Ingenieure - Bauplanung 4.0 Praxiserfahrungen - Pläne - Projekte - Verband Beratender Ingenieure
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Ingenieure Beratende 01| 02 2018 Das Fachmagazin für Planen und Bauen Bauplanung 4.0 Praxiserfahrungen – Pläne – Projekte Zum neuen Planungsvertragsrecht Sichere Bauprodukte – Stand der Dinge
Wir wollen Ihren Erfolg. Profitieren Sie von einem starken Verband! www.vbi.de Der VBI vereint die besten Planer und Berater Deutschlands. Er ist die führende Berufsorganisation unabhängig planender und beratender Ingenieure in Deutschland. Sie wollen dazu gehören? Sprechen Sie mit uns, wir informieren Sie gern! Verband Beratender Ingenieure VBI Budapester Straße 31, 10787 Berlin Tel.: 030/26062-0, Fax: 030/26062-100 vbi@vbi.de, www.vbi.de
Editorial Vorausgeschaut Plädoyer für eine hochwertige Ingenieurausbildung Neues Jahr, neues Glück, sagt der Volksmund. Doch der hat bekanntlich nicht immer Recht. Bei der Bildung einer neuen Bundesregierung ist den Verant- wortlichen jedenfalls bislang wenig geglückt. Auch drei Wochen nach Jahres- beginn ist offen, in welcher Konstellation unser Land demnächst regiert wird, ob Bau- und Verkehrsinfrastrukturpolitik wieder in einem Ministerium gebün- delt werden und wer diese verantwortet. Fest steht hingegen, dass am 12. März in Dresden der Deutsche Brücken- baupreis 2018 vergeben wird. Die Einladung zur Preisverleihung liegt dieser Ausgabe bei. Inzwischen hat die Jury getagt und ihr Urteil gefällt. Welche bei- den Brücken den Deutschen Brückenbaupreis 2018 gewonnen haben, bleibt jedoch bis zur Preisverleihung unter Verschluss. So wird die Veranstaltung Ines Bronowski, in Dresden erneut spannend und das Ergebnis überraschend für Wettbe- Chefredakteurin werbsteilnehmer und Publikum im Saal. Zur Erinnerung: auf`s Treppchen, das heißt unter die drei Nominierten in der Kategorie Straßen- und Eisenbahnbrücken haben es die Lahntalbrücke Lim- burg, die Pilotbrücke Greißelbach (Oberpfalz) und die Bleichinselbrücke Heil- bronn geschafft; bei den Fuß- und Radwegbrücken wurden der Isarsteg Nord in Freising, die Braunschweiger Hennebergbrücke und die Schaukelbrücke in Weimar nominiert. Mehr dazu und zu allen bisherigen Wettbewerbsrunden erfahren Sie auf der Website zum Projekt (www.brueckenbaupreis.de). Was macht eine gelungene Brücke aus? Die Kombination von konstruktiver Eleganz und Nachhaltigkeit in einem Bauwerk, das sich sensibel in seine Umgebung einfügt bzw. diese als Landmarke aufwertet, lautet die auch für Nicht-Fachleute verständliche Antwort Um aber gelungene Brücken zu pla- nen und zu bauen, braucht es Fachleute, nämlich gut ausgebildete Ingenieu- re. Um deren Nachwuchs bzw. die Ausbildungsstandards künftiger Ingenieure sorgen sich VBI, Bundesingenieurkammer und BDB in ihrem gemeinsamen „Plädoyer für eine hochwertige Ingenieurausbildung“. Die kritische Stellungnahme gilt dem vorliegenden Entwurf des Musteringe- nieurgesetzes, der am 5. Mai auf der Länder-Wirtschaftsministerkonferenz zur Debatte stehen wird. Sorge bereitet den Ingenieurorganisationen insbe- sondere die in dem Entwurf vorgesehene Absenkung des Ausbildungsniveaus künftiger Ingenieure. Daher fordern VBI, BIngK und BDB eine deutliche An- hebung des Anteils der geforderten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) in den qualifizierenden Studiengängen. Das gemeinsame „Plädoyer für eine hochwertige Ingenieurausbildung“ finden Sie auf der VBI-Website. Hier im gedruckten Heft geht es um die Einführung und Anwendung digitaler Planungsmethoden. Es sei bemerkenswert, wie schnell die Ingenieurbüros die Herausforderungen des digitalen Wandels angenommen haben, teilweise Pio- nierarbeit leisten, um BIM den Weg in die Büropraxis zu ebnen, sagt VBI-Prä- sident Cornelius im Interview (S. 14 ). Büro-Erfahrungen beim Umstieg auf die neue Planungsmethode, wie diese die Zusammenarbeit von Ingenieuren und Architekten verbessert und auch dem Bauherrn Umdenken abverlangt, darum geht es im Themenschwerpunkt Planung 4.0. 3
Inhalt Abbildung: 123rf / Sergey Nivens Abbildung: Gerber Architekten S. 13 S. 24 3 Editorial 20 TGA und BIM – Einstieg in kleinen Schritten Wilhelmina Katzschmann und Savino Mininno 24 BIM im Praxistest – Vom Modell auf die Baustelle Plädoyer für eine hochwertige Ingenieurausbildung Christian Brensing Ines Bronowski 6 Namen & Nachrichten 28 Beruf und Recht 6 Vertragsrecht – VBI-Broschüre für Planer 28 ABC des Baurechts – Leistungsverweigerungsrecht des Planers bei Überwachungs- und 7 Sichere Bauprodukte – Freiwillige Nachweise und Ausführungsfehlern DIBt-Gutachten Janis Heiliger Gerhard Breitschaft 29 Urteile in Leitsätzen – Entscheidungen der 8 BIM-Stau am Bau – Unternehmen scheuen Aufwand Oberlandesgerichte und des BGH 10 Neue AHO-Publikationen Sabine von Berchem 13 Planung 4.0 14 Drei Jahre pb 4.0 – VBI-Präsident Volker Cornelius im Interview zum Stand der Dinge Ines Bronowski 17 Rathaus Leonberg – Erster Neubau total digital Bärbel Rechenbach Zum Titelbild Hell und einladend: Das Rathaus Leonberg ist deutschland- weit das erste Bauwerk, das vollständig mit BIM geplant wurde. Foto: Jürgen Pollak im Auftrag der GEZE 4 Beratende Ingenieure · 01| 02 2018
Inhalt Abbildung: Fenwick Iribarren Architects Foto: Christian Brensing S. 31 S. 36 31 International 38 Auf Glas über dem Abgrund 42 Holz-Beton-Hybrid für Studenten 31 Planung der Expo 2020 Dubai – 44 Beton aus dem 3D-Drucker Die Welt in Staunen versetzen Christian Brensing 48 Tipps und Termine 34 Produkte und Projekte 48 Bücher 49 VBI–Intensiv-Seminare 34 Aus den VBI Büros 36 Stadion als Bausatz Beilagenhinweis Dieser Ausgabe liegen die Einladungskarte zum Deutschen Brücken- baupreis und der aktuelle Unita-Brief bei. Impressum Beratende Ingenieure Verlag Erscheinungsweise/Bezugspreis Copyright Das Fachmagazin für Köllen Druck+Verlag GmbH 6 Ausgaben jährlich, als Doppelhefte Die Zeitschrift und alle in ihr Planen und Bauen Ernst-Robert-Curtius-Straße 14 Einzelheft: 20 Euro enthaltenen Beiträge und 48. Jahrgang 53117 Bonn-Buschdorf Abonnement Inland + EU: 120 Euro Abbildungen sind urheber- Tel.: 0228/9898-20 nicht EU-Länder: 160 Euro rechtlich geschützt. Kein Teil Herausgeber Fax.: 0228/9898-99 Studentenabonnement: 60 Euro dieser Zeitschrift darf ohne Verband Beratender Ingenieure VBI verlag@koellen.de schriftliche Genehmigung des Budapester Straße 31 VBI-Mitglieder erhalten „Beratende Verlages in irgendeiner Form 10787 Berlin Anzeigen Ingenieure“ im Rahmen ihrer reproduziert oder in eine von Tel.: 030/26062-0 Mitgliedschaft. Christa Bellert Maschinen verwendbare Fax.: 030/26062-100 www.vbi.de Tel.: 0228/98982-85 Der Bezugszeitraum eines Abonnement Sprache übertragen werden. c.bellert@koellen.de beträgt mindestens ein Jahr. Das Redaktion Es gilt die Anzeigenliste 2018 Abonnement verlängert sich um ein Mit Ausnahme der gesetzlich Ines Bronowski (Chefredakteurin) weiteres Jahr, wenn es nicht 6 Wochen zugelassenen Fälle ist eine Tel.: 030/260 62-230, Fax: -100 Layout & Druck vor Ablauf des berechneten Bezugs- Verwertung ohne Einwilligung bronowski@vbi.de Köllen Druck+Verlag, Bonn zeitraumes gekündigt wird. des Verlages strafbar. 5
Namen & Nachrichten Vertragsrecht KURZ GESAGT Neue Schwellenwerte VBI-Broschüre für Planer Turnusgemäß hat die EU-Kommissi- on für die Jahre 2018 und 2019 neue Schwellenwerte im öffentlichen Rechtzeitig zum Inkrafttreten des neu- Auftragswesen beschlossen Seit en Planungsvertragsrechts am 1. Januar 2018 hat der VBI eine neue Broschüre 1. Januar gelten danach folgende herausgegeben, die Ingenieure und Ar- Schwellenwerte: chitekten dabei unterstützen will, das • für Liefer- und Dienstleistungsauf- neue Vertragsrecht in der Planerpraxis träge oberer und oberster anzuwenden. Die Broschüre enthält den Bundesbehörden: 144.000 € Text der neuen gesetzlichen Regelungen (bisher 135.000 €) der §§ 650p ff. BGB und dazu entspre- chende Erläuterungen am praktischen • für Liefer- und Dienstleistungs- Beispiel aus der Feder von VBI-Justizia- aufträge sonstiger öffentlicher rin Sabine von Berchem. Darüber hinaus Auftraggeber: 221.000 € werden auch diejenigen Paragrafen aus (bisher 209.000 €) dem Bauvertragsrecht betrachtet, die • für Liefer- und Dienstleistungsauf- auch für den Planungsvertrag entspre- träge von Sektorenauftraggebern: chend anzuwenden sind. 443.000 € (bisher 418.000 €) Die 80-seitige Broschüre „Der Architek- ten- und Ingenieurvertrag. Erläuterun- • für Bauaufträge: 5.548.000 € gen zu den gesetzlichen Regelungen der 10 Euro zzgl. Versand. Sie können die (bisher 5.225.000 €) §§ 650p ff. BGB“ kostet 15 Euro zzgl. Broschüre direkt auf der VBI-Website Versandkosten, VBI-Mitglieder zahlen (VBI.de/Shop) bestellen. German Design Award Doppelte Auszeichnung für Baurconsult Der German Design Award ist der in- ternationale Premiumpreis des Rats für Formgebung. Im Oktober 2017 wählte die Fachjury aus über 5.000 Einreichun- gen die Gewinner des German Design Award 2018. Baurconsult Architekten Ingenieure, VBI-Mitglied mit Sitz in Haß- furt, darf sich über gleich zwei Auszeich- nungen in der Kategorie „Architecture“ freuen: Das Kundenhaus der Sparkasse Bayreuth wurde als „Winner“ gekürt, die Dreifachsporthalle Rothenburg o. d. Tau- Foto: Baurconsult ber erhielt das Prädikat „Special Menti- on“. Die Preisverleihung findet am 9. Fe- bruar im Rahmen der Messe „Ambiente“ in Frankfurt/M. statt. Herzstück des Neubaus der Sparkasse Bayreuth ist die zweigeschossige Kundenhalle. 6 Beratende Ingenieure · 01 | 02 2018
Namen & Nachrichten Sichere Bauprodukte Freiwillige Nachweise und DIBt-Gutachten Für den Lückenschluss bei mangelhaften harmonisierten Normen dürfen neben Europäischen Technischen Bewertungen (ETA) übergangsweise auch freiwillige nationale Nachweise herangezogen werden. Das Deutsche Institut für Bautechnik DIBt bewer- tet solche Nachweise auf Anfrage in Form von Gutachten, in denen die Einhaltung der Bauwerksanforderungen bestätigt wird. Zahlreiche harmonisierte europäische Bauproduktnormen (hEN) weisen Mängel oder Lücken auf. Die Mängel haben zur Folge, dass sich mit diesen Normen die Erfüllung der Bauwerksanforderungen in Deutschland – und auch in anderen Ländern der EU – nicht zweifelsfrei nachweisen lässt. In Deutschland wurden diese Lücken in der Vergangenheit mit entweder Bescheinigungen von notifizierten Stellen oder einfa- Restnormen oder mit allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassun- che freiwillige Herstellerangaben ohne fremde Bewertung oder gen geschlossen, deren Einhaltung über die Bauregelliste B Begutachtung vorgeschlagen. Teil 1 vorgeschrieben war. Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Als Technische Bewertungsstelle nach Artikel 30 der Baupro- Ergänzung harmonisierter europäischer Normen darf es nach duktenverordnung erstellt das DIBt auf Anfrage und bei Kosten- Auslegung des EuGH-Urteils C-100/13 nun nicht mehr geben. übernahme des Bestellers Gutachten, in denen freiwillige tech- Gleichzeitig setzt sich aber mehr und mehr die Erkenntnis durch, nische Dokumentationen zu zusätzlichen Leistungsmerkmalen dass bauausführende Firmen, Tragwerksplaner, Architekten und von harmonisierten Bauprodukten hinsichtlich der Einhaltung Bauherren mit unvollständigen Normen nicht zuverlässig bauen der Bauwerksanforderungen bewertet werden. Die DIBt-Gut- können. Für die Übergangszeit, bis die Mängel in den harmoni- achten bescheinigen, dass ein harmonisiertes Bauprodukt – mit sierten Normen behoben sind, toleriert die Europäische Kom- den vom Produkthersteller zusätzlich angegebenen Leistungen mission freiwillige Nachweise zur Ergänzung der betroffenen – die Bauwerksanforderungen in Deutschland erfüllt. Für die Normen. Dokumentation der Konstanz dieser Leistungen im Produktions- Die Möglichkeit der freiwilligen nationalen Nachweise in prozess können eine werkseigene Produktionskontrolle, eine Deutschland ist in Kapitel D3 der Muster-Verwaltungsvorschrift Fremdüberwachung und entsprechende Nachweise erforderlich Technische Baubestimmungen (MVV TB) dargestellt. Bis zum werden, was auf Basis der Herstellerangaben im Gutachten ver- Inkrafttreten der Verwaltungsvorschrift Technische Baube- merkt wird. stimmungen in den einzelnen Ländern wird diese Möglichkeit Das DIBt wurde von Bundesländern mit der Erstellung solcher durch Vollzugshinweise der obersten Bauaufsichtsbehörden der Gutachten beauftragt. Gutachten des DIBt können formlos oder Länder an die unteren Baubehörden beschrieben (nachzulesen unter Nutzung des DIBt-Formulars unter www.dibt.de > Service unter www.dibt.de > Aktuelles zur Novellierung des Bauord- > Formulare in Auftrag gegeben werden. nungsrechts). Dort heißt es sinngemäß, dass freiwillige Leistungs- angaben von den Bauaufsichtsbehörden regelmäßig anerkannt Dipl.-Ing. Gerhard Breitschaft werden, wenn eine Technische Bewertungsstelle nach Artikel 30 Präsident des Deutschen Instituts für Bautechnik der Bauproduktenverordnung eingeschaltet wurde. Gibt es allgemein anerkannte technische Regeln, die eine ein- deutige Bewertung gewährleisten, werden auch entsprechende Bescheinigungen von notifizierten Stellen nach Artikel 43 der Bauproduktenverordnung von den Bauaufsichtsbehörden aner- kannt. In beiden Fällen können zudem vergleichbar qualifizierte Stellen tätig werden. Hinweise darauf, in welchen Fällen freiwillige Nachweise mit oder ohne Gutachten sinnvoll sind, gibt die Prioritätenliste der ARGEBAU (vgl. www.dibt.de > Aktuelles zur Novellierung des Bauordnungsrechts). Sie wurde von den Gremien der Baumi nisterkonferenz erarbeitet und wird regelmäßig aktualisiert an das DIN übergeben, um den Ergänzungsbedarf bei harmonisierten Normen aus Sicht der Bauaufsicht konkret aufzuzeigen. In ihrer aktuellen Fassung vom 12. Dezember 2017 ist nun in der neuen Spalte 6 der Prioritätenliste genau zu erkennen, bei welchen Produkten gemäß der 84 gelisteten harmonisierten Gutachten über die Einhaltung bauaufsichtlicher Anforderun- Normen ein Gutachten einer Technischen Bewertungsstelle gen an bauliche Anlagen bei empfohlen wird. Es handelt sich dabei nur um 32 Normen. Für Einbau des Bauprodukts Produkte nach den anderen 52 lückenhaften Normen werden Abbildung: DIBt 7
Namen & Nachrichten BIM-Stau am Bau Unternehmen scheuen Aufwand der Umstellung Die Einführung von BIM wird keineswegs vor allem von Un- Bei den Kosten sei zu berücksichtigen, so die Marktforscher, kenntnis oder einer dem Bau so gern unterstellten traditio- dass es bei der BIM-Einführung nicht allein um die Kosten für nalistischen Verweigerungshaltung verzögert, sondern aus Fortbildung und Infrastruktur-Änderungen geht, sondern einen konkreten praktischen Erwägungen. Das geht aus dem BIM- fundamentalen Wandel aller Arbeitsprozesse im Unternehmen. Monitor 2017 des Marktforschungsunternehmens BauInfoCon- Der Weg dahin dauert laut Erfahrungen von BIM-Intensivnut- sult hervor. Für seine Marktstudie zum Stand der BIM-Nutzung zern gut ein Jahr – während das Unternehmen gleichzeitig wei- in Deutschland hat das Düsseldorfer Institut 304 mittlere und terhin alle laufenden Projekte stemmen muss wie bisher. große Architektur-, Ingenieur-, Bau- und Installationsunterneh- Den BIM-Hemmschuh der Innovationsfeindlichkeit muss sich men nach der eigenen BIM-Praxis und Erfahrungen in telefoni- die deutsche Baubranche jedenfalls nicht anziehen: Unkennt- schen Interviews befragt. nis oder Desinteresse in der deutschen Bauwirtschaft ist ein Als Hindernisse für eine massenhafte Verbreitung von BIM wer- geringeres Problem, wie die weiteren Antworten von Nutzern den spontan vor allem der damit verbundene Fortbildungs- und wie Nicht-Nutzern zeigen: Weniger als die Hälfte der Befragten Schulungsaufwand für die Mitarbeiter sowie die momentan hält mangelndes Wissen über das Thema für ein wesentliches noch hohen Investitionen genannt, die für eine BIM-Einführung BIM-Hemmnis, nur jeder Fünfte rechnet mit dem Unwillen in notwendig sind (je 56 %). Dabei waren sich die 62 befragten der Branche den (bau-)kulturellen Wandel anzugehen. Planer und Verarbeiter am Bau, die BIM schon eingeführt ha- Der BIM-Monitor 2017 kann bei BauInfoConsult zum Preis von ben, bemerkenswert einig mit den Nicht-BIM-Nutzern in der 1.799 € zzgl. MwSt bestellt werden: Befragungsstichprobe. www.bauinfoconsult.de Deutscher Verzinkerpreis 2017 Saarpolygon gewinnt Architekturpreis Zum 15. Mal hat der Industrieverband Feuerverzinken Ende 2017 den Deutschen Verzinkerpreis für Architektur und Me- tallgestaltung verliehen. Die Vergabe des Preises erfolgte in zwei getrennten Kategorien. Wie in den Vorjahren wurde der Preis in den zwei Kategorien Architektur (Preisgeld insgesamt 10.000 Euro) und in der Kategorie Metallgestaltung (Preis- geld: 5.000 Euro) vergeben. Mit 45 eingereichten Projekten, die ganz oder in wesentlichem Umfang feuerverzinkt waren, fand der Preis in der Fachwelt erneut eine gute Resonanz. Der 1. Preis in der Kategorie Architektur ging an Pfeiffer Sachse Architekten UG, Berlin, und Stahlbau Claus Queck GmbH, Düren, für ihre Landmarke Duhamel – Saarpolygon. Dazu die Jury: Das Saarpolygon mit seinen 30 m Höhe sei weithin sichtbares, skulpturales Objekt und begehbare Aus- sichtsplattform zugleich. Seine abstrakte Form wirke rational und poetisch zugleich, sei vielfach interpretierbar und stehe für den Strukturwandel des Saarlandes nach Beendigung des Steinkohlebergbaus. Der feuerverzinkte Stahl betone einer- seits Form und Konstruktion und sei gleichzeitig der bestmög- liche Weg, die Landmarke dauerhaft vor Witterungseinflüssen Feuerverzinkte Landmarke: der Saarpolygon Foto: Jan Siefke zu schützen. 8 Beratende Ingenieure · 01 | 02 2018
Namen & Nachrichten VBI-Arbeitskreis Wasserstraßen Vorschläge für verbesserte Vergaben Ende Januar hat der im November gegründete neue VBI-Arbeits- des Aufgabenstaus der WSV zu unterstützen. Dazu hatten die kreis Wasserstraßen, der von Dr. Jeannette Ebers-Ernst und Jo- Ingenieure Vorschläge zur Verbesserung der Vergabeverfahren hannes Herbort geleitet wird, erneut getagt. Der Arbeitskreis vorgelegt. Zu ersten Gesprächen trafen die VBI-Vertreter Ende wurde von der Fachgruppe Konstruktiver Ingenieurbau initiiert, 2017 BMVI-Staatssekretär Enak Ferlemann und Vertreter der um die Interessen der für die Wasserstraßen- und Schifffahrts- GDWS in Bonn. verwaltung des Bundes WSV tätigen Unternehmen zu bündeln. Erstes Ziel des Arbeitskreises soll es sein, bei der Beseitigung German Design Award KURZ GESAGT Gleich drei pbr-Projekte Neue FIDIC-Verträge prämiert FIDIC, die Fédération Internationale des Ingénieurs-Conseils (FIDIC), hat am 5. Dezember 2017 auf ihrer Users Conference in London die neuen Die pbr AG wird mit gleich drei German stadt und die Automobillinie für Hydro Design Awards ausgezeichnet. Die inter- Aluminium wurden im vergangenen Jahr Vertragsmuster vorgestellt. Damit nationalen Architektur- und Designpreise bereits mit dem Iconic Award ausge- wurden nach 18 Jahren die wichtigs- erhält das Architektur- und Ingenieurbü- zeichnet. ten Muster, nämlich das Yellow, Red ro für den Neubau der Stadthalle Bad Der German Design Award zeichnet und Silver Book, komplett überarbei- Neustadt (Auszeichnung Winner), den innovative Produkte und Projekte, ihre tet. Dabei sind alle drei Musterverträ- Neubau der Firmenzentrale der FAM Hersteller und Gestalter aus, die in der ge deutlich umfangreicher ausgefallen Magdeburger Förderanlagen und Bau- deutschen und internationalen Design- als die Vorgänger. Der Text der Gene- maschinen GmbH (Auszeichnung Spe- landschaft wegweisend sind. Die Preis- ral Conditions ist jeweils etwa um die cial Mention) sowie für den Neubau der verleihung findet am 9. Februar 2018 im Hälfte länger als bisher. Automobillinie AL3 für Hydro Aluminium Rahmen der internationalen Konsum- (Auszeichnung Winner) in der Kategorie gütermesse Ambiente in Frankfurt am Architecture. Die Stadthalle Bad Neu- Main statt. ZPP gehört zu Socotec Seit Oktober 2017 ist die ZPP Inge- nieure AG Teil der Socotec-Gruppe, dem französischen Marktführer für Dienstleistungen im Bereich TIC (Testing/Inspection/Certification). Der Socotec-Gruppe mit ihrer 60 jährigen Geschichte gehören nahezu 7.000 Mitarbeiter an. Durch diesen Schritt wird ZPP sowohl die eigene nationale Position ausbauen als auch seine Kompetenzen des German Engineering bei internationalen Projekten einbringen. Alle vier Vorstände und Mitinhaber sind weiterhin in ihren Funktionen aktiv. Pbr war Gesamtplaner des Neubaus der Automobilinie AL3 für Hydro Aluminium. Foto: Axel Hartmann 9
Namen & Nachrichten Klimawandel KURZ GESAGT Generationswechsel Fachplaner Starkregenvorsorge Dipl.-Ing. Jörn Ermel hat im Ingenieur büro Dr. Born - Dr. Ermel GmbH, Im Rahmen der Deutschen Anpassungs- findet im April in Hennef statt, soll mit- Achim bei Bremen, per 1. 12. 2017 die strategie an den Klimawandel (DAS) telfristig das Know-how geschaffen wer- Nachfolge seines Vaters Dr. Gerrit fördert das Bundesministerium für Um- den, mit Folgen des Klimawandels, die Ermel als Geschäftsführer und auch welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi- die kommunale Infrastruktur betreffen, als Sprecher der Geschäftsführung cherheit (BMUB) die Konzeption des qualifiziert umzugehen. Die Fachplaner angetreten. Jörn Ermel studierte Bildungsmoduls Fachplaner Starkregen- werden befähigt, Überflutungsrisiken zu Energie- und Verfahrenstechnik an vorsorge der DWA (www.dwa.de). Mit erkennen und in der wassersensiblen der TU Braunschweig und stieg nach dieser Qualifikation, der erste Lehrgang Stadtplanung zu berücksichtigen. ersten Berufserfahrungen bei einem Bremer Anlagenbauer in das Familien- unternehmen ein, wo er zunächst in AHO-Broschüren der Projektleitung tätig war. POS4 verstärkt Führung Zwei neue Titel zu Jahresbeginn Architektin Inga Knoop, Expertin für Unter Leitung von Dr.-Ing. Franz Zior teten Auflage von Heft 19 „Ergänzende Handelsimmobilien, verstärkt seit hat die VBI-Fachgruppe GIS und Ver- Leistungsbilder im Projektmanage- November 2017 die Geschäftsfüh- messung maßgeblich am neuen AHO- ment für die Bau- und Immobilienwirt- rung des VBI-Mitgliedsunternehmen Heft Nr.10 „GIS-Dienstleistungen – Teil schaft“ ebenfalls eine neue Broschüre POS4 am Standort Düsseldorf. Das A: Leistungsphasen nach GIS-Basissy- vor. Fehlentwicklungen bei einzelnen Generalplanerunternehmen hat stemen“ mitgearbeitet. Die Broschüre Projekten der Vergangenheit verdeut- sich in über 20 erfolgreichen Jahren stellt die GIS-Dienstleistungen syste- lichen, dass wichtige Felder des Pro- insbesondere einen Namen bei matisiert in einem Leistungsbild dar, jektmanagements nicht rechtzeitig Neuplanung und Revitalisierung von enthält Leistungsphasen mit Grundlei- erbracht werden. Daher empfiehlt Handels- und Freizeitimmobilien, stungen und Besondere Leistungen. es sich bei Projekten mit besonde- Schwimmbädern sowie Gewerbe und Honorierungsempfehlungen werden in ren Anforderungen, ergänzend zu den Wohnungsbauprojekten gemacht. einem nächsten Schritt untersucht und Projektmanagement-Grundleistungen die POS4-Gründer Ulrich Hinrichs- gesondert veröffentlicht. (AHO-Heft Nr. 9) weitere Leistungen zu meyer und André Pilling gehören zu AHO-Heft Nr. 10 kostet 16,80 Euro und beauftragen. Diese Lücke schließt das den Pionieren bei der BIM-Nutzung. ist auf der AHO-Website bestellbar. neue Heft 19, das 41,80 Euro kostet. Die AHO-Fachkommission „Projekt- Beide Broschüren können auf der AHO- steuerung/Projektmanagement“ legt Website bestellt werden: Stabwechsel bei Inovis mit der zweiten, vollständig überarbei- www.aho.de/Schriftenreihe. Sascha Gumprecht, seit 2013 stell- vertretender Niederlassungsleiter bei Inovis in Düsseldorf, hat zum 1. Januar die Leitung übernommen. „Wir freuen uns, damit einem jungen Kollegen aus den eigenen Reihen eine Karrierechance bieten zu können“, so Dieter Leipoldt, Geschäftsführer der Inovis Ingeni- eure GmbH und bisheriger Nieder- lassungsleiter in Düsseldorf, der sich aus dem operativen Geschäft in Düsseldorf zurückziehen und seinen anderen Aufgaben im Unternehmen widmen will. 10 Beratende Ingenieure · 01 | 02 2018
Namen & Nachrichten Bruttostromverbrauch Deutscher Strom wird Wir wollen immer grüner Ihren Erfolg. Profitieren Sie von einem starken Verband! Ostseewindpark Baltic 1 Foto: Inros Lackner www.vbi.de Die Erneuerbaren Energien haben 2017 über 36 % des Brut- tostromverbrauchs in Deutschland gedeckt. Zu diesem Ergebnis kamen das Zentrum für Sonnenenergie- und Was- Der VBI vereint die besten Planer und Berater serstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und der Bun- Deutschlands. Er ist die führende Berufsorganisa- desverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in tion unabhängig planender und beratender Inge- einer ersten Schätzung. Demnach wurden bis Jahresende fast 217 Mrd. kWh Strom aus Sonne, Wind und anderen re- nieure in Deutschland. Sie wollen dazu gehören? generativen Quellen erzeugt. Das wäre ein deutlicher Anstieg Sprechen Sie mit uns, wir informieren Sie gern! gegenüber 2016 als der Anteil der Erneuerbaren Energien mit 188 Mrd. kWh bei 31,6 % des Bruttostromverbrauchs lag. Verband Beratender Ingenieure VBI „Bereits jetzt haben die Erneuerbaren das von der Bundesre- Budapester Straße 31, 10787 Berlin gierung für 2020 gesteckte Ziel von 35 % Erneuerbaren-An- Te.: 030/26062-0, Fax: 030/26062-100 teil am Bruttostromverbrauch übertroffen. Das ist eine gute vbi@vbi.de, www.vbi.de Nachricht für den Klimaschutz“, erklärte Stefan Kapferer, Vor- sitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Die Politik solle die Rahmenbedingungen so gestalten, dass auch die näch- sten Ausbauziele erreicht werden, forderte ZSW-Vorstands- mitglied Prof. Dr. Frithjof Staiß. Das gelte insbesondere für die beiden anderen Sektoren Wärme und Mobilität, Dort sta- gniere der Anteil Erneuerbarer Energien seit Jahren bei 6 % (Verkehr) und 13 % (Wärme). 11
Namen & Nachrichten Projektmanagement-Gehälter Ingenieurbüros am unteren Ende Die Gehälter im Projektmanagement steigen weiter, wie die sität für Wirtschaft und Recht und unterstützt von der pma aktuelle Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanage- – Projekt Management Austria und der spm. swiss project ment der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanage- management association. ment ausweist. Mit einem Jahresgehalt von 80.000 Euro Wie die Studie zeigt, werden in der Pharma- und Chemie- liegt der durchschnittliche Verdienst noch einmal 1,9 % über industrie die höchsten Projektmanagementgehälter gezahlt. dem Wert der vorigen Befragung 2015. Projektmanager in Das durchschnittliche Jahresgehalt liegt hier bei 98.300 Österreich erzielten sogar eine Gehaltssteigerung von bis zu Euro; an zweiter Stelle folgt die Finanzdienstleistungsbran- 10,9 % und liegen nun fast gleichauf mit ihren deutschen che (90.400 Euro), gefolgt von der Elektrotechnik (90.200 Kollegen. Euro). Deutlich niedrigere Gehälter erhalten Projektmana- Für die sechste Ausgabe der Studie haben 1.075 Projekt- ger im Handel (71.900 Euro), der Software (71.600 Euro) manager zwischen April und Juli 2017 ihr Gehalt offen ge- und in Ingenieurbüros (71.500 Euro). Neben der Branche legt. „Das ist Teilnehmerrekord“, freut sich Prof. Dr. Steffen schlagen sich auch Größe eines Unternehmens sowie der Scheurer, der die Erhebung wissenschaftlich begleitete. Die Umsatz im Gehaltsgefüge nieder: Die höchsten Gehälter hohe Beteiligung sei auch Zeugnis der wachsenden „Projek- zahlen Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten bzw. tifizierung unserer Arbeitswelt“, so Scheurer. Durchgeführt solche, die einen jährlichen Umsatz von mehr als 100 Mio. wurde die Studie in Zusammenarbeit mit der EBS Univer- Euro erzielen. Nachruf John J. Becker † 7. Oktober 2017 strie zunächst im Bremer Ingenieurbüro fahrenstechnik ergänzt. 2006 schied J. Pape gearbeitet, bevor er 1983 mit ei- Wolfgang Gedusch aus dem Unter- nem „Koffer voller Ideen“ im Künstlerort nehmen aus, Becker führte das Büro Worpswede zusammen mit Wolfgang mit Unterstützung seiner Kinder Tina Gedusch das Ingenieurbüro Becker und Stürken und Tom Becker weiter. An- Gedusch gründete. Mit viel unternehme- fang 2008 übernahm John Becker die rischem Weitblick und Geschick baute Projektgesellschaft für die kommunale Becker das kleine Büro zum ganzheit- Ver- und Entsorgungstechnik (PfK) Mün- lich denkenden Beratungsunternehmen chen GmbH, die inzwischen als Nieder- aus. Die elektrotechnische Ausrüstung lassung München Ansprechpartner für mit dem Schwerpunkt Abwassertechnik die Kunden im süddeutschen Raum ist. war damals ein Nischenprodukt. Die ge- Im Sommer 2016 kam ein Büro in Berlin- stiegenen Anforderungen an die Abwas- Brandenburg hinzu – inzwischen küm- serreinigung sorgten für eine gute Auf- mern sich fast siebzig Mitarbeiter der tragslage und ein stetiges Anwachsen john becker ingenieure an drei Standor- John Becker, Gründer und Inhaber des des Mitarbeiterstamms. Becker war zu- ten deutschlandweit um über 320 lau- gleichnamigen Ingenieurbüros ist bei ei- sätzlich viele Jahre als Lehrbeauftragter fende Projekte. nem tragischen Segelunfall am 7. Okto- für Umwelttechnik an der Hochschule Becker war Impulsgeber und immer ber 2017 im Alter von 67 Jahren tödlich Bremen tätig und hat sich in zahlreichen offen für den konstruktiven Dialog. Die verunglückt. Becker hatte nach einer Ausschüssen, Verbänden, darunter seit damit verbundene unverwechselbare Elektromechaniker-Ausbildung Physikali- 1985 im VBI, engagiert. Unternehmenskultur wollen seine Kin- sche Technik studiert und nach Stationen 1991 wurde die fachliche Ausrichtung der Tina Stürken und Tom Becker mit im Flugzeugbau und der Chemieindu- des Büros um die Maschinen- und Ver- allen Mitarbeitern fortführen. 12 Beratende Ingenieure · 01| 02 2018
Planung 4.0 Der digitale Wandel in der Branche ist in vollem Gange. Es sei bemerkenswert, wie schnell die Ingenieurbüros reagiert haben, und Pionierarbeit leisten, um BIM den Weg in die Büropraxis zu ebnen, betont VBI-Präsident Cornelius im Interview auf den folgenden Seiten. Büro-Erfahrungen beim Umstieg auf die neue Planungsmethode, wie diese die Zusammenarbeit von Ingenieuren und Architekten verbessert und auch dem Bauherrn Umdenken abverlangt, davon handeln die Hauptbeiträge dieser Ausgabe. Abbildung: 123rf / Sergey Nivens 13
Bauplanung 4.0 Drei Jahre planen-bauen 4.0 Wie ist der Stand der Dinge? Im Februar 2015 hat der VBI gemeinsam mit 13 anderen Verbänden und Kammern der Wertschöpfungskette Bau die „planen-bauen 4.0 – Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH“ gegründet. Ziel war, die pb 4.0 als Non-profit-Gesellschaft zum Branchen-Kompetenzzentrum in Sachen Building Information Modeling (BIM) zu entwickeln, um die Einführung digitaler Geschäftsprozesse in der Bauwirtschaft voranzubringen. VBI-Präsident Dr.-Ing. Volker Cornelius hat als Aufsichtsratsmitglied die Entwicklung der pb 4.0 in den vergangenen drei Jahren begleitet. Jetzt wird er den Staffelstab an VBI-Vizepräsident Jörg Thiele übergeben – Zeit für Bilanz und Ausblick. Herr Dr. Cornelius, wie ist Deutschland seit 2015 bei der mensziele einvernehmlich. Wichtige Projektentscheidungen Einführung digitaler Planungsmethoden vorangekommen? wurden dadurch verzögert. Es ist bemerkenswert, wie schnell unsere Ingenieurbüros reagiert haben und nicht nur Schritt im Wettbewerb hal- Der VBI war seinerzeit einer der treibenden Verbände ten, sondern teilweise Pionierarbeit leisten, indem sie mit- bei der Gründung der pb 4.0. Damit wollten Sie und die arbeiten und dazu beitragen, Defizite in den zur Verfügung Verbandsführung dafür sorgen, dass auch künftig klei- gestellten Grundlagen zu beseitigen. ne und mittlere Ingenieurbüros an Hier zeigt sich wieder, wie vorteilhaft den unterschiedlichsten Projekten unsere mittelständischen, meist inha- mitarbeiten können, ohne für jeden bergeführten Unternehmensstruktu- Auftrag in neue Software und ent- ren sind. sprechende Mitarbeiterschulungen Positiv ist auch, dass inzwischen alle investieren zu müssen. Wie ist der Büros verstanden haben, dass da ein Stand der Dinge? Zug angefahren ist, den keiner mehr Dem Ziel fühlen wir uns als VBI nach aufhält. Die Digitalisierung kommt, da- wie vor verpflichtet. Allerdings sehe mit müssen wir uns jetzt befassen. Be- ich die Chancen für Open BIM und das schleunigt worden ist dieser Erkennt- wir als pb 4.0 die Softwareindustrie in nisprozess durch den Stufenplan des diese Richtung bewegen können inzwi- BMVI „Digitales Bauen und Planen schen mit Sorge. Wir haben einfach in 4.0“, den Minister Dobrindt im De- der Anfangsphase zu viel Zeit mit über- zember 2015 vorgestellt hat und durch flüssigen Debatten vertan. Inzwischen den Masterplan Bauen 4.0 Anfang sind die großen Auftraggeber wie z. B. 2017 bestätigt hat. Die klare Ansage die Bahn AG vorneweg geeilt und haben lautet: Bis 2020 wird BIM Standard Maßstäbe gesetzt. Wer entsprechende bei den Verkehrsinfrastrukturprojek- Aufträge bearbeiten will, muss entspre- ten des Bundes sein. chende Software und Standards an- Auch im Hochbau sind die Signale wenden, sonst gibt es keinen Vertrag. gleichlautend: Der Erlass des Bundesbauministeriums von Unser Plan war, die Weichen so zu stellen, dass unsere Inge- Anfang 2017 verpflichtet die Bauverwaltungen der Länder, nieure in allen Fachbereichen mit ihrer vertrauten Software bei allen öffentlichen Vorhaben ab 5 Mio. Bauvolumen die An- weiterarbeiten können und dann mit ihren Ergebnissen und wendung von BIM zu prüfen. Die Weichen sind also gestellt. Berechnungen an das übergeordnete digitale Modell ando- Bei diesem Rückenwind und politischer Unterstützung ist es cken – auf der Grundlage einheitlicher, verbindlicher Bauteil- schade, dass die im Aufsichtsrat vertretenen Gesellschafter datenbanken. Im Infrastrukturbereich soll das jetzt im Auftrag bei Gründung und Etablierung der pb 4.0 viel Zeit damit ver- des BMVI durch die pb 4.0 umgesetzt werden. loren haben, über Ziele und Aufgaben der Gesellschaft zu diskutieren. Die an sich richtige Einladung an alle Beteilig- Wie funktioniert die Zusammenarbeit der unterschied- ten der Wertschöpfungskette Bau, sich an der Gesellschaft lichsten Partner der Wertschöpfungskette Bau in der zu beteiligen, um gemeinsam die Digitalisierung zu organi- gemeinsamen Gesellschaft? Was verbindet Bauindustrie sieren und zu begleiten, führte in der Umsetzung zu vielen und Bauproduktehersteller mit den Planern? Reibungsverlusten. Nicht jede Institution, die Gesellschafts- Alle Gesellschafter aus der in Deutschland ziemlich fragmen- anteile zeichnete, interpretiert die vereinbarten Unterneh- tierten Wertschöpfungskette Bau haben eigene Interessen. 14 Beratende Ingenieure · 01| 02 2018
Bauplanung 4.0 Es gilt den größten gemeinsamen Nenner zu finden. Schließ- ihren Produktdaten gefüllt werden müssen, um Beschaffen- lich wollen wir alle unter optimalen Voraussetzungen planen heit, Qualitäten, Kosten usw. vergleichbar mit den Angaben und bauen. Manchen fällt es besonders schwer, im Interes- anderer Hersteller zu definieren. Das braucht natürlich eine se des gemeinsamen, übergeordneten Ziels der durchgän- genormte Systematik, erfordert also Normungsarbeit, nicht gigen Digitalisierung des Planens und Bauens innerhalb der nur national, sondern international, denn die Produkte wer- pb 4.0 gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Je weiter die den weltweit hergestellt und geliefert. Interessensvertreter von der Baupraxis entfernt sind, des- to schwerer fällt es ihnen, Kompromisse zu schließen und Wie steht es um die Zusammenarbeit von Architekten und konstruktiv mitzuarbeiten. Ich hatte immer dafür plädiert, Ingenieuren bei der BIM-Einführung, ziehen die Planer an ausschließlich den Praktikern, in der Regel den ehrenamt- einem Strang? lich tätigen Vorständen, das Mandat für den Aufsichtsrat zu In der Praxis, dort wo Architekten und Ingenieure bei einem erteilen. Leider wird es in vielen Fällen von praxisfremden Projekt gemeinsam mit BIM arbeiten, klappt die Zusammen- Funktionären wahrgenommen. Das sollte dringend geändert arbeit sehr gut. Das bestätigen mir viele VBI-Kollegen. werden! Im Aufsichtsrat der pb 4.0 läuft das leider weniger optimal, wobei da sowohl Bundesingenieur- als auch Bundesarchi- „Es ist bemerkenswert, tektenkammer, aber auch andere Gesellschafter wie Buil- dingsmart, gern mal ihr eigenes Süppchen kochen und nicht wie schnell unsere bereit sind, eigene Interessen zugunsten des gemeinsamen Auftretens als Branche hintenanzustellen. Das erschwert Ingenieurbüros reagiert und verzögert schnellen Fortschritt. Ein Beispiel sind die von beiden Kammern im Oktober eilig verabschiedeten eigenen haben und Pionierarbeit Fort- und Weiterbildungsstandards. Dabei wurde bereits im August im „Beirat Weiterbildung“ der pb 4.0 die Richtlinie leisten.“ „Weiterbildung BIM Basis – Professional“ entwickelt und im Aufsichtsrat unter Mitwirkung der Kammern verabschiedet. Es wäre wichtig, diese pb-4.0-Richtlinie zu unterstützen, an- Eine gute Zusammenarbeit erleben wir mit der Bauindust- statt ein konkurrierendes Produkt zu schaffen, das inhaltlich rie. In pb 4.0 verbindet uns das gemeinsame Interesse, eine nichts Neues bietet. Software und solche Werkzeuge zu unterstützen, die eine gute digitale Zusammenarbeit ermöglichen – Durchlässig- keit von der Planung bis zur Logistik auf der Baustelle. Das „Uns verbindet das ändert nichts an dem Interessenskonflikt, den wir als Planer mit der Bauindustrie dann haben, wenn diese darauf drängt, Interesse, eine gute immer früher in die Planung einzugreifen, während wir die bewährte Rollen- und Reihenfolge beibehalten wollen, also digitale Zusammenarbeit erst planen, dann bauen. Aber die Vertreter in der pb 4.0 konzentrieren ihre Kräfte auf die wesentlichen gemeinsa- zu ermöglichen.“ men Aufgaben. Seit November gibt es aber das aus VBI-Sicht für alle Pla- „Die klare Ansage lautet: ner hilfreiche pb-4.0-Anerkennungsverfahren für qualifizierte Weiterbildungsanbieter. Das VBI-Magazin hat Ende 2017 da- Bis 2020 wird BIM rüber informiert. Mit dieser offiziellen Listung wird Weiterbil- dungsträgern Qualität und praxisgerechte Weiterbildung im Standard bei den Verkehrs Sinne von „Open BIM“ bescheinigt. infrastrukturprojekten Führt die Nutzung digitaler Planungsmethoden zu grund- sätzlichen Veränderungen im Planungsprozess? Ändert des Bundes sein.“ sich die Rollenverteilung? Ich sehe da keine so großen Veränderungen, die Rollenver- teilung in der Planung wird sich nicht grundsätzlich ändern. Mit den Bauproduktherstellern sind wir noch gar nicht richtig Die Planung wird allerdings in allen Phasen transparenter, im Gespräch, das müssen wir jetzt dringend voranbringen. nachvollziehbarer. Der Objektplaner steht nach wie vor am Unser Plan ist nach wie vor, gemeinsam Produktdatenbanken Anfang, erst muss die Geometrie entwickelt werden, sozusa- zu erstellen. Nehmen Sie z. B. das Produkt Tür, dafür muss gen das BIM-Referenzmodell, auf das dann die Fachplanun- sozusagen ein vorgegebener Rahmen mit ausreichend vielen gen zugreifen. Ich glaube, da wird manchmal viel Wind um Schubladen entwickelt werden, die von den Herstellern mit gewohnte Abläufe gemacht, mit neuen Namen und Begrif- 15
Bauplanung 4.0 fen, die sich gut verkaufen lassen. Es ergeben sich allerdings sam im Namen der pb 4.0 verbürgt. Andere Gesellschafter viele Vorteile durch die BIM-Anwendung hinsichtlich der Pla- wollten diese Unterstützung nicht leisten. Aus unserer Sicht nungsgenauigkeit und Kontrollen wie Kollisionsprüfungen bei ist es aber enorm wichtig, dass die junge Gesellschaft diese der Zusammenführung der Gewerke. Eine wichtige Änderung Aufträge bekommt, auch um unserer Idee des Open BIM ein und Ergänzung der Planung bewirken auch die zusätzlichen Stück weit näher zu kommen. Informationen, die in das digitale Modell eingefügt werden können, wie Bauablauf, Kosten und Betrieb. Welche zentralen Aufgaben sehen Sie für das Unter- nehmen mit inzwischen 58 Gesellschaftern? Ist sie das Die Normung hatten Sie schon angesprochen. Eine erhoffte Branchenkompetenzzentrum in Sachen BIM aktuelle Umfrage zum BIM-Standardisierungsbedarf zeigt geworden? den dringenden Bedarf der Praxis an Standards. Welche Das ist sie noch nicht, kann sich aber sehr schnell dahin ent- Aufgaben hat die pb 4.0 konkret in diesem Bereich? wickeln. Die auch von der pb 4.0 mit ins Leben gerufenen Im Gesellschaftervertrag ist klar festgelegt, sowohl die Ent- BIM-Cluster zum regionalen Erfahrungs- und Informations- wicklung pränormativer Standards als auch die Begleitung austausch in Sachen digitaler Planungsmethoden haben bei des eigentlichen Normungsprozesses auch auf europäischer einem Treffen Ende September eine Erklärung verabschie- Ebene gehören zu den Kernaufgaben der planen-bauen 4.0. det, die die Bundesregierung auffordert, ein „Bundesdeut- Wer die Standards setzt, hat bekanntlich Wettbewerbsvortei- sches BIM-Kompetenzzentrum“ zu gründen. Der VBI sieht le. Wir wollen im europäischen Kontext Regeln setzten und gute Chancen, dass die pb 4.0 bei einer entsprechenden müssen unsere Vorstellungen mit denen der europäischen Ausschreibung erfolgreich ist und danach als BIM-Kompe- Partner abstimmen. Das ist sehr aufwändig und teuer, wir tenzzentrum in anderer Konstellation als Einrichtung des wissen das aus anderen Bereichen der Normung. Bundes ihre Arbeit fortsetzt. „Wer die Standards setzt, Für das Gespräch bedankt sich Ines Bronowski hat bekanntlich Wettbewerbsvorteile.“ Ungeachtet der Frage der Finanzierung dieser Arbeit, die von der pb 4.0 noch nicht aus eigener Kraft geleistet wer- den kann, hat der Aufsichtsrat im vergangenen Jahr bezüg- DigitalTWIN lich der erwarteten Leistungen klare Vorgaben gemacht und die Geschäftsleitung hat geliefert. Das heißt, die Normung … heißt Digital Tools and Workflow Integration for Building Lifecy- ist im Selbstverständnis der Gesellschaft verankert. Es wur- cles. Dabei geht es um die Schnittstellen zwischen Planer und den entsprechende europäische Sekretariate nach Deutsch- Fertiger, Fertiger und Montage und die entsprechende Breitband- land ins DIN geholt und es wurden Experten, darunter auch kommunikationsinfrastruktur. Die Integration von Augmented-Rea- VBI-Mitglieder, in die Normungsgremien entsandt. lity-Technik soll es ermöglichen, aus dem Herstellerlabor Proble- Fest steht, dass zunächst viel pränormative Arbeit zu leisten me auf der Baustelle zu lösen. ist, teilweise muss Grundlagenforschung betrieben werden – z. B. für das Projekt SWARM (siehe Kasten). Das verursacht zusätzliche Kosten, die die pb 4.0 nicht aus dem Betrieb oder dem Gesellschaftskapital decken kann. Da hoffen wir einer- seits auf Projektunterstützung durch Bau-, Verkehrs- und SWARM Wirtschaftsministerium, müssen aber auch als Verband und Gesellschafter unseren Anteil leisten. Die Modalitäten der … steht für Software Architecture for OpenBIM Services und soll Finanzierung konnten bei der jüngsten Gesellschafterver- die flexible Zusammenarbeit unterschiedlicher Partner ermög- sammlung noch nicht abschließend geklärt werden. Ich hof- lichen. Während heute bei der Bauplanung und -ausführung Me fe, wir können demnächst zu einer unterstützenden Mehr- dienbrüche, manuelle Nacharbeiten, inkonsistente Planungsdaten heit innerhalb der Gesellschaft kommen. Eine Entscheidung und veraltete Planungsstände kaum zu vermeiden sind, soll über muss aber schnell getroffen werden, um die Arbeit fortsetzen die SWARM-Plattform auf Basis offener Standards die modulare zu können. Plug&Play-Fähigkeit von Softwareanwendungen, Services und in- Für SWARM und ein weiteres großes, auf drei Jahre ausgeleg- haltlichen Daten gewährleistet werden als Voraussetzung für die tes Forschungsvorhaben – da geht es unter der Bezeichnung flexible, mittelstandsfreundliche Zusammenstellung unterschied- DigitalTWIN um die Integration von BIM und Baustellenrealität licher Partner für unterschiedliche Bauprojekte. – haben sich VBI und Hauptverband der Bauindustrie gemein- 16 Beratende Ingenieure · 01 | 02 2018
Bauplanung 4.0 Rathaus Leonberg Erster Neubau total digital von Bärbel Rechenbach Die Stadtväter im baden-württembergischen Leonberg sagten ja zu BIM (Building Information Modeling) und ließen ihr neues Rathaus von Anfang bis Ende mit Hilfe dieser digitalen, integralen Methode planen und bauen. Wie die fristgerechte Inbetrieb- nahme vor Jahresfrist bestätigt – mit Erfolg. Deutschlandweit ist es das erste Bauwerk, dass komplett in BIM geplant wurde. Neues Rathaus Leonberg Innenansicht Foto: Jürgen Pollak im Auftrag der GEZE Bauen auf herkömmliche Weise erweist sich für alle Beteilig- kombinierten Ausschreibungs- und Vergabeverfahrens nach ten hinsichtlich Zeit- und Kosteneffizienz als immer schwieri- dem „Planen und Bauen“-Prinzip. ger. Das spürte auch der Leonberger Gemeinderat als es um den Neubau seines Rathauses ging. Das bisherige hatte auf- Erfahrung des Generalunternehmers grund vieler Mängel ausgedient. Es hätte saniert und erwei- Die konsequente BIM-Nutzung brachte Wolff & Müller ins Pro- tert werden können, aber mit einem Aufwand, der die Stadt jekt, um Kostensicherheit, Zeiteinsparung und Transparenz mehr gekostet hätte als der Neubau. sicherzustellen. In der Bauindustrie gehören die Stuttgarter Im europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb für das Projekt zweifelsohne zu den Vorreitern beim Einsatz der BIM-Metho- Neubau des Rathauses setzte sich das Stuttgarter Bauunter- dik und können bereits auf viele positive Erfahrungen bei Bau- nehmen Wolff & Müller mit dem Architektenbüro Schaller Ar- vorhaben wie dem Porsche-Ausbildungszentrum und dem Ur- chitekten, Stuttgart, und dem Tragwerksplanungsbüro Dietz lauberressort a-ja Grömnitz vorweisen. „Doch so konsequent Würtele Ingenieure, Fellbach, an seiner Seite durch. Im Ge- wie in Leonberg haben wir BIM bislang noch nie eingesetzt“, samtkonzept passten Städtebau, Architektur, Funktionalität, stellt Geschäftsführer Steffen Schönfeld im Nachhinein fest. Qualität, Energiekonzept sowie der Preis am besten zusam- „Ein spannendes Projekt und wir waren schon überrascht, wie men. Drees & Sommer begleitete das Verfahren von Beginn gut das ablief und wie gut dabei auch der Auftraggeber – der an und verantwortete die Organisation und Durchführung des Gemeinderat – eingebunden werden konnte. Das BIM-Modell 17
Bauplanung 4.0 Sicht der anderen Planungspartner einzunehmen wie Markus Würtele, Geschäftsführer des gleichnamigen Ingenieurbüros sagt. Seit 2015 realisieren die 12 Ingenieure seines Teams ver- netzte Tragwerksplanung über alle Leistungsphasen mit der BIM-Methode. Das Bekenntnis zu BIM war für das Team vom Büro Dietz Würtele seinerzeit eine bewusste Entscheidung. Planer und Wirtschaftsingenieur Würtele: „Mit Methoden der letzten 20 Jahre können wir die immer komplexer werdenden Gebäude nicht mehr realisieren. Ich sehe in BIM die einzi- ge Alternative, um zukunftssicher zu planen. Wir haben das in unserem Büro mit einer Investition in neue CAD-Software verbunden. Alle Mitarbeiter erhielten dafür die notwendige Schulung.“ Der Einstieg habe das Büro richtig Geld gekostet und in der Einarbeitungsphase auch einige Nerven. Die Erfah- Neues Rathaus Leonberg Außenansicht Foto: Bärbel Rechenbach rung zeigt, so Würtele, dass mit der Modellgröße des Projekts der Rechenaufwand rapide ansteigt. „Bei jeder Mausbewe- diente dazu, den komplexen Entwurf in eine kollisionsfreie gung rechnet der Computer alle Linien neu... Gegen Projek- Bauausführung zu überführen. Wir merkten bei der Umset- tende wird alles schon sehr langsam. Aber die Vorteile über- zung recht schnell, dass der Entwurf funktionierte und die wiegen.“ Koordination der einzelnen Fachplaner gegeben war.“ In der Cloud auf den Servern des Bauunternehmens erarbei- Im Zuge der BIM-Nutzung erkannten und nutzten alle Planer teten sie gemeinsam das Gebäudedatenmodell. Das begann die Möglichkeiten des integralen Planens und gaben sich ge- lange vor dem 1. Spatenstich im Juni 2015. Die relevanten Pa- genseitig auch genügend freien Raum für eigene Ideen und rameter aller Beteiligten fanden sich in einem gemeinsamen Optimierungen. Über BIM wurden diese visualisiert. Auch der Datenmodell wieder. Dadurch hätte sich der Planstand deut- Bauherr konnte so die Abläufe besser nachvollziehen, ver- lich verbessert, schätzt Würtele ein. stand, was passiert, wenn er verändernd eingreift und welche Auch der Leonberger Gemeinderat als Bauherr war besonders Konsequenzen daraus resultieren. „Dabei bewährte sich für gefordert, musste vorab eine komplette Baubeschreibung bis uns“, so berichtet Schönfeld weiter, „mit Planern zu arbeiten, ins Detail abstrakt formulieren, wie sich der damalige Ober- die wir bereits kannten und mit denen wir unseren BIM-Stan- bürgermeister Bernhard Schuler erinnert: „Das ist schon eine dard umsetzen konnten.“ Die Planung vollzogen alle direkt Herausforderung, exakt vorher festzulegen, wie genau das mit BIM über eine Cloud-Lösung. zukünftige Gebäude von der Büroanzahl her, von den Quad- ratmetern, der Beleuchtung und vom Schall bis hin zum letz- Herausforderung für Planer und Bauherr ten Schreibtisch aussehen soll.“ Doch die hohe Transparenz, Das Planen mit BIM ist zwar derzeit in aller Munde, aber die die klaren Zeitfenster, auf die sich alle Beteiligten einstellen praktische Nutzung nach wie vor außergewöhnlich. Denn es konnten, sowie das ungewöhnlich hohe Maß an Kostensicher- erfordert neben der unbedingten Disziplin aller Beteiligten in heit überzeugten ihn von dieser Art des Bauens. Denn mit allen Arbeitsphasen viel Vertrauen und die Bereitschaft, die BIM entsteht mit Echtdaten zunächst ein virtuelles Modell, BIM-Modell des Rathauses Grafik: WOLFF & MÜLLER 18 Beratende Ingenieure · 01 | 02 2018
Bauplanung 4.0 das über einen Viewer von allen Projektbeteiligten jederzeit steinen war. Denn BIM ist ein Werkzeug und hilft nicht, wenn einsehbar war. Verschiedene Ideen und Ausführungsvarian- von vornherein Planungsschritte versäumt oder spezielle Lö- ten konnten durchgespielt und diskutiert werden. sungen nicht genau durchdacht wurden.“ Das funktionierte auch bei exakten Kosten und der Zeit im Un- So eine spezielle Lösung stellte z. B. das Energiekonzept des terschied zu herkömmlichen CAD-Modellen. Würtele weiter: neuen Gebäudes dar. Viele unterschiedliche Faktoren konn- „Regelmäßige Kollisionsprüfungen im Modell verbesserten ten hier über BIM optimal zusammengeführt werden. die Planungsqualität und -durchgängigkeit. Planungsschwer- Aufgrund seiner kompakten Bauweise hat das Gebäude einen punkte verlegten sich nach vorn. Es zeigte sich auch, wie sehr niedrigen Wärmebedarf. Die Temperierung der Räume wichtig der Planungsterminplan mit klar definierten Meilen- erfolgt über eine thermische Bauteilaktivierung. Die Wärme dafür liefert das Wärmenetz der Stadt sowie ein angeschlos- senes Blockheizkraftwerk. Eine Photovoltaik-Anlage sichert den Strombedarf. Ergebnis Das siebengeschossige Stadthaus mit einer Bruttogeschoss- fläche von rund 9.900 m2, an dem insgesamt 137 Baubeteilig- te, Planer, Zulieferer und Handwerker, zusammenarbeiteten, schmückt heute das neue Zentrum der Stadt. Etwa 220 Be- schäftigte aus vormals vier Standorten bezogen tagesgenau ihre modernen Büros. Mit dem neuen Rathaus verfügt Leonberg nicht nur über ein modernes Gebäude, sondern auch über ein klug gebautes. Es wurde auf den Tag genau schlüsselfertig übergeben, wie von den Verantwortlichen vorab geplant. Die Projektkosten sind in der Bauphase leicht gestiegen. Grund dafür waren ein Problem beim Abriss des alten Gebäudes sowie nachträglich gewünschte, leichte Veränderungen am neuen Rathaus. Autorin Bärbel Rechenbach Baufachjournalistin, Berlin Zum Projekt Bauzeit 2015–Juli 2017 Bauherr Stadt Leonberg Generalunternehmen Wolff & Müller Hoch- und Industriebau GmbH & Co. KG, Stuttgart Architekten Schaller Architekten BDA RIBA, Stuttgart Tragwerksplanung Dietz Würtele Ingenieure, Fellbach Baukosten: 26 Mio. Euro Mehrgeschossiges Atrium mit transparentem Glasdach Foto: Jürgen Pollak im Auftrag der GEZE 19
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