojekte besteht Baurecht und das cher Sicht wird der Naturschutz „nur mal führen würde, dass ein anerkanntes Na- ARAG-Hochhaus wird bald vom Interna- kurz aufgehoben“. Dass das Gebiet aber turschutzgebiet aufgegeben wird. tionalen Handelszentrum übertrumpft wer- ein Lebensraum vieler Vögel und Pflanzen (Wir haben) sehr sorgfältig alle uns den. Durch das neue Hochhauskonzept ist ist, schilderte Herr Steller sehr deutlich. bekannten Aspekte des Vorhabens an- das Ende der Hochhausentwicklung in „Dieses Gebiet soll es bald nicht mehr gesprochen und diskutiert. ...Nach un- Düsseldorf nicht in Sicht. geben“, so die Worte der Schützer. Es sei serem jetzigen Kenntnisstand müssen Um das hohe Ziel der Erhaltung der Le- nicht nur das vorläufige Endes des Natur- wir aber mit aller Deutlichkeit formu- bensqualität, wie sie im Rahmenplan for- schutzgebiets selbst, sondern auch eine lieren: Die Aufgabe des Naturschutz- muliert ist, zu erfüllen, sind klare Rahmen- Bedrohung für den angrenzenden Wald. gebietes Dreiecksweiher und der dort bedingungen festzulegen, die keinen inter- Viele Bodenpflanzen seien nicht mehr vom geplante Kiesabbau sind für uns kata- pretatorischen Spielraum lassen. Dann Wald geschützt. Die Unruhe würde auch strophale Fehler, die auch uns und un- können Hochhäuser neue Chancen für die Tiere, die sich eingelebt haben, verjagen. sere Zukunft negativ betreffen. Stadtentwicklung bieten. Michael Süßer Ein Naturschützer erklärte, dass eine Poli-
8 Anzeige GRÜNSTIFT Annahme von Artikeln und Anzeigen Annahmeschluss ist der 15.07.2004 Wir machen darauf aufmerksam, dass der Redaktionsschluss lediglich der letzte Abgabetermin ist, Artikel usw. können auch viel früher eingereicht werden. Texte bitte in Word schreiben und als .rtf (RichTextFormat) speichern. Die Textdateien als Diskette zusenden, eventuell auch als E-mail an likawe@t-online.de. Bilder unbedingt 300 dpi scannen und in folgenden Formaten speichern: TIFF (.tif), JPEG (.jpg); die Bilder in Schwarz/Weiß (Graustufen). Fotos bitte in Farbe oder S/W auf Papier, auf keinen Fall als Dias schicken. Vektorgrafiken (.eps) (Schrift in Zeichenwege umwandeln). Dateien, die in folgenden Ferstellt wurden, können bearbeitet werden: Photoshop, QuarkXpress, FreeHand, Illu- strator. Bilddateien können auf Diskette, ZIP (100 MB) oder CD zugeschickt werden. Fotos, Disketten, CDs und ZIPs mit Namen und Dateinamen beschriften, sonst können wir für die Rückgabe nicht garantie- ren. GRÜNSTIFT-Redaktion im Umwelt-Zentrum Merowingerstraße 88 40255 Düsseldorf Anzeige Anzeige
UMWELT UND NATUR 9 Naturschätze in Düsseldorf Auch die Landeshauptstadt besitzt Gebiete mit FFH-Status. Für diese wertvollen Lebensräume tragen wir eine europaweite Verantwortung. Trotz der hohen Bevölkerungsdichte gibt geführten Maßnahmen in ei- es in Nordrhein-Westfalen europaweit nem regelmäßigen Abstand bedeutende Rückzugsgebiete gefährdeter von sechs Jahren vor. Dazu Pflanzen und Tiere. Beispiele für diese na- wurde ein Biomonitoring türlichen, naturnahen oder kulturgeprägten eingeführt, mit dem die Ent- Lebensräume gibt es auch im Düsseldorfer wicklung und der Erhal- Raum. tungszustand der Lebensräu- me und der Arten dokumen- Die Fauna-Flora-Habitat- tiert werden und – soweit Richtlinie notwendig – Verbesserungs maß-nahmen für die Zukunft Um solche Gebiete europaweit zu schüt- vorgeschlagen werden. zen, wurde 1992 von der EU die Fauna- Die fachliche Koordi Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie beschlos- nation obliegt der Landesan- sen. Bis zum Jahr 2004 soll ein zusammen- stalt für Ökologie, Boden hängendes Netzwerk aus FFH-Gebieten und Forsten (LÖBF). Am und EG-Vogelschutzgebieten unter dem Biomonitoring sind insbe- Namen NATURA 2000 eingerichtet wer- sondere die Unteren Land- den. Dadurch soll ein grenzübergreifender schaftsbehörden, die Forst- Biotopverbund entstehen, der europaweit behörden und die Biologi- gefährdete Arten und Lebensräume schüt- schen Stationen beteiligt. zen soll – und das auf einheitlicher Geset- zesgrundlage und dauerhaft. FFH-Gebiete in Bereits 2001 wurden dafür aus NRW 490 Düsseldorf FFH-Gebiete und 15 EG-Vogelschutzge- biete an die Europäische Kommission Auf dem Gebiet der Stadt gemeldet. Es handelt sich überwiegend um Düsseldorf gibt es vier FFH- bestehende Naturschutzgebiete, aber auch Gebiete: Im Norden das um bislang nicht geschützte Gebiete. Waldgebiet Überanger Mark, Damit die Schutzziele der NATURA Im Rotthäuser Bachtal Foto: Norbert Richarz im Osten Rott häuser und 2000 bei allen vorgesehenen Eingriffen Morper Bachtal, im Süden und potentiellen Beeinträchtigungen be- ischen Naturschutzes übereinstimmen. Sie Urdenbach - Kirberger Loch rücksichtigt werden können, müssen die werden in einer speziellen FFH-Umwelt- – Zonser Grind und im Westen Rhein- Gebiete bis zum Jahr 2004 als Naturschutz- verträglichkeitsprüfung (UVP) abge- Fischschutzzonen zwischen Emmerich gebiet ausgewiesen werden. schätzt. Im Vergleich zu UVPs bei Planun- und Bad Honnef. Die Flächen reichen alle Ergänzt werden diese Festsetzungen gen, die sonstige, ,normale‘ Naturschutz- über den Stadtbezirk hinaus, denn die Aus- durch Pflege- und Entwicklungsmaßnah- gebiete betreffen, darf im Fall der FFH- weisung von FFH-Gebieten erfolgte unab- men (PEPL) und durch besondere Förder- UVP kein Abwägen aller Belange hängig von Stadt- oder Kreisgrenzen. projekte. Ebenfalls wichtig sind vertragli- untereinander erfolgen. Vorhaben, die Die Überanger Mark muss noch als Na- che Vereinbarungen mit den Flächennut- absehbar negative Auswirkungen auf die turschutzgebiet ausgewiesen werden. Das zern. Sie sollen zu einer FFH-gerechten zu schützenden Arten oder Lebensräume Rotthäuser Bachtal und die Urdenbacher Bewirtschaftung verpflichtet werden. haben, sind nicht zuzulassen. Kämpe sind bereits als Naturschutzgebiet Nun können aber z.B. für ein Straßen- geschützt; dort müssen in vielen Fällen die Verschlechterungsverbot bauprojekt Gründe des überwiegenden öf- Schutzziele und Maßnahmen den FFH- fentlichen Interesses oder fehlender Alter- Richtlinien angepasst werden. Dafür zu- Für die Lebensräume mit ihren Pflanzen- nativen angeführt werden. Wird das Vorha- ständig ist die Untere Landschaftsbehörde; und Tierarten, die zur Ausweisung eines ben als unerlässlich angesehen, wird auch sie wird unterstützt von der Biologischen NATURA 2000-Gebietes geführt haben, gebaut. Allerdings müssen dann alle not- Station. gilt ein Verschlechterungsverbot: Alles, wendigen Ausgleichsmaßnahmen ergriffen Nun schätzt und schützt man ja nur, was was einen negativen Einfluss haben könn- werden, um den Funktionsverlust auszu- man auch kennt. Die Düsseldorfer können te, wird nicht zugelassen. Rechtmäßig gleichen. Gegebenenfalls muss ein gleich- ihre Naturschätze kennenlernen, indem sie bestehende Nutzungen können dabei in der wertiges Schutzgebiet neu in das ökologi- an Exkursionen und Vorträgen teilnehmen Regel fortgeführt werden. sche Netz eingebunden werden. (Anregungen dazu im Terminteil S. 30). Projekte und Vorhaben, zum Beispiel der Weitere Informationen zu NATURA 2000 Bau neuer Straßen, aber auch Gewerbe- Biomonitoring gibt es außerdem auf einer Ausstellung und Wohngebiete, müssen künftig inner- im Museum für Naturkunde Schloss Ben- halb und auch gegebenenfalls am Rande Die FFH-Richtlinie sieht eine Berichts rath (ab 4. Juli) und im Internet unter: dieses Gebietsnetzes darauf hin geprüft pflicht über die Entwicklung der Le www.natura2000.munlv.nrw.de werden, ob sie mit den Zielen des europä- bensräume und Arten sowie der durch Stefanie Egeling, Holger Pieren
10 UMWELT UND NATUR Glatter Hafer und graue Rinde Auch unsere Buchenwälder und Glatthaferwiesen genießen den Schutz der FFH-Richtlinien Foto: Norbert Richarz Der Typ des Buchenwaldes erscheint hier- in der Unterschicht des Bu- zulande geradezu unspektakulär. Aus euro- chenwaldes bis auf die genüg- päischer Sicht jedoch ist er jedoch ebenso same Hainsimse und vereinzel- einzigartig wie die Steineichenwälder auf tem Adlerfarn kaum ein Kraut. Korsika. Auch Glatthaferwiesen sind wirk- Die Buche gibt aber auch lich nicht unbekannt: Glatthafer ist eines reichlich: Im Herbst kommen unserer häufigsten Wiesengräser. auf 1 ha Buchenwald rund 4 Millionen Bucheckern – sie Buchenland NRW werden von 300 erwachsenen Bäumen produziert. Das freut Würde der Mensch die natürliche Waldent- Buchfink, Specht und Eichelhä- wicklung nicht durch seine schon Jahrhun- her, Eichhörnchen, Wald- und derte währenden Eingriffe verhindern – Haselmaus. durch Landbewirtschaftung, Anbau von Früher profitierten auch ertragreicheren Fichtenforsten, Bau von Schweine von den dreikantigen Industrieanlagen, Siedlungen und Ver- Nussfrüchten; sie wurden zur kehrswegen – dann würden Buchenwälder Mast in den Wald getrieben. Nordrhein-Westfalen großflächig bedec- Außerdem gewann man aus ken. Deshalb hat NRW, wie Hessen und den Bucheckern durch Pressen Thüringen, eine besondere Verantwortung ein wertvolles Speiseöl. Zu für den Erhalt und die Entwicklung dieser Pott-asche wird die Rotbuche Lebensräume. Denn nur im Zentrum ihrer zwar nicht mehr verbrannt, aber Verbreitung lassen sich die Buchenwälder das rötliche Holz – daher der in ihrer ganzen Vielfalt sichern. Name – verarbeitet man noch In Düsseldorf werden die Buchenwälder immer zu Treppen und Sitzmö- vor allem im FFH-Gebiet Rotthäuser beln. So kommt es, dass kaum Bachtal geschützt. Dort wächst vor allem ein Baum sein natürliches Alter die Rotbuche (Fagus silvatica). Sie liebt von 300 Jahren erreicht. einen tiefgründigen, nährstoffreichen Wiesenbocksbart Foto: Biolog. Station UK Lehmboden, mag gerne feuchtes Wetter, ist Die Hain- oder Weißbuche aber empfindlich gegen Staunässe. Die Hainbuche (Carpinus betulus) wird Innerhalb des nordrhein-westfälischen Rotbuche - Königin des Waldes nicht ganz so hoch wie die Rotbuche; sie Flachlandes haben Glatthaferwiesen in den hat große, hängende Fruchtstände und der Urdenbacher Kämpen ihr Hauptvorkom- Ihre Rinde ist dünn und glatt und schim- Stamm hat eine Netzzeichnung. Typisch men. Diese Rheinaue im Düsseldorfer Sü- mert silbergrau. Das – zusammen mit dem sind auch die gesägten, knickfaltigen Blät- den ist aus ökologischer und kultur- in Jugendjahren schlanken Wuchs – gibt ter. Hainbuchen findet man in vielen Gär- geschichtlicher Sicht wegen ihrer Lebens- der Buche ein elegantes Aussehen, macht ten zu Hecken geschnitten. raumvielfalt beeindruckend. Sie ist geprägt sie aber auch empfindlich gegen Sonnen- Die Hainbuche kommt im FFH-Gebiet von der Geschichte ihrer Nutzung und den strahlen. Die muss der Baum aber kaum Überanger Mark vor; dort ist sie vergesell- regelmäßigen Überschwemmungen durch fürchten. Steht er allein, wird seine Krone schaftet mit der Eiche. Im niederrheini- den Rhein, die dem Boden Nährstoffe ein- breit und reicht bis zum Boden herab. Im schen Tiefland war dieser Waldtyp des tragen. Waldverband streben die Buchen schnell in Eichen-Hainbuchenwaldes früher auf vom Der Glatthafer (Arrhenaterum elatus) ist die Höhe; sie werden bis zu 30 Metern Grundwasser beeinflussten Böden weit die Leitpflanze der daraus entstandenen hoch. Der Buchenwald gleicht so einer rie- verbreitet. Fettwiesen. Die Blüten seiner Rispen sind sigen Halle, durch deren dichtes, blattrei- In dem großen, zusammenhängenden von Spelzen umhüllt, die an der Spitze ches Kronendach nur wenig Licht nach Laubwaldgebiet zwischen Düsseldorf und kleine Grannen haben. Er kommt mit unten durchdringt. Duisburg ist dieser naturnahe Waldtyp noch feuchten oder trockenen Standorten klar. In Im Reich der Buche haben andere auf- in überwiegend gutem Erhaltungszustand seiner Gesellschaft blühen auf den trocken- strebende Bäume und Sträucher kaum eine vorhanden und daher von besonders reprä- sten Flächen Flockenblume und Knolliger Chance: Sie können im Schatten nicht sentativem Wert. Daneben gibt es dort klei- Hahnenfuß. Der früher häufigere Wiesen- wachsen. Auch durch die Triebkraft ihrer ne Teilflächen von naturnahen, bodensau- salbei fehlt in den letzten Jahren in der Ur- Flachwurzeln sichern sich die Buchen die ren Buchenwäldern und vereinzelt ausgebil denbacher Kämpe. In regelmäßig über- Vorherrschaft. Kräuter am Boden müssen deten Erlenbruchwäldern. schwemmten und damit feuchten Lagen früh im Jahr blühen, um die Kahlheit der Glatthaferwiesen wachsen Beinwell, Herbstzeitlose und als Kronen auszunutzen. Ist der Boden aber Doldengewächs die seltene Wiesensilge. sauer, wie im Rotthäuser Bachtal, wächst
UMWELT UND NATUR 11 Anzeige Als Spaziergänger erfreuen wir uns an Buchtipp den Farben, Düften und dem Gebrumm ei- ner üppig in Blüte stehenden Wiese. Für unzählige Tiere ist sie aber Lebens- und Faszination Nahrungsgrundlage. Vielfältig sind dabei die gegenseitigen Abhängigkeiten. Niederrhein Bienen und Schmetterlinge holen sich den Nektar der Blüten und sorgen dabei für Naturführer zu 20 ausge- ihre Bestäubung. Käfer, Raupen, Schnec- wählten Gebieten unserer ken bedienen sich an den Blättern. Regen- würmer und Ameisen leben im Untergrund. Region Spinnen jagen Heuschrecken und andere Insekten. Vögel wie der seltene Steinkauz oder der Graureiher suchen nach der Mahd "Wenn die Herbststürme über das Land Mäuse und Käfer, der Grünspecht pickt da- brausen und die jagenden Wolken feuchte gegen die Ameisen heraus. Meeresluft aus dem Westen ins Bergische Land hineintragen... dann lockt der Nie- Vom Menschen gestaltet derrhein jeden, der ihn liebt und mit ihm und der Natur verbunden ist, hinaus in sei- Der Lebensraum Wiese wäre ohne die Ein- ne weite Ebene mit den anmutigen Pappel- wirkungen des Menschen gar nicht erst reihen und den malerischen Weidengrup- entstanden. Zweimal im Jahr – im Mai/Juni pen. Auf den sattgrün leuchtenden Wiesen und im August/September - muss hier re- blühen die ersten Herbstzeitlosen..." gelmäßig gemäht werden. Das (Käthe Kümmel, 1936) Verschlechterungsverbot der FFH-Richtli- nie bedeutet also in diesem Fall, die exten- sive Mahd beizubehalten. ,Schutz durch Nutzung‘ heißt das Prinzip. Erfreulich ist, dass viele Reiterhöfe und andere Landwirte die Wiesen mähen und für das Heu Verwendung haben. Wegen des besonderen FFH-Schutzes soll die Mahd erst nach der Blüte der Kräuter erfolgen; auf Dünger muss verzichtet werden. Die Landwirte zahlen als Ausgleich zu dieser vertraglich festgelegten Nutzungsein- schränkung nur eine geringe Pacht. Zum Erhalt des Lebensraums können weitere Pflegemaßnahmen nötig werden. In besonnter Lage bieten Glatthaferwiesen bis zu 30 verschiedenen Pflanzenarten ei- nen Lebensraum. In Teilen der Urdenba- cher Kämpe werden sie durch alte Hybrid- pappeln beschattet und kommen so nur Auf den Fußspuren von Käthe Kümmel noch auf bis zu 10 Arten. beschreibt das Buch 20 ausgewählte Ge- Um nun die Artenvielfalt der Glatthafer- biete von Düsseldorf Urdenbach über die wiesen durch eine bessere Besonnung zu Ilvericher Rheinschlinge, den Knechtste- erhöhen, wird auf diesen Flächen ein Teil dener Wald bis nach Kleve. Die traditionell der Hybridpappeln nach und nach gefällt. bäuerliche Kulturlandschaft mit ihren lo- Dies ist auch deshalb nötig, weil sie mit kalen Besonderheiten wird vorgestellt. Je- ihren mehr als 50 Jahren ,hiebreif‘ sind – des Kapitel beginnt mit einer detaillierten üblich ist, sie im Alter von etwa 30 Jahren Landkarte, auf der die abwechslungsreich- zu fällen. Überalterte Pappeln brechen aus- sten Ausflugsrouten und Einkehrtipps ein- einander und erschweren dann die Wiesen- getragen sind. Das Buch richtet sich so- mahd. So käme es zu einer weiteren Ver- wohl an Fachleute und bietet naturwissen- schlechterung der Wiesenqualität. schaftliche Hintergrundinformation als Die charakteristische Landschaftsglie- auch an interessierte Laien. derung durch Baumreihen, die ja auch den Im Mittelpunkt steht die Vermittlung der Reiz dieser Kulturlandschaft ausmacht, Vielfalt, Eigenart und Schönheit der typi- soll aber beibehalten werden. Und als Er- schen Pflanzen, Tiere und Lebensräume satz für einen Teil der entnommenen Pap- dieser Landschaft. 300 prachtvolle Farbfo- peln werden an anderer Stelle Eschen, Ei- tos und ansprechende Beschreibungen la- chen und die heimischen Schwarzpappeln den ein, bei einem Spaziergang dem Lied neu gepflanzt. der Landschaft zu lauschen. In einem FFH-Gebiet muss also behut- Georg Verbücheln / Klaus van der Wey- sam vorgegangen werden. er: Faszination Niederrhein, Mit allen Sin- Stefanie Egeling/Holger Pieren/LikaWeingarten nen Natur erleben. 240 Seiten, 300 Farbfo- tos, 19,80 Euro. Elke Löpke
12 UMWELT UND NATUR Nördlicher Zubringer Fotos: Norbert Richarz Ständehauspark im Häusermeer Bahngeleise Stadtmitte Feld- und Waldwege, Trassen der Stark- stromleitungen und anderer Energieversor- Biotopverbundsysteme gungsarten, Kanäle für die Schifffahrt, Mauern und Bordsteine usw. Am dichtesten ist das von Straßen und Wegen gebildete Netz geknüpft. Rund 2,1 Naturschutz und Erhalt der Artenvielfalt sind nur km überörtliche Verkehrswege durchzie- hen im statistischen Mittel jeden Quadrat- erfolgreich, wenn Lebensräume vernetzt werden kilometer Fläche in den alten Ländern der Bundesrepublik. Das hat nicht nur die Ver- kleinerung der Biotope, sondern auch ihre In Deutschland sind in den letzten 100 Jah- Die Bilanz fasst der Landschaftsschützer Verinselung zu Folge: Barrieren isolieren ren 30 % von einst 2.600 Arten an Farn- Professeor Stichmann wie folgt zusam- die Lebensräume von Pflanzen und Tieren und Blütenpflanzen ausgestorben. Ähnlich men: „20 bis 30 Jahre haben ausgereicht, voneinander. sieht es in der heimischen Tierwelt aus. Die um manche agrare Landschaft zu einem Es fällt sicher nicht schwer, sich vorzu- Roten Listen dokumentieren das wachsen- größeren ökologischen Problemgebiet zu stellen, dass ein solchermaßen zerschnitte- de Tempo des Artensterbens. Bemühun- machen, als es der benachbarte städtisch- nes Naturschutzgebiet von ein paar Qua- gen, dieses Artensterben zu bremsen und industrielle Bereich ist.“ dratkilometern Fläche Fauna und Flora zum Stillstand zu bringen und die Natur zu In Düsseldorf – als Beispiel der städti- keinen Schutz mehr bieten kann. Beson- schützen, konzentrierten sich zunächst nur schen Entwicklung – hat sich der Anteil der ders ersichtlich ist die Barriere-Wirkung auf die einzelne Art. Freiflächen für Nutzungen wie Wald, Ac- von Straßen auf unmittelbar an der Boden- Tiere und Pflanzen benötigen aber als ker, Wiese, Weide, Heide, Brachland usw. oberfläche lebende Arten, z.B. Amphibien, eine wichtige Existenzvoraussetzung die von 68 % im Jahre 1977 auf 53 % der Ge- Kleinsäuger, Laufkäfer, Schnecken. Gemeinschaft mit anderen Lebewesen. samtfläche im Jahre 1995 verringert. Durch Deren Populationen können nahezu Solche Lebensgemeinschaften in einem Siedlungspolitik, die Ausbreitung der In- vollständig voneinander isoliert werden. gegebenen Lebensraum bezeichnet man dustrie- und Gewerbeflächen sowie beson- Das verhindert den genetischen Austausch, als Biozönose und der räumlich abge- ders die Errichtung großer Verkehrsanla- kann Inzuchteffekte zur Folge haben und grenzte Lebensraum einer bestimmten gen und anderer Landschaftsbauwerke längerfristig zum Aussterben führen. Eine Biozönose wird Biotop genannt. (Flughafen, Messe, Freileitungs-, Bahn-, andere Konsequenz kann sein, dass bei der Aber auch die Anstrengungen zu Schutz Autobahn- und Straßentrassen, Golfplätze Verkleinerung von Biotopen artspezifische und Erhaltung des einzelnen Biotops und usw.) hat die Stadt immer mehr Landschaft Minimalräume unterschritten werden und die Ausweisung von Naturschutzgebieten in Anspruch genommen. es zum lokalen Verschwinden einer Tierart waren, wie man weiß, nicht erfolgreich. Die Übersichtskarte ,Arten- und Biotop- kommt. Heute sehen Experten Biotopverbundsy- schutz’ des Freiraum-Informations-Sy- Die Zusammenhänge der Störwirkungen steme als den entscheidenden Schlüssel, stems (FIS) des Umweltamtes der Stadt von Straßen und aller anderen Landschafts- dem Naturschutz endlich flächendeckend Düsseldorf vermittelt einen guten Über- barrieren sind komplex und bisher noch zu wirklichen Erfolgen zu verhelfen. blick über die desaströse Situation. Bei an- kaum erforscht. haltender Geschwindigkeit des Freiflä- Besiedelung und Landwirtschaft chenverbrauchs würden in ca. 60 Jahren Modell Bauernlandschaft mit Ausnahme des Rheines keine Flächen Eine Hauptursache des Artensterbens und mehr für die oben genannten Nutzungen Der Naturschutz heute zielt darauf ab, ei- der Bestandsrückgänge von Pflanzen- und zur Verfügung stehen. nen möglichst großen Anteil der Tier- und Tierarten ist die Zerstörung ihrer Lebens- Pflanzenarten zu erhalten, die in der vielge- räume z.B. durch Nutzungsänderung oder Biotop-Verinselung staltigen, kleinräumig parzellierten Kultur- Nutzungsaufgabe, Forstwirtschaft und landschaft um 1850 in Mitteleuropa hei- Jagd, Bebauung und Versiegelung der Bö- Die Folgen dieser Entwicklung sind eine misch waren. Sie hatte sich aus der ur- den und weitere Eingriffe des Menschen in immer stärkere Versiegelung der Böden, sprünglichen Waldlandschaft entwickelt die Natur. Strukturverarmung, Biotopverlust und und ein Mosaik von Siedlungen und Ein- Aus einer über Jahrhunderte entstande- Zerschneidung der Landschaft. Viele vom zelhöfen, Gärten, Wegen und Triften, Hec- nen artenreichen bäuerlichen Kulturland- Menschen geschaffene Trennlinien zerle- ken, Gehölzen und Einzelbäumen, Obst- schaft hat sich eine industrielle Agrarland- gen heute die Ökosysteme in immer kleine- wiesen, Kleingewässern, Heiden und Troc- schaft entwickelt, die ausgeräumt, struk- re Teilflächen: Straßen jeder Größenord- kenrasen, Hoch- und Niederwäldern ge- turarm, erodiert und schwer mit Chemie nung von innerörtlichen Verbindungen bis schaffen. In diesen vielfältigen Biotopen belastet ist. zu den Autobahnen, Eisenbahntrassen, hatte sich die Anzahl der Pflanzen- und
UMWELT UND NATUR 13 Tierarten stark vermehrt. Diese Landschaftsstruktur als Grundlage der damaligen Artenvielfalt ist heute zer- stört oder bestenfalls noch in Fragmenten übrig. Es ist einzusehen, dass ein Zurück zu den früheren Bedingungen aus vielfältigen Gründen nicht möglich ist. Gleichwohl muss und kann diese Struktur wichtige Vorbilder für Konzepte des Naturschutzes liefern. Damals funktionierte ein intensiver Bio- topverbund als Rückgrat der Artenvielfalt. Lebensräume gleicher bzw. ähnlicher Qua- lität standen in engem räumlichem Kon- takt. Prägnantes Beispiel: Hecken umga- ben in einem dichten Netz viele kleinflä- chige Einzelparzellen und waren unterein- ander höchstens über geringe Distanzen unterbrochen. An die Hecken schlossen lückenlos Feldgehölze, Baumreihen, mehr oder weniger große Waldparzellen und Wälder an. Hecken erfüllten eine Funktion als ,Linienbiotope‘ oder Ökotone. Auf diese Weise war den heckenleben- den Tierarten ein ungehinderte Wanderung in einem großen Lebensraum möglich. Zwischen individuenreichen Populationen war auf relativ zusammenhängenden Flä- chen ein Austausch von Einzelindividuen möglich. Ein neues Netz knüpfen Heute also kommt es darauf an, die verblie- benen voneinander isolierten kleinen Teil- populationen in die Lage zu versetzen, sich untereinander genetisch auszutauschen. Dazu muss man versuchen, den unterbro- chenen Kontakt zwischen verwandten Bio- topen wiederherzustellen. Elemente eines solchen Netzes naturnaher Lebensräume für Pflanzen und Tiere sind die Kernzo- nen, Verbundkorridore und -achsen und die Trittsteinbiotope. Grafik: Untere Landschaftsbehörde Düsseldorf Kernzonen verfügen in der Regel über eine vielfältige Artenausstattung und wir- Bedeutung zu. Folgt man der Fachliteratur, gen sind die stadtweite, flächendeckende ken wegen ihrer Naturnähe als Regenerati- so mangelt es aber daran bundesweit noch Biotopkartierung, floristische Bestands- ons- und Ausgleichspool, wobei die räum- sehr. Ein Hauptproblem besteht sicher dar- aufnahmen in Teilräumen und der Land- liche Größe ein entscheidender Faktor der in, Landwirtschaft und Naturschutz unter schaftsplan. Die Vernetzung von Land- ökologischen Wirksamkeit ist. Flächenhaf- einen Hut zu bringen! schaftsraum und Wohnquartieren ist Be- te Verbundkorridore und lineare Verbund- standteil der Grünordnungsrahmenpläne achsen stellen den direkten Kontakt zwi- Biotopverbund in Düsseldorf (GOP). Bei deren Erstellung und Umset- schen ihnen her. Trittsteinbiotope dagegen zung gibt es erhebliche Defizite, außerdem sind Inseln ohne direkten Kontakt zum Die verbliebenen Biotopfragmente im sind sie informelle Pläne ohne eigene Netz, sie haben aber für die Wanderung Düsseldorfer Stadtgebiet wieder miteinan- Rechtsverbindlichkeit. flugfähiger Arten Bedeutung. der zu einem wirkungsvollen Biotopver- Kernzonen des Biotopverbundes sind Voraussetzung für den Biotopverbund bundsystem zu verknüpfen und dieses zu die 11 Naturschutzgebiete, von denen nur sind unbebaute Flächen, Freiräume, die einem funktionierenden Element des re- drei größer als 100 ha sind: Urdenbacher durch Planungen wie den Flächennut- gionalen und landesweiten Biotopverbun- Kämpe (316 ha), Himmelgeister Rheinbo- zungs- und den Landschaftsplan zu erhal- des zu machen, ist ein schwieriges, kaum gen (214 ha), Rotthäuser Bachtal (108 ha). ten und zu schützen sind. lösbares Unterfangen. Verbundflächen sind die besonders im Das ,Biotopschutzprogramm Nordrhein- Bereits im Zusammenhang mit dem Osten der Stadt verbliebenen Waldgebiete. Westfalen‘ gibt als Grundlagen eines den Ökologischen Beitrag zum Gebietsent- Diese Gebiete sind vielfältig irreparabel Biotopverbund forcierenden Programms wicklungsplan 1996 wurde das Konzept durch Landschaftsbarrieren zerschnitten umfassende Bestandserfassungen vor. Da- für ein Düsseldorfer Biotopverbundsystem und durch Zersiedelung beeinträchtigt. neben kommt aber einer umfassenden Ana- entwickelt. Zusätzlichen Antrieb zur Wei- Wie stark unterrepräsentiert Wald in Düs- lyse und den daraus zu ziehenden Schluss terentwicklung und Umsetzung gaben ein seldorf und damit in seiner Bedeutung für folgerungen für die Praxis entscheidende Projekt der Lokalen Agenda 1999 und das das Gesamtnetz des Biotopverbundes her- Programm der EUROGA 2002+. Grundla-
14 UMWELT UND NATUR abgemindert ist, zeigt die Statistik: pro heimischen Bäumen als Einzelbäume und dorf auf der Stelle und ist mehr Anspruch Einwohner gibt es bundesweit 1.500 qm in Baumreihen, eines Auewaldstreifens als Realität. Das hat verschiedene Gründe. Waldfläche, pro Einwohner in NRW 500 und von Hecken; Aufwertung eines Wald- Zum einen: Geht es um die verschiedenen qm, und pro Düsseldorfer sind es 42 qm. randes; Umgestaltung eines Ackers in flächenwirksamen Planungen in unserer Verbundachsen sind bandartige Grün- Hanglage in eine naturnah bewirtschaftete wirtschaftsgeprägten und wirtschaftshöri- strukturen im Siedlungskontakt sowie Wiese; naturnahe Umgestaltung von Fisch- gen Stadt, hat die Ökologie bei fast allen landwirtschaftlich geprägte Bereiche, de- teichen; Ankauf von Flächen für den Na- relevanten Abwägungen der Belange das nen noch ein gewisser Strukturreichtum turschutz; Aufstellung von Tafeln mit In- Nachsehen. verblieben ist. Besondere Bedeutung für formationen zu Ökologie und Schutzwür- Ein weiterer wichtiger Grund ist das Ei- die Einfügung in den überregionalen Bio- digkeit des Gebietes. Im NSG Pillebachtal gentum an Grund und Boden. Die Koope- topverbund haben die Rheinaue, der des- wurde die Renaturierung des Baches be- rationsbereitschaft der landwirtschaftli- halb auch als Entwicklungsschwerpunkt gonnen und wird abschnittweise fortge- chen und anderen Grundbesitzer in Düssel- besondere Aufmerksamkeit zuteil wird, führt. dorf ist nicht von Gemeinsinn geprägt. sowie die damit verknüpften Bachtäler. Finanzmittel für die Durchführung von Davon, dass Landwirtschaft und Natur- Der Rhein als überregionale Schifffahrt- Maßnahmen für den Biotopverbund stehen schutz einmal einträchtig unter einem Hut straße besitzt einen eigenen Rechtsstatus, aus verschiedenen Quellen zur Verfügung; nachhaltige zukunftsfähige Biotoppflege der die Planungen und Maßnahmen in der oft kommen bis zu 80 % des Bedarfs aus betreiben, kann man heute nur träumen. Aue auf Düsseldorfer Gebiet oftmals be- Landesmitteln. Aber auch die Verantwortlichen unserer hindern kann. Stadtpolitik beweisen bisher, dass sie Noch viel zu tun nichts von der dringlichen Notwendigkeit Ausgeführte Maßnahmen flächendeckenden Naturschutzes begriffen Dem amtlichen Kartenwerk kann man ent- haben: im NSG Dreiecksweiher wollen sie Im Rahmen der EUROGA wurden folgen- nehmen, wie umfangreich gerade im Au- eine Kernzone des Biotopverbundsystems de Maßnahmen umgesetzt: In Biotopver- ßenbereich die als Entwicklungsschwer- durch Kiesabbau (Elbsee) zerstören. Das bundkorridoren wurden floristische Be- punkte dargestellten Flächen noch sind. ist nicht nur auf den Einzelfall bezogen un- standsaufnahmen durchgeführt. Vorrangig Bei diesen handelt es sich überwiegend um verantwortlich, sondern damit wird wohl in Kernzonen, nämlich den NSG Urdenba- Verbundkorridore, deren ökologische Ein- auch der Rückbau des bisschen Biotopver- cher Kämpe, Himmelgeister Rheinbogen bindung erst das Gesamtverbundsystem bund, das wir heute haben, eingeläutet. und Rotthäuser Bachtal wurden Einzel- funktionstüchtig macht. Hier ist die Haupt- Ernst Steller maßnahmen durchgeführt wie: Erstellung arbeit erst noch zu leisten. eines geo-hydrologischen Gutachtens; An- Trotz Engagements bei den Planern im lage und Pflege neuer Obstwiesen; Einrich- Amt tritt das Biotopverbundsystem und tung von Ackerrainen; Anpflanzung von damit wirksamer Naturschutz in Düssel- Anzeige Eichen_G Neugepflanzte Eichen am Grütersaaper Weg Foto: L. Nöthen
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