INFO - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
INFO 01/2014 SCHWERPUNKT Erfahrungen einbringen – Ehemalige Stipendiat_innen Netzwerk erleben der FES 3 VORDENKEN Europäische Werte bedroht 17 MITWIRKEN Arbeiten im digitalen Zeitalter 21 TEILHABEN Neues Asylsystem auf dem Prüfstand 33 VERNETZEN Die europäische Jugendwahlarena 39 UMFRAGE Leser_innenumfrage zum FES-Info 51
2 DEZEMBER 2013 – JANUAR – FEBRUAR – MÄRZ 2014 Inhalt FES-INFO 1/2014 TEXTBEITRÄGE IN DIESER AUSGABE Merin Abbas, Lukas Bauer, Uta Dirksen, Daniel Drewski, Sina Dürrenfeldt, Matthias Eisel, Stefanie Elies, Sabine Fandrych, Moritz Fessler, Alina Fuchs, SCHWERPUNKT Pit Gey, Martin Gräfe, Erik Häußler, Stephanie Hepper, Sarah Hees, Marcel Denken, Lenken, Gestalten – Humuza, Vinzenz Huzel, Ilva Ifland, Matthias Ehemalige Stipendiat_innen der FES.................................. 3 Jobelius, Friederike Kamm, Philipp Kauppert, Vielfalt bereichert – Breites Niklas König, Alberto Koschützke, Bettina Berufsspektrum ehemaliger Stipendiat_innen.................... 4 Kuhlmann, Hajo Lanz, Mareike Le Pelley, Margarita Litvin, Johanna Lutz, Katrin Erfahrung vernetzen – Matuschek, Marc Meinardus, Stephan Das Mentoring Programm............................................... 13 Meuser, Anja Minnart, Julia Müller, Stefan Müller, Lukas Plewnia, Lena Reker, Tobias Interview mit Dr. Ralf Stegner.......................................... 15 Rudolph, Hilmar Ruminski, Patrick Rüther, Severin Schmidt, Marcus Schneider, Bastian Vordenken GESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT / Sendhardt, Markus Schreyer, Franziska SOZIALE DEMOKRATIE Schröter, Juliane Schulte, Günther Schultze, Notwendiger Neustart – Erwin Schweisshelm, Basia Szelewa, Stephan Thalhofer, Adam Traczyk, Markus Trömmer, Europäische Werte bedroht............................................. 17 Petra Wilke, Walter Wimmer Ein breiterer Wohlstandsbegriff – Argumente für eine neue Wirtschaftspolitik.................... 19 Das Gute Leben, aber wie? – Alternativen zum Wachstumsmodell............................... 19 „Höllenritt Wahlkampf“ – Ein Insider-Bericht........................................................... 20 Mitwirken WIRTSCHAFT, ARBEIT, SOZIALES IMPRESSUM Altes und neues Denken verbinden – Herausgeber: Arbeiten im digitalen Zeitalter......................................... 21 Friedrich-Ebert-Stiftung Nicht nur rosig – Zur Zukunft Kommunikation und Grundsatzfragen Godesberger Allee 149 der Automobilindustrie in Deutschland .......................... 22 D-53175 Bonn Akuter Handlungsbedarf – Perspektiven Telefon: 0228_883–0 für ein Forschungs- und Aktionsprogramm..................... 26 Internet: www.fes.de E-Mail: presse@fes.de Erfolgreicher Imagewandel – Wachstumsdebatte in Afrika........................................... 29 Redaktion: Peter Donaiski, Pressestelle Berlin Teilhaben INTEGRATION, BILDUNG, KULTUR Hiroshimastraße 17, D-10785 Berlin Gleicher Abschluss – gleiche Chancen?! – Telefon: 030_269 35–7038 Telefax: 030_269 35–9244 Girls- und Boys-Day in der FES Bonn................................ 31 E-Mail: peter.donaiski@fes.de Nach Lampedusa – Neues europäisches Asylsystem auf dem Prüfstand......... 33 Satz, Layout, Titelgestaltung und Herstellung: „Jede Generation muss sich der Geschichte aufs Publix, Harald Eschenbach, Berlin Neue stellen“ – Thema Holocaust in der Bildung............. 35 Druck: Saarländische Druckerei & Erzählte Geschichte – Verlag GmbH, Saarwellingen Gewerkschaftliche Zeitzeugen im Interview..................... 38 Foto auf der Titelseite / Seite 3 ©styleuneed - Fotolia.com Vernetzen EUROPA UND DIE WELT Printed in Germany, Mai 2014 Konstruktionsfehler aufarbeiten – Gedruckt auf 90 g matt gestrichen Zur Zukunft der Europäischen Union............................... 41 ISSN 0942-1351 So etwas gab es noch nie – Netzwerk analysiert Perspektiven Afghanistans............... 45 Sklavereiähnliche Verhältnisse – Arbeitsbedingungen UMFRAGE von Hausangestellten in Lateinamerika............................ 46 Sagen Sie uns Ihre Meinung zum Freibrief für Hetze und Gewalt – Wie mit FES-Info. Homophobie in Afrika Politik gemacht wird.................... 49 Auf Seite 51 finden Sie einen Frage- bogen, oder nehmen Sie online teil: Publikationen NEUE PUBLIKATIONEN DER FES....................................... 50 http://www.fes.de/lnk/fesinfo FES I N F O 1 / 2 0 1 4
SCHWERPUNKT 3 ERFAHRUNGEN EINBRINGEN – NETZWERK ERLEBEN Langzeitwirkungen der Begabtenförderung DENKEN, LENKEN, GESTALTEN Einleitung zum Schwerpunktthema E H E M A L I G E S T I P E N D I AT _ I N N E N D E R F E S Was haben Außenminister Frank-Walter Stein- Sie alle sind ehemalige Stipendiat_innen der FES meier, Moderatorin Anne Will, Juso-Bundesvor- und damit Teil eines wissenschaftlichen und po- sitzende Johanna Ückermann und der Chef des litischen Netzwerks. Bundespräsidialamtes David Gill gemeinsam? Vor diesem Hintergrund und dem Ziel, dass die ehemaligen Stipendiat_innen der Friedrich- E VA L U AT I O N Ebert-Stiftung später in den vielfältigsten gesell- Im Jahr 2013 hat die Friedrich-Ebert-Stiftung schaftlichen Bereichen als Entscheider_innen, eine Evaluation der Langzeitwirkung ihrer Be- Gestalter_innen, Denker_innen und Lenker_in- gabtenförderung durchgeführt. Kernanliegen nen agieren und sich engagieren, fördert die war die Analyse möglicher Wirkungen der FES-Studienförderung jährlich rund 2.600 Stu- Förderung in Bezug auf die beruflichen Chan- dierende und Promovierende aus Mitteln des cen, das gesellschaftliche Engagement und Bundesministeriums für Bildung und Forschung die Übernahme gesellschaftlicher Verantwor- (BMBF) und des Auswärtigen Amtes. tung sowie den Verbleib und die Einbindung der ehemaligen Stipendiat_innen in das Netz- Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat es stets verstan- werk der Sozialen Demokratie. den, eingedenk ihrer großen Tradition in ihrer Für die Online-Befragung wurden 10.944 Per- gesellschaftspolitischen Aufgabenstellung Konti- sonen kontaktiert, von denen 3.662 an der nuität und Perspektive zu verbinden. Die Konti- damit repräsentativen Befragung teilgenom- nuität beruht dabei auf den grundlegenden Auf- men haben. Die Rückmeldungen geben Aus- gaben als Stiftung der Sozialen Demokratie, die kunft über den beruflichen Werdegang der den Grundwerten der Gerechtigkeit, Freiheit und Ehemaligen und damit den Erfolg der Unter- Solidarität verpflichtet ist. Ebenso war und ist die stützungs- und Förderangebote durch die FES Stiftung stets darum bemüht, den Gründungs- sowie das langfristige gesellschaftliche Enga- auftrag Friedrich Eberts umzusetzen und weiter- gement. Ein „Ehemaligenmonitoring“ soll in zudenken. Dieser Auftrag, der sich darauf bezieht, regelmäßigen Abständen fortgesetzt werden. „jungen, befähigten Proletariern Beihilfen für ei- 1 / 2 0 1 4 I N F O FES
4 SCHWERPUNKT nen Studiengang […] zu geben“, wurde nicht nur (ehemalige_r) Stipendiat_in sowie der Verbleib nach dem Neuaufbau der FES nach dem Zweiten und das Engagement im Netzwerk der Sozialen Weltkrieg aufrechterhalten, sondern lenkt auch Demokratie gehören zu den Zielen der Friedrich- gegenwärtig die Arbeit: Denn auch heute bleibt Ebert-Stiftung im Rahmen ihrer Begabtenförde- die intensive Förderung des akademischen Nach- rung. wuchses ein zentrales Anliegen der Stiftung. Über 20.000 Stipendiat_innen haben die Förde- Dementsprechend werden begabte, vielverspre- rung bereits durchlaufen und sind heute in allen chende junge Menschen ausgewählt und geför- Bereichen von Politik, Staat, Wirtschaft, Medien dert, die Wissenschaft und Politik von morgen sowie Wissenschaft und Forschung tätig. Viele gestalten wollen und die Soziale Demokratie als von ihnen haben eine Führungsposition in den Grundwerte- und Handlungskonzepte weiter- verschiedensten Berufsfeldern inne. denken. In ihrer Rolle als Multiplikator_innen Für die FES ist ein intensiver und konstruktiver tragen sie die Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Austausch in und mit dem Kreis der Ehemaligen Solidarität auch über die Förderung hinein in die von entscheidender Bedeutung und mit dem Gesellschaft. Wunsch verbunden, über die Förderung hinaus Diese Fortführung des gesellschaftspolitischen eine enge Verbundenheit und Zusammenarbeit Engagements, die Ausbildung einer Identität als aufrechtzuerhalten. VIELFALT BEREICHERT B R E I T E S B E R U F S S P E K T R U M E H E M A L I G E R S T I P E N D I AT _ I N N E N Die Friedrich-Ebert-Stiftung steht heute mit über einbringen, Publikationen mitgestalten oder an 13.000 ehemaligen Stipendiat_innen in Kontakt Fachkonferenzen teilnehmen. Der fachliche und und knapp 10.000 informieren kontinuierlich berufliche Schwerpunkt der im Netzwerk enga- über ihre Berufstätigkeit und Position. Der Groß- gierten Ehemaligen trägt maßgeblich zur Ausge- teil der Ehemaligen ist im Bereich Wissenschaft staltung und Qualität der behandelten Inhalte und Forschung tätig, gefolgt von dem Bereich bei. der Wirtschaft. Andere wirken an prominenter Personen aus den Bereichen Hochschule, Wis- Stelle in Politik, Justiz, öffentlicher Verwaltung, senschaft und Forschung sind überdurchschnitt- in den Medien sowie in Bildung, Gesundheit lich häufig aktiv. Als Vertrauensdozent_innen und Soziales mit. Die fachlichen und beruflichen bringen sie ihre fachwissenschaftliche Expertise Qualifikationen der Ehemaligen prägen und un- bei der Begutachtung neuer Stipendiat_innen terstützen die Bemühungen der Stiftung, ihrem ein. gesamtgesellschaftlichen Auftrag nachzukom- Daneben zielt die Zusammenarbeit mit den Ver- men. trauensdozent_innen nicht nur auf die Auswahl Viele Ehemalige lassen ihr spezielles Wissen zu- und Betreuung des Nachwuchses ab, sondern rückfließen, indem sie sich in Expertgespräche auch auf den wissenschaftlichen Austausch mit dem FES-Umfeld. Beschäftigungsstruktur Ehemalige aus dem Bereich der Wirtschaft stel- ehemaliger Stipendiat_innen len als Mitglieder im Managerkreis der FES und als Mitdiskutant_innen auf Podien und Konfe- Kun Wissenschaft renzen ihre Erfahrungen und Sichtweisen zur st/K 25% ultu r 3% Diskussion und bereichern die FES als Dialog- Wirtschaft 19% plattform. Rechtswesen 8% Zusätzlich wurde zusammen mit dem Mana- les gerkreis NRW ein Angebot geschaffen, das in- ozia Politik/Verwaltung it/S 16% teressierten Stipendiat_innen wirtschaftsnahe he nd 9% on s u Berufsfelder näherbringen soll. Seit 2011 stehen un n/ 8% ikati Ge mm ie Ko Med Bildung Mitglieder des Managerkreises NRW für die Ver- 12% mittlung eines Coaching oder eines Praktikums- platzes bereit. FES I N F O 1 / 2 0 1 4
SCHWERPUNKT 5 ANKNÜPFUNGSPUNKTE E I N TA G A U S D E M L E B E N E I N E R E H E M A L I G E N Anna Hoff ist Referentin bei der Bundeszentrale für politische Bildung und in der Stabsstelle Kom- munikation tätig. Die studierte Politologin war bereits während ihres Studiums als freie Journalistin unter anderem bei der Westfälischen Rundschau, der dpa Frankfurt und der GTZ in Äthiopien tätig. Heute kommuniziert die 31-Jährige mit Journalist_innen und beantwortet Fragen zu Demokratie und Zivilgesellschaft. Während ihres Studiums war Anna Hoff zwei Jahre als Chefredakteurin des stipendiatischen Magazins „forum“ tätig. Neben ihrem Engagement bei Arbeiterkind.de engagiert sich die ehemalige Stipendiatin vor allem für die gesellschaftliche Teilhabe von Frauen und Mädchen und sitzt zudem im Beirat ehemaliger Stipendiat_innen der FES. Der Wecker steht auf 6.10 Uhr. Um diese Uhrzeit ist jede Minute heilig. Aber seitdem Karla da ist, brauchen wir eigentlich keinen Wecker mehr. Ich bin Anna Hoff. 31 Jahre alt. Seit viereinhalb Jahren ehemalige Stipendiatin der Fried- rich-Ebert-Stiftung. Seit drei Jahren in der Stabsstelle Kommunikation der Bundeszen- trale für politische Bildung/bpb tätig und seit sechzehn Monaten Mama von Karla. Inzwischen ist es 6.30 Uhr. Ich packe Wechselbodys, Windeln, Feuchttücher und Schnuller in einen Stoffbeutel. „Hast du schon die 3,50 Euro Imbissgeld für März in der Kita bezahlt?“ „Mach ich heute Nachmittag! Ach nein, du bist dran mit Abholen, ich bin heute Abend in Düsseldorf – FES!“ „Ach ja. Alles klar! Viel Erfolg.“ Ich komme gegen 8.00 Uhr im Büro an und beantworte zuerst ein paar E-Mails: Thomas Krüger, der Präsident der bpb, ist angefragt für ein Interview mit der Deutschen Welle zum Thema „Wie kann man junge Menschen für Politik begeistern?“. Es folgt der ganz normale Pressestellen-Alltags-Wahnsinn: Logo-Abnahmen, Telefonanfragen, Emails, Facebook, Intranet. Zwischendurch streite ich mich mit einem Kollegen, warum wir in Pressemitteilungen nicht gendern. Das ist ein Hobby von mir und für das „forum“ ha- ben wir es damals erfolgreich erstritten. Mittagspause! Um kurz nach 12.00 Uhr hole ich mir ein Mozzarella -Tomaten-Baguette und setze mich wieder an den Computer. Eine liebe ehemalige forum-Kollegin möchte ein Praktikum in Indien machen, und ich habe versprochen zu helfen. Ich bin im Vorstand bei femnet (www.femnet-ev.de), ein Verein, der sich für die Rechte von Näherinnen weltweit ein- setzt. Wir haben Kooperationspartnerinnen in Bangalore, und das ist in Indien. Nach der Mittagspause habe ich eine Nachricht im Posteingang. Ein Teilnehmer der ge- planten Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft der Arbeit“ hat abgesagt. Die Veran- staltung ist in Kürze, und ich möchte unbedingt eine/-n Nachwuchswissenschaftler/-in dabei haben. Ich versuche mein Glück in der Abteilung Studienförderung der FES und frage nach thematisch passenden Promotionen. Die gibt es. Ich verschicke meine An- frage. Um 15.00 Uhr renne ich zum Zug. Normalerweise hole ich um diese Uhrzeit Karla aus der Kita ab. Heute fahre ich nach Düsseldorf. Die FES-Studienförderung hat ein Ehema- ligentreffen mit der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Svenja Schulze, organisiert. Ich moderiere das Gespräch. Ich packe noch meinen Koffer. Morgen geht es nach der Arbeit nach Berlin – zur Sitzung des ehemaligen-Beirats der FES. Aber nur bis Samstagnachmittag. Sonntag schlafen wir aus und stellen keinen Wecker. Hoffentlich denkt Karla daran, dass Wochenende ist. 1 / 2 0 1 4 I N F O FES
6 SCHWERPUNKT ANSPRUCH AUF TEILHABE D I E E R N E U E R U N G D E R S O Z I A L E N D E M O K R AT I E M I T G E S TA LT E N Politische Zukunftskonzepte und praktische Lö- tischen, gewerkschaftlichen und bürgerschaft- sungsansätze auf der Basis der Grundwerte der lichen Ehrenamt motivieren. Sozialen Demokratie zu entwickeln und in Poli- Auch Ehemalige, die zum Beispiel als Seminar- tik und Gesellschaft hinein zu vermitteln, sind leiter_innen die Seminare der Akademie für Soziale Demokratie mit ihrer hohen fachlichen Kompetenz zusätzlich unterstützen, tragen ihren Teil dazu bei. Dass der An- spruch auf politische Teilhabe auch konkrete Konsequenzen nach sich zieht, zeigen auch die Bundes- und Landtagswahlen des vergangenen Jahres. Unter den (neuen) Abgeordne- die Kernthemen der Friedrich-Ebert-Stiftung. ten sind zahlreiche Ehemalige: 23 im Bundestag, Sie will den Dialog zwischen Politik und Öffent- zwei im niedersächsischen, drei im hessischen lichkeit fördern und zum Engagement im poli- und vier im bayerischen Landtag. Darüber hi- naus sind sechs von insgesamt 13 Mitgliedern ENGAGEMENTBEREICHE des neu gewählten Bundesvorstandes der Jusos Im Vergleich der Engagementbereiche unserer ehemalige oder aktuelle Stipendiat_innen. Ehemaligen mit den Ergebnissen des Freiwil- ligensurveys zeigt sich, dass die Ehemaligen „Die Stiftung hat […] mir ein Gefühl der poli- besonders häufig in den Bereichen politische tischen Zugehörigkeit ermöglicht.“ Interessenvertretung, lokales Bürgerengage- Antje Tschira, Jahrgang 1968, ment sowie Jugendarbeit und Erwachsenen- selbständige Organisationsberaterin bildung aktiv sind. VERNETZUNG IM MEDIENSEKTOR Das zentrale Anliegen der medienpolitischen Aktivitäten der FES ist es, zur Weiterentwicklung des Mediensystems im Sinne einer demokratischen Öffentlichkeit beizutragen sowie Journalist_innen für ihre Aufgabe zu qualifizieren. Die Vernetzung und der Austausch von ehemaligen Stipendiat_in- nen erscheinen daher gerade im Bereich der Medien und des Journalismus von besonderer Bedeu- tung für die FES. Das Netzwerk der Ehemaligen, BERUFSORIENTIERUNG die untereinander und mit dem Nachwuchs Ehemalige, die in den Bereichen Politik und in Kontakt stehen, bildet hierbei den Schwer- Medien sowie Kommunikation tätig sind, punkt. Über 700 Ehemalige aus dem Berufsfeld bewerten die berufsorientierenden Angebote Medien sind uns bis heute verbunden. Viele als besonders positiv. Ebenso wird die journa- von ihnen leisten einen Beitrag zur Arbeit der listische Nachwuchsförderung speziell von Stiftung, indem sie als Ansprechpartner_innen diesen Personengruppen als nützlich für den für die FES zur Verfügung stehen oder ihre Sach- beruflichen Werdegang angesehen. kompetenz und Erfahrungen einfließen lassen, zum Beispiel als Trainer_innen bei der JournalistenAkademie oder als Moderator_innen von FES- Veranstaltungen. Im Bereich Medien und Journalismus organisieren wir für und mit unseren Ehe- maligen jährliche Veranstaltungen und Treffen, die einen kompetenten fachlichen Austausch über journalistische Themengebiete ermöglichen. Prominente Ehemalige, wie beispielsweise ARD-Aktu- ell Chefredakteur Kai Gniffke oder Yvette Gerner vom ZDF, bereichern diese Treffen und gewähren einen Einblick in ihre Erfahrungen. FES I N F O 1 / 2 0 1 4
SCHWERPUNKT 7 AUSGLEICH VON BENACHTEILIGUNGEN KONTINUITÄT DES FÖRDERGEDANKENS Getragen durch den Grundgedanken der Chan- aus Akademikerfamilien. Ehemalige Erstakade- cengerechtigkeit und Vielfalt, werden gezielt miker_innen betonen vor allem die wertebasier- Erstakademiker_innen und junge Menschen mit te persönliche und individuelle Komponente der Migrationshintergrund unterstützt. Deshalb Förderung. Gemeint ist insbesondere die kom- wurde in den letzten Jahren in vielfacher Hin- pensierende Wirkung für fehlende Unterstüt- sicht darauf hingewirkt, diesen Gruppen einen zung aus dem Elternhaus. leichteren Zugang zu den Fördermöglichkeiten Das Ziel, besondere Gruppen wie Erstakade- zu ermöglichen. Eine wichtige Rolle spielt die miker_innen und Studierende mit Migrations- Möglichkeit, bereits ab dem ersten Semester ein hintergrund zu fördern, wurde in allen BMBF- Stipendium zu erhalten. Nur so wurde in vielen finanzierten Förderprogrammen umgesetzt. So Fällen eine Studienaufnahme überhaupt erst lag der Anteil der aus BMBF-Mitteln geförderten möglich. Hoher Stellenwert kommt in diesem Migrant_innen im Jahr 2011 bei 24 %. Von den Zusammenhang der persönlichen Ansprache 2013 neu aufgenommenen Stipendiat_innen zum Beispiel durch Vertrauensdozent_innen waren 45 % Erstakademiker_innen. und ehemalige Stipendiat_innen im Lehrberuf zu. Diese Gruppen können Informationen an STUDIENABSCHLÜSSE ihre Studierenden beziehungsweise Schüler_in- Beim Vergleich der Studienabschlussnote nen weitergeben und auf diverse kleine Pro- nach der sozialen Herkunft der Geförderten gramme und Angebote hinweisen. lassen sich keine signifikanten Unterschiede Die Evaluation hat belegt, dass vor allem die Per- erkennen. Die durchschnittliche Abschluss- sonengruppe der Erstakademiker_innen den Ein- note der Ehemaligen aus Akademikerfamilien fluss der Förderung auf ihren Studienabschluss beträgt 1,4 und die der Erstakademiker_innen und ihre gesellschaftliche und berufliche Stel- liegt bei 1,5. lung signifikant höher einschätzt als Ehemalige „CHANCENGLEICHHEIT IM BILDUNGSSYSTEM IST EIN Portrait ZENTRALES ANLIEGEN FÜR MICH“ Antonia Kühn ist Ehrenamt eine wichtige Rolle für sie. Gleichberech- ehemalige Stipen- tigung, Bildungsgleichheit und Chancengleichheit diatin der FES und sind zentrale Anliegen für die 38-Jährige: Leiterin der Abtei- lung „Hochschu- „Chancengleichheit im Bildungssystem ist ein len, Wissenschaft zentrales Anliegen für mich. Noch immer sind und Forschung“ die Hürden für Menschen aus bildungsfernen im DGB Bezirk Familien zu hoch. Es ist ein großer Schritt, trotz- NRW. Nach dem dem an eine Hochschule zu gehen, das kann ich Studium der Poli- aus eigener Erfahrung sagen. Ich komme aus ei- tikwissenschaften, ner klassischen Arbeiterfamilie, mein Vater war Kunstgeschichte und Verfassungs-, Sozial- und Hafenarbeiter, meine Mutter Büroangestellte. Wirtschaftsgeschichte war sie von 2002 bis 2006 Es ist aus meiner Sicht sehr wichtig, dass Stipen- als Jungendbildungsreferentin in der DGB Region dien nicht nur nach Leistung vergeben werden. Düsseldorf / Mittlerer Niederrhein tätig, bevor sie im Wir brauchen eine bewusste Vergabe von Stipen- Anschluss bis zum Jahr 2011 die Abteilungsleitung dien nach sozialen Kriterien und Engagement, Jugend im DGB NRW übernahm. Während ihres so wie es die FES und auch die Hans-Böckler- Studiums engagierte sich Antonia Kühn bei den Stiftung bereits handhaben. Es sollten vor allem Jusos und bei der DGB Jugend. Und auch heute spielt Menschen gefördert werden, die nicht aus Aka- die Schnittstelle von Politik, Gewerkschaften und demiker-Haushalten stammen und daher ein 1 / 2 0 1 4 I N F O FES
8 SCHWERPUNKT Studium ohne Stipendium nicht bewerkstelligen haben und ihnen mit Rat und Tat zur Seite ste- könnten. hen. Für die FES bin ich als Mentorin unterwegs. Außerdem halte ich es für unerlässlich, dass jun- Es ist toll, dass man im persönlichen Gespräch ge Erwachsene die Möglichkeit bekommen, vom jungen Menschen weiterhelfen kann. Ich denke, Erfahrungsschatz der Älteren zu profitieren. Auf es hilft ihnen, dass sie eine Gesprächspartnerin ihrem Weg durch das Bildungssystem brauchen haben, die sich selbst durch das Bildungssystem Jugendliche Vorbilder und Menschen, mit de- „gekämpft“ hat und die aus eigener Erfahrung nen sie sich austauschen können – Menschen, die Schwierigkeiten kennt. Daneben bin ich Mit- die bereits ähnliche Erfahrungen gesammelt glied bei FES-Ehemalige.“ „Meine Promotion beziehungsweise der Für mich hat sie eine große Rolle gespielt, da Abschluss meiner Promotion war ganz sicher meine Eltern wenig Geld hatten. Ich war auch abhängig von der Förderung. Denn ich hatte die Erste in der Familie, die Abitur gemacht kurz zuvor geheiratet und ohne eine solche hat. Insofern war die finanzielle Unterstützung Förderung hätte ich mir als Vertreter des zwei- sehr wertvoll für mich, aber auch die Unter- ten Bildungsweges den „subjektiven Luxus“ stützung in psychologischer beziehungsweise einer Promotion nicht gönnen können. Ich moralischer Hinsicht, die man zum Beispiel bin der Erste in meiner Familie, der ein Studi- durch den Kontakt zu anderen Stipendiat(inn) um absolviert hat. Mein Studium wäre ohne en und in Seminaren erhalten hat, hat eine die BAföG-Förderung nicht möglich gewesen, große Rolle gespielt. […] Daneben hat die För- ohne eine Förderung wäre ich sicherlich wei- derung sozusagen die Motivation kompen- ter in meinem Beruf als kaufmännischer An- siert, die aus familiären Kreisen nicht da sein gestellter tätig geblieben. Genauso wäre meine konnte. Meine Eltern kannten die Universität Promotion ohne die finanzielle Förderung der ja nur von außen. Und da ist es toll, wenn eine FES nicht möglich gewesen.“ Stiftung diese Motivation vermitteln kann. Ehemaliger Stipendiat der Grund- und Graduier- Ehemalige Stipendiatin; Jahrgang 1969; tenförderung; Jahrgang 1950, Erstakademiker Erstakademikerin EIN GEFÜHL DER VERBUNDENHEIT Christine Kamp- weniger zufällig auf ehemalige Stipendiaten und mann, ehemalige Stipendiatinnen. Dass wir zu einem früheren Stipendiatin der Gra- Zeitpunkt Stipendiaten der FES waren, gibt mir duiertenförderung, ein Gefühl der Verbundenheit. Man spürt eine SPD-Bundestagsab- gewisse gemeinsame Vergangenheit und vertritt geordnete. Neben der die gleichen Werte.“ Arbeitsmarktpolitik beschäftigt sie sich K O N TA K T Z U R F E S insbesondere mit 96,5 % der Ehemaligen haben angegeben, Entwicklungszusam- Kontakt zur FES beziehungsweise zum Netz- menarbeit, Europa- und Integrationspolitik. werk zu pflegen. Immerhin ein Viertel bringt sich aktiv in das Netzwerk ein. Der Anteil der „Ehemalige Stipendiaten und Stipendiatinnen aktiven Männer liegt mit 28 % deutlich über treffen sich immer wieder: Heute sind sie MdB dem der engagierten Frauen (21 %). der SPD-Fraktion oder andere Funktionsträger Mit 39 % engagieren sich insbesondere Per- der Partei, andere arbeiten im Bundestag als sonen aus dem Hochschulbereich im Netz- wissenschaftliche Mitarbeiter. Auch bei meinen werk der Studienförderung, gefolgt von zahlreichen Kontakten mit der Zivilgesellschaft, Personen aus Wissenschaft und Forschung den Gewerkschaften, der Wirtschaft und der (34 %) sowie Politik (33 %). Wissenschaft treffe ich immer wieder mehr oder FES I N F O 1 / 2 0 1 4
SCHWERPUNKT 9 „ONLINE-PETITION IST EIN GUTES TOOL, DAS ALLERDINGS OFTMALS NICHT AUSREICHEND IST“ Name: Barbara Ward gnen von Avaaz oder Compact unterstützt. Auch Alter: 35 zukünftig möchte die engagierte 35-Jährige sich Beruf: Online-Redakteurin, Autorin, Dozentin aktiv als Mentorin bei Arbeiterkind.de einbrin- gen. In ihrem beruflichen und gesellschaftlichen Handeln liegen ihr vor allem die Werte Toleranz und Solidarität am Herzen. Für die Zukunft kann sich Barbara vorstellen, als Seminarleiterin die Angebote der journalistischen Nachwuchsförde- rung zu unterstützen. Das Netzwerk der FES zeigt sich auch in Barbaras Freundeskreis, denn einige ihrer engsten Freunde hat sie damals unter den Stipendiat_innen kennengelernt. Als sogenanntes Arbeiterkind hat die Förderung durch die FES ihr insbesondere dabei geholfen, Barbara Ward ist studierte Medienwissenschaft- sich in der Akademikerwelt nicht völlig fehl am lerin und Journalistin. Sie beschreibt sich selbst Platz zu fühlen. Das Stipendiat_innenprogramm als Nachrichten-Junkie und interessiert sich hat sie als einen geschützten Raum empfunden, insbesondere für gesellschaftliche Themen wie in dem sie sich immer willkommen gefühlt hat. Chancengleichheit, Gleichstellung von Frauen Zudem waren die Angebote der journalistischen und auf Grund ihres Berufes natürlich besonders Nachwuchsförderung für ihren Werdegang von für die Meinungsfreiheit. Diese Interessen spie- zentraler Bedeutung. Durch den Austausch mit geln sich auch in ihren Mitgliedschaften und in anderen Stipendiat_innen hatte Barbara die ihrem Engagement in verschiedenen Verbänden Möglichkeit, auf viele interessante Persönlich- und Institutionen wider. Als Fördermitglied der keiten fernab von Standardlebensläufen zu sto- Digital Media Woman hat sie bereits Kampa- ßen. „OHNE DIE FES WÄRE ICH HEUTE NICHT DA, WO ICH BIN“ Name: Hongyu Chen Alter: 28 der Kammeroper Schloss Rheinsberg. Der 28-Jäh- Beruf: Musiker/Sänger rige beschreibt die Förderung durch die FES als sehr hilfreich für seinen persönlichen und beruf- lichen Werdegang. Während seiner Förderung nutze Hongyu Chen das Angebot, an vielen Ver- anstaltungen und Seminaren teilzunehmen, und konnte während seiner Tätigkeit als HSG-Spre- cher viele interessante Erfahrungen sammeln. In den nächsten Jahren will der zielstrebige Mu- siker zunächst seine Karriere als Sänger vorantrei- ben. Konkret wird Hongyu Chen ab Ende März als Akademist für die Konzertsaison Sommer 2014 im MDR Rundfunkchor tätig sein. Zudem hat er Hongyu Chen wurde 1985 in der Inneren Mon- ein Engagement für die Titelrolle des Falstaff in golei (China) geboren und war von 2009 bis 2013 der Verdi-Oper „Falstaff“ an der Frankfurter Oper Stipendiat der FES. Sein Diplomstudium im Fach bekommen. Gesang und Musiktheater konnte er im letzten Langfristig sieht Hongyu Chen sein Ziel aller- Jahr erfolgreich abschließen. Sowohl in China dings darin, die Sozialen Grundsätze und Werte, als auch in Deutschland hat der Musiker bereits die er in Deutschland und durch die FES kennen- mehrere Wettbewerbe gewonnen und ist Preisträ- lernen durfte, in China an die folgenden Genera- ger des 23. internationalen Gesangswettbewerbs tionen weiterzugeben und zu vermitteln. 1 / 2 0 1 4 I N F O FES
10 SCHWERPUNKT „JEDER JECK IS ANDERS“ Name: Andreas Enneking seinem beruflichen und gesellschaftlichen Han- Alter: 38 deln auf die Vielfältigkeit der Menschen. Das Beruf: HR Senior Business Partner Digital&Adjacent Motto „Jeder Jeck is anders“ beinhaltet für den bei der ProSiebenSat.1 Media AG Rheinländer viele Wahrheiten für ein gutes und gelingendes Miteinander. Als aktiver Ehemaliger bringt sich Andreas zu- dem in das Netzwerk der Sozialen Demokratie ein, indem er jedes Jahr ein Seminar mit FES- Hochschulabsolvent_innen durchführt, um sie sehr praxisnah auf den „Auswahlwahnsinn“ vor- zubereiten, der vor ihnen liegt. Die Funktion des Netzwerkes sieht er vor allem im Austausch mit interessanten Leuten. Diese können beruflich helfen, bereichern aber vor allem das private Leben. Insbesondere die gesell- Der zweifache Familienvater diskutiert leiden- schaftspolitischen Seminare der FES haben den schaftlich gerne über gesellschaftliche Ent- studierten Psychologen angeregt, ganz anders an wicklungsprozesse. Besonderen Wert legt er in Fragestellungen heranzugehen. „MIT MEINEM ENGAGEMENT VERSUCHE ICH, AUF DER DIREKTEN MENSCHLICHEN EBENE ZU UNTERSTÜTZEN“ Name: Prof. Dr. Rachid Ouaissa rigen eine existentielle Absicherung dar, die es Alter: 42 ihm vor allem ermöglichte, sich voll und ganz Beruf: Professor für Nah- und Mittelost-Studien an auf sein Studium zu konzentrieren. Durch die der Universität Marburg, Mitglied des Auswahlaus- Seminare und Diskussionsforen der FES konnte schusses der FES, Mitglied des Vergabeausschusses er seine Vergangenheit und Erfahrungen reflek- des Solidaritätsfonds tieren. „Die FES ist für mich wie eine Familie, in der man sich gegenseitig hilft und unterstützt und in der eine Förderung auf mehreren Ebenen, insbesondere der menschlichen, stattfindet.“ Be- sonderen Wert legt er darauf, dass auch die sozia- len und politischen Aspekte hervorgehoben und gefördert werden. Auch nach Ende seines Stipendiums nutzt der studierte Politologe das Netzwerk der FES, indem er zahlreiche Kontakte zu den Auslandsbüros insbesondere in Nordafrika pflegt. Neben seiner Mitgliedschaft in der SPD engagiert er sich unter Rachid Ouaissa ist in Algerien geboren und stu- anderem im Verein ausländischer Studierender, dierte dort Medizin. 1993 verließ er das vom der ihm bei seiner Ankunft in Deutschland sehr Bürgerkrieg geprägte Land und kam nach Halle/ geholfen hat. Sein Engagement bei der FES sieht Saale. Die FES war ihm bereits als „Helferin Al- er als eine Art moralische Verpflichtung an, da er geriens“ durch ihre Unterstützung für Freiheits- sich jetzt in der Lage sieht, etwas zurückzugeben. kämpfer in den 50er Jahren bekannt und wurde Dem kommt er trotz seiner vielen beruflichen ihm durch die Jusos in Halle und Brüssel noch Verpflichtungen und Projekte gerne nach. nähergebracht. Schließlich kam er über Umwege Seine Mitgliedschaft im Vergabeausschuss des als Stipendiat in die Stiftung. Solidaritätsfonds ist Rachid Ouaissa sehr wich- „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ohne die tig: „Er verdeutlicht für mich die menschliche FES da stehen würde, wo ich heute bin.“ Die ma- Sicht der FES und stellt auch eine Besonderheit terielle Förderung stellte für den heute 42-Jäh- der FES im Vergleich zu anderen Stiftungen dar.“ FES I N F O 1 / 2 0 1 4
SCHWERPUNKT 11 DEN BLICK SCHÄRFEN Primäres Ziel der ideellen Förderung ist es, Ver- politischen Fragestellungen. Dabei sollen so- anstaltungen auf hohem Niveau jenseits uni- wohl (gesellschaftliches) Fachwissen als auch versitärer Curricula anzubieten: Seminare zu soziale und politische Handlungskompetenzen Schlüsselkompetenzen oder journalistischer vermittelt werden. Im Vordergrund steht das Nachwuchsförderung, ebenso zu sozialen und Prinzip der Teilhabe und Mitgestaltung. Durch die stipendiatische Mitgestaltung und die stipen- IDEELLE FÖRDERUNG diatische Selbstverwaltung werden der Blick für In Bezug auf das ideelle Förderprogramm sozial verantwortliche Politik geschärft und das bewerten die Befragten insbesondere die politische und gesellschaftliche Engagement der Schlüsselqualifikationsseminare (74 %), die Geförderten vertieft. berufsorientierenden Angebote (69 %), das Dazu dienen mittlerweile 30 stipendiatische Ar- Seminarprogramm zu gesellschaftspoli- beitskreise (zum Beispiel AK Soziale Demokratie, tischen Themen (69 %) und das Mentoring- AK Arbeit und Soziales, AK Entwicklungszusam- Programm (61 %) als besonders positiv. menarbeit, AK Gender, AK Bildung) sowie die re- gionalen Aktivitäten der Hochschulgruppen. Beantragung und Leistungen Kontakte Solidarische Hilfe – Förderbeispie SOLIDARITÄTSFO ND In der S Studienförderung der Friedrich-Ebert-Stiftung Abteilung Solidarisches Handeln Siphilisiwe Ndlovu wurde 1988 in Harare 1971 wurde der Solidaritätsfonds auf Anregung deut- stehen Ihnen folgende Ansprechpartnerinnen zur Verfügung: geboren und begann dort nach dem Abitur scher und internationaler Bewerbungen: Stipendiat_innen sowie Elisabeth Schulze Horn Förderung in Not geratener der Betriebswirtschaft. Weil sie aus politisch Tel. (0228) 883-7932 ausländischer Studierender und ihr Heimatland 2008 überstürzt verlassen mu Ehemaliger gegründet. Seitdem dientElisabeth.SchulzeHorn@fes.de er als wichtiges Graduierter aus dem Solidaritätsfonds gezwungen, ihr Studium abzubrechen. Instrument, in Not und Verfolgung geratene auslän- der Friedrich-Ebert-Stiftung Über Umwege gelangte sie schließlich nach Stipendiat_innenbetreuung: Kathrein Hölscher dische Studierende rasch und unbürokratisch zu unter- Tel. (0228) 883-7948 und arbeitete zunächst als Au-Pair im Schwar dem ihre Gasteltern sich trennten, musste s stützen. Insgesamt konnten im Jahr 2013 insgesamt 32 Kathrein.Hoelscher@fes.de keit als Aupair vorzeitig beenden. Da sie in Beantragung internationale Stipendiat_innen gefördert werden. Beate Eckstein bleiben wollte, stellte sie einen Asylantrag Tel. (0228) 883-7910 zuerst in die Aufnahmestelle in Braunschwe Anträge auf die Gewährung von Unterstützungsleistun- Beate.Eckstein@fes.de ßend wurde sie dem Flüchtlingsheim in Hi gen können formlos gestellt werden. Interessent_innen Spenden für den Soildaritätsfonds können sich selber bewerben oder vorgeschlagen werden. Finanzen: unter dem Stichwort: Bettina Pohl gewiesen, wo sie sich von Beginn an ehr interkulturellen Jugendtreff engagierte, die B Gewünscht, aber nicht verpflichtend, ist das Ausfüllen „Solidaritätsfonds des Online-Fragebogens, der Grundlage für die Bewer- der Studienförderung der883-8510 Tel. (0228) Friedrich- Kindern einer afrikanischen Flüchtlingsfamil Bettina.Pohl@fes.de sowie Deutschkurse für Flüchtlinge initiierte. Ebert-Stiftung“: bung zum regulären Stipendium darstellt. Der Asylantrag wurde 2011 trotz gerichtliche IBAN DE92 3801 0111 1010 6062 08 BIC: ESSEDE5F380, www.fes.de/studienfoerderung/bewerbung abgelehnt. Sie reiste zunächst freiwillig aus Zudem sollten nachprüfbare Unterlagen eingereicht wer- Spenden für den Soildaritätsfonds unter dem Stichwort: „Solida- SEB Bank Bonn. den. Hierzu gehören ein Lebenslauf, Motivationsschrei- ritätsfonds der Studienförderung der Friedrich-Ebert-Stiftung“ Studienbeginn wieder nach Deutschland ein. sie dann endlich ihr Studium der Sozialarbeit Die ben, Hochschulzeugnisse oder Spenden Notennachweise sind steuerlich und wenn absetzbar. werden gerne unter der IBAN: DE92 3801 0111 1010 6062 08 beginnen. möglich ein Empfehlungsschreiben einer/s Hochschul- und dem BIC: ESSEDE5F380 bei der SEB AG Bonn entgegen- dozent_in. Durch die Unterlagen sollte ersichtlich werden, genommen. Die Spenden für den Solidaritätsfonds der Friedrich- Ihr Engagement im Flüchtlingsheim setze warum sich die/der Antragsteller_in für den Solidaritäts- Ebert-Stiftung sind steuerlich absetzbar. Jahresbericht 2013 Geburt ihres Sohnes 2012 weiter fort un fonds und nicht für ein reguläres Stipendium bewirbt. 2013 auch das Amt der Hochschulgruppen- Friedrich-Ebert-Stiftung ENGAGEMENT HAT VIELE GESICHTER Über die Anträge entscheidet endgültig ein unabhängiger Hildesheim. Desweiteren engagiert sie sich in Abt. Studienförderung Vergabeausschuss. kreisen Familie und Internet. Godesberger Allee 149 53175 Bonn Leistungen D E R E N G A G E M E N T P R E I S D E S V E R E I N S F E S - E H E M A L I G E E . V. Leistungen werden in der Regel als monatliche Stipendien Inzwischen wurde bereits zum siebten Mal der gewährt. In besonders begründeten Fällen und Notlagen den. Beispielhaft dafür ist die Initiative Schlüs- © Fotos: Fotolia, iStock Photo Engagementpreis an aktuelle Stipendiat_innen kann die Zahlung einer einmaligen Beihilfe erfolgen. selmensch, die im Jahr 2013 den Engagement- www.fes.de vergeben. Bewerben konnten sich die verschie- densten nationalen wie internationalen Ini- preis erhielt. Die Initiative Schlüsselmensch vermittelt Partnerschaften zwischen Studieren- tiativen und ehrenamtliche Projekte. Einzige den und Kindern aus dem Asylantenwohnheim Bedingung: Das Engagement von ehemaligen St. Christoph in Freiburg. Zu den Projekten, die oder aktuellen FES-Stipendiat_innen sollte maß- in den letzten Jahren durch den Engagement- geblich für das jeweilige Projekt sein. Mit dem preis ausgezeichnet wurden, zählen unter ande- Preis werden soziale Projekte ausgezeichnet, die rem Arbeiterkind.de, Europa macht Schule und sich im besonderen Maße für Schwache oder Rock Your Life. Benachteiligte einsetzen. Insbesondere sollen neue nachhaltige soziale Ideen gefördert wer- 1 / 2 0 1 4 I N F O FES
12 SCHWERPUNKT ZWEI GRUNDSATZFRAGEN FRAGE: Weshalb sind die ehemaligen Stipendiat_innen so wichtig für die Stiftung? Die ehemaligen Stipendiat_innen stellen einen ungemein großen Pool von Personen dar, die sich uns verbunden fühlen und etwas zurückgeben wollen. Viele tausend Ehemalige, die ihre Expertise und Er- fahrungen aus ganz unterschiedlichen Bereichen einbringen können und durch ihre Unterstützung und ihr Engagement helfen, ein stabiles und wirkungsvolles Netzwerk zu schaffen. Mit einem „Begrüßungspaket“ werden neuen und ehemaligen Stipendiat_innen Angebote aufzeigt, wie Sie etwas an das Netzwerk zurückgeben kön- nen. Ziel ist es, die Identifikation mit der Stiftung und unserem Umfeld zu bekräftigen. Denn häufig läuft man mit dem Ende der finanziellen Unter- Chancen geben Studienförderung stützung und dem Beginn eines neuen Lebensab- Erfahrungen einbringen schnitts (Beruf, Familie etc.) Gefahr, den Kontakt Netzwerk erleben zu verlieren. Wir konnten uns über ein sehr posi- tives Feedback freuen. Unsere Befragungen haben gezeigt, dass viele der Ehemaligen daran interes- siert sind, noch aktiver von der FES angefragt und involviert zu werden. FRAGE: Wie können sich Ehemalige einbringen? Konkret kann man sich für die aktuellen Stipendi- at_innen engagieren und Erfahrungen weiterge- ben, zum Beispiel über das Mentoring-Programm. Damit wird der Dialog zwischen ehemaligen und aktuellen Stipendiat_innen gefördert, ein fach- licher und politischer Austausch ermöglicht, und es werden gemeinsam neue Ideen entwickelt. Viele unserer Ehemaligen sind auch als Vertrauensdo- zent_innen tätig. Wieder andere bringen sich im Rahmen einer Beraterfunktion für den Berufsein- www.fes.de/studienfoerderung stieg oder als Referent_innen oder Seminarleiter_ innen vor allem im Bereich der politischen Bildung und Qualifizierung ein. Wenn man sich mit anderen Ehemaligen austau- schen möchte, ist auch eine Mitgliedschaft im Ver- ein der ehemaligen Stipendiat_innen interessant: Der FES-Ehemalige e. V. unterstützt ebenfalls die Vernetzung mit anderen Ehemaligen, die neben den bundesweiten Jahrestreffen und regionalen Stammtischen vor allem gesellschaftspolitische Workshops und Diskussionen organisieren. Neben dem FES-Ehemalige e. V. als wichtiger Kooperationspartner existiert der Beirat ehemaliger Sti- pendiat_innen, der sich als Brücke zwischen der FES und den (ehemaligen) Stipendiat_innen versteht. Es ist spannend zu sehen, wie durch diese Plattformen gemeinsam Ideen und Projekte entwickelt und verwirklicht werden und Gleichgesinnte wieder stärker zusammenfinden. Antworten von: Iva Figenwald ist Referentin für Ehemalige, Berufsorientierung und die journalistische Nachwuchsförderung und gemeinsam mit ihrem Team Ansprechpartnerin für ehemalige Stipendiat_innen, die weiterhin mit der FES verbunden bleiben möchten. KONTAKT: iva.figenwald@fes.de FES I N F O 1 / 2 0 1 4
SCHWERPUNKT 13 ERFAHRUNG VERNETZEN DAS MENTORING-PROGRAMM Im Rahmen des Mentoring-Programm können berufliche und politische Orientierung geboten. ehemalige Stipendiat_innen Chancen an den Im bundesweiten Mentoring-Programm enga- Nachwuchs weitergeben. Das Programm ist ein gieren sich über 1.700 Ehemalige, zirka 1.000 wichtiger Baustein, um bei Fragen zu Studium Mentoring-Paare existieren zurzeit. Perspekti- und Beruf mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, visch soll die Auswahl der Mentor_innen auf der fachlichen und politischen Austausch zu ermög- Plattform verbessert, sowie eine regionale und lichen und gemeinsam neue Ideen zu entwi- fachliche Unterscheidung ermöglicht werden. ckeln. Unter dem Leitmotiv „Erfahrung vernet- Das Mentoring-Programm ist ein gemeinsames zen – Vernetzung erfahren“ wird akademische, Projekt der FES-Studienförderung mit dem Ver- ein FES-Ehemalige e. V. MENTORING-PROGRAMM Von den zahlreichen Aktivitäten, die den ehe- „Selbst weiterkommen und dabei andere wei- maligen Stipendiat_innen geboten werden, terbringen, glaube ich, ist das Beste, was man kommt der Teilnahme am Mentoring-Pro- als persönliche Entwicklung erleben kann.“ gramm bzw. der Tätigkeit als Mentor_in die Alexander Brehm, Ministerium für Umwelt und größte Bedeutung zu. Verbraucherschutz, Saarland KURZ SKIZZIERT – BEISPIELE DER ZUSAMMENARBEIT M I T E H E M A L I G E N S T I P E N D I AT _ I N N E N Prof. Dr. Erol Esen war Stipendiat der Graduiertenförderung, ist als Dozent an der Akdeniz Uni- versität in Antalya tätig und zudem stellvertretender Leiter des Fachbereichs für Öffentliche Verwal- tungswissenschaften. Darüber hinaus ist er seit über 10 Jahren Leiter des „Zentrums für Europäische Studien der Akdeniz Universität“, Koordinator eines deutsch-türkischen Freundschaftskreises und Initiator des Forums Deutsch-Türkischer Wissenschaftskooperation, das 2014 zum 3. Mal in Antalya stattfinden wird. Im Rahmen der FES pflegt er engen Kontakt zu den Auslandsbüros in Istanbul und Ankara und unterstützt diese aktiv bei Ehemaligentreffen vor Ort. Zudem ist Erol Esen Regionalko- ordinator der FES-Türkei-Ehemaligen und arbeitet mit diversen FES-Stellen in Deutschland und im Ausland zusammen. Prof. Dr. Jürgen Keßler war Stipendiat der Grundförderung und arbeitet heute als Professor für Deutsches und Europäisches Handels-, Gesellschafts-, Arbeits- und Wirtschaftsrecht an der HTW Ber- lin. Neben seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender im FES-Auswahlausschuss bereichert er die Stiftung als Experte in diversen Arbeitsbereichen. Er unterstützte unter anderem unser Auslands- büro in Hanoi / Vietnam bei dem Aufbau eines deutschen Rechtsinstituts oder arbeitet mit der Abtei- lung Wirtschafts-und Sozialpolitik bei diversen Publikationen zusammen. Kerstin Rothe war Stipendiatin der Grundförderung und arbeitet heute als wissenschaftliche Mitar- beiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin in der Bildungspolitikforschung. Sie ist Mitglied der Grundwertekommission der SPD und gehörte zwei Jahre dem Bundesvorstand der Juso-Hochschul- gruppen an. Im Rahmen der FES bringt sich die qualifizierte Seminarleiterin bei verschiedenen Semi- naren der Akademie für Soziale Demokratie ein. Dr. Torsten Schäfer ist ehemaliger Stipendiat der Grundförderung und arbeitet heute als Professor für Journalismus und Textproduktion an der Hochschule Darmstadt. Zudem ist er für die Koordina- tion und Redaktionsleitung des Rechercheportals www.gruener-journalismus.de tätig. Im Rahmen der FES hat sich Torsten Schäfer lange Jahre (2004 – 2013) als Trainer und Dozent bei der JournalistenAka- demie der FES engagiert. 1 / 2 0 1 4 I N F O FES
14 SCHWERPUNKT Prof. Dr. Dietmar Süß war Stipendiat der Grundförderung und ist seit dem Sommersemester 2014 Lehrstuhlinhaber für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Augsburg. Neben seinem Engagement im Auswahlausschuss der FES bringt Dietmar Süß seine Erfahrung und sein Wissen als Experte im Rahmen des Archivs für Soziale Demokratie ein, zum Beispiel in der Redaktion des Archivs für Sozialgeschichte. Dr. Christine Heinke ist ehemalige Stipendiatin der Grund- und Graduiertenförderung und ist heute in der Vorstandsabteilung des Deutschen Jugendinstituts für Internationale Beziehungen zuständig. Im Rahmen der FES ist sie als Vertrauensdozentin tätig und hat bereits als Referentin mit ihrem Wis- sen und ihren Erfahrungen berufsorientierende Seminare der Abteilung Studienförderung bereichert. Zudem ist Christine Heinke Jurorin des Engagementpreises. MITTLER ZWISCHEN DEN KULTUREN E H E M A L I G E S T I P E N D I AT _ I N N E N A L S M U LT I P L I K AT O R _ I N N E N Die Internationale Arbeit hat in der Friedrich- Arbeit der FES immer wichtiger. Nach der För- Ebert-Stiftung lange Tradition: Sie begann in derung sind die Ehemaligen in ihren jeweiligen den 1960er-Jahren mit der Entsendung gewerk- Heimatländern wichtige Multiplikator_innen schaftlicher Expert_innen in nordafrikanische und Partner_innen für die FES-Büros vor Ort. Länder. Weltweit wollen wir heute für die Förde- Von den aktuell fast 5.000 ehemaligen internati- rung von Demokratisierung und Entwicklung, onalen Stipendiat_innen kommt der größte Teil die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen aus China, gefolgt von Korea. Bezogen auf Euro- sowie eine solidarisch gestaltete Globalisierung pa sind es vor allem junge Menschen aus Polen, eintreten. Die Unterstützung derartiger Prozesse Ungarn, Griechenland und Russland, die von in Entwicklungs- und Schwellenländern von der FES als internationale Stipendiat_innen ge- außen kann aber nur dann effektiv sein, wenn fördert wurden. sie sich auf die Kooperation mit einheimischen Schlüsselpersonen stützen kann. Für diese Auf- STIFTUNGSZIELE gabe sind unter anderem die ehemaligen aus- Ehemalige sehen das Ausmaß des Einsatzes ländischen Stipendiat_innen als Mittler_innen der FES für ihre Stiftungsziele insgesamt als zwischen den Kulturen und meinungsbildende stark bis sehr stark an. Besonders ausgeprägt Multiplikator_innen prädestiniert. Dadurch wahrgenommen wird der Einsatz der FES für wurde auch der Gedanke der Einbindung inter- die Stärkung von politischer Teilhabe und ge- nationaler Studierender und Promovierender als sellschaftlichem Zusammenhalt. ein besonderer Baustein zur weltweit vernetzten PRAXISBEISPIEL SÜDKOREA Die Friedrich-Ebert-Stiftung ist auch international bestrebt, den Kontakt zu ihren ehemaligen Sti- pendiaten aufrechtzuerhalten und zu vertiefen. Weltweit wollen wir für die Förderung von Demo- kratisierung und Entwicklung, die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen sowie eine solidarisch gestaltete Globalisierung eintreten. Die Unterstützung derartiger Prozesse in Entwicklungs- und Schwellenländern von außen kann aber nur dann effektiv sein, wenn sie sich auf die Kooperation mit Personen stützen kann, die in ihren Heimatländern Schlüsselposition eingenommen haben. Für diese Aufgabe sind unter anderem die ehemaligen ausländischen Stipendiat_innen als Mittler_ innen zwischen den Kulturen und meinungsbildende Multiplikator_innen prädestiniert. Deswegen finden in den Auslandsbüros regelmäßig Begegnungen mit ehemaligen Stipendiat_innen statt. So wurde im Jahr 2013 zum Beispiel in Seoul ein Ehemaligentreffen zum Thema „130 Jahre Deutsch- Koreanische Beziehungen: Erfolge, Herausforderungen und Perspektiven“ organisiert. FES I N F O 1 / 2 0 1 4
SCHWERPUNKT 15 „WENN ES DIE FES NICHT GÄBE, MÜSSTE MAN SIE ERFINDEN“ I N T E R V I E W M I T D E M S T E L LV E R T R E T E N D E N S P D - PA R T E I V O R S I T Z E N D E N U N D M I T G L I E D D E S A U S WA H L A U S S C H U S S E S D E R F E S , D R . R A L F S T E G N E R Dr. Ralf Stegner ist ehe- oftmals die Karriereerweiterung im Vordergrund maliger Stipendiat der steht, ist es der FES ein zentrales Anliegen, die FES, stellvertretender Grundwerte der Sozialen Demokratie zu leben Parteivorsitzender, Mit- und zu verbreiten. glied des SPD-Parteivor- Ich kann sagen, dass die FES für mich persön- standes und Mitglied lich zahlreiche Perspektiven eröffnet hat und ein des FES-Auswahlaus- fester Bestandteil meines Lebens geworden ist. schusses. Nachdem er Ich konnte an verschiedenen Auslandsreisen und bereits 1982 der SPD zahlreichen Veranstaltungen der FES teilnehmen beigetreten ist, übte der und neben meiner Mitgliedschaft im Auswahl- promovierte Politologe ausschuss an vielen Ideen mitwirken. Die FES hat in den folgenden Jahren verschiedene kommunalpoli- mich und mein Handeln sehr geprägt, und wenn tische Funktionen aus. Seit April 2005 ist Ralf Stegner es die FES nicht gäbe, müsste man sie erfinden.“ Mitglied des Vorstandes der SPD in Schleswig-Hol- stein. Zudem ist er seit 2007 Landesvorsitzender der Was wünschen Sie sich von den anderen ehema- schleswig-holsteinischen SPD und seit 2008 Vorsit- ligen Stipendiat_innen? zender der SPD-Landtagsfraktion. „Ich wünsche mir von Ehemaligen, dass sie sich auch nach Ende der Förderung engagieren. Denn Worin sehen Sie als ehemaliger Stipendiat die wir sind und waren ja alle Stipendiat_innen, weil Besonderheiten der Förderung durch die FES? wir den gleichen sozialdemokratischen Werteka- „Aufstieg durch Bildung, gegenseitige Bereiche- non vertreten. Und diese Werte existieren ja auch rung und individuelle Unterstützung – die Be- noch nach dem Stipendium. sonderheit der Förderung durch die FES liegt aus Und man sollte nicht vergessen, was die Förde- rung für einen getan hat und wie man unterstützt „[…] Insgesamt war es immer toll, das Gefühl wurde. Ich selbst wollte immer viel mitgestalten: zu haben, man ist nicht alleine. Außerdem zum Beispiel die Konzeption und Umsetzung gibt [es] viele Gleichgesinnte, und man ab- des heutigen „Who is Who ehemaliger Stipendi- solviert sein Studium mit einer gesellschaft- at_innen der FES“, an der ich mich als damaliges lichen Verantwortung.“ Mitglied im Beirat ehemaliger Stipendiat_innen Sandra Hildebrandt, Jahrgang 1971, Referentin intensiv beteiligt habe. Das bietet heute eine gute für Jugendpolitik Möglichkeit der Vernetzung untereinander. Man kann seine Verbundenheit zur FES auch ausdrü- meiner Sicht in dem Zusammenspiel dieser ver- cken, indem man seine Erfahrungen einbringt. schiedenen Aspekte. Denn die Unterstützung der Im Rahmen der berufsorientierenden Angebote Entwicklung durch die vielfachen Angebote der und des „Who is Who“ kann man Kontakte FES, insbesondere der Abteilung Studienförde- knüpfen oder weitergeben und beim Einstieg in rung, und die Möglichkeit zum Austausch und diversen Berufsfeldern Hilfe und Beratung lei- Netzwerken innerhalb der Stipendiat_innen- sten. Ein niedrigschwelliges Angebot, etwas zu- gruppen ergänzen und bereichern die Möglich- rückzugeben, ist auch der Solidaritätsfonds.“ keiten, die ein Stipendium jungen begabten Men- schen bietet. Und der Gedanke, benachteiligte WERTEORIENTIERUNG Gruppen zu fördern, steht dabei immer an zen- 50 % der Ehemaligen geben an, dass ihr gesell- traler Stelle. Die gemeinsame Werteorientierung schaftspolitisches beziehungsweise soziales und das Netzwerk von Gleichgesinnten machen Engagement durch die Förderung gestärkt die FES zu einer ganz besonderen Gemeinschaft. worden ist und sie sich durch die Förderung Im Gegensatz zu anderen Stiftungen, in denen persönlich weiterentwickelt haben. 1 / 2 0 1 4 I N F O FES
16 SCHWERPUNKT EIN TAG AUS MEINEM LEBEN ALS STIPI „Hi, mein Name ist Tina, ich bin Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung und studiere seit letztem Wintersemester ‚Visuelle Kommunikation‘ in Kas- sel. Ich möchte euch einladen, mich heute durch den Tag zu begleiten, um so etwas mehr über den stipendiatischen Alltag zu erfahren.“ „Heute heißt es FRÜH AUFSTEHEN. Um 6:00 Uhr geht's los! In meiner Hochschulgruppe planen wir nämlich eine Veranstaltung zum Thema ‚Bil- dungsgerechtigkeit‘. Ich habe mich unter anderem durch die Gestaltung der Plakate eingebracht, und diese wollen wir aufhängen, bevor die ersten Stu- denten eintrudeln – wir müssen uns also sputen.“ „Im Anschluss besuche ich ein ‚Gestaltungs-theo- retisches‘ Seminar an der Kunsthochschule. Als Gestalterin ist man ja nicht nur die ganze Zeit am Malen und Zeichnen, sondern liest auch theore- tische Texte, z.B. aus der Kunstwissenschaft.“ „Um 13:00 Uhr ist dann endlich Mittagspause, das Frühstück liegt ja schon ein Weilchen zurück! Nach einem kleinen Imbiss in der Mensa schnap- pe ich mir die nächste Straßenbahn und fahre zum AStA der Uni Kassel. Dort bin ich für das Gestalten der Flyer und Broschüren für die politischen und kulturellen Veranstaltungen des AStA verantwort- lich. Diese Form von Engagement macht mir sehr viel Spaß, da ich durch meine Arbeit tolle Veran- staltungen an der Uni unterstützen und gleichzeitig meine gestalterischen Fähigkeiten üben kann.“ „Auf dem Weg zurück zur Kunsthochschule erle- dige ich noch ein paar Einkäufe. Nun besuche ich zum Abschluss des Tages ein ‚Lese-Seminar‘ (noch mehr Theorie).“ „So ..., und danach ist fast schon Feierabend ange- sagt. Zu Hause checke ich noch mal meine Mails, packe meine Tasche für den morgigen Tag und rufe mir die wichtigsten Veranstaltungen der nächsten Wochen ins Gedächtnis. Bald ist wieder Redaktionstreffen der „forum“, das ist die stipendiatische Zeitschrift der FES. Für die letzte Ausgabe hatte ich ein paar Illustrationen an- gefertigt, und ich freue mich schon auf die nächste Runde. Und jetzt mache ich es mir gemütlich und dann – Licht aus!“ Tina Jung ist aktuelle Stipendiatin der FES und studiert „Visuelle Kommunikation“ mit Schwerpunkt Grafikdesign in Kassel. Die me- dien- und kammunikationsinteressierte Stu- dentin ist seit 2012 im Redaktionsteam des stipendiatischen Magazins „forum“ tätig. Tina Jung wirkt zudem als Grafikerin an der Hoch- schulzeitung Kassel „Medium“ mit und leitet die Bildredaktion des Journal360°. FES I N F O 1 / 2 0 1 4
Sie können auch lesen