Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart

Die Seite wird erstellt Hein-Peter Rupp
 
WEITER LESEN
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
www.stuttgart.ihk.de 12.2017

                                  Stuttgart - Böblingen - Esslingen-Nürtingen - Göppingen - Ludwigsburg - Rems-Murr

Magazin Wirtschaft            Ein Service der IHK für Unternehmen in der Region Stuttgart

Gutscheine:
Was Händler
                                                 Doppelt vernetzt
beachten müssen
Seite 19                                         halb Handwerk
Auf Richter folgt Schmalzl:
Stabwechsel in der
                                                 halb IHK
Hauptgeschäftsführung                            Seite 12
Seite 38
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
O    b Kongress, Event, Meeting oder
     Seminar, Weihnachtsfeier oder Bankett –
das Tagungshotel
Grand La Strada
in Kassel bietet Großes!
O zentral in Deutschland – bestens erreichbar
O 10 Minuten zum ICE-Bahnhof Kassel Wilhelmshöhe
O 5 Minuten zur Autobahn und Stadtmitte
O 850 Parkplätze
O zentrale und ruhige Lage nahe dem „Staatspark Karlsaue“
O schickes Ambiente

E    ines der größten privat geführten Tagungshotels
     ist zugleich Kassels vielseitigste Hotelwelt:
O 1.000 Betten in 484 modernen Zimmern, Suiten und Appartements (komplett renoviert in 2017)
O 40 Tagungsräume
O Exklusiver Kongress- und Event-Saal „Palazzo“ für bis zu 1.000 Personen mit neun Metern
  Deckenhöhe, geschwungenen Galerien und imposanten Freitreppen rechts und links der Bühne
O vier Restaurants und Bars
O täglich Livemusik in der Lobby
O Wellness-Spa mit Sauna, Pool und Fitness
O Bowlingcenter mit vier Bahnen und eigener Bowling-Bar

                  Wir freuen uns auf Sie! Ihr Team vom Grand La Strada
Raiffeisenstr. 10 . 34121 Kassel . Tel.: 05 61 / 2 09 00 . E-Mail: info@lastrada.de . www.lastrada.de
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
EDITORIAL

                                                 Die IHK im Dialog weiterbringen
                                                       Seit 1. November darf ich als neuer         als moderner Dienstleister allen ihren Mit-
                                                       Hauptgeschäftsführer diese IHK in die       gliedern und Kunden einen exzellenten
                                                       Zukunft führen. Ich freue mich, ge-         Service anbieten, auch im digitalen Zeitalter.
                                                 meinsam mit Präsidentin Marjoke Breuning             Basis des Erfolgs der Digitalisierung ist
                                                 und den Unternehmerinnen und Unterneh-            eine flächendeckende Versorgung mit leis-
                                                 mern in unseren Gremien und im Dialog mit         tungsfähigen Breitband- und Mobilfunk-
                                                 unseren Mitgliedsbetrieben und Partnern           netzen. Wer den Unternehmen auf dem
                                                 die IHK weiter voran zu bringen.                  Land eine Zukunft bieten will, muss das
                                                                                                   schnelle Internet auch zu ihnen bringen.
                                                 Unsere IHK ist gut aufgestellt                    Und zwar schnell. Denn die Digitalisierung
                                                                                                   ist in vollem Gang, es muss rasch etwas ge-
                                                    Die IHK ist gut aufgestellt. Mit Kunden-       schehen.
                                                 orientierung und Transparenz als ständigem           Auch im digitalen Zeitalter brauchen wir
                                                 Auftrag beraten und informieren wir unsere        Mobilität, ein ausreichend leistungsfähiges
                                                 Mitgliedbetriebe, ihre Beschäftigten sowie        Netz von Straßen, Schienen und Wasserwegen,
                                                 Schüler und Eltern, wenn es um eine beruf-        intelligente Verkehrssteuerungen und attrak-
 Johannes Schmalzl                               liche Zukunft mit einer dualen Ausbildung         tive Innenstädte, die Aufenthaltsqualität mit
 Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart   geht. Dabei hören wir auch zu, fragen nach        schönen Geschäften, Kultur- und Freizeit-
                                                 und erstellen auf dieser Basis Informations-      angeboten, Sicherheit und – nicht zuletzt –
                                                 pakete für unsere digitalen und analogen          sauberer Luft bieten.
                                                 Kommunikationskanäle, Konjunktur- und
                                                 Problemanalysen, Veranstaltungskonzepte           Minderheitenmeinungen finden
                                                 oder Stellungsnahmen gegenüber Politik            Raum in unseren Gremien
                                                 und Verwaltung.
                                                    Viele unserer Mitgliedsbetriebe stehen vor        Zu meinen Vorhaben gehört auch, dass ich
                                                 großen Herausforderungen, bei deren Be-           auf Kritiker der IHK zugehe und es unter-
                                                 wältigung wir sie nach Kräften unterstützen       stütze, dass in unseren Gremien Minder-
                                                 werden. Da ist zunächst der Fachkräftemangel,     heitenmeinungen Raum finden. Mein Ziel
                                                 der in den nächsten zehn Jahren voraussicht-      ist, dass diese IHK von ihren Mitgliedsbetrie-
                                                 lich weiter zunehmen wird. Unser Patent-          ben und anderen Kunden geschätzt, von an-
                                                 rezept dagegen ist die duale Ausbildung und       deren Kammern und Verbänden unterstützt
                                                 die darauf aufbauende Weiterbildung. Deren        und von der Politik gehört und respektiert
                                                 Organisation und Weiterentwicklung ist die        wird, wenn es um die Interessensvertretung
                                                 Kernaufgabe der IHK. Wer dual ausgebildet         der Wirtschaft geht.
                                                 ins Berufsleben startet, hat erwiesener-             Gemeinsam brauchen wir zusammen mit
                                                 maßen den Grundstein für einen erfolgreichen      der gesamten Wirtschaft und den Beschäftig-
                                                 Berufsweg gelegt. Dafür zu werben, dürfen         ten, der Politik und der Verwaltung einen
                                                 wir nicht nachlassen. Danke an unsere Aus-        Grundkonsens, dass wir unseren Wohlstand
                                                 bildungsbotschafter, die einen erstklassigen      in unserer wunderbaren Region erhalten
                                                 Job machen. Viel stärker als bisher müssen        wollen, auch für unsere Kinder und Enkel.
                                                 wir auf die Eltern zugehen, die einen ent-        Daran will ich mit allen in der IHK ehrenamt-
                                                 scheidenden Einfluss auf die Berufswahl            lich Engagierten und den Mitarbeiterinnen
                                                 haben.                                            und Mitarbeiter der IHK Region Stuttgart
                                                    Die Digitalisierung wird vieles in der Wirt-   arbeiten.
                                                 schaft verändern, auch in der IHK. Es ist ein
                                                 Kraftakt, interne Prozesse und Schnittstellen       Ihr
                                                 zu Kunden und Lieferanten immer mehr
                                                 elektronisch zu organisieren. Wir wollen
                                                 bundesweit zu den Kammern gehören, die

MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                                                                       3
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
INHALT

19 + 37                                         26                                         38
    Gutschein
    über 30 Euro

                                                                                           Foto: Kuhnle
Gutscheine statt Weihnachtspäckchen             Mängelhaftung: B2B-Kunden                  Stabwechsel in der Hauptgeschäftsführung
sind beliebt bei Schenkern, Beschenkten, aber   werden vom neuen Kaufrecht ab Januar bei   Im Rahmen einer feierliche Amtsübergabe löste
auch im Handel. Wir sagen Ihnen,was der         der kaufrechtlichen Nacherfüllung besser   Johannes Schmalzl (l.) den langjährigen Haupt-
Fiskus dazu meint und wie die City-Initiative   gestellt.                                  geschäftsführer Andreas Richter ab.
Stuttgart das nutzt, um den Innenstadthandel
zu stärken.

                                                                                           DIE LETZTE SEITE          82
                                                                                           Kommentar Drastische Schritte
                                                                                           zur Cyber-Sicherheit sieht
                                                                                           IT-Experte Mirko Ross voraus.
                                                                                           Ärgernis des Monats Bei Eigen-
                                                                                           tümerwechsel Kündigung für
                                                                                           den Ladenmieter? So einfach
                                                                                           geht es nicht.
                                                                                           Cartoon So stellt sich der
                                                                                           Nikolaus die ideale App vor

4                                                                                                            MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
MAGAZIN 6-48                           39   Lernfabrik 4.0 bildet die Fachkräfte
                                                   von morgen aus
     LESERINTERVIEW 6-9                            Cyber-Sicherheits-Tag Risiko in der Cloud
6    Kultusministerin Susanne Eisenmann       40   Innovationspreis Weiterbildung an
     im Gespräch mit Magazin Wirtschaft            regionale Unternehmen verliehen
                                                                                               www.engineering-people.de
     und Web-Agentur-Gründer Tim                   Telegramm Aktuelles in Kürze
     Schommer                                 41   Merkur für Baumann Der langjährige
                                                   Präsident ist mit der höchsten Aus-
     KURZ & KNAPP 10-11                            zeichnung der IHK geehrt worden
10   Kunstausstellung Skulpturen im                Neues IT-Ausbildungsmodell bei der
     Schloss Dätzingen                             IHK-Bezirkskammer Böblingen
     Wahrheiten aktuell und unterhaltsam           Kaliforniens Gouverneur zu Besuch
     Neue Bücher über Moderne Mythen               in Stuttgart
     und gutes Benehmen                       42   Metro-Chef Olaf Koch verrät, wie er
11   Personalien                                   seine Kunden mit digitalen Dienst-
     Sagen Sie mal … Fragen an Stefan              leistungen unterstützen will
     Euchner (Euchner GmbH & Co. KG,          43   Azubi-Challenge Auszubildende im
     Leinfelden-Echterdingen)                      Rems-Murr-Kreis zeigen, was sie können
                                                   Moderne Mobilität Diskussion mit
     TITELTHEMA 12-17                              Verkehrsminister Hermann bei Harro
12   Gemischtgewerbliche Unternehmen               Höfliger in Allmersbach
     Wer sie sind und was sie davon haben          Familienfreundliche Unternehmen im
                                                   Kreis Göppingen ausgezeichnet               Leistung 4.0
     RAT & TAT 18-33                          44   Wirtschaftsjunioren / Berlin & Brüssel
18   Telegramm Aktuelle Kurzmeldungen                                                          Fachwissen flexibel
19   Gutschein statt Weihnachtspäckchen            FIRMENREPORT 45-48                          verfügbar.
     So sieht das der Fiskus                  45   Nachrichten über regionale Firmen
20   Bund fördert KMU bei Material-                                                            Wir sind Ihre Berater, Entwickler,
     entwicklung und Medizintechnik                DIE LETZTE SEITE 82                         Konstrukteure, Hard- und Software-
21   Tipps für sichere Online-Werbung         82   Kommentar, Karikatur und Ärgernis           Spezialisten, Tester, Automatisierer,
22   Feier ja – Sause nein                         des Monats                                  Koordinierer, Optimierer, Experten
     Gesetze und Compliance-Regeln
                                                                                               für Dokumentation und CE.
     gelten auch für Firmenfeiern
                                                                                               Bei Ihnen vor Ort.
24   Stressprävention Sensibilität und Vor-        BEKANNTMACHUNGEN
     bildfunktion des Chefs sind gefragt      51   Sachverständige                             In unseren Competence Centern.
26   Das neue Kaufrecht stellt B2B-Kunden          Prüfungsanmeldung Berufsausbildung
     besser bei kaufrechtlicher Nach-
     erfüllung                                     HANDELSREGISTER                             Maschinenbau
28   Aktuelle Zahlen, Fakten und Tendenzen    49   September/Oktober                           Fahrzeugtechnik
30   Wirtschaft im TV Das müssen Sie sehen         Neueintragungen, Veränderungen,
32   Coaching-Tipp Kontrolle ist gut,              Löschungen und Insolvenzen                  Elektrotechnik
     Vertrauen ist beser                                                                       IT & Kommunikation
                                                   BRANCHENSPIEGEL
     MENSCHEN & IDEEN 34-37                   53   Bezugsquellennachweis Angebote              Luft- & Raumfahrt
34   Zeitsprung Franz J. Landen, Ribler            aus der Wirtschaft                          Medizintechnik
     GmbH, Stuttgart
35   Existenzgründer im Porträt                    RUBRIKEN                                    Mechatronik
     „Sinnesrausch“ entwickelt Werbei-        57   Impressum                                   Schiffbau
     deen, die alle Sinne ansprechen.         60   Jubiläen
36   Aus den Labors Die Hohensteiner          64   Termine                                     Anlagenbau
     Institute erforschen BH-Passformen       70   Geburtstage
37   Neuer Schwung im Handel Eine
                                                                                               ihr ansprechpartner :
     digitalisierte Gutcheinkarte für
                                                                                               Gerd Depner
     Stuttgart-Shopper
                                                                                               Geschäftsführer ep Stuttgart
     IHK & REGION 38-44                                                                        telefon +49 (0) 711 / 80 60 93-0
38   Amtsübergabe Johannes Schmalzl                Titelbild: Annette Wandel (M)
     übernimmt die IHK-Hauptgeschäfts-             Soweit nicht anders angegeben, sind alle
     führung von Andreas Richter                   Fotos im Heftinneren von Thinkstock
                                                                                                     engineering people.
MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                             supporting experts. 5
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
IHK-LESER-INTERVIEW
                                                                                                           Reformieren ist kein Selbstzweck,
                                                                                                           man muss auch überprüfen, ob sie
                                                                                                           ihr Ziel auch wirklich erreichen –
                                                                                                           so die Botschaft von Kultusminis-
                                                                                                           terin Dr. Susanne Eisenmann
                                                                                                           (CDU) beim Leser-Interview mit
                                                                                                           Magazin Wirtschaft und dem
                                                                                                            Stuttgarter IT-Unternehmer Tim
                                                                                                              Schommer (re.). Dessen
                                                                                                                Wunsch nach stärkerer
                                                                                                                 Verankerung von IT-Verständ-
                                                                                                                  nis im Lehrplan hält sie die
                                                                                                                  neuen Fächer Informatik
                                                                                                                   und Wirtschaft entgegen,
                                                                                                                    verteidigt aber grundsätz-
                                                                                                                     lich den allgemeinbilden-
                                                                                                                        den Auftrag der
                                                                                                                         Schulen.
                                                                                                                         Foto: Hörner

„Wir haben ein Qualitätsproblem“
       Magazin Wirtschaft: Frau Dr. Eisen-            Magazin Wirtschaft: Was genau ist in Ba-    Die Zusammensetzung der Klassen ist heute
       mann, die Unternehmen beklagen seit       den-Württemberg versäumt worden?                 so heterogen wie wir es nie für möglich gehal-
       Jahren, dass Schulabgänger nicht rich-         Eisenmann: Das fängt beim datenbasier-      ten hätten, in Klasse eins gibt es Kinder, die
tig lesen und rechnen können. Jetzt sind die     tem Qualitätsmanagement an: Wir haben            bereits lesen können neben anderen, die
Leistungen von Grundschülern aus Baden-          eine Vielzahl an Fördermaßnahmen, aber wie       nicht einmal einen Stift halten können. Dar-
Württemberg bei der jüngsten IQB-Studie          überprüfen wir, ob sie tatsächlich beim Kind     auf müssen wir unsere Fördermaßnahmen
im bundesweiten Vergleich förmlich abge-         ankommen? Welche Unterrichtsformen brau-         abstimmen, und das geht nur, indem wir
stürzt. Also wird es sogar schlimmer statt       chen wir, wie können wir die Lehrerinnen         überprüfen, wo die Kinder tatsächlich stehen
besser. Welche Erklärung haben Sie?              und Lehrer im Umgang mit einer differen-         und wie wir sie so fördern können, dass sie
     Eisenmann: In der IQB-Studie ist Baden-     zierten Schülerschaft unterstützen? Da sind      auf das Niveau kommen, das erwartet wird.
Württemberg in den Kernkompetenzen Le-           andere Länder mittlerweile weiter als wir, und   Und dies konsequent über die gesamte Bil-
sen, Schreiben, Rechnen in Klasse vier von       zwar sowohl Länder wie Bayern, die sich          dungsbiografie von der frühkindlichen Bil-
der Spitzengruppe ins untere Mittelfeld ab-      schon lange oben halten, als auch Hamburg        dung über die Grundschule und die weiter-
gerutscht – das kann uns nicht zufrieden stel-   und Schleswig-Holstein, die früher schwächer     führende Schule. Das sind Maßnahmen, die
len. Wir haben ein Qualitätsproblem, aber        waren, nun aber an uns vorbeigezogen sind.       wir jetzt Schritt für Schritt für Baden-Würt-
dafür gibt es nicht den einen Grund oder         Wir werden Schritt für Schritt daran arbeiten,   temberg entwickeln und umsetzen werden.
den einen Schuldigen. Offenbar haben wir         die Qualität und Leistungsfähigkeit in unse-          Magazin Wirtschaft:Hat man die Schule
uns in den vergangenen 10, 12 Jahren zu          rem Schulsystem wieder zu verbessern.            bei uns in den vergangenen eineinhalb Jahr-
sehr darauf ausgeruht, dass wir Bildungsland          Magazin Wirtschaft:Wie wollen Sie das       zehten vielleicht auch zu sehr zum Experi-
Nummer eins waren und dabei vergessen,           konkret anfangen?                                mentierfeld für unzureichend erprobte
uns weiterzuentwickeln. Dafür hat Baden-             Eisenmann: Zunächst müssen wir festhal-      Lernkonzepte gemacht?
Württemberg jetzt die Rechnung präsentiert       ten, dass das Niveau in Deutsch und Mathe-           Eisenmann: Das kann man wohl nicht be-
bekommen.                                        matik in ganz Deutschland abgesunken ist.        streiten. Nach dem Pisa-Schock Anfang des

6                                                                                                                   MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
LESER-INTERVIEW            MAGAZIN

                                                  ganisierten – Kritik habe ich über unser Bür-         Schommer: Da bin ich völlig bei Ihnen –
                                                  gerportal sowie auf Veranstaltungen mit Leh- es macht keinen Sinn, nur Tablets an die
                                                  rern und Eltern durchweg sehr positive Schüler zu verteilen. Ich meine etwas ande-
                                                  Rückmeldungen bekommen, ganz einfach res: Über den Umgang mit Medien hinaus
                                                  weil viele gemerkt haben, dass ein Kind in fehlt den meisten Jugendlichen ein tieferes
                                                  Klasse drei Probleme bekommt, wenn seine Verständnis für die Informationstechnolo-
                                                  Rechtschreibung zwei Schuljahre lang nicht gie. Dies ließe sich zum Beispiel durch die
                                                  korrigiert wird. In Baden-Württemberg gilt Vermittlung von Grundkenntnissen im Pro-
                                                  Rechtschreibung jetzt wieder ab Klasse eins grammieren fördern. Unsere gesamte Wirt-
                                                  und ich habe volles Vertrauen, dass unsere schaft würde profitieren, weil entsprechende
                                                  Lehrerinnen und Lehrer dies auch so umset- Fachkräfte im Zuge der Digitalisierung nicht
                                                  zen, wie es pädagogisch sinnvoll ist.             nur in der IT-Branche, sondern überall feh-
                                                       Magazin Wirtschaft: Vermitteln unsere len. Tut sich hier nichts, sehe ich die Gefahr,
                                                  Schulen denn genug technisch-naturwissen- dass IT-Unternehmen in Länder wie Estland
                                                  schaftliches Wissen, um dem Fachkräftebe- abwandern, wo man diesen Dingen einen
                                                  darf in einer sich digitalisierenden Arbeits- höheren Stellenwert gibt.
                                                  welt gerecht zu werden? Herr Schommer,                Eisenmann: Dass wir unsere Schüler in
                                                  was meinen Sie?                                   Baden-Württemberg gut für den Arbeits-
                                                      Schommer: Der Fachkräftemangel, der in markt vorbereiten müssen, ist uns bewusst.
                                                  der IT-Branche seit langem besteht, wird Nur muss an unseren Schulen die Allgemein-
                                                  durch die Digitalisierung ja extrem ver- bildung, müssen die Kernkompetenzen klar
                                                  schärft. Wir als kleines Unternehmen haben im Mittelpunkt stehen. Wir können Grundla-
                                                  es da noch einmal schwerer, weil wir mit den gen vermitteln, aber nicht den Informatiker
                                                  Großen um die wenigen am Markt verfügba- bereitstellen, der Ihnen den Betrieb rettet.
                                                  ren Leute kämpfen müssen. Wir setzen des- Nach meinem Eindruck muss man Kinder
                                                  halb sehr stark auf eigene Ausbildung, tun nicht erst für diese Themen begeistern, sie ha-
                                                  uns aber auch hier schwer, geeignete Bewer- ben eine sehr hohe Affinität zur IT, und zwar
                                                  ber zu finden. Aktuell haben wir Ausbil- auch zum Programmieren. Die Probleme lie-
                                                  dungsplätze für Fachinformatiker sowie auch gen eher woanders. Wir haben festgestellt,
                                                  für Kaufleute für Marke-                                            dass sich von den Jugendli-
                                                  tingkommunikation aus-                                             chen, die sich in der Schule
                                                  geschrieben – das Ver-
                                                                                        Es muss klar sein,           auf einen technisch-natur-
Jahrtausends hat sich Baden-Württemberg           hältnis der eingehenden                dass die Technik            wissenschaftlichen Schwer-
sehr am Beispiel internationaler Partner ori-     Bewerbungen ist etwa 5               der Pädagogik folgt.          punkt einlassen, später nur
entiert, die ihrerseits dem Konzept der Kom-      zu 95. Und die wenigen                                             ein sehr geringer Teil be-
petenzorientierung gefolgt sind – also der        Bewerbungen, die für                 „Ersetze Buch durch           ruflich in diese Richtung
Idee, dass es darauf ankommt, was die Kin-        den Fachinformatiker                   Laptop“ ist keine           orientiert – es gibt über-
der können und nicht was sie wissen. Heute        eingehen, sind in ho-                     Pädagogik.               proportional viele Brüche.
stellen wir fest – später als andere Bundes-      hem Maße unqualifi-                                                 Da müssen wir uns in der
länder --, dass wir auch klare Vorgaben brau-     ziert. Wir halten es für                                           Tat überlegen, wie wir es
chen, was ein Kind zum Beispiel nach Klasse       sehr sinnvoll und notwendig, dass an den besser schaffen, eine naturwissenschaftliche
4, Klasse 6, Klasse 8 wissen muss und dass        Schulen das Thema IT wesentlich stärker auf- Neigung in den Beruf zu überführen.
wir dies auch kontrollieren müssen. Insge-        gehängt wird, in einer Weise, die die Jugend-         Magazin Wirtschaft: Kann hier das Fach
samt hat man hier sehr viel in die Wege gelei-    lichen inspiriert, sich vielleicht in diesen Be- Wirtschaft und Berufliche Orientierung
tet, aber wenig evaluiert und wenig korri-        reich zu entwickeln.                              (WBO) ansetzen?
giert, auch wenn es erkennbar in die falsche           Eisenmann: Wir haben in den Gymnasi-             Eisenmann: Ja. Wir haben das Fach Wirt-
Richtung lief.                                    en ab Klasse 7 Informatik eingeführt und schaft, Berufs- und Studienorientierung als
      Magazin Wirtschaft: Meinen Sie damit        werden dies ab dem Schuljahr 2018/19 auf einziges Bundesland im Pflichtkanon einge-
auch die Lernmethode „Schreiben nach Hö-          alle weiterführenden Schulen ausdehnen. führt, während es in allen anderen Ländern
ren“, die Sie gegen Widerstände in der Leh-       Wir entwickeln die gymnasiale Oberstufe freiwillig ist. Es geht dort einerseits um öko-
rerschaft abgeschafft haben?                      weiter und stellen die naturwissenschaftli- nomisches Grundverständnis: Was ist zum
      Eisenmann: Die IQB-Studie 2016 hat          chen Fächer ab 2019 gleichberichtigt neben Beispiel ein Kredit, ein Kreditmarktgeschäft,
mich in dieser Entscheidung in der Tat bestä-     Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen. was sind Tarifpartner, was ist Tarifautonomie.
tigt. Wenn jeder fünfte Viertklässler in Baden-   Die Digitalisierung ist ein Thema und wir ha- Andererseits werden die Jugendlichen dabei
Württemberg nicht den Mindeststandard in          ben quer durch alle Schularten viele Projekte unterstützt, herauszufinden, welcher Beruf
Orthografie erreicht, läuft etwas schief. Wir      zum altersgerechten Medieneinsatz laufen. für sie passt. Als einziges Bundesland haben
haben diese Form der Vermittlung von Recht-       Es muss aber klar sein, dass die Technik der wir auch einen Tag der beruflichen Orientie-
schreibung beendet, und das war die richtige      Pädagogik folgt. „Ersetze Buch durch Lap- rung an allen weiterführenden Schulen einge-
Entscheidung. Neben der – übrigens sehr or-       top“ ist keine Pädagogik.                         führt. Das ganze Thema liegt heute viel

MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                                                                       7
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
MAGAZIN            LESER-INTERVIEW

                                                                                                        A12 auf A13 – das wären rund 400 Euro vor
                                                                                                        Steuern mehr im Monat -- machen einen Be-
                                                                                                        ruf nicht entscheidend attraktiver. Wenn es
                                                                                                        am Geld läge, woher kommt dann Ihr Fach-
                                                                                                        kräftemangel in der IT-Branche? Immerhin
                                                                                                        zahlen Sie ja ganz gute Gehälter.
                                                                                                              Schommer: Geld motiviert immer nur
                                                                                                        kurzfristig, das weiß wohl jeder Arbeitgeber.
                                                                                                        Manchmal spielt es aber doch eine entschei-
                                                                                                        dende Rolle. Wir bekommen das zu spüren,
                                                                                                        wenn wir unsere Leute nach der Ausbildung
                                                                                                        an größere Unternehmen verlieren.
                                                                                                             Eisenmann: Schauen Sie, wir haben zur-
                                                                                                        zeit mehr als 300 voll ausgebildete Grund-
                                                                                                        schullehrer, die jederzeit anfangen könnten
                                                                                                        zu arbeiten. Das würde den Mangel in Baden-
                                                                                                        Württemberg ziemlich genau abdecken. Aber
                                                                                                        die wollen sich nicht binden, weil sie nicht in
                                                                                                        eine ganz bestimmte Stadt oder an eine ganz
                                                                                                        bestimmte Schule kommen. In bestimmten
                                                                                                        Fächerkombinationen bei den weiterführen-
                                                                                                        den Schulen haben wir einen Überhang von
Tim Schommer schildert der Ministerin den Fachkräftemangel in seiner Branche. Der Internet-Unter-
                                                                                                        insgesamt 1500 Bewerbern. Wir haben alle
nehmer setzt alle Hebel in Bewegung, um seinen eigenen Nachwuchs auszubilden.
                                                                                                        angeschrieben, ob sie nicht an Grundschulen
                                                                                                        pädagogische Erfahrung sammeln wollen, bis
stärker in der Verantwortung der Schule als es     man den Beruf des Grundschullehrers nicht            sie in ihrer Schulart einen Platz finden - natür-
früher der Fall war. Allerdings wird es auch       viel attraktiver machen – auch finanziell?            lich mit entsprechend positiver Bewertung im
heute nicht ohne die Eltern gehen – Schule              Eisenmann: Momentan steigen die Schü-           Lebenslauf. Ganze 29 sind darauf eingegan-
kann nicht in allen Bereichen Reparaturbe-         lerzahlen nicht. Man hat es aber in ganz             gen. Mit Geld können Sie hier also nichts aus-
trieb der Gesellschaft sein.                       Deutschland und verstärkt in Baden-Württem-          richten, es sind ganz andere Motive, die den
      Magazin Wirtschaft: Die IHK versucht,        berg vor vier bis fünf Jahren verpasst, sich auf     Ausschlag geben.
möglichst viele Bildungspartnerschaften zwi-       eine Pensionierungswelle einzustellen. Diese              Magazin Wirtschaft: Unter anderem hat
schen Schulen und Unternehmen zu vermit-           erreicht gegenwärtig die Spitze und wird noch        die Schule nun auch den Auftrag bekommen,
teln.                                              die nächsten drei bis vier Jahre spürbar sein.       junge Flüchtlinge auf eine duale Ausbildung
     Schommer: Auch wir haben solch eine           Das ist der Hauptgrund für das augenblickli-         vorzubereiten. Wie geht es hiermit voran?
Bildungspartnerschaft – natürlich nicht nur        che Versorgungsproblem. Erst ab dem Schul-                Eisenmann: Betriebe jeder Größe bemü-
uneigennützig. In der augenblicklichen Situ-       jahr 2020/21 steigen auch die Schülerzahlen,         hen sich sehr, hier Berufsperspektiven zu
ation muss man einfach jede Gelegenheit            darauf reagieren wir jetzt, indem wir die Studi-     entwickeln. Aber es ist sehr schwer, unter
wahrnehmen, junge Leute ins Unternehmen            enkapazitäten erhöhen. Was die Grundschu-            den Flüchtlingen für die duale Ausbildung
zu holen.                                          len betrifft, halte ich das Problem nicht zwin-      zu werben. Sie kennen dieses Modell nicht
      Eisenmann: Die Bildungspartnerschaf-         gend für ein finanzielles. Eine Steigerung von        und wollen lieber gleich Geld verdienen,
ten sowie auch alle Formen von Betriebs-                                                                auch wenn das ihre Zukunftsperspektive ein-
praktika sind sehr gute Modelle, die Schüle-                                                            schränkt. Ein anderes Problem ist, dass man
rinnen und Schüler in Kontakt mit der                Co-Interviewer Tim Schommer                        kaum erwarten kann, Jugendlichen in die-
Arbeitswelt und der Lebenswirklichkeit zu                                    ist Gründer und Inhaber    sem Alter in einem halben Jahr in der Be-
bringen. Den Unternehmern bin ich dafür                                      der Web-Agentur            rufsvorbereitungsklasse (VABO) genug
sehr dankbar, sie lassen die jungen Men-                                     Schommer Media in der      Deutsch beizubringen, um sie im Betrieb zu
schen keineswegs nur Kaffee kochen, son-                                     Stuttgarter City. Inner-   integrieren. Darauf haben wir in Baden-
dern geben sich sehr viel Mühe, sie für einen                                                           Württemberg reagiert, indem wir Flüchtlin-
                                                                             halb eines Jahrzehnts
Beruf zu begeistern. Dass sie das tun, um                                                               ge auch im Beruf weiter mit Sprachförde-
                                                                             hat sich der 41-Jährige
Auszubildende und Nachwuchsmitarbeiter                                                                  rung begleiten. Ob das ausreicht oder
zu gewinnen, ist vollkommen in Ordnung.                                      vom Einzelkämpfer zum      nachjustiert werden muss, werden wir erst
     Magazin Wirtschaft: Frau Dr. Eisenmann,         Chef von 25 Mitarbeitern hochgearbeitet. „Zwi-     noch sehen. Sehr bewährt hat sich die Poten-
Im Sommer überraschten Sie mit der Er-               schenzeitlich waren wir sogar schon einmal 40“,    zialanalyse, die wir schon vor mehr als einem
kenntnis, dass die Schülerzahlen nicht sin-          sagt Schommer, „weil aber passende Fachkräfte      Jahr eingeführt haben, um festzustellen, wo
ken, wie jahrelang vorausgesagt, sondern             kaum zu bekommen sind, mussten wir uns             die Begabungen des einzelnen Jugendlichen
mittelfristig sogar steigen. Dadurch ist auch        wieder verkleinern“. Ein Thema, das im Gespräch    unamhängig vom Alter liegen. Dieses online-
der Lehrerbedarf im Land größer als erwar-           mit der Ministerin eine große Rolle spielt.        basierte System wird jetzt von den anderen
tet, vor allem an den Grundschulen. Müsste                                                              Bundesländern übernommen.

8                                                                                                                          MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
LESER-INTERVIEW    MAGAZIN
Deutsche Bank

    Wer zu spät kommt,
    den bestrafen die Zinsen.

                              Finanzieren Sie jetzt, damit Sie später
                              keine Kompromisse machen müssen.
                              Stärken Sie heute Ihr Geschäft von morgen und nutzen Sie die aktuell
                              günstigen Zinsen. Mit den interessanten Finanzierungsmöglichkeiten
                              der Deutschen Bank für Unternehmen.
                              deutsche-bank.de/gewerbliche-finanzierung
                              Wenn aus Bank Hausbank wird.

   MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                      9
Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
MAGAZIN             KURZ & KNAPP

„Mitspieler” – Skulpturen
im Schloss Dätzingen
  Noch bis 20. Januar sind im Schloss Dätzin-
gen bei Grafenau im Kreis Böblingen Werke
des Stuttgarter Bildhauers Thomas Putze zu
sehen. Menschen, Archetypen und immer

                                                                                                                                                             Foto: Galerie Schlichtenmaier
wieder Tiere sind die Motive der Holzskulptu-
ren, in denen der 49-Jährige diese Teilnehmer
am Spiel des Lebens eindringlich aber oft mit
einer Prise Humor darstellt. Der Ausstellung,
zu der die Galerie Schlichtenmaier einlädt,
gibt dies ihren Titel „Mitspieler“.

 Mehr Info: www.galerie-Schlichtenmaier.de            „Abflug” heißt diese Holzskulptur des Künstlers Thomas Putze mit Atelier in Stuttgart.

                                                       Es wird auch künftig nicht nur eine                     Offenbar haben wir uns in den
                Wahrheiten
                W                                     Antriebsart geben.                                     vergangenen 10, 12 Jahren zu sehr
                aaktuell, denkwürdig                  Günter Baumann,IHK-Ehrenpräsident und                  darauf ausgeruht, dass wir Bildungs-
                                                      Merkur-Preisträger 2017 zur Zukunft der Autobranche    land Nummer eins waren. Dafür
 Nichts ist übler für die Weltwirtschaft                                                                     bekommen wir jetzt die Rechnung.
                                                       Die Forderung nach einer Ausbil-
und für jedes einzelne Land als                                                                              Susanne Eisenmann, Kultusministerin von
                                                      dungsumlage ist nicht nachvollzieh-
Neoprotektionismus.                                                                                          Baden-Württemberg, zum schlechten Abschnei-
                                                      bar. Die Betriebe bieten ja genügend                   den des Landes in der IQB-Studie 2016
 Hätten wir ein normales Zinsumfeld,                  Lehrstellen an, viele sind nach wie vor
hätten wir keine schwarze Null.                       unbesetzt.                                              Ich träume von den Vereinigten
Prof. Stefan Kooths, Leiter des Prognose-Zent-        Johannes Schmalzl, neuer Hauptgeschäftsführer          Staaten von Europa.
rums am Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel       der IHK Region Stuttgart                               Günther Oettinger, EU-Haushaltskommissar

                               Wenn selbst Toiletten inzwischen „unisex“ sein sollen, ist es ein gewagtes Unterfangen, für Frauen und Männer zwei
                             getrennte Bücher zum Thema Business-Knigge aufzulegen. Schlägt man sie auf, sind beide Bücher allerdings inhaltlich
                             fast deckungsgleich oder sogar wortgleich. Einzig in der Rubrik „Dresscode“ sind manche Passagen – naturgemäß – un-
                             terschiedlich. Und bei den häufigsten Benimmfallen gibt es einen Tipp mehr für Männer: Sie sollen nicht zu lange mit
                             der Gattin des Chefs tanzen (aber die Geschäftsfrau darf das mit dem Gatten der Chefin?). Insgesamt aber sind die Bü-
                             cher durchaus nützlich, weil sie eine grundlegende Übersicht enthalten, was heute in Sachen Benimm im Geschäftsle-
                             ben erwartet wird. Gerade für Berufseinsteiger nach dem normalerweise recht lässigen Uni-Leben ist die Lektüre des-
                             halb empfehlenswert. Ein gemeinsamer Band für beide Geschlechter hätte es aber auch getan.
                             Business Knigge für Frauen. Sicher auftreten im Beruf. / Business-Knigge für Männer. Mehr Erfolg durch gute Manieren.Anke Quittschau
                             und Christina Tabernig, Haufe-Verlag, Freiburg 2017, je 190 Seiten, je 19,95 Euro, ISBN 978-3-648-09660-4 und 978-3-648-09666-6

  Sei es die Hummel, die nach den Gesetzen der Physik angeblich nicht fliegen kann, oder der Kugelschreiber für
den Weltraum, den die NASA für eine Million Dollar entwickelt haben soll, während die russischen Kosmonauten
einfach Bleistifte benutzten – eine verblüffende Anekdote würzt jeden Vortrag. Schade nur, dass sich so manche in
Luft auflöst, wenn man ihr einmal nachgeht. Die Autoren, die beide selbst als Trainer arbeiten, haben die Entste-
hungsgeschichte von gut 20 Motiven, die uns aus Vorträgen, Literatur und Medien wohlbekannt sind, als moderne
Mythen entlarvt. Sie plädieren für einen kritischeren Umgang mit Geschichten, die man nur vom Hörensagen kennt
und die meist allzu gut sind, um wahr zu sein.
Bullshit Busters. Irrtümer und Mythen aus Vorträgen, TV und Büchern. Christoph Wirl und Axel Ebert. Goldegg-Verlag, Wien 2017,
224 Seiten, 22,00 Euro, ISBN 978-3-99060-035-1

10                                                                                                                                MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
Personalien
                                          Neue Namen und Gesichter in den                                                 Stefan Euchner
                                          Chefetagen der Region                                                           Geschäftsführer der
                                                                                                                          Euchner GmbH + Co. KG
                                                                                                                          Leinfelden-Echterdingen

                                              Andreas Claussen (54) unterstützt seit Okto-
                                              ber das Team des Personalberaters Capera
                                              am Standort Stuttgart. Der Outplacement-
                                       und Karriereberater soll als Partner der Gruppe Un-                      Sagen Sie mal,
                                         ternehmen im Trennungsmanagement sowie Pri-
                                            vatpersonen bei der beruflichen Neuorientie-                        Herr Euchner …
                                               rung begleiten. Claussen sammelte nach sei-
                                                  nem Studium der Betriebswirtschaftslehre
                                                    langjährige Erfahrungen in der Mitar-                 … wen fragen Sie außerhalb des
                                                     beiterführung. Zuletz war er als freier            Unternehmens um Rat?
                                                     Berater und Kooperationspartner der                Meine Tochter und meine
                                                     „Personalmanagement Service GmbH“                  Familie.
                                                     in Berlin tätig.                                   .
                                                                                                          … was wollten Sie als Kind
                                                                                                        werden?
       Karsten Wagener (51) ist in die Geschäftsführung der                                             Als Kind hat mich der Beruf
       GKG Mineralölhandel GmbH & Co. KG berufen wor-                                                   des Börsenmaklers fasziniert.
       den. Wagner arbeitet schon seit Mai als Verkaufsleiter                                           Die Körpersprache hat mich tief
und Prokurist für das Unternehmen und ist für die Produkt-                                              beeindruckt.
bereiche Mitteldestillate und „Heizöl Schwer“ verantwort-
lich. Diese Zuständigkeit behält er auch in der Geschäftsfüh-                                             … was halten Sie für die größte
rung. Wagner verfügt über 27 Jahre Branchenerfahrung,                                                   Erfindung der Menschheit?
unter anderem bei Esso, Petroplus und Calpam.                                                           Also von der Idee Europa bin ich
                                                                                                        begeistert.

                                       Domenico Iacovelli soll neuer Vorstandsvorsitzender               … was war ihr schönster Erfolg?
                                       der Göppinger Schuler AG werden. Seine Wahl zum                  Als Unternehmen das Jahr 1993
                                       Nachfolger des bisherigen Schuler-Chefs Stefan Kle-              überlebt zu haben.
                                 bert ist für die Hauptversammlung im April vorgesehen. Ia-
                                 covelli ist bereits seit November stellvertretender Vorsitzen-          … vor welcher Persönlichkeit aus
                                 der des Vorstands und für Vertrieb zuständig. Der 41-Jährige           der Geschichte haben Sie den
                                 war zuletzt in der Schweiz für den österreichischen Andritz-           meisten Respekt?
                                 Konzern tätig, zu dem auch Schuler gehört. Klebert (52)                Richard von Weizsäcker.
                                 verlässt Schuler nach mehr als sieben Jahren an der Unter-
                                 nehmensspitze im Einvernehmen.                                          … was vermissen Sie in der
                                                                                                        Region Stuttgart?
                                                                                                        Das Meer.
     Volker Wintergerst, Ge-
     schäftsführer der Winter-                                                                           … was ist Ihr Lebensmotto?
     gerst Societät für Unterneh-                                                                       „La vie est dure sans confiture“
mer-Beratung in Stuttgart, ist in                                                                       und: „La vie est belle“
den Aufsichtrat des Softwareent-
wicklers LucaNet AG berufen
worden. Das Berliner Unterneh-
men expandiert derzeit sehr stark
international. Wintergerst soll
                                                                                                    Personalnachrichten für das Magazin
die Globalisierungsstrategie im                                                                   Wirtschaft: Gibt es auch in Ihrem Unter-
Aufsichtsrat unterstützen. Neben                                                                  nehmen personelle Veränderungen auf
Standard-Software bietet Luca-                                                                    der Führungsebene? Wir veröffentlichen
Net auch Weiterbildung und Be-                                                                    Ihre Nachricht gerne. Senden Sie einen
ratung für Praktiker im Rech-                                                                     kurzen Text mit Bild an
nungswesen an.                                                                                    presse@stuttgart.ihk.de

MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                                                                     11
MAGAZIN       TITELTHEMA

       TITELTHEMA

         Andreas und Claudia Negele vom Küchen-
         haus Negele in Winnenden schätzen es,
         dass sie sowohl für Handwerks- als auch
         für Handelsfragen die richtigen und
         kompetenten Ansprechpartner in der
         jeweiligen Kammer finden. Wie bei allen
         Porträtierten hängen Urkunden beider
         Kammern an prominenter Stelle in den
         Geschäftsräumen
         Fotos: Annette Wandel

12                                                 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
TITELTHEMA          MAGAZIN

         Doppelt vernetzt
                                                                      Dunkler Anzug, schwarze Lederschuhe,
                                                                      ein dezent kariertes Hemd – so emp-
                                                                      fängt Ludger Wendeler in seinem Büro
                                                                in Uhingen. Ein klassischer Wirtschafts-
         Von den circa 160 000 IHK-Mitgliedsunternehmen
                                                                wissenschaftler eben. Dass der geschäftsfüh-
         sind circa 11000 gleichzeitig Mitglied in der Hand-    rende Gesellschafter der Burger Schloz
         werkskammer. Wir haben vier dieser Doppel-             Automobile GmbH & Co. KG sein Unter-
         mitglieder gefragt, was sie davon halten und was sie   nehmen in der IHK-Bezirksversammlung
         davon haben.                                           Göppingen vertritt, überrascht deshalb
                                                                nicht. Schon eher, dass er seit 18 Jahren Vor-
                                                                stand der KFZ-Innung Göppingen und seit
                                                                drei Jahren zusätzlich auch noch Obermeis-
                                                                ter der Kfz-Innung in der Kreishandwerker-
                                                                schaft Göppingen ist.
                                                                   IHK und Handwerk – ist man nicht ent-
                                                                weder das eine oder das andere? Tatsächlich
                                                                gibt es noch eine dritte Möglichkeit: Ein Un-
                                                                ternehmen ist sowohl Mitglied bei der IHK
                                                                als auch bei der Handwerkskammer. Der Fall
                                                                ist gar nicht so selten. Von den 160 000 Mit-
                                                                gliedsunternehmen der IHK Region Stutt-
                                                                gart sind das immerhin circa sieben Prozent,
                                                                also um die 11 000.

                                                                Der Gesetzgeber regelt, wer zu
                                                                welcher Kammer gehört
                                                                   Grundlagen für diese Doppelmitglied-
                                                                schaft sind das Gesetz zur vorläufigen
                                                                Regelung des Rechts der Industrie- und
                                                                Handelskammern (IHKG) und das Gesetz
                                                                zur Ordnung des Handwerks (HwO). Insbe-
                                                                sondere die Anlagen A und B über zulassungs-
                                                                pflichtige Handwerke, zulassungsfreie Hand-
                                                                werke und handwerksähnliche Gewerbe sind
                                                                entscheidend.
                                                                   Aber wie läuft die Zuordnung eigentlich
                                                                ganz konkret ab und wer entscheidet, mit
                                                                welchem Anteil ein Unternehmen zu welcher
                                                                Kammer gehört? Für die IHK ist das zum
                                                                Beispiel Frank Ehmann von der Bezirks-
                                                                kammer Böblingen. „Wenn jemand ein Ge-
                                                                werbe bei seiner Gemeinde anmeldet oder
                                                                eine Firma ins Handelsregister eintragen
                                                                lässt, bekommen die regional zuständigen
                                                                Kammern automatisch Bescheid“, erklärt er.
                                                                Anhand des Unternehmensgegenstandes
                                                                kann er erkennen, zu wem „der Neue“ ge-
                                                                hört. Eine Bäckerei ist ganz klar ein Hand-
                                                                werk, ein Modegeschäft wird IHK-Mitglied.
                                                                Alles ganz eindeutig.
                                                                   Kompliziert wird es, wenn der Bäcker
                                                                nicht nur Brot und Brötchen backt, sondern
                                                                auch einen kleinen Lebensmittelladen führt.
                                                                Der würde zur IHK gehören.
                                                                   Abgegrenzt wird das Handwerk aber nicht
                                                                nur zum Handel, sondern auch zur Indust-
                                                                rie. Wichtigstes Kriterium dabei ist, ob die
                                                                ausgeübte Tätigkeit ein Handwerk ist.

MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                                  13
MAGAZIN            TITELTHEMA

                                                                                                  Jahr liegt. Darunter wird keine IHK-Umlage
                                                                                                  fällig. Der Bäcker, der noch Milch und Kaffee
                                                                                                  im Sortiment hat, muss also keine IHK-Um-
                                                                                                  lage zahlen.
                                                                                                     Wie aufgeteilt wird, wenn eine Umlage für
                                                                                                  beide Kammern zu zahlen ist, erklärt
                                                                                                  Ehmann anhand eines Beispiels: „Wenn ich
                                                                                                  eine Autohaus Ehmann GmbH gründen
                                                                                                  würde, die die Hälfte mit Fahrzeugverkauf
                                                                                                  und die andere Hälfte mit Reparatur ver-
                                                                                                  dient, würde mein Umsatz rechnerisch 60 zu
                                                                                                  40 zugunsten der HWK aufgeteilt.“. Wieso
                                                                                                  nicht 50:50? „Im Korridor zwischen 5 und 60
                                                                                                  Prozent Handwerksumsatz erhält die HWK
                                                                                                  einen Bonus von zehn Prozent, erklärt der
                                                                                                  IHK-Mann. Das ist das Ergebnis einer Ab-
                                                                                                  sprache zwischen den beiden Kammern und
                                                                                                  auch zwischen den entsprechenden Dach-
                                                                                                  organisationen, die dazu einen Leitfaden
                                                                                                  entwickelt haben. Überhaupt, darauf legt
                                                                                                  Ehmann großen Wert, funktioniert das
                                                                                                  Ganze in enger Absprache mit den Kollegen
                                                                                                  von der Handwerkskammer. Und in Zweifels-
                                                                                                  fällen wird einfach mal zum Telefonhörer
                                                                                                  gegriffen.

Ludger Wendeler vom Autohaus Burger Schloz in Uhingen gefällt seine Doppelrolle als Miglied von
IHK-Bezirkskammer und der Kfz-Innung, weil sie ihm Einblicke in beide „Denken“ ermöglicht.        Im Stil gibt es kaum Unterschiede
                                                                                                  Klassischer Fall für so eine Doppelmitglied-
Dabei bedeutet Handwerk nicht, dass mit           Handwerkskammer seinen Beitrag zahlen.          schaft sind Autohäuser. Burger-Schloz zum
der Hand gearbeitet wird – das wird ja            Er ist dann zwar auch IHK-Mitglied, aber ein    Beispiel beschäftigt circa 400 Mitarbeiter in
schließlich überall – sondern dass die Tätig-     beitragsfreies“, erklärt IHK-Mann Ehmann.       sechs Niederlassungen im Remstal und im
keit in dem schon erwähnten Absatz der            Anders sieht es bei ins Handelsregister ein-    Filstal. Die Mehrheit der Beschäftigten arbei-
Handwerksordnung aufgeführt ist. Für              getragenen Unternehmen aus. Sie müssen          tet bei Service und Reparatur. Aber auch im
Bäcker trifft das zu.                             den IHK-Grundbeitrag und den HWK-               Verkauf von PWKs, LKWs und Bussen ist das
                                                  Grundbeitrag entrichten, der übrigens um        Traditionsunternehmen stark. Der Service-
Kleine Mischberiebe müssen nur bei                einiges darüber liegt. Der Grund: Bei der       Anteil gehört zur Handwerkskammer, der
der Handwerkskammer Beitrag zahlen                IHK gibt es mehr Großunternehmen, und           Verkaufsanteil zur IHK.
                                                  die finanzieren die kleinen mit.                    Das ist auch der Grund für Wendelers
Für die Abgrenzung spielt die Mitarbeit des         Die Umlage wird dagegen aufgeteilt, wenn      doppeltes Engagement, und ihm gefällt diese
Chefs, der Einsatz von Maschinen, die             der IHK-pflichtige Handelsumsatz des             Zwitterrolle, weil sie ihm Einblick in beide
Arbeitsteilung oder eine Serienfertigung          Mischunternehmens über 130 000 Euro pro         „Denken“ vermittelt. Bei Interessensüber-
weiterhin eine wichtige Rolle, allerdings                                                         schneidungen kann er die jeweils andere Per-
kommt es sehr auf den Einzelfall an. Denn                                                         spektive mit in die Diskussion einbringen.
inzwischen wird auch im Handwerk anders                                                              Zwar kosten ihn die ehrenamtlichen Auf-
gearbeitet als noch vor 20 Jahren. Der Chef                        IHK-INFO                       gaben einiges an Zeit, er bekomme aber auch
ist auch dort nicht mehr unbedingt mit in                          ZUR MITGLIEDSCHAFT             eine Menge zurück: „Viele Infos erhalte ich
der Backstube, sondern kümmert sich um                                                            so frühzeitig und aus erster Hand. Außer-
Akquise und Verwaltung, und ohne Maschinen          Wer nach der LLektüre dieses Beitrags mehr    dem bin ich in für uns wichtige Thematiken
geht sowieso gar nichts mehr.                       über das Thema wissen möchte, kann sich       von Anfang an eingebunden.“ Als Beispiel
                                                    auf der Homepage der IHK informieren:
   Im Landkreis Böblingen kommt es unge-                                                          nennt er den Mindestlohn, den er zwar befür-
fähr 50 bis 60 Mal im Jahr vor, dass der „Neu-        Gehört mein Unternehmen zur IHK             wortet, dessen praxisfernen Verwaltungsauf-
ling“ gemischtgewerblich tätig sein wird.             oder zurm Handwerk?                         wand er aber gern entbürokratisieren möch-
Dann wird der Beitrag unter den Kammern               www.stuttgart.ihk.de, Nr. 381               te. Ein Thema übriges, das Handwerker wie
aufgeteilt. Unterschieden wird dabei, ob es           Leitfaden Abgrenzung                        IHK-Mitglieder gleichermaßen angeht: „Ich
sich bei dem Mischbetrieb um einen Kleinge-          www.stuttgart.ihk.de, Nr 674452              halte es für sehr wichtig und richtig, dass wir
werbetreibenden handelt, also jemanden,               IHK-Zugehörigkeit und Mitglieds             an einem Strang ziehen“.
                                                      beiträge
der nicht ins Handelsregister eingetragen ist.        www.stuttgart.ihk.de, Nr. 4807                 Geht er zu Handwerker-Veranstaltungen
„Dann       muss     er    nur     bei     der                                                    eigentlich auch im feinen Zwirn? „Klar,

14                                                                                                                  MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
TITELTHEMA           MAGAZIN

doch, da mache ich keinen Unterschied“,             sowohl in Handwerks- wie in IHK-Berufen            die Lehrverträge online eintragen und be-
lacht Wendeler, und im Übrigen falle er auch        aus – zur Zeit insgesamt 90 junge Leute.           arbeiten, bei der HWK geht das bisher noch
dort mit seiner Kleidung nicht besonders               Denn wie BurgerSchloz ist auch die Held-        nicht. Grundsätzlich sind die Bedingungen
auf. Gibt es überhaupt keine Unterschiede?          ele GmbH ein gemischtgewerbliches Unter-           aber gleich, denn Grundlage sind die Ausbil-
„In unserer Innung gibt es viele kleinere Fami-     nehmen. Als Adolf Heldele seine Elektroins-        dungsordnungen, und die sind bundes-
lien- betriebe, in denen der Chef noch selber       tallationsfirma 1964 gründete, war sie aller-       einheitlich geregelt.
mit schraubt“, hat Wendeler festgestellt. Au-       dings noch ein reiner Handwerksbetrieb. In           Macht es für die Azubis selber eigentlich
ßerdem drehe sich natürlich alles um ein            den 70ern kam der Schaltschrankbau dazu, s         einen Unterschied, ob sie einen Handwerks-
Thema, nämlich Kraftfahrzeuge. In der IHK-          päter die Telefonie und die Automatisie-           beruf oder einen IHK-Beruf erlernen? „Die
Bezirksversammlung seien dagegen größere            rungstechnik – alles IHK-Bereiche.                 Ausbildungsvergütung liegt bei IHK-Berufen
Unternehmen vertreten, die meist auch ein                                                              höher“, hat Heldele-Geschäftsführer Bernd
weiteres Einzugsgebiet hätten und natürlich                                                            Forstreuter festgestellt, „bei Ausbildungen,
fast alle in unterschiedlichen Branchen un-                   Viele Infos erhalte                      die von beiden Kammern angeboten wer-
terwegs seien. Auch die Schwerpunkte unter-                    ich so frühzeitig und                   den, ist sie aber selbstverständlich gleich
schieden sich. Im Handwerk beispielsweise                                                              hoch. Und wenn man dann Facharbeiter ist,
sei die Schwarzarbeit ein großes Thema, bei                    aus erster Hand.                        spielt das zumindest bei uns keine Rolle
der IHK spiele die Infrastruktur dagegen                                                               mehr.“ Inhaltlich seien die Berufe auch eben-
eine Hauptrolle. Ansonsten unterschieden              Sieben verschiedene IHK-Berufe und drei          bürtig. Imagemäßig gebe es allerdings tat-
sich die Treffen allerdings kaum, allenfalls        verschiedene Handwerksberufe kann man              sächlich Unterschiede, zumindest bei den
sei der Ton bei den Handwerkern manchmal            bei Heldele lernen. Die drei Ausbilder sind        Dualen Studenten: „Wenn die sehen „BWL
etwas direkter.                                     gleichzeitig als Prüfer tätig, zwei für die        für das Handwerk“, machen viele Abiturien-
   Keine Unterschiede gebe es auch beim             Handwerkskammer, einer für die IHK. Forst-         ten gleich kehrt“, hat er schon beobachtet.
wichtigsten Thema beider Kammern: der               reuter und Wahl haben sie nach möglichen
Dualen Ausbildung: „Da haben wir beide              Unterschieden gefragt und folgende Aus-            Bei der Ausbildung sind die
dieselben Interessen, vor allem, dass die Poli-     sagen erhalten: Größter Unterschied sei dem-       Kammern wichtige Ansprechpartner
tik den Trend hin zum Studium nicht noch            nach, dass die Zwischenprüfung bei ihren
weiter fördert, zum Beispiel durch Mittelver-       IHK-Kaufleuten ohne gestreckte Prüfung              Wie gesagt, das ist eine Imagefrage, gegen
schiebung hin zu den Hochschulen“, erklärt          nicht zur Endnote zählt, bei ihren HWK-            die Heldele zusammen mit der Handwerks-
der Auto-Mann.                                      Prüflingen dagegen mit 25 Prozent. Außer-           kammer ein neues Instrument entwickelt
   Läuft eine Ausbildung bei der Handwerks-         dem müssen HWK-Lehrlinge bis zu zehn               hat: „ElektroPlus“. Es richtet sich in erster
kammer eigentlich genau so ab wie bei der           (kostenpflichtige) Wochen in einer über-            Linie an Studienabbrecher, aber auch an
IHK? Wilhelm Wahl und Bernd Forstreuter             betrieblichen Lehrwerkstatt absolvieren. Bei       (Fach-)Abiturienten die in drei Jahren zum
Geschäftsführer der Heldele GmbH müssen             der IHK gibt es diese Pflicht nicht. Und ganz       Meister im Bereich „Elektroniker für Ener-
so etwas wissen, denn die Salacher bilden           praktisch: Bei der IHK kann man inzwischen         gie- und Gebäudetechnik“ geführt

Wilhelm Wahl und Bernd Forstreuter (v.l) sind stolz darauf, dass die Heldele GmbH in sieben verschiedene IHK-Berufe und in drei verschiedenen
Handwerksberufen insgesamt 90 junge Leute ausbildet.

MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                                                                        15
MAGAZIN            TITELTHEMA

werden. Mit der IHK ist Heldele in Sachen
Bildungspartnerschaft unterwegs. „Außer-
dem nutzen wir gern die vielen Veranstaltun-
gen, besonders im Bereich IT“, erzählt Forst-
reuter. Darüber hinaus ist das Unternehmen
im Prüfungsausschuss vertreten und enga-
giert sich im Innovationszirkel Göppingen
und bei Mechatronik e.V.
In IHK und Handwerk engagieren sind auch

                                                  Foto: Tom Bässler
Andreas und Claudia Negele. Das Küchen-
haus mit Schreinerei des Geschwisterpaares
ist ein Familienbetrieb seit 1950 – und zwar
ein Familienbetrieb reinsten Wassers, denn
nicht nur Großeltern, Eltern und Kinder samt
Ehepartnern sind oder waren im Haus
tätig, sondern auch Tanten, Onkel und Cousinen.
Und irgendwie mit zur Familie gehören auch
die über 40 Angestellten, denn nicht wenige       Die Druckerei Mack von Hans-Jürgen und Mathias Mack ist als reiner Handwerksbetrieb gestartet, aber
von ihnen konnten schon ihr 10-, 20- oder gar     heute zu 95 Prozent IHK-zugehörig.
25-jähriges Betriebsjubiläum feiern.
Firmengründer Eugen Negele wollte eigent-         Negeles? „Nein, gar nicht, für uns ist die           Und das Schönste für den stark einge-
lich Lehrer werden. Kriegsbedingt wurde           Symbiose aus Handwerk und Handel das               spannten Firmenchef und Familienvater:
aber nichts daraus und so machte er sich mit      Erfolgsrezept!“, sagt Firmenchef Andreas           „Für mich sind die WJ-Treffen Freizeit, nicht
den Maschinen seines Schwiegervaters als          Negele. Am Handwerksteil gefällt ihm beson-        Arbeit!“ Und das, obwohl er als Betreuer der
Schreiner selbständig. Wie damals üblich          ders, dass körperliche Arbeit noch großes          Sponsoren ein durchaus anspruchsvolles
baute er die Küchen zunächst selber. Als der      Ansehen genießt. Im Handel dagegen reizen          Ehrenamt bekleidet.
Trend zu Markenprodukten ging, sprang             ihn und seine Schwester die Möglichkeiten
Negele auf den Zug auf und verkaufte fortan       des Marketings, das wiederum im Handwerk           Auch der Betreib profitiert vom
auch Küchen von Leicht, Zeyko und                 eine geringere Rolle spielt. Insgesamt seien       Engagement
Systhema.                                         die Fragen und die Herausforderungen für
                                                  beide Bereiche ganz unterschiedlich. Da sei          Auch wenn Andreas Negele sein WJ-Engage-
Symbiose aus Handwerk und                         es gut, dass in der jeweiligen Kammer die          ment als Hobby sieht, profitiert auch der
Handel als Erfolgsrezept                          entsprechenden Fachleute säßen. „Bei Prob-         Betrieb davon. Nicht nur, weil die WJ-Freunde,
                                                  lemen seid ihr Super-Ansprechpartner!“ lobt        wenn sie eine Küche brauchen, natürlich zu
Heute bekommen die Kunden ein Rundum-             Claudia Negele.                                    ihm kommen, sondern auch, weil sich immer
paket von der Beratung über das Aufmaß bis           Sie engagiert sich bei den „Unternehmer-        wieder Synergien ergeben. So gab es im
zur Montage und können ihre zukünftige            frauen im Handwerk“ und VDS-Unterneh-              Negele-Küchenhaus bereits ein Event mit
Küche auch vorher schon in der 3D-Ansicht         merinnen-Netzwerk. Für sie ist der Austausch       einem Winzer und Cross-Selling-Aktion mit
betrachten. „Das Besondere bei uns ist, dass      mit Menschen in ähnlicher Situation beson-         einem italienischen Lebensmittelhändler.
jeder Kunde vom ersten Kontakt bis zur            ders wichtig – und der Vergleich: „Für mich        Überhaupt, so sind Negeles überzeugt, kann
Rechnungsversendung vom selben Berater            ist es schön zu sehen, dass wir gut aufgestellt    man zusammen einfach mehr stemmen. Die
betreut wird“, erzählt Claudia Negele, die für    sind.“ Ihr Bruder, der seit drei Jahren bei        Azubi-Challenge zum Beispiel, ein Event für
Organisation und Marketing zuständig ist.         den Wirtschaftsjunioren (WJ) ist, der Nach-        Auszubildende aus dem Rems-Murr-Kreis,
Zusammengearbeitet wird dabei nicht nur mit       wuchsorganisation der IHK, hat dort ähn-           das Spaß und Sport verbindet. „Allein kön-
einem Steinmetz, mit Maler und Elektriker,        liche Erfahrungen gemacht: „Da kann ich            nen wir unseren Azubis doch so etwas gar
sondern auch mit der eigenen Schreinerei.         mich mit Leuten austauschen, die in einer          nicht bieten!“, weiß er. „Und unser neuer
  Also ein klassisches gemischtgewerbliches       ähnlichen Situation sind wie ich und unge-         Fotograf ist auch ein Wirtschaftsjunior“, er-
Unternehmen. Ist das ein Problem für              fähr gleich alt“, freut er sich.                   gänzt seine Schwester.

16                                                                                                                      MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
TITELTHEMA          MAGAZIN

   Küchen sind übrigens ein kniffliges Thema        der handwerklichen zur industriellen Dru-       Schritten konfigurieren und dabei aus 300
bei der Abgrenzung zwischen Handel und             ckerei und Buchbinderei. Seit zehn Jahren       Stanzformen auswählen. Da haben wir ein
Handwerk. Stellt ein Unternehmen Fertig- oder      setzen die Digitalisierung und vor allem die    Alleinstellungsmerkmal.“ Alle das hat dazu
Einbauküchen nur auf, handelt es sich nicht um     mobilen Endgeräte auch diesem Geschäfts-        geführt, dass der ehemals reine Handwerks-
ein Handwerk und auch nicht um ein hand-           modell immer stärker zu.                        betrieb nun zu 95 Prozent IHK-zugehörig ist.
werksähnliches Gewerbe, zumindest solange            Mack reagierte zweigleisig. Einerseits wur-
keine Elektro-, Gas- und Wasseranschlüsse da-      de das Angebot in Richtung Dienstleistung       „Konkurrenz belebt das Geschäft“
zugehören. Das Unternehmen ist also IHK-           ausgebaut: Mit Hilfe eines Marketingportals
Mitglied. Anders wenn eine wesentliche Teil-       und Tools wie Web-to-Print kommen die Kun-         Und was sagen nun unsere Protagonisten
tätigkeit Änderungs- und Anpassungsarbeiten        den schneller und einfacher an Kataloge und     selber zum Thema gemischtgewerbliche
eines Schreiners erfordert. Das spricht für eine   andere Druckerzeugnisse. Über das Portal        Unternehmen? „Das ist historisch gewachsen
Doppelmitgliedschaft – so wie bei Negele.          können sie aber auch ihr gesamtes Marketing-    und vom Gesetzgeber auch so gewollt“, sagt
   Es gibt aber auch den Fall, dass sich ein                                                       Burger-Schloz-Geschäftsführer         Ludger
Unternehmen im Laufe seiner Existenz von                                                           Wendeler. Andreas und Claudia Negele
einer Kammerzugehörigkeit zur anderen hin                     Für mich sind die                    schätzen es, dass sie sowohl für Handwerks-
bewegt. Ein Beispiel dafür ist die Druckerei                  WJ-Treffen Freizeit,                 als auch für Handelsfragen die richtigen und
Mack GmbH in Schönaich. „Meine Eltern                                                              kompetenten Ansprechpartner in der jeweili-
haben den Betrieb 1958 als Buchbinderei                         nicht Arbeit!                      gen Kammer finden. Und Wilhelm Wahl, ge-
gegründet“, erzählt Geschäftsführer Mathias                                                        schäftsführender Gesellschafter von Heldele
Mack. Knapp 60 Jahre ist das her – in der          material verwalten, lagern und versenden las-   meint: „Konkurrenz belebt das Geschäft.“
Branche eine Ewigkeit. Entsprechend hat            sen, also beispielsweise Give-aways. Zweites
sich auch die Firma Mack mit ihren 55 Mitar-       Standbein ist Mappenwagner, ein Unterneh-
beitern weiterentwickelt: In den 60er Jahren       men, das Mack vor zehn Jahren kaufte und                            Dr. Annja Maga
kam die Offsetdruckerei dazu, die sich auf         das auf die Herstellung von hochwertigen Pa-                        IHK Region Stuttgart
das Drucken von Bedienungsanleitungen,             piermappen spezialisiert ist. Das Besondere,                        annja.maga@stuttgart.
Verzeichnissen und anderer Infobroschüren          und darauf ist Mack besonders stolz: „Die                           ihk.de
spezialisierte. Das war der erste Schritt von      Kunden können die Mappen online in fünf
ANZEIGE

MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17                                                                                                                       17
RAT & TAT

                                                                     Preisauszeichnungspflicht im Schaufenster
                                                                     Der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 29/15) hat unter Berücksichtigung und
                                                                     Anwendung der aktuellen europäischen Gesetzgebung (EU-Preisangaben-
                                                                     richtlinie 98/6/EG) die Preisauszeichnungspflicht für im Schaufenster ausge-
                                                                     stellte Ware faktisch abgeschafft. Die Preisangabenverordnung regele nur
                                                                     noch die Art und Weise, in der eine Preisangabe bei sichtbar ausgestellten
                                                                     Waren zu erfolgen habe (zum Beispiel einschließlich der Mehrwertsteuer),
                                                                     nicht aber, dass überhaupt eine solche Preisauszeichnung erfolgen müsse.

                                                                     www.stuttgart.ihk.de, Nr. 3876714

                Telegramm Meldungen für den Mittelstand
                Aktuelle Tipps und unternehmensrelevante Kurzmeldungen

    74 Prozent der Berufstätigen in Baden-           Interaktive Sanktionslandkarte der EU:           Lage der IT-Sicherheit in Deutschland
Württemberg können die Digitalisierung zu      Der Bereich Exportkontrolle ist komplex.          2017: Das Bundesamt für Sicherheit in der
wenig mitgestalten: Bereits 66 Prozent aller   Um sich im Embargo-Wirrwarr einen Über-           Informationstechnik (BSI) beschreibt die
Berufstätigen in Baden-Württemberg füh-        blick zu verschaffen, wurde die „Sanctions        aktuelle IT-Sicherheitslage, die Ursachen
len sich von der Digitalisierung betroffen.    Map” entwickelt. Mittels leicht verständli-       von Cyber-Angriffen sowie die verwendeten
Nur zwölf Prozent haben gar keine Berüh-       cher Symbole können exportorientierte Un-         Angriffsmittel und -methoden und gibt
rungspunkte mit digitalen Technologien –       ternehmen sich schnell einen Überblick zu         Tipps, wie man sich schützt. Vor allem die
im Gegensatz zu 18 Prozent im bundeswei-       Sanktionen und Maßnahmen im jeweiligen            gestiegene Zahl an IT-Sicherheitsvorfällen
ten Vergleich. Was jedoch seitens der          Zielland verschaffen. Die Sanktions-Land-         mit Erpressungssoftware (Ransomware)
Arbeitnehmer häufig bemängelt wird: Die         karte beinhaltet außerdem betroffene              zeigt, dass Cyber-Kriminelle hier eine Mög-
Erwerbstätigen in Baden-Württemberg wer-       Firmen, Güter und Personen. Zusätzlich            lichkeit gefunden haben, in großem Um-
den zu wenig in die Gestaltung der Digitali-   können die zugrunde liegenden Rechtsakte          fang Geld zu erpressen. Zudem spielt der
sierung einbezogen. 35 Prozent können          abgerufen werden. In Auftrag gegeben              „Faktor Mensch“ eine zunehmende Rolle:
überhaupt keinen Einfluss nehmen, 39 Pro-       wurde die Karte von Estland, das derzeitig        Phishing-Angriffe, bei denen gezielt einzel-
zent nur in geringem Maße. Das hat das         den europäischen Ratsvorsitz innehat und als      ne Mitarbeiter angeschrieben wurden, sind
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft      Musterbeispiel gelungener Digitalisierung         häufiger als in den letzten Jahren zu beob-
und Organisation IAO ermittelt.                gilt. www.stuttgart.ihk.de, Nr. 3879596           achten www.stuttgart.ihk.de, Nr. 3543944

18                                                                                                                  MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.17
Sie können auch lesen