Jahrbuch 2010 5 Jahre - 1 Ziel - BIO Deutschland
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Jahrbuch
Jahrbuch 2009
2010
5 Jahre – 1 Ziel
Kontakt
Mat.Nr. 1109-02, November 2010, Titelfoto: fotolia
BIO Deutschland e.V.
Tegeler Weg 33
berlinbiotechpark
10589 Berlin
Tel.: +49-30-3450593-30
Fax: +49-30-3450593-59
E-Mail: info@biodeutschland.org
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Sample & Assay Technologies
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 3 24.11.2010 10:43:48 Uhr
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Lage der Branche 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
„Made by biotechnology“:
Die Revolution im Alltag durch Transformation und Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Pflanzenbiotechnologie – einen Schritt vor, zwei Schritte zurück . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Der Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Chronik der BIO Deutschland-Aktivitäten: November 2009 bis Oktober 2010 . . . . . . . . . . 28
Arbeitsgruppen und Arbeitskreis der Bioregionen
Statusbericht der Arbeitsgruppe Deutsch-US-amerikanische Zusammenarbeit . . . . . . . . . 49
Statusbericht der Arbeitsgruppe Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Statusbericht der Arbeitsgruppe Gesundheitspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Statusbericht der Arbeitsgruppe Finanzen und Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Statusbericht der Arbeitsgruppe Ausbildung und Arbeitsmarkt (HR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Statusbericht der Arbeitsgruppe Regulatorische Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Statusbericht der Arbeitsgruppe Innovation, Unternehmertum und Arbeitsplätze . . . . . . . . 61
Statusbericht der Arbeitsgruppe Schutzrechte und technische Verträge . . . . . . . . . . . . . . 62
Statusbericht der Arbeitsgruppe Technologietransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Statusbericht der Arbeitsgruppe Wettbewerb und Ordnungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Statusbericht des Arbeitskreises der Bioregionen in der BIO Deutschland . . . . . . . . . . . . . 66
Fördermitglieder und Partner der Branche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Die Mitglieder des Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Wichtige Termine 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Kontakt und Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Gastbeiträge:
KPMG: Herausforderungen für Biotechnologie-Unternehmen
bei der Strukturierung von strategischen Allianzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
VBIO e . V .: Keine Naturkonstante: Gute Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
PharmaLex GmbH: Zulassungsvoraussetzungen für Biosimilars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
IASB e . V .: Synthetische Biologie: Mehr als „künstliche Zellen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 4 24.11.2010 10:43:48 Uhr
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akademischen
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Produktangebot Industrieunternehmen
Forschungsprozesse derAnwendung
ihre Biotechnologie eingesetzt;
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und vertreibt Dispenser
Systeme und
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Das Produktangebot Darüber
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30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 5 24.11.2010 10:43:48 Uhr
Grußwort
Liebe Mitglieder, liebe Partner Noch nicht einmal der kleinste gemeinsame
und Freunde der BIO Deutschland, Nenner, der Kompromiss für eine steuerliche
was für ein Jahr ist das bisher! Vielleicht Förderung von F&E, hat die politischen Hürden
war der Eyjafjallajökull-Ausbruch symptoma- genommen .
tisch . Unter dem 1 .666 Meter hohen Gletscher
Islands liegt ein Vulkan, der Mitte April dieses Bisher hat die Biotech-Industrie es hinbe-
Jahres ausbrach . Mit einer Aschewolke hat kommen, trotz Rückschlägen und Hindernis-
er wochenlang den weltweiten Flugverkehr sen weiterzukommen . Aber lassen Sie uns im
durcheinandergebracht . Eigentlich kein gutes Licht der aufgehenden Sonne der Bioökono-
Vorzeichen für die Wiederaufnahme der mie ruhig biologische Prinzipien bemühen . Es
Deutschen Biotechnologietage am 21 . und gibt in der Biologie den PWP – den permanen-
22 . April . BIO Deutschland war gemeinsam ten Welkepunkt . Hat der Boden einen be-
mit BioTOP Berlin-Brandenburg im Auftrag stimmten Austrocknungsgrad erreicht, können
des AK BioRegio und mit Unterstützung des Pflanzen das restliche noch im Boden gebun-
Bundesforschungsministeriums Veranstalter . dene Wasser nicht mehr daraus ziehen . Sie
Wir haben geschwitzt . Wie sollten wir die Teil- welken unumkehrbar . Lassen Sie uns hoffen,
nehmerzahl von 400 erreichen? Wie sollten die dass die neuerlichen Gelder, die jetzt wieder
100 Referenten nur rechtzeitig ankommen? aus Förderfamilien und -programmen, Fonds
und pharmazeutischen Firmen fließen, für die
Nun ja . Nur drei der mehr als 75 Vorträ- meisten der mehr als 500 Biotechnologie-
ge mussten wegen Anreiseschwierigkeiten Unternehmen in Deutschland noch rechtzeitig
abgesagt werden . Anstelle der geplanten den Boden wässern . Lassen Sie uns hoffen,
400 Teilnehmer kamen 500 . Es waren am dass die Pläne der Regierung, bessere Rah-
Ende (inklusive Referenten) 600 Unternehmer, menbedingungen für Beteiligungskapital zu
Wissenschaftler und Spezialisten, die den schaffen, aufgehen und sich private Investi-
Staatssekretären Stefan Kapferer, Hans- tionen in F&E in Deutschland endlich wieder
Joachim Otto und Dr . Georg Schütte, also lohnt .
der Regierung, ein eindrückliches Bild von der
Stärke unserer Branche vermittelten . So ist die Die kleinen und mittleren Unternehmen,
Biotechnologie-Industrie wohl: Widrigkeiten die eine hohe Forschungsquote haben und
gehen zwar nicht spurlos an ihr vorüber . Aber zukunftsweisende Technologien hervorbrin-
immer wieder können neue Kräfte mobilisiert gen, haben die Unterstützung von Gesell-
und neue Wege zum Ziel gefunden werden . schaft und Politik verdient . Die Gründer von
Biotechnologie-Unternehmen haben Wissen-
Es wundert denn auch nicht, dass die schaft und Lehre an den Universitäten hinter
deutsche Biotechnologieindustrie insgesamt sich gelassen, um in der privaten Wirtschaft
auch nach dem Krisenjahr 2009 Wachstum innovative Produkte zu schaffen . Sie tragen
bei Umsatz und Arbeitsplätzen zu melden das unternehmerische Risiko . Sie mobilisieren
hatte . Sicher wird der weitere Rückgang von Eigenkapital für Forschung und Innovation
Beteiligungskapital-Investitionen nicht ohne in Deutschland . Sie schaffen in Deutschland
Folgen bleiben . Manche Unternehmer muss- Werte und Arbeitsplätze . Welchen Grund
ten in diesem Jahr doch in großem Umfang könnte es geben, ausgerechnet ihnen die
Arbeitsplätze abbauen . Andere schließen sich nötige Unterstützung zu verweigern?
zusammen, um die Aufgaben künftig gemein-
sam anzugehen . Dennoch ist die Stimmung
zuversichtlich . Ein Wunder eigentlich, bedenkt
man, dass es immer noch keine Anreize für
private Investitionen in Forschung und Ent-
wicklung (F&E) gibt . Weder wurden die Steuer-
belastungen für Beteiligungskapitalgeber ge-
mildert, noch innovativen kleinen Unternehmen Dr . Peter Heinrich Dr . Viola Bronsema
eine bessere Verlustverrechnung ermöglicht . Vorstandsvorsitzender Geschäftsführerin
6 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 6 24.11.2010 10:43:49 Uhr
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Lage der Branche 2010
Die Ergebnisse der jährlichen Branchen-Um- Wie beurteilen Sie Ihre zukünftige Geschäftslage?
frage von BIO Deutschland und dem Fachblatt
|transkript sagten für das vergangene Jahr ei- 7,0
nen leichten Beschäftigtenzuwachs und keine un- 18,0
günstiger 1,6
Abnahme der Investitionen für Forschung und 4,0
Entwicklung (F&E) voraus .1 Diese Prognose be-
47,0
stätigte sich laut Veröffentlichungen von Daten 33,3
günstiger
im 2 . Quartal dieses Jahres2: Nicht nur die Zahl 55,3
63,3
der Biotech-Unternehmen stieg 2009 von 501
auf 531 (siehe Abb .111), auch die Anzahl der Be- 46,0
11
gleich- 48,7
schäftigten verzeichnete im gleichen Zeitraum bleibend 43,1
32,7
einen Zuwachs von fünf Prozent von 30 .000
auf 31 .600 im vergangenen Jahr . Beim Umsatz (in %) 0 20 40 60 80
konnten die Unternehmen
1 1 auf dem Höhepunkt
der Krise den Kurs halten und wie im Vorjahr 2006/2007 2008/2009
Kiel 2
2,2 Mrd . Euro erwirtschaften . 2
Auch Ausgaben 2007/2008 2009/2010
7 5 Rostock 1 2
2 6
für F&E blieben 2009 mit 1,1 Mrd .1 Euro 11 1auf
4 1
1 2
Hamburg 11 11 Abb . 2: Firmen werden optimistischer (n = 216)
dem Niveau
1 von 12008 .
1 1 3 6 2
1 1
1 1 22 5 1
Bremen Gleichzeitig sank der Anteil der Pessimisten,
1
1 3 1
1
7 11 1 2
1
1
Berlin die davon ausgehen, dass sich ihre wirtschaft-
6
KielHannover
2
2
7 5 Rostock 1 2 82
liche
19 Lage verschlechtern wird, von 18 Prozent
2 4 Magdeburg
6 1 6
2 1
1 2
Hamburg 9
1
7
11 1
1 11 2
im vergangenen auf nur noch sieben Prozent
7 3 1 1
im laufenden Jahr (siehe Abb . 2) .
2 3 6 2
1
1 1
29 10 6 1 1
1 22
6 5 1
3 1 1
3
4 3 1 Bremen
Göttingen 3
12
1 3
1
1 1 Leipzig 1
Düsseldorf 7 11 1 2
DresdenDie Einschätzung ihrer aktuellen Lage ist
1
1 1 Berlin2
1 7
1 4 1
Hannover Erfurt 20
6
1
im Vergleich zum Vorjahr in den Unternehmen
7 19 1
8 1 82 2 4
Magdeburg 6
Köln 2 1 3 19 7
2 2 9 1
44
stabil geblieben . Den Umfrageergebnissen
1
11 7 3 2 5 329 10
2 7 4
6 1 1
6 3 1 1
3
Göttingen
Düsseldorf
4 1 3
12 1 1
3
1 Leipzig 1 zufolge wird sich der Personalaufbau weiter
Frankfurt a. M. 2
Dresden
beschleunigen: 55,6 Prozent der Firmen gaben
1 1 7
1 4 1 Erfurt 20 1
8
7
Mainz 6
71
1
1 1
2 4 1
Köln 12
an, wieder Einstellungen vornehmen zu wollen
3 2 9 1
44
6 4 2
11 1 38 517 3 17
1 1
1
Frankfurt a. M.
Nürnberg
2
(siehe Abb . 3) .
1 2
1 3 Heidelberg
Mainz
1 6 2 1
28 7 8 1 1 1
3
1 38 17 6 61 1 2 2
1 1 1 1
Nürnberg
1 3 Heidelberg
Stuttgart 2 11 1
Wir werden zukünftig Personal in Deutschland:
1 2 2
1
28 8 6 6 1
3 1 2
6
28 1
2 1 1
Stuttgart 2 11
München
1
6 6 9 1
3 7
28 2
1 1 39,8
1 1
Freiburg
9
2
1
München
3
80 9 nicht 39,1
7
verändern
17 1 1
2
Freiburg 1 26,2
1 1 3 80 9
17 2 1 1 1 23,2
1 3
1 1
©biotechnologie.de
©biotechnologie.de
4,6
10,7
Hochschulen
Hochschulen außeruniversitäre
außeruniversitäre Forschungseinrichtungen
Forschungseinrichtungen
abbauen 2,6
dedizierte Biotech-Unternehmen sonstige biotechnologisch-aktive Unternehmen
4,1
dedizierte Biotech-Unternehmen sonstige biotechnologisch-aktive Unternehmen
55,6
Abb . 1: Anzahl der Biotechnologie-Unternehmen in aufbauen 50,3
71,3
Deutschland . Quelle: biotechnologie .de
72,8
1 Branchenumfrage BIO Bleibt zu hoffen, dass Prognose-Ergebnisse (in %) 0 20 40 60 80
Deutschland-Transkript der Ende 2009 durchgeführten Befragung der
2009: www .biodeutsch- 2006/2007 2008/2009
Biotech-Unternehmerinnen und -Unternehmer
land .org/firmenumfra- 2007/2008 2009/2010
ge-2008---2009 .html
auch eintreten: Annähernd die Hälfte von ihnen
2 Die deutsche Biotech- (47 Prozent) glaubt, dass sich die zukünfti- Abb . 3: Auch 2010 sollen weitere Arbeitsplätze
nologie-Branche 2010 ge Geschäftslage günstiger darstellen wird . geschaffen werden (n = 216)
8 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 8 24.11.2010 10:43:49 Uhr
Lage der Branche 2010
in Mio . Euro
ein Gesamtinvestitionsvolumen von etwa 500
700 Mio . Euro (siehe dazu Tab . 2) – etwa die Hälfte
floss über private Finanzierungsrunden in die
600
Kassen der Biotech-Firmen, die andere Hälfte
500 holten sich die Unternehmen über Kapitalerhö-
hungen an der Börse (Follow-ons) .4
400
Bemerkenswert ist, dass sich die soge-
300
nannten “family offices” um den SAP-Gründer
200 Dietmar Hopp sowie Andreas und Thomas
Strüngmann (Hexal) maßgeblich an den
100 großen Finanzierungsrunden beteiligten (eine
Ausnahme bildet hier die Noxxon Pharma AG) .
0
2005 2006 2007 2008 2009 Insgesamt bleibt die Investitionsbereitschaft
jedoch zurückhaltend .
VC Follow-ons
IPOs Public Funding
Die Regierung braucht zu lange
Abb . 4: Finanzierung dedizierter Biotechnologieunterneh- Um diesen Zustand zu ändern, braucht es
men im Vergleich 2005 - 2009 (Quelle: biotechnologie .de) dringend nicht nur den politischen Willen, son-
dern auch seine rasche Umsetzung in Taten .
Diese heiteren Branchenaussichten werden Bedauerlicherweise sieht es derzeit nicht so
allerdings durch das sich seit Jahren stetig aus, als ob der innovative Mittelstand damit
ausbreitende Finanzierungstief getrübt (siehe rechnen könnte . Die Bundesregierung hat
Abb . 4) . Die Eigenkapital-Investitionen (auch sich zwar zum Ziel gesetzt, die Rahmenbedin-
Venture Capital oder VC genannt) in die deut- gungen speziell für innovative Unternehmen
sche Biotechnologie haben sich seit Mitte die- zu verbessern . Eine deutliche Umsetzung ist
ses Jahrzehnts stetig verringert . 2005 konnten jedoch bislang nicht erkennbar . Anfang Juli
die Biotech-Firmen mehr als 420 Mio . Euro stellten einige Mitglieder des Bundestages
einwerben . Hinzu kamen 96 Mio . Euro über aus der SPD-Fraktion diesbezüglich eine
Börsengänge und mehr als 60 Mio . Euro über kleine Anfrage an die Bundesregierung . Unter
Kapitalerhöhungen . 2008 und 2009 wagte anderem wollten sie wissen, welche neuen
hingegen kein weiteres Biotech-Unternehmen Maßnahmen angesichts der schwierigen Lage
den Gang aufs Parkett . 2009 konnten lediglich auf dem Kreditmarkt zu ergreifen seien, um
264 Mio . Euro an VC und Privatkapital über die dem Kapitalbedarf innovativer Gründungen
Börse eingeworben werden (siehe Tab . 1) .3 zu begegnen . Die Antwort war recht ernüch-
ternd: „Neue, zusätzliche Fördermaßnahmen,
Die Zahlen für die ersten drei Quartale die speziell das Segment der innovativen
dieses Jahres sehen etwas besser aus . Zum Gründungen adressieren, sind derzeit nicht
ersten Mal seit fünf Jahren werden wohl die geplant .“6
investierten Mittel steigen – und zwar beträcht-
lich . Eine Auswertung der bis Ende September Immerhin räumt die Bundesregierung in ihrer
publizierten Unternehmensnachrichten ergab Antwort weiter ein, dass es Handlungsbedarf
Tabelle 1: (Quelle: biotechnologie .de)
Finanzierung dedizierter Biotechnologieunternehmen (in Mio. Euro)
3 Die deutsche Biotech-
2005 2006 2007 2008 2009
nologie-Branche 2010
4 BIOCOM, Förderung 50 56 52 51 51
Ernst & Young Follow-ons 62 126 127 94 122
5 |transkript 1/2 – 8/9 Börsengänge 96 101 24 0 0
6 Deutscher Bundestag,
VC 421 258 297 202 142
Drucksache 17 / 2635
10 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 10 24.11.2010 10:43:50 UhrYour Power for Health
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30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 11 24.11.2010 10:43:50 UhrLage der Branche 2010
Tabelle 2: Große Finanzierungsrunden (in Mio . EUR)5
Börse/Kapitalerhöhungen:
Micromet 50
Agennix 76
Epigenomics 33
Wilex und Paion sicherten sich jeweils 20 bzw . 15 Mio über SEDA
Private Firmen:
AiCuris 55
Immatics 54
Noxxon insgesamt 35
Affimed 20
Curevac 27,6
zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Auch die Einführung der im Koalitionsvertrag
privates Wagnis- und Beteiligungskapital gibt . festgeschriebenen9 und von der Expertenkom-
Denn der in der vergangenen Legislaturperiode mission der Bundesregierung für Forschung
unternommene Versuch, die Kapitalzufuhr von und Innovation seit Jahren empfohlene steuer-
VC in junge, innovative Unternehmen durch das liche Förderung von F&E-Aktivitäten10, wird sich
Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbe- weiterhin – auf unbestimmte Zeit – verzögern .
dingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG)
zu erleichtern, ist an den beihilferechtlichen Ebenfalls Anfang Juli fragten Bundestagsab-
Bedenken der EU-Kommission gescheitert . geordnete der Bündnis 90/Die Grünen-Frakti-
on nach den Plänen der Bundesregierung zur
Die Bundesregierung hält es aber trotz Vorlage eines Gesetzentwurfes zur steuerli-
7 www .aifm .de dieser Zustände für sinnvoll, die Prüfung von – chen Forschungsförderung .11
8 Abstimmung stand für die Biotech-Branche dringend notwendi-
auf der Tagesordnung gen – Anpassungen der Rahmenbedingungen Obgleich die Koalition in ihrer Antwort die
des EU-Parlaments für
den 10 . und 11 .11 . . Das
zurückzustellen, bis Brüssel die derzeit bera- Bedeutung von F&E für die wirtschaftliche Ent-
Abstimmungsergebnis tene Richtlinie zur einheitlichen Regulierung wicklung Deutschlands als hoch einschätzte,
lag bei Redaktionsschluss alternativer Investmentfondsmanager (AIFM- verwies sie auf die „mit Erfolg praktizierte und
noch nicht vor . Richtlinie) verabschiedet . Dazu ist anzumerken, insbesondere auch von mittelständischen Un-
9 Wachstum . Bildung . dass dieser Richtlinienentwurf eine Reaktion ternehmen rege genutzte direkte Zuschussför-
Zusammenhalt . Koali-
tionsvertrag zwischen
der Europäischen Kommission auf die Finanz- derung“ . Zwar ergänzte die Bundesregierung,
CDU, CSU und FDP . 17 . marktkrise ist . Damit verfolgt sie das Ziel, alle dass sie in ihrer Kabinettsklausur am 6 . und
Legislaturperiode: „Wir Akteure und Tätigkeiten, die erheblichen Risi- 7 . Juni das Ziel bekräftigt hat, bis 2013 zwölf
streben eine steuerliche ken unterliegen, einer – in einigen Fachkreisen Millliarden Euro zusätzlich für Forschung, Bil-
Förderung von Forschung in ihrer Wirkung umstrittenen – Regulierung zu dung und Entwicklung bereitstellen zu wollen .
und Entwicklung an, die
zusätzliche Forschungs-
unterwerfen . 2009 veröffentlichte die Kommis- Sie betonte aber damals zugleich, dass kein
impulse insbesondere für sion den ersten Entwurf dazu .7 Spielraum für neue Hilfen bestünde .
kleine und mittlere Unter-
nehmen auslöst .“ Das ambitionierte Ziel, die neue Richtlinie bis Nachdem CDU/CSU und FDP den Antrag
10 Gutachten zu For- zum Juli dieses Jahres und somit noch vor der der SPD-Bundestagsfraktion12, einen Gesetz-
schung, Innovation und
technologischer Lei-
Sommerpause zu beschließen, ist leider nicht entwurf vorzulegen, bereits im Finanzaus-
stungsfähigkeit Deutsch- erreicht worden . Aufgrund von Differenzen schuss mehrheitlich zurückgewiesen hatten,
lands – Berlin, 2010 zwischen dem Europäischen Parlament und folgte nun die Vollbremsung für die Unterneh-
11 Deutscher Bundestag, dem Europäischen Rat wurde die Abstimmung mensförderung . In seiner Antwort auf eine
Drucksache 17 / 2696 auf November verschoben .8 Deutschland wird Große Anfrage der SPD-Fraktion13 schrieb
12 Bundestagsdrucksa-
che 17 / 247
dann nach dem Inkrafttreten der Richtlinie das Finanzministerium, dass „angesichts der
13 Bundestagsdrucksa- voraussichtlich zwei Jahre Zeit haben, sie in Haushaltslage und des zwingend gebotenen
che 17 / 2520 nationales Recht umzusetzen . Konsolidierungskurses und unter Berücksichti-
12 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 12 24.11.2010 10:43:50 Uhr1200 Mitarbeiter, 1500 Produkte.
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30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 13 24.11.2010 10:43:51 UhrLage der Branche 2010
gung der Kabinettsbeschlüsse aus der Klausur Beihilfe von den Empfängern zurückgefordert
vom 6 ./7 . Juni 2010 die Einführung einer steu- werden .16
erlichen Förderung derzeit nicht möglich“ sei .
Nach Ansicht der EU-Kommission stellt die
Die Ende des vergangenen Jahres auf den Sanierungsklausel eine unzulässige Beihilfe dar .
Weg gebrachten Regelungen im Wachstums- Dabei vermutet sie, dass notleidende Unterneh-
beschleunigungsgesetz, mit denen mittelstän- men aufgrund des Verlustvortrages gegenüber
dische Unternehmen in der Krise steuerlich gesunden privilegiert werden und für eine
entlastet werden sollten – und die auch durch derartige Ungleichbehandlung weder aus der
VC finanzierten Biotech-Firmen zugute kamen Systematik noch der Natur des deutschen
– scheinen ebenfalls am Einspruch der EU- Steuerrechts Gründe für eine Rechtfertigung
Kommission zu scheitern: Durch die Unterneh- ersichtlich sind .
menssteuerreform 2008 wurde der bisherige
Verlustvortrag14 beim sog . Mantelkauf einge- Aktuelle Signale der Politik
schränkt, was zu einer steuerlichen Diskrimi- Trotz der bereits beschriebenen Aussagen
nierung innovativ arbeitender KMU führte . Bei der Politik vom Sommer dieses Jahres scheint
einem Erwerb von 25 bis 50 % durch ein an- sich die Einstellung der Koalition, was die
deres Unternehmen entfällt der Verlustvortrag Unterstützung des innovativen Mittelstandes
demnach anteilig beziehungsweise bei einem angeht, zu wandeln . Dies hat sicherlich mit
Erwerb von mehr als 50 % vollständig . Um den guten Nachrichten aus der Wirtschaft zu
auf die Finanz- und Wirtschaftskrise adäquat tun . Der Aufschwung sei da, verkünden nun
zu reagieren, wurde dann das sogenannte derzeit großformatige Plakate der Bundes-
Sanierungsprivileg15 eingefügt . Dadurch sollten regierung in Städten und Gemeinden – und
Verlustvorträge ausnahmsweise im Rahmen fordern die Republik zu mehr Unternehmertum
von Sanierungen unter besonderen Vorausset- und zum Sprung in die Firmengründung auf .
zungen erhalten bleiben können . Die erwähnte Ende Oktober reichten Mitglieder des Bundes-
Benachteiligung innovativer KMU wurde damit tages von den Fraktionen der CDU/CSU und
zum Teil gemildert . der FPD auch einen Antrag ein, um Existenz-
gründungen aus Forschung und Wissenschaft
Mitte Februar erhob jedoch die EU-Kom- zu fördern . Das Motto: „Für einen starken
mission Bedenken gegen diese Regelung . Sie deutschen Innovationsstandort“17 . Darin stellen
leitete daraufhin ein förmliches Prüfverfahren die Abgeordneten fest, dass Deutschland, im
ein . Das Bundesfinanzministerium (BMF) re- Vergleich zu anderen innovationsbasierten
agierte dazu Ende April mit einem Nichtanwen- Volkswirtschaften, die zweitniedrigste Grün-
dungserlass . In diesem wird bestimmt, dass dungsquote aufweist .18 Die Koalitionsfraktionen
die Sanierungsklausel bis zum Abschluss des erklären weiterhin im Dokument, dass ein we-
förmlichen Prüfverfahrens der EU-Kommission sentliches Hindernis für Hightech-Gründungen
nicht mehr anzuwenden sei und entsprechen- den Mangel an Finanzierungsquellen sei . Der
de Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Markt für Wagniskapital sei in Deutschland na-
Nachprüfung zu ergehen haben . Im Falle einer hezu ausgetrocknet . Als Lösung des Problems
Negativentscheidung durch die EU-Kommis- werden die Instrumente zur Förderung von
sion könnten die durch das Sanierungsprivileg Innovationen anderer Länder aufgelistet (siehe
entstandenen Steuervorteile als rechtswidrige hierzu Tab . 3) .
14 § 8 Abs . 4 KStG
15 § 8c Abs . 1a KStG, Tabelle 3: Erfolgreiche Beispiele anderer Länder zur Förderung innovativer Gründungen
16 www .hro .com/files/
USA Programm: Small Business Innovations Research
file/publications/Alert_Sa-
nierungsprivileg .pdf Frankreich Statusverleihung Jeune Enterprise Innovante mit
17 Bundestagsdrucksa- besonderen finanziellen Bedingungen
che 17/3480 Großbritannien, Frankreich, Portugal, Spanien und steuerliche Anreize für Business Angels Investments
18 Platz 17 von 18 Luxemburg
gemäß Global Entrepre-
neurschip Monitor 2008 u.a. Frankreich steuerliche Anreize für Investitionen in VC-Fonds
14 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 14 24.11.2010 10:43:51 UhrI n te r n a t
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30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 15 24.11.2010 10:43:51 UhrLage der Branche 2010
Die Bundestagsabgeordneten fordern die Investitionen in F&E könnten z . B . durch eine
Regierung dazu auf, Maßnahmen zur Förde- einkommensunabhängige Verlustverrechnung
rung von Hightech-Gründungen zu ergreifen, oder durch Steuerstundung bei Reinvestition
damit der Technologietransfer verbessert der Gewinne (Roll-over) erleichtert werden . Die
wird – allerdings sollen diese Maßnahmen innovativen Unternehmen selbst sind darauf
innerhalb des zwölf Milliarden-Programms für angewiesen, dass eine uneingeschränkte
Bildung und Forschung umgesetzt werden . Beibehaltung der Verlustvorträge möglich, die
Unter anderem sollen die Erfahrungen anderer Mindestbesteuerung aufgehoben sowie gege-
Länder berücksichtigt und die Einführung des benenfalls Steuergutschriften gewährt werden .
europäischen Status der Young Innovative Investoren und Unternehmen warten weiterhin
Company (YIC) auch für Deutschland ge- auf ein deutlich positives und starkes Signal
prüft werden, „um einen weiteren Beitrag zur von der Politik .
Wettbewerbsfähigkeit junger forschungsinten-
siver Hightech-Unternehmen zu leisten“ . Der Es sind die Innovationen aus dem Mit-
sehr vorsichtige Wortlaut des Antrages setzt telstand, die neue Produkte schaffen und
sich fort und kulminiert im letzten vorgeschla- qualifizierte Arbeitsplätze sichern helfen . Die
genen Maßnahmenpunkt, ausgerechnet zur Biotech-Branche Deutschlands arbeitet jetzt
steuerlichen Förderung von F&E: Darin fordert schon an nebenwirkungsärmeren Medika-
der Bundestag die Bundesregierung dazu menten, sauberen, CO2-neutraleren Produk-
auf, „entsprechend den Festlegungen des tionsprozessen und optimierten landwirt-
Koalitionsvertrages die Entscheidung über die schaftlichen Produkten sowie gesünderen
Einführung einer steuerlichen Forschungsför- Nahrungsmitteln . Darüber hinaus schafft sie
derung unter Berücksichtigung des gebotenen hochqualifizierte, standortgebundene Ar-
Konsolidierungskurses und der weiteren wirt- beitsplätze . Diese Unternehmen leisten somit
schaftlichen Entwicklung in ein haushalts- und einen wichtigen und nachhaltigen Beitrag zur
steuerpolitisches Gesamtkonzept einzupas- zukunftsfähigen Wirtschaftskraft Deutschlands
sen .“ und Europas . Daher fordert BIO Deutschland,
bei der Erarbeitung von Regelungswerken, die
Die deutsche Biotech-Branche hat bislang neue Spitzentechnologien betreffen, frühzeitig
gezeigt, dass sie imstande ist, sich auch ohne die direkt davon Betroffenen (Unternehmerin-
innovationsfreundliche Rahmenbedingungen nen und Unternehmer sowie die Wissenschaft)
zu behaupten . Um sich allerdings einen Platz an einen Tisch zu holen und so deren aktuel-
an der Weltspitze zu sichern, benötigen die len Kenntnisstand für nachhaltige Gesetze zu
Unternehmen dringend ein besseres Ge- berücksichtigen .
schäftsklima, damit sie im globalen Wettbe-
werb nicht übervorteilt werden . Denn bereits
jetzt profitieren Biotech-Unternehmen anderer
Länder von besseren steuerlichen Konditio-
nen als in Deutschland: Im Jahr 2008 hatten
bereits 21 der 27 OECD-Staaten steuerliche
F&E-Förderungsmechanismen eingeführt . In
der EU kommen weitere Hürden hinzu . So
kostet in den USA eine Patentanmeldung etwa
2 .000 Euro . Für die europäische Patentanmel-
dung müssen Innovatoren fast das Zehnfache
bezahlen .
Um die Innovationskraft der gesamten
deutschen Biotechnologie-Unternehmen
zumindest zu erhalten beziehungsweise zu
stärken, werden bessere Rahmenbedingungen
für Beteiligungskapitalgeber benötigt . Private
16 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 16 24.11.2010 10:43:51 UhrFlow Cytometry | Cell Analysis | Diagnostics
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30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 17 24.11.2010 10:43:52 Uhr„Made by biotechnology“:
Die Revolution im Alltag
durch Transformation und Innovation
Neuartige Biotech-Produkte revolutionieren stoffe wie Interleukin 1, 6 oder 8 ausschütten .
und transformieren den Alltag . Leise, ja fast Um seine Aufgabe erfüllen zu können, muss
beschämt, vollzieht sich derzeit eine Revoluti- TNF-α zunächst an bestimmte Rezeptoren
on dank der Biotechnologie: Neue, nebenwir- dieser Immunzellen „andocken“, was durch
kungsärmere Medikamente – auch für bislang TNF-α-Inhibitoren verhindert wird . Sie binden
als unheilbar geltende Krankheiten – werden freien TNF, der sich hierdurch nicht mehr an
entwickelt . Industrie- und Agrarprozesse seine Rezeptoren anlagern kann, und bewir-
laufen schneller, kosteneffizienter und vor allem ken so ein Abklingen der Entzündung . Darü-
umwelt- und ressourcenschonender ab . Die ber hinaus wird TNF-α durch diese Bindung
Qualität unserer Nahrungsmittel wird sicherer . „anmarkiert”, d .h ., es wird für andere Teile
des Immunsystems als „schädlich“ gemeldet
Hier werden im Folgenden beispielhaft und abgebaut . TNF-α-Inhibitoren bilden somit
Erfolgsgeschichte dieser leisen, doch nach- eine hochwirksame Behandlungsmöglichkeit
haltigen Revolution „made by biotechnology“ für Patienten, die auf herkömmliche, weniger
aufgelistet: zielgerichtete Therapieoptionen nicht oder
nur unzureichend ansprechen oder sie nicht
Der Weg zum Medikament: vertragen .
Am 8 . September 2003 war es endlich
soweit: Die Europäische Arzneimittelbehörde Adalimumab zeichnet sich vor allem dadurch
erteilte dem Unternehmen Abbott Laboratories aus, dass es als einziger TNF-α-Antikörper
Ltd . eine Genehmigung für das Inverkehrbrin- vollständig aus Proteinsequenzen des Men-
gen von Humira („Human Monoclonal Antibo- schen besteht . Damit unterscheidet es sich
dy in Rheumatoid Arthritis“) in der gesamten deutlich von früheren Entwicklungen, so ge-
Europäischen Union .1 Der ersten Schritt in die nannten chimären Antikörper, die noch zu 25
klinische Prüfung begann 1997: Es war der Prozent aus Eiweißketten der Maus bestehen
erste vollständig humane Antikörper gegen und somit vom menschlichen Immunsystem
rheumatoide Arthritis (Adalimumab) . als „fremd“ erkannt und daher rasch abgebaut
werden . Darüber hinaus können die gegen
In den Jahren 2005 bis 2008 wurden Zulas- die Maussequenzen gebildeten Antikörper
sungen für die Indikationen Psoriasis-Arthritis nicht selten zu allergischen Schockreaktionen
und Morbus Bechterew, Morbus Crohn, führen .
Plaque-Psoriasis und Juvenile Idiopathische
Arthritis erteilt . Um dies zu umgehen, setzte man bei der
Entwicklung von Adalimumab die „Phagen-
Bereits 1995 waren die Forschungsarbeiten Display-Technik“ ein .3 Zunächst wurden von
von Achim Möller und seiner Gruppe abge- einer Vielzahl Spender die Gene für die
schlossen . Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er leichten und die schweren Proteinketten der
in der Forschungs- und Entwicklungsabtei- Antikörper isoliert, miteinander vermischt
lung der Knoll AG2 an einem Molekül mit dem und enzymatisch zusammengefügt . Hieraus
kryptischen Namen D2E7 . Schon in früheren ergaben sich Genkombinationen für Millionen
Arbeiten waren die therapeutisch wirksamen verschiedener Antikörper, von denen einige
Eigenschaften dieses Moleküls aufgefallen . potenziell an TNF-α binden sollten .
Das Molekül hat eine höchst erfreuliche
Neigung, nämlich ein Zytokin namens Tumor- Um entsprechende Kandidaten zu identifi-
1 European Medicines
Agency: Dok .-Ref .:
Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α) zu hemmen . zieren, wurden die Genkombinationen in das
EMEA/420765/2009 Erbgut von Viren (Bakteriophagen) eingefügt
EMEA/H/C/481 Die Überproduktion dieses Faktors spielt und zwar in die DNA-Sequenzen, die für die
2 Knoll, BASF-Tochterun- eine zentrale Rolle bei einer Reihe von Autoim- Hüllproteine des Phagen kodieren . Sobald die
ternehmen, wurde 2001 munerkrankungen . TNF-α wird von bestimm- Viren neue Hüllen bildeten, präsentierten sie
von Abbott übernommen .
3 Kooperation zwischen
ten Abwehrzellen produziert und verstärkt auch die Antikörpersequenzen auf ihrer Ober-
Abbott und Cambridge die Entzündungsreaktionen, indem es andere fläche . Mittels Chromatographie konnten nun
Antibody Technologies Immunzellen aktiviert, die zusätzliche Boten- solche Viren identifiziert werden, deren Anti-
18 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 18 24.11.2010 10:43:52 Uhr„Made by biotechnology“: Die Revolution im Alltag durch Transformation und Innovation
körperketten hochspezifisch an TNF-α in der per . Daher kann unter Adalimumab das Risiko
Säulenmatrix binden . Aus diesen wurde die für das Auftreten anaphylaktischer Reaktionen
entsprechende Erbinformation des Menschen sinken . Darüber hinaus wird Adalimumab deut-
wieder isoliert und in Säugerzellen übertra- lich langsamer abgebaut .4
gen . Die hierfür verwendeten Ovarialzellen
aus chinesischen Hamstern (Chinese Hams- Heute werden weltweit rund 500 .000 Men-
ter Ovary, CHO) setzten sie wieder in Antikör- schen mit Adalimumab behandelt .5
per um, die den Antikörpern im menschlichen
Organismus in jeder Hinsicht entsprechen . Transformation des Pharmamarktes durch 4 Pressekonferenz der
Durch Kultivierung der CHO-Zellen in großem die Biotechnologie Firma Abbott Immuno-
Maßstab konnten nun ausreichende Men- Das Beispiel Humira zeigt, welche Potentiale logy im Rahmen des 35 .
gen des Antikörpers gewonnen werden, die der Biotechnologie konkret zum Nutzen von Kongresses der Deut-
nach entsprechender Aufreinigung eingesetzt Patientinnen und Patienten umgesetzt werden schen Gesellschaft für
Rheumatologie (DGRh)
werden . können . Der Einfluss der Biotechnologie auf zum Thema „10 Jahre
die Gesundheitssysteme wird künftig immer Adalimumab: von D2E7
Da Adalimumab vollständig aus Protein- größer werden . Denn bereits jetzt sind mehr zu Remission-plus“ am
sequenzen des Menschen besteht, ist die als 20 % der vermarkteten Medikamente 20 .09 .07 in Hamburg
Bildung von körpereigenen Antikörpern gegen Biotech-Substanzen, und über die Hälfte der (Weber Shandwick)
5 Abbott GmbH & Co .
diesen TNF-α−Inhibitor stark reduziert . Im Ge- Kandidaten in der Pipeline sind Biopharmazeu- KG
gensatz dazu bilden sich unter chimären An- tika (siehe auch dazu Tab . 4)6 . Der Anteil von 6 EuropaBio – Europe
tikörpern deutlich mehr körpereigene Antikör- Biopharmazeutika am Umsatz ist in einigen 2020 and Biotechnology
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Tabelle 4: „Top 10“ der verkauften Arzneimittel 2008 und Prognose für 2014 (Quelle: European Biopharmaceuti-
cal Review, October 2010)
2008 2014
Lipitor Avastin
Plavix Humira
Advair Rituxan
Diovan Enbrel
Nexium Lanfus
Herceptin
Enbrel Remicade
Rituxan
Remicade Crestor
Epogen Spiriva
Avastin Gleevec
Indikationsgebieten heute schon größer als schem Eis erschlossen und deren Leistungen
60 Prozent .7 In einigen Therapiefeldern sind für die chemische Industrie nutzbar gemacht .
diese innovativen Arzneimittel besonders stark
vertreten . So liegt ihr Anteil am Umsatz in der Durch seine Forschung und Entwicklung auf
Immunologie bei 67 Prozent und in der Onko- dem Gebiet der Biokatalyse ist es gelungen,
logie bei fast 30 Prozent .8 bestehende Herstellungsverfahren zu opti-
mieren oder gänzlich neue biotechnologische
Von den mehr als 530 derzeit in Deutsch- Prozesse und Produkte zu entwickeln . Dabei
land tätigen Biotech-Firmen (meistens kleine wurde sowohl die Umwelt entlastet als auch die
und mittlere Unternehmen – KMU) entwickeln Produktivität von Herstellungsprozessen erhöht .
etwa 45 Prozent neue Arzneimittel . Ihre Pipe-
line weist derzeit mehr als 100 Medikamenten- Zum Beispiel entwickelte er in Kooperation
kandidaten in der klinischen Entwicklung auf .9 mit dem dänischen Unternehmen Novozymes
auf Basis von Stärke ein vereinfachtes neues
Biotechnologie: Neue Perspektiven für Herstellverfahren für Cyclodextrin, einem Zu-
Alltag, Umwelt und Industrie ckerkomplex, der sowohl in Haushaltsmitteln
Hervorragende Beispiele für den stetig als auch in Pharmaprodukten Verwendung fin-
steigenden Einfluss biotechnologischer Inno- det: 70 Prozent der Herstellkosten, 90 Prozent
vationen auf unseren Alltag liefert die Indust- der angefallenen Salzfrachten, 98 Prozent des
rielle Biotechnologie . Die damit verbundenen flüssigen und 97 Prozent des festen Abfalls
positiven Effekte auf die Umwelt sind durchaus sowie 80 Prozent der Energiekosten des
auszeichnungswürdig: Bereits zwei Mal haben konventionellen Verfahrens wurden durch das
Vertreter der industriellen Biotechnologie den biotechnologische Verfahren eingespart .
Deutschen Umweltpreis erhalten, Deutsch-
lands höchstdotiertester Preis für Klima und Weitere Potentiale der Industriellen oder Wei-
Umweltschutz . 2004 war es Garabed Antra- ßen Biotechnologie liegen in den Gebieten der
7 Boston Consulting nikian, Leiter des Instituts für Technische Mik- Konversion nachwachsender Rohstoffe, z . B . zu
Report – Medizini-
sche Biotechnologie in
robiologie der Universität Hamburg-Harburg, neuartigen Dämm- und Naturfaserstoffen oder
Deutschland 2010 2008 war es Holger Zinke, Vorstandsvorsitzen- zu Grundchemikalien wie Treibstoffen, sowie
8 Boston Consulting der der BRAIN AG . in den Gebieten der Feinchemikalien- und der
Report – Medizini- Pharmawirkstoffproduktion . Auch Prozesse
sche Biotechnologie in Antranikian hat durch seine Arbeiten einzig- und Produkte der Textil-, Druck- und Kosme-
Deutschland 2010
9 Die deutsche Biotech-
artige biologische Systeme in so genannten tikindustrie werden maßgeblich durch Innova-
nologie-Branche 2010, extremen Lebensräumen wie heißen Quellen, tionen der Weißen Biotechnologie beeinflusst
biotechnologie .de schwefeligen Vulkanen, Salzseen oder arkti- werden .
20 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 20 24.11.2010 10:43:52 Uhr„Made by biotechnology“: Die Revolution im Alltag durch Transformation und Innovation
Bislang kann jedoch nur ein Bruchteil der in
der Natur vorkommenden geschätzten rund
zwei Milliarden Arten von Mikroorganismen in-
dustriell genutzt werden, da die meisten unter
Laborbedingungen nicht kultivierbar sind .
Zur Lösung dieses Problems setzt Zinkes
Unternehmen die sogenannte Metagenomfor-
schung ein (siehe Abb . 5): die Untersuchung
der Gesamtheit der genetischen Information
eines Lebensraums und die daraus resultieren-
de Bestimmung der biosynthetischen Kreativi-
tät der Natur .
Dem jungen Team aus Wissenschaftlern,
Ingenieuren und Technikern um Zinke ge-
lingt es so, Enzyme und Biokatalysatoren für
die industrielle Produktion bereitzustellen .
Somit lassen sich herkömmliche chemische Abb . 5: Aus dem Baukasten der Natur: Bakterien werden im Labor in Petrischalen
Produktionsprozesse durch umweltfreundli- auf Agar-Nährböden gezüchtet (Foto: MerLion Pharmaceuticals GmbH)
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30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 21 24.11.2010 10:43:53 Uhr„Made by biotechnology“: Die Revolution im Alltag durch Transformation und Innovation
Abb . 6: Computersimulation: Ein Waschmittelenzym (rot) greift die Verschmutzung (gelb)
an einer Textilienfaser (grau) an . (Foto: Henkel AG & Co . KGaA)
che Verfahren ersetzen bzw . verbessern . 50 Die Industrie verwendete zunächst Enzyme,
zukunftsweisende, positiv abgeschlossene die aus der Bauchspeicheldrüse von ge-
Industriekooperationen belegen den Erfolg die- schlachteten Tieren gewonnen wurden . Innova-
ser unternehmerischen Strategie . Der Weg zur tionen in der Biotechnologie eröffneten in den
Nachhaltigkeit führt hier über den Baukasten vergangenen Dekaden unbekannte Möglich-
der Natur . keiten . Die neu entwickelten Enzyme erreichen
nun die gleiche Reinigungsleistung bei immer
Umweltschonend waschen niedrigeren Waschtemperaturen (siehe Abb . 6) .
Vor hundert Jahren kam das erste selbst- In der Gesamtbilanz für ein Waschmittel fallen
tätige Waschmittel auf den Markt . Chemiker beim Waschen selbst die meisten Emissio-
hatten eine Substanz entwickelt, die Chlor- nen an – mehr als 70 Prozent . Eine niedrigere
bleiche ersetzte und das mühselige Reiben, Waschtemperatur hat dabei einen deutlichen
Schwenken und Walken überflüssig machte . Effekt: Wäscht man bei 30 anstatt bei 60 Grad
Neue chemische Substanzen, insbesondere Celsius, liegt – durchschnittliche Verbrauchs-
Tenside, ließen in den Sechzigerjahren das werte angenommen – die Differenz bei 480
Weiß immer weißer werden . Gramm CO2 pro Wäsche . Bei drei Wäschen in
der Woche summiert sich das Einsparpotential
Dann kam BRAIN und forschte im Zuge auf rund 74 Kilogramm CO2 im Jahr . Das ent-
einer Firmenkooperation nach speziellen En- spricht ungefähr dem CO2-Ausstoß eines Mit-
zymen für die Waschmittel des Unternehmens telklassewagens (160 Gramm CO2 pro Kilome-
Henkel . Diese bewirken eine bessere Aufspal- ter) auf der Strecke von Hamburg bis Frankfurt/
tung von Schmutzpartikeln in wasserlösliche Main . Der verringerte Energieeinsatz ermöglicht
Substanzen . So lassen sich beispielsweise Ka- allein in Deutschland jährlich eine Einsparung
kaoflecken leicht aus dem Gewebe ausspülen . von 1,3 Millionen Tonnen CO2 (siehe Abb . 7) .
22 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 22 24.11.2010 10:43:53 Uhr„Made by biotechnology“: Die Revolution im Alltag durch Transformation und Innovation
Ein weiterer Vorteil von Enzymen: als norma-
le Eiweiße lassen sie sich leichter biologisch
abbauen . Und sie werden nicht mehr aus ge-
schlachteten Tieren gewonnen, sondern durch
gentechnisch veränderte Mikroorganismen .
Im Ergebnis werden Ressourcen geschont,
der Energieverbrauch reduziert und die
wirtschaftliche Wertschöpfung gesteigert . Die
Industrielle Biotechnologie leistet dadurch ei-
nen substanziellen Beitrag zur „Biologisierung“
unseres Alltags .
Abb . 7: Dank immer weiter verbesserter Waschmit-
telrezepturen konnten Waschmittelmenge, Wasser-
verbrauch und Energiebedarf immer weiter gesenkt
werden . (Quelle: Henkel AG & Co . KGaA)
30035_BioDeutschland_Jahrbuch_2010.indb 23 24.11.2010 10:43:54 UhrPf lanzenbiotechnologie – einen
Schritt vor, zwei Schritte zurück
„Die Biotechnologie stellt eine wichtige eindrucksvoll das Ergebnis einer Konferenz der
Zukunftsbranche für Forschung, Wirtschaft Länder-Agrarminister, die sich mit Ausnahme
und Landwirtschaft dar, die bereits weltweit nur eines Bundeslandes geschlossen für eine
etabliert ist . Deshalb wollen wir die verant- praxisgerechte Umsetzung der Nulltoleranz
wortbaren Potentiale der grünen Gentechnik ausgesprochen haben . Ob die angerufene
nutzen .“ Bundesregierung gewillt ist, dem Wunsch der
Länder für eine nationale Übergangsregelung
Nach dem jüngsten Regierungswechsel nachzukommen und Rechtssicherheit zu
ließ das Bekenntnis zur Pflanzenbiotech- schaffen, bleibt abzuwarten .
nologie im Koalitionsvertrag die Branche
hoffen, dass mit dem neuen Koalitionspartner Doch nicht nur auf nationaler sondern
vor allem eine wissenschaftlich orientierte auch auf europäischer Ebene steckt Sand
Gentechnikpolitik in den Bundestag einzieht . im Getriebe . Dass die EU-Kommission die
Nach ersten vielversprechenden Signa- nationalen Alleingänge (Anbauverbote) und
len, wie den positiven Abstimmungen bei politischen Verweigerungshaltungen im Ge-
verschiedenen EU-Genehmigungsentschei- nehmigungsverfahren leid ist, wurde bereits im
dungen, herrschen nun allerdings erneut Europawahlkampf 2009 deutlich . Ein Haupt-
Stillstand und Unsicherheit . Das wissen- versprechen des Kommissionspräsidenten
schaftlich nicht begründbare Anbauverbot José Manuel Durão Barroso war es immerhin,
für den zünslerresistenten Mais (MON810) den Mitgliedsstaaten mehr Kompetenzen bei
besteht nach wie vor, die einzige kommerzi- Entscheidungen über den Anbau gentechnisch
elle Anbaufläche mit einer gentechnisch mo- veränderter Pflanzen zuzugestehen . Dieses
difizierten Kartoffel wurde zum Wirkzentrum Versprechen will die Kommission jetzt einlö-
von Gentechnikgegnern und die Anzahl der sen: Mit der Ergänzung eines zusätzlichen Ar-
Freisetzungsversuche nimmt bei steigenden tikels in der europäischen Freisetzungsrichtlinie
Bewachungskosten rapide ab … 2001/18 soll es den Mitgliedsstaaten künftig
möglich sein, alle denkbaren Gründe sozialer,
Zur Umsetzung der vielfältigen, im Koaliti- regionaler, wirtschaftlicher und moralischer
onsvertrag festgeschriebenen Ziele plant die Natur für ein Anbauverbot im eigenen Land
Regierung, das nationale Gentechnikgesetz heranzuziehen und umzusetzen . Zu begrüßen
erneut zu öffnen . Die Zielrichtung ist eindeutig: ist es in jedem Fall, dass die Kommission die
die Bundesländer sollen künftig in der Lage Hoheit über die Sicherheitsbewertung gen-
sein, eigene Mindestabstände beim Anbau technisch veränderter Pflanzen zurückerlangen
gentechnisch veränderter Pflanzen festzulegen . und dem fortschreitenden Missbrauch von Si-
cherheitsargumenten Einhalt gebieten will . Ob
Die ebenfalls im Koalitionsvertrag in Aus- der im Gegensatz dazu erteilte Freibrief, alle
sicht gestellte „praktikable Ausgestaltung nicht-wissenschaftlichen Gründe für politisch
der Nulltoleranz“ für unbeabsichtigte und motivierte Anbauverbote gelten zu lassen,
zunehmend technisch unvermeidbare Spuren richtig ist, muss in Frage gestellt werden . Nicht
gentechnisch veränderter Organismen (GVO) umsonst haben Deutschland und andere
in Futtermitteln, Lebensmitteln und Saatgut Mitgliedsstaaten den Vorschlag wegen Gefähr-
steht nach wie vor aus und setzt die Hand- dung des europäischen Binnenmarktes und
lungsfähigkeit eines gesamten Wirtschafts- Verstoßes gegen internationales Handelsrecht
bereiches aufs Spiel . Das allgegenwärtige abgelehnt . Dem gegenüber steht jedoch eine
Risiko hochwertige Rohstoffe in den Häfen Vielzahl Mitgliedsstaaten, die die Kommission
zurückzuweisen oder wertvolle Saatgutpartien in ihren Plänen unterstützen, so dass der Aus-
zu vernichten, setzt Züchter, Händler, Ver- gang der Diskussion und die Auswirkungen
arbeiter und Landwirte einer unerträglichen für den künftigen Umgang mit der Gentechnik
Rechtsunsicherheit aus . Auch für Behörden auch in Deutschland weiter offenbleiben .
wird der stetige Wettlauf der Labore, immer Die Innovationskraft der Pflanzenzüchtung
1 Koalitionsvertrag CDU, geringere GVO-Gehalte nachweisen zu müs- ist in hohem Maße auf innovative Technolo-
CSU und FDP, 2009 sen, zunehmend untragbar . Das zeigte kürzlich gien angewiesen, um unsere Kulturpflanzen
24 Jahrbuch 2010 · BIO Deutschland
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