Erneuerbare Energien - SSES

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Erneuerbare Energien - SSES
Erneuerbare                         12 LANDNUTZUNG
                                                            Solarenergie über Ackerbau

                        Energien
                                                            fördert gar die Produktivität.

                                                            15 SOLARBAUERN
                                                            Im Interview erklärt Max
                                                            Meyer, Leiter des Projektes
                                                            «Solarbauern», dessen Erfolg.

                                                            23 ELEKTROTRAKTOR
                                                            Hiesiger Landwirt entwickelt
                                                            Prototyp eines elektrischen
                                                            Traktors.

Nr. 4   August 2019

Eine Publikation der SSES in Zusammenarbeit mit Swissolar

TRADITIONELLES
WEINGUT SETZT AUF
SONNENENERGIE
SEITE 8
Erneuerbare Energien - SSES
Lieber ins eigene bad
                                 einspeisen aLs ins netz.
                       Mit deM FrOniUs OHMpiLOt sOLar-
                       energie nOCH eFFizienter nUtzen.
  / Der Fronius Ohmpilot ist die effiziente Lösung zur Nutzung von Solarenergie für die Wärmeerzeugung, zum
Beispiel um Heizstäbe zur Warmwasseraufbereitung in Boilern anzusteuern. Diese intelligente, stufenlose Rege-
                                          lung von Wärmequellen ermöglicht den Eigenverbrauch zu optimieren.
                                                                                  Mehr unter www.fronius.ch
Erneuerbare Energien - SSES
EDITORIAL                                                  INHALT

WIR MÜSSEN HANDELN – JETZT!                                                                Aktuell                                        4

                                                                                           Schwerpunkt
                                Der letzte Sommer mit wochenlang ausbleibenden
                                Niederschlägen steckt uns Bauern immer noch in den
                                                                                           Château d’Auvernier: Wie sich Photo­
                                Knochen. Dieses Jahr hatten wir schon extreme Hitze,
                                                                                           voltaik in die Landschaft und die
                                Hagelschlag, starke Stürme und massive Überschwem­
                                                                                           Landwirtschaft integrieren lässt.              8
                                mungen. Wir Bauern – in der Schweiz wie weltweit –
                                spüren die Klimaveränderung bei unserer täglichen
                                                                                           Sonne
                                Arbeit in und mit der Natur besonders stark. Gemäss
                                den Wissenschaftlern bringt der mit dem Treibhaus­
                                                                                           Agrophotovoltaik: Die Sonne könnte
                                effekt verbundene Klimawandel steigende Durch­
                                                                                           auf den Feldern gleich doppelt
                                schnittstemperaturen und mehr Wetterextreme mit
                                                                                           gewinnbringend genutzt werden.                12
                                sich. In der Schweiz erwarten die Fachleute zudem eine
                                ausgeprägtere Sommertrockenheit. Einen Vorge­              Solarbauern: Ein Projekt der SSES
                Markus Ritter   schmack darauf haben wir letztes Jahr bekommen. Ne­        fördert seit vielen Jahren die Installation
                    Präsident   ben ihrer Betroffenheit ist die Landwirtschaft auf der     von Photovoltaik auf Bauernhäusern. 15
     Schweizer Bauernverband
                                anderen Seite auch für einen Teil des Ausstosses an kli­
                  Nationalrat
                                marelevanten Gasen verantwortlich. Damit ist sie ge­       Erneuerbare Energien
                                fordert, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Mit
                                der Revision des CO2­Gesetzes wird neu ein konkretes       Pellets: Die ausgezeichnete einheimische
                                Reduktionsziel für Treibhausgasemissionen aus der          Produktion fördert den Holzabsatz aus
                                Landwirtschaft festgelegt. Die Bauern sind sich auch       den Schweizer Wäldern.                  17
                                bewusst, dass sie einen Beitrag zur Reduktion bei der
                                                                                           Biogas: Kleinanlagen, die mit eigenem
                                Emission von klimarelevanten Gasen leisten müssen.
                                                                                           Substrat betrieben werden, können sich
                                Seit 1990 hat die Landwirtschaft ihren Gesamtausstoss
                                                                                           für Landwirte lohnen.                  18
                                um 11,4 Prozent reduziert und verursacht heute
                                13 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Schweiz.       Windenergie: Als Landbesitzer haben
                                45 Prozent davon sind Methan aus der Nutztierhal­          Landwirte bei Grossanlagen oft ein
                                tung. Ein Drittel macht Lachgas aus, das den landwirt­     Wörtchen mitzureden.                          19
                                schaftlichen Böden entweicht und bei der Hofdünger­
                                lagerung entsteht. Der Rest entfällt auf Kohlendioxid,     Politik und Wirtschaft
                                das grösstenteils aus der Treibstoffverbrennung
                                stammt. Im Feld der Emissionsverminderung gilt es,         Marktentwicklung: Der Zubau der
                                vor allem im Bereich Technik und Innovation neue,          Photovoltaik auf Landwirtschafts­
                                wirksame Wege zu finden und zu fördern. Die Land­          gebäuden stagniert.                           20
                                wirtschaft kann im Bereich der erneuerbaren Energien
                                                                                           Elektrotraktoren: Ein Schweizer Entwickler
                                und der Energieeffizienz ihren Beitrag leisten. Biogas­
                                                                                           bringt im kommenden Jahr ein neu
                                anlagen produzieren beispielsweise nicht nur Öko­
                                                                                           entwickeltes Modell auf den Markt.     23
                                strom, sondern reduzieren durch den Fermentations­
                                prozess auch die Methanemissionen der Hofdünger.
                                                                                           Flash                                         28
                                Gerade beim Effizienzgewinn gibt es viele Möglichkei­
                                ten wie die Wärmerückgewinnung aus der Milchküh­
                                                                                           SSES-News
                                lung, Frequenzumformer bei Melkanlagen, energie­
                                sparende Ferkelnester und vieles mehr. Insgesamt stellt    VESE-News
                                der Klimawandel die Bauernfamilien und den Bauern­
                                                                                           Cartoon
                                verband vor eine ganze Reihe neuer Aufgaben. Wir
                                müssen diese angehen, je schneller desto besser.
                                                                                           Branchenverzeichnis                           30

Liebe Mitglieder                                                                           Impressum                                     31

Die elektronische Version der «Erneuerbaren Energien» finden Sie auf der Website
                                                                                           Agenda                                        32
der SSES: www.sses.ch. Sie erhalten an dieser Stelle jeweils das Passwort für die
aktuelle Ausgabe. Benutzername: ee Passwort: futuresoleil

                                                                                           Titelbild: Caves du Château d'Auvernier

                                                                                             Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2019       3
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

                                 PELLETPREISE                                                                                          VIEL ARBEIT
                                 August 2017 bis August 2018                                                                           Elf Millionen Menschen sind im Bereich der
                                 Pelletpreise in CHF/t (inkl. MwSt. und Lieferung)                                                     erneuerbaren Energien beschäftigt. Das er-
                                                                                                                                       gibt eine Analyse der internationalen Agen-
                                                                                                                                       tur für Erneuerbare Energien IRENA. Ihr
                                                                                                                                       jüngster Bericht, «Renewable Energy and
                                                                                                                                       Jobs – Annual Review», zeigt, dass die An-
                                                                                                                                       zahl Arbeitsplätze trotz einem langsameren
                                                                                                                                       Wachstum in wichtigen Märkten für erneu-
Grafik: www.pelletpreis.ch

                                                                                                                                       erbare Energien, einschliesslich Chinas, auf
                                                                                                                                       ihr höchstes Niveau gestiegen ist.
                                                                                                                                                              Pressedienst/Redaktion

                                                                                                                                       KLEINE SPEICHER
                                 Der Index ist ein Durchschnittspreis, der sich aus den Preisangaben verschiedener Pelletlieferanten
                                 zusammensetzt.
                                                                                                                                       GANZ GROSS
                                 © www.pelletpreis.ch, jeden Monat die aktuellen Pelletpreise                                          Beim Schwarmspeicher werden mehrere
                                                                                                                                       kleine dezentrale Speicher virtuell zusam-
                                 AUSBAU DES LABOR- UND                                                                                 mengefügt. Gemeinsam stellen sie die
                                                                                                                                       Regelleistung bereit, um das Netz bei
                                 EXPERIMENTIERPLATZES                                                                                  Produktionsschwankungen zu stabilisieren.
                                 Die Gesellschaft Mont-Soleil will das Potenzial ihres Labor- und Experimentierplatzes wei-            Im Allgäu standen bis anhin fünf verschie-
                                 terentwickeln. Seit bald 30 Jahren wird das Projekt oberhalb von Saint-Imier (BE) erfolgreich         dene solcher Zwischenspeicher mit einer
                                 betrieben. Der Mont-Soleil eignet sich wie kein anderer Ort für den praktischen Umgang                Gesamtleistung von 2,5 Megawatt. Im De-
                                 mit neuen Energietechnologien. Langjährige Erfahrungen in der Nutzung der erneuerbaren                zember 2018 ging eine sechste baugleiche
                                 Energien, insbesondere von Sonnen-, Wind- und Wasserstrom, bieten dafür eine hervorra-                Anlage in Betrieb. Der Schwarmspeicher
                                 gende Voraussetzung. Ausser der Region Mont-Soleil im Netz der La Goule SA verfügt                    soll auch in Zukunft erweitert werden. Ziel-
                                 keine andere Region der Schweiz über eine fast vollständige Abdeckung der Stromnach-                  gruppe sind ausser Energieversorgern und
                                 frage durch erneuerbare Energien. Dieses Potenzial soll genutzt werden. Die Gesellschaft              Genossenschaften auch Gewerbebetriebe.
                                 Mont-Soleil will den bestehenden Labor- und Experimentierplatz verstärkt für die technolo-            Dort können stationäre Batteriespeicher
                                 gische Entwicklung und die hohe Fachausbildung zur Verfügung stellen. Sie stützt sich da-             zum Beispiel zur Reduzierung des Leis-
                                 bei zum einen auf die langjährige Zusammenarbeit mit Entwicklern, Herstellern und An-                 tungs- und Energiepreises, zur Vermark-
                                 wendern aus aller Welt ab. So sollen im engen Kontakt mit namhaften national und inter-               tung von Regelleistung, zur Leistungser-
                                 national tätigen Instituten und Industriefirmen neue Zusammenarbeitsformen ausgelotet                 tüchtigung eines E-Fuhrparks oder im Zu-
                                 werden, insbesondere in den Bereichen der Produktions-, Steuerungs-, Speicherungs- und                sammenhang mit Notstromanwendungen
                                 Regelungstechnologien. Darüber hinaus ist die Gesellschaft bestrebt, die Zusammenarbeit               eingesetzt werden.     Pressedienst/Redaktion
                                 mit interessierten Hochschulen weiter zu verstärken. Besonderes Interesse besteht in einer
                                 Zusammenarbeit mit der ETH Lausanne und der Fachhochschule Bern. Als international an-
                                 erkannte Orte für die hohe Fachausbildung von Energiefachleuten in der angrenzenden Re-               AUSGEZEICHNETE
                                 gion bieten sie sich für eine Zusammenarbeit an. Dahin gehend wurde auch letztes Jahr
                                 zum ersten Mal die erfolgreiche Doktorandenschule mit der ETH Lausanne auf dem Mont-
                                                                                                                                       LÖSUNG
                                 Soleil durchgeführt.                                                    Pressedienst/Redaktion        Mit dem Hybridwechselrichter Plenticore
                                                                                                                                       plus in Kombination mit der BYD Battery
                                                                                                                                       Box H11.5 hat Kostal einen Standard
                                                                                                                                       auf dem Heimspeichermarkt gesetzt. Die
                                                                                                                                       Stromspeicherinspektion der Hochschule
                                                                                                                                       für Technik und Wirtschaft HTW Chur be-
                                                                                                                                       titelt diese Produktkombination als Test-
                                                                                                                                       sieger in Sachen ökonomischer Effizienz.
                                                                                                                                       Der Heimspeicher biete eine ausgezeich-
                                                                                                                                       nete Basis für ein ganzes Eco-System im ei-
                                                                                                                                       genen Heim und könne auf vielfältige und
                                                                                                                                       intelligente Weise mit anderen Anwendun-
Foto: Gesellschaft Mont-Soleil

                                                                                                                                       gen verbunden werden. Durch die so er-
                                                                                                                                       möglichte gezielte Ansteuerung von Ver-
                                                                                                                                       brauchern im Haus zu den Zeitpunkten, in
                                                                                                                                       denen Energie von der Solaranlage zur Ver-
                                                                                                                                       fügung steht, kann der Eigenverbrauch op-
                                                                                                                                       timiert werden.        Pressedienst/Redaktion

                                 4     Erneuerbare Energien   Nr. 4   August 2019
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

VERBRAUCH GESUNKEN                                                      SAUBERE KEHRMASCHINE
Der Endenergieverbrauch der Schweiz ist 2018 gegenüber dem Vor-
jahr um 2,2% auf 830 880 Terajoule (TJ) gesunken. Ein wichtiger
Grund dafür ist die im Vergleich zum Vorjahr wärmere Witterung. Die
Anzahl Heizgradtage nahm gegenüber dem Vorjahr um 10,6% ab.
Der Verbrauch von Heizöl extraleicht sank um 10,1%, derjenige von
Erdgas um 5,6% gegenüber dem Vorjahr. Zugenommen haben 2018
jedoch andere Faktoren, welche den langfristigen Wachstumstrend
des Energieverbrauches bestimmen: die ständige Wohnbevölkerung
(+0,7%), das Bruttoinlandprodukt (+2,5%), der Motorfahrzeugbe-
stand (+1,0%) und der Wohnungsbestand. Effizienzsteigerungen

                                                                                                                                                  Foto: obs, Marcel Boschung AG
und Substitutionseffekte wirken sich hingegen dämpfend auf das
Wachstum des Energieverbrauches aus. Der Treibstoffverbrauch ins-
gesamt hat gegenüber dem Vorjahr zugenommen (+1,4%). Der Ab-
satz von Flugtreibstoffen stieg um 5,7% und wies die höchste abso-
lute Zunahme von allen Energieträgern auf. Die fossilen Treibstoffe
machen gut einen Drittel (35,4%) am gesamten Endenergiever-
brauch aus. Die wärmere Witterung wirkte sich auch auf den Ver-
brauch der erneuerbaren Energieträger zu Heizzwecken aus. Der Ver-      Die Energiestadt Chur setzt in ihrem Energiekonzept 2020 auf er-
brauch von Energieholz sank um 6,3%. Auch die Nutzung von Um-           neuerbare Energien, umweltverträgliche Mobilität und eine effi-
gebungswärme mit Wärmepumpen lag 1,8% unter dem Vorjahres-              ziente Nutzung der Ressourcen. Dazu gehört auch die Umrüstung
wert, ebenso der Verbrauch von Fernwärme (–2,1%). Der Verbrauch         des kommunalen Fuhrparks, wie zum Beispiel der Kehrmaschinen,
von Solarwärme registrierte hingegen eine Zunahme (+2,0%). Der          auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Die Boschung Gruppe in
Anteil dieser Energieträger am gesamten Endenergieverbrauch 2018        Payerne hat nun die vollelektrisch angetriebene und betriebene
betrug 9,2% (Energieholz: 4,6%, Umgebungswärme: 2,0%, Fern-             Kehrmaschine Urban-Sweeper S2.0 mit keinerlei Emissionen an die
wärme: 2,3%, Solarwärme: 0,3%).                Pressedienst/Redaktion   Stadt Chur übergeben.                        Pressedienst/Redaktion

NEUER BÖRSENPLAYER FÜR DEN US-DACHANLAGENMARKT
Gemäss der neuesten Untersuchung von            kaufszahlen stiegen gegenüber dem Vorjahr
Bloomberg New Energy Finance (BNEF) ha-         um 12% auf 271 Megawatt. Swissolar und
ben sich die Investitionen in erneuerbare       das Bundesamt für Energie (BFE) erwähnen
Energien im ersten Halbjahr 2019 weltweit       in ihrer neusten Marktuntersuchung die po-
um 14% reduziert. Insbesondere in China         sitive Wirkung der neuen Massnahmen, die
führte der Systemwechsel von Einspeisetari-     im Rahmen der Energiestrategie 2050 ein-
fen zu Auktionsverfahren für Wind- und So-      geführt wurden. Um die in der Strategie for-
larprojekte zu einem Rückgang der Investi-      mulierten Ziele erreichen zu können, müsste
tionen um 39% gegenüber der Vorjahrespe-        der jährliche Zubau bei der Photovoltaik je-
                                                                                                Dr. Matthias Fawer      Christian Rath
riode und damit auf das tiefste Level seit      doch mindestens bei 1500 Megawatt lie-
2013. Auch in den USA und Europa sanken         gen. Die amerikanische Solarfirma Sunnova       Im zweiten Quartal 2019 installierte die
die Investitionen, jedoch nur um 6% bezie-      ging Ende Juli an die Börse. Das Unterneh-      Firma lediglich 29 MW. Anfang Juli kündigte
hungsweise 4%. IRENA, die internationale        men arbeitet mit einem Netzwerk an qualifi-     ABB an, sein Wechselrichtergeschäft an den
Organisation für erneuerbare Energien, hat      zierten regionalen Installateuren zusammen      italienischen Inverter-Produzenten Fimer zu
in einer Studie die Anzahl Arbeitsplätze un-    und bedient damit mehr als 63 000 Kunden        verkaufen. Ziel dieser Transaktion ist es, die
tersucht, die durch diese Technologien ge-      in den USA und Puerto Rico. 2018 gene-          Zukunftsperspektiven der Wechselrichter-
neriert wurden: Weltweit waren Ende 2018        rierte Sunnova bei einem Umsatz von USD         sparte zu verbessern und es ABB gleichzeitig
über elf Millionen Menschen in diesem Sek-      104 Mio. einen Verlust von USD 68 Mio.          zu ermöglichen, sein Geschäftsportfolio
tor beschäftigt. Da immer mehr Länder           Sunnovas Aktien notierten am ersten Bör-        weiter konsequent auf andere Wachstums-
Technologien für erneuerbare Energien her-      sentag nicht bei den ursprünglich geplanten     märkte auszurichten. Die Universität Kassel
stellen, vertreiben und installieren, ist die   16 bis 18 Dollar, sondern nur bei 12 Dollar.    hat die Software «Pandapower» entwickelt,
Anzahl Arbeitsplätze nach dem jüngsten Be-      Damit konnte das Unternehmen USD                die die Planung und den Betrieb von Strom-
richt «Renewable Energy and Jobs – Annual       168 Mio. an neuem Kapital einholen. Der         netzen mit Blick auf die fortschreitende
Review» im Bereich der erneuerbaren Ener-       Dachanlagenmarkt in den USA ist heiss um-       Energiewende erheblich vereinfachen soll.
gien trotz dem langsameren Wachstum in          kämpft, und drei weitere Firmen – Sunrun,       Die Auslastung der Netze soll damit vorher-
den wichtigsten Märkten, einschliesslich        Vivint Solar und SunPower – sind ebenfalls      sehbarer und planbarer werden.
Chinas, auf ihr höchstes Niveau gestiegen.      börsenkotiert. SolarCity, das vor der Über-
In der Schweiz hat sich 2018 der Anteil des     nahme durch Tesla zu den wichtigsten Spie-
Solarstroms am Gesamtstromverbrauch auf         lern in diesem Markt zählte, ist mittlerweile   Dr. Matthias Fawer und Christian Rath, Thematic
3,4% erhöht (2017: 2,9%). Die PV-Ver-           in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.               Investment, Vontobel Asset Management

                                                                                                  Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2019     5
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

                           GLOBALSTRAHLUNG (KWH/M 2)                                                                                                                                                                                           NEUER REKORD
                                   6°E                                    7°E                                          8°E                                   9°E                                10°E                             11°E
                                                                                                                                                                                                                                               Flexible Solarzelle mit noch nie erreichter
                                         Schweiz                                                                                                                                                                        Monatssumme

                                                                                                                                           Schaffhausen                                                             >
                                                                                                                                                                                                                        kWh/m2
                                                                                                                                                                                                                          > 245
                                                                                                                                                                                                                                               Effizienz: Das Empa-Labor für Dünnschich-
                                                                                                                                           !
                                                                                                                                                                        Kreuzlingen
                                                                                                                                                                                                                                               ten und Photovoltaik hat seinen eigenen
                                                                                                                                                                                                                          241 - 245
                                                                                                                                                                        !
                                                                                                                                                                                                                          236 - 240

                                                                                                         Basel                                    Frauenfeld                                                              231 - 235

                                                                                                                                                                                                                                               Rekordwert gebrochen. Die Forschenden
                                                                                                                                                  !                                                                       226 - 230
                                                                                                         !                                    Winterthur             Rorschach
                                                                                                             Liestal              Baden          !                  !
                                                                                                                                                                                                                          221 - 225
                                                                                                            !                     !                   !
                                                                                                                                                        Wil     ! St.Gallen
                                                                                                                                                                                                                          216 - 220
                                                                                                                          Aarau        Zürich
                                                                                                                                                                                                                                               haben den Wirkungsgrad der Energieum-
                                                                                                                                                                                                                          211 - 215
                                                                                          Delémont                Olten   !
                                                                                                                                       !
                                                                                                                                                             !
                                                                                                                                                               Herisau                                                    206 - 210
                                                                                          !                         !                       ! Uster
                                                                                                                                                                                                                          201 - 205

                                                                                                                                                                                                                                               wandlung bei CIGS-Solarzellen auf flexib-
                                                                                                                                                                                                                          196 - 200
                                                                                                                                                                                  Schaanwald                              191 - 195
                                                                                                     Solothurn                                                                    !
                                                                                                     !
                                                                                                                                       Zug                                       Vaduz
                                                                                                                                                                                                                          186 - 190
                                                                                      Biel                                                           Einsiedeln
                                                                                                                                                                                                                                               lem Polymersubstrat auf 20,8 Prozent ver-
                                                                                                                                       !
                                                                                                                                                                                 !                                        181 - 185
                                                                                      !                                                              !
                                                                                                                                                                                                                          176 - 180
                                                                                                          Burgdorf                Luzern

                                                                                                                                                                                                                                        47°N
                                                                                                                                                                                                                          171 - 175
                                                                                                          !
                                                                                                                                  !            Schwyz
                                                                                                                                                                                                                                               bessert. Das ist 0,4 Prozent höher als die
                           47°N

                                                                      Neuchâtel                                                              !                                                                            166 - 170
                                                                      !           Bern                                                                                                                                    161 - 165
                                                                          !
                                                                           Murten !                                                                                                                                       156 - 160
                                                                                                                                                                                     Chur
                                                                                                                                                                                                                                               bisher erreichte Marke. Die Technologie
                                                                                                                                                                                                                          151 - 155
                                                              Yverdon-                                                                                                            !
                                                                                                                                                                                            Davos           Scuol   >     146 - 150
                                                                                  Fribourg
                                                              les-Bains
                                                                                                                                                                                                            !
                                                                                  !
                                                                                                                                                                                            !                             141 - 145
                                                                                                          Thun
                                                                                                                                                                                                                                               der Wahl ist Kupfer-Indium-Gallium-Dise-
                                                             !
                                                                                                                                                                                                                          136 - 140
                                                                                                          !
                                                                                                                   Interlaken
                                                                                                                                                                                                                          131 - 135
                                                                                                                   !                                                                                                      126 - 130

                                                                                                                                                                                                                                               lenid (Cu(In,Ga)Se2) oder CIGS, das die
                                                                                                                                                                                                                          121 - 125
                                                                                                                                                                                                                          116 - 120
                                                             Lausanne                                                                                                                           St.Moritz                 111 - 115
                                                             !
                                                                                                                                                                                                                                               Herstellung von flexiblen, leichten Solarzel-
                                                                                                                                                                                            !                             106 - 110
                                                                     Montreux                                                                                                                                             101 - 105
                                              Nyon
                                                                    !                                                                                                                                                     96 - 100

                                                                                                                                                                                                                                               len auf Polymerfolien ermöglicht. Flexible
                                              !                                                                                                                                                                           91 - 95
                                                                                                                                                                                                                          86 - 90
                                                                                                                                                                                                                          81 - 85
                                         Genève                                               Sion
                                                                                                                                                                                                                                               CIGS-Solarmodule sind bereits im Handel
                                                                                                                                                                                                                          76 - 80
                                                                                          !                                                                        Bellinzona
                                         !                                                                                                       Locarno
                                                                                                                                                    !
                                                                                                                                                                   !                                                      71 - 75
                                                                                                                                                                                                                          66 - 70
                                                                                Martigny
                                                                                                                                                                                                                                               erhältlich.
                                                                                                                                                                                                                          61 - 65
                                                                                                                                                                                                                                                                      Pressedienst/Redaktion
                                                                            !

                                                                                                                                                                                                                                        46°N
                                                                                                                                                                                                                          56 - 60
                                                                                                              Zermatt                                         Lugano
                           46°N

                                                                                                              !                                               !
                                                                                                                                                                                                                          51 - 55
                                                                                                                                                                                                                          46 - 50
                                                                                                                                                                                                                          41 - 45
                                                                                                                                                                                                                          36 - 40
                                         Quelle:                                                                                                                                                                          31 - 35
                                         Meteotest

                                                                                                                                                                                                                                               INITIATIVE
                                                                                                                                                                                                                          26 - 30
                                         CH-3012 Bern                                                                                                                                                                     21 - 25
                                         www.meteotest.com
                                         www.meteonorm.com                                                                                                                                                                16 - 20
                                                                                                                                                                                                                          11 - 15

                                         Juli 2019
                                                                                                                                                                                                                          6 - 10

                                                                                                                                                                                                                                               UNTERSTÜTZEN
                                                                                                                                                                                                                          ≤6

                                  6°E                                 7°E                                              8°E                                        9°E                               10°E

                           ANOMALIE (%)                                                                                                                                                                                                        Das Abschmelzen der Gletscher ist ein
                                   6°E                                    7°E                                          8°E                                   9°E                                10°E                             11°E          Alarmsignal: Wenn wir nicht sofort Mass-
                                         Schweiz: Relative Abweichung                                                                                                                                           Relative                       nahmen ergreifen, um die Klimaerwär-
                                                                                                                                                                                                                Abweichung [%]
                                         zur Referenzperiode 1991-2010                                                                     Schaffhausen                                                                > 125                   mung zu stoppen, werden unsere Existenz-
                                                                                                                                           !
                                                                                                                                                                        Kreuzlingen                               121 - 125
                                                                                                                                                                                                                   116 - 120
                                                                                                                                                                        !

                                                                                                         Basel
                                                                                                         !
                                                                                                                                               Frauenfeld!
                                                                                                                                                                                                                   111 - 115
                                                                                                                                                                                                                   106 - 110
                                                                                                                                                                                                                                               grundlagen irreversibel geschädigt. «Kon-
                                                                                                                                           Winterthur             Rorschach
                                                                                                             Liestal          Baden                                                                               101 - 105
                                                                                                                                                                                                                                               krete Massnahmen sind notwendig, um die
                                                                                                                                         !                       !
                                                                                                            !                 !                    !
                                                                                                                                                     Wil     ! St.Gallen                                                 100
                                                                                                                        Aarau       Zürich                  Herisau                                                  96 - 99
                                                                                          Delémont                Olten !
                                                                                                                                   !
                                                                                                                                                          !
                                                                                                                                                                                                                     91 - 95
                                                                                          !                         !                    ! Uster
                                                                                                                                                                                                                     86 - 90                   CO2-Emissionen in der Schweiz zu senken.
                                                                                                                                                                                  Schaanwald                         81 - 85

                                                                                      Biel
                                                                                                     Solothurn
                                                                                                     !
                                                                                                                                       Zug
                                                                                                                                       !
                                                                                                                                                     Einsiedeln                  !
                                                                                                                                                                                  !

                                                                                                                                                                                 Vaduz
                                                                                                                                                                                                                     76 - 80
                                                                                                                                                                                                                        < 75                   Die Windenergie leistet einen Beitrag zu
                                                                                      !                                                              !

                                                                                                          Burgdorf                Luzern                                                                                                       diesem Ziel, indem sie den Bedarf an Koh-
                                                                                                                                                                                                                                        47°N

                                                                                                          !
                                                                                                                                  !            Schwyz
                           47°N

                                                                      Neuchâtel                                                              !
                                                                      !           Bern
                                                                          !
                                                                           Murten !
                                                                                                                                                                                     Chur
                                                                                                                                                                                                                                               lestrom, den die Schweiz im Winter impor-
                                                              Yverdon-                                                                                                            !
                                                                                                                                                                                            Davos           Scuol
                                                             !
                                                              les-Bains
                                                                                  Fribourg
                                                                                  !
                                                                                                          Thun
                                                                                                                                                                                            !
                                                                                                                                                                                                            !
                                                                                                                                                                                                                                               tiert, reduziert. Tatsächlich produzieren
                                                                                                          !
                                                                                                                   Interlaken
                                                                                                                   !
                                                                                                                                                                                                                                               Windenergieanlagen zwei Drittel der Ener-
                                                             Lausanne
                                                             !                                                                                                                              !
                                                                                                                                                                                                St.Moritz                                      gie in dieser Jahreszeit», erläutert Isabelle
                                                                     Montreux
                                              !
                                               Nyon
                                                                    !
                                                                                                                                                                                                                                               Chevalley, die Präsidentin von Suisse Eole,
                                         Genève                                               Sion                                                                                                                                             der Vereinigung zur Förderung der Wind-
                                                                                          !                                                                        Bellinzona
                                         !                                                                                                       Locarno
                                                                                                                                                                                                                                               energie in der Schweiz, die die Gletscher-
                                                                                                                                                                   !
Grafiken: Meteotest Bern

                                                                                                                                                    !

                                                                            !
                                                                                Martigny
                                                                                                                                                                                                                                        46°N

                                                                                                              Zermatt                                         Lugano
                                                                                                                                                                                                                                               Initiative unterstützt. Pressedienst/Redaktion
                           46°N

                                                                                                              !                                               !

                                         Quelle:
                                         Meteotest
                                         CH-3012 Bern
                                         www.meteotest.com
                                         www.meteonorm.com

                                  6°E
                                         Juli 2019
                                                                      7°E                                              8°E                                        9°E                               10°E
                                                                                                                                                                                                                                               MEHR EFFIZIENZ
                                                                                                                                                                                                                                               Der Bund teilt mit, dass die Akteure der

                           SCHWIMMENDE KRAFTWERKE                                                                                                                                                                                              Initiative Energie-Vorbild ihre Energieeffizi-
                                                                                                                                                                                                                                               enz bis Ende 2018 gegenüber dem Basis-
                           Forschende der ETH Zürich, des PSI, der Universitäten Zürich und Bern sowie der Norwegi-                                                                                                                            jahr 2006 im Durchschnitt um 30,2 Prozent
                           schen Universität für Forschung und Technologie (NTNU) haben gemeinsam mit einem                                                                                                                                    steigern konnten. Die Initiative umfasst die
                           Team der Empa in ihrer Studie aufgezeigt, dass solare Methanol-Inseln langfristig genügend                                                                                                                          zivile Bundesverwaltung, das VBS, den
                           Treibstoff produzieren könnten, um die gesamte Mobilität CO2-neutral zu gestalten – welt-                                                                                                                           ETH-Bereich und bundesnahe Unterneh-
                           weit. Inmitten der Ozeane soll aus Solarenergie (und Wasser) Wasserstoff (H2) hergestellt                                                                                                                           men. Der durchschnittliche Anteil der er-
                           werden, der dann vor Ort mit aus dem Meerwasser gewonnenen CO2 zu Methanol umge-                                                                                                                                    neuerbaren Energien am Gesamtverbrauch
                           wandelt wird. Ausgangspunkt der Idee sind Solarinseln, also schwimmende Plattformen,                                                                                                                                entsprach 2018 mit 59 Prozent genau dem
                           ausgestattet mit Photovoltaikanlagen. Es existieren bereits grosstechnische Power-to-Gas-                                                                                                                           Ergebnis aus dem Vorjahr. Die 39 gemein-
                           Anlagen, die Wasserstoff und CO2 zu Treibstoff umwandeln – unter anderem die Demons-                                                                                                                                samen Massnahmen waren Ende 2018 be-
                           trationsplattform «move» auf dem Empa-Campus in Dübendorf. Die auf dem Meer benö-                                                                                                                                   reits zu 81 Prozent umgesetzt. Sie tragen
                           tigte Anlagenfläche für eine weltweite Versorgung mit Treibstoff wäre gewaltig: «Eine Flä-                                                                                                                          auch zum Klimaschutz bei. In neun von
                           che von rund 170 000 km2 wäre nötig, um den jährlichen Bedarf des globalen Güterver-                                                                                                                                zehn Fällen seien die Akteure beim Ersatz
                           kehrs zu produzieren», erklärt Andreas Borgschulte von der Empa-Abteilung Advanced                                                                                                                                  bestehender Heizungen von fossiler auf er-
                           Analytical Technologies. Das liesse sich am ehesten durch Solaranlagen auf dem Meer rea-                                                                                                                            neuerbare Energie umgestiegen.
                           lisieren, einer bislang ungenutzten Fläche, die niemandem gehört.     Pressedienst/Redaktion                                                                                                                                                Pressedienst/Redaktion

                           6             Erneuerbare Energien                         Nr. 4              August 2019
Erneuerbare Energien - SSES
AKTUELL

40 JAHRE HOLZENERGIE                                                     FAHREN MIT LUFT UND LICHT
Konrad Imbach, Präsident Holzenergie Schweiz, liess an der Jubilä-
umsversammlung die Erfolgsgeschichte der Dachorganisation der
gesamten Holzenergiebranche Revue passieren. Besonders beein-
druckend ist die Tatsache, dass die Energie aus dem Wald ihren An-
teil am sehr hart umkämpften Schweizer Wärmemarkt in der Wir-
kungszeit von Holzenergie Schweiz verdreifachen konnte und heute
wieder über der Marke von zehn Prozent liegt. Ihr Potenzial ist im-
mer noch sehr gross. Deshalb kann sie in den nächsten Jahren sozi-
alverträglich einen substanziellen Beitrag an die Erreichung der
Schweizer Energie- und Klimaziele leisten. Ziel ist ein Anteil von
15 Prozent am Schweizer Wärmemarkt bis 2030. Die starken
Trümpfe der Holzenergie – Erneuerbarkeit, CO2-Neutralität, Beitrag
an die Energiewende – seien geschickt auszuspielen und würden in
der Energiepolitik stechen, so Imbach.          Pressedienst/Redaktion

                                                                                                                                                 Foto: ETH Zürich
BÄUME ZUR KLIMARETTUNG
Die weltweite Aufforstung von Wäldern könnte zwei Drittel der
vom Menschen verursachten CO2-Emissionen aufnehmen. Dies
wäre die effektivste Massnahme gegen den Klimawandel. Zu die-            Forschende der ETH Zürich haben eine Technologie entwickelt, die
sem Schluss kommt eine aktuell in «Science» publizierte Studie der       aus Sonnenlicht und Luft flüssige Treibstoffe herstellt. Zum ersten
ETH Zürich. Die Forschenden zeigen darin auf, wo auf der Welt            Mal weltweit demonstrieren sie die gesamte thermochemische Pro-
neue Bäume wachsen könnten und wie viel Kohlenstoff sie spei-            zesskette unter realen Bedingungen. Die neue solare Miniraffinerie
chern würden. Sie haben berechnet, dass unter den aktuellen klima-       steht auf dem Dach des Maschinenlaboratoriums der ETH Zürich.
tischen Bedingungen die Erde mit rund 4,4 Milliarden Hektar Wald         Mit der Anlage der ETH-Forschenden werden CO2 und Wasser di-
bedeckt sein könnte. Das sind 1,6 Milliarden mehr als derzeit. Da-       rekt aus der Umgebungsluft abgeschieden und mit Solarenergie
von erfüllen 0,9 Milliarden Hektar das Kriterium, nicht von Men-         aufgespalten. Das Produkt ist Syngas, eine Mischung aus Wasser-
schen genutzt zu werden. Einst herangewachsen, könnten diese             stoff und Kohlenmonoxid, das anschliessend zu Kerosin, Methanol
neuen Wälder 205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern. Das            oder anderen Kohlenwasserstoffen verarbeitet wird. Diese können
sind etwa zwei Drittel der 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, die        direkt in der bestehenden globalen Transportinfrastruktur verwen-
seit der industriellen Revolution durch den Menschen verursacht in       det werden. «Mit dieser Anlage beweisen wir, dass die Herstellung
die Atmosphäre gelangt sind.                  Pressedienst/Redaktion     von nachhaltigem Treibstoff aus Sonnenlicht und Luft auch unter
                                                                         realen Bedingungen funktioniert», erklärt Aldo Steinfeld, Professor
                                                                         für erneuerbare Energieträger an der ETH Zürich, der die Technolo-
AUSSTOSS IN DER                                                          gie mit seiner Forschungsgruppe entwickelt hat. Die Forschungsan-

VERWALTUNG SENKEN                                                        lage steht mitten in Zürich und dient der ETH Zürich dazu, die For-
                                                                         schung an nachhaltigen Treibstoffen vor Ort voranzutreiben.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 3. Juli 2019 beschlossen,
anknüpfend an die Energiestrategie 2050 die Treibhausgasemissio-         Kleine Demonstrationsanlage
nen der Bundesverwaltung stärker zu senken. Er hat dazu das «Kli-        Die solare Miniraffinerie auf dem Dach der ETH beweist die Um-
mapaket Bundesverwaltung» verabschiedet. Dieses gibt die Stoss-          setzbarkeit der Technologie – selbst unter den klimatischen
richtung für weitere Massnahmen zum Flugverkehr, zur Fahrzeug-           Verhältnissen in Zürich – und produziert rund einen Deziliter Treib-
flotte und zum Gebäudebereich vor. So sollen Verwaltungsgebäude          stoff pro Tag. Steinfeld und seine Gruppe sind bereits daran, den
des Bundes mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge ausgerüstet            Solarreaktor im grossen Massstab im Rahmen des EU-Projekts
werden. Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur ist sicherzustellen, dass      SUN-to-LIQUID in der Nähe von Madrid zu testen. Das nächste Ziel
die Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen erfolgt. Das Kon-           ist, die Technologie auf industrielle Grösse zu skalieren und
zept «Gebäudesanierung» soll die Planung der energetischen Sa-           Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. «Eine Solaranlage von einem
nierungen, die Kosten und die CO2-Einsparungen aufzeigen und die         Quadratkilometer Fläche könnte pro Tag 20 000 Liter Kerosin pro-
Kriterien für Ausnahmen definieren. Ziel ist, dass in der Schweiz die    duzieren. Theoretisch kann man mit einer Anlage auf der Fläche der
Gebäude der gesamten Bundesverwaltung energetisch saniert wer-           Schweiz oder eines Drittels der Mojave-Wüste in Kalifornien den
den. Zudem bezieht die Bundesverwaltung bereits heute 100 Pro-           Kerosinbedarf der gesamten Luftfahrt decken.
zent erneuerbaren Strom, produziert diesen aber nur zu einem klei-
nen Teil selbst. Künftig sollen geeignete Dach- und Fassadenflächen      Bereits zwei Spin-offs
der Bundesverwaltung für die Produktion von Strom und Wärme              Aus der Forschungsgruppe von Aldo Steinfeld sind zwei Spin-offs
aus erneuerbaren Energien genutzt werden. Bis Mitte 2020 soll zu-        hervorgegangen: Synhelion ist 2016 entstanden und arbeitet daran,
handen des Bundesrats ein Konzept zur Nutzung aller geeigneten           die Technologie zur Herstellung von Solartreibstoffen auf den Markt
Flächen erarbeitet werden. Es enthält einen Aufbauplan zu den Flä-       zu bringen; Climeworks ist bereits 2010 gegründet worden und
chen, zu den Investitionskosten, zum Eigenverbrauch sowie zu den         kommerzialisiert die Technologie zur Abscheidung von CO2 direkt
CO2-Einsparungen.                               Pressedienst/Redaktion   aus der Luft.                                  Pressedienst/Redaktion

                                                                                                    Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2019   7
Erneuerbare Energien - SSES
PHOTOVOLTAIK IN DER ALTSTADTZONE:

ZWISCHEN UMWELT-
DENKMALSCHUTZ
                              TEXT: MATTHIAS SCHIEMANN                         Erlaubnis erteilen. Umso wichtiger wird dann die Ex­
                                                                               pertise der Verantwortlichen aus Architektur und Inge­
                     Zugegeben, es gibt mehr oder weniger ästhetisch integ­    nieurswesen. Die Anlage muss nämlich nicht bloss äs­
                     rierte Photovoltaikinstallationen. Die fortschreitende    thetisch in die Umgebung integriert, sondern soll auch
                     Entwicklung an färbbaren und dynamischen Photovol­        weiterhin optimalen Nutzen bringen. Es steht eine Grat­
                     taikmodulen hat hier in den letzten Jahren einen hoff­    wanderung zwischen Denkmalschutz und optimaler Nut­
                     nungsvollen Beitrag geleistet. Für Kleinanlagen in Bau­   zung auf dem Weg zur eigenen Anlage bevor.
                     und Landwirtschaftszonen benötigt man im Normalfall
                     keine Baubewilligung, doch die Schweiz kennt viele        LE CHÂTEAU D’AUVERNIER
                     denkmalgeschützte Zonen und Gebäude. Gemäss Arti­         Diese Gratwanderung ist Thierry Grosjean, Winzer und
                     kel 18a des Raumplanungsgesetzes dürfen Solaranlagen      Eigentümer des Château d'Auvernier, gelungen. Letztes
                     geschützte Denkmäler nicht wesentlich beeinträchtigen.    Jahr überbaute er die südliche Dachfläche der Winzer­
                     Je nachdem, ob es sich dabei um ein Gebäude von kom­      scheune «Le Corbet» komplett mit Photovoltaik. Zwar ist
                     munaler oder kantonaler Bedeutung handelt, muss also      die Scheune selbst nicht denkmalgeschützt, steht aber in
                     die Baubehörde von der Gemeinde oder dem Kanton die       unmittelbarer Nähe und auf dem Grundstück des denk­
                                                                               malgeschützten Schlosses Auvernier. Dementsprechend
                                                                               galt es, die Gemeinde Auvernier wie auch den Kanton
    WEINGUT MIT GESCHICHTE                                                     Neuchâtel für das Projekt mit an Bord zu holen. Die Ge­
    1559 gebaut, dient das Schloss seither der Weinlagerung. Seit es im        meinde sei von Anfang an wohlgesinnt gewesen. Nicht
    Jahr 1603 von Pierre II. Chambrier erworben wurde, wird es als Erbe im     zuletzt wegen der langen Geschichte und der starken In­
    Familienbesitz gehalten. Die anfänglich auf 7 ha beschränkte bewirt­       tegration der Familie und des Schlosses in der Gemeinde.
    schaftete Rebfläche ragt heute über 26 ha. Dazu vermarktet Thierry         Die Schwierigkeit bestand also darin, den kantonalen
    Grosjean heute weitere 34 ha Rebfläche in den umliegenden Gemein­          Denkmalschutz zu überzeugen. Denn dieser hatte bereits
    den. Unter den angebauten Sorten finden sich Chasselas, Pinot noir         einige Jahre zuvor den Bau einer ähnlichen Anlage auf
    und gris, Chardonnay, Sauvignon blanc, Gamaret und Garanoir, die in        dem etwas näher zum Schloss gelegenen Rezeptions­
    der gesamten Schweiz vermarktet werden.                                    gebäude «Les Marronniers» verhindert. Diese Nähe zum

8      Erneuerbare Energien    Nr. 4   August 2019
Erneuerbare Energien - SSES
SCHWERPUNKT

                                                                                            ES IST EIN ALTER EINWAND GEGEN DIE
                                                                                            PHOTOVOLTAIK: SIE SEI EINFACH NICHT SCHÖN
                                                                                            UND VERSCHANDLE DAS ORTSBILD. THIERRY
                                                                                            GROSJEAN, EIGENTÜMER DES SCHLOSSES UND
                                                                                            WEINGUTS AUVERNIER (CHÂTEAU D’AUVERNIER),
                                                                                            REALISIERTE EIN GEGENBEISPIEL. KOMPROMISSE
                                                                                            MIT DEM DENKMALSCHUTZ WAREN DABEI
                                                                                            UNUMGÄNGLICH, DOCH UMSO ZUFRIEDENER
                                                                                            ZEIGEN SICH DIE AKTEURE MIT DEM ENDPRODUKT.

UND
                                                       Foto: Caves du Château d’Auvernier

                                                                                            Vorne links das Rezeptionsgebäude
                                                                                            «Les Marronniers», dahinter die neue
                                                                                            Scheune «Le Corbet». Im Hintergrund
                                                                                            ist ein Blick auf die Rebfläche des
                                                                                            Weinguts zu erhaschen.

Schloss war letztlich ausschlaggebend gewesen für den                                       baut, denn auch am Abend gäbe es genügend Sonne.
negativen Bescheid des Kantons. Nichtsdestotrotz hat                                        Doch hier musste er sich auf einen Kompromiss einlas­
Thierry Grosjean seine Vision nicht aufgegeben. Nur we­                                     sen. Das relativ nah am See gelegene Anwesen ist vor
nige Zeit später ersuchte er erneut eine Bewilligung, und                                   allem von der höher gelegenen Nordwestseite des Dorfes
zwar für einen Neubau hinter «Les Marronniers». Was                                         gut zu erblicken. Es wurde deshalb befürchtet, dass eine
vier Jahre vorher nicht gestattet wurde, durfte dieses Mal                                  überbaute Nordwestseite des Daches das Erscheinungs­
Realität werden.                                                                            bild zu stark beeinträchtigen würde.

DIE ANFORDERUNGEN                                                                           KOSTEN-NUTZEN-BILANZ
DER DENKMALPFLEGE                                                                           Der Kompromiss schlägt sich letztlich auch auf die Pro­
Selbstverständlich galt es aber, dennoch den Forderun­                                      duktivität nieder. Die Effizienz gefärbter Module hat
gen der Denkmalpflege gerecht zu werden. «In erster Li­                                     zwar in den letzten Jahren vorzeigbare Fortschritte ge­
nie musste die Farbe der Solarpanels dem restlichen                                         macht, doch liegt ihr Wirkungsgrad trotzdem noch deut­
Dach entsprechen», erklärt Thierry Grosjean. Ferner sei                                     lich hinter dem von herkömmlichen blauen oder schwar­
es der Gemeinde und dem Kanton ein Anliegen gewesen,                                        zen Modulen. Die 266 monokristallinen Module auf einer
dass ziegelförmige Panels verwendet wurden, um die Im­                                      Fläche von 221 m2 mit einer Gesamtleistung von fast
pression eines gewöhnlichen Daches zu wahren. Diesen                                        24 kW produzieren 23 500 kWh pro Jahr. Bei einer An­
Ansprüchen konnten die Module «Cenif Solrif Terra­                                          lage dieser Grösse dürfte bei normalen monokristallinen
cotta» genügen. Entwickelt wurden sie an der Ecole poly­                                    blauen oder schwarzen Modulen je nach Ausrichtung
technique de Lausanne (EPFL) unter der Leitung von                                          mit einer Gesamtjahresproduktion von rund 37 000 kWh
Prof. Dr. Ballif, den Thierry Grosjean aus seiner Legisla­                                  gerechnet werden. Thierry Grosjean reut diese Zahl aller­
turperiode im Gross­ und Regierungsrat des Kantons                                          dings nicht. «Irgendwann muss man auf den Zug auf­
Neuchâtel kennt. Die eingefärbten Module lassen sich                                        springen. Wer immer nur auf weiterentwickelte Techno­
massgeschneidert anfertigen und können so als Ziegel                                        logie wartet, wird nie anfangen und immer nur warten»,
fungieren – sie sind wasserdicht und salzbeständig. Am                                      meint er. Vielleicht können gefärbte Module in zehn Jah­
liebsten hätte Thierry Grosjean das gesamte Dach über­                                      ren mit den herkömmlichen mithalten, doch dann hätte

                                                                                                                                   Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2019   9
Erneuerbare Energien - SSES
Foto: Caves du Château d’Auvernier
                                                                                Der Winzer und      teau eines Tages energieunabhängig zu führen. Hätte ich jetzt
                                                                                Eigentümer          noch länger gewartet, würden die Kosten auf meinen Sohn fallen.
                                                                                Thierry Grosjean.
                                                                                                    Somit verstehe ich es als intelligente Investition in die Zukunft.»
                                                                                Die braunen
                                                                                Photovoltaik-
                                                                                                    Ausserdem möchte er als gutes Beispiel vorangehen. Nicht bloss
                                                                                module im           gegenüber seiner Familie und seiner Belegschaft, sondern beson­
                                                                                Hintergrund sind    ders auch gegenüber der Gemeinde. Darüber hinaus stösst die
                                                                                kaum von einem      einzigartige Anlage auf Anklang. «In vielen Artikeln wird über
                                                                                gewöhnlichen
                                                                                                    die Installation berichtet und auch Besuchende des Château inte­
                                                                                Dach zu
                                                                                                    ressieren sich nicht bloss für den Wein, sondern auch für die
Bild: Matthias Schiemann

                                                                                unterscheiden.
                                                                                                    Photovoltaik», freut sich Thierry Grosjean über das Interesse. Das
                                                                                                    hat durchaus prominenten Nutzen für das Schloss. Doch das
                                                                                                    verzeichnet er lediglich als positiven Nebeneffekt. Motivation für
                                                                                                    die Installation war in erster Linie eine Philosophie des Umwelt­
                                                                                                    schutzes und die Vision eines energieunabhängigen Weinguts.

                           Thierry Grosjean weitere zahn Jahre keinen Strom produziert.             EINE UMWELTFREUNDLICHE ZUKUNFT
                           Trotz dieser Einbusse deckt die Installation letztlich fast einen        Der Ausbau ist Teil eines gesamthaften Energiekonzepts. Nach
                           Drittel des Strombedarfs des ganzen Anwesens. In erster Linie            und nach soll das Schloss umweltfreundlicher werden. Daran war
                           wird der produzierte Strom für die Weinherstellung benötigt.             unter anderem Bernhard Matthey, Ehrenmitglied der SSES, tat­
                           Über 90 Prozent davon kann der Winzer eigens verbrauchen. Be­            kräftig beteiligt. Sein Beratungsunternehmen, das heute unter
                           drückender ist allerdings die Kosten­Nutzen­Bilanz: Mit einer In­        Masail Conseils SA geführt wird, hat das Wärme­ und Kühlkon­
                           vestition von etwa 160 000 Schweizer Franken wird es mit dieser          zept für das Anwesen aufgestellt. An diesem Konzept wird auch
                           Produktivität etwa 30 Jahre dauern, bis die Anlage amortisiert ist.      heute noch weitergefeilt. Im Raum steht beispielsweise die Frage,
                           Auf die Einmalvergütung muss Thierry Grosjean derzeit noch               ob und wie die Abwärme der Kühlaggregate, die für die Weinla­
                           warten. Zwar ist sie ihm versprochen, doch hat er bisher weder           gerung benötigt werden, zum Heizen des restlichen Schlosses ge­
                           einen Bescheid darüber, wann sie ausbezahlt wird, noch darüber,          nutzt werden kann. Ausserdem ist für Thierry Grosjean die Vision
                           wie hoch sie ausfallen wird. Damit zeigt sich die Gratwanderung          der Energieabhängigkeit noch nicht vollendet. Durchaus schwebt
                           zwischen Denkmalpflege und erneuerbarer Energie als ein durch­           es ihm vor, weitere Photovoltaikmodule zu installieren. Heute
                           aus kostspieliges Unterfangen. Denn einerseits treiben die Anfor­        schätzt er die Chancen auf einen positiven Bescheid für die Ins­
                           derungen des Denkmalschutzes die Kosten in die Höhe, und ande­           tallation auf «Les Marronniers», die vor vier Jahren nicht gestattet
                           rerseits reduzieren sie die gewinnbringende Produktivität.               wurde, höher ein. «Die kantonale Baubehörde hat es abgelehnt,
                                                                                                    weil das Gebäude zu nah am Château stehe. Doch es war nicht
                           INTELLIGENTE INVESTITION                                                 bloss zu nah, sondern auch zu früh», glaubt er. Nach den guten
                           IN DIE ZUKUNFT                                                           Erfahrungen mit der heutigen Installation, vermutet er, dass ein
                           Die Amortisation wird Thierry Grosjean nicht mehr als Chef des           allfälliges erneutes Baugesuch für die Überbauung des Rezep­
                           Unternehmens erleben. In drei Jahren wird er die Leitung seinem          tionsgebäudes heute positiv ausfallen könnte.
                           Sohn übergeben. Desto mehr war ihm diese Investition ein An
                           liegen: «Ich denke da nicht in Legislaturperioden, sondern gene­
                           rationell.» Das Weingut ist nun seit über 400 Jahren im Familien­
                           besitz, und so ist es weiterhin geplant. «Das Ziel ist es, das Châ­

                           10   Erneuerbare Energien   Nr. 4   August 2019
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                                                                                                           Name

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                                                                                                           Auskünfte gerne zur Verfügung.
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   WO MAN SCHAUT
   BEVOR MAN BAUT
SONNE

AGROPHOTOVOLTAIK
LANDWIRTSCHAFT UND STROMPRODUKTION AUF EIN UND DERSELBEN FLÄCHE – DIE
ANGEHOBENEN AGROPHOTOVOLTAIKPANELS MACHEN ES MÖGLICH. DAS FRAUNHOFER-
INSTITUT FÜR SOLARE ENERGIESYSTEME GEHT DER VISION SEINES GRÜNDERS NACH
UND SUCHT NACH DER MAXIMALEN LANDNUTZUNGSEFFIZIENZ. ÜBER DIE POTENZIALE
FÜR DIE SCHWEIZ LÄSST SICH DERZEIT NUR FANTASIEREN.

CLEVERE DOPPELNUTZUNG

                                                                                                                                                Foto: Fraunhofer ISE
DER LANDFLÄCHE
                                                                                               APV-Referenzfläche: Aus dieser Perspektive ist
     TEXT: MATTHIAS SCHIEMANN                     schattung durch die Anlage reduzieren        neben der gesamten Anlage auch die Referenz-
                                                                                               fläche neben der Installation sichtbar.
                                                  und so eine Doppelnutzung der Fläche
Pflanzen brauchen Sonne. Photovoltaik             ermöglichen. Sie haben die präzise Auf­
auch. Bisweilen stritten sie gewissermas­         stellung einer solchen Anlage für die hie­   Vorteile. Der Flächenkonkurrenz unterein­
sen um ihren Platz an der Sonne. Denn             sigen Breitengrade mathematisch berech­      ander wird entgegengewirkt und gleich­
beides scheint sich auszuschliessen: ent­         net. Die Kollektoren müssen nämlich,         zeitig erschliesst sich ihnen eine neue Ein­
weder Photovoltaik oder Photosynthese.            proportional zu ihrer Breite und ihrem       kommensquelle. Letztlich treibt es aber
Der Bau von grossflächigen Photovoltaik­          Winkel, mit genügender Höhe installiert      durch den Ausbau erneuerbarer Energien
anlagen im Namen der Energiewende ent­            werden, damit die Pflanzen unter der An­     auch die Energiewende voran. Die Höhe
zieht letztlich der Landwirtschaft ihren          lage immer noch genügend direkte und         der PV­Module wird gleichzeitig auch ge­
Boden. Doch wo wird dann unser Gemüse             diffuse Sonneneinstrahlung erhalten. Nur     nutzt, um deren Ertrag zu maximieren.
noch produziert? Das Problem ist ein al­          so können diese auch weiterhin gut gedei­    Dazu wurden bifaziale Module instal­
tes: Landmanagement. Die Energiewende             hen und Früchte tragen.                      liert – Module, die auf der Unterseite auch
benötigt den Ausbau der erneuerbaren                                                           die Rückstrahlung vom Boden absorbieren
Energien. Wenn dafür aber die Landwirt­           25 JAHRE SPÄTER IST ES                       können. Besonders im Winter fördert dies
schaft Platz machen muss und transport­           REALITÄT                                     die Stromgewinnung, aufgrund der star­
intensive Importe aus Ländern mit frag­           Was 1981 noch Theorie war, ist in Herd­      ken Rückstrahlung von schneebedecktem
würdigen Stromquellen die lokale Nah­             wangen­Schönach, Deutschland, unweit         Boden. Tatsächlich konnte unter dieser
rungsmittelversorgung sicherstellen müs­          vom Bodensee heute Praxis. Zwar wurden       Bedingung ein zusätzlicher Gewinn von
sen, wird die nachhaltige Idee hinter der         keine Sonnenkollektoren, dafür Photovol­     bis zu 25 Prozent verzeichnet werden. Ein
ganzen Sache ad absurdum geführt.                 taik verwendet, aber die Idee bleibt die­    starker Pluspunkt in Anbetracht des be­
                                                  selbe. 720 Module mit einer Leistung von     kannten «Winterlochs» für die Solarener­
ENTWEDER ODER? UND!                               194,4 kW prangen auf der Hofgemein­          gieproduktion.
Das Problem haben Prof. Adolf Goetzber­           schaft Heggelbach fünf Meter über einem
ger, Gründer des Fraunhofer­Instituts für         Drittel Hektar Ackerfläche. «Agrophoto­      «APV-RESOLA»
Solare Energiesysteme (ISE), und Dr. Ar­          voltaik» (APV) nennt sich nun das Ganze      Die Installation auf der Demeter­Hofge­
min Zastrow bereits 1981 thematisiert. Ihr        und soll die Landnutzungseffizienz opti­     meinschaft ist nicht die erste ihrer Art.
Ziel war es, Sonnenenergie und Landwirt­          mieren, indem quasi auf zwei Etagen die      Aber sie dient dem ISE als Versuchsfläche
schaft zu kombinieren. Die Idee: Angeho­          Energie der Sonne genutzt wird. Auch für     und Forschungsgrundlage. Das Projekt
bene Sonnenkollektoren sollen die Be­             Landwirtinnen und Landwirte birgt dies       wurde «Agrophotovoltaik – Ressourcen­

12   Erneuerbare Energien   Nr. 4   August 2019
SONNE

                                                      effiziente Landnutzung» oder kurz «APV­              RECHTSLAGE IN DER SCHWEIZ                        halb der Bauzone sei aber mit Blick auf
                                                      Resola» getauft und prüft die effektive              Nach dem Bundesgesetz über die Raum­             das grosse Potenzial auf bestehenden Ge­
                                                      Produktivität einer Doppelnutzung. Nicht             planung sind Bauten innerhalb der Land­          bäuden «nur in den allerseltensten Fäl­
                                                      bloss die Stromproduktion wird gemessen,             wirtschaftszone nur gestattet, wenn die          len» gegeben. Der Bundesrat sah damals
                                                      sondern insbesondere auch die Produkti­              Standortgebundenheit dies erfordert.             keinen Bedarf, einen Bericht über allfäl­
                                                      vität des Bodens. In einer dreijährigen              Weil Solarparks auch anderswo aufge­             lige Gesetzesänderungen zu erstellen. (BK)
                                                      Studie wurden unter den Solarmodulen                 stellt werden können, können nach
                                                      ebenso wie auf einer nicht überbauten an­            schweizerischer Rechtsauffassung frei            PROJEKTENTWICKLUNG UND
                                                      liegenden Fläche verschiedene Pflanzen               stehende Solaranlagen nicht landwirt­            -KONSORTIUM
                                                      und Getreide angepflanzt und miteinan­               schaftlich begründet werden und sind             Das Projekt «APV­Resola» wurde im März
                                                      der verglichen. Die mit der Einweihung               deshalb rechtlich auch nicht zulässig, wie       2015 ins Leben gerufen. Nach intensiver
                                                      der Anlage im September 2016 begonnene               der Landwirtschaftliche Informations­            Zusammenarbeit mit der Gemeinde Herd­
                                                      Studie endet dieses Jahr, und das ISE kann           dienst (LID) schreibt – zumal in der             wangen­Schönach konnte der Bau der
                                                      überzeugende Ergebnisse präsentieren.                Schweiz immer noch sehr viele landwirt­          Anlage im August 2016 beginnen und
                                                      Bemerkenswerterweise konnten die Ernte­              schaftliche Dachflächen ungenutzt sind           einen Monat später fertiggestellt werden.
                                                      erträge im letzten Jahr bei drei der vier            und obwohl die Baukosten bei solchen             Das Projekt wird vom Bundesministerium
                                                      Versuchskulturen sogar gesteigert werden.            Freiflächenanlagen geringer sind. 2012           für Bildung und Forschung und von der
                                                      Die Teilverschattung durch die Solarmo­              erfragte ein Postulat beim Bundesrat, wie        FONA (Forschung für nachhaltige Ent­
                                                      dule schützt die Pflanzen vor der starken            Freiflächen­Solarstromanlagen bewilligt          wicklung) gefördert. Das Konsortium um
                                                      Trockenheit im Hochsommer. Dank dem                  werden könnten oder welche gesetzlichen          das Fraunhofer­ISE besteht ferner aus
                                                      Schatten vermindert sich die Evapotrans­             Bestimmungen insbesondere im Raum­               BayWa r.e. Solar Projects GmbH, den
                                                      piration, das Wasser kann besser gespei­             planungsgesetz geändert werden müss­             Elektrizitätswerken Schönau, der Hofge­
                                                      chert werden, und die Pflanzen können                ten, damit dies möglich wäre. Bereits da­        meinschaft Heggelbach, dem Karlsruher
                                                      lang anhaltende Trockenheit besser ver­              mals verwies der Bundesrat in seiner             Institut für Technologie, dem Regional­
                                                      kraften. Tatsächlich konnte unter der                Antwort auf das grosse noch vorhandene           verband Bodensee­Oberschwaben und
                                                      APV­Anlage in den heissen und trockenen              Potenzial an geeigneten Gebäudeflächen           der Universität Hohenheim. Jedes Jahr
                                                      Frühlings­ und Sommermonaten eine er­                zur Nutzung der Photovoltaik in der              wurden Ergebnisse präsentiert, und im
                                                      höhte Bodenfeuchtigkeit des Weizenbe­                Schweiz. Das geltende Raumplanungs­              Mai dieses Jahres wurden sie in einer Ab­
                                                      standes gemessen werden. Im ersten Jahr              recht schliesse frei stehende Solaranlagen       schlusskonferenz in Berlin vor Vertrete­
                                                      fielen die Erträge deutlich kleiner aus, und         zwar nicht ausdrücklich aus. Die Stand­          rinnen und Vertretern aus Politik, Minis­
                                                      es wurden Verluste von bis zu 19 Prozent             ortgebundenheit solcher Anlagen ausser­          terien und Verbänden vorgestellt. (MS)
                                                      verzeichnet. Allerdings liegt diese ein­
                                                      malig tiefe Messung immer noch inner­              brachte mit einer solaren Einstrahlung              tersuchungen von anderen Kulturen seien
                                                      halb des im Voraus angestrebten Ziels: Die         von 1319,7 kWh pro Quadratmeter einen               nötig. Sicher ist: Eine Agrophotovoltaik­
                                                      Demeter­Landwirte von Heggelbach woll­             Ertrag von 1285,3 kWh pro installiertem             anlage ist nicht für alle Kulturen geeignet.
                                                      ten mindestens 80 Prozent vom üblichen             kW­Peak (womit die APV­Anlage bereits               Bereits Goetzberger und Zastrow haben
                                                      Ertrag unter der Anlage realisieren kön­           heute im Wettbewerb mit einer kleinen               vorausgesagt, dass sich diese Doppelnut­
                                                      nen. Rechnet man die zusätzliche Land­             PV­Dachanlage mithalten kann). Damit                zung nur für Pflanzen eignet, deren
                                                      nutzungseffizienz durch die Strompro­              konnte eine Landnutzungseffizienz von               Wachstum nicht auf die Verfügbarkeit von
                                                      duktion dazu, ergibt sich ein klarer               186 Prozent erreicht werden.                        Licht begrenzt ist. Gleichzeitig ist die
                                                      Gewinn. Bereits im ersten Projektjahr ver­         Trotz den hoffnungsvollen Ergebnissen               Hoffnung gross, dass zusätzliche Erfah­
                                                      zeichnete das Projektkonsortium eine               gesteht das Konsortium realistischerweise           rungen mit weiteren Kulturen die Effizi­
                                                      Landnutzungseffizienz von 160 Prozent.             ein, dass es noch zu früh für eindeutige            enz noch weiter steigern könnten.
                                                      Und der Hitzesommer des letzten Jahres             Aussagen ist. Weitere Praxisjahre mit Un­
                                                                                                                                                                                                               Foto: Fraunhofer ISE
Foto: Hofgemeinschaft Heggelbach GbR, Olivia Schmid

                                                      Die Module werden von den Installateuren zunächst am Boden zusammengebaut , bevor sie auf der fünf Meter hohen Stahlkonstruktion montiert werden.

                                                                                                                                                               Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2019     13
SONNE

                                                                                                               POTENZIAL FÜR DIE SCHWEIZ
Foto: Fraunhofer ISE

                                                                                                               Die Energieproduktion aus der Schweizer
                                                                                                               Landwirtschaft ist immer noch zu grossen
                                                                                                               Teilen von Biomasse bestimmt. Wind und
                                                                                                               Sonne machen weiterhin einen kleinen An­
                                                                                                               teil aus, wenn er auch in den letzten zehn
                                                                                                               Jahren deutlich angestiegen ist. In einer
                                                                                                               Potenzialanalyse hat die Energieberatungs­
                                                                                                               agentur AgroCleanTech im Jahr 2012 die
                                                                                                               Möglichkeiten der Energieproduktion in der
                                                                                                               Landwirtschaft untersucht. Obwohl ledig­
                                                                                                               lich das Flächenpotenzial auf Gebäuden be­
                                                                                                               rücksichtigt werden konnte – da frei ste­
                                                                                                               hende Flächen in der Schweiz für die Nah­
                                                                                                               rungs­ und Futterproduktion genutzt wer­
                                                                                                               den sollen –, hat die Agentur ein Potenzial
                                                                                                               von 1235 GWh/a bis 2030 für Photovoltaik
                                                                                                               in der Landwirtschaftszone errechnet. Da
                                                                                                               angehobene Solaranlagen in der Schweiz
                       Die Installation steht weder den Traktoren noch den Kühen im Weg.                       nicht erlaubt sind, kommt eine Anlage wie
                                                                                                               die in Herdwangen­Schönach heute nicht
                        POTENZIALE IN ARIDEN ZONEN                                                             infrage. Man stelle sich aber vor, wie hoch
                        Besonders in sehr heissen und trockenen Breiten­                                       das Potenzial läge, würde sich dies ändern.
                        graden könnte eine Agrophotovoltaikanlage gute
                        Anwendung finden. Einerseits ist viel Sonne für
                        die Stromproduktion vorhanden, andererseits                                            www.agrophotovoltaik.de
                        schützen die Solarmodule die Bodenbedeckung
                        vor zu grosser Trockenheit. Ein kontinuierlich
                        mit Grün bedeckter Boden kann Wasser viel bes­                     INSERAT
                        ser speichern. Ist die Vegetation einmal weg, ist
                        die Bodendegradation kaum aufzuhalten. Die Be­
                        schattung durch die Solarmodule könnte ein Mit­
                        tel bieten, um dieser Abwärtsspirale entgegenzu­
                        wirken. Das ISE ist deshalb um den Transfer der
                        Technologie in diese Zone bemüht. Beispielsweise
                        prüft das Institut mit Partnern in Algerien im
                        Rahmen des EU­Programms «Horizon 2020», wie
                        sich die Agrophotovoltaikanlage auf den Wasser­                      Bauen für Mensch und Umwelt:
                        haushalt auswirkt. Neben der geringeren Ver­
                        dunstung und der verminderten Temperatur                             Lösungen für nachhaltiges Bauen
                        durch Verschattung könnte auch die Regenwas­
                        sergewinnung mit den Solarmodulen einen Bei­
                                                                                             von Schweizer.
                        trag für einen verbesserten Wasserhaushalt leis­
                        ten. (MS)
                                                                                                                           Fassaden
                                                                                                                           Holz/Metall
                                                                                                                           Falt- und Schiebewände
                                                                                                                           Briefkästen und Paketboxen
                                                                                                                           Solarsysteme

                                                                                             Ernst Schweizer AG, 8908 Hedingen, www.ernstschweizer.ch

                       14    Erneuerbare Energien   Nr. 4   August 2019
SONNE

SOLARBAUERN
AUCH MIT 75 JAHREN HAT MAX MEYER, LEITER DES PROJEKTS «SOLARBAUERN» DER SSES,
VON DER SOLARENERGIE NOCH LÄNGST NICHT GENUG. ALS PROMOVIERTER ÖKONOM IST
ES IHM SEIT RUND 15 JAHREN EIN ANLIEGEN, DASS SOLARENERGIE NACH WIRTSCHAFTLICH
ERFOLG VERSPRECHENDEN KRITERIEN EINGESETZT WIRD. BRACH LIEGENDES SOLAR- POTENZIAL
IST IHM EIN DORN IM AUGE UND SEIN ZIEL WÄRE ES, DASS SOLARENERGIE, OHNE
SUBVENTIONEN AUSKOMMT.

«SOLARANLAGEN AUF
GROSSEN DACHFLÄCHEN
SOLLTEN SICH LOHNEN»

                                                                                                                                                 Bild : Schweizer Solarpreis
     TEXT : ANDREA HOLENSTEIN                    Sie haben sich nach dem Studium aller-          vergütung berücksichtigt werden, dass die
                                                 dings zuerst auf den Weg gemacht, der           Entschädigungsskala degressiv verlief. Da
              Warum ist Solarenergie für         vom Ökonomie-Studium an der Hoch-               bei Bauernhöfen – zumindest bis zu den
              Sie zentral und seit wann?         schule St. Gallen her vorgezeichnet war.        neuen Vorschriften zum Eigenverbrauch –
              Energiefragen waren für mich       Ja, ich war lange Zeit im Bereich Wirtschaft,   meist grosse Flächen eingedeckt wurden,
              bereits im Studium wichtig,        in der Verwaltung, im Bank- und Verbands-       spielte das Gesetz der abnehmenden Kos-
              aber eher generell, im Sinne       wesen tätig.                                    ten pro installierte Einheit.
eines effizienten Einsatzes der Ressourcen.
Ich lernte bei Professor Hans-Christoph          Warum hat Sie später – nach der Pensio-         Das Thema Fördergelder ist kein ein-
Binswanger an der Hochschule St. Gallen,         nierung – gerade die Solarenergie auf           faches. Können Sie deren Entwicklung auf
dass unser Wohlstand auf dem Ersatz der          Bauernhöfen interessiert?                       das Projekt «Solarbauern» seit Beginn
Muskelenergie durch Fremdenergie basiert.        Die Anwendung der Solarenergie muss –           kurz darlegen?
Und natürlich ist es sinnvoll, diejenige Ener-   basierend auf den grundlegenden wirt-           Die Limitierung der Fördergelder im Ver-
gie zu nutzen, welche gratis von der Sonne       schaftlichen Gesetzmässigkeiten – dort ein-     hältnis zur Nachfrage war schlicht und ein-
kommt.                                           gesetzt werden, wo sie am besten genutzt        fach erschreckend und die finanziellen Kri-
                                                 werden kann. Viele Bauernhöfe haben             terien änderten sich immer wieder. Es gab
War die Nutzung von Solarenergie zum             grosse, nutzbare Dächer und oft einen gu-       Zusagen, aber es kam kein Geld. Lange Zeit
Zeitpunkt Ihres Studiums schon eine ver-         ten Standort. Dazu kommt, dass im Gegen-        musste der ganze physische Ertrag, der
breitete Idee?                                   satz zu Wohnhäusern aufgrund der grösse-        Strom, ins Netz eingespeist werden. Es gab
Nein, das war etwa 1970 und Solarpioniere        ren Dachflächen ein Skaleneffekt erzielt        einen Zähler für den Strombezug und einen
hielt man damals für Sandalen tragende,          werden kann. Je grösser eine Anlage, desto      für die Einspeisung. Erst spät wurde das
linke Sonnenanbeter.                             kleiner werden die Kosten pro Einheit. Al-      Schwergewicht verlagert, sodass der Strom
                                                 lerdings musste beim System der Einspeise-      ab Dach nun zuerst für den eigenen Ener-

                                                                                                   Erneuerbare Energien Nr. 4 August 2019   15
SONNE

                                                                                Doch das Projekt «Solarbauern» war und         winnen. Dass es an den Tagungen nicht im-
                                                                                ist trotzdem erfolgreich. Was ist das Ge-      mer zu einem Grossaufmarsch von Interes-
                                                                                heimrezept dafür?                              senten kommt, muss man hinnehmen. Ins-
                                                                                Landwirte sind bezüglich Neuerungen eher       gesamt würde ich dieses Projekt auf jeden
                                                                                zurückhaltend. Wir haben Solarfirmen als       Fall nochmals starten. Pensionierte sollen
                                                                                Partner eingebunden und gemeinsam In-          ihr Wissen und Können nicht einrosten las-
                                                                                formationsveranstaltungen durchgeführt.        sen.
                                                                                Werbung war dabei allerdings tabu, es ging
                                                                                um Wissensvermittlung und Überzeu-             Was gibt es weiterhin zu tun?
                                                                                gungsarbeit. So konnten wir viele Bauern       Es geht darum, dass die Energiestrategie
                                                                                Schritt für Schritt für die Solarenergie ge-   2050 umgesetzt werden kann und so die
                                                                                winnen, indem wir ihnen erfolgreiche, in-      Energiewende in der Schweiz gelingt. Dies
                                                                                novative Projekte vorgestellt haben.           ist nur möglich, wenn bei den neuen er-
                                                                                                                               neuerbaren Energien das Schwergewicht
                                                                                Was konnte das Projekt Solarbauern bis         auf die Solarenergie gelegt wird. Wichtig
                                                                                heute bewirken?                                wäre, dass man vermehrt diejenigen infor-
                                                                                Eine reine Betrachtung, was das Projekt        miert, welche als Investoren, beziehungs-
                                                                                «Solarbauern» bewirkte, kann man ehrli-        weise Bauherren, von Solaranlagen in
                                                                                cherweise nicht anstellen, da es Akteure       Frage kommen. Ein nützliches Instrument
                                                                                mit ähnlichen Zielen gibt und sowohl Bun-      dazu sind – möglichst flächendeckende –
                                                                                desstellen als auch kantonale Ämter viel       Solarkataster. Hier könnten die Gemeinden
                                                                                Überzeugungs- und Unterstützungsarbeit         aktiver werden und Eigentümer von Dä-
                                                                                leisten. Wichtig ist für mich, dass das Kon-   chern mit Solarpotenzial anschreiben und
                                                                                zept gut angekommen ist, Nachahmer fand        sie beispielsweise bei Fragen des Denkmal-
                                                                                und auch alle Sprachregionen ausser das        schutzes beraten. Am wichtigsten aber ist
                                                                                Tessin einbezogen wurden. Natürlich gab        es, dass die Förderpolitik verstetigt wird.
                                                                                und gibt es inzwischen viele weitere Infor-    Planbarkeit dank stabilen Rahmenbedin-
                                                  Bild : Schweizer Solarpreis

                                                                                mationsmöglichkeiten zum Thema Solar-          gungen ist ausschlaggebend, nicht zuletzt,
                                                                                energie. Hervorzuheben ist vor allem die       weil Solarinvestitionen Generationeninves-
                                                                                Bedeutung der Fachfirmen und insbeson-         titionen sind. Die Mittel sind aufzustocken,
                                                                                dere auch der landwirtschaftlichen Schulen     aber an klare Bedingungen zu knüpfen,
                                                                                bei der Verbreitung von Wissen. Und wenn       wobei die Kosten-Nutzen-Überlegungen
                                                                                Interessenten auf dem Bauernhof ihrer Kol-     überwiegen müssen. Grundsätzlich sollte
gieverbrauch zu nutzen ist. So kann sich                                        legen mit eigenen Augen eine gut funktio-      es möglich sein, dass die Solarenergie auf-
der Eigenverbrauch im Verhältnis zum ex-                                        nierende Anlage sehen, so ist dies bestimmt    grund der Abnahme der Kosten durch ei-
ternen Strombezug durchaus lohnen, aber                                         die beste Referenz für die Solarenergie.       nen verbreiteten Einsatz von Solartechno-
die überschüssige Energie muss zu kaum                                          Persönlich habe ich bei meiner Arbeit viel     logie in naher Zukunft auch ohne Subven-
kostendeckenden Bedingungen eingespeist                                         Schönes erlebt und war von den positiven,      tionen auskommt.
werden. So geht die Chance verloren, die                                        offenen Reaktionen der Bauern immer wie-
Gesamtstromproduktion durch Solarener-                                          der begeistert. Auch seitens der Politik be-   Was sind Ihre persönlichen Pläne?
gie zu erhöhen. Und dieses System bestraft                                      kam das Projekt viel Unterstützung, konnte     Ich bin nun 75 Jahre alt. Ich möchte noch
im Grunde genommen heute Investoren,                                            ich doch für unsere Tagungen immer wie-        einige weitere Veranstaltungen organisie-
welche grössere Flächen für Solarenergie                                        der Spitzenpolitikerinnen und -politiker aus   ren und dabei zwar weiterhin die Landwirte
nutzen könnten.                                                                 den verschiedensten politischen Lagern ge-     im Fokus haben, darüber hinaus aber auch
                                                                                                                               die lokalen Hauseigentümer. Die inhaltli-
                                                                                                                               chen Schwerpunkte dieser Veranstaltungen
 Max Meyer, Leiter des SSES-Projekts «Solarbauern»
                                                                                                                               möchte ich noch vertieft mit Spezialisten
                   Max Meyer wurde                                              an der HSG unter anderem im Bereich            besprechen, aber bestimmt muss man zei-
                   1944 in Zürich gebo-                                         Geldpolitik. Später übte er verschiedene       gen, wie man unter den aktuellen Bedin-
                   ren, wo er aufwuchs                                          Tätigkeiten in Verwaltung, Bank und Ver-       gungen vorgehen soll, was es für eine gut
                   und die Schulen be-                                          bandswesen aus. Bis zur Pensionierung          funktionierende Anlage braucht, welches
                   suchte. Er schloss mit                                       war er Direktor des heutigen Schweize-         der Stellenwert des Eigenverbrauchs ist und
                   einem Handelsdiplom                                          risch-Liechtensteinischen Gebäudetech-         dass jeweils grundsätzlich ein Gesamtener-
                   ab und absolvierte an-                                       nikverbandes suissetec, (früher SSIV). In      giekonzept für ein Objekt vorliegen sollte.
 schliessend ein Praktikum in einer Bank.                                       seiner Freizeit verfasst Max Meyer Bü-         Wenn möglich möchte ich dazu auch Schü-
 Der zweite Bildungsweg führte ihn über                                         cher zu Wirtschaftsfragen, aber auch zu        ler und Schülerinnen einladen, damit die
 die Matura an die Hochschule St. Gallen                                        anderen Themen, so unter anderem die           jungen Leute sehen, was schon alles ge-
 HSG, wo er das Wirtschaftsstudium ab-                                          Biographie über das Leben des Gründers         macht wird, denn ich habe
 solvierte und anschliessend mit einer                                          des Dinosauriermuseums in Aathal,              den Eindruck, dass hier eine
 bankwissenschaftlichen Dissertation pro-                                       Hans-Jakob Siber.                              grosse Wissenslücke besteht.
 movierte. Als Assistent unterrichtete er                                                                                      www.solarbauern.ch

16   Erneuerbare Energien   Nr. 4   August 2019
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