Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift

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Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
P.b.b.
               Sollingergasse 25/10
                        15Z040412M

                                                    Österreichische

                                        Kunststoff
ISSN 0029-926X
WelkinMedia,
1190 Wien

                                        49. Jahrgang · Nr. 5/6 2018                                    Zeitschrift
                                                                           Automation      Medizintechnik       Recycling

                                        Offizielles Organ der Gesellschaft zur Förderung der Kunststofftechnik, der Vereinigung
                                        Österreichischer Kunststoffverarbeiter und der Bundesinnung der Kunststoffverarbeiter
Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
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                                                                    HESTA | NORDSON

                                                                    WENN ES UM IHRE
                                                             KUNSTSTOFFTECHNIK GEHT

Luger GmbH | Werkvertretungen & Service | 3011 Purkersdorf | Tullnerbachstraße 55
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Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
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HOCHLEISTUNGS-
KUNSTSTOFFE

TECHNISCHE
KUNSTSTOFFE

STANDARD
KUNSTSTOFFE

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Biesterfeld Interowa GmbH & Co KG · Bräuhausgasse 3-5 · 1050 Wien · Austria · Telefon: +43 / 1 / 512 35 71-0 · interowa@biesterfeld.com
                                          www.interowa.com · www.biesterfeld.com
Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
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Aufsatztrockner für den kleinen bis mittleren                                        KKT Granulattrockner Serie
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          mit der ERD Druckluft-Technologie.                                         trockner mit Trockenlufttechnologie

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 der Komponenten aus dem KOCH-Baukastensystem.

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  Donaufelder Straße 101/4/3                    Maschinentechnik GmbH
  A-1210 Wien / Austria                         Industriestr. 3
                                                75228 Ispringen / Germany
  Tel.:   +43 1 958 75 41
  Mobil: +43 664 24 25 200                      Tel.: +49 7231 8009-0
  e-mail: office@whagn.at                       info@koch-technik.de                 www.koch-technik.com
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I           N        H             A    L   T
                                                                             Aktuelles, kurz notiert                     138

                                                                             Kunststoffpioniere in Österreich            140

                                                                                                                           Foto: K. Sochor
  Kunststoffpioniere
                                                       Foto: Zitta-Archiv

                                                                                 Automation                              147

                                                                             Nachruf                                     162

                                                                                                                           Foto: Teknor Apex
 Ehrungen
                                                               Foto: VÖK

                                                                                 Medizintechnik                          163

                                                                                 Recycling                               171
  Wirtschaftsnachricht
                                                             Foto: VDMA
                                                                             Einfärben                                   180

  Ausbildung                                                                     Ausbildung                              181

                                                                             Ehrungen                                    183

                                                                             Wirtschaftsnachrichten                      184

                                                                                 Wer.Was.Wo...mit Kunststoff             186

                                                                             Impressum, Vorschau auf Heft 7/8 2018       191
                                       Foto: Pipelife Austria, Regina Beck

Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018                                                                                                 137
Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
Aktuelles, kurz notiert!
      Alpla-Gründer Alwin Lehner verstorben
         Alwin Lehner, der Firmengründer des        auf technische Entwicklungen zu fokussie-
      auf Kunststoffverpackungen spezialisier-      ren. Seine Rolle in der Geschäftsleitung
      ten Unternehmens Alpla, ist im Alter von      wurde ab diesem Zeitpunkt von seinem
      86 Jahren verstorben.                         Sohn Günther vollumfänglich übernom-
         Am Abend des 12. Juni 2018 ist Alwin       men. Er war bis ins hohe Alter fast täglich
      Lehner gestorben. Alwin Lehner, geboren       in der Firma präsent.
      1932 in Bregenz, gründete im Jahr 1955           Alpla gehört zu den führenden Unter-
      gemeinsam mit seinem Bruder Helmuth           nehmen für Kunststoffverpackungen. Rund
      Lehner die „Alpenplastik Lehner Alwin         19 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
      GmbH“. Er führte das Unternehmen zu in-       ter produzieren weltweit an 176 Standor-
      ternationalem Erfolg.                         ten in 45 Ländern maßgeschneiderte Ver-
         Der gelernte Maschinenbauer war in         packungssysteme, Flaschen, Verschlüsse
      den Anfängen die innovative Triebfeder        und Spritzgussteile. Die Anwendungsbe-
      des Unternehmens. Er begeisterte sich stets   reiche der Qualitätsverpackungen sind
      für technische Herausforderungen und          vielfältig: Nahrungsmittel und Getränke,
      zeichnet für wegweisende Erfindungen           Kosmetik und Pflegeprodukte, Haushalts-
      verantwortlich. Bereits neun Jahre nach der   reiniger, Wasch- und Putzmittel, Motoröl
      Unternehmensgründung legte Lehner den         und Schmiermittel. Zudem betreibt Alpla
      Grundstein für die weltweite Präsenz von      an drei Standorten (Österreich, Polen, Me-
      Alpla: Erste Werke im Ausland waren 1964      xiko) Recyclingwerke mit einer jährlichen
      Markdorf in Deutschland und 1968 San          Kapazität von 65 000 Tonnen lebensmit-
      Joaquin in Venezuela. 1997 trat Alwin Leh-    teltauglichem rPET. 2015 feierte Alpla das
      ner aus der operativen Leitung der Alpla-     60-jährige Firmenjubiläum.
      Firmengruppe aus, um sich auch weiterhin                              www.alpla.com                                             Foto: Ettlinger

      Spatenstich bei der Firma MAK in Altenberg
      Bei strahlendem Sonnenschein wurde am         ein neuer, größerer Standort nötig gewor-
      30. Mai der Spatenstich in Altenberg bei      den. Es entstehen Schulungsräume für
      Linz gemäß dem eigens gewählten Titel         Produkt-Präsentationen, ein Schauraum,
      „Unser Spatenstich – der Antrieb der Zu-      in dem sich Kunden von der Technik und
      kunft“ gefeiert.                              Effizienz der Produktpalette überzeugen
         Bürgermeister Ferdinand Kaineder fand      können und eine Servicestation, welche
      herzliche Begrüßungsworte für den neuen       rasche, hausinterne Reparaturen ermögli-
      Firmenstandort und freut sich über den        cht. Die Geschäftsführer Martin Dumfart
      Zuzug des innovativen Unternehmens in         und Claudia Klein freuen sich, am neuen
      „seine“ Marktgemeinde. Er wünschte auch       Standort in Altenberg zukünftig einen noch
      dem Bauunternehmen und dem Planungs-          besseren technischen und kaufmännischen
      büro einen reibungslosen und unfallfreien     Service bieten zu können.
      Bauablauf. Die Fertigstellung ist für das         Mit der Generalplanung des Neubaus
      Frühjahr 2019 geplant.                        ist die Firma Savonarola Baumanagement
         Die Firma MAK Vertrieb und Service         GmbH betraut, ein junges Planungsbüro
      GmbH wurde 1969 gegründet und auf-            aus Feldkirchen an der Donau. Als Baufirma
      grund des Erfolges und Wachstums, rund        ist die C. Peters Baugesellschaft beauftragt.
      um die Lieferung und den Service von Ma-                            www.mak.co.at
      schinen, Anlagen und Komponenten, ist                             www.savonarola.at

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Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
Aktuelles, kurz notiert!

   Polymerpreisindex Plastixx
   Plastixx bezeichnet den im Juni 2005 eingeführten Polymerpreisindex der KI – Kunststoff-Information, den die Österreichische
   Kunststoffzeitschrift mit freundlicher Genehmigung der Kunststoff-Information Verlagsgesellschaft mbH, Bad Homburg regelmäßig
   veröffentlichen darf. Dieser Index zeigt repräsentativ die Preisentwicklung von Kunststoffen in Westeuropa.
   Während der Plastixx die wichtigsten thermoplastischen Kunststoffe insgesamt umfasst, spiegelt der Plastixx ST die Preisentwicklung
   der Standard-Thermoplaste und der Plastixx TT diejenige der Technischen Thermoplaste wider.
   Die Basis für Plastixx, Plastixx ST und Plastixx TT ist Januar 2002 mit 1000 Punkten.

   Preisindizes Mai 2018
                  Mai        Vormonat      Änderung                    Plastixx – Der KI Polymerpreisindex
   Plastixx      2191,6       2185,9        +0,3%
   Plastixx ST   2252,5       2247,0        +0,2%                   2400                                                                                                                               2400
   Plastixx TT   1538,0       1530,7        +0,5%
                                                                    2200                                                                                                                               2200
   Methodik                                                         2000                                                                                                                               2000
                                                                                                          Plastixx ST
   Der Plastixx bildet die Preisentwicklungen                                                         (Polymerpreisindex
   von PE-LD/LLD, PE-HD, PP, PVC, PS, PET                           1800                            Standard-Thermoplaste)                                                                             1800
   sowie ABS, PA, PC, PMMA, POM und PBT
                                                                    1600                                                                                                                               1600
   nach dem Prinzip des sogenannten Paa-
   sche-Index ab. In die monatliche Index-                          1400                                                                                                                               1400
   berechnung gehen die durchschnittlichen
                                                                                                        Plastixx TT
   westeuropäischen Marktpreise der Materi-                         1200
                                                                                                    (Polymerpreisindex
                                                                                                                                                                                                       1200
   alien, gewichtet nach westeuropäischen Ver-                                                   Technische-Thermoplaste)
   brauchsmengen ein. Die Gewichtung nach                           1000                                                                                                                               1000
   Verbrauchsmengen wird jährlich aktuali-
                                                                           2016

                                                                                  April

                                                                                          Juli

                                                                                                  Okt

                                                                                                           2017

                                                                                                                                                    April

                                                                                                                                                             Juli

                                                                                                                                                                      Okt

                                                                                                                                                                              2018

                                                                                                                                                                                       April

                                                                                                                                                                                                Juli
   siert.
                                                                                                                                                        Quelle: Kunststoff Information, Bad Homburg
                                www.kiweb.de

Pollmann baut Werk II in Vitis                                                                          Zum Titel
Internationaler Automobilzulieferer setzt auf Standort mit Zukunft
                                                                                                                                       P.b.b.
                                                                                                                       Sollingergasse 25/10
                                                                                                                                15Z040412M

Wenn Pollmann als einer der größten Industriearbeitgeber im Norden                                                                                          Österreichische
Österreichs den nächsten Expansionsschritt setzt, werden in vielerlei
                                                                                                                                                Kunststoff
                                                                                                        ISSN 0029-926X
                                                                                                        WelkinMedia,
                                                                                                        1190 Wien

Hinsicht neue Wege beschritten: Höchste Energieeffizienz, maximaler
Automatisierungsgrad, sowie ein digitaler Zwilling für das neue Pro-                                                                            49. Jahrgang · Nr. 5/6 2018                                    Zeitschrift
duktionswerk in Vitis, auf dem alle Anlagen und Prozesse visualisiert                                                                                                              Automation      Medizintechnik       Recycling

und vorab simuliert werden können. Das sind die Zutaten für weitere
60 neue Arbeitsplätze und eine Gesamtinvestition von 17 Millionen
Euro mit denen das Unternehmen seine Zukunft gestaltet. In einem
Punkt bleibt Pollmann aber sehr traditionell: beim Bekenntnis zum
Standort im nördlichen Waldviertel und zu den Menschen dort.
   Der Weltmarktführer bei Schiebedach-Kinematiken und elektrome-
chanischen Türschlössern startet mit dem Bau eines neuen Produkti-
onswerks in der Waldviertler Marktgemeinde Vitis. „Der international
deutliche Wachstumskurs des Unternehmens findet natürlich auch in
Österreich seinen Niederschlag. Hier kommen wir her, hier ist auch
unsere Basis für die Zukunft“, meint Eigentümer Markus Pollmann an-
lässlich der Feierlichkeiten zum Spatenstich für das neue Werk und
unterstreicht den Bezug zur Region.

                                                                                                                                                Offizielles Organ der Gesellschaft zur Förderung der Kunststofftechnik, der Vereinigung
                                                                                                                                                Österreichischer Kunststoffverarbeiter und der Bundesinnung der Kunststoffverarbeiter

                                                                                                        Was vor zehn Jahren durch die Integration der
                                                                                                        BATTENFELD Kunststofftechnik in die WITTMANN
                                                                                                        Gruppe begonnen hat, ist zu einer uneingeschränkten
                                                                                                        Erfolgsgeschichte geworden. Unter dem Markennamen
                                                                                                        PowerSerie brachte das vergangene Jahrzehnt die kom-
                                                                                                        plette Überarbeitung des Maschinenprogramms mit
                                                                                                        sich. Die Modelle der PowerSerie stehen für Robust-
Spatenstich für das neue Pollmann-Werk in Vitis mit Landesrätin Dr. Petra                               heit, optimale Produktivität, höchste Energieeffizienz
Bohuslav, Komm.-Rat Dr. Christian Moser von Wirtschaftskammer NÖ,                                       und beste Bedienbarkeit; und stets stand das Bemühen
Bürgermeisterin von Vitis Anette Töpfl, Dipl.-Ing. Dietmar Eder von Peneder,                             im Vordergrund, alle Komponenten einer Spritzgießzel-
sowie Markus und Robert Pollmann, Dipl.-Ing. (FH) Herbert Auer, Mag.                                    le schnittstellenfrei zusammenzuführen.
Christian Schreiberhuber, Dipl.-Ing. Winfried Rossmann, Manfred Jäger und                                                                                                www.wittmann-group.com
Christopher Brinnich.                                          Foto: Pollmann

Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018                                                                                                                                                                                           139
Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
Kunststoffpioniere in Österreich
                                                                                   Mit dem Oberösterreichischen Extrusionsunternehmen Zitta set-
                                                                                   zen wir die lose Reihe von Portraits österreichischer Kunststoffpi-
                                                                                   oniere fort. Den Beginn machte Ing. Robert Hillisch, legendärer
                                                                                   Lehrer vieler Kunststofftechniker-Generationen am Wiener LKT-
                                                                                   TGM und ÖKZ-Chefredakteur der ersten Stunde (Ausgabe 03/04-
                                                                                   2013). Im Jubiläumsjahrgang der ÖKZ 2014 portraitierten wir die
                                                                                   Brüder Wilhelm und Anton Anger (Ausgabe 03/04-2014), Ludwig
                                                                                   Engel und sein Unternehmen (Ausgabe 05/06-2014), die Vorarl-
                                                                                   berger Brüder Lehner und ihr Unternehmen Alpla (Ausgabe 07/08-
                                                                                   2014), den Klosterneuburger Spritzgießer Hubertus Goller (Aus-
                                                                                   gabe 11/12-2014) und zuletzt den Unternehmer Willibald Luger
                                                                                   (Ausgabe 9/10-2017). Im Juni 2019, rechtzeitig zum 50-Jahr-Jubi-
                                                                                   läum der Österreichischen Kunststoffzeitschrift wird ein Buch zum
                                                                                   Thema „Österreichische Kunststoff-Pioniere“ erscheinen, in dem
                                                                                   noch weitere interessante Persönlichkeiten der österreichischen
                                                                                   Kunststoffwirtschaft portraitiert werden.
      Franz und Elisabeth Zitta.                              Foto: Zitta-Archiv

      Zwei Donauschwaben „profilieren“ sich
                                                        1945 – Der zweite Weltkrieg ist zu Ende und hatte Chaos hinterlassen, dem
                                                        die Siegermächte eine neue Ordnung gaben. Umsiedlungen waren die
                                                        Folge, von denen insbesondere die deutschen Siedlungsgemeinschaften
                                                        in der damaligen Tschechoslowakei, in Ungarn, in Rumänien und auf dem
                                                        Gebiet von Jugoslawien betroffen waren. Ein Großteil von ihnen lande-
                                                        te in Deutschland, viele in Österreich, insbesondere in Oberösterreich.
                                                        Mit großer Energie haben sie hier ein neues Leben begonnen und viel
                                                        zum späteren österreichischen Wirtschaftswunder beigetragen, einige
                                                        von ihnen als Kunststoffpioniere. Beispiele sind die sudetendeutschen
                                                        Familien Anger, Bergs oder Klinger, die Donauschwaben Engel und
                                                        Schwarz oder die Banater-Deutschen Zitta und Sikora. Im folgenden
                                                        Pionierportrait wird der Weg des Familienunternehmens Zitta nachge-
                                                        zeichnet.

      Die Geschichte des Oberösterreichischen           Großregion, zur Zeit der Donaumonarchie            Deutschland oder Österreich. Die vor Ort
      Extrusionsunternehmens Zitta beginnt              als Vojvodina bezeichnet, ist heute auf die        verbliebenden Donauschwaben wurden
      in Serbien, im Siedlungsgebiet der Don-           Länder Kroatien, Ungarn, Serbien, Rumä-            entrechtet, enteignet und in vielen Fällen
      auschwaben in der pannonischen Ebene              nien und Slowakei aufgeteilt.                      in die Sowjetunion verschleppt. In Ungarn
      zwischen Donau, Drau und Theis. Diese                Die deutschen Siedler kamen zwischen            wurde die Hälfte der Ungarndeutschen,
                                                        dem Ende des 17. und der zweiten Hälf-             die kollektiv als Kriegsverbrecher galten,
                                                        te des 19. Jahrhunderts vor allem aus              vertrieben. In Jugoslawien kam es zunächst
                                                        Deutschland, um die seit dem Rückzug               zu Misshandlungen und Massenhinrich-
                                                        der Osmanen entvölkerten Grenzregionen             tungen durch Partisanen, später zu Einwei-
                                                        der Habsburger Monarchie neu aufzubau-             sungen in Zentralarbeitslager und Internie-
                                                        en. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns            rungslager. Nach der Auflösung der Lager
                                                        wurden die Siedlungsgebiete der Don-               verließ der überwiegende Teil der Jugosla-
                                                        auschwaben durch die alliierten Mäch-              wiendeutschen das Land. Damit ging eine
                                                        te dreigeteilt. Ein Teil verblieb bei Ungarn,      300-jährige Siedlungsgeschichte gewalt-
                                                        der zweite Teil wurde Rumänien zugeteilt           sam zu Ende. (Quelle Wikipedia)
                                                        und der dritte Teil fiel an das neu gegrün-
                                                        dete Königreich Jugoslawien. In diesem             1945 kommt Familie Zitta nach Traun
                                                        hatten die Donauschwaben um die recht-             in Oberösterreich
                                                        liche Gleichstellung mit den übrigen Eth-
                                                        nien und die Erhaltung ihrer kulturellen           Die Familie Zitta lebte über mehrere Ge-
                                                        Traditionen zu kämpfen. Diese Umstände             nerationen in Syrmien, einer Region zwi-
                                                        nutzten in der Folge die deutschen Nati-           schen Donau und Save in der Stadt Ruma,
                                                        onalsozialisten, um bei den Donauschwa-            rund 60 km nordwestlich von Belgrad.
                                                        ben Mitläufer für ihr Gedankengut zu ge-           Nachdem im Oktober 1944 Belgrad von
                                                        winnen, mit der Absicht, sie als Soldaten          der jugoslawischen Volksbefreiungsar-
                                                        der Waffen-SS gegen die jugoslawische              mee zusammen mit russischen Truppen
                                                        Volksbefreiungsarmee einzusetzen, was              von den deutschen Besatzern zurücker-
                                                        auch gelang. Dies vertiefte den Nationali-         obert wurde, flüchtete die Mehrzahl der
                                                        tätenkonflikt zwischen den Deutschen und            Volksdeutschen aus Jugoslawien, Rumä-
      Die Siedlungsgebiete der Donauschwaben bis        den Balkanvölkern. Um den erwartbaren              nien und Ungarn. Viele davon, insgesamt
      Ende des 2.Weltkriegs, wo die Familie Zitta in    Racheakten zu entgehen, flüchteten in der           60 000 kamen in das damals Oberdonau
      der Stadt Ruma in Syrmien, rund 60 km nörd-       Endphase des Zweiten Weltkrieges Zehn-             bezeichnete Oberösterreich. Sie wurden
      lich von Belgrad lebte.         Foto: Wikipedia   tausende Donauschwaben meist nach                  in Schulen, Gasthäusern und Barackenla-

140                                                                                                     Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018
Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
Kunststoffpioniere in Österreich
                                                    Dabei erlebte er den Einstieg der Brüder
                                                 Anger in die Rohrextrusion hautnah mit,
                                                 lernte im Team von Anton Anger die Funk-
                                                 tionsweise des Doppelschneckenextruders
                                                 kennen und lernte viel über die PVC-Ver-
                                                 arbeitung, sowohl vom Pulver aus, wie es
                                                 die Brüder Anger bevorzugten, aber auch
                                                 vom PVC-Granulat aus. Er erlebte das
                                                 Scheitern der Anger-Rohrproduktion in Ös-
                                                 terreich durch das starke Gegen-Lobbying
                                                 der arrivierten Beton-, Asbest- und Kerami-
                                                 krohr-Produzenten, aber auch den noch-
                                                 maligen Anfang in Deutschland (Bogen
                                                 an der Donau), der von einem kometen-
                                                 haften Aufstieg zu den größten Kunststoff-       Aktuelle Ansicht der Guido-Holzknecht-Straße
                                                 Rohr- und Fittingproduzenten Europas ge-         5 in Traun / St. Dionysen. Im gelben Familien-
                                                 krönt war.                                       Wohnhaus begann 1962 die Firmengeschichte
                                                                                                  der Zitta-Extrusion.              Foto: R. Bauer
Anger-Doppelschneckenextruder aus dem Jahr
1959.                    Quelle: Anger-Archiv    1962 beschließt Josef Zitta selbst               zelkomponenten zurück. Er beschaff-
                                                 Profil-Extrudeur zu werden                        te eine Einschnecken-Plastifiziereinheit,
                                                                                                  schweißte den Maschinenrahmen zusam-
gern untergebracht. Viele der wehrfähigen        Seinem Selbstverständnis als engagier-           men und fügte als Antriebseinheit eine
Männer wurden zur Waffen-SS eingezo-             ter Techniker folgend, kam er für sich zu        Kombination aus einem 3-Gang-Ford-Au-
gen. Bei Kriegsende befanden sich insge-         dem Schluss, dass er es ebenfalls schaffen       togetriebe und einem Elektromotor, sowie
samt 46 000 jugoslawische Volksdeutsche          könnte, mit Extrusionsprodukten eine eige-       eine improvisierte Abzugs- und Kühlstre-
in Oberösterreich.                               ne Existenz aufzubauen. Allerdings nicht         cke hinzu und begann PVC zu extrudieren.
                                                 mit Rohren, nicht zuletzt, weil dafür teure      Und er hatte Erfolg. Die Eigenbau-Extrusi-
   Der Baupolier Josef und die Hausfrau          und komplexe Doppelschnecken-Extru-
Magdalena Zitta und ihre Kinder Franz und                                                         onslinie produzierte nach einigen Versu-
                                                 sionsanlagen notwendig waren, sondern            chen und Optimierungen herzeigbare Pro-
Josef, damals 14 und 9 Jahre alt, kamen          mit flachen Möbelprofilen, deren Wachs-
Anfang 1945 mit einem Evakuierungstrans-                                                          file.
                                                 tumspotential er aus diversen Kundenan-
port nach Alkoven bei Eferding. Da der Zu-       fragen erkannt hatte. Für die dafür ausrei-         1963 begann die „reguläre“ Produkti-
sammenhalt in diesen Tagen ein Mittel zum        chenden geringeren Durchsatzleistungen           on. Das Familienunternehmen begann zu
Überleben war, bemühte sich eine Grup-           würden einfache Einschnecken-Extruder            laufen. Josef Zitta kümmerte sich um den
pe von Donauschwaben, unter ihnen auch           ausreichen, die Anger damals nicht im            Extruder, die Extrusionswerkzeuge und die
Familie Zitta, von Alkoven weg und näher         Programm hatte. Der damals 26 Jahre alte         Nachfolgeeinrichtungen, Franz Zitta zu-
an Linz heran zu kommen, weil man sich           Josef Zitta traute sich zu, derartige Extruder   sammen mit den Eltern um die Auftragsab-
hier bessere Arbeitsmöglichkeiten erhoff-        selbst bauen und damit erfolgreich produ-        wicklung.
te. Es gelang und die Gruppe landete in          zieren zu können.                                   Wie aus dem ersten Werbeschreiben
Haid bei Ansfelden, wo die lokalen Indus-                                                         der Gebrüder Zitta hervorgeht, waren die
triebetriebe (Textilerzeugung, Lebensmit-                                                         ersten Produkte vor allem PVC-Profile für
tel- und Papierverarbeitung) Arbeitskräf-                                                         den Möbelbau. Ein bekanntes Beispiel
te benötigten. Da zu jener Zeit ein reges                                                         dafür sind die Führungsprofile in Vorhang-
Kommen und Gehen von Flüchtlingen und                                                             karniesen, die für das Innviertler Unterneh-
Wartenden auf eine Rückkehrmöglichkeit                                                            men Leha entwickelt wurden. Ein weiteres
herrschte, waren die, die bleiben wollten,                                                        Erfolgsprodukt waren die Wandanschlus-
willkommen.                                                                                       sprofile für die Bodenverlegung. Auch der
   Hier begannen die Brüder Franz Zitta                                                           Ladeneinrichtungsbau und der Fahrzeug-
Sen. (1931 – 2002) und Josef Zitta (1936
– 1995) ihr neues Leben. Franz begann
eine Maurerlehre, fand Arbeit beim Wie-
deraufbau und erzählte später, dass er ab
1955 bei den Linzer Baufirmen Schwarz
und Haller-Bau als Polier für die Errichtung     Die Kombination von Holzplatten und
von zahlreichen Gebäuden verantwortlich          Umleimern aus PVC prägte ab Mitte der
war. Wie der Zufall es wollte, lernte Franz      1960iger Jahre das Design von Küchenmöbeln
                                                 und fand langsam auch Eingang in andere
in Haid seine spätere Gattin, die ebenfalls      Wohnbereiche.                   Foto: R. Bauer
aus Ruma stammte, kennen.
   Parallel dazu baute er auch ein Famili-          Mit dieser Geschäftsidee ging er auf sei-
enwohnhaus in Traun/St.Dionysen in der           nen Bruder und die Eltern zu, um ihnen
Guido-Holzknecht-Straße 5, unweit der            vom Potenzial der Extrusion zu erzäh-
„Rumaerstraße“, benannt nach dem Her-            len und davon, analog zur Anger-Fami-
kunftsort vieler Flüchtlinge, und ebenso         lie ein Familienunternehmen aufzubauen.
unweit der späteren Wilhelm-Anger-Stra-          Schließlich gelang es, Vater und Bruder,
ße, wo die sudetendeutsche Familie Anger         die als Maurer kein Naheverhältnis zu
ab 1948 mit der Schutzbrillenproduktion          Kunststoff hatten, zum Mitmachen zu mo-
und 1951 mit dem Extruderbau begonnen            tivieren. So begannen Vater Josef Zitta Sen.
hatte.                                           und Sohn Franz Zitta 1962 in der Trauner
   Der technisch interessierte jüngere Josef     Guido-Holzknecht-Straße 5 die Garage
erhielt die Möglichkeit, in Linz die Fach-       und das Wirtschaftsgebäude des Familien-
schule für Maschinenbau an der HTL-Linz          wohnhauses für eine Produktion zu adap-
zu besuchen und konnte anschließend ab           tieren.
1957 beim benachbarten Wilhelm Anger                Parallel zu den Adaptierungsarbeiten
Maschinenbau als Konstrukteur zu ar-             begann Josef Zitta Jun. einen Extruder zu        Werbeschreiben der Brüder Zitta aus dem Jahr
beiten beginnen.                                 bauen. Dafür griff er auf verfügbare Ein-        1963.                      Quelle: Zitta-Archiv

Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018                                                                                                       141
Kunststoff - Die Österreichische Kunststoffzeitschrift
Kunststoffpioniere in Österreich

      Zitta-Extrusionswerk in der Trauner Gferetfeldstraße, nur rund 400 Meter vom ehemaligen Brillen-      Zitta ZKM 60-Eigenbau-Einschnecken-Extruder
      und Extruderwerk Anger entfernt.Foto: Zitta-Archiv                                                    zur PVC-Verarbeitung.          Foto: R. Bauer

      Der Zitta-Werkzeug- und Anlagenbau in den späten 1960er Jahren,           Blick in die Produktionshalle des Zitta-Extrusionswerks in den späten
      wo neben Extrusionswerkzeugen auch Nachfolgeeinrichtungen für             1960er-Jahren.                                         Foto: Zitta-Archiv
      Extrusionslinien gebaut wurden.                  Foto: Zitta-Archiv

      bau hatten wachsenden Bedarf an Ab-               Wohnhaus in der Trauner Gferetfeldstra-             den Anger-Extrudern durchaus sehen las-
      deck- und Übergangsprofilen. Die Auslie-           ße gebaut, nur wenige Meter vom Wohn-               sen und wurden über viele Jahre benutzt.
      ferung übernahm zumeist Gattin Elisabeth,         haus der Eltern entfernt. Glücklicherweise
      die die Profile in Rollen oder Paketen per         befand sich unmittelbar daneben ein freies            Die Eigenbau-Ausrüstung funktionierte
      Handwagen zum Bahnhof brachte. Der-               und ausreichend großes Grundstück, das              durchaus zufriedenstellend und die mit
      artige Kleinprofile sind bis heute im Pro-         für den Bau eines „Zitta-Extrusionswerks“           dem Verkauf beauftragten Handelsvertreter
      gramm und tragen noch immer 10 Prozent            geeignet erschien. Da die Flächenwid-               profitierten vom Kunststoff-Boom der Wirt-
      zum Umsatz bei.                                   mung dem nicht entgegenstand, wurde es              schaftswunderzeit. Beides bewirkte, dass
                                                        gekauft und ein, aus damaliger Sicht, groß-         das Lieferprogramm in rascher Folge aus-
         Da die Qualität der Profile gut und die                                                             gebaut werden konnte, wie ein Blick in das
      Flexibilität der Zitta-Familie bei der Erfül-     zügiger Betriebsbau errichtet. So entstand
                                                        nur zwei Straßen vom Anger-Extruderbau              Produktlager im Keller des Zitta-Betriebs in
      lung individueller Kundenwünsche hoch                                                                 den 1960iger Jahren zeigt.
      war, wuchs das Geschäftsvolumen rasch             entfernt ein Extrusionsbetrieb.
      an, sodass innerhalb eines Jahres drei wei-          Mit dem Umzug in die neue Produkti-                 Bestärkt durch den offensichtlichen Er-
      tere Extrusionslinien gebaut und in Betrieb       on konnten in rascher Folge weitere Extru-          folg als „Spezialitätenladen“ und in der An-
      genommen werden mussten – die nun                 sionslinien installiert werden. Da die Ka-          nahme eines weiter wachsenden Bedarfs,
      schon etwas professioneller in der Aus-           pitaldecke der Jungunternehmer nach wie             waren die Brüder Zitta 1965 selbstbewusst
      führung waren. Doch damit war das Po-             vor dünn war, entschied Josef Zitta, vorerst        genug, um die Anfrage eines oberöster-
      tenzial der Garage und des Wirtschaftsge-         beim Eigenbau zu bleiben, sich aber be-             reichischen Fensterherstellers, ob sie die
      bäudes hinter dem Wohnhaus ausgereizt.            züglich allgemeiner Ausführung und tech-            Profile für die geplante Kunststofffenster-
      Deshalb wurde 1964 der Entschluss ge-             nischem Standard an den Anger-Extrudern             Produktion herstellen würden, mit einem
      fasst, ein separates Betriebsgebäude zu           zu orientieren, aber beim Einschnecken-             „Nein“ zu beantworten. Zu groß wäre der
      errichten. Damit kam die große Zeit von           Konzept zu bleiben. Sie wurden im haus-             Investitionsbedarf in die dafür notwen-
      Franz Zitta, der nun seine Kompetenzen            eigenen Werkzeugbau gebaut. Die in drei             digen Extrusionslinien gewesen. Darüber
      als „Baumeister“ einbringen konnte. Er            Größen gebauten ZKM (= Zitta-Kunst-                 hinaus wäre man zu abhängig von einem
      hatte in der Zwischenzeit mit viel Engage-        stoff-Maschinen)-Extruder mit 45, 60 oder           Produkt geworden. Aber auch so wuchs
      ment und Nachbarschaftshilfe ein eigenes          80 mm Schnecken konnten sich neben                  die Komplexität der produzierten Profile

      Schon in den Anfangsjahren wies das Profillager im Keller des Betriebsgebäudes eine beeindruckende Vielfalt auf.                    Fotos: Zitta-Archiv

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Kunststoffpioniere in Österreich

Ein Ausschnitt aus dem Erzeugungsprogramm          Zitta-Extrusionswerk in der Trauner Gferetfeldstraße Nr.6-8 in der zweiten Ausbaustufe mit der
der Zitta-Extrusion aus dem Jahr 1967              Aufstockung um eine zweite Produktionsebene, rechts angrenzend das Wohnhaus von Franz Zitta.
                            Quelle: Zitta-Archiv   Foto: Zitta-Archiv

stetig an, wie ein Ausschnitt aus dem Zit-         zusätzliche Produk-                             zum Verkaufsleiter, seiner Neigung zum
ta-Produktionsprogramm von 1967 belegt.            tionsebene, auf der                             Kundenkontakt folgend. Um das Erreichte
                                                   der Werkzeugbau                                 abzusichern und das unternehmerische Ri-
Meinungsverschiedenheiten über die                 und die Profilkon-                               siko zu beschränken, entschloss sich Franz
                                                   fektion     unterge-                            Zitta 1978, sein Einzelunternehmen in
richtige Wachstumsstrategie                        bracht wurden, in                               eine GmbH umzuwandeln und 50 Prozent
   Die Brüder Zitta sollten mit ihrem Fest-        Betrieb gehen. Dass                             der Gesellschaftsanteile an seine Frau Eli-
halten an der Produktvielfalt richtig liegen.      Franz Zitta nun Al-                             sabeth abzugeben.
Denn insbesondere ab 1968 begann sich              leineigentümer war, Firmenlogo der Franz           Der nächste Schritt im Generations-
der Trend zu progressiver Technik zu ver-          kam auch in einem Zitta-Extrusion.              wechsel war der Eintritt von Franz Zitta Ju-
stärken. Teil der neuen Fortschrittlichkeit        entsprechend abgeänderten Firmenlogo            nior im Jahr 1981 nach Abschluss seiner
war eine steigende Akzeptanz der Kunst-            zum Ausdruck.                                   Kunststofftechnik-Ausbildung am TGM-
stoff-Anwendung in allen Bereichen des                Das Verhältnis zwischen den Brüdern          Wien. Er durchlief wie sein Schwager
täglichen Lebens. Beispielhaft seien die           blieb angespannt. Trotz anhaltendem Auf-        Heinz Baumgartner alle Unternehmens-
Kunstfaser-Hemden, die Kunststoffrohre für         schwung im Unternehmen kam es immer             bereiche und übernahm danach den tech-
die Hauselektrik und die Trinkwasserver-           wieder zu Diskussionen und Auffassungs-         nischen Bereich, dessen Leitung seit dem
und Abwasserentsorgung, Haushaltsge-               unterschieden. Schließlich entschied sich       Ausscheiden seines Onkels Josef Zitta vom
räte in Kunststoffgehäusen oder Möbel mit          Josef 1976, das Unternehmen zu verlassen.       Formenbau-Leiter mit betreut worden war.
hohem Kunststoffanteil genannt. Dies ließ          Josef kündigte, unternahm anschließend          Mit dem Eintritt der nächsten Generation
auch die Nachfrage nach Kunststoffprofi-            zusammen mit einem Partner einen Ver-           änderten sich auch die Besitzanteile in der
len überproportional wachsen. Für Zitta            such, sich mit einer Profilextrusion selb-       GesmbH, in der ab diesem Zeitpunkt alle
bedeutete dies, dass 1971 das erst sechs           ständig zu machen, was für einige Jahre         vier Familienmitglieder (Eltern+Tochter In-
Jahre alte und zu Beginn als sehr groß-            zum Bruch zwischen den Brüdern führte.          grid und Sohn Franz Jun.) zu je 25 Prozent
zügig gehaltene Betriebsgebäude keinen             Josef Zitta wechselte 1977 zur 1974 ge-         beteiligt waren.
Platz mehr für die Aufstellung zusätzlicher        gründeten „Krauss-Maffei Austria“ in Asten
Extrusionslinien bot.                              bei Linz, später als Konstruktionsleiter zum
   Franz Zitta, der Bau-Fachmann, wollte           damaligen Actual-Maschinenbau seines
als Reaktion darauf eine Kreditfinanzie-            früheren Anger-Kollegen Ing. Walter Ganz-
rung beschaffen, um das eingeschossige             berger und blieb dort bis zur krankheitsbe-
Firmengebäude möglichst kurzfristig auf-           dingten Pensionierung. 1995 verstarb er im
stocken zu können. Seinem Bruder Josef             Alter von 59 Jahren.
war das finanzielle Risiko des schnellen
Wachstums zu groß. Als Techniker wollte            1975: Die nächste Generation
er eher durch Klasse, statt durch Masse
wachsen und den Ausbau hinaus schie-
                                                   übernimmt Verantwortung.
ben. Nach einigen hitzigen Diskussionen            Die Erste der nächsten Unternehmergene-
entschloss sich Josef 1971 das Risiko nicht        ration, die ins Extrusionswerk Zitta eintrat,
mitzutragen und als Gesellschafter auszu-          war 1975 Franz Zittas Tochter Ingrid, deren
scheiden. Er erklärte sich jedoch bereit, als      Fokus die Buchhaltung und die administra-
Angestellter im Unternehmen zu verblei-            tive Verwaltung wurde. Zusammen mit ihr
ben und weiterhin die technische Leitung           wurde auch ihr Ehegatte, der gelernte Elek-
wahrzunehmen. Franz Zitta löste die Be-            trotechniker und Meisterschule-Absolvent,
sitzanteile seines Bruders ab und trieb den        Heinz Baumgartner von Franz Zitta einge-        Franz Zitta Jun. mit Gattin Andrea Victoria
Firmenausbau nunmehr als Alleineigentü-            stellt. Er ließ ihn das Unternehmen durch-      Zitta, Heinz Baumgartner mit Gattin Ingrid
mer rasch voran. Schon 1972 konnte die             laufen und machte ihn kurze Zeit später         Baumgartner-Zitta.           Foto: Zitta-Archiv

Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018                                                                                                       143
Kunststoffpioniere in Österreich

      Das 1990 eröffnete Zitta-Extrusionswerk befindet sich auf einem 30 000       Franz Zitta (links) mit Gästen bei der Betriebseröffnung 1990 in
      m² großen Grundstück in der Industriezone Pasching, nur rund 1 km           Pasching.                                           Foto: Zitta-Archiv
      Luftlinie vom Flughafen Linz entfernt.                 Foto: Zitta-Archiv

      Ingrid Baumgartner mit Tante Helene und Onkel Josef Zitta als Gäste bei
      der Werkseröffnung.                                    Foto: Zitta-Archiv   Beispiel eines Hohlprofiles.                                Foto: Zitta-Archiv

      1988 erreicht der Trauner Betrieb                  onslinien dazu übergegangen, Serienextru-           Franz Zitta Senior, nicht zuletzt auf Grund
      abermals seine Kapazitätsgrenze                    der einzukaufen. Da das Werk mittlerweile           seiner angegriffenen Gesundheit aus der
                                                         vollständig ausgelastet war, spielte Franz          Geschäftsführung zurück. Mit seinem Aus-
      25 Jahre nach der Unternehmensgründung             Zitta Senior mit dem Gedanken, den bei-             scheiden wurden seine beiden Kinder zu
      hatte sich das Unternehmen als kompe-              den Produktionsebenen noch ein drit-                allein zeichnungsberechtigten Geschäfts-
      tenter und vor allem flexibler Lieferant von        tes Stockwerk aufzusetzen. Dies zog leb-            führern ernannt. Franz Zitta Senior blieb
      Profilen für die Möbel- und Bauindustrie,           hafte Diskussionen mit den Kindern nach             aber weiterhin, das heißt bis zu seinem Ab-
      sowie für Spezialprofile etabliert. Wegen           sich. Sie endete mit deren strikter Ableh-          leben im Jahr 2002, der 25-Prozent-Eigen-
      der hohen Nachfrage nach zusätzlichen              nung, insbesondere weil eine Profillogistik          tümer. Elisabeth Zitta gab mit dem Rück-
      Produktionslinien war man aus Kapazi-              über drei Ebenen als sehr ungünstig ange-           zug ihres Gatten ihren 25-Prozent-Anteil
      tätsgründen nach sieben Eigenbau-Extrusi-          sehen wurde. In dieser Situation zog sich           zu gleichen Teilen an ihre Kinder ab.

      Eine Zitta-Kompetenz ist die Herstellung von
      außen und innen präzise kalibrierten Profilen,
      in denen Einbaukomponenten exakt positio-
      niert werden können.          Foto: Zitta-Archiv   Ausbaustufe 1 des Zitta-Extrusionswerks (Hallenerweiterung rechts). Foto: Zitta-Archiv

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Kunststoffpioniere in Österreich
   Ing. Franz Zitta Junior begann daraufhin
als Alternative zur nochmaligen Aufsto-
ckung ein Grundstück für einen Neubau
„auf der grünen Wiese“ zu suchen. Dieses
konnte schließlich in relativer Nähe in der
damals neu erschlossenen Industriezone in
Pasching gefunden werden. Es erlaubte ein
Produktionslayout in einer Ebene zu reali-
sieren. Der Neubau konnte im Jahr 1990
bezogen werden. Der Betrieb in Traun
wurde verkauft und später in ein Mietwoh-
nungsobjekt umgewandelt. Zur Werkser-
öffnung fanden die Brüder Franz und Josef
Zitta nochmals zusammen und konnten
mit berechtigtem Stolz das Erreichte begut-
achten.

2009/2010 Werkserweiterung
und Einstieg der dritten
Familiengeneration
Das neue Produktionswerk erreichte 2009          Die Unternehmerfamilie Zitta – Baumgartner 2013 anlässlich des 50-jährigen Firmenjubiläums:
bei 27 Produktionslinien die Kapazitäts-         Ing. Roman Zitta, Werner Baumgartner, GF Evelyn Zauner-Baumgartner, GF Ing. Franz Zitta, Ingrid
grenzen. Wesentlichen Anteil daran hatte         Baumgartner-Zitta, Heinz Baumgartner.                                          Foto: Zitta-Archiv
die kontinuierliche Weiterentwicklung
der Profil-Komplexität, vor allem in Rich-
tung von Hohlprofilen, mit und ohne funk-
tionelle Inserts. Fortgeführt wurde die Fo-
kussierung auf innovative Spezialprofile,
wobei in den 1990iger Jahren auch die
Co-Extrusion ins Programm aufgenommen
wurde.
   Durch die Vollauslastung der Produkti-
onsflächen wurde 2009 eine Werkerwei-
terung vorgenommen. In den Hallenan-
bau wurden der vergrößerte Werkzeugbau
und das Anwendungstechnikum unterge-
bracht. Diese Kapazitätserweiterung war
die Voraussetzung, um fortan im Marke-
ting mit der Formel 3/10 auftreten zu kön-       2014 – Ausbaustufe 2 (Anbauhalle links als Lagerhalle für Fertigwaren )          Foto: Zitta-Archiv
nen, was so viel bedeutet, wie: „Bestehen-
de Kunststoffprofile, seien es Bauprofile,
Zierprofile, Fensterprofile oder Möbelpro-
file können innerhalb von 3 Arbeitstagen
produziert werden, Werkzeuge für neue
Profile innerhalb von 10 Tagen.“

Die dritte Generation tritt ins
Unternehmen ein
   Ab 1999 wird der nächste Generati-
onswechsel eingeleitet. Mit Evelyn Zau-
ner-Baumgartner trat das erste Enkelkind         2017 – Ausbaustufe 3 (Erweiterung des Fertigwaren-Lagers und der Produktionshalle, in der die
                                                 Anzahl der Extrusionslinien von 26 auf 34 Einheiten erweitert werden konnte.) Foto: Zitta-Archiv
von Franz Zitta Sen. ins Unternehmen ein.
Nach abgeschlossener kaufmännischer
Ausbildung sammelte sie erste Erfahrungen
im Verkauf und in der Organisation. Da-
nach wechselte sie in die Buchhaltung.
2002 kam ihr Bruder Werner Baumgart-
ner ins Unternehmen. Auch er erhielt eine
kaufmännische Ausbildung. Anschließend
durchlief er alle Abteilungen und folgte
seinem Vater in den Verkaufs-Außendienst.
2009 trat Ing. Roman Zitta als Projektinge-
nieur ins Unternehmen ein. Als Absolvent
Chemie-HTL fand er sein Aufgabengebiet
in der Betreuung neuer Projekte und der
Produktentwicklung.
   Nach dem Ableben von 25-Prozent-An-
teilseigner Franz Zitta Sen. im Jahr 2002
änderten sich auch die Gesellschaftsan-
teile. Ing. Franz Zitta behielt 50 Prozent,
seine Schwester Ingrid Baumgartner-Zit-
ta 25 Prozent. Deren Kinder Evelyn Zaun-         Herzstück der Zitta-Produktion ist die PVC-Misch- und Granulieranlage, in der rund 1000 der ins-
                                                 gesamt verarbeiteten rund 3000 Tonnen PVC compoundiert werden.                    Foto: R. Bauer

Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018                                                                                                         145
Kunststoffpioniere in Österreich
      er-Baumgartner und Werner Baumgartner
      werden jeweils 1/8-Eigentümer. 2009 ver-
      abschiedete sich Ingrid Baumgartner-Zitta
      in die wohlverdiente Pension und übergab
      ihre Verantwortung an Tochter Evelyn Zau-
      ner-Baumgartner. Sie übernahm ab die-
      sem Zeitpunkt die kommerzielle Leitung
      und wurde zur zweiten Geschäftsführerin
      neben ihrem Onkel Franz Zitta Jun. beru-
      fen. Heinz Baumgartner folgte seiner Gat-
      tin 2013 in den Ruhestand und übergab
      die Verkaufsleitung an seinen Sohn Werner
      Baumgartner.

      2014 und 2018 Kapazitätsausbau auf
      34 Extrusionslinien
      Zum aktuellen Status des Unternehmens
      befragt, nennt Ing. Zitta die Fakten: „Wir
      haben aktuell eine Produktionsfläche von
      12 000 m², auf der wir mit 125 Mitarbei-
      tern 34 Extrusionsanlagen in drei Schich-      Von den aktuell 34 Extusionslinien sind einige für die Co-Extrusion von 2 oder mehr Materialien
      ten betreiben. Derzeit wird zu 10 % für die    ausgelegt.                                                                         Foto: R. Bauer
      Möbelindustrie produziert, insbesondere
      Kantenumleimer, Schlagleisten, Grifflei-        strie oder beim Kühlgerätebau, die Hälfte         oder Gehrungsschnitten reagieren und sie
      sten, Verbindungsprofile, Verzierungspro-       davon in Co-Extrusionsausführung. Unse-           umsetzen.“
      file, sowie zu 30 % für die Fensterindustrie,   re Produktion verkaufen wir nicht nur im                                    www.zitta.com
      wie Sprossenprofile oder Verkleidungswin-       Inland, sondern wir exportieren in 22 Län-
      kel zum Ausgleich von unterschiedlichen        der. Den Erfolg sehen wir in unserer Flexi-       Autor:
      Fenstertiefen bei Sanierungsprojekten ge-      bilität begründet. Insbesondere können wir
      arbeitet. Die restlichen 60 % sind indivi-     auf individuelle Wünsche, wie die Kombi-          Dipl.-Ing. Reinhard Bauer –
      duelle Sonderprofile nach Zeichnungen für       nation unserer Profile mit Beschriftungen,         TECHNOKOMM
      technische Anwendungen in der Bauindu-         Beklebungen, Bohrungen, Stanzungen                E-Mail: office@technokomm.at

      Beispiele aus dem aktuellen Produktionsprogramm.                                                                                Foto: Zitta-Archiv

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Automation

                      Gimatic für RoVi

                      Fühlen durch Sehen                                                                                             Foto: RoVi
                      Kamerabasierte Sensorsoftware vereinfacht
                      Roboterhardware maßgeblich
                                                 Das Startup RoVi Robot Vision von drei Forschern der TU München hat
                                                 es sich auf die Fahne geschrieben, die Hardware für Roboter jeglicher
                                                 Art maßgeblich zu vereinfachen: Auf Basis ihrer Forschungen ist es
                                                 dem Team weltweit erstmals gelungen, teure traditionelle elektronische
                                                 Sensoren durch eine neue Software und gängige Kameras zu ersetzen.
                                                 So lassen sich die Kosten von Robotern deutlich reduzieren.

Die Idee für die kamerabasierte Sensorsoft-      Förderprogramm des Bundesministeriums           stellungen, Positionen, Greifkräften, Kon-
ware für intelligente Roboter entstand aus       für Wirtschaft und Energie in Deutschland       taktprofilen und anderen taktilen oder
der Doktorarbeit zum Thema „Visuell-hap-         speziell für High-Tech Gründung aus der         haptischen Kontaktinformationen mit Hilfe
tische Umgebungswahrnehmung für auto-            Forschung.                                      von Bildverarbeitung und extern um den
nome Robotersysteme“ (http://www.lmt.                                                            Arm oder am Greifer angebrachten Kame-
ei.tum.de/team/alumni/nicolas-alt.html)          Prinzip der Sensorsoftware-                     ras.
von Mitgründer Dr.-Ing. Nicolas Alt. Inspi-                                                         Dieses neuartige Sensorkonzept lässt
riert von der Beobachtung, wie Roboter-          Technologie                                     sich mit einer Analogie zum Menschen
staubsauger absichtlich und wiederholt auf       Die Sensorsoftware ersetzt komplexe hard-       anschaulich erklären: Mit geschlossenen
Hindernisse für die taktile Kartierung sto-      warebasierte Sensorsysteme und ermög-           Augen kann ein Mensch seinen Arm nur
ßen, entwickelte er während seiner Promo-        licht Robotern quasi das Fühlen durch           ungenau positionieren, da unsere Wahr-
tion einen taktilen Sensor für mobile Ro-        Sehen. Die technische Innovation um-            nehmung der Position unserer Gliedma-
boterplattformen. Der Sensor bestand aus         fasst die robuste Messung von Gelenk-           ßen und deren Gelenkstellungen wenig
einem einfachen Schaumstoffbalken, der
von einer bereits vorhandenen Kamera am
Roboter beobachtet wird und gleichzeitig
als weicher Stoßfänger dient.
   Das gleiche Konzept gilt auch für die
taktilen Sensoren, die wir jetzt an den Fin-
gern von Greifern anbringen“, erläutert
Dr. Clemens Schuwerk, Control Enginee-
ring, Marketing and Sales bei RoVi. „Spä-
ter haben wir das Konzept der Verwendung
einer externen Kamera um die Kombinati-
on mit passiven Elementen erweitert, um
weitere Sensoren für Roboter zu bauen,
nämlich Kraft-Momentensensoren und
Winkelsensoren.“ Alle drei Sensorkon-
zepte sind patentiert oder zum Patent an-
gemeldet.
   Dr. Nicolas Alt und Dr. Clemens Schu-
werk haben sich während ihrer Promoti-
onszeit am gleichen Lehrstuhl kennenge-
lernt und sich schließlich mit dem dritten
im Bunde, M. Sc. Stefan Lochbrunner bald
darauf zusammengeschlossen, um die
neue Technologie weiter zu entwickeln
und zu kommerzialisieren und ein Un-
ternehmen auszugründen. Aus dem For-
schungsprojekt entstand so 2016 ein Spin-
off-Projekt. Finanziert wird das Projekt         Ideengeber und Mitgründer Dr.-Ing Nicolas Alt, Computer Vision and Business Development bei
aktuell von Exist Forschungstransfer, einem      RoVi.                                                                              Foto: RoVi

Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018                                                                                                    147
Automation
      präzise ist. Klassische Industrieroboter ar-
      beiten in der Regel zwar ‚blind‘, nutzen
      im Gegensatz zum Menschen jedoch eine
      hochgenaue Sensorik zusammen mit einer
      steifen Konstruktion, um trotzdem eine
      hochgenaue Positionierung des Endeffek-
      tors zu erreichen. Der Mensch dagegen
      verwendet zusätzlich die visuelle Wahr-
      nehmung und somit eine multimodale In-
      formationsverarbeitung, um eine präzise
      Manipulation von Objekten zu ermögli-
      chen. Auf ähnliche Weise werden mit der
      softwarebasierten Sensorik von RoVi Ge-
      lenkstellungen eines Roboterarms sowie
      Positionen und Greifkräfte unter Verwen-
      dung kostengünstiger Kameras erfasst und
      dadurch eine präzise und autonome Inter-
      aktion des Roboters mit Objekten ermög-
      licht.
         Die Software berechnet die Gelenkstel-
      lungen eines Roboterarms im dreidimensi-       Funktionsprinzip der kamerabasierten Sensorsoftware für das intelligente Greifsystem.   Foto: RoVi
      onalen Raum mit Hilfe von Bildanalyseal-
      gorithmen. Kraft-Momentensensoren und
      taktile Sensoren werden durch einfache         mente nicht zwangsweise möglichst steif              Die Genauigkeit der taktilen und Kraft-
      passive flexible Elemente wie kostengün-        konstruiert und hochpräzise gefertigt wer-        Momenten-Sensoren hängt stark von der
      stigen Schaumstoff ersetzt. Kontaktkräfte      den. Stattdessen können nachgiebige Ele-          Kameraeinstellung (Abstand, Auflösung)
      führen zu charakteristischen Verformungen      mente und Materialien sowie einfachere            ab. In typischen Fällen wird eine Genauig-
      dieser Elemente. Die Software misst diese      Fertigungsverfahren mit geringerer Präzisi-       keit von unter 5 % erreicht, die mit der Ge-
      Verformung ebenfalls mit Hilfe von Bild-       on eingesetzt werden. Dadurch lassen sich         nauigkeit von Hardware-Sensoren im mitt-
      analyseverfahren und berechnet anhand          Kosten sparen und komplexe Schutzsy-              leren Preissegment vergleichbar ist.
      eines Materialmodells die anliegenden          steme vermeiden. Mit flexiblen Elementen
      Kräfte und Momente. Die Sensorsoftware         kann jedoch die Position des Arms nicht           Intelligenter Greifer mit integrierter
      ist anwendbar auf komplette Robotersy-         mehr mit wie herkömmlich über die Ge-
      steme, Roboterarme, Greifer oder mobile        lenkstellungen und das starre Robotermo-          Kamera
      Roboterplattformen und ermöglicht die in-      dell berechnet werden. Eine externe Ka-           Für das intelligente Greifsystem mit inte-
      telligente Steuerung dieser Systeme.           mera in Verbindung mit der RoVi-Software          griertem Stereo-Kamerasystem und kame-
         Die RoVi-Software ersetzt eine Vielzahl     ermöglicht dagegen trotzdem die präzise           rabasierter Sensorik wurde der Zweiba-
      von Sensorik in Robotersystemen, wodurch       Berechnung der Position von Arm und End-          cken-Greifer MPLM1630HAN von Gimatic
      sich unter anderem der Verkabelungsauf-        effektor, da auch Verformungen über die           eingesetzt. Zum einen passt dieser gut zu
      wand reduziert. Zudem ermöglicht sie die       Kamera erfasst werden.                            den Anwendungen der aktuellen Baugrö-
      Realisierung von sensitiven und gleichzei-        Auch an industriellen Greifern werden          ße zur Kommissionierung von Kleintei-
      tig kostengünstigen Robotern. Denn diese       Kameras zukünftig immer mehr zum Stan-            len. „Vor allem aber konnten wir keinen
      Kameras sind durch ihre enorme Verbrei-        dard. Diese Kameras können in vielen Fäl-         alternativen Greifer am Markt finden, der
      tung äußerst kostengünstig und leistungs-      len für die beschriebene softwarebasierte         uns eine direkte Ansteuerung des Motors
      stark. Zugleich sind sie für die Umgebungs-    Sensorik verwendet werden, da diese mit           erlaubt“, erinnert sich der Jungunterneh-
      erkennung auf Robotern unverzichtbar und       beliebigen Kameras zusammenarbeitet.              mer. Diese Schnittstelle ist wichtig, damit
      deshalb bereits auf vielen Robotern vor-                                                         die Sensordaten aus der Software dazu ver-
      handen. Da die aktuelle Roboterkonfigu-         Kennwerte im Vergleich zur                        wendet werden können, den Greifprozess
      ration über externe Kameras und Software       traditionellen Robotik                            intelligent zu steuern und zu überwachen.
      gemessen wird, müssen Verbindungsele-                                                               Der Gimatic-Greifer erlaubt durch die
                                                     Industrielle Roboterarme mit herkömm-             offene Schnittstelle zum Motor die schnel-
                                                     lichen Hardware-Sensoren weisen sehr              le und einfache Entwicklung eines Pro-
                                                     hohe absolute Genauigkeiten von 1 kHz liefern. „Es ist nicht       ren“, freut sich Dr. Schuwerk und weiter:
                                                     das Ziel unserer Technologie, mit diesen          „Für junge Startups wie uns ist es beson-
                                                     Werten zu konkurrieren“, sagt Dr. Schuh-          ders wichtig, die uns zur Verfügung ste-
                                                     werk. „Ein relevantes Maß für Roboter in          henden begrenzten Ressourcen effizient
                                                     unbekannten und veränderbaren Umge-
                                                     bungen ist die relative Genauigkeit zwi-
                                                     schen Roboter und Zielobjekt. Und hier
                                                     sehen wir unser Terrain. Genauso wie
                                                     jeder Industriearm, der mit einer Kamera
                                                     ergänzt wird, sind wir dabei durch die ka-
                                                     merabasierte Lageschätzung des Zielob-
                                                     jekts begrenzt. In typischen Setups mit ein-
                                                     fachen Kameras erreichen wir rund 1 mm.
                                                     Ultra HD-Kameras erlauben
Automation
einzusetzen. So bekommen wir trotzdem
schnell ein Produkt zum Pilotkunden und
können dieses mit dem gewonnen Feed-
back weiterentwickeln.“

Herausforderungen bei der
Entwicklung
„Der Bau eines Roboters ist generell eine
Herausforderung, die verschiedenen Dis-
ziplinen wie Mechanik, Elektronik, Steu-
erung, Software und Computer Vision in
einem kleinen Team zu bewältigen. So
mussten auch wir separate Entwicklungs-
projekte für jede Disziplin vermeiden“,
sagt Dr. Clemens Schuwerk. Die Kern-
kompetenz von RoVi liege aber nun mal
im Bereich Software und so wollten die
Jungunternehmer bei der Hardware auf
vorhandene Komponenten zurückgrei-
fen. „Es gibt nur eine sehr begrenzte Ver-
fügbarkeit von offener und/oder modularer
Hardware für die Robotik, was den Aufbau
eines Demosystems erschwert hat“, sagt
Dr. Schuwerk. „Genau aus diesem Grund
haben wir uns für den Greifer von Gimatic
entschieden, denn die ‚offene‘ Schnittstel-      Dr.-Ing. Clemens Schuwerk zusammen mit Johannes Lörcher, Geschäftsführer der Gimatic Vertrieb
le zum Motor gibt es sonst nicht am Markt.       GmbH am Gimatic-Standort in Roncadelle in der Nähe von Brescia.
Wir sind noch auf der Suche nach weiteren                                                                                        Foto: K. Sochor
Partnern für bestimmte Teilsysteme wie Ro-       stig herstellbar sind“, erläutert der Mitbe-    Entscheidungsträgern aus der Industrie
botergelenke und -getriebe. Schließlich          gründer die Einsatzvision. Damit ermögli-       sprechen und unser Produkt präsentieren.
soll die Software kontinuierlich weiterent-      cht das Startup den Einsatz von Robotern        Gleichzeitig konnten wir mit sehr vielen
wickelt werden und dabei wolle man vor           in ganz neuen Märkten und Applikati-            Anwendern aus den verschiedensten Bran-
allem sehr nah mit Kunden und Partnern           onen, die mit heutigen Technologien nicht       chen reden. Dabei ergaben sich ganz neue
zusammenzuarbeiten.                              wirtschaftlich realisierbar wären. Anwen-       Anwendungsmöglichkeiten für unsere Sen-
                                                 dungsbeispiele finden sich in sämtlichen         sorlösung, welche wir so bisher noch gar
Zum Erschließen neuer Einsatzfelder              Bereichen der Industrie, aber bevorzugt         nicht im Blick hatten“, resümiert Dr. Schu-
                                                 dort, wo eine flexible und sichere Hand-         werk. Im Juni ist RoVi auch auf der Auto-
Traditionelle Industrieroboter wie sie zu        habung von Objekten nötig ist wie in Lo-        matica in München vertreten.
Handhabung von Materialien, Montage              gistik, Landwirtschaft, Nahrungsmittelin-           Als junges Startup verfolgen die drei
oder in der Logistik Einsatz finden, sind         dustrie oder auch in Bereichen, wo sich         Forscher das primäre Ziel, die Technolo-
heute zum Großteil auf bestimmte An-             Roboter an einen schnell veränderten Pro-       gie bei Pilotkunden zum Einsatz zu brin-
wendungen abgestimmte, vorprogram-               duktmix anpassen müssen. Mittelfristig          gen. Dabei sind sie auf der Suche nach vi-
mierte Spezialisten. Diese erledigen meist       sehen die Forscher Anwendungen für die          sionären Unternehmern, deren Prozesse
24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche         Technologie aber auch für Haushaltsan-          sie mit intelligenten und kostengünstigen
verlässlich ihre Aufgabe. „Mit unserer           wendungen, wo allgemein ein enormer             Robotersystemen verbessern und automa-
Technologie zielen wir nicht auf traditio-       Preisdruck herrscht.                            tisieren können. Langfristig sehen sie sich
nelle Anwendungen der Automatisierungs-                                                          als Anbieter dieser Sensorsoftware, welche
technik ab, wo sehr geringe Zykluszeiten         Erste Erfolge und Blick in die Zukunft          sie an Hersteller von Robotersystem und
für fest definierte und vorprogrammierte                                                          Integratoren lizenzieren.
Aufgaben benötigt werden. Unsere Sen-            Erstmals wurde die kamerabasierte Sen-
sorsoftware ermöglicht neuartige Roboter-        sorsoftware für einen Tischroboterarm auf           Video vom ersten Prototypen: www.ro-
arme und -greifer, die sensitiv und auto-        der Hannover Messe 2018 vorgestellt. Die        vi-robotics.de/video-arm
nom agieren, dabei aber technisch stark          Resonanz der Standbesucher war sehr po-                            www.gimatic.com
vereinfacht und deshalb sehr kostengün-          sitiv. „Wir konnten mit einigen wichtigen                        www.rovi-robotics.de

                                              Ausgabe Juli/August 2018

                          Schwerpunkt Ausbildung
                                  Redaktionsschluss: 10. August 2018

Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018                                                                                                     149
Automation

      Engel

      Integrierte Systemlösungen
      als Platzsparmeister

                                                     Der Engel easix-Knickarmroboter hält die Fertigungszellen kompakt.

                                                     Lichtsysteme für Fahrzeuge erfinden sich in kurzen Zyklen immer wieder
                                                     neu und entsprechend auch die Fertigungsprozesse. Bei einer zunehmen-
                                                     den Komplexität der Bauteile gilt es, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit
                                                     weiter zu steigern. Die Flächenproduktivität spielt dabei eine zuneh-
                                                     mend wichtige Rolle, wie das Beispiel eines Verarbeiters in Europa
                                                     zeigt. Mit Engel easix-Knickarmrobotern hält der Tier-1-Zulieferer seine
                                                     Spritzgießzellen kompakt.

      Das Unternehmen ist spezialisiert auf die      sierung lauten zwei Schlüssel für eine hohe      sich wiederum neue Herausforderungen
      Entwicklung und Herstellung von Außen-         Wettbewerbsfähigkeit. „Vollautomatisier-         für den Maschinenbaupartner Engel. „Um
      beleuchtungssystemen für Pkws: Linsen,         te Zwei- und Dreikomponenten-Spritz-             in der Automobilindustrie Erfolg zu haben,
      Gehäuse, Blenden und Reflektoren, die als       gießprozesse sind bei uns heute Stan-            reichen eine hohe Reproduzierbarkeit,
      fertig montierte, einbaufertige Frontschein-   dard“, sagt der Manager. Auf diese Weise         kurze Zyklen und ein verlässlicher Service
      werfer, Rücklichter oder Nebelscheinwer-       gelingt es, trotz der zunehmenden Kom-           nicht aus. Wir müssen uns permanent nach
      fer das Werk verlassen. Im Plastic Shop        plexität der Produkte die Anzahl der Ar-         neuen Technologien umschauen, die we-
      stehen dafür mehrere Spritzgießmaschi-         beitsschritte zu reduzieren und die Effizi-       niger Platz erfordern. Engel unterstützt uns
      nen von Engel bereit. Die Spritzerei und       enz zu steigern. Einziger Wermutstropfen:        bei allen diesen Punkten optimal.“
      die Montage wurden jüngst erweitert und        Der Platzbedarf der Fertigungszellen steigt         „Wir haben wirklich an jeder Schraube
      damit ist der Werksausbau noch nicht ab-       mit zunehmender Integration und Automa-          gedreht, um immer noch ein Stück kom-
      geschlossen. „Der Markt für Fahrzeug-          tion an. Da auch die Flächenproduktivität        pakter zu werden“, berichtet Reinhard
      beleuchtungssysteme diversifiziert sich         in die Gesamteffizienz eingeht, ergeben           Holzner, Projektierungsleiter bei Engel am
      weiter“, erklärt der Standortmanager. „Ent-
      sprechend steigen die Anforderungen an
      die Produkte, die wir im Spritzguss ferti-
      gen, kontinuierlich an.“ Verschiedene Ent-
      wicklungen tragen diesen Trend. So wer-
      den verstärkt innovative Technologien wie
      Antifog-Beschichtung eingesetzt, die Inte-
      gration neuer Funktionen wie Kurvenlicht
      erfordert immer mehr Elektronik und drit-
      tens nutzen die Automobilhersteller die
      Beleuchtung zunehmend als differenzie-
      rendes Designelement. Um gemeinsam
      mit seinen Kunden ganz individuelle Lö-
      sungen zu entwickeln, schöpft der Verar-
      beiter das gesamte Spektrum aus. Von Ha-
      logen, über Xenon und LED bis hin zum
      Laserlicht.

      Um eineinhalb Meter schmaler
      Damit sich der steigende Fertigungs- und
      Montageaufwand nicht in der Effizienz-
      bilanz oder gar den Stückkosten nieder-
      schlägt, wird die Fertigungsstrategie immer
      wieder aufs Neue angepasst und kontinu-        Automatisierung auf äußerst kompakter Fläche: Die frei definierbaren Sperrräume und die sichere
      ierlich in die Optimierung der Prozesse in-    Überwachung der Roboterarbeitsräume ermöglichen es, mit der Schutzeinhausung sehr nah an den
      vestiert. Prozessintegration und Automati-     Roboter heranzurücken.

150                                                                                                Österreichische Kunststoffzeitschrift 5/6 2018
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