DIE DEUTSCHE TAGUNGS- UND KONGRESSBRANCHE IM WANDEL DER ZEIT - GESPRÄCHE, GEDANKEN, GESCHICHTEN
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Liebe Leserinnen und Leser, das GCB German Convention Bureau e.V. wird 40 Jahre alt – dieses Jubiläum nehmen wir zum Anlass, die Tagungs- und Kon- gressbranche genauer zu betrachten. Die Ergebnisse haben wir in diesem Buch zusammengefasst. Es ist ein Rückblick darauf, wie sich die Branche im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ent- wickelt hat. In verschiedenen Beiträgen kommen zahlreiche Persönlichkei- ten aus Wirtschaft, Wissenschaft und dem öffentlichen Leben zu Wort. Vier Aspekte stehen im Blickpunkt: Es geht um die wirt- schaftliche und wissenschaftliche Bedeutung von Tagungen und Kongressen am Standort Deutschland, um die Architektur von Kongresszentren im Wandel der Zeit, um die psychologische Be- deutung von Veranstaltungen sowie um die Internationalisierung und Globalisierung der Tagungs- und Kongressbranche. Ein Blick in die Vergangenheit erfordert immer auch einen Blick in die Zukunft: Wie sehen Tagungen und Kongresse in den nächsten 20 Jahren aus? Vorhersagen kann die Zukunft nie- mand, doch entscheidend ist es, sich damit auseinanderzusetzen, was kommen könnte. Zahlreiche Bilder, darunter auch viele historische Aufnahmen, verdeutlichen das Früher und Heute einer bewegten Branche, die wie kaum eine andere unmittelbarer Zeuge und Spiegel be- deutender Ereignisse und gesellschaftlicher Veränderungen ist. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Matthias Schultze Geschäftsführer GCB German Convention Bureau e.V.
INHALTSVERZEICHNIS \\ 005 VORWORTE \\ 006 PROFESSOR DR. KLAUS TÖPFER, Exekutivdirektor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), Bundesumweltminister a.D. PETRA HEDORFER, Vorsitzende des Vorstandes der Deutschen Zentrale für Tourismus e.V. (DZT) STANDORT DEUTSCHLAND \\ 008 AUFBRUCH IN EINE NEUE ZEIT SPITZENLEISTUNG: IN EUROPA AUF PLATZ EINS ARCHITEKTUR \\ 024 RAUM SCHAFFEN FÜR WISSEN UND DIALOG ZWISCHEN EINMALIGKEIT UND FUNKTIONALITÄT PSYCHOLOGIE \\ 038 VON DER WIRKUNG PERSÖNLICHER BEGEGNUNGEN „EINE VERANSTALTUNG, DIE VOM MITMACHEN LEBT“ INTERNATIONALISIERUNG \\ 050 EINE WELT, VIELE GASTGEBER VERNETZT: FORSCHER MODELLIEREN GEHIRN ZUKUNFT \\ 064 ALLES BLEIBT ANDERS: TAGEN IM JAHR 2030 ANHANG \\ 072 INTERVIEWPARTNER BILDNACHWEIS/IMPRESSUM
006 \\ VORWORTE A cht Jahre lang habe ich das Umwelt- und damit in der Welt ableitet, hat über die programm der Vereinten Nationen jeweils großen multiplikativen Effekte in (UNEP) mit Hauptsitz in Nairobi den Standorten eine kaum zu überschät- (Kenia) geleitet. Diese globale Organisation zende positive Bedeutung für die Profilie- ist immer wieder konfrontiert mit neuen rung Deutschlands insgesamt. So ist es eine Herausforderungen bei der Durchsetzung kaum quantifizierbare, wohl aber immer einer nachhaltigen Entwicklung sowie der wieder wirksam fühlbare Bestätigung, dass Überwindung von Armut in vielen Teilen insbesondere bei Themen der in der Brei- der Welt, ohne dass die Leistungsfähigkeit te verstandenen Umweltpolitik und der von Umwelt und Natur dadurch geschädigt Durchsetzung der Nachhaltigkeit in Pro- wird und die Entwicklungsmöglichkeiten duzieren und Konsumieren Deutschland kommender Generationen begrenzt wer- eine prominente Position einnehmen kann. den. Dafür waren immer wieder intensive Gleiches gilt in vielen weiteren Sektoren Kontakte zu den Menschen erforderlich, in Wirtschaft und Technik, aber auch bei die in den entsprechenden Institutionen Sport und den Weltkonferenzen bedeut- Beiträge zur Bewältigung dieser Herausfor- samer Institutionen und Organisationen. PROFESSOR DR. KLAUS TÖPFER derungen leisten können, ja leisten müssen. Zweifellos ist die große direkte und Exekutivdirektor des Institute for Am Anfang war ich der Überzeu- indirekte Auswirkung eines leistungsfähi- Advanced Sustainability Studies gung, dass vieles per Telefon, Internet und gen Kongresswesens auch in anderen Staa- (IASS) in Potsdam, Bundesumwelt- Videokonferenzen bewältigt werden konn- ten erkannt worden. Auch mit staatlichen minister a.D. te. Schnell wurde mir klar, dass dies zwar Mitteln werden in zahlreichen Ländern sehr hilfreich für eine gute Vorbereitung, Investitionen in Kongressinfrastrukturen aber kein Ersatz für persönliche Treffen in gefördert. Damit wächst der Wettbewerbs- Konferenzen sein konnte. So lernte ich den druck auf entsprechende Veranstalter und hohen Wert gut organisierter, fokussierter Veranstaltungsorte in Deutschland. Das Konferenzen kennen und nutzen. Aus der muss erkannt und auch durch abgestimm- persönlichen Kenntnis heraus konnten tes Handeln aufgefangen werden. Deutsch- Netze geknüpft werden, die dann wiede- land darf sich nicht auf der erreichten Pole- rum in nachbereitenden Arbeiten unter position ausruhen – es muss weiterhin sehr Einbeziehung der elektronischen Medien gezielt und sehr konsequent in den Aus- sinnvoll verdichtet und hilfreich eingesetzt bau der Kongress-Hardware investiert, es werden konnten. Nichts also mit Konfe- müssen neue Formate entwickelt werden. renztourismus, nichts mit der liebenswür- Dabei sollte unstrittig sein, dass Tagungen, digen Programmgestaltung zur Ablen- Kongresse und Konferenzen aller Art in kung von den alltäglichen Problemen und Deutschland durch die Qualität der Nach- Aufgaben, im Gegenteil: Konferenzen als haltigkeit besonders ausgezeichnet sein Kristallisationspunkt, als zwingend erfor- müssen – ob durch CO2-freie Tagungen derliche Konzentration von Kreativität und und Kongresse, Kreislaufführung von Ab- Engagement. fällen und Abwässern oder die Nutzung Bei diesen internationalen Konferenzen erneuerbarer Energien. Dies ist mehr als wurde mit ebenfalls klar, welche außeror- ein modisches Accessoire. Es wird dem dentlich hohe Bedeutung der Konferenz- Bewusstsein der Besucher aus aller Welt standort Deutschland hat. Es ist sicherlich gerecht und verweist gleichzeitig auf die keine Übertreibung, dass Deutschland als Notwendigkeit, auch in der jeweiligen führender Tagungs- und Kongressstandort Heimat entsprechend zu handeln. So wird Profil und große Sichtbarkeit gewonnen die Kongresswirtschaft zu einem Export- hat. Der hohe Stellenwert, der sich in be- vehikel für Nachhaltigkeit weltweit. sonderer Weise aus der Qualität der Veran- staltungszentren und der professionellen Organisation, sicherlich aber auch aus der zentralen Lage Deutschlands in Europa
VORWORTE \\ 007 E s war vor 40 Jahren ein mutiger und die hervorragende Infrastruktur Deutsch- wegweisender Schritt, das GCB lands und die große Palette an hochwertigen German Convention Bureau e.V. ins Tagungshotels, Kongresszentren und Event- Leben zu rufen. Gemeinsam mit vielen locations. Zudem ist seit der Grenzöffnung Akteuren und Partnern kann die Deutsche in den Neuen Bundesländern eine Vielzahl Zentrale für Tourismus e.V. (DZT) auf eine sehenswerter Tagungs- und Kongressorte Erfolgsgeschichte der Entwicklung des Ta- mit zum Teil ungewöhnlichen Eventloca- gungs- und Kongressstandortes Deutsch- tions hinzugekommen. Im Bereich Tagun- land unter der Federführung des GCB gen und Kongresse konnte Deutschland sein zurückblicken. Heute ist Deutschland das Profil als Topstandort weiter stärken und beliebteste Geschäftsreiseziel der Europäer liegt laut Ranking der International Con- und rangiert auf Platz zwei der weltweit gress and Convention Association (ICCA) beliebtesten Kongressdestinationen. als Kongressdestination auf Platz eins in Eu- So konnte Deutschland im vergangenen ropa – und das zum achten Mal in Folge. Jahr bei den Geschäftsreisen ein enormes Zweitens: das gute Preis-Leistungs-Verhält- Plus verzeichnen. Laut vorläufigen Angaben nis in Deutschland. Und drittens: der Wis- PETRA HEDORFER von IPK International und dem World Tra- senschaftsstandort Deutschland mit seiner Vorsitzende des Vorstandes der vel Monitor (WTM) stiegen die Geschäfts- langjährigen Geschichte von Forschung Deutschen Zentrale für Tourismus reisen der Europäer nach Deutschland im und Entwicklung. Hier besetzt die deut- e.V. (DZT) und Vorsitzende des Jahr 2012 auf fast 13 Millionen Reisen an sche Wirtschaft eine Reihe von bedeuten- Verwaltungsrates des GCB und erzielten so einen Zuwachs von 12,3 den Kompetenzfeldern. Neben Transport, German Convention Bureau e.V. Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Deutsch- Logistik und Verkehr sind das die Bereiche land belegt somit auch 2012 wieder den Finanzdienstleistungen, Energie und Um- ersten Platz unter den Geschäftsreisedesti- welt, Technologie und Innovation, Medizin nationen der Europäer. Besonders hervor- und Gesundheit sowie Chemie und Phar- zuheben ist die Stellung des Reiselandes ma. Deutschland als Ziel für sogenannte pro- Ein kleiner Beitrag zur positiven Ent- motable Geschäftsreisen. Fast die Hälfte des wicklung war sicherlich auch die thema- Geschäftsreisevolumens entfällt auf promo- tische Schwerpunktausrichtung, mit der table Geschäftsreisen, welche die Bereiche die DZT Deutschland als Geschäftsreise- Messen, Meetings, Incentives, Kongresse destination ins Zentrum der weltweiten und Events (MICE) umfassen. Diese Zahl Marketingaktivitäten gerückt hat. Zentra- der promotablen Geschäftsreisen aus Europa les Kommunikationstool war zuletzt eine nach Deutschland ist im Jahr 2012 um 16,5 in Kooperation mit dem GCB konzipierte Prozent auf über sechs Millionen Reisen neue internationale Website. gewachsen und damit ein ganz wesentli- Das GCB selbst hat sich im Laufe der cher Wirtschaftsmotor für das Deutschland- Jahre immer weiter professionalisiert und Incoming. besetzt mittlerweile die Themenführerschaft Worauf ist diese herausragende Ent- in der deutschen Tagungs- und Kongress- wicklung zurückzuführen? Der Wirtschafts- branche. Hierzu gratulieren wir herzlich. standort Deutschland mit dem Label „Made in Germany“ hat generell einen sehr guten Ruf. Und Deutschlands Image wird immer besser: 2012 hat Deutschland seine Positi- on nach dem renommierten Anholt-GfK Roper Nation Brands Index (NBI) ausge- baut. Nach den USA steht es jetzt an zweiter Stelle des Rankings von 50 Staaten weltweit. Im Bereich der Tagungs- und Kongress- branche sind insbesondere drei Standort- vorteile Deutschlands zu erwähnen. Erstens:
008 \\ STANDORT DEUTSCHLAND
\\ 009 Industrie im Aufwind – vom Volkswagenwerk 1954 bis zum Chemiekonzern BASF heute: Seit Gründung der Bundesrepublik entwickelte sich Deutschland zu einem führenden Standort für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung. Auch Tagungen und Kongresse haben zu diesem Fortschritt beigetragen. Quelle: Pressefoto BASF
010 \\ STANDORT DEUTSCHLAND AUFBRUCH IN EINE NEUE ZEIT Tagungen und Kongresse sind wichtige Plattformen für den nationalen und inter- nationalen wissenschaftlichen Austausch. Sie haben dazu beigetragen, dass sich Deutschland nach Gründung der Bundesrepublik 1949 wieder zu einem führenden Wirtschafts- und Forschungsstandort entwickelt hat. Als Motor von Innovationen haben Tagungen und Kongresse in der Nachkriegsgeschichte den Fortschritt voran- getrieben und nachhaltig in die Gesellschaft hineingewirkt. I m Gründungsjahr der Bundesrepu- Quartal 1949 zehn Prozent überschritt und dem Krieg. Von 1949 an trafen sich auch blik, 1949, litten Wirtschaft und Wis- Anfang 1950 sogar bei zwölf Prozent lag. die Kardiologen, damals noch unter dem senschaft in Deutschland noch unter Noch schlechter als um die Wirtschaft Namen Deutsche Gesellschaft für Herz- den Folgen des Krieges: Industrieanlagen war es um Wissenschaft und Forschung und Kreislaufforschung, wieder jährlich waren beschädigt oder demontiert wor- bestellt: „Deutschland als Wissenschafts- in Bad Nauheim. Deutschland war vom den, Forschungsinstitute und Infrastruktu- standort war quasi nicht mehr existent“, Anfang des 19. Jahrhunderts, als sich die ren beeinträchtigt. Zahlreiche qualifizierte erklärt Professor Ganten. Der 1941 gebo- modernen Naturwissenschaften nach der Arbeitskräfte waren im Krieg gefallen oder rene Mediziner hat selbst miterlebt, wie die Aufklärung entwickelten, bis zum Ersten befanden sich noch in Gefangenschaft. Ein Menschen der jungen Bundesrepublik sich Weltkrieg das Weltzentrum der Medizin Großteil der Wissenschaftler war emigriert zunächst rein um Grundbedürfnisse küm- gewesen. Auch der erste Nobelpreis für oder nach Kriegsende von den Alliierten merten – erst als jeder wieder zu essen und Medizin ging 1901 an einen Deutschen, abgeworben worden, der Universitätsbe- ein Dach über dem Kopf hatte, war an die Emil von Behring. „An diese große Tradi- trieb kam nur mühsam wieder in Gang. Neubelebung des universitären Lebens zu tion wollte man rasch wieder anknüpfen“, Darüber hinaus war das Ansehen Deutsch- denken: an den Wiederaufbau von Uni- betont Professor Ganten. Doch das dauerte: lands in der Welt als Folge des Krieges versitäten und Forschungseinrichtungen, „Bis Anfang der 1960er-Jahre hat Deutsch- schwer belastet. „Es ist eine wichtige Lehre an die wissenschaftliche Ausbildung von land in der internationalen Wissenschaft für uns alle, wie schnell ein blühendes Wis- Studenten und die Betreuung von Promo- keine große Rolle gespielt.“ senschaftsland in der kurzen Zeit von zwölf tionsarbeiten. Mitte der 1950er-Jahre brachte der Jahren, zwischen 1933 und 1945, zerstört „Auch die Strukturen für Tagungen wirtschaftliche Aufschwung auch das wis- werden konnte und wie lange es gedauert und Kongresse lagen am Boden“, berich- senschaftliche Leben und die Ausbildung hat, dieses wieder aufzubauen“, sagt Pro- tet Bruno Lichtinger, geschäftsführender in Gang. Die Universitäten nahmen den fessor Detlev Ganten, Pharmakologe und Vorstand der Kongressagentur Interplan. Es normalen Lehrbetrieb wieder auf. Wis- Gründer des Weltgesundheitsgipfels. gab lediglich kleinere nationale Kongresse senschaftlern wie Otto Hahn und Werner Die Wirtschaft erholte sich nur langsam. und Symposien. Die traditionsreichen wis- Heisenberg war es zu verdanken, dass die Zwar hatten Währungsreform und Mar- senschaftlichen Fachgesellschaften bemüh- neu geschaffene Max-Planck-Gesellschaft shallplan wichtige Impulse gegeben, doch ten sich indes, ihre gewohnte Arbeit rasch zur Förderung der Wissenschaften das frü- das Wachstum war noch sehr verhalten. Die wieder aufzunehmen. Trotz der widrigen here Ansehen der Kaiser-Wilhelm-Gesell- problematische Ausgangslage für den neuen Umstände veranstaltete beispielsweise die schaft zurückgewinnen konnte. Zudem Staat auf deutschem Boden belegt zum Bei- Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin übernahm die Bundesrepublik Deutsch- spiel die Arbeitslosenquote, die im letzten bereits 1948 ihren ersten Kongress nach land eine führende Rolle in der Kernfor-
STANDORT DEUTSCHLAND \\ 011 01 \\ 02 \\ 01 \\ Es geht wieder aufwärts: Schichtwechsel bei den Mannesmann- Hüttenwerken in Duisburg 1961. 02 \\ BMW-Stammwerk München. 03 \\ Naturwissenschaftliches Seminar an der Freien Universität Berlin 1960. 03 \\ 04 \\ 04 \\ Universität Heidel- berg. 05 \\ Laboruntersu- chung 1973. 06 \\ Forschung heute: Aufnahme von 2007 von der Technischen Univer- sität Dresden (TUD). 06 \\ 05 \\
012 \\ STANDORT DEUTSCHLAND 02 \\ 01 \\ Posterausstellung im ICC Berlin 2011. 02 \\ Intendantenkonferenz in Berlin 1971. 01 \\ 03 \\ Gefragter Redner: Helmut Schmidt auf einer Wahlkundgebung in Bonn 1980. schung zur friedlichen Nutzung. „Als Ers- tes wurde in Bereiche investiert, die für die „Vertrauen entsteht nur in organisierte Tagungen, Kongresse und Fo- ren, sind es heute mehr als 1.000. „Durch wirtschaftliche Entwicklung und das Wohl- persönlichen Begegnungen.“ das umfassende und innovative Angebot an ergehen der Bevölkerung wichtig waren, Tagungen und Kongressen aus dem tech- wie Medizin und Energieversorgung“, PROFESSOR GÜNTER VERHEUGEN nisch-wissenschaftlichen Bereich hat der berichtet Professor Ganten, der auch VDI in Zusammenarbeit mit internatio- Gründungsdirektor des Max-Delbrück- nalen Partnerorganisationen Deutschland Centrums für Molekulare Medizin Berlin- als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Buch sowie ehemaliger Vorstandsvorsit- Kongress auch immer ein gesellschaftli- attraktiver gemacht“, blickt Professor Udo zender der Charité - Universitätsmedizin ches Ereignis am jeweiligen Standort, gera- Ungeheuer, Präsident des VDI, zurück. Berlin ist. de weil nur so wenige stattfanden.“ Da es Professor Ganten, der nach seinem Stu- Das wissenschaftliche Leben mit Ta- noch keine speziellen Kongresshallen gab, dium 1969 einen fünfjährigen Forschungs- gungen und Kongressen nahm Mitte der wurden viele Tagungen und Kongresse an aufenthalt am Clinical Research Institute 1960er-Jahre weiter Fahrt auf. Es fanden so- den Hochschulen ausgerichtet. „Die gro- in Montreal in Kanada verbrachte, kann gar wieder die ersten internationalen Sym- ßen Aulas in den alten Universitäten ähneln sich gut erinnern, wie die Bundesrepublik posien statt, wenn auch im kleinen Rahmen. ja oft Festsälen; hier wurden nicht nur die Deutschland in den 1960er-Jahren auch Die Veranstaltungen sahen allerdings ganz eigenen Vorlesungen, sondern auch solche wieder in den Fokus der globalen Wissen- anders aus, als man es heute gewohnt ist. hochrangigen Veranstaltungen abgehalten“, schaft rückte: „Ich weiß noch, dass zu dieser „Damals waren Tagungen und Kongresse berichtet Bruno Lichtinger. Zeit im Ausland wieder über Deutschland nur für Universitätsprofessoren zugänglich; Neben den wissenschaftlichen Zusam- als Kongressstandort gesprochen wurde.“ es war eine Art ‚Gentlemen’s Club‘. Erst menkünften wurden ab den 1960er-Jahren Doch es fehlte in Deutschland noch an der später öffneten sich die Veranstaltungen für vermehrt wirtschaftlich geprägte Tagun- Infrastruktur und an geeigneten Kongress- die breite Ärzteschaft und noch später auch gen und Kongresse durchgeführt. Auch zentren. „Und natürlich hat es 20 Jahre für die Industrie“, erklärt Bruno Lichtinger. für Verbände wie den Verein Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg noch viele Hingegen waren die Ehefrauen – und auch Ingenieure (VDI) waren sie von Anfang Wissenschaftler gegeben, die nicht bereit einige wenige Ehemänner – der Teilnehmer an ein wichtiges Instrument für den Aus- waren, nach Deutschland zu kommen“, fast immer mit dabei: „Die Abendgalas mit tausch und die Weiterbildung. Die Zahl erzählt Professor Ganten. den Gattinnen und das Rahmenprogramm der Veranstaltungen ist seit der Gründung Wie wichtig die ersten internationalen waren dabei mindestens so wichtig wie die des VDI ständig gewachsen: Gab es in den Tagungen und Kongresse für das Ansehen Fachvorträge. In der Anfangszeit war ein 1960er-Jahren jährlich rund 250 vom VDI der Bundesrepublik Deutschland – und
STANDORT DEUTSCHLAND \\ 013 EINE BÜHNE FÜR DIE WELTPOLITIK Sie sind häufig Schauplätze historisch 03 \\ bedeutender Ereignisse: die Hotels und Kongresshäuser einer Stadt. So auch das Brenners Park Hotel in Baden-Baden, wo sich 1962 Charles de Gaulle und Konrad Adenauer zu den Vorgesprächen zum deutsch-fran- zösischen Freundschaftsvertrag trafen. Wie ein SPIEGEL-Artikel aus dieser Zeit berichtet, hatten sich die beiden in knapp zwei Stunden ihre Sorgen um die Weltpolitik von der Seele geredet und es sich anschließend bei Tomaten- cremesuppe, Seezunge, Rinderbraten sowie französischem Rot- und deut- schem Weißwein gut gehen lassen. nicht nur in der Wissenschaft – waren, er- gresszentren – 1973 das Congress Center läutert Günter Verheugen, ehemaliger Vi- Hamburg (CCH) sowie 1979 das Inter- Knapp ein Jahr später besiegelten sie zepräsident der Europäischen Kommission nationale Congress Centrum Berlin (ICC die deutsch-französische Freundschaft und heute Honorarprofessor an der Euro- Berlin). Das CCH bildete aufgrund seiner mit dem Élysée-Vertrag. Ebenso pa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder): Größe und Komplexität in späteren Jah- brachte 2009 der 60. NATO-Gipfel „Vor dem Hintergrund des Zweiten Welt- ren europaweit die planerische Vorlage für Baden-Baden international Aufmerk- kriegs und der Naziverbrechen war die neue Kongresshäuser, und auch das ICC, samkeit – es war der erste Deutsch- Wiedererlangung von Vertrauen für die als eines der größten Kongresshäuser der landbesuch Barack Obamas. Tagsüber junge Bundesrepublik lebensnotwendig. Welt, war durch seine Kapazitäten, seine nahm er an den Hauptveranstaltungen Vertrauen entsteht nur in persönlichen moderne Technik und die markante Ar- im Baden-Badener Kurhaus und im Begegnungen. Ich glaube deshalb, dass Ta- chitektur ein Meilenstein der deutschen Kongresshaus teil. Letzteres erlangte gungen und Kongresse mit internationaler Tagungswirtschaft. Es waren die ersten große Bekanntheit, als dort 1981 der Beteiligung für unser Land wichtiger wa- purpose buildings, große, zweckmäßige und 11. Olympische Kongress – der inter- ren als für andere, weil sie unseren Gästen speziell auf die Veranstaltung von Tagungen unmittelbare Einsichten gewährten.“ Spit- und Kongressen zugeschnittene Gebäude. national bedeutendste sportpolitische zenwissenschaftler, die nach Deutschland Die Investitionen zahlten sich aus: In Kongress – stattfand. kamen, deutsche Forschungseinrichtungen den 1970er-Jahren gelang der Branche in besuchten und sich davon überzeugten, Deutschland endgültig der wirtschaftliche dass gute Arbeit geleistet wurde, waren die Durchbruch. Verzeichnete die Internatio- besten Botschafter in ihren eigenen Län- nal Congress and Convention Association dern und auf dem internationalen Parkett, (ICCA) von 1963 bis 1969 gerade einmal ist auch Professor Ganten überzeugt: „Sie 221 Verbandstagungen in der Bundesrepu- konnten bezeugen, dass sich das Land gut blik Deutschland, stieg die Zahl im Zeit- entwickelt hatte und wieder über eine gute raum von 1970 bis 1979 bereits auf 640. Infrastruktur, die für erfolgreiche Tagungen In die 1970er-Jahre fällt zudem die Grün- und Kongresse unverzichtbar ist, verfügte.“ dung von professionellen Kongressorganisa- Während der Regierungszeit von toren. Seit Mitte der 1970er-Jahre machten Willy Brandt wurde massiv in Forschung in Deutschland auch wieder verstärkt inter- und Lehre investiert. In den 1970er-Jahren nationale Tagungen und Kongresse Station – entstanden auch die ersten großen Kon- das CCH konnte beispielsweise von
014 \\ STANDORT DEUTSCHLAND 01 \\ 02 \\ 01 \\ LASER World of PHOTOTONICS Congress 2011 im ICM – Internationales Congress Center München: Postersessions sind heute fester Bestandteil vieler Kongresse. 02 \\ Stadthalle Düsseldorf 1975: Tagung des Vereins der Deut- schen Eisenhüttenleute. 03 \\ Plenarsitzung von IWF und Weltbank 1988 im Berliner ICC. 04 \\ Diabetes-Kongress 2012 zu Gast im Interna- tionalen Congresscenter Stuttgart. 05 \\ Der VDI organisiert seit den 1960er-Jahren eine Vielzahl von Tagungen, Kongressen und 03 \\ Foren, wie den VDI-Getriebekongress in Fried- richshafen 2009. 04 \\ 05 \\
STANDORT DEUTSCHLAND \\ 015 Anfang an Tagungs- und Kongressgäste aus Nummer eins für Herzinfarkt und Schlag- aller Welt begrüßen. Allein 1980 fanden anfall. Internationale Ansätze wie aufei- dort 15 internationale Weltkongresse statt. nander abgestimmte Forschungsprojekte, „Wissen ist die kostbarste Ressource, Die 1980er-Jahre hindurch verzeichnete die gemeinsame Erstellung von Therapie- die wir in Deutschland haben. Es gilt, die Branche sowohl bei Tagungen als auch empfehlungen und auch die Unterstützung bei Kongressen ein stetiges Wachstum. Das politischer Maßnahmen seien deshalb in den Wissensstandort Deutschland zu ICC Berlin war bereits vor seiner Eröff- diesem Bereich besonders wichtig, argu- stärken und die nächste Generation fit nung für zwei Jahre ausgebucht, wie DER mentiert Professor Ganten. Eine Regel gilt für die Zukunft zu machen. Junge Men- SPIEGEL im März 1979 berichtete. Die dabei heute genauso wie vor 60 Jahren: Für schen sollten die bestmögliche Bildung Anzahl der Verbandstagungen verdoppelte intensive Gespräche unter Experten über sich laut ICCA im Vergleich zur vorherigen die gemeinsame Arbeit sind Kongresse und und schon früh eine umfassende Förde- Dekade auf 1.288 Veranstaltungen von Tagungen eine ideale Basis: „Der Disput ist rung in allen Kompetenzbereichen er- 1980 bis 1989.Vielleicht noch wichtiger als bereits seit den alten Griechen ein Grund- halten. Deswegen engagieren sich die die ökonomischen Auswirkungen waren element der wissenschaftlichen Arbeit. Mitgliedsunternehmen der Wissens- die Folgen für das Ansehen: „Während des Denn Wissenschaft lebt vom Austausch der Kalten Krieges war es besonders notwen- Ideen. Und aus der Diskussion heraus ent- fabrik für Kompetenzentwicklung und dig zu demonstrieren, dass die Bundesrepu- stehen wieder neue Ideen“, ist der Medizi- Wissenstransfer in Naturwissenschaf- blik Deutschland ein guter Nachbar und ner überzeugt. „Was wir in der Diagnostik ten, Technik, ökonomischer Bildung und verlässlicher Partner ist. Tagungen und und Therapie des Bluthochdrucks erreicht Unternehmertum. Eine wichtige Rolle Kongresse haben Entscheidungsträger aus haben, ist eine Erfolgsgeschichte der Me- der ganzen westlichen Welt in die Bundes- dizin. In der Therapie verfügen wir heute spielen dabei Veranstaltungen, denn republik Deutschland gebracht und deren über hochwirksame Medikamente. Und sie bieten die Plattform, um persönliche Bild von unserem Land beeinflusst“, führt wir wissen sogar, wie sich die Krankheit Netzwerke zu knüpfen, Wissen auszu- Professor Verheugen aus. bei vielen Menschen ganz verhindern lässt. tauschen und somit zu vermehren.“ Der erste große Kongress, an dessen Ohne den wissenschaftlichen Austausch Organisation Professor Ganten als Präsi- auf Tagungen und Kongressen und die in- dent beteiligt war, war eine internationale ternationale Zusammenarbeit bei der For- JOHANNA COLEMAN Konferenz der Bluthochdruckforschung, schung wären diese Erfolge nicht so schnell VORSTANDSVORSITZENDE DER die 1986 im Rahmen der 600-Jahr-Feier denkbar gewesen.“ WISSENSFABRIK – UNTERNEHMEN FÜR der Universität Heidelberg stattfand. „Es Bevor die Kommunikation über das DEUTSCHLAND E.V. war ein großer Kongress, zu dem viele in- Internet alltäglich wurde, waren Tagungen ternationale Wissenschaftler kamen“, be- und Kongresse für gewisse Forschungsdis- richtet Professor Ganten, der 1974 an der ziplinen geradezu überlebensnotwendig. Gründung der Deutschen Hochdruckliga Professor Ganten nennt dazu das Bei- mitwirkte. Der Erfolg überraschte selbst spiel der Genomforschung, die ab Ende die Organisatoren: „Insgesamt strömten der 1980er-Jahre rasch an Bedeutung ge- mehr als 2.000 Besucher nach Heidelberg wann. Da man diesem Forschungszweig in in die Kongresshalle. Wir hatten nur mit Deutschland sehr kritisch gegenüberstand, 1.000 gerechnet.“ In der Bluthochdruck- wurden internationale Kongresse für die forschung spielte internationale Vernet- deutschen Wissenschaftler wichtig, um zung schon immer eine große Rolle, denn den Anschluss nicht zu verlieren. Es gab Hypertonie ist kein nationales Problem, lange Zeit keine systematische Genomfor- sondern überall auf der Welt Risikofaktor schung, weil das in der deutschen Gesell-
016 \\ STANDORT DEUTSCHLAND LEGENDÄRER TRITT AUF DEN TEPPICH Das Grandhotel Petersberg auf schaft nicht gewollt war und der Gesetz- systemen der USA hat Europa viel Boden dem gleichnamigen Berg in Bonn, geber entsprechend restriktiv vorging. „In gutmachen können“, so Bruno Lichtinger. dieser Zeit war es sehr wichtig, internatio- „In der Zwischenzeit wachsen europäische das lange Zeit als Gästehaus der nale Wissenschaftler zu unseren Tagungen Tagungen und Kongresse deutlich stärker Bundesregierung diente, war Ort und Kongressen einzuladen oder selbst als US-amerikanische.“ Nicht nur die An- vieler geschichtsträchtiger Ereig- internationale Tagungen und Kongresse zu zahl, auch die Vielfalt der Veranstaltungen nisse. Das wohl berühmteste ist die besuchen“, erzählt Professor Ganten. „Das vergrößert sich beständig. „Das Angebot an „Teppich-Szene“: Bei der Unterzeich- hat uns gezeigt, was diese Forschung leisten Kongressen und Tagungen für Ingenieure nung des Petersberger Abkommens, kann, wohin sie führt und wie man sie auch ist wesentlich breiter und inhaltlich profes- das die Entscheidungsfreiheit der kontrollieren kann, damit kein Missbrauch sioneller geworden“, bringt es VDI-Präsi- Bundesregierung und somit auch die damit getrieben wird, aber trotzdem die dent Ungeheuer für seinen Fachbereich auf Souveränität Deutschlands ein- Vorteile für medizinische Anwendungen den Punkt. „Es gibt für jedes Thema, für schränkte, standen am 21. Septem- erhalten bleiben.“ jede Innovation ein entsprechendes Ange- ber 1949 die Hohen Kommissare Spätestens seit den 1990er-Jahren galt bot. Insofern sind Tagungen und Kongresse der Alliierten auf einem Teppich im Deutschland wieder als führender Kon- auch als Wissenstransferbörse und Kommu- gressstandort in Europa. Zwischen 1990 Zentrum des Konferenzraums. Der und 1999 fanden hier laut ICCA 1.992 Bodenbelag markierte die Siegerzone Verbandstagungen statt. Der Grund für die und durfte von Bundeskanzler Konrad Adenauer und seinen Ministern nicht positive Entwicklung war vor allem poli- tischer Natur: „Deutschland als das Land „Die Bedeutung von Tagun- betreten werden. Adenauer aber tat an der Nahtstelle zwischen dem ehemali- gen und Kongressen für das Unerwartete: Er nutzte den güns- gen Ost- und Westblock hatte dabei einen tigen Zufall, als ihm der Vorsitzende Standortvorteil. Das zusammenwachsende die gesellschaftliche und der Hohen Kommissare, François Europa hatte einen ständig größer werden- Poncet, zur Begrüßung entgegen- den Bedarf an Erfahrungsaustausch, Koor- wirtschaftliche Entwicklung ging, und betrat den Teppich, um die dinierung und gemeinsamer Interessen- angebotene Hand zu ergreifen. Damit vertretung hervorgebracht. Das gilt nicht Deutschlands zu einer nur für die Politik, sondern auch für die verdeutlichte er den Anspruch der Zivilgesellschaft in allen Bereichen“, sagt modernen wissensbasierten Bundesrepublik auf Gleichberechti- gung und schuf einen Moment, der, Professor Verheugen. „Seit der politischen Wende von 1989/1990 kam das Bedürfnis Gesellschaft kann man gar von einer Kamera festgehalten, in die Geschichte einging. der mittel- und osteuropäischen Länder nicht überschätzen.“ hinzu, ihre langjährige Isolierung zu be- enden und sich in Europa zu integrieren. PROFESSOR DETLEV GANTEN Man traf sich in der Mitte des Kontinents und dieser Trend ist ungebrochen.“ Europa – und insbesondere Deutsch- land – konnte als Kongressstandort auch deswegen in den vergangenen Jahren so nikationsplattform im Laufe der Jahrzehnte stark wachsen, weil die USA nicht zuletzt immer wichtiger geworden. Es geht heute seit den Ereignissen vom 11. September nicht mehr ohne.“ 2001 ihren Nimbus als zuvor unangefoch- Angesichts der zunehmenden Komple- tene Nummer eins für Tagungen und Kon- xität vieler Themen gewinnt interdiszipli- gresse verloren haben. „Bedingt durch die näres Arbeiten immer mehr an Bedeutung. verschärften Einreisebedingungen in die „Die Medizin braucht zum Beispiel auch USA seit Nine-Eleven und durch die Ver- Geisteswissenschaften wie die Philosophie schärfung der Codices in den Gesundheits- oder die Theologie als Impulsgeber, um
STANDORT DEUTSCHLAND \\ 017 Internationale Kongresse stärken den Standort Deutschland – zum jährlich in Berlin stattfinden- den World Health Summit reisen Gäste aus rund 100 Nationen an, wie hier 2012 bei der Pre-Panel im Hörsaal des Tieranatomischen Theaters (oben) und den Keynote Lectures (rechts). 02 \\ ethische Diskussionen führen zu können“, immer teurer. Sie ist nur bedingt geeignet, „Gute Verkehrsverbindungen meint Professor Ganten. Den interdiszip- um sieben Milliarden Menschen auf die- linären Austausch umzusetzen, gelinge am ser Erde zu versorgen. Wir brauchen eine und Infrastruktur, faszi- besten auf Tagungen und Kongressen: „Hier neue Medizin, die uns hilft zu verstehen, kommen Menschen zusammen, die sich weshalb wir krank werden, und die für alle nierende regionale Unter- sonst nicht begegnen würden.“ Vor allen Menschen zugänglich ist. Eine Medizin, die Dingen treffen sie sich persönlich, auch das vorbeugt und nicht erst eingreift, wenn wir schiede, reiche Geschichte ist für Professor Ganten ein entscheidendes bereits krank sind.“ Ein zentrales Thema Kriterium: „Digitale Medien spielen heute des World Health Summit ist die Frage, wie und Kultur, landschaftliche auch in der Wissenschaft eine große Rol- Menschen auf der ganzen Welt Zugang zu le. Es wird mehr, schneller und intensiver medizinischer Versorgung erhalten können. Schönheit und viele zeitge- kommuniziert. Umso wichtiger ist es, die Personen zu kennen, die dahinter stehen.“ Jedes Jahr im Oktober kommen mehr als 1.000 Experten aus Wissenschaft,Wirtschaft mäße Tagungsstätten sind Deshalb werde der Bedarf nach persönli- und Politik aus rund 100 Nationen nach die Erfolgsfaktoren.“ chem Diskussionsaustausch eher steigen, so Berlin und diskutieren Themen der Welt- seine Prognose. gesundheit sowie Programme, in denen PROFESSOR GÜNTER VERHEUGEN Nicht nur verschiedene Disziplinen, modellhaft und auf breiter Fläche vorgelebt auch die verschiedenen gesellschaftlichen wird, wie man Gesundheit verbessern und Systeme lassen sich auf Tagungen und erhalten kann. „Gesundheit ist mehr als Kongressen vernetzen. Ein anschauliches Medizin und erfordert ein interdisziplinä- Beispiel für die Zusammenarbeit von Me- res Forum wie den World Health Summit“, dizin,Wirtschaft und Politik ist der 2009 ins sagt Professor Ganten. „Nur so können die Leben gerufene World Health Summit in Fortschritte der Forschung den Menschen Berlin. „Gesundheit ist ein Menschenrecht, weltweit zugutekommen. Die Wissenschaft das in den Statuten der Vereinten Nationen hat hier eine große Verantwortung.“ Damit verankert ist“, macht Professor Ganten klar. steht der Weltgesundheitsgipfel ganz in der „Wir betreiben heute zum Teil noch eine Tradition von Rudolf Virchow, der Me- Medizin, die vor 150 Jahren konzipiert dizin als soziale Wissenschaft sah, die ihre wurde. Sie ist zwar erfolgreich, wird aber Fortsetzung in der Politik findet.
018 \\ STANDORT DEUTSCHLAND Tagungen und Kongresse werden heute wirkungsvoll inszeniert: Die Deutsche Gesell- schaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung setzte bei ihrer Jahrestagung 2013 im Congress Center Rosengarten in Mannheim auf farbintensive Lichteffekte. In den vergangenen 60 Jahren gelang es Deutschland, in wirtschaftlicher und wis- „Insgesamt ist Deutschland Auch in Zukunft werde sich die Kon- gresswirtschaft in Deutschland gut entwi- senschaftlicher Hinsicht wieder zur Welt- doch sehr weltoffen ckeln, glaubt Professor Verheugen, nicht spitze aufzuschließen.Tagungen und Kon- nur wegen der fortschreitenden europäi- gresse waren in dieser Entwicklung eine geworden, und das macht schen Einigung. „Deutschland ist zudem treibende Kraft, die Deutschland als Stand- für die meisten europäischen Staaten ort gestärkt haben. „Nahezu alle wesent- uns attraktiv.“ außerhalb der EU schon heute der wich- lichen Innovationen und Entwicklungen tigste Partner, und das bedeutet, dass in- PROFESSOR GÜNTER VERHEUGEN können nur dann erfolgreich umgesetzt tensive Kontakte auf allen Ebenen und in und überhaupt erst ermöglicht werden, allen Bereichen gebraucht werden. Nach wenn vorab ein intensiver Austausch von meiner Meinung wird dieses Bedürfnis Experten und eine Vernetzung aller Dis- ICCA-Ranking der erfolgreichsten Kon- wachsen, und das ist eine gute Perspek- ziplinen stattfinden. Dafür sind Kongresse gressländer 2011 zum achten Mal in Fol- tive für die Tagungs- und Kongresswirt- und Tagungen ideale Instrumente“, macht ge die Nummer eins in Europa und die schaft.“ Eine boomende Branche bedeutet VDI-Präsident Professor Ungeheuer deut- Nummer zwei weltweit hinter den USA. zudem immer auch einen Gewinn für die lich. Der VDI trägt auch selbst dazu bei, Nach Angaben der ICCA fanden 5.557 gesamte Nation – auch jenseits von Um- dass den Fachleuten ausreichend Mög- Verbandstagungen zwischen 2000 und satzsteigerung und Umwegrendite, wie lichkeiten zur Diskussion auf Tagungen, 2011 statt. Laut dem Meeting- und Event- Professor Ganten betont: „Die Bedeu- Kongressen, Symposien und Foren zur barometer 2011/2012 besuchten mehr als tung von Tagungen und Kongressen für Verfügung stehen. Auch beim VDI geht es 330 Millionen Teilnehmer insgesamt 2,7 die gesellschaftliche und wirtschaftliche längst nicht mehr nur um klassische Tech- Millionen große und kleine Veranstaltun- Entwicklung Deutschlands zu einer mo- nikthemen, sondern um die Erarbeitung gen jeder Art. „Gute Verkehrsverbindun- dernen wissensbasierten Gesellschaft kann ganzheitlicher Lösungen. Interdisziplinäre gen und Infrastruktur, faszinierende re- man gar nicht überschätzen.“ Fragestellungen stehen im Vordergrund, gionale Unterschiede, reiche Geschichte zum Beispiel beim Kongress „Infrastruk- und Kultur, landschaftliche Schönheit und tur für unsere Zukunft – Gesellschaftlich viele zeitgemäße Tagungsstätten“, nennt tragfähige Lösungen entwickeln“. Professor Verheugen als Gründe für den Die Kongressbranche ist inzwischen Erfolg. „Insgesamt ist Deutschland doch zu einem nationalen Wirtschaftsfaktor sehr weltoffen geworden, und das macht geworden: Die Bundesrepublik war im uns attraktiv.“
STANDORT DEUTSCHLAND \\ 019 TAGUNGS- UND KONGRESSSTANDORT DEUTSCHLAND Städte mit mehr als zehn internationalen Verbandstagungen pro Dekade*. In jedem Jahrzehnt kamen neue Städte hinzu: 1963 – 1969 1970 – 1979 1980 – 1989 Kiel Rostock Greifswald 1990 – 2000 Lübeck 2001 – 2011 Bremerhaven Hamburg Lüneburg Oldenburg Bremen Berlin Hannover Potsdam Osnabrück Braunschweig Magdeburg Bielefeld Münster Bochum Dortmund Göttingen Duisburg Essen Halle Leipzig Düsseldorf Weimar Kassel Marburg Köln Dresden Jena Freiberg Bonn Aachen Bad Honnef Gießen Wiesbaden Koblenz Frankfurt Bamberg Darmstadt Mainz Trier Erlangen Würzburg Mannheim Nürnberg Heidelberg Kaiserslautern Saarbrücken Karlsruhe * Quelle: International Congress and Convention Association (ICCA) Regensburg Stuttgart Baden-Baden Tübingen Passau Freising Ulm Augsburg München Freiburg Konstanz Garmisch-Partenkirchen Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland fanden von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer mehr Tagungen und Kongresse in Deutschland statt. Zudem kamen immer neue Städte als Veranstal- tungsorte hinzu. Die Grafik gibt einen Überblick darüber, in welchen Städten über die Jahrzehnte hinweg mehr als zehn internationale Verbandstagungen pro Dekade ausgerichtet wurden.
020 \\ STANDORT DEUTSCHLAND SPITZENLEISTUNG: IN EUROPA AUF PLATZ EINS Die Zahlen sprechen für sich: Rund 2,7 Millionen Veranstaltungen mit über 330 Millionen Teil- nehmern in Deutschland, 25 Prozent der Geschäftsreisen aus Europa nach Deutschland haben den Besuch von Kongressen, Tagungen und Events zum Anlass. Seit fast einer Dekade verteidigt Deutschland Platz eins im europäischen Ranking der Destinationen für Tagungen und Kongresse. Im weltweiten Vergleich belegt Deutschland den zweiten Rang. Diese starke Position im inter- nationalen Wettbewerb um Veranstaltungen ist das Ergebnis einer kontinuierlich positiven Ent- wicklung in den letzten Jahrzehnten. T agungen, Kongresse und Events aufstrebende Mitbewerber in Osteuropa INTERNATIONALE fördern Austausch, Innovation, Wis- und Asien. senstransfer und Weiterbildung. Sie Diese Entwicklungen haben zugleich VERBANDSTAGUNGEN unterstützen die internationale Völkerver- für eine größere Vielfalt an Themen und in Deutschland seit 1963 ständigung und geben Impulse in Politik, für einen höheren Bedarf an fachlichem, 5.557 Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. persönlichem Austausch gesorgt – ein Um- Um dies zu fördern, wurde vor 40 Jahren stand, von dem Deutschland mit seiner Lage das GCB German Convention Bureau im Zentrum Europas und mit nunmehr e.V. als Dachorganisation der Branche ge- weitgehend offenen Grenzen ebenso pro- gründet. Seitdem hat nicht nur die Zahl fitieren konnte und kann wie von seinen der Mitglieder zugenommen – sie bilden wirtschaftlichen und wissenschaftlichen auch eine immer größere Bandbreite an Kompetenzen. Im Ergebnis nahm seit den Dienstleistungen ab. Als Strategische Part- 1990er-Jahren die Bedeutung internatio- 1.992 ner unterstützen die Deutsche Lufthansa, naler Tagungen, Kongresse und Events in 1.288 die Deutsche Bahn und die Deutsche Zen- Deutschland zu. trale für Tourismus (DZT) von Beginn an Auch die Nachfrage hat sich in den 640 221 die Arbeit des GCB. vergangenen 40 Jahren verändert. Lag der Im Zeitraum von 1973 bis 2013 ha- Schwerpunkt bis vor wenigen Jahren über- ben sich die Rahmenbedingungen für die wiegend auf den Kapazitäten für Tagungen 1963 1970 1980 1990 2000 – – – – – deutsche Tagungs- und Kongressbranche und Kongresse, so kommt heute ihren In- 1969 1979 1989 1999 2011 stark verändert: Prägende Entwicklun- halten eine große Rolle zu: Laut Meeting- gen waren etwa die Wiedervereinigung und Eventbarometer 2012 sind 82 Prozent Quelle: International Association Meetings Market der Deutschlands, die Globalisierung und der befragten internationalen Planer davon International Congress and Convention Association (ICCA). somit eine neue Konkurrenz der etab- überzeugt, dass die Vernetzung von Veran- lierten Veranstaltungsdestinationen durch staltern mit der am Tagungsort ansässigen
STANDORT DEUTSCHLAND \\ 021 MARKTENTWICKLUNG Veranstaltungen Teilnehmer 338 Mio. 323 Mio. 314 Mio. 318 Mio. 302 Mio. 2,8 Mio. 291,5 Mio. 2,76 Mio. 2,6 Mio. 2,72 Mio. 2,7 Mio. 2,46 Mio. 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Nach der Wirtschaftskrise 2009 hat sich die Branche rasch wieder erholt – hinsichtlich sowohl der Zahl der Teilnehmer als auch der Zahl der Veranstal- tungen. Quelle: Meeting- und Eventbarometer 2011/2012. „Seit 1973 verbindet das GCB German Convention Bureau e.V. und die Lufthansa eine enge Partnerschaft. Das GCB hat Enormes dafür geleistet, Deutschland als führenden und innovativen Standort für Tagungen und Kongresse zu etablie- spezifischen Branchenkompetenz immer Veranstaltungsdestination Deutschland: al- ren und diese Spitzenposition in einem wichtiger wird. len voran eine ausgezeichnete Infrastruk- Insbesondere sechs Kompetenzfelder, tur und ein hervorragendes Preis-Leis- rasant wachsenden Markt konsequent in denen Deutschlands Destinationen tungs-Verhältnis. Ein immer wichtigerer auszubauen. Wir schätzen diese Leis- weltweit Akzente setzen, sind für den Standortfaktor ist zudem das Thema Nach- tung, denn sie stärkt den Wirtschafts- Tagungsstandort von Bedeutung. Im Rah- haltigkeit: 86 Prozent der Veranstaltungspla- standort Deutschland. men seiner Kompetenzfelderstrategie stellt ner sind überzeugt, dass die Bedeutung der das GCB diese unterschiedlichen wirt- nachhaltigen Veranstaltungen gleich bleiben Als führende Fluggesellschaft Europas, schaftlichen und wissenschaftlichen Kom- oder sogar weiter steigen wird. Die hohe die Deutschland mit mehr als 210 Des- petenzen Deutschlands vor und wirbt so Bedeutung, die Veranstalter aus aller Welt tinationen in über 80 Ländern verbindet, gezielt für die jeweils passenden Tagungen diesem Thema auch für die Zukunft zumes- sind wir stolz, Teil dieser Erfolgsge- und Kongresse. Denn Deutschlands Städ- sen, zeigt, dass Nachhaltigkeit immer mehr te und Regionen bieten in bedeutenden als eine Grundvoraussetzung für erfolgrei- schichte zu sein. Mit Ideen und mit Lei- Wirtschafts- und Wissenschaftsberei- che Veranstaltungen angesehen wird. Dabei denschaft werden wir Deutschland als chen – darunter zum Beispiel Medizin, umfasst die nachhaltige Entwicklung drei attraktive Destination für Tagungen und Verkehr oder Energie und Umwelt – ein Dimensionen und beinhaltet das gleichzei- Kongresse auch in der Zukunft gemein- thematisch passendes Branchenumfeld aus tige und gleichberechtigte Umsetzen von Unternehmen, Verbänden, Universitäten ökologischen, ökonomischen und sozia- sam mit dem GCB weiter voranbringen.“ und Forschungsinstituten. Die deutschen len Zielen. Deutschland gehört in diesem Schlüsselbranchen und Kompetenzfelder Bereich zu einer der führenden Nationen sind wichtige Argumente für den Zuschlag weltweit. Dieser Standortvorteil zusammen JENS BISCHOF von nationalen und internationalen Ta- mit der hohen Qualität des Tagungsange- MITGLIED DES PASSAGEVORSTANDES gungen und Kongressen. botes macht deutsche Destinationen für VERTRIEB & ERLÖSMANAGEMENT DEUTSCHE LUFTHANSA AG Neben dieser Branchenkompetenz gibt Organisatoren nachhaltiger Tagungen und es weitere Gründe für den Spitzenrang der Kongresse auch in Zukunft attraktiv.
022 \\ STANDORT DEUTSCHLAND MEILENSTEINE: 40 JAHRE GCB GERMAN CONVENTION BUREAU E. V. Das GCB German Convention Bureau e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main repräsentiert und vermark- tet Deutschland international und national als Standort für Kongresse, Tagungen, Events sowie Incentives und ist der zentrale Ansprechpartner für alle Kunden, die in Deutschland Veranstal- tungen planen. Als Strategische Partner unterstützen die Deutsche Lufthansa, die Deutsche Bahn und die DZT Deutsche Zentrale für Tourismus von Beginn an die Arbeit des GCB. 1973 Die Geburtsstunde des GCB: Am 8. März erfolgt die Grün- dung der Deutschen Kongressvereinigung 1984 Das GCB zählt bereits 120 Mitglieder mit steigender Tendenz und repräsentiert den Tagungs- 1993 Das GCB feiert sein 20-jäh- riges Bestehen, verfügt über ein Jahresbudget von mittlerweile zwei DKV. Eröffnung einer Geschäftsstelle standort Deutschland auf internationalen Millionen DM und besteht aus elf Mitar- im New Yorker Lufthansa-Büro. Im De- Messen. Das Jahresbudget liegt bei fast ei- beitern, davon drei in den USA. Das GCB zember wird die DKV in GCB German ner Million DM. entwickelt seine umfangreiche Kunden- Convention Bureau umbenannt. datenbank, die erfolgreiche Direktmarke- tingaktionen ermöglicht und besucht zwölf 1977 Das GCB wird Mitglied bei den internationalen Bran- 1990 Durch die Wiedervereinigung erlebt das GCB einen großen Zuwachs, zählt jetzt 177 Mitglieder und Fachmessen in Europa sowie zehn Messen in USA/Kanada. chenverbänden International Congress and verfügt über ein Jahresbudget von 1,6 Mil- Convention Association (ICCA) und Mee- tings Professionals International (MPI). lionen DM. 1995 Der erste „Kongressmarkt Meetings made in Germany“ findet in Bonn statt und entwickelt sich in den Folgejahren zum Branchentreffpunkt ENTWICKLUNG GCB MITGLIEDER- mit 120 Ausstellern und 800 Besuchern. BETRIEBE 1973 bis 2013 450 1996 Als eine der ersten Or- ganisationen der Branche launcht das GCB eine eigene Internetseite (www.gcb.de), die anfangs 30 Mitglieder nutzen. Die Online-Services für Mitglieder werden in den folgenden Jahren kontinu- ierlich ausgebaut. 200 180 120 1997 Erstmals bietet das GCB in Kooperation mit der Deut- schen Bahn Kongressbesuchern ermäßigte 30 Zugtickets an. Das ist die Basis für das heute gern genutzte Veranstaltungsticket. 1973 1983 1993 2003 2013 Quelle: GCB German Convention Bureau e. V.
STANDORT DEUTSCHLAND \\ 023 02 \\ 01 \\ Deutschlandstand auf der Weltleitmesse IMEX 2012. 02 \\ Kongressmarkt Meetings made in Germany im Maritim Hotel Bonn 1999. 01 \\ 2000 Deutschland ist Gastgeber der Weltausstellung Expo. Das GCB spielt eine wichtige Rolle als 2006 Die FIFA WM 2006™ ist nicht nur in sportlicher Hin- sicht ein Großevent: Der Langzeiteffekt ver- 2012 Die DZT und das GCB in- tensivieren ihre partnerschaft- liche Zusammenarbeit und setzen zahlreiche Koordinator zwischen der DZT und der schafft Deutschland einen Imagevorteil weit Maßnahmen im Rahmen des gemeinsamen Expo in Hannover. Die Zusammenarbeit über die Spiele hinaus. Themenjahres „Geschäftsreiseziel Deutsch- verleiht Deutschland als Kongress- und land – Messen und Kongresse“ um. Tourismusstandort einen kräftigen Auf- Die IMEX feiert ihre 10. Auflage und trieb: Wie die Studie „Der deutsche Ta- gungs- und Kongressmarkt 1999/2000“ zeigt, hat sich der Umsatz seit 1994 auf 84 2007 Im Auftrag des Europäi- schen Verbands der Veranstal- tungs-Centren (EVVC), der DZT und des hat sich zur weltweiten Leitmesse der Ta- gungs- und Kongressbranche entwickelt. Als Strategischer Partner der IMEX hat das Milliarden DM verdoppelt. GCB veröffentlicht das Europäische Insti- GCB maßgeblichen Anteil an der positiven tut für TagungsWirtschaft (EITW) erstmals Entwicklung der Messe. ein gemeinsames „Meeting- und Event- Zusammen mit dem EVVC initiiert 2003 Die erste IMEX (incorpo- rating Meetings made in Germany – The worldwide exhibition barometer“. Die zentralen Ergebnisse der Studie: Der deutsche Tagungs- und Event- markt verteilt sich auf circa 6.000 Veranstal- das GCB die Meeting Experts Conference (Mexcon). Die zweitägige Konferenz ver- bindet erstmals die jährlichen Treffen der for incentive travel, meetings and events) tungsstätten, und es fanden 2,6 Millionen wichtigsten Branchenverbände mit einem findet auf dem Frankfurter Messegelän- Veranstaltungen mit 291,5 Millionen Teil- Fachkongress in Berlin und vertieft den de statt. Das GCB ist strategischer Part- nehmern statt. Dialog der Branche mit der Politik. ner der Messe. Die DZT und das GCB organisieren gemeinsam das Themenjahr 2003 „Deutschland: Europas Mittelpunkt für Messe-, Kongress- und Tagungsreisen Made in Germany“. 2011 Das GCB und der EVVC bündeln ihr jeweiliges Nach- haltigkeitsengagement und veranstalten ge- 2013 Heute repräsentieren die rund 200 Mitglieder des GCB über 450 Betriebe und zählen zu den führenden meinsam die 1. greenmeetings und events Kongresszentren, städtischen Marketing- Konferenz in Mainz. Bereits die Premiere organisationen, Hotels, Veranstaltungs- 2005 Deutschland nimmt im Län- derranking der ICCA erst- mals die führende Position in Europa ein der Konferenz erhält große Aufmerksam- keit, ebenso wie die Folgeveranstaltung 2013 in Darmstadt unter der Schirmherr- agenturen sowie Dienstleistern aus der deutschen Tagungs- und Kongressbranche. Anlässlich seines 40-jährigen Bestehens und rangiert im weltweiten Vergleich an schaft von Bundesumweltminister Peter gibt das GCB eine Studie zur Zukunft der zweiter Stelle. Diesen Spitzenplatz wird der Altmaier. Branche in Auftrag und leistet damit einen Kongress- und Tagungsstandort Deutsch- weiteren Beitrag, die internationale Stel- land auch in den folgenden neun Jahren in lung der Tagungs- und Kongressdestina- der jährlichen ICCA-Statistik „Internatio- tion Deutschland zu festigen und weiter nal Association Meetings Market“ erfolg- auszubauen. reich verteidigen und ausbauen.
Große Säle wie hier im ICC Berlin gibt es in Deutschland seit den 1970er-Jahren. Seither hat sich die Architektur von Kongresszentren stark gewandelt. Heute spielen Multifunktionalität und Flexibilität eine große Rolle, ebenso wie eine nachhaltige Bauweise.
ARCHITEKTUR
026 \\ ARCHITEKTUR RAUM SCHAFFEN FÜR WISSEN UND DIALOG Sie sind gesellschaftlicher Treffpunkt, Prestigeobjekt und architektonisches Statement – Kongress- zentren prägen eine Stadt. Ihre Entwicklung reicht von historischen, zu Kongresshäusern umgenutzten Gebäuden über zweckorientierte purpose buildings aus den 1970er-Jahren bis hin zu hochmodernen Glaskonstruktionen mit Tageslichtsälen und besonders nachhaltigen Konzepten. Der Wandel der Kongresshausarchitektur über die Jahrzehnte hinweg ist vor allem durch technische Neuerungen und gesellschaftliche Veränderungen geprägt. W er heute in Deutschland eine Ta- vor allem für Weiterbildungsmaßnahmen, und Kongressen ausgerichtet waren, wie gung oder einen Kongress ver- Tagungen und Konferenzen gefragt sind, das Congress Center Hamburg (CCH) anstalten möchte, hat die Qual finden Großveranstaltungen vorrangig in von 1973 und das Internationale Congress der Wahl: In rund 6.600 Tagungsstätten Kongresszentren statt. Centrum Berlin (ICC Berlin) aus dem stehen Räume unterschiedlicher Größen- Die Geschichte von speziell für Veran- Jahr 1979. Das von dem Architektenpaar ordnung zur Verfügung. Die Gebäude, in staltungen errichteten Gebäuden reicht in Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte denen Veranstaltungen abgehalten werden, Deutschland weit zurück. Beispielsweise entworfene ICC Berlin ist das bekanntes- könnten vielfältiger kaum sein – die Band- hatte das 1447 fertiggestellte Gürzenich te und wohl auch markanteste Kongress- breite reicht von Hotels, Kongresszentren in Köln von Anfang an die Funktion eines zentrum Deutschlands und das größte und und Hochschulen über Flughäfen bis hin städtischen Festhauses für unterschiedliche teuerste Bauwerk Nachkriegsdeutschlands. zu außergewöhnlichen Veranstaltungsstät- Veranstaltungen. Viele der heute als Kon- Es fällt allein durch seine gigantischen Aus- ten wie Klöstern, Museen oder Themen- gresszentren genutzten Gebäude entstanden maße auf: Mit 320 Metern Länge, 80 Me- parks. Über zwei Drittel aller Veranstaltun- um 1900: Das Kurhaus Wiesbaden wurde tern Breite und 40 Metern Höhe ist es so gen in Deutschland finden in Tagungshotels 1907, das Congress Center Rosengarten in gewaltig wie die größten Kreuzfahrtschiffe statt, beispielsweise im Estrel Hotel und Mannheim 1903, das Kongress Palais Kassel der Welt. In 80 Sälen bietet es insgesamt Convention Center Berlin, dem größten 1911 und die Grugahalle der Messe Essen 20.300 Menschen Platz. Diese Dimension Hotel Deutschlands, oder im Taschenberg- 1927 eröffnet. Alle Häuser wurden seit- war der in den 1970er-Jahren boomenden palais in Dresden. Das geschichtsträchtige her – häufig mehrmals – saniert, umgebaut Kongressbranche gezollt. Mit seiner silbrig Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, von und erweitert, um den heutigen Standards glänzenden Aluminium-Ummantelung des dem lange Zeit nur noch die Fassade er- zu entsprechen. Die historischen Häuser Stahlbetonbaus und der weithin sichtbaren, halten war, wurde nach einem aufwändigen verführen heute mit ihrem nostalgischen frei schwebenden Dachkonstruktion erin- Wiederaufbau 1995 von der Hotelgruppe Charme: so etwa das Kongress Palais Kas- nert es an ein futuristisches Raumschiff, Kempinski eröffnet. Auch gehört die Ho- sel mit prunkvollen Sälen wie dem Blauen was ihm bei den Berlinern Spitznamen wie telkette Maritim mit dem Slogan „Tagen Saal, ganz in Blau und Gold gehalten, sowie „Glitzerding“, „Kongresspraline“ oder – und Wohnen unter einem Dach“ zu den dem mit Malereien aus der klassischen My- wegen seiner direkten Anbindung an die bedeutendsten Anbietern von Kongress- thologie verzierten Gesellschaftssaal. Autobahn – auch „Autobahnschnalle“ ein- möglichkeiten in Deutschland. Darauf Im Gegensatz dazu stehen die nach der trug. Dennoch fasziniert das ICC bis heute. folgen die 1.588 Veranstaltungs- und Kon- Gründung der Bundesrepublik errichte- So war es das erste Kongresszentrum, das gresszentren, wie es heute in fast jeder grö- ten Kongresszentren neuer Dimension, die Steffen Duemler aufgefallen ist. Er leitet ßeren Stadt eines gibt. Während die Hotels speziell auf die Veranstaltung von Tagungen das Berliner Büro des weltweit bekannten
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