Erneuerbare Energien - SSES

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Erneuerbare Energien - SSES
Erneuerbare                         13 SOLARTHERMIE
                                                            Für die Energiewende ist die

                        Energien
                                                            Nutzung der Sonnenwärme
                                                            unumgänglich.

                                                            19 KREUZVERBAU
                                                            Nicht alle DC-Verbindungen,
                                                            die sich zusammenstecken
                                                            lassen, passen auch.

                                                            22 ENERGIEHOLZ
                                                            Ofenbauer sind gefragt, ihnen
                                                            fehlt aber der Nachwuchs.

Nr. 6   Dezember 2019

Eine Publikation der SSES in Zusammenarbeit mit Swissolar

DIE ZUKUNFT DER
SCHWEIZER
ENERGIEVERSORGUNG                                                SEITE 8
Erneuerbare Energien - SSES
Wir setzen Standards – Sie profitieren.
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    PLENTICORE plus Speicherlösung

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         Wirkleistungssteuerung und intelligentes Batteriemanagement
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         und Speicher
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Erneuerbare Energien - SSES
EDITORIAL                                                INHALT

DIE ZEIT DER STUDIEN IST VORBEI –                                                      Aktuell                                         4

ZEIT ZU HANDELN                                                                        Schwerpunkt

                                                                                       Energiewende: Das AKW Mühleberg geht
                               Sieben Monate nach dem Start der Sammelphase
                                                                                       vom Netz. Der Ausbau der erneuerbaren
                               wurde Ende November die Gletscher-Initiative in Bern
                                                                                       Energien ist nötiger denn je.         8
                               eingereicht. Dank enormer Unterstützung von zahl-
                               reichen Privatpersonen, Organisationen und Unter-
                                                                                       Sonne
                               nehmen konnte der Verein Klimaschutz Schweiz der
                               Bundeskanzlei 112 296 Unterschriften zur Prüfung
                                                                                       Solarthermie: Das Potenzial der Sonnen-
                               übergeben. Dieses Ergebnis zeigt, dass einem grossen
                                                                                       wärme darf für die Energiewende nicht
                               Teil der Bevölkerung sehr bewusst ist, wie wenig Zeit
                                                                                       ungenutzt bleiben.                     13
                               uns noch bleibt, um das Ruder herumzureissen. Sie
                               wollen, dass mehr für den Klimaschutz getan wird        Solararchitektur: Pionier Rofl Disch
                               und dass die Politik nun endlich mit der angemesse-     nimmt ein neues Grossprojekt in Freiburg
                               nen Ernsthaftigkeit reagiert. Die bisherigen Schritte   im Breisgau in Angriff.                15
                 Beat Kohler   waren viel zu zögerlich und reichen nicht aus, um
          Leitender Redaktor
                                                                                       Selbstbau: Das grosse Interesse am
                               das in Paris definierte Ziel, die Erderwärmung auf
                                                                                       Selbstbau von PV-Anlagen ist weiterhin
                               1,5 Grad Celsius zu begrenzen, erreichen zu können.
                                                                                       ungebrochen.                           17
                               Seit Jahrzehnten belegen unzählige wissenschaftliche
                               Untersuchungen die Ursachen für den Klimawandel.
                                                                                       Politik und Wirtschaft
                               Fast ebenso viele Studien zeigen aber auch einen
                               Weg aus dieser Krise – und dieser Weg ist erneuerbar.
                                                                                       Kreuzverbau: Am 1. Januar 2020 tritt
                               Wir müssen die vorhandenen Technologien nun nur
                                                                                       die überarbeitete Niederspannungs-
                               rasch und flächendeckend zur Anwendung bringen.
                                                                                       Installationsnorm mit klaren Regeln
                               In jüngerer Vergangenheit wurden verschiedene Vor-
                                                                                       in Kraft.                                      19
                               schläge gemacht, wie der Ausbaupfad bei den er-
                               neuerbaren Energien in der Schweiz aussehen könnte,     Meyer Burger: Turbulente Zeiten für
                               damit unser Energiesystem fossilfrei wird. Diese For-   den Thuner Solarzulieferer, der auf
                               derungen liegen alle nahe beieinander und sind ziel-    eine neue Strategie setzt.                     21
                               führend. Nun gilt es für alle, welche die Energie-
                               wende rasch umsetzen wollen, mit geeinter Stimme        Erneuerbare Energien
                               aufzutreten und die formulierten Ziele bei einer
                               Mehrheit in den Köpfen zu verankern. Wenn alle an       Ofenbauer: Trotz steigender Nachfrage
                               einem Strick ziehen, dann lassen sich auch Mehrhei-     nach Energieholz finden die Hafner
                               ten für eine rasche Energiewende finden, die es so-     kaum Nachwuchs.                       22
                               wohl bei der Abstimmung über die Gletscher-Initiative
                                                                                       OLMA: Die Sonderschau der SSES hat
                               als auch beim absehbaren Referendum über das CO2-
                                                                                       gezeigt, dass Wind und Sonne ein ideales
                               Gesetz brauchen wird.
                                                                                       Gespann bilden können.                 24
                                                                         Beat Kohler

                                                                                       Flash                                          28

                                                                                       SSES-News

                                                                                       VESE-News

                                                                                       Cartoon

                                                                                       Branchenverzeichnis                            29

Liebe Mitglieder
                                                                                       Impressum                                      31
Die elektronische Version der «Erneuerbaren Energien» finden Sie auf der Website
der SSES: www.sses.ch. Sie erhalten an dieser Stelle jeweils das Passwort für die
                                                                                       Agenda                                         32
aktuelle Ausgabe. Benutzername: ee Passwort: futuresoleil

                                                                                       Titelbild: Schweizer Solarpreis 2019

                                                                                       Erneuerbare Energien Nr. 6     Dezember 2019    3
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

                             PELLETPREISE                                                                                               WARTEZEIT
                             Dezember 2018 bis Dezember 2019                                                                            VERKÜRZT
                             Pelletpreise in CHF/t (inkl. MwSt. und Lieferung)
                                                                                                                                        Anfang 2019 befanden sich 15 500 Anla­
                                                                                                                                        gen auf der Warteliste der Einmalver­
                                                                                                                                        gütung für Kleinanlagen (KLEIV) und 4000
                                                                                                                                        auf der Warteliste für Grossanlagen
Grafik: www.pelletpreis.ch

                                                                                                                                        (GREIV). Bis Ende des Jahres wird die KLEIV
                                                                                                                                        an rund 13 500 und die GREIV an rund
                                                                                                                                        1750 Antragstellende ausbezahlt. Dies ent­
                                                                                                                                        spricht einem Fördervolumen von 115 be­
                                                                                                                                        ziehungsweise 180 Millionen Franken. Bis
                                                                                                                                        Ende 2020 wird die KLEIV voraussichtlich
                             Der Index ist ein Durchschnittspreis, der sich aus den Preisangaben verschiedener Pelletlieferanten        für alle Anlagenbetreiber ausbezahlt und
                             zusammensetzt.                              © www.pelletpreis.ch, jeden Monat die aktuellen Pelletpreise   die GREIV denjenigen zugesichert, die ihr
                                                                                                                                        vollständiges Gesuch bis zum 31. Januar
                                                                                                                                        2020 einreichen. Das betrifft rund 18 000
                             SKEPSIS GEGENÜBER DEN BESCHLÜSSEN                                                                          Klein­ sowie 820 realisierte und 1530 nicht
                             Der Bundesrat hat am 23. Oktober 2019 Revisionen der Energieeffizienzverordnung (EnEV),                    realisierte Grossanlagen. Die Wartezeit bis
                             der Energieförderungsverordnung (EnFV) und der Energieverordnung (EnV) verabschiedet.                      zur Auszahlung der KLEIV kann auf unter
                             Die Swissolar kritisiert Förderungskürzungen innerhalb der EnFV, in der die Einmalvergü­                   ein Jahr verkürzt werden. Projektanten, die
                             tung (EIV) wie auch die Einspeisevergütung (EVS) gekürzt werden. Der Bundesrat begrün­                     sich 2020 für die GREIV anmelden, müssen
                             det die Senkung der Beiträge mit einer für den Branchenverband Swissolar fragwürdigen                      weniger als ein Jahr auf die Vergütung war­
                             Annahme, wonach die Investitionskosten im April 2020 um über neun Prozent tiefer liegen                    ten. 2019 wurden insgesamt 410 Anlagen
                             würden als im Vorjahr. Als Voraussetzung für eine weitere Absenkung der EIV hat Swissolar                  in die kostendeckende Einspeisevergütung
                             in der Vernehmlassung die Reduktion des bürokratischen Aufwands beim Bau einer Photo­                      (KEV) aufgenommen. Bei den Photovolta­
                             voltaikanlage genannt. Allein die verschiedenen Bewilligungen und Kontrollen verursachten                  ikanlagen wurde die Warteliste bis zu den
                             einen Aufwand von acht bis zwölf Stunden pro Anlage. Swissolar hat in der Vernehmlas­                      Anlagen abgebaut, die sich bis und mit 30.
                             sung verschiedene Vorschläge zum Abbau von Bürokratie gemacht, die aber bisher, mit                        April 2012 angemeldet hatten. Bei den üb­
                             Ausnahme einer vereinfachten Anlagenbeglaubigung bei der Pronovo, nicht berücksichtigt                     rigen Technologien (Biomasse­, Kleinwas­
                             worden seien. Unter dem Strich sinkt der Anteil der Einmalvergütung an den Investitions­                   serkraft­, Wind­ und Geothermieanlagen)
                             kosten nochmals, was den Bau von Photovoltaikanlagen weniger attraktiv macht und damit                     wurde die Warteliste ebenfalls weiter abge­
                             im Widerspruch zu den Zielen der Energiestrategie 2050 und den klimapolitischen Zielen                     baut (54 Biomasseanlagen, 68 Kleinwas­
                             der Schweiz liegt. Gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf wurde immerhin auf eine Ab­                        serkraftwerke, 1 Windenergieanlage). Bis
                             senkung der leistungsbezogenen Beiträge verzichtet. Stattdessen wird der Grundbeitrag um                   Juli 2020 werden noch 147 Photovoltaik­
                             29 Prozent reduziert. Dies schaffe indirekt einen Anreiz, Anlagen nicht zu knapp zu dimen­                 anlagen mit einer Leistung über 100 kW
                             sionieren. Heute werden meist auf Eigenverbrauch optimierte kleine Anlagen gebaut, die                     (total 41 MW) in das Einspeisevergütungs­
                             oft nicht die ganze zur Verfügung stehende Dachfläche nutzen, was volkswirtschaftlich und                  system aufgenommen, die bis und mit
                             in Bezug auf den notwendigen Ausbau der Solarenergie problematisch sei. Ebenfalls redu­                    30. Juni 2012 angemeldet worden sind und
                             ziert wird der Vergütungssatz des Einspeisevergütungssystems (EVS) für Photovoltaikanla­                   für die der Betreiber das Wahlrecht zuguns­
                             gen (9 statt 10 Rp./kWh). Dies sei aus den genannten Gründen ebenfalls fragwürdig, aber                    ten der Einspeisevergütung ausgeübt hat.
                             für den weiteren Ausbau der Photovoltaik wenig relevant, da praktisch keine neu erstellte                  Dies wird das letzte KEV­Kontingent für die
                             Anlage vom EVS profitieren könne. Unproblematisch ist aus Sicht von Swissolar hingegen                     Photovoltaik sein.
                             die Teilrevision der EnV. Für die Solarbranche relevant ist Art. 16 Abs. 3, wo die Referenz­                                              BFE/Redaktion
                             kosten des externen Stromprodukts bei Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch definiert
                             werden.                                                                    Swissolar/Redaktion

                                                                                                                                        STRATEGIE
                                                                                                                                        DES BUNDES
                                                                                                                                        Cleantech steht für Ressourcen­ und
                                                                                                                                        Energieeffizienz – zwei unerlässliche Instru­
                                                                                                                                        mente zur Umsetzung der Klimaziele und
                                                                                                                                        der Energiestrategie 2050. Das Thema
                                                                                                                                        Cleantech ist in den Teilstrategien und
                                                                                                                                        Geschäften der einzelnen Bundesstellen
Foto: Beat Kohler

                                                                                                                                        angekommen und soll dort künftig als
                                                                                                                                        fester Bestandteil konsequent weiter vor­
                                                                                                                                        angetrieben werden. Dies hat der Bundes­
                                                                                                                                        rat beschlossen.               BFE/Redaktion

                             4     Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2019
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

KANTONE FÜR                                      der Windenergie. Mit ihrer Entscheidung für
                                                 die Windparks Sur Grati und EolJorat Sud
                                                                                                   (ZSW) und des Bundesverbands der Ener­
                                                                                                   gie­ und Wasserwirtschaft (BDEW) ergeben
DEN WIND                                         zeigen die Gerichte, dass sie beginnen, die       erfreuliche Nachrichten: Die erneuerbaren
                                                 Windtechnologie und das damit verbun­             Energien haben einen Anteil von 42,9 Pro­
Der zweite positive Gerichtsentscheid für        dene Potenzial zu erkennen.» Isabelle Che­        zent des Bruttostromverbrauchs in Deutsch­
die Schweizer Windenergie innerhalb von          valley, Präsidentin der Suisse Eole, betont       land gedeckt. Im März erreichten sie auf­
weniger als fünf Wochen: Nachdem der             die Rolle der Windenergie für die Schweizer       grund des ausserordentlich starken Wind­
Windpark EolJorat secteur Sud Ende Sep­          Stromversorgung: «Mit den Windparks Sur           aufkommens sogar 52 Prozent. Wenn sich
tember grünes Licht erhalten hatte, sprach       Grati und EolJorat Sud und ihren insgesamt        das Wind­ und Sonnenaufkommen im vier­
sich das waadtländische Kantonsgericht nun       14 Windrädern kann ein Teil des Schweizer         ten Quartal wie im Durchschnitt der letzten
auch für den Windpark Sur Grati aus. Dieser      Windenergiepotenzials genutzt werden.             Jahre gestaltet, könnte der Anteil der erneu­
soll gemäss dem Entwickler Strom für etwa        Windenergie ist eine Komponente im erneu­         erbaren Energien im Gesamtjahr 2019 bei
11 000 Haushalte liefern und wird von            erbaren Schweizer Energiemix, die mit ihrer       gut 42 Prozent liegen.
VOénergies mit Unterstützung der Gemein­         hohen Stromproduktion in den Wintermo­
den Premier, Vaulion und Vallorbe getragen.      naten eine saubere und sichere Stromver­
Er wird etwa 75 Prozent des Stromver­            sorgung gewährleistet.»
brauchs der Gemeinden decken. Auch                              Pressedienst/Matthias Schiemann
Lionel Perret, Leiter von Suisse Eole in der
Romandie, freut sich über die Anerkennung
der nationalen Interessen, führt aber die po­
sitiven Gerichtsentscheide auch auf Eigen­
                                                 VIEL ERNEUERBARE
leistung zurück: «Dieser zweite positive Ge­     ENERGIE

                                                                                                                                                      Foto: Beat Kohler
richtsentscheid innerhalb von weniger als
fünf Wochen gründet auf den seriösen Stu­        Die ersten Auswertungen des Jahres 2019
dien, die von unserer Branche erstellt wur­      des Zentrums für Sonnenenergie­ und Was­
den, und auf dem nationalen Interesse an         serstoff­Forschung Baden­Württemberg

AMBITIONIERTE SZENARIEN FÜR ERNEUERBARE ENERGIEN
Gegen Ende des Jahres werden jeweils neue        ist der World Energy Outlook der Internatio­
Ausblicke und Prognosen für die erneuerba­       nalen Energieagentur (IEA). In diesem wer­
ren Energien veröffentlicht. IRENA, die In­      den verschiedene Szenarien betrachtet und
ternationale Organisation für erneuerbare        fortgeschrieben, welche die künftige Ent­
Energien, zeigt in ihrem aktuellen Bericht zur   wicklung des Energiesystems prognostizie­
globalen Energiewende «Future of Solar           ren sollen. Immer wieder erntet die IEA da­
Photovoltaic» zwei Entwicklungsszenarien         bei Kritik für ihre Annahmen bei den erneu­
auf. Das erste Szenario zeigt den weiteren       erbaren Energien. Gerade die künftige Ent­
Weg anhand der derzeitigen politischen           wicklung der Photovoltaik hat die IEA oft
                                                                                                    Dr. Matthias Fawer          Christian Rath
Rahmenbedingungen auf, während in ei­            weitreichend unterschätzt. Dies ist insofern
nem zweiten Szenario die globale Erwär­          problematisch, als Regierungen vieler Län­        eigenen Fähigkeiten haben. Auch bei der Fi­
mung bis 2050 unter zwei Grad gehalten           der ihre Energiepolitik auf den Prognosen         nanzierung folgen die Versorger einem
werden soll. Die Photovoltaik soll bei der       der IEA aufbauen. Die fortschreitende Trans­      neuen Trend. Gemäss der Climate Bond Ini­
Transformation des Energiesystems eine           formation des Elektrizitätssektors erfordert      tiative wurden in den ersten sechs Monaten
zentrale Rolle spielen. Das REmap­Szenario       ein schnelles Handeln der politischen Ent­        2019 die Hälfte ihrer Anleihen als Green
kann jedoch nur Realität werden, wenn die        scheidungsträger, um mit dem technologi­          Bonds ausgegeben. Diese werden bei Inves­
installierte PV­Leistung in den nächsten         schen Wandel und dem steigenden Bedarf            toren als Ausweis für die Zukunftsfähigkeit
zehn Jahren versechsfacht wird. Die instal­      eines flexiblen Stromsystems Schritt zu hal­      der Unternehmen gesehen. Auch die Euro­
lierten Kapazitäten müssten dafür bis 2030       ten. «Die Welt muss sich dringend darauf          päische Investmentbank (EIB) will ihre Dar­
von 480 Gigawatt (Ende 2018) auf 2840 Gi­        konzentrieren, die globalen Emissionen zu         lehenspolitik für den Energiesektor neu aus­
gawatt ausgebaut werden. Bis 2050 müss­          senken. Dazu bedarf es einer grossen Koali­       richten. Mitte November hat sie daher be­
ten rund 8500 Gigawatt an PV­Leistung ins­       tion aus Regierungen, Investoren, Unter­          schlossen, ab Ende 2021 keine neuen Finan­
talliert sein – 18­mal mehr als Ende 2018.       nehmen und allen anderen, die sich für den        zierungen für Projekte im Bereich fossiler
Dafür müssten die jährlichen Zubauraten je­      Klimaschutz einsetzen», sagt dazu IEA­Chef        Brennstoffe in Betracht zu ziehen. Die Bank
doch massiv gesteigert werden. Für 2030          Fatih Birol. Die Energiewende kommt auch          will mit ihren Finanzierungen künftig ver­
müssten die Neuinstallationen bei etwa 270       immer deutlicher bei den Versorgern an.           stärkt Innovationen im Bereich erneuerbare
Gigawatt pro Jahr liegen und 2050 auf 372        Wurden viele traditionelle Unternehmen vor        Energien und Energieeffizienz fördern.
Gigawatt erhöht werden. Derzeit liegt der        ein paar Jahren noch als Dinosaurier belä­
jährliche Zubau weltweit bei rund 100–120        chelt, gibt es nun verstärkt Versorger, die ei­    Dr. Matthias Fawer und Christian Rath, Thematic
Gigawatt. Ein weiterer prominenter Report        nen positiven Blick auf die Zukunft und ihre              Investment, Vontobel Asset Management

                                                                                                   Erneuerbare Energien Nr. 6    Dezember 2019   5
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

                      GLOBALSTRAHLUNG (KWH/M 2)                                                                                                                                                                     ZEV RUND UM
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                                     Schweiz
                                                                     7°E                                  8°E                          9°E                            10°E                            11°E

                                                                                                                                                                                             Monatssumme
                                                                                                                                                                                                                    POLOHALLE
                                                                                                                                                                                             kWh/m2

                                                                                                                            Schaffhausen                                                       > 245
                                                                                                                                                Kreuzlingen                                    241 - 245
                                                                                                                                                                                               236 - 240            Solarify hat auf der neuen Polohalle in
                                                                                              Basel                      Frauenfeld                                                            231 - 235

                                                                                           Liestal       Baden
                                                                                                                     Winterthur           Rorschach
                                                                                                                                                                                               226 - 230
                                                                                                                                                                                               221 - 225            Wichtrach eine grosse Photovoltaikanlage
                                                                                                                              Wil      St.Gallen                                               216 - 220

                                                                                  Delémont   Olten
                                                                                                   Aarau       Zürich
                                                                                                                     Uster
                                                                                                                                    Herisau
                                                                                                                                                                                               211 - 215
                                                                                                                                                                                               206 - 210
                                                                                                                                                                                               201 - 205
                                                                                                                                                                                                                    errichtet. Die Anlage besteht aus 224 Pa-
                                                                                             Solothurn
                                                                                                                                                           Schaanwald
                                                                                                                                                                                               196 - 200
                                                                                                                                                                                               191 - 195            nels und erzeugt pro Jahr rund 70 000 kWh
                                                                                                                        Zug                               Vaduz
                                                                                                                                                                                               186 - 190
                                                                               Biel
                                                                                               Burgdorf            Luzern
                                                                                                                                Einsiedeln                                                     181 - 185
                                                                                                                                                                                               176 - 180            nachhaltigen Strom – ohne Ausstoss von

                                                                                                                                                                                                             47°N
                                                                                                                                                                                               171 - 175
                                                                                                                              Schwyz
                                                                     Neuchâtel
                                                                                                                                                                                                                    Kohlendioxid, Lärm oder Abgasen. Dank
                       47°N

                                                                                                                                                                                               166 - 170
                                                                                Bern                                                                                                           161 - 165
                                                                         Murten                                                                                                                156 - 160
                                                                                                                                                              Chur
                                                                                                                                                                                                                    einem Zusammenschluss zum Eigenver-
                                                                                                                                                                                               151 - 155
                                                         Yverdon-                                                                                                    Davos       Scuol         146 - 150
                                                                             Fribourg
                                                         les-Bains                                                                                                                             141 - 145
                                                                                               Thun
                                                                                                                                                                                                                    brauch (ZEV) kann der Solarstrom direkt
                                                                                                                                                                                               136 - 140

                                                                                                      Interlaken
                                                                                                                                                                                               131 - 135
                                                                                                                                                                                               126 - 130

                                                                                                                                                                                                                    vor Ort verbraucht werden. Die Solarpa-
                                                                                                                                                                                               121 - 125
                                                                                                                                                                                               116 - 120
                                                         Lausanne                                                                                                    St.Moritz                 111 - 115

                                                                                                                                                                                                                    nels hat Solarify an 36 Privatpersonen in
                                                                                                                                                                                               106 - 110
                                                                 Montreux                                                                                                                      101 - 105
                                          Nyon                                                                                                                                                 96 - 100

                                                                                                                                                                                                                    der ganzen Schweiz verkauft, unter ande-
                                                                                                                                                                                               91 - 95
                                                                                                                                                                                               86 - 90
                                                                                                                                                                                               81 - 85
                                      Genève                                          Sion
                                                                                                                                                                                                                    rem auch an Mitglieder des Polo-Clubs
                                                                                                                                                                                               76 - 80
                                                                                                                                             Bellinzona
                                                                                                                              Locarno                                                          71 - 75
                                                                                                                                                                                         >     66 - 70
                                                                           Martigny
                                                                                                                                                                                                                    Bern.                  Pressedienst/Redaktion
                                                                                                                                                                                               61 - 65

                                                                                                                                                                                                             46°N
                                                                                                                                                                                               56 - 60
                                                                                                  Zermatt                               Lugano
                       46°N

                                                                                                                                                                                               51 - 55
                                                                                                                                                                                               46 - 50
                                                                                                                                                                                               41 - 45
                                                                                                                                                                                               36 - 40

                                                                                                                                                                                                                    ZEV EINFACHER
                                     Quelle:                                                                                                                                                   31 - 35
                                     Meteotest                                                                                                                                                 26 - 30
                                     CH-3012 Bern                                                                                                                                              21 - 25
                                     www.meteotest.com                                                                                                                                   >     16 - 20
                                     www.meteonorm.com

                                                                                                                                                                                                                    ABRECHNEN
                                                                                                                                                                                               11 - 15

                                     November 2019
                                                                                                                                                                                               6 - 10
                                                                                                                                                                                               ≤6

                              6°E                                    7°E                                  8°E                            9°E                             10°E

                      ANOMALIE (%)                                                                                                                                                                                  Als Novum arbeiten Jungunternehmer mit
                               6°E                                   7°E                                  8°E                          9°E                            10°E                            11°E          den Zählern der CKW als Netzbetreiber zu-
                                     Schweiz: Relative Abweichung                                                                                                                   Relative                        sammen. So können Solarprojekte günsti-
                                                                                                                                                                                    Abweichung [%]
                                     zur Referenzperiode 1991-2010                                                          Schaffhausen                                                     > 125                  ger und einfacher ihre eigene Solarabrech-
                                                                                                                                                Kreuzlingen                              121 - 125
                                                                                                                                                                                         116 - 120
                                                                                        Basel                             Frauenfeld                                                      111 - 115
                                                                                                                                                                                         106 - 110
                                                                                                                                                                                                                    nung erstellen. Die CKW stellt ihr Mess-
                                                                                                                      Winterthur           Rorschach
                                                                                            Liestal       Baden                                                                          101 - 105
                                                                                                                               Wil      St.Gallen                                              100                  system dazu bereit, während Hausbesitzer
                                                                                                    Aarau       Zürich               Herisau                                               96 - 99
                                                                                  Delémont    Olten
                                                                                                                      Uster                                                                91 - 95
                                                                                                                                                                                           86 - 90                  ihre eigene interne Abrechnung im Online-
                                                                                                                                                                                           81 - 85
                                                                                                                                                           Schaanwald
                                                                               Biel
                                                                                             Solothurn
                                                                                                                        Zug
                                                                                                                                Einsiedeln
                                                                                                                                                          Vaduz
                                                                                                                                                                                           76 - 80
                                                                                                                                                                                              < 75                  tool zevvy erstellen können. Das Online-
                                                                                               Burgdorf            Luzern                                                                                           tool für interne Stromabrechnungen ist
                                                                                                                                                                                                             47°N

                                                                                                                              Schwyz
                                                                     Neuchâtel
                       47°N

                                                                                Bern
                                                                         Murten
                                                                                                                                                              Chur
                                                                                                                                                                                                                    eine preiswerte Ergänzung für die Eigen-
                                                         Yverdon-                                                                                                    Davos       Scuol
                                                         les-Bains
                                                                             Fribourg
                                                                                               Thun
                                                                                                                                                                                                                    verwaltung. «Immer mehr Projekte brau-
                                                                                                      Interlaken
                                                                                                                                                                                                                    chen unkomplizierte Lösungen für das Ab-
                                                         Lausanne                                                                                                    St.Moritz                                      rechnen von Solarprojekten», betont Cyrill
                                                                 Montreux
                                          Nyon                                                                                                                                                                      Burch, Gründer von zevvy. Die derzeit noch
                                      Genève                                          Sion
                                                                                                                                                                                                                    als Betaversion laufende Applikation kostet
                                                                                                                                             Bellinzona
                                                                                                                              Locarno
                                                                           Martigny                                                                                                                                 1 CHF pro Monat und Verbraucher im ZEV.
                                                                                                                                                                                                             46°N

                                                                                                  Zermatt                               Lugano                                                                      Sie trägt die Informationen des Stromver-
Grafiken: Meteotest

                       46°N

                                     Quelle:
                                                                                                                                                                                                                    brauchs der einzelnen Parteien zusammen.
                                     Meteotest
                                     CH-3012 Bern
                                     www.meteotest.com                                                                                                                                                              Mit den beiden Angeboten können Solar-
                                     www.meteonorm.com

                                     November 2019                                                                                                                                                                  projekte in Luzern rund fünfmal günstiger
                              6°E                                    7°E                                  8°E                            9°E                             10°E
                                                                                                                                                                                                                    verwaltet werden als übliche Lösungen in
                                                                                                                                                                                                                    anderen Kantonen.
                                                                                                                                                                                                                                           Pressedienst/Redaktion
                      WÄRMEPUMPE FÜR
                      TECHNOLOGY AWARD NOMINIERT
                      Die Schweizer Innovationskultur unterstützen und fördern – dies ist das Ziel des Swiss Tech-
                                                                                                                                                                                                                    AUF DEM WASSER
                      nology Award. Für eine Auszeichnung in der Kategorie «Innovation Leaders» ist dieses Jahr                                                                                                     Das internationale Forschungsprojekt RISE
                      die dezentrale Badezimmer-Vorwandeinheit zur Warmwasserproduktion Thermos nomi-                                                                                                               zu schwimmenden Solaranlagen hat im
                      niert. Herstellerin ist die Swissframe AG. Zusammen mit Professor Urs Muntwyler, Leiter des                                                                                                   November begonnen. Es soll insbesondere
                      Labors für Photovoltaiksysteme der Berner Fachhochschule (BFH), und zwei weiteren Fach-                                                                                                       die Kosten der Technologie drücken. Ziel ist
                      hochschulen hat sie ein System entwickelt, das die Fortluft der Wohnungslüftung als Wär-                                                                                                     es, die innovative Technologie marktfähig
                      mequelle nutzt und zur Erhitzung des Warmwasserspeichers eine hocheffiziente kleine                                                                                                           zu machen. Dazu hat das Konsortium aus
                      Wärmepumpe einsetzt. Die Swissframe AG produziert heute die Vorwandeinheit mit der                                                                                                           schwedischen, spanischen und portugiesi-
                      energieeffizienten Pumpe in Serienfertigung. In mehr als 100 Wohnungen ist Thermos be-                                                                                                        schen Playern Gelder vom Europäischen
                      reits in Betrieb. Mit dem System können Sanierungen im bewohnten Zustand in nur zwei                                                                                                          Meeres- und Fischereifonds (EMFF) erhal-
                      Wochen pro Badezimmer realisiert werden. «Die bereits installierten Anlagen laufen ohne                                                                                                       ten. Die Partner sehen in der Technologie
                      Ausfall oder Störungen, was von der Mieterschaft hoch geschätzt wird», sagt Balz Hegg,                                                                                                       grosses Potenzial.
                      Geschäftsführer der Swissframe AG.                                    Pressedienst/Redaktion                                                                                                                        Pressedienst/Redaktion

                      6             Erneuerbare Energien                      Nr. 6          Dezember 2019
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

OHNE FÖRDERUNG                                                            REZEPTE FÜR DIE
In der spanischen Provinz Castilla La Mancha hat Ende Oktober             ENERGIEWENDE
2019 der Bau einer Photovoltaikgrossanlage auf einer 90 Hektar
grossen Freilandfläche begonnen. Mit über 105 000 PV-Modulen
wird der Solarpark jährlich mehr als 80 Millionen kWh Strom
erzeugen. Realisiert wird das Photovoltaikkraftwerk ohne staatliche
Förderung.                                     Pressedienst/Redaktion

                                                                                                                                                    Foto: Höhn / Modell: Servipier AG
KEIN ABFALLPROBLEM
In Deutschland sind mehr als 1,7 Millionen Photovoltaikanlagen in
Betrieb. In der Schweiz sind es rund 85 000. Wie jedes Kraftwerk
haben auch Solarmodule eine begrenzte Laufzeit. Unter normalen
Bedingungen kann ein Photovoltaikmodul mindestens 25 Jahre
lang zuverlässig klimafreundlichen Strom liefern, meist deutlich län-
ger. Die meisten installierten Anlagen sind also noch in Betrieb. In      Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) präsentiert eine neue
einigen Jahren müssen Photovoltaikmodule allerdings in grossen            Studie von Dr. Rudolf Rechsteiner. Darin schlägt er verschiedene
Mengen deinstalliert und umweltfreundlich entsorgt und recycelt           Massnahmen zur Stärkung der Stromerzeugung mit erneuerbaren
werden. Der deutsche Bundesvorstand Solarwirtschaft (BSW) rech-           Energien vor. Die Schweiz liegt beim Anteil Wind- und Solarstrom
net in gut zehn Jahren mit einer grösseren Menge an Altmodulen.           auf Platz 26 in Europa. Schweizer Energieversorger investieren vor-
Diese Tatsache ist Urheberin einer Angst und eines Vorurteils ge-         wiegend in den europäischen Nachbarländern in neue Kraftwerke,
genüber der Photovoltaik: dass deren Entsorgung umweltschädlich          weil die Investitionssicherheit für erneuerbare Energien dort viel
sei. Der BSW räumt mit diesem Vorurteil auf und informiert über die      besser ist. Die Schweiz verfügt über einen grossen Handlungsspiel-
fachgerechte Entsorgung der Altmodule. Photovoltaik ist zu 80 bis         raum, um die Investitionssicherheit zu verbessern. Die Konflikte um
90% recycelbar. Die meisten installierten Anlagen sind Si-kristallin      den Landschaftsschutz können entschärft werden, wenn bereits be-
und enthalten neben kleinen Mengen Blei und Silber keine schädli-        stehende Infrastrukturen als Stellflächen für Photovoltaik zugäng-
chen Substanzen. Alternative Module können weitere Schadstoffe            lich gemacht werden. «Bereits mit dem geltenden Netzzuschlag von
(wie Cadmium oder Selen) enthalten. Diese können aber zu guten            2,3 Rappen pro Kilowattstunde kann die Stromerzeugung im Inland
Teilen vom Modul getrennt und fachgerecht entsorgt oder gar recy-         gestärkt und wettbewerbsfähig gestaltet werden», so die Einschät-
celt werden. Den deutlich grössten Teil macht das Glas aus. Dieses        zung von Rudolf Rechsteiner. Um mehr Standorte für grosse, kos-
lässt sich unbedenklich entsorgen. Auch das Aluminium, die Kabel         tengünstige Photovoltaikanlagen nutzbar zu machen, sollen beste-
und die Elektronik können problemlos vom Modul entfernt und re-           hende Infrastrukturen einem Nutzungsrecht unterstellt werden. Die
cycelt werden. Im Grossen und Ganzen müssen heute noch etwa               Potenziale sind gross: Dächer und Fassaden von Ställen, Lagerhallen
10 bis 20% Gewichtsanteil verbrannt werden, zum Beispiel die              und Parkplätzen, Lärmschutzwände, Zäune sowie Mauern entlang
Kunststofffolie und das schwermetallhaltige Lot. Etwa 4% werden           von Verkehrswegen.                              Pressedienst/Redaktion
deponiert, der Rest ist recycelbar.             Pressedienst/Redaktion

                                                                          FÜR FOSSILFREIE MOBILITÄT
AG FÜR WASSERSTOFF                                                        Der Verkehr kann und muss einen gewichtigen Teil dazu beitragen,
Groupe E und ENGIE Services AG gründen die Aktiengesellschaft             die Klimaerhitzung zu stoppen. In der Schweiz ist er für rund 40%
Swiss H2 Generation. Das Ziel der Gesellschaft ist die Erzeugung von      der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. An einer Fachtagung
erneuerbarem Wasserstoff für die CO2-neutrale Mobilität, die In-         zeigte der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) am 24. Oktober 2019
dustrie und die Speicherung erneuerbarer Energie. Energie aus Was-        auf, wie die Emissionen im Verkehr gesenkt werden können, prä-
serstoff ist zu 100% erneuerbar und emissionsfrei, wenn sie durch         sentierte Beispiele, die bereits heute Realität sind, und entwarf
das Elektrolyseverfahren mit Ökostrom erzeugt wird.                       Zukunftsvisionen für einen fossilfreien Verkehr. So betreibt Bern-
                                                 Pressedienst/Redaktion   mobil seit Dezember 2018 eine Buslinie mit batterieelektrischen
                                                                          Bussen. Markus Anderegg, Leiter Technik bei Bernmobil, berichtete

WASSERSTOFFTANKSTELLEN                                                    an der vom VCS organisierten Fachtagung im Stade de Suisse in
                                                                          Bern über die ersten Erfahrungen mit der neuen Technologie. Sie
Für eine Mobilität ohne fossile Energieträger gilt Wasserstoff als      hat ein grosses Potenzial, Dieselbusse zu ersetzen – dennoch stehen
vielversprechende Lösung. Was indes noch fehlt, ist ein flächende-       die hohen Kosten und Einschränkungen bei der Reichweite ihrer
ckendes Tankstellennetz. «Beim Aufbau dieser ersten Wasserstoff-          Verbreitung (noch) im Weg. Philipp Dietrich, CEO von H2 Energy,
Tankstellen in der Schweiz hat sich gezeigt, dass der Genehmi-            berichtete in seinem Vortrag, wie seine Firma den Aufbau der
gungsprozess und das Zusammentragen der relevanten rechtlichen            Wasserstoffmobilität in der Schweiz vorantreibt. Sie sorgt mit der
Bestimmungen sowohl für Tankstellenplaner als auch für die Behör-         Beschaffung von Wasserstoff-Lastwagen und dem Bau von Wasser-
den eine Herausforderung sind», sagt Christian Bach, Leiter der           stoff-Tankstellen sowohl für Angebot wie auch Nachfrage nach
Empa-Abteilung Fahrzeugantriebssysteme. Die Empa erarbeitet               dem Energieträger. Die VCS-Veranstaltung zeigte, dass bereits ver-
deshalb zusammen mit verschiedenen Stellen einen Genehmi-                 schiedene Lösungsansätze für eine fossilfreie Mobilität bestehen.
gungsleitfaden für Tankstellenbauer, Behörden und Fachstellen –           Der Umsetzung der Energiewende im Verkehr stehen keine unüber-
und ebnet so den Weg.                          Pressedienst/Redaktion     windbaren Hürden im Weg.                        Pressedienst/Redaktion

                                                                                                   Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2019   7
Erneuerbare Energien - SSES
Ende Dezember geht das AKW Mühleberg vom Netz –
höchste Zeit, den Umbau des Schweizer Energiesystems
ernsthaft an die Hand zu nehmen.

DAS ATOMKRAFTWERK
    GEHT VOM NETZ –
                             TEXT: WALTER SACHS, PRÄSIDENT SSES                 sie, «solange sie sicher sind». Diese Ungewissheit wird für
                                                                                die Stromversorgung in der Schweiz zum Problem, denn
                    Am 20. Dezember 2019 um 12.30 Uhr ist es so weit: Die       dadurch fehlen die Planungssicherheit und der Druck auf
                    BKW stellen den Leistungsbetrieb des Atomkraftwerks         Gesellschaft, Elektrizitätswirtschaft und Politik, rechtzei-
                    Mühleberg nach 47 Jahren endgültig ein. Anschliessend       tig Nachfolgekraftwerke aufzubauen, damit die Versor-
                    soll der Rückbau beginnen, was das Unternehmen vor          gungssicherheit gewährleistet werden kann. Dies, ohne
                    grosse Herausforderungen stellt. Die Stilllegung sei das    dass eine übermässige Abhängigkeit von Stromimporten
                    grösste Projekt seit dem Bau des AKW vor rund 50 Jah-       aus ungewisser Herkunft entsteht. Welche Optionen ste-
                    ren, erklären die BKW selbst. In den nächsten 15 Jahren     hen der Schweiz zur Verfügung? Ohne Blick auf die ge-
                    soll nach den vorliegenden Plänen der Rückbau erfol-        setzlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Rah-
                    gen – ob dies dann auch so reibungslos funktioniert, wie    menbedingungen kämen grundsätzlich folgende Kraft-
                    geplant und kommuniziert, wird sich zeigen.                 werkstypen infrage: fossile Kraftwerke, die Öl, Gas oder
                                                                                Kohle verbrennen, Kernkraft, alle erneuerbaren Energie-
                    WELCHER WEG IST RICHTIG?                                    formen wie Sonne, Wind, Wasser oder Biomasse oder
                    Die anderen AKW werden folgen. Auch sie wird man in-        sogenannte «Negawatt-Kraftwerke», welche die Einspa-
                    nerhalb der nächsten 5 bis 15 Jahre altershalber abschal-   rungen durch Effizienzsteigerungen bezeichnen.
                    ten müssen. Nur ist hier der Abschaltzeitpunkt unge-        Doch auf welches Pferd sollen wir setzen? Aufgrund der
                    wiss – gemäss den Entscheiden des Bundesrates laufen        sich deutlich abzeichnenden, CO2-bedingten Klimaände-

8     Erneuerbare Energien    Nr. 6   Dezember 2019
Erneuerbare Energien - SSES
SCHWERPUNKT

                                                                                                      ENERGIEWENDE

                                                                                                      ALS ERSTES SCHWEIZER STROMUNTERNEHMEN
                                                                                                      NEHMEN DIE BKW MIT MÜHLEBERG IHR ATOM­
                                                                                                      KRAFTWERK VOM NETZ. DER RÜCKBAU WIRD DAS
                                                                                                      UNTERNEHMEN NOCH SEHR LANGE BESCHÄFTIGEN.
                                                                                                      EFFIZIENZ UND DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN
                                                                                                      KÖNNEN DIE PRODUKTION DES AKW ERSETZEN.
                                                                                                      DIESE ENERGIEWENDE HIN ZU «100% ERNEUERBAR
                                                                                                      IN ALLEN SEKTOREN» IST MACHBAR UND
                                                                                                      FINANZIERBAR.
                                                             Fotos: BKW / Schweizer Solarpreis 2019

MÜHLEBERG
UND NUN?
rungen und der Tatsache, dass auch die Schweiz sich zu                                                 NEGAWATT-KRAFTWERKE
den Klimazielen von Paris bekannt hat, sind fossile                                                    Das Projekt «Negawatt statt Megawatt», ein interdiszipli-
Kraftwerke für die Zukunft keine Option. Auch die Kern-                                                näres Projekt der Zürcher Hochschule für angewandte
kraft ist wohl keine realistische Option, selbst wenn man                                              Wissenschaften, ist zum Ergebnis gekommen, dass in
davon absieht, dass mit der Annahme der Energiestrate-                                                 Schweizer Unternehmen der Energieverbrauch um 30%
gie 2050 der Neubau von Kernkraftwerken ausgeschlos-                                                   gesenkt werden könnte. Trotz teils intensiven Bemühun-
sen ist. Denn für den heutigen Park an Kernkraftwerken                                                 gen seitens Wirtschafts- und Umweltverbänden, Energie-
wären mehrere Ersatzneubauten notwendig. Hier ist aber                                                 versorgungsunternehmen und Energiefachstellen von
weit und breit kein Investor in Sicht. Kernkraft ist zudem                                             Kantonen und Gemeinden wurden diese beachtlichen
teuer: Für das im Bau befindliche Kernkraftwerk Hinkley                                                Energieeinsparpotenziale bis heute erst ungenügend aus-
Point C in Grossbritannien wird zum Beispiel über                                                      geschöpft. Die ZHAW hat im Speziellen KMU mit einem
35 Jahre ein Mindeststrompreis von rund 12 Rp./kWh                                                     Stromverbrauch zwischen 10 und 500 MWh pro Jahr be-
mit Inflationsausgleich gewährt. Dazu kommen Kredit-                                                   trachtet. Das technische Potenzial für Stromeinsparungen
garantien im Umfang von 13 Milliarden Franken sowie                                                    bei diesen KMU wird auf 5,7 TWh pro Jahr geschätzt, was
die Übernahme allfälliger Entsorgungsmehrkosten. Die                                                   10% des Stromverbrauches in der Schweiz entspricht.
sogenannten «Reaktoren der Generation IV», die in der                                                  Mindestens zwei Drittel davon wären für die KMU schon
Zukunft Strom produzieren sollen, sind weit von einer                                                  heute wirtschaftlich umsetzbar, was einer Einsparung von
serienreifen Technik entfernt, einige dort verwendete                                                  3,8 TWh pro Jahr entspricht.                          WS

                                                                                                                                    Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2019   9
Erneuerbare Energien - SSES
SCHWERPUNKT

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Potenziale der neuen erneuerbaren Energien,                        Schweizer Kraftwerkspark modernisieren. Und hier muss
die schon bestehende Wasserkraft ist hier nicht berücksichtigt:                                       das Hauptaugenmerk auf den erneuerbaren Energien lie-
 Technologie                     Begrenzung                Kosten pro kWh           Potenzial in CH   gen.
 Photovoltaik                    Standorte                 bei massivem             38 bis 50 TWh/    Über sehr grosses Potenzial verfügt die Solarenergie – in
                                                           Zubau ca. 6 Rp.,         Jahr              der Schweiz stellt sie das grösste ungenutzte Potenzial
                                                           heute 10–12 Rp.
                                                                                                      dar. Sie ist in den letzten Jahren zur preiswertesten Ener-
 Wind                            Standorte                 ca. 15–20 Rp.            4 TWh
                                                                                                      gieform mit kWh-Preisen zwischen acht und zwölf Rap-
 Biomasse                        begrenzt durch die        ca. 15–45 Rp.            2 TWh/Jahr
                                                                                                      pen geworden. In Deutschland, wo grosse Freiflächenan-
                                 Verfügbarkeit ver­
                                 gärbaren Materials                                                   lagen gebaut werden, liegen die kWh-Preise für neue
 Wasserkraft                     Standorte                 ca. 5–15 Rp.             2 TWh             Anlagen bei circa drei Rappen. Auch sind Solarkraft-
 Negawatt:                       keine                     ca. 1 bis 25 Rp.         15 TWh            werke die einzigen Energieproduktionsstätten, die
 Stromeffizienz                                                                                       schnell, dezentral und ohne langwierige Standortsuchen
 Negawatt: Mobilitäts­     Fahrzeugpark                    ca. 1 bis 25 Rp.         40 TWh            sowie Bewilligungsverfahren zugebaut werden können.
 effizienz (Umstellung auf                                                                            Hier kann sich jeder Bürger und jede Bürgerin unkompli-
 E­Mobilität)                                                                                         ziert und direkt an der Energiewende beteiligen, denn die
 Negawatt: Gebäude­              Gebäudebestand            ca. 1 bis 25 Rp.         35 TWh            Energiewende wird nur gelingen, wenn wir alle mithel-
 effizienz (Dämmung,
                                                                                                      fen und an einem Strang ziehen.
 alternative Heizsysteme,
 20 °C Raumtemperatur                                                                                 Dass die Umstellung auf «100% erneuerbar» machbar, fi-
 statt 21–23 °C)                                                                                      nanzierbar und vor allem nachhaltig ist, haben verschie-
Quelle für die Potenziale: «Dekarbonisierung des Schweizer Energiesystems», 2019,                     denste Studien gezeigt – und dies, obwohl wir hier vor
Nadia Sperr und Jürg Rohrer, https://doi.org/10.21256/zhaw­3325
                                                                                                      enormen Aufgaben stehen: So verbrennt und verfährt
                                                                                                      unser Land pro Stunde circa 1,3 Millionen Liter Erdöl.
Von diesen Potenzialen ist erst ein Bruchteil ausgeschöpft:
                                                                                                      Zählt man noch die Raffinerie- und Transportverluste
                                                                                                      dazu, sind es gar circa 1,6 Millionen Liter pro Stunde!
                                                                                                      Interessanterweise ist dieser enorme Energiebedarf erst
                                                                                                      in den letzten 60 Jahren entstanden: Der Pro-Kopf-Ener-
                                                                                                      gieverbrauch ist heute zweieinhalbmal höher als 1960,
                                                                                                      obwohl auch damals die Grundbedürfnisse der Bevölke-
                                                                                                      rung gedeckt waren. Die «grossen Verursacher» dieser
                                                                                                      Vervielfachung sind die Mobilität, die Entwicklung des
                                                                                                      Gebäudeparks und die Konsumartikel. Ein Beispiel: Die
                                                                                                      motorisierte Individualmobilität und der Strassengüter-
                                                                                                      verkehr hatten im Jahr 2017 einen Energieverbrauch von
                                                                                                      55 TWh. Rund 80% dieser Energie wurden in Wärme und
                                                                                                      lediglich 20% in Bewegung umgesetzt. Setzt man hier
                                                                                                      konsequent auf Elektromobilität – mit Antriebseffizien-
                                                                                                      zen von 80% und mehr –, dann reduziert sich der Ener-
                                                                                                      giebedarf im Mobilitätssektor (ohne Flugverkehr) in der
                        Konzepte (zum Beispiel die Natrium- oder Heliumküh-                           Schweiz auf 15 TWh pro Jahr. Würde man zeitgleich
                        lung) haben schon in der Vergangenheit für grosse Pro-                        statt auf immer grössere Fahrzeuge auf kleine und leichte
                        bleme gesorgt – so zum Beispiel der nahe Genf in Frank-                       Fahrzeuge setzen, wären der Ressourcenverbrauch sowie
                        reich gelegene, natriumgekühlte «Superphénix», der nach                       die notwendige (Lade-)Infrastruktur noch einmal deut-
                        nur zwölf Jahren aufgrund wiederholter Störfälle im Na-                       lich kleiner.
                        triumkühlkreislauf endgültig ausser Betrieb genommen
                        werden musste. Auch sind die Planungs- und Bauzei-                            KOSTEN SIND TRAGBAR
                        ten – es wird mit circa 20 Jahren gerechnet – einfach zu                      Zusammengefasst: Die Energiewende wird schneller,
                        lange. Zum Vergleich: Allein im Jahr 2012 wurden in                           preiswerter und ressourcenschonender gelingen, wenn
                        Deutschland 8,3 GW an Solaranlagen neu gebaut – die in                        nebst Umstellung auf erneuerbare Energien auch die Ef-
                        nur einem Jahr dort zugebauten PV-Anlagen produzie-                           fizienz unserer Energienutzung massiv gesteigert wird.
                        ren gleich viel Energie wie das Kernkraftwerk Gösgen.                         Aufgrund des knappen Zeithorizonts, der angesichts der
                                                                                                      dramatischen Klimaveränderungen noch bleibt, liegt es
                        DER ERNEUERBARE WEG                                                           nahe, dass beim Umbau vor allem auf vorhandene, seri-
                        Da für die Schweiz aus oben genannten Gründen realis-                         enreife Technologien gesetzt werden muss. Der Ausbau
                        tischerweise sowohl die fossile als auch die nukleare Op-                     der vorhandenen Potenziale reicht zusammen mit der
                        tion ausscheiden, bleiben nur noch die erneuerbaren                           existierenden Wasserkraft aus, um das Ziel «100% erneu-
                        Energien sowie die «Negawatt-Kraftwerke». Letztere sind                       erbar in allen Sektoren» zu erreichen. Zudem ist diese
                        energetisch gesehen am günstigsten, denn sie erzeugen                         Energiewende auch finanzierbar. Der dazu notwendige
                        keine Energie, sondern sorgen durch Effizienzsteigerun-                       Ausbau der Photovoltaik und der Windenergie inklusive
                        gen (zum Beispiel in der Industrie) dafür, dass weniger                       allfälliger Netzumbauten und Speicher wäre nach Schät-
                        Energie produziert werden muss. Nebst den «Negawatt-                          zungen der ZHAW mit einmaligen Kosten von rund
                        Kraftwerken» (siehe Kasten) müssen wir aber auch den                          57 Milliarden Franken verbunden.¹ Diese Zahl scheint

10      Erneuerbare Energien     Nr. 6   Dezember 2019
SCHWERPUNKT

viel grösser, als sie ist. Denn der mit dem Umbau produ-      «100% erneuerbar» umzustellen. In einer Energiepartner-
zierte Strom wäre nach der Abschreibung dieser Investi-       schaft hätten wir eine Art Göttifunktion: Im gleichen
tion gratis, da keine Brennstoffkosten mehr anfielen.         Masse, wie wir unser Land fit für die Zukunft machen,
Oder aber wir bezahlen (wie bisher auch) für die ver-         helfen wir auch dem Partnerland, seine Energieproduk-
brauchte Energie, dann wäre der Umbau wohl innerhalb          tion umzustellen. Dies ist letztlich auch wirtschaftlich
von 10 bis 20 Jahren amortisiert. Zum Vergleich: Die Na-      interessant. Deshalb: Packen wir es endlich an. Notwen-
tionalbank machte 2017 einen Gewinn von 54 Milliarden         dig sind dazu aber griffige Gesetze, bindende Absenk-
Franken. Und wir geben pro Jahr 11,5 Milliarden Fran-         pfade mit realistischen Zwischenzielen inklusive klarer
ken für fossile Energien aus – würden wir diese Gelder in     Handlungsoptionen bei Nichterreichung. Dies insbeson-
den Ausbau der erneuerbaren leiten, wäre dieser Ausbau        dere in Bereichen, wo die Idee der «Eigenverantwortung»
innerhalb von fünf Jahren finanziert. Danach hätten wir       nicht funktioniert, beispielsweise bei besonders energie-
die Energie gratis. Noch ein letzter Vergleich: Mit 60 Mil-   und umweltschädlichen Verfahren. Dass dieser Umbau
liarden Franken musste die Eidgenossenschaft die Gross-       nicht ganz reibungslos funktionieren wird und wir wäh-
bank UBS in der Finanzkrise 2008 retten, was sich unter       rend der Umbauphase Feinjustierungen vornehmen wer-
dem Strich ausgezahlt hat. 57 Milliarden Franken für die      den und uns neu abstimmen müssen, ist klar. Aber wir
Klimakrise scheint im Vergleich bezahlbar, denn diese         sollten endlich anfangen und dafür aufhören, Partiku­lar­
Investition wäre zudem durch Stromverkaufseinnahmen           interessen zu hoch zu werten. Die nachfolgenden Gene-
wohl innerhalb von zwei Jahrzehnten amortisiert. Auch         rationen werden uns dafür danken. In der Hoffnung, eine
hätte sie, wie alle Studien übereinstimmend feststellen,      breit abgestützte Solarallianz zu bilden, die diesen Aus-
positive Auswirkungen für die Wirtschaft und vor allem        bau vorantreibt, lädt die SSES Anfang des kommenden
auch für die Umwelt.                                          Jahres alle interessierten Kreise wie Verbände, Ämter
                                                              und Energieproduzenten zu einem Solargipfel ein. 
EIN ERSTER SCHRITT
Klar, die Schweiz alleine kann mit ihren Massnahmen im        Weitere Informationen unter sses.ch/solargipfel
Inland die Welt nicht retten. Aber als hoch entwickeltes      ¹ https://doi.org/10.21256/zhaw-3234
Land steht sie – ethisch, moralisch und technisch gese-
hen – in der Verantwortung, beim Umbau der Energie-
versorgung voranzuschreiten und nicht hinterherzuge-
hen. Zumal die Schweiz durch «Energiepartnerschaften»
auch mithelfen kann, in einem von der Grösse her ver-
gleichbaren Partnerland die Energieproduktion auf

 ZUM STAND DER ENDLAGER­                        orte zu früh ausscheiden lassen wollte.           keit vor, den radioaktiven Abfall auf
 SUCHE IN DER SCHWEIZ                           Zuletzt wieder im Fall von Nördlich Lä-           lange Zeit hinaus zu überwachen oder
 Nachdem die Schweiz zwischen 1969              gern. All dies zeigt: Die Entsorgung des          wieder zurückzuholen. Dabei ist heute
 und 1982 den radioaktiven Müll unbe-           Atommülls ist eine gewaltige Herausfor-           kaum noch bestritten, dass eine andau-
 kümmert im Nordostatlantik versenkt            derung, für die es noch keine funktionie-         ernde Überwachung des Tiefen­       lagers
 hat, geht sie heute verantwortungsvoller       rende Lösung gibt. Weltweit hat noch              notwendig ist – auch hinsichtlich der ge-
 damit um. Seit 1972 sucht die Nationale        kein Land ein Endlager für hochradioak-           sellschaftlichen Akzeptanz. Experten wie
 Genossenschaft für die Lagerung von ra-        tive Abfälle aus Atomkraftwerken in Be-           der Geologe Marcos Buser machen sich
 dioaktiven Abfällen (Nagra) Lösungen           trieb genommen. In der Schweiz wurden             für den sogenannten «Dual Approach»
 für eine sichere Entsorgung in der             im Rahmen des «Sachplans geologische              stark, der zuerst ein sicheres unterirdi-
 Schweiz. Nach aktuellem Kenntnisstand          Tiefenlager» die anfänglich sechs poten-          sches Zwischenlager und ein Pilotlager
 ist dies die Einlagerung in unterirdische      ziellen Lagerstandorte auf drei einge-            zur Demonstration der Sicherheit des
 Gesteinsschichten. Die Schweizerische          grenzt: Zürich Nordost, Nördlich Lägern           Tiefenlagerkonzepts vorsieht. In Zeiten
 Energie-Stiftung (SES) hat in der Vergan-      und Jura Ost. Aktuell führt die Nagra             der Klimaproteste und des sich abzeich-
 genheit verschiedentlich die zu optimis-       dort Tiefenbohrungen durch, um die erd-           nenden Generationenkonflikts reift die
 tische Planung bei der Endlagersuche           wissenschaftlichen Eigenschaften zu ver-          bittere Erkenntnis: Die letzten Generatio-
 bemängelt. Immer wieder wurde der              gleichen und darauf die Rahmenbewilli-            nen haben sich mit fossilen und nuklea-
 Nagra-­ Zeitplan von Rückschlägen über         gungsgesuche für die geeigneten Stand-            ren Energieträgern einen Wohlstand er-
 den Haufen geworfen, da die technische         orte abzustellen. Während die Standort-           wirtschaftet, der zulasten ihrer Kinder,
 und gesellschaftliche Komplexität unter-       suche vorangetrieben wird, sind noch              Kindeskinder und vieler weiterer Genera-
 schätzt worden war. So musste das in den       viele technische Fragen offen: Die Einla-         tionen geht. Das Atomstromzeitalter
 1980er-Jahren lange als Endlagergestein        gerungstechnik ist noch nicht ausgereift,         dauert noch ein paar Jahrzehnte. Danach
 bevorzugte kristalline Grundgebirge            geschweige denn erprobt. Nach wie vor             beginnt das Atommüllzeitalter – für
 nach einem Jahrzehnt kostspieliger Er-         ist unklar, ob die hochaktiven zusammen           Jahrtausende. Höchste Zeit, dass wir un-
 kundung aufgegeben werden, da es geo-          mit den schwach- und mittelaktiven Ab-            sere Energieversorgung umkrempeln!
 logisch nicht geeignet war. Auch wurde         fällen in einem Kombilager oder getrennt
 die Nagra mehrmals zurückgepfiffen,            gelagert werden sollen. Das aktuelle                  Valentin Schmidt, Leiter Kommunikation bei
 weil sie – um Kosten zu sparen – Stand-        Konzept der Nagra sieht keine Möglich-                 der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

                                                                                                  Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2019   11
PUBLIREPORTAGE

     SOLARVENTI ®

     KONTROLLIERT
     BELÜFTEN, ENTFEUCHTEN
     UND ERWÄRMEN MIT
     SONNENENERGIE
     AUTARK UND WARTUNGSFREI
     Riecht es in Ihrem Hause komisch?
                                                                   Kontrollierte Regelung
     Bildet sich Schimmel in Ihrem Ferienhaus?
                                                                   Mit dem innovativen SControl Multifunktionsregler be­
     Ein hoher Luftaustausch der gesamten Raumluft                 stimmen Sie, wann und wie gelüftet wird. Ob Temperatur­
     ist notwendig für eine effektive Belüftung.                   kontrolle der Zuluft, Überwachung der Raumtemperatur,
                                                                   feuchtegesteuerte Ab­ oder Zuluft, Taupunkt­Sicherheits­
                                                                   abschaltung – passen Sie den automatischen Betrieb ein­
     Einfach und kostengünstig                                     fach Ihren Bedürfnissen an.
     Der SolarVenti® ist ein leistungsstarker Solarluftkollektor
     mit Gebläsefunktion zur Belüftung von Räumen. Ein im          Den SolarVenti® können Sie einfach selbst montieren oder
     Kollektor eingebautes Solarmodul betreibt den fix ein­        Sie bestellen unseren Montageservice.
     gebauten Ventilator ganz unabhängig vom Stromnetz.
     Einfach an die Fassade montieren, durch eine Bohrung mit      Gerne beraten wir Sie persönlich.
     dem Haus verbinden und schon funktioniert das System:         Unsere Erfahrung mit SolarVenti® hat sich seit über
     Tiefere Energiekosten, kein Schimmel und bessere Raum-        30 Jahren bewährt.
     luft.                                                         SIMEXenergy GmbH, Generalvertretung Schweiz.

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      Belüften,
      Entfeuchten und
      Erwärmen mit
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      Autark und wartungsfrei

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                                                                      Thomas Scheidegger +41 71 536 08 05
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12     Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2019
SONNE

                                                                  WÄRME DER SONNE
                                                                  ZWAR IST DER VERKAUF VON SOLARTHERMIEKOLLEKTOREN 2018 ZURÜCKGEGANGEN,
                                                                  DOCH DIE WÄRME AUS DER SONNE HAT NOCH VIEL UNGENUTZTES POTENZIAL. EINEN SCHUB
                                                                  KÖNNTE UNTER ANDEREM DIE UMSETZUNG DER MUKEN 2014, ABER AUCH DER VERMEHRTE
                                                                  EINSATZ VON SOLARTHERMIE IN WÄRMEVERBUNDEN BEWIRKEN. ERMUTIGENDE BEISPIELE
                                                                  DAFÜR LASSEN SICH BEI UNSEREN NÖRDLICHEN NACHBARN FINDEN.

                                                                  M EHR SCHWUNG
                                                                    FÜR DIE
                                                                  SOLARTHERMIE

                                                                                                                                                                                                                                                                                          Foto: a energie ag
                                                                                                                                                                                                           Kollektoranlage des Wärmeverbunds Lyssach-
                                                                       TEXT: ANDREA HOLENSTEIN                                                                                                             Schüpfen mit einer Fläche von 460 m2
                                                                                                                                          Markt für Solarthermie ist vor allem im
                                                                  Sah es 2017 noch so aus, als ob der Ver-                                Bereich der Einfamilienhäuser in den letz-                       nach wie vor von Bedeutung ist, erklärte
                                                                  kauf von Solarthermiekollektoren leicht                                 ten Jahren eingebrochen. Das hat insbe-                          Solarpionier Josef Jenni, Inhaber und
                                                                  zunehmen würde, wurde diese Erwartung                                   sondere mit der grossen Popularität von                          Gründer von Jenni Energietechnik, an
                                                                  inzwischen leider enttäuscht: Die Zahlen                                Photovoltaiksystemen zu tun, die in Kom-                         der dritten Schweizer Solarkollektoren-
                                                                  fielen unter diejenigen von 2017 (vgl. Ta-                              bination mit einer Wärmepumpe oft ein-                           Selbstbautagung. «50% unseres Energie-
                                                                  belle). Warum? «Das wissen wir leider                                   facher zu installieren und zu betreiben                          bedarfs brauchen wir in Form von
                                                                  nicht genau», sagt David Stickelberger,                                 sind als Solarthermiesysteme. Zusätzlich                         Wärme», erläuterte er. Es sei am effizien-
                                                                  Geschäftsleiter Swissolar auf Anfrage.                                  sind auch die Investitionskosten von So-                         testen, Wärme als Wärme zu produzieren,
                                                                  «Ein möglicher Grund könnte sein, dass                                  larthermiesystemen in den letzten Jahren                         zu speichern und zu brauchen. «Jede Um-
                                                                  die Einführung der Einmalvergütung für                                  nicht derart stark gesunken wie bei der                          wandlung bedeutet grosse Verluste und
                                                                  Anlagen ab 30 kW die Photovoltaik für                                   Photovoltaik.»                                                   steigert damit den Primärenergiebedarf»,
                                                                  Grossanlagen wieder attraktiver gemacht                                                                                                  so Jenni. Solarthermie in Verbindung mit
                                                                  hat.» Marianne Zünd, Leiterin Abteilung                                 WÄRME IST EFFIZIENT                                              Holz, was ebenfalls nichts anderes ist als
                                                                  Medien und Politik beim Bundesamt für                                   Dass die Solarthermie für den Umbau der                          gespeicherte Sonnenenergie, stellen für
                                                                  Energie (BFE), nennt weitere Gründe: «Der                               Energiesysteme in der Schweiz jedoch                             Jenni das ideale Tandem in der Wärme-

                                                                                      Verkaufte thermische Kollektoren (m2)                                                        Energieertrag der thermischen Kollektoren (GWh/a)
Grafik: Bundesamt für Energie, Markterhebung Sonnenenergie 2018

                                                                     180'000                                                                                          800

                                                                     160'000
                                                                                                                                                                      700

                                                                     140'000
                                                                                                                                                                      600

                                                                     120'000
                                                                                                                                                                      500
                                                                     100'000
                                                                                                                                                                      400
                                                                      80'000

                                                                                                                                                                      300
                                                                      60'000

                                                                                                                                                                      200
                                                                      40'000

                                                                      20'000                                                                                          100

                                                                          0                                                                                             0
                                                                               1990

                                                                                         1995

                                                                                                    2000

                                                                                                              2005

                                                                                                                        2010

                                                                                                                                 2015

                                                                                                                                            2016

                                                                                                                                                      2017

                                                                                                                                                               2018

                                                                                                                                                                            1990

                                                                                                                                                                                        1995

                                                                                                                                                                                                    2000

                                                                                                                                                                                                                  2005

                                                                                                                                                                                                                                 2010

                                                                                                                                                                                                                                           2015

                                                                                                                                                                                                                                                        2016

                                                                                                                                                                                                                                                                 2017

                                                                                                                                                                                                                                                                              2018

                                                                               Röhren      Flachkollektoren     Unverglaste    Unverglaste selektiv    Heutrocknung                Röhren      Flachkollektoren          Unverglaste    Unverglaste selektiv   Heutrocknung

                                                                                                                                                                                                           Erneuerbare Energien Nr. 6                    Dezember 2019               13
Foto: Arcon Sunmark
                                                                                                  Im dänischen Silkeborg steht seit Ende 2016 das
versorgung dar, da sowohl Sonnenenergie             wachung merkt es niemand», so Stickelber-     weltweit grösste Kollektorfeld mit einer Fläche
                                                                                                  von 156 694 m² und produziert 80 000 MWh
als auch Holz in der Schweiz im Überfluss           ger. Auch die vorgesehene Umsetzung po-
                                                                                                  thermische Energie für einen Wärmeverbund.
vorhanden sei. Davon konnten sich die               litischer Beschlüsse (MuKEn 2014, Modul
Selbstbauer auf dem Areal der Jenni Ener-           Heizungsersatz) und eine weitere Erhöhung
gietechnik in Oberburg bei Burgdorf                 der CO2-Abgabe dürften der Solarthermie       mit einer Nennleistung von insgesamt
gleich persönlich überzeugen. Dort steht            helfen, fügt er an und ergänzt: «Für den      44 MW bzw. einer Kollektorfläche von
nicht nur das erste solar beheizte Einfami-         Marktbereich Wärmeverbünde wäre es            62 700 m2 in Wärmenetze eingebunden.
lienhaus der Schweiz, das von Jenni ge-             nützlich, wenn Kollektoren ohne Zonen-        Weitere 19 MW bzw. 23 200 m2 sind in Re-
baute wurde und bei dem er – man würde              planänderung auf der grünen Wiese instal-     alisierung oder Planung. Die Anlagen
heute sagen in einem PR-Stunt – mitten              liert werden könnten, wie beispielsweise in   werden vom Staat gefördert (bis zu 45%)
im Winter sogar das Aussenschwimmbad                der deutschen Exklave Büsingen. So etwas      und erreichen Wärmepreise von unter
beheizt hat, sondern auch drei solar be-            wäre in der Schweiz nicht machbar. Bei        zwei Eurocent. Ein Fünftel der Leistung
heizte Mehrfamilienhäuser. Hier ist die             uns müssen die Kollektoren auf Gebäuden       entfällt auf ländliche Regionen, wo Ener-
Entwicklung der Technologie gut zu se-              installiert werden. Das ist teurer, und es    giedörfer Wärmenetze mit Biomassekraft-
hen: Die Panelfläche hat sich bei den neu-          steht weniger Platz zur Verfügung.»           werken und Solarthermie-Freiflächenan-
eren Häusern um rund einen Drittel ver-                                                           lagen aufbauen. Auch zahlreiche städti-
kleinert, und auch der Wassertank zur               SCHUB DURCH DIE MUKEN                         sche Wärmeverbundbetreiber setzen neu
Speicherung der Solarwärme wurde klei-              Die Solarthermie wird auch in Zukunft ei-     auf Solarthermie. In Ludwigsburg entsteht
ner dimensioniert. Aber auch in den                 nen festen Stellenwert in der Schweizer       Deutschlands grösstes Kollektorfeld mit
neuen Häusern muss nie jemand frieren,              Energielandschaft haben, ist auch David       14 800 m2 Fläche. Es soll 4,5 Millionen
wie einer der Bewohner klarmachte. Jenni            Stickelberger von Swissolar überzeugt:        Kilowattstunden Wärme jährlich in den
beweist nicht nur bei seinen eigenen Pro-           «Sofern die MuKEn in den Kantonen voll-       Wärmeverbund der Stadt liefern.
jekten, dass seine Technologie mit den              ständig umgesetzt werden, erwarten wir
eingesetzten Kollektoren und den Solar-             einen Schub für die Solarthermie.» Da in      ERMUTIGENDE RESULTATE
tanks ausgereift und sehr effizient ist.            Zukunft bei einem Heizungsersatz 10%          Das Institut für Solartechnik (SPF) der
Diese Speicher müssen auch nicht überall            der benötigten Wärmeenergie erneuerbar        Hochschule Rapperswil untersucht zurzeit
so gross sein wie in den Mehrfamilienhäu-           sein müssen, wird Solarthermie für Einfa-     die Wirtschaftlichkeit von Solarthermie
sern, sondern finden bei Sanierungen von            milienhäuser (wieder) interessanter. Auch     bei bestehenden Energieverbunden im
Einfamilienhäusern auch auf der Fläche              die Kombination von Erdwärmesonden            Kanton St. Gallen. Die Resultate sind er-
von ehemaligen Öltanks Platz.                       und Solarthermie hat Potenzial: Im Som-       mutigend: Sind passende Dachflächen in
                                                    mer wird dem Boden über die Sonde über-       der Nähe vorhanden und werden die An-
WO DEN HEBEL ANSETZEN?                              schüssige Solarwärme zugeführt, die dann      lagen wie andere Solarthermieanlagen ge-
David Stickelberger sieht zwei Ansatz-              im Winter wieder zur Verfügung steht          fördert, sind Wärmegestehungspreise von
punkte, um die Solarthermie stärker zu för-         (Erdsondenregeneration).                      unter drei Rappen möglich, wie das SPF
dern. 1. Preissenkungen: «Dafür bräuchte                                                          errechnet hat. Dass in der Schweiz Poten-
es wohl einen zweistufigen statt den heuti-         GROSSANLAGEN IN DÄNEMARK                      zial in Wärmeverbunden besteht, zeigt
gen dreistufigen Vertrieb», erklärt Stickel-        Zukunft hat die Solarthermie auch beim        beispielsweise auch die 2012 gebaute Kol-
berger, «das heisst einen direkten Verkauf          Einsatz in Wärmeverbunden. In Dänemark        lektoranlage des Wärmeverbunds Lys-
vom Hersteller an den Endkunden, und der            wurden bis heute vor allem als Freiflä-       sach-Schüpfen: Die 460 m2 Vakuumröhren-
Installateur wäre dann Unterauftragneh-             chenanlagen über 900 MW thermische            kollektoren auf einem Gebäude neben der
mer. Dies würde bei komplexen Anlagen               Leistung installiert. Die grösste Anlage      Energiezentrale decken 60 bis 70% des
auch zu einer hohen Qualität beitragen.»            befindet sich im dänischen Silkeborg mit      Wärmebedarfs im Sommer. Die Geste-
2. Zuverlässigkeit der Anlagen: «Es gibt            einer Kollektorfläche von 157 000 m2 und      hungskosten liegen zwar leicht höher als
immer noch zu viele thermische Anlagen,             einer Leistung von 100 MW. Auch               für Wärme aus dem Holzheizkraftwerk,
die über Monate nicht zuverlässig oder gar          Deutschland setzt auf Solarthermie: Aktu-     aber deutlich unter dem Verkaufspreis für
nicht laufen, und wegen fehlender Über-             ell sind 34 solarthermische Grossanlagen      die Wärme.

14   Erneuerbare Energien   Nr. 6   Dezember 2019
SONNE

SOLARARCHITEKTUR
DER DEUTSCH-FREIBURGER SOLARARCHITEKT ROLF DISCH – ERFINDER DES PLUSENERGIE-
HAUSES UND DES HELIOTROPS – BAUT VOR DEN TOREN FREIBURGS EINE NEUE GEBÄUDEZEILE
MIT 70 WOHNUNGEN, 16 GEWERBEEINHEITEN, E-MOBILITÄTS-KONZEPT UND CLUSTER-
WOHNUNGEN. DER BEKANNTESTE SOLARPIONIER DEUTSCHLANDS IST HEUER 75 GEWORDEN,
UND SEIN BÜRO SOLARARCHITEKTUR FEIERT DEN 50. GRUND GENUG, AUF EIN STÜCK SOLAR-
GESCHICHTE ZURÜCKZUBLICKEN.

DISCH BAUT UNERMÜDLICH
DIE SOLARE ZUKUNFT
     TEXT: INGRID HESS

                                                                                                                                                         Bilder: Rolf Disch
Wieder entsteht im Raum Freiburg im Breisgau
ein innovativer Gebäudekomplex. Die Stadt in
der Sonnenstube Deutschlands ist bekannt für
solare Pionierprojekte. Zahlreiche Solarunter-
nehmen wurden hier gegründet, und auch die
Solarmesse Intersolar hat hier gute Rahmenbe-
dingungen gefunden, bis sie 2007 zu erfolgreich
wurde und nach München weiterzog. Einer, der
seit vielen Jahren unermüdlich einen Beitrag
dazu leistet, ist Solararchitekt Rolf Disch, der
auch nach seinem 75. Geburtstag nicht ans Auf-
hören denkt.
In einem 110 Meter langen, mehrfach leicht ge-
knickten Riegel sollen vier Plusenergiehäuser
mit 70 Wohnungen, Büros und Einzelhandelsflä-
chen entstehen. Baubeginn war für August 2019
vorgesehen, doch der verschiebt sich nun wegen
Verzögerungen bei der Baugenehmigung auf
Anfang 2020. Die Plusenergie-Klimahäuser im
Freiburger Vorort Schallstadt gehen energetisch
noch einen Schritt über die mehrfach ausge-
zeichnete Solarsiedlung am Freiburger Schlier-
berg und das Sonnenschiff hinaus: Die Gebäude
sollen ihren eigenen Energiebedarf komplett de-
cken. Sie sind mittels solargetriebener Wärme-
pumpen an ein innovatives kaltes Nahwärme-
netz (ein Leitungsnetz für den Transport von
Wärme auf niedrigem Temperaturniveau) ange-
schlossen. Vorgesehen ist, einen Legionellenfilter
einzubauen. Das hat den Vorteil, dass das Dusch-
wasser nicht auf 60 bis 70 Grad aufgeheizt wer-
den muss, 48 Grad genügen. So arbeitet die
Wärmepumpe deutlich besser. Wärmerückge-
winnung für das Duschwasser ist ebenfalls vor-
gesehen, sodass das abfliessende Duschwasser
das frische bereits wieder aufwärmt.
Zur Energiegewinnung sind die Dächer mit gros-
sen Flächen Photovoltaik bestückt, ebenso die
Zufahrt zur Tiefgarage und die Balkonbrüstun-
gen. Damit wird ein Stromüberschuss produ-           Das Heliotrop war das erste Haus der Welt, das mehr Energie produziert, als in seinem Innern
ziert, der auch die Elektromobilität mit Solar-      verbraucht wird.

                                                                                                    Erneuerbare Energien Nr. 6   Dezember 2019      15
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