Gute Luise und Berliner Aal - Neue Initiativen für alte Sorten
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Landwirtschaft, Gartenbau und Ernährung Gute Luise und Berliner Aal Neue Initiativen für alte Sorten
Impressum Herausgeber Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) Referat Öffentlichkeitsarbeit Henning-von-Tresckow-Straße 2-13, Haus S, 14467 Potsdam Telefon: 0331 866-7237 E-Mail: bestellung@mluk.brandenburg.de Internet: mluk.brandenburg.de oder agrar-umwelt.brandenburg.de Texte und Redaktion Dr. Rita Gudermann, Ulrike Wunderlich, Stadt Teltow, Öffentlichkeitsarbeit MLUK Fotos Titelbilder: Prächtiger Rotkohlkopf, Helmbohne (Lablab purpureus), Fotos: Rita Gudermann Satz und Druck LGB (Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg) Stand: März 2022 Auflage: 10.000, gedruckt auf Recyclingpapier Diese Veröffentlichung ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Sie darf nicht für Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Unabhängig davon, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Broschüre dem Empfänger zugegangen ist, darf sie, auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl, nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.
Inhaltsverzeichnis Vorwort..........................................................................................................................................................5 Teil der regionalen Kulturgeschichte: Pflanzengenetisches Erbe..................................................................6 Erhalten durch Aufessen – VERN e.V. in Greiffenberg...............................................................................14 Alte Sorten für das Brot der Zukunft............................................................................................................22 Mehl, Wasser, Salz und Zeit: Bäcker Wieses Geheimrezept für gutes Brot................................................29 Durchstarten mit viel Frauenpower: Milchersatz aus alten Getreidesorten.................................................33 Hochprozentig regional – Grumsiner Brennerei..........................................................................................36 Umami – Mit Sellerie auf den Geschmack kommen...................................................................................39 Die Zeit braucht mehr Birne: Ein Besuch in Ribbeck..................................................................................44 Raritäten von der Oder – Saatgut- und Permakulturgarten Alt Rosenthal..................................................49 Biozüchtergarten Peggy Giertz – Altes bewahren, um Neues zu schaffen.................................................56 Anthroposophie und Artenvielfalt – Alte Sorten auf dem Hof Marienhöhe..................................................62 Alexandrowka – Lenné als Obstbauer........................................................................................................69 Abgaben erwünscht – Spreewälder Un-Krautladen....................................................................................72 Alter Wein und alte Rosen – Auf dem Werderaner Wachtelberg ...............................................................75 Goethes Leibgemüse – Teltower Rübchen..................................................................................................78 Alte Tabaksorten erhalten............................................................................................................................83 Retter noch gesucht: Alte Spargelsorten in Brandenburg...........................................................................87 Landessortengarten – Historischer Obstsortenschatz von Müncheberg.....................................................92 Neue alte Heimat – Renaissance für die Hirse...........................................................................................96 3
Vorwort An vielen Orten 2002 schon einmal Akteurinnen und Akteure, die in unserem Land sich für den Erhalt alter Nutzpflanzen im Land bemühen sich Initia- einsetzen, vorgestellt und für mehr Arten- und tiven, Unternehmen Sortenvielfalt in Gärten und auf Äckern geworben. und Einzelpersonen um den Erhalt von Nach rund zwei Jahrzehnten soll nun erneut ein Teltower Rübchen, Überblick gegeben werden, denn das Thema ist Kaffee-Wicke, Ro- immer noch aktuell und hat sich trotz des großen ter Gartenmelde, Engagements von gemeinnützigen Initiativen Petkuser Kurzstroh- und Unternehmen, Forschungs- und Bildungs- Roggen und ande- einrichtungen verschärft. Was in Ansätzen schon Foto: Stefan Gloede ren alten, seltenen bekannt war, die Auswirkungen der Klimakrise Nutzpflanzen. So auch regional in Brandenburg oder der fortschrei- bewahren sie das, was unsere Vorfahren über tende Artenverlust, ist heute viel mehr als damals Jahrhunderte als reiches genetisches Erbe hinter- ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Immer mehr lassen haben, eine Vielzahl von Sorten, von denen Menschen ist klargeworden, dass jetzt gehandelt die meisten von uns heute nicht einmal mehr den werden muss, um kommenden Generationen Namen kennen. Denn auch viele Nutzpflanzen- keinen kranken Planeten zu hinterlassen. Ein arten und -sorten stehen längst auf der Roten Liste. Handlungsfeld ist, den uns überlassenen Schatz Wenn wir sie erhalten, sichern wir uns ein geneti- unserer alten Nutzpflanzen – im Wortsinn – leben- sches Reservoir für künftige Züchtungen, die gut dig zu bewahren. So bleibt es ein wesentliches an unsere hiesigen Bedingungen angepasst sind. Anliegen, neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu Genetische Vielfalt bedeutet aber auch, für Verän- gewinnen, die sich für den Erhalt alter Sorten en- derungen – beispielsweise den Klimawandel oder gagieren. das Auftreten von Pflanzenkrankheiten – besser gerüstet zu sein. Und nicht nur das: In seiner Vielfalt von Farben, Formen und Geschmäckern ist unser genetisches Nutzpflanzenerbe ein reines Vergnügen und viel zu schade, um es für immer untergehen zu lassen. Unter dem Titel „Seltene Axel Vogel Kulturpflanzen – von Salbei bis Wruken“ hatte das Minister für Landwirtschaft, Umwelt Brandenburger Agrar- und Umweltministerium und Klimaschutz 5
Teil der regionalen Kulturgeschichte: Pflanzengenetisches Erbe Pelzige Birnen und klitzekleine Äpfelchen, nicht süß, Doch bei genauerem Hinsehen fehlt eines: eine aber dafür steinhart: Wer sich die Wildformen der wenigstens kleine Auswahl an Obst und Gemüse, bekanntesten Kulturpflanzen ansieht, kann nachvoll- nicht nur aus regionaler Produktion, sondern auch ziehen, welch weiten Weg die Menschheit zurückge- bestehend aus traditionellen Sorten, die speziell legt hat, seitdem sesshaft gewordene Familien erst- für die brandenburgischen – oder wenigstens die mals auf die Idee kamen, gezielt die besten Pflanzen nordostdeutschen – Verhältnisse gezüchtet wur- zur Weitervermehrung auszuwählen. Beispielsweise den. Immerhin stößt man zumindest auf den Wo- hat der Ur-Kohl, eine unscheinbare, krautige Pflan- chenmärkten und in manchem Hofladen hin und ze, die heute in Deutschland nur noch auf Helgoland wieder auf solch seltene Juwelen. wächst, mit dem, was die meisten unter Kohl ver- stehen - Rot-, Weiß- und Grünkohl, Rosenkohl oder Nur wenige Apfelsorten beherrschen heute das auch Kohlrabi – schon optisch nicht viel zu tun. Sortiment. Dramatisch ist der Rückgang bei den alten Birnensorten. Bei Gemüsesorten sieht es Seit der neolithischen Revolution, als die Men- zum Teil nicht besser aus. schen zum Ackerbau und zur Viehzucht übergin- gen, hat sich die Anzahl der Kultursorten enorm Aufschlussreich ist, in den Katalogen alter Saat- erhöht. Die größte Sortenvielfalt existierte wohl um gutgärtnereien zu blättern: Da wird schnell deut- 1900. Jede Region hatte ihre ganz besonderen lich, welche Vielfalt an Nutzpflanzenarten und Nutzpflanzenarten und -sorten. -sorten noch vor wenigen Generationen zur Ver- fügung stand. Seitdem geht die Vielfalt wieder zurück, auch wenn ein gut sortiertes Angebot im Lebensmittel- Samenhandel war bis in die 1950er Jahre ein lu- einzelhandel das Gegenteil suggeriert. kratives Geschäft. Ganze Dörfer wie das kleine Gönningen in Württemberg hatten sich auf den Wer die Obst- und Gemüseabteilung eines Super- Handel mit der wertvollen Ware spezialisiert. Der markts besucht, gewinnt oberflächlich betrachtet rege Tauschverkehr machte vor nationalen Gren- nicht den Eindruck, dass es an Vielfalt und Auswahl zen nicht halt, wie ein französisches Samentüt- mangelt. Ganz im Gegenteil: Frische Ware zu allen chen mit dem Bild des Erfurter Zwerg-Blumen- Jahreszeiten, angeliefert aus der ganzen Welt, füllt kohls beweist. die Regale. 6
Seite aus dem Katalog der Baumschule, Saatgut- und Jungpflanzenhandlung Heinrich Jungclaussen 1914: Im April 1884 ersteigerte Heinrich Jungclaussen in Frankfurt (Oder) die Baumschule von Theodor Holtz und wurde mit ihren Samenkulturen überregional bekannt. 1945 enteigneten die sowjetischen Besatzungsbehörden die Familie. Auf dem Gelände entstand zu DDR-Zeiten der Stadtteil Neuberesinchen. Das Arboretum blieb als städtische Grünfläche erhalten, ebenso die ehemalige Sämereienremise und das Kontorgebäude. Grafik: Archiv Gudermann 8
Doch auch der Austausch von Saatgut über den Gartenzaun hinweg war noch ganz alltäglich. Nur so konnten sich jene regional angepassten Sorten ausbilden, die heute die großen pflanzengene- tischen Schätze sind. Denn die alten Kulturpflan- zensorten und -arten waren noch samenecht. Das heißt, sie geben ihre Eigenschaften unverändert an ihre Nachkommen weiter, ganz im Gegensatz zu den heutigen Hybrid-Sorten, F1-Sorten genannt: Bei ihnen handelt es sich in der Regel um Sorten mit prägnanten, positiven Eigenschaften, die aus gezielten Kreuzungen verschiedener Zuchtlinien hervorgegangen sind. Sät man jedoch ihre Samen im nächsten Jahr wieder aus, erhält man Pflanzen, deren Eigenschaften sich wieder in die der Eltern- pflanzen aufspalten. So erhält man zwar sehr er- tragsstarke und krankheitsresistente Sorten, ist jedoch darauf angewiesen, jedes Jahr neues Saat- gut zu kaufen. Ein großer Teil der gewerblich an- gebauten Kulturpflanzen sind mittlerweile derartige Zwergblumenkohl-Sorte 'Erfurt' auf einem alten Hybridsorten. Bei Tomaten, Brokkoli und Rosenkohl französischen Samentütchen: Der Erfurter Botaniker waren es im Jahr 1995 80 Prozent, bei Mais sogar Christian Reichart (1685-1775) schrieb 1752, dass er 90 Prozent. Selbst der Ökolandbau muss nach einer Blumenkohl aus Zypern eingeführt und dann Selek- Untersuchung der Bundesanstalt für Landwirtschaft tionen durchgeführt habe. Die daraus produzierte und Ernährung (BLE) darauf zurückgreifen, weil es Saatgutmenge wurde europaweit verkauft. Mitte des für manche Kulturen, zum Beispiel Brokkoli oder Blu- 19. Jahrhunderts gab es Selektionen wie den 'Haag- menkohl, kaum noch traditionelle Sorten gibt. schen Zwerg', aus dem später der 'Erfurter Zwerg' und Ende des 19. Jahrhunderts der 'Erfurter Langlaubige' Viele dieser alten Gemüsesorten und -arten sind gezogen wurde. Durch unermüdliches Züchten wurde also von den ertragreichen Hybridsorten endgültig die ursprünglich grüne Kohl-Blume strahlend weiß. verdrängt worden und mit ihnen ein Stück Kultur- Grafik: Archiv Gudermann 9
geschichte. Brandenburg macht da, trotz der vie- len Initiativen, über die hier berichtet wird, leider keine Ausnahme. Selbst beim Spargel, auf den man so stolz ist, dass immer wieder vom Spargel- land Brandenburg gesprochen und geschrieben wird, ging die Vielfalt der angebauten Spargelsor- ten zugunsten weniger leistungsstarker Varianten sehr stark zurück. Umso wichtiger ist es, zu retten, was noch zu ret- ten ist. Ursprünglich eine von wenigen Aktiven ge- tragene Idee, ist der Anbau alter Sorten im Land Brandenburg mittlerweile so etabliert, dass – ge- rade im Bio-Bereich – Landwirte und Gärtner in ihren Betrieben alte Sorten anbauen und damit sogar wirtschaftlich arbeiten, selbst wenn diese oft geringere Erträge erzielen. Wenn der Trend zu immer größerer Vielfalt geht, zu mehr Bio und mehr Produkten aus der Regi- on, dann wächst auch der Markt für italienischen Palmkohl, blaue Kartoffeln und den norddeut- schen Champagnerroggen. Klein und sauer sind die Früchte des Kirsch-Apfels (Malus baccata). Der Laubbaum, auch als Beerenapfel bezeichnet, gehört zur Gattung der Äpfel (Malus) in der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Foto: Rita Gudermann 10
Eine wesentliche Bedeutung der alten Sorten liegt Und es gibt seit einiger Zeit Bemühungen, Saat- ganz woanders: Sie sind ein genetisches Reser- gut von Wildpflanzen nicht nur generell, sondern voir, um zum Beispiel trockenheitsresistente oder lokalspezifisch zu erhalten. Schließlich haben sich wärmeliebende Kulturpflanzen ausfindig zu ma- die Pflanzen einer Art über Jahrtausende an ihren chen. Wertvolle Eigenschaften alter Sorten kön- speziellen Standorten gehalten und weiterentwi- nen in Kultursorten eingekreuzt werden. ckelt. So bildeten sie Eigenschaften aus, die sie für das Überleben unter ihren jeweiligen Bedin- Bis auf einige spektakuläre Ausnahmen lassen gungen – etwa trockenen oder feuchten, kargen sich Samen nicht über viele Jahre aufbewahren. oder nährstoffhaltigen Böden, lichten oder schat- Sie müssen immer wieder ausgesät werden. Al- lerdings reicht es nicht, nur die Samen einer be- liebten Sorte zu sammeln und Jahr für Jahr wieder auszusäen. Um eine alte Kulturpflanze sortenrein zu erhalten, muss verhindert werden, dass Pollen einer anderen Sorte – etwa durch Bienen oder den Wind – auf die Blütennarbe derjenigen Pflanze ge- rät, deren Eigenschaften erhalten werden sollen. Wer alte Sorten erhalten will, sollte also nur eine Möhren- oder Salatsorte an einem Standort zie- hen, damit das Saatgut nicht mit den Genen ande- rer vermischt wird. Wichtig ist auch zu verhindern, dass Viruserkran- kungen weitergetragen werden. Manchmal hilft es dann, Pflanzen im Labor aus gesunden Gewebe- bestandteilen in einer Petri-Schale heranzuziehen und zur Weitervermehrung zu verwenden. Pelzig und steinhart: Früchte der Ölweidenblättrigen Birne (Pyrus elaeagnifolia), einer Wildart der Kulturbirne Foto: Rita Gudermann 11
tigen, windigen oder windstillen Standorten – be- Kulturpflanzen aus der ganzen Welt - eine echte sonders geeignet machen. Schatzkammer. Im Endausbau sollen bis zu 4,5 Millionen Samenproben Platz finden. Eine Probe Wer sich für den Erhalt alter Kulturpflanzen stark enthält 500 Samen. Das wären dann 2,25 Milli- macht, hilft nicht zuletzt, dem weltweit zu beobach- arden Samen. Bei minus 18,34 Grad Celsius in tenden Schwund bei Insekten, die auf Nutzpflan- den Tresorräumen haben die Samenproben die zen angewiesen sind und mit der Bestäubung für besten Überlebenschancen und können, wenn viele dieser Pflanzen das Überleben sichern, ent- sie anderenorts verloren gegangen sind, ausge- gegenwirken. Je größer die Vielfalt an Pflanzen in sät und wiederbelebt werden. In Deutschland wid- den Gärten und auf den Äckern ist, desto mehr men sich sechs Genbanken dieser Aufgabe. Sie Lebensräume bieten sich für Insekten und andere enthalten über 180.000 Pflanzenmuster. Das Na- kleine und große Lebewesen. tionale Inventar pflanzengenetischer Ressourcen bietet eine zentrale Recherchemöglichkeit über Weltweit wird ein großer Aufwand betrieben, um alte Bestände in deutschen Genbanken (https:// Saatgutsammlungen einzurichten. Ihr wichtigstes pgrdeu.genres.de/). Die größte Saatgutsamm- Ziel ist, Saatgut geordnet und sicher der Nachwelt lung auf deutschem Boden liegt in der Genbank zu überliefern. Es gibt etwa 1.400 Genbanken mit des IPK. Hinter diesem in Züchterkreisen wohlbe- unterschiedlichen Sammlungs- und Forschungs- kannten Kürzel verbirgt sich das Leibniz-Institut schwerpunkten. Die größte und hoffentlich si- für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung cherste Genbank wurde 2006 in Svalbard auf der in Gatersleben in Sachsen-Anhalt, das 1992 das norwegischen Polarinsel Spitzbergen (Svalbard pflanzengenetische Erbe des Zentralinstituts für Global Seed Vault) eingerichtet, um im ewigen Genetik und Kulturpflanzenforschung der DDR Eis Samenproben vieler Nutzpflanzen gegen angetreten hat. Die Genbank gibt Kleinstmengen Naturkatastrophen, klimatische Veränderungen, von Saat- und Pflanzgut ab, auch an Privatperso- Terroranschläge und sogar Nuklearkriege zu si- nen, gegen Übernahme der Bearbeitungskosten. chern. Träger dieses Saatgut-Tresors ist der Welt- Allerdings kommen Privatleute bei alten Kartof- treuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt (Global felsorten nicht an In-vitro- oder Kryo-Material, also Crop Diversity Trust, GCDT). Was innen aussieht jenes, das mit viel Aufwand keimfrei und haltbar wie eine unspektakuläre Kühlhalle mit vielen klei- gemacht wurde. Einfacher ist es, Saatgut über nen Boxen in endlosen Regalreihen, enthält ak- eine der Saatgutinitiativen wie den uckermärki- tuell Proben des Saatguts von über einer Million schen VERN e.V. zu beziehen. 12
Die Dahlemer Saatgutbank im Botanischen Gar- ten in Berlin beherbergt eine Sammlung von Sa- men wildlebender Arten aus Brandenburg, die als Nutzpflanzen Verwendung finden oder die mit Nutzpflanzen verwandt sind. Sie wurde im Rah- men des Projekts „Genbank für Wildpflanzen für Ernährung und Landwirtschaft (Genbank WEL)”, an dem deutschlandweit mehrere Saatgutban- ken beteiligt waren, aufgebaut. Wildpflanzen ha- Botanischer Garten in Berlin: Die Dahlemer Saatgutbank als ben eine besondere Bedeutung für die Züchtung. Teil der botanischen Sammlungen der Freien Universität ist für Sind doch von den etwa 3.500 in Deutschland die Lagerung und Abgabe von Wildpflanzensamen zuständig. vorkommenden Wildpflanzenarten etwa tausend Sie umfasst derzeit rund 13.000 Saatgut-Aufsammlungen. Viele Verwandte von Nutzpflanzen. Insgesamt könnten davon stammen von seltenen und gefährdeten Arten. Geografi- sogar etwa 1.800 Arten für die Pflanzenzüchtung sche Schwerpunkte der Sammlung sind Deutschland, vor allem interessant sein. Anders als die züchterisch be- Nordost- und Mitteldeutschland sowie das östliche Mittelmeerge- reits intensiv bearbeiteten Nutzpflanzen zeigen biet und der Kaukasus. Die Samen stehen für die Wissenschaft Wildarten meistens eine hohe genetische Vielfalt, und Forschung sowie Artenschutzmaßnahmen zur Verfügung. haben spezifische Inhaltsstoffe und Wachstums- Foto: Rita Gudermann eigenschaften und können gegen Krankheitser- reger resistent sein. Das alles sind gute Gründe, um nicht nur die alten Kultursorten zu erhalten, die sich aktiv an der Nutzung des Saatguts betei- sondern auch die Wildpflanzen, aus denen sie ligen. entstanden oder mit denen sie verwandt sind. Nicht nur durch die Übernahme von Patenschaf- Im großen Rahmen ist die Pflege und der Erhalt ten für alte Sorten und den Erhaltungsanbau im von Saatgutsammlungen eine Aufgabe, bei der eigenen Garten, sondern auch mit Messer und Landwirtschaft, Gartenbau, Wissenschaft und Po- Gabel kann man beitragen. Wer die Vielfalt der litik zusammenarbeiten müssen. Aber alle wissen- Aromen des kulinarischen Kulturguts kennt, ist schaftlichen und politischen Bemühungen um den sicher eher davon zu überzeugen, bereits beim Erhalt der alten Sorten und Arten sind vergebens, Einkauf oder im Restaurant gezielt auf die alten wenn sich nicht Bürgerinnen und Bürger finden, Sorten zu achten. 13
Erhalten durch Aufessen – VERN e.V. in Greiffenberg Einer der Pioniere beim Erhalt pflanzengeneti- Die Brandenburger Biosphärenreservate sollten, scher Ressourcen in Brandenburg ist der Verein so das Anliegen des VERN e.V. schon bei seiner zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflan- Gründung, beispielgebend bei der Wiederein- zen VERN e.V. führung und Nutzung alter Kulturpflanzenarten und -sorten aktiv werden. Lokale pflanzengeneti- Mitglieder sind Privatpersonen, Landwirte, Gärt- sche Ressourcen sollten vor Ort auf hohem wis- ner und Institutionen. Was Anfang der 1990er senschaftlichen Niveau erkundet und erhalten Jahre noch auf milde Verwunderung stieß, nahm werden. Andererseits arbeitet das Netzwerk so bald Fahrt auf: Die Zeit war reif, um die alten Nutz- bodenständig, dass gerade kleine Höfe und Gärt- pflanzen stärker in den Blick zu nehmen. Eine ge- nereien sowie Privatleute sich bei der Vereins- meinsame Anstrengung von vielen Akteurinnen und Akteuren aus Verwaltung, Wissenschaft und Privatleuten war bis zur Vereinsgründung 1996 nö- tig, um eine Idee, entwickelt bei einem Treffen des mab-Nationalkomitees (UNESCO-Programm „Der Mensch und die Biosphäre”), des Informationszen- trums Biologische Vielfalt (IBV) an der Zentralstelle für Agrardokumentation und -Information (ZADI), der Genbank des IPK Gatersleben und der Pro- jektgruppe Großschutzgebiete in der damals noch eigenständigen Landesanstalt für Großschutzge- biete mit Sitz in Eberswalde zur Realität werden zu lassen. Greiffenberg gehört zum Gebiet von einem der drei Brandenburger Biosphärenreservate, dem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Seit 2008 ist der VERN Träger der Regionalmarke Biosphä- renreservat Schorfheide-Chorin. Mit diesem Qua- litätssiegel werden Produkte und Dienstleistungen aus der Schorfheide ausgezeichnet, die im Sinne von Regionalität, Qualität und Umweltschutz die Logo des VERN e.V. am Vereinshaus in Greiffenberg Ziele des Schutzgebiets erfüllen. Foto: Rita Gudermann 14
Abgedeckte Gemüsepflanzen: So werden sie vor Fremdbestäubern geschützt. Foto: Rita Gudermann arbeit und beim Anbau einbringen können. Eine In enger Zusammenarbeit mit der Genbank des wichtige Aufgabe des kleinen Vereins war und ist IPK wurden in den ersten Jahren schwerpunkt- deshalb die Öffentlichkeitsarbeit. mäßig im nordöstlichen Deutschland gesammel- te Herkünfte sowie besonders geeignete, seltene Auf dem Gelände einer alten Gärtnerei in Greif- und attraktive Sorten und Arten nach Greiffenberg fenberg bei Angermünde bezog der Verein sein gebracht. Damit wurde über mehrere Jahre der Quartier. Dort ist er bis heute zu finden. Doch be- Grundstock für die beeindruckende Sortenvielfalt vor es mit der Aussaat losgehen konnte, mussten des VERN gelegt. Seither werden sie sortenrein zunächst die alten, zerstörten Gewächshäuser auf den sandigen brandenburgischen Böden kul- entsorgt und das alte Gärtnerhaus hergerichtet tiviert, anschließend geerntet, getrocknet und in werden, damit vor allem die wertvollen Samen Samentütchen abgepackt. sicher aufbewahrt werden können. Hierbei halfen immer wieder Fördermittel aus dem Agrar- und Das Logo des Vereins, geschaffen von der Grafi- Umweltministerium. kerin Anneliese Ernst, stilisiert die Blüte der Feder- 15
nelke Dianthus plumarius. Diese Nelke schmückte kurs zur Saatgutvermehrung und zur erhaltungs- wegen ihres feinen Dufts bereits die Gärten des züchterischen Bearbeitung traditioneller Nutz- französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. in Ver- pflanzen im Garten. sailles. Als wiederentdeckte Zierpflanzenform des Barocks erhielt die kleine Blume 1998/1999 hohen Mit Vorträgen, Kartoffel- und Tomatentagen, Besuch von Mitarbeitern des Nationalen Natur- Saatgut- und Anbaukursen, der Präsenz auf Ver- kundemuseums aus Paris, die das Greiffenberger anstaltungen wie der Brandenburgischen Land- Saatgut zum Ausgangspunkt eigener Erhaltungs- wirtschaftsausstellung BraLa im havelländischen anstrengungen machen wollten. Paaren/Glien, im Forstbotanischen Garten in Eberswalde, während der Internationalen Grünen Seit vielen Jahren bietet der VERN im Schau- und Woche am Berliner Funkturm oder auf der Domä- Vermehrungsgarten in Greiffenberg einen Grund- ne Dahlem ist der kleine, rührige Verein nicht mehr wegzudenken. Mittlerweile ist er bundesweit be- kannt und anerkannt. Besonders beliebt sind Sorten, deren Namen einen regionalen Bezug erkennen lassen, also etwa der 'Berliner Aal', eine dicke grüne Freilandgurke, oder eine Buschbohne mit gelben Hülsen namens 'Ber- liner Markthallen', die 'Dresdener Plattrunde Zwie- bel', auch die 'Alte weiße Cottbusser Buschbohne' oder die Wirsingsorte 'Grüner von Markee'. Eine spezielle Ehre erfuhr die 'Bautzener Kastengurke', als sie im Juli 2020 in die „Arche des Geschmacks“ der Slow Food Stiftung für Biodervisität aufgenom- men wurde und damit höchste kulinarische Weihen erhielt (www.slowfood.de/was-wir-tun/arche_des_ geschmacks). Ernte von Samen der Gewürztagetes Foto: Rita Gudermann 16
Doch von der Abgabe der Samentütchen allein könnte der Verein seine vielfältigen Tätigkeiten nicht finanzieren. Immer wieder müssen Gel- der beantragt werden, um Personal anzustellen, Gerätschaften anzuschaffen oder Gebäude zu er- halten. Inzwischen absolvierten viele enthusiastische – vor allem junge – Leute auf dem Vereinsgelände Praktika, ein freiwilliges ökologisches Jahr oder Seminare. Als bundesweit wohl einzige Einrich- tung verbindet der VERN rund 100 Landwirtinnen und Landwirte in einer gemeinsamen Sortenerhal- tungsarbeit. Ohne Unterstützer, die das Saatgut anbauen, könnte die Idee nicht überleben. 1.200 Gemüse- und Nutzpflanzenherkünfte, dar- unter 650 Getreidesorten, bearbeitet der VERN. Ein besonderer Schwerpunkt liegt bei den alten Getreidesorten, worüber im Folgekapitel ausführli- cher berichtet wird. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erhaltung der Salatvielfalt. Zu einer Zeit, in der es im Lebens- mitteleinzelhandel fast ausschließlich Kopf- und Eisbergsalat zu kaufen gibt, engagiert sich der VERN bei der Vermehrung fast vergessener alter Salatsorten, zum Beispiel 'Goldforelle' und 'Bunte Forelle' als Sorten mit besonders zartem Blatt und Frischer geht es nicht: Salatkopf direkt aus eigenem Anbau Foto: Rita Gudermann 17
Frisch gesammelter Tomatensamen Foto: landsorten.de attraktiver Blattsprenkelung oder der Sorte 'Ro- Einen vorläufigen Höhepunkt erreichten die Ver- maine Red Cos' als rötlichem Salat mit aromatisch einsaktivitäten im Jahr 2021, als auf dem Gelände zartem Blatt. ein saniertes denkmalgeschütztes Fachwerkhaus mit einer ortstypischen „Schwarzen Küche“, einer Auch alte Zierpflanzen sind ein wichtiger Bestand- Seminarküche und Seminarraum als Bildungszen- teil der Erhaltungsarbeit: Stauden-Lein, Goldlack, trum „Kulturpflanzen und Vielfalt“ eröffnet werden Sibirisches Herzgepann oder die Gewürztagetes konnte. Es wird nun für viele Jahre den Initiativen und andere Arten alter Bauerngärten. Seitdem für die Weitergabe des Wissens rund um die Er- der Verlust der Bestäuber in das Bewusstsein der haltung und Nutzung alter Kulturpflanzen Raum Öffentlichkeit gedrungen ist, werden auch die Bie- geben. Auch dieses Projekt wäre nicht möglich ge- nenweidemischungen des VERN zunehmend ge- wesen ohne den Einsatz von LEADER-Fördermit- schätzt. teln aus dem Landesprogramm zur Förderung der ländlichen Entwicklung sowie dank der Unterstüt- 18
Kein Bildfehler: Das Vlies über den Radieschenblüten verhindert eine unkontrollierte Bestäubung. Foto: Rita Gudermann Immer wieder gibt es Aktivitäten, die alten Sorten zur Grundlage neuer Geschäftsideen zu machen. Dies betrifft zum Beispiel den Norddeutschen Champagnerroggen, dessen schöner Name sehr dazu geeignet ist, das Sortiment lokaler Bäckerei- en zu erweitern und der inzwischen auch bundes- weit Interesse findet. Stets werden die Bemühungen um den Anbau mit wissenschaftlicher Expertise und intensiver Netzwerkarbeit begleitet. So ist der Schau- und Vermehrungsgarten in Greiffenberg Teil einer Ko- operation von über 20 Schaugärten in Berlin und Brandenburg. zung von Mitgliedern und Freunden des Vereins. Öffentlichkeitswirksam veranstaltete der VERN in Das Motto des VERN e.V. lautet: „Erhalten durch der Bauphase einen Kurs im Lehmbau. Die Teilneh- Aufessen!” Mittlerweile ist das Saatgut des VERN mer traten zum Lehmstampfen an. Natürlich kamen in ausgewählten Filialen der Handelskette Bio- beim Bau alte Sorten zum Einsatz: Für die Wickel- Company als Raritätensortiment für Hausgärten staken in den Gefachen des Fachwerks wurde das und zur Selbstversorgung erhältlich. Außerdem lange Stroh alter Roggensorten genutzt. haben einige Gastronomen die alten Gemüsesor- ten mit ihren interessanten Namen und speziellen Damit steht nicht nur die Schaugärtnerei, sondern Aromen entdeckt. auch ein angemessenes Gebäude für Veranstal- tungen zur Verfügung, die – vor allem an den The- Das „Compendium“, der prall gefüllte Saatgutka- mentagen – Besucherinnen und Besucher aus talog des VERN, erscheint seit 2001. Stark nach- nah und fern anziehen. gefragte Arten sind Tomaten ('Blondköpfchen', 19
Hier ist der VERN zuhause: Lehm-Fachwerkhaus in der Burgstraße 21 im uckermärkischen Greiffenberg Foto: Rita Gudermann Saatgut-Katalog des VERN 20
'Gott der Liebe', 'Gärtners Freude' ('Gardeners lich soll auf den 'Müncheberger Ölkürbis' hinge- delight'), 'Black Plum', 'Rote Murmel') und Kar- wiesen werden, der neben dem Kürbisfleisch für toffeln mit Sorten wie 'Blaue Schweden', 'Bam- Suppen und Gnocchi schmackhafte Samen zum berger Hörnchen' und 'Rosa Tannenzapfen'. Und Knabbern oder Rösten liefert. auch Bohnen wie 'Quedlinburger Speck', 'Berli- ner Markthallen' und 'Oeringer Gold' zählen zu Dies soll nur eine Auswahl und Anregung sein, den Bestsellern. Von den Rote-Beete-Sorten er- um mit dem „Compendium“ auf kulinarische Ent- freuen sich 'Marner Halanga' und 'Carotine' der deckungsreisen zu gehen. größten Beliebtheit, von den Möhren die Sorte 'Stratova'. All jenen, denen von den älteren, regionalen To- matensorten nur 'Harzfeuer' bekannt ist, sei ge- sagt: Allein die Vielfalt, die der VERN bei dieser Gemüsesorte vorhält, ist beeindruckend. 200 Tomaten- und Paprikasorten hat der Verein im Angebot. Die hier noch nicht erwähnte Tomaten- VERN e.V. sorte 'Weiße Schönheit' besticht durch ihr mildes Burgstraße 20 Aroma. Sie schmeckt, in Scheiben geschnitten, 16278 Angermünde/OT Greiffenberg Telefon: 033334 70232 mit Öl und Schafskäse belegt. Ein eher unbekann- E-Mail: info@vern.de tes Kraut ist die Gewürztagetes (Tagetes tenui- https://vern.de folia): Sie hat ein fruchtiges Aroma, das sich gut für Salat und Süßspeisen nutzen lässt. Einfach Sommeröffnungszeiten Schaugarten die Blüten und Blätter abzupfen und – sparsam – Mai-September: Mo – Sa 10 – 16 Uhr verwenden! Winteröffnungszeiten Schaugarten Oktober-April: Mo – Fr 10 – 15 Uhr Der Eintritt ist frei. Auf Anfrage sind Führungen im Wer es deftiger mag, greift vielleicht auf die al- Schaugarten möglich. ten mehligen Kartoffelsorten 'Adretta' und 'Blauer Schwede' für Pürees zurück: Bei letzterer kommt Das Compendium, den Saatgutkatalog des VERN, zum guten Geschmack das auffällige Lila hinzu, gibt es auch online unter: https://vern-ev.de/katalog/ was besonders Kinder begeistern kann. Schließ- 21
Alte Sorten für das Brot der Zukunft Bei sengender Sommerhitze die Getreideversuchs- felder im uckermärkischen Wilmersdorf besuchen: Wer Rudi Vögel bei den Versuchsflächen zuhört, muss Zeit mitbringen. Als Vorstand des VERN e.V. weiß er viel über alte Nutzpflanzen. Kaum jemand in Brandenburg kennt so viele „Pflanzengeschich- ten“ wie er. Wer ihm an diesem heißen Tag folgt, stellt allein schon damit deutlich seine Sympathie für eine Brandenburger Initiative unter Beweis, die sich für alte Getreidesorten stark macht. Angesichts der Zunahme von extremen Wetterla- gen als Folge des Klimawandels zeigt sich auf dem Acker deutlich, welche Eigenschaften Branden- burger Getreide zukünftig besitzen muss. Starke Temperaturschwankungen, trockene, ausgelaugte Böden überleben moderne Weizensorten nur mit Versuchsfelder beim Gut Wilmersdorf: Der Bioland- synthetischen Dünger- und Pestizidgaben. Sie Ackerbaubetrieb bewirtschaftet seit 1996 1.100 Hektar strapazieren die Böden dadurch noch mehr. im UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Foto: Rita Gudermann Weltweit gehen jährlich 24 Milliarden Tonnen Boden durch Erosion verloren. Gerade auch in Brandenburg sind Böden durch Wind und Wasser Zwar sind in der EU-Förderung für Landwirte besonders gefährdet. Nicht ohne Grund wird im- Fruchtfolgen vorgeschrieben. Das verhindert aber mer wieder von der „Märkische Streusandbüchse” nicht, dass in manchen Betrieben für Biogasanla- gesprochen. gen jahrelang Mais auf Mais angebaut wird, der erst im Mai so viel Grün entwickelt, dass das emp- Der Anbau von Pflanzen, die mit schwierigen Wit- findliche Bodenleben durch die Pflanzen beschat- terungsbedingungen zurechtkommen und mög- tet und feucht gehalten wird. Die Initiative landsor- lichst lange den Boden bedecken, trägt dazu bei, ten.de, das Getreidenetzwerk des VERN e.V., ist den Verlust der wertvollen Krume zu begrenzen. deshalb angetreten, um wieder für mehr Vielfalt 22
von Weizen-, Roggen-, Gerste- und Hafersorten zu sorgen, die es auch in Brandenburg bis zur Mit- te des 20. Jahrhunderts noch gab. Doch was kann die kleine Initiative, die sich auf dem Gut Wilmersdorf etabliert hat, dazu beitra- gen? Seit 2000 bietet das Land Brandenburg ein Anbauförderprogramm für alte Kultursorten an (KULAP). Seit 2015 gibt es jeweils im Herbst über die Landesgrenzen hinweg ein Arbeitstreffen zu alten Getreidearten und -sorten. Ziel des Pro- gramms ist die Erhaltung historischer und speziell angepasster Land- und Zuchtsorten als pflanzen- genetische Ressourcen und Beitrag zur Biodiver- sität und damit die Unterstützung der Betriebe, die die alten Sorten anbauen, in Form von Ver- netzungstreffen, Beratung und Betreuung bei der Produktentwicklung. Entstanden ist ein Netzwerk von Landwirten, das inzwischen auf mehreren hundert Hektar Fläche in Brandenburg, Sachsen und anderen Bundesländern wieder alte Getreide- arten und -sorten anbaut. Vom Schreibtisch aufs Feld: Rudi Vögel, hauptberuflich im Landesamt für Umwelt tätig, engagiert sich seit vielen Jahren im Ehrenamt als Vorstand im VERN e.V. besonders für alte Getreidesorten. Foto: Rita Gudermann 23
Insbesondere die Auswahl an Hirsesorten ist beträchtlich und reicht von Tef, der alten äthiopi- schen Getreideart, über die Besenhirse bis zur Kolben- und Fingerhirse. Aus rechtlichen Gründen wird das Saatgut mancher der alten Sorten nicht verkauft, sondern nur vereinsintern abgegeben beziehungsweise getauscht. Im Brandenburger Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) werden aktuell etwa 30 Landwirtschaftsbetriebe mit 327 Hektar Fläche und 14 Frucht(unter)arten geför- dert. Der tatsächliche Anbauumfang ist höher. 26 alte, nicht nur für Brandenburg interessante Ge- treidesorten werden auf diese Art bewahrt. Noch sind die Anbaumengen von Norddeutschem Champagnerroggen, Dickkopfweizen, Märki- schem Landweizen, Banater Grannenweizen, Sächsischem und Lüneburger Landweizen, Tata- rischem Fahnenhafer oder Imperialgerste gering. Dennoch sind sie schon jetzt ein Schatz, der nur auf den ersten Blick etwas unscheinbar wirkt. Eine wichtige Rolle bei der Wiedereinbürgerung der alten Getreidesorten kommt wie erwähnt dem VERN in nahegelegenen Greiffenberg zu: Mitglie- der recherchieren vielversprechende Sorten und besorgen Kleinproben aus der Genbank. Diese müssen zunächst weitervermehrt werden. In klei- nen Beeten wird die Anbaumenge im Greiffenber- Seltener Anblick auf deutschen Feldern: Sorghum-Hirse Foto: Rita Gudermann 24
Rekultivierung in drei Schritten Grafik: Rudi Vögel ger Garten zunächst soweit gesteigert, dass ein Erst danach kommt das Saatgut auf ein Feld: Sichtungsanbau in Kleinparzellen von ein bis drei Gemeinsam mit der Hochschule für nachhaltige Quadratmetern Fläche erfolgen kann. In der Regel Entwicklung Eberswalde und dem Bioland-Be- gibt der VERN 30 bis 50 Gramm Samen einer Er- trieb Gut Wilmersdorf werden auf der Lehr- und haltungssorte ab. Das ergibt bereits so viel Saat- Forschungsstation (LFS) Exakt- und Praxisversu- gut und Daten, dass darüber entschieden werden che, Demonstrationsvorhaben zur Anbauverfah- kann, welche Sorten sich für den weiteren Anbau rensentwicklung sowie Sortenvermehrungen vom lohnen. VERN e.V. durchgeführt. In Zusammenarbeit mit 25
Landwirtschaftsbetrieben und zum Teil auch in Ko- operation mit Landesversuchsanstalten wird das Getreide mehrere Jahre in Folge angebaut, um weitere Bonituren und Ergebnisse zur Anbaueig- nung, zum Ertrag und zu Qualitätseigenschaften zu erhalten. Erst in einem dritten Schritt gelangen die alten Sor- ten zu anderen Landwirten, die das Getreide auf Feldschlägen anbauen, die größer als ein halber Hektar sind. Das sind dann immer noch gerade- zu verschwindend kleine Flächen. Wirtschaftlich wird der Anbau alter Getreidesorten erst, wenn er auf größeren Arealen und mit modernen Me- thoden erfolgen kann. Aber die Erfahrungen der Landwirtschaftsbetriebe und Bäckereien in dieser Pilotphase werden dokumentiert und ausgewertet. Regelmäßig finden Feldbesuche der für die Saat- gutanerkennung zuständigen Landesbehörde statt. Während von einer modernen Hochleistungssorte auf einem Weizenfeld fast 80 Dezitonnen Weizen pro Hektar geerntet werden können, bringen es die alten Sorten häufig nur auf etwa 40 Prozent davon. Dennoch ist das Interesse von Seiten der Landwirtschaft groß. Denn mit den lokalen Sorten werden regionale Back-, Brau- und andere Kulturtraditionen wie- derbelebt: Die alten Getreidesorten mit ihren ei- genen Back- und Geschmackseigenschaften sind Frisch und urig: Brötchen aus dem Mehl des Champagnerroggens Foto: Rudi Vögel 26
die Basis für Backwaren sowohl in konventioneller als auch in Bio-Qualität, deren Zutaten, vor allem die Mehle, aus Brandenburg stammen. Einige noch handwerklich arbeitende Bäckereibetriebe im Land haben den Trend erkannt und sorgen seit Jahren dafür, dass das Angebot und damit die Nachfrage wächst. Der Markterfolg – gerade bei einem Nischenpro- dukt – steht und fällt mit der guten Zusammenar- beit zwischen Landwirtschaftsbetrieben, Mühlen und Bäckereien in einer Region. Neben der Her- stellung von Brot und anderen Backwaren dient Alte Marke: Champagnerroggen, Grafik: Archiv Gudermann Getreide seit jeher auch zur Vermälzung, zur Fer- mentation für Bier und Spirituosen. Deshalb nimmt das Engagement der Brauereien und Spirituosen- hersteller zu. Und mit der Verbreitung von Früh- stücks-Müslis und Getreide-Burgern wird auch die Produktion von Flocken, Graupen oder Chips aus alten Sorten interessant. Neu ist die Verarbeitung von Getreide zu Milchalternativen (Haferdrink) oder zum Brottrunk „Rejuvelac“. Eine Besonderheit der alten Getreidesorten ist, dass sie zumeist mehr Stroh als heutige Sorten ergeben. Weil Brandenburg insgesamt zu den tierärmeren Bundesländern gehört und in vielen Norddeutscher Champagnerroggen Foto: Rudi Vögel 27
Ernte von Petkuser Kurzstroh auf der Domäne Dahlem 2018 Foto: Astrid Masson konventionellen Betrieben Nutztiere nur noch auf deutschland und verringert damit die Kosten und Spaltenböden gehalten werden, bleibt Stroh über. die Folgen langer Transportwege. Vielleicht hat Manchmal wird das oft sehr lange Stroh der alten ja auch der märkische Dickkopfweizen eine gro- Sorten phantasievoll zur Deckung von Dächern ße Zukunft vor sich? Manchmal braucht es einen und zum Flechten von Bienenkörben genutzt. Dickkopf, um etwas Gutes in die Welt zu setzen ... Handel, Gastronomie und Großabnehmer können wesentlich dazu beitragen, alte Getreidesorten in der Region zu erhalten. So kann man in einigen Brandenburger Bäckereien und auf Märkten wie- der Brot kaufen, das mit Champagnerroggen ge- Getreidenetzwerk des VERN e.V.: backen wurde. Der kommt hier zwar nicht aus der https://landsorten.de/ Champagne, sondern aus Brandenburg und Nord- 28
Mehl, Wasser, Salz und Zeit: Bäcker Wieses Geheimrezept für gutes Brot „Mehl, Wasser, Salz und Zeit.” - das ist das Motto bieten zu können. Seit einem Besuch im Arbeits- von Björn Wiese, Bäckermeister in Eberswalde, kreis der Biobäckereien heißt handwerkliche Qua- wenn er nach seinen Rezepten gefragt wird. Mit lität für ihn vor allem die Verwendung von naturna- dem richtigen Mehl, meint er, ist die Herstellung hen Rohstoffen. einfach. Die puren Rohstoffe und viel Zeit. Mehr braucht es nicht. Doch natürlich braucht es auch Großen Wert legt der Bäcker auf die Sauerteigfüh- viel Erfahrung und Professionalität, um aus guten rung, die über Qualität und Geschmack des damit Rohstoffen ein gutes Brot zu backen. Über beides gebackenen Brotes entscheidet. Das Ergebnis ist verfügt der umtriebige Eberswalder. Seit er selbst- ein echtes Handwerksbrot, wie er es selbst nennt. ständig ist, hat Wiese immer nach eigenen Wegen Dafür verwendet er nur sortenreine Mehle und gesucht, um seiner Kundschaft etwas Besonderes Schrote, wie sie von der Mühle kommen. Der Eberswalder Björn Wiese (rechts) mit dem Landwirt Johannes Bexten und sein uckermärkisches Roggenprojekt: „Gutes Brot braucht gute Zutaten. Zutaten sind für uns gut, wenn sie eine erstklassige natürliche Qualität haben. Und wenn sie möglichst in der Nähe wachsen – am besten in Brandenburg. Deshalb ist Roggenmehl unsere erste Wahl. Lichtkornroggen und Champagnerroggen gedeihen hervorragend im Brandenburger Sand. Sie haben einen starken Eigengeschmack und geben unseren Broten ihren typischen Charakter.“ Foto: Christian Hering 29
Hier tritt der Meister noch selbst in die Pedalen: Björn Wiese beim Ausliefern seiner Backwaren Foto: Christian Hering 30
Exotische Zutaten wie Chiasamen, Quinoa und in Frankreich, ist eher kräftiger im Geschmack. In Amaranth sucht man bei ihm vergebens. Dafür der Bäckerei Wiese wird ein Kastenbrot daraus kann man zum Beispiel Brot aus dem Norddeut- gebacken. Mitte des 19. Jahrhunderts führte Adolf schen Champagnerroggen kaufen. „Im Bäcker- Jäger aus Könkendorf in der Prignitz französi- handwerk gibt es heute so viel scheinbare Viel- schen Champagnerroggen nach Deutschland ein falt”, sagt Wiese: „Das Mehl wird immer heller, und entwickelte in Auslesezüchtung den norddeut- aber dann wird viel Gedöns hinein getan”, also schen Champagnerroggen, der vor allem in Ost- Quell- oder andere Hilfsstoffe oder Malz für eine deutschland verbreitet war und in der DDR noch appetitliche, braune Farbe. Was er backen möch- bis in die 1960er Jahre angebaut wurde. Es ist te, sind bodenständige, einfache Produkte. eine hochwüchsige Roggensorte, gut angepasst an die leichten Böden in Brandenburg, mit ausge- Am liebsten würde er, wie bei einer Weinverkos- zeichneter Backqualität. Er gilt als sehr winter- und tung, seinen Kunden die verschiedenen Getrei- lagerfest. Das Korn ist meist von gelbgrüner Farbe desorten und ihre besonderen Eigenschaften und durch seine frühe Reifung recht anspruchslos erklären. Doch dafür fehlt ihm oftmals die Zeit. und verträglich gegenüber Trockenheit. Einmal im Jahr trifft er sich mit anderen Enthusi- asten der alten Getreidesorten beim VERN. Das Björn Wiese bezieht sein Mehl von der Rolle-Müh- hilft, um über die neuesten Entwicklungen auf dem le im sächsischen Grünhainichen, die ihr Getreide Laufenden zu bleiben und Tipps zu Backeigen- wiederum aus dem südlichen Brandenburg und schaften oder Vermarktung zu erhalten. Nordsachsen erhält. Nicht immer ist es einfach, Mühlen zu finden, die bereit sind, die geringen Vor rund 20 Jahren stieß der Bäckermeister zum Mengen der alten Getreidesorten zu verarbeiten. ersten Mal auf den VERN. Nur eine halbe Stunde Längst sind die Zeiten, in denen jedes Dorf seine Fahrzeit von Eberswalde entfernt lernte er alte Ge- eigene Mühle hatte, Vergangenheit. treidesorten kennen und schätzen. Er experimen- tierte mit dem Champagner- und dem Marienrog- Mittlerweile startete Wiese ein eigenes Roggen- gen und stellte fest, dass sortenrein verbackenes projekt in der Uckermark mit dem Lichtkornroggen, Mehl wirklich anders – nämlich besser - schmeckt. einer neueren Züchtung aus der bio-dynamischen Der Geschmack ist sein Zugang zu den alten Landwirtschaft mit einem sehr milden Geschmack. Sorten geblieben. Der Norddeutsche Champag- Dass er damit auch an die eigenen Familienwur- nerroggen, die alten Sorte aus der Champagne zeln anknüpft, ist ihm wichtig. Schließlich war sein 31
Großvater Heinrich Wiese als junger Mann nach dem Ersten Weltkrieg aus der Provinz Posen als Wiese Backwaren GbR Siedler in die Uckermark gekommen und hatte Friedrich-Ebert-Straße 13 16225 Eberswalde dort einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb aufge- Telefon: 03334 38966280 baut, den er 1960 in die damals neu gegründete E-Mail:info@wiese-brot.de Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft https://wiese-brot.de (LPG) einbringen musste. Sohn Heinz-Dieter wur- de Bäcker – wie eben auch Björn Wiese, der in Links den Nachwendejahren sein Handwerk von Grund Champagnerroggen auf gelernt hat und vor 25 Jahren seinen Meister https://landsorten.de/sorten/roggen/norddeutscher- champagnerroggen/ https://www.baeckerei-spie- machte. Seit 1998 hatte er seinen eigenen Laden. gelhauer.de/Champagnerroggen Seine Schwester Birte ist Konditormeisterin. Lichtkornroggen Wiese sieht kein Problem darin, alte und neue http://biosorten.de/wiki/Lichtkornroggen Züchtungen nebeneinander zu verwenden, denn https://www.cultivari.de/sorten/lichtkornroggen/ eine Konkurrenz zwischen dem Erhalt der alten und der Zucht von neuen Sorten muss es nicht geben. Beide haben ihre Berechtigung, so sieht es Bäcker Wiese. 32
Durchstarten mit viel Frauenpower: Milchersatz aus alten Getreidesorten Das Team von Kornwerk Foto: Sascha Hilgers Manche Menschen müssen, manche wollen auf ternehmen Kornwerk. Die drei Geschäftsführe- Milchprodukte verzichten, etwa weil sie sich lakto- rinnen Marlene Bruce, Miriam Boyer und Swenja sefrei oder ganz und gar vegan ernähren wollen. Rosenwinkel haben sich in diesem Marktsorti- Und es werden immer mehr. Inzwischen ist der ment selbstständig gemacht und greifen für die Markt für milchähnliche Getränke aus Pflanzen so Herstellung auf alte Getreidesorten zurück: „Mit groß geworden, dass die Anbieter kaum mit der Kornwerk haben wir eine Firma gegründet, die Produktion hinterherkommen. die Sortenvielfalt von Getreide wieder zurückbrin- gen will, denn wo früher jeder Hof seine eigene Einer der Betriebe, die sich bemühen, den wach- Sorte hatte, gibt es heute nur noch eine Hand- senden Bedarf zu decken, ist das Berliner Un- voll.“ 33
Nicht ganz einfach war es für das im Januar 2021 stützen wir Organisationen, die sich für den Erhalt mit Eigenkapital gegründete Startup-Unterneh- von alten Getreidesorten und die Ernährungssou- men, größere Mengen der alten Getreidesorten für veränität einsetzen.“ ihre Produktion zu erhalten. Gut, dass hier auch wieder der VERN e.V. helfen konnte, der zum Auf seinem Hof, der Kranichsberger Agrarge- Netzwerk von Kornwerk gehört. Mittlerweile arbei- sellschaft mbH in Kagel (Landkreis Oder-Spree), ten sie eng mit den Bauern zusammen. Kornwerk baut Bio-Landwirt Carlo Horn den Hafer für die bezieht sein Getreide ausschließlich von kleinen veganen Drinks des Berliner Start-ups Kornwerk Biobetrieben aus der Region Berlin-Brandenburg. an. Bei den Partnerschaften Produziert wird in Neubrandenburg und verkauft geht es um Augenhöhe: Den wird auf regionaler Ebene in Berlin, Hamburg und Produzenten wird garantiert, im Umland. dass ihre Rohstoffe auch abgenommen werden. Sie Im Angebot sind Haferdrink und Schokodrink. werden sogar ertragsunab- Milch dürfen die Getränke aus wettbewerbsrecht- hängig im Voraus bezahlt. lichen Gründen nicht heißen. Man könnte sie aber Dadurch schaffen die drei glatt mit Milch und Kakao verwechseln. „Kornwerkerinnen“ eine solidarische Zusammen- Aber wie macht man „Milch“ aus Getreide? Hafer- arbeit, in denen die Risi- körner werden von den Spelzen befreit und gemah- ken von Ernteausfällen len. Zusammen mit Wasser werden sie anschlie- mit den Landwirtinnen ßend fermentiert, dann homogenisiert und gefiltert. und Landwirten geteilt Milchähnlich wird das Getränk erst, wenn die wäss- werden. rige Flüssigkeit mit Pflanzenöl emulgiert wird. Nicht nur Anbau und Pro- Das Projekt ist dem Prinzip der „Solidarischen Land- duktion sollen nachhaltig Foto: Kornwerk wirtschaft“ verpflichtet, auch als Solawi bekannt. sein, auch die Verpa- „Wir unterstützen die kleinbäuerliche, ökologische ckung der Drinks ist es, Arbeitsweise, die die Biodiversität aufrechterhält. denn sie kommen selbst- Für das von Kornwerk verwendete lokale Getreide verständlich in Mehrweg- zahlen wir einen gerechten Preis. Ebenfalls unter- flaschen daher. 34
Kornwerk ist Mitglied in der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg e.V. (FÖL). Der Verein unterstützt den ökologischen Landbau mit Projekten und Informationen, wirkt als Vermarktungsplattform und stärkt die Vernet- zung zwischen Brandenburg und Berlin. Im Januar 2022 konnte Brandenburgs Agrar- und Umweltmi- nister Axel Vogel die Kranichsberger Agrargesell- schaft mbH und Kornwerk für die regionale Bio- diversität GmbH mit dem pro-agro-Marketingpreis auszeichnen. Bald so gut wie eine Kuh? Westfinnischer Schwarzhafer Foto: Rita Gudermann Tipp: Haferdrink selber machen Kornwerk für die regionale Biodiversität GmbH Ganze Haferkörner oder Haferflocken mit Wasser Geschäftsführung: Marlene Bruce, Miriam Boyer vermischen und am besten über Nacht mehrere und Swenja Rosenwinkel Volkmarstraße 1-7 Stunden einweichen lassen, anschließend pü- C/O soulbottles rieren und durch ein Seihtuch gießen, damit die 12099 Berlin festen Bestandteile herausgefiltert werden. Fertig Telefon: 0176 70653715 (Swenja Rosenwinkel) ist eine einfache „Hafermilch“, die im Müsli oder E-Mail: info@kornwerk.com Kaffee verwendet werden kann. https://www.kornwerk.com Kranichsberger Agrargesellschaft mbH Geschäftsführung: Carlo Horn 15537 Grünheide OT Kagel Am Winkel 17A Telefon: 033434 80770 35
Hochprozentig regional – Grumsiner Brennerei Auf einem alten Vierseitenhof mit großem Ge- men waren der Ort Grumsin und der Grumsiner treidelager hat Thomas Blätterlein die Grumsi- Forst, ein Teil des Biosphärenreservats Schorfhei- ner Brennerei gegründet – ein beeindruckendes de-Chorin und wegen der alten Buchenbestände Beispiel dafür, welche Fülle an verschiedenen geschütztes UNESCO-Weltnaturerbe. Produkten aus der ursprünglichen Vielfalt alter Getreidesorten geschöpft werden kann. Seit 2015 Seine Wurzeln hat Thomas Blätterlein in Dresden. werden hier, wo die Landkreise Uckermark und Nachdem er beruflich in die Gegend kam, war er Barnim aneinandergrenzen, Whisky, Gin, Korn, so begeistert von der Schönheit und Vielfalt der Obstler und auch Liköre aus Brandenburger Zuta- Landschaft, dass er beschloss zu bleiben. ten hergestellt. Namensgebend für das Unterneh- Sich selbst bezeichnet Thomas Blätterlein als großen Fan von Regionalität: „Wenn es mal arg kommt, dann müssen wir regional agieren kön- nen.“ Deshalb wollte er vor Ort etwas aufbauen. Noch im 19. Jahrhundert gab es viele Gutsbren- nereien in der Gegend. Dieses ursprünglich in vielen Dörfern beheimatete alte Handwerk wollte er wiederbeleben. Der Rohstoff dafür sollte direkt aus der Region kommen – Wildobst, Streuobst und alte, ursprüngliche Getreidesorten mit einem Bezug zur Landschaft. Thomas Blätterlein ist schon lange überzeugt: In den alten Sorten steckt viel Anbauerfahrung. Die hier heimischen Sorten sind an die hiesigen Bedingungen besonders gut angepasst. Das wirkt sich wiederum auf die Verar- beitung und die Qualität der fertigen Produkte aus. Mit Brennereichef Thomas Blätterlein im Whiskykeller Foto: Ulrike Wunderlich 36
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