AUSBILDUNG WIRD DIGITAL - Alexander Steireif GmbH
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März 2019 Stuttgart · Böblingen · Esslingen-Nürtingen · Göppingen · Ludwigsburg · Rems-Murr
Ein Service der IHK für Unternehmen in der Region Stuttgart
AUSBILDUNG
WIRD DIGITAL
Seite 12
LUFTREINHALTUNG Interview
mit Verkehrsminister Winfried
Hermann SEITE 8
KONJUNKTUR Risiken sorgen für
gedämpfte Zuversicht SEITE 19
DIGITALISIERUNG Wie viel davon
braucht der Mittelstand? SEITE 22
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S T U T T G A RT S T R A H L E R K G
EDITORIAL
» Digitalisierung macht
berufliche Bildung attraktiver. «
Bereits vor einigen Jahren haben sich schwung und stellt die Digitalisierung im
Bildungsexperten intensiv mit der Frage Land damit auf einen sicheren Boden. Die
beschäftigt, wie stark sich die betrieb- regionale Wirtschaft ist in diesen Prozess
liche Berufsbildung durch die digitale über Kooperationen und Sponsoring eng
Transformation verändern wird. Schon eingebunden.
damals waren erste Veränderungen in
Ausbildungsberufen spürbar. In der Zwi- Aber nicht nur die betriebliche Ausbil-
schenzeit ist die Digitalisierung vollstän- dung wird zunehmend digital. Auch in
dig in der betrieblichen Ausbildung ange- der Weiterbildung hat sich viel getan. So
kommen. Heute greift ein Elektroniker im bietet das IHK-Bildungshaus schon heu-
Alltag mindestens genauso oft zum iPad te konkrete Zertifikatslehrgänge wie die
HEINRICH BAUMANN wie zum Lötkolben. Mechatroniker und „Fachkraft für Industrie 4.0 (IHK)“ oder
Stellvertretender Präsident Mechaniker müssen sich neuen Anforde- erstmals auch einen IHK-Zertifikatslehr-
der IHK Region Stuttgart rungen hinsichtlich IT-Vernetzung und gang zu Blockchain-Technologie an, um
Datenmanagement stellen. Produktions- auch Fachkräfte bei der digitalen Ent-
technologen planen und betreuen indus- wicklung mitzunehmen. Und damit nicht
trielle Produktionsprozesse und richten genug: in Kürze werden Ausbildungsab-
Anlagen ein. Informatiker kümmern sich solventen auch die Möglichkeit haben,
nicht nur im Büro um die Soft- und Hard- sich innerhalb von rund 800 Stunden zum
ware, sondern brauchen ein Gespür für „Geprüften Meister - Vernetzte Indust-
alle industriellen Abläufe und arbeiten in rie“ weiterzubilden. Die IHK nimmt hier
der vernetzten Produktion. Und auch im bundesweit eine Vorreiterrolle ein und
Einzelhandel hat das Thema E-Commerce hat diese anspruchsvolle Aufstiegsfort-
mit einem völlig neuen Ausbildungsberuf bildung gemeinsam mit den Sozialpart-
Einzug gefunden. nern entwickelt.
Die fortschreitende Digitalisierung wird Auch auf Bundesebene wird händerin-
sich nach und nach auch auf viele ande- gend nach innovativen strukturbilden-
re Ausbildungsgänge auswirken. Doch den Konzepten gesucht. Das Bundes-
ANDREA BOSCH das ist erst der Anfang. Für diese neuen ministerium für Bildung und Forschung
Geschäftsführerin Beruf und Aufgaben müssen die Ausbildungsgänge (BMBF) will beispielsweise mit einem
Qualifikation der IHK Region Stuttgart deutlich interdisziplinärer und komple- neuen Förderaufruf in sogenannten In-
xer angelegt sein. Kompetenzen wie Pro- novations-Clustern die Entwicklung von
zessmanagement und IT-Kenntnisse ge- innovativen Bildungskonzepten voran-
winnen an Bedeutung, genauso wie neue bringen, um die Attraktivität, Qualität
Methoden des digitalen Lernens, Selbst- und Gleichwertigkeit der beruflichen
ständigkeit, Verantwortungsbewusstsein Aus- und Weiterbildung zu steigern. Ins-
und systemisches Denken. besondere KMUs sollen bei der Gewin-
nung und exzellenten Ausbildung von
Von der Notwendigkeit einer Anpassung zukünftigen Fach- und Führungskräften
der betrieblichen Ausbildung ist in der und Unternehmensnachfolgern unter-
Zwischenzeit sowohl die Wirtschaft als stützt werden.
auch die Politik überzeugt und hat z.B. Die Beispiele zeigen, die Digitalisierung ist
mit der Novellierung der Metall-, Elekt- in der Berufsbildung voll angekommen und
ro- und IT-Berufe bereits gehandelt. Und bietet die einmalige Chance, deren Attrak-
die Veränderungen halten nicht nur in tivität wieder deutlich zu erhöhen.
den Unternehmen Einzug, sondern glei-
chermaßen in den Berufsschulen. Ba-
den-Württemberg nimmt hier eine Vor-
reiterrolle ein. Neben den bereits 16 vom
Wirtschaftsministerium geförderten
bestehenden Lernfabriken bekommt die
moderne Ausbildung seit Ende 2018 mit
weiteren 21 Berufsschulen starken Auf
3.2019 Magazin Wirtschaft 3
INHALT
03.2019
KURZ & KNAPP
6 SAGEN SIE MAL … Fragen an Ludger
Wendeler, Burger Schloz Automobile
(Schorndorf)
ZAHLEN & ZITATE RISIKEN DÄMPFEN
ZUVERSICHT
DER STUTTGART-TIPP 100 Jahre
7
Bauhaus in Stuttgart
BUCH-TIPP Die Startup-Lüge
PERSONALIEN
8 INTERVIEW MIT
MINISTER HERMANN 19
12
TITELTHEMA:
AUSBILDUNG WIRD
DIGITAL
INTERVIEW
8 LUFTREINHALTUNG Interview mit
Verkehrsminister Winfried Hermann
und IHK-Mitglied Hardy Mutschler
TITELTHEMA
12 AUSBILDUNG WIRD DIGITAL Was
Ausbilder und Chefs kleiner Unter-
nehmen tun können
15 INTERVIEW mit Sven Meyer, Ausbilder
des Digitalisierungs-Vorreiters Riva
R AT & TAT
19 IHK-KONJUNKTURUMFRAGE Zahlen
und Fakten
20 RISIKEN DÄMPFEN DIE ZUVERSICHT
Das ergab unsere Konjunktur-
umfrage unter 900 Unternehmern
21 INTERVIEW IT-Coach Jochen Preußner
erklärt, warum Chefs sich ändern
müssen und warum Digitalisierung BREXIT BEGRENZT
immer teurer wird LIMITED
22 DIGITALISIERUNG Finden Sie heraus,
was Sie wirklich brauchen
24 BREXIT BEGRENZT LIMITED
24
Der EU-Ausstieg hat auch Folgen für
die Rechtsform Ltd.
26 E-COMMERCE Auf die richtige
Software kommt es an
OETTINGER CHANCEN-
27 COACHING-TIPP Diebstahl in der KÄMPFT FÜR KONTINENT
Firma EUROPA AFRIKA
28 100 STUNDEN MORGEN Werden Sie
Referent bei unserer Zukunfts-
veranstaltung
38 35
2 Magazin Wirtschaft 3.2019
business
Göppingen
Kirchheim ®
Nürtingen
Esslingen
Thementag 2019
29 MITTELSTANDSNEWS ARBEITSMARKT BA-Vorstandschef
Aktuelle Tipps und Kurzmeldungen Scheele sieht keine Trendwende
30 DAS GELDWÄSCHEGESETZ wird ab
sofort intensiver kontrolliert
46 NEUES AUS BERLIN & BRÜSSEL
Augmented &
31 WIRTSCHAFT IM TV Das müssen Sie
sehen
FIRMENREPORT Virtual Reality
49 GEBURTSTAGE Virtuell wird real: Wertschöpfungsprozesse,
MENSCHEN & IDEEN 50 JUBILÄEN Anwendungsbeispiele und Geschäftsmodelle
51 NACHRICHTEN Neues aus unseren
33 ZEITSPRUNG Till O. Scheurle zur Mitgliedsunternehmen
Geschichte der E. Scheurle Messebau
34 EXISTENZGRÜNDUNG IM PORTRÄT
VVL GmbH automatisiert und opti-
miert das 3-D-Scannen ANZEIGEN-SPECIAL
35 CHANCE AFRIKA Asfa-Wossen Aserate
über die Zukunft des Kontinents 52 BÜRO- UND OBJEKTEINRICHTUNG
36 CHANCE AFRIKA Kältemaschinen von
Bitzer für die Subsahara-Region
37 AUS DEN LABORS DER REGION INFO
Mobile Brennstoffzellen aus Besigheim
60 HANDELSREGISTER
Dezember/Januar:
Neueintragungen, Veränderungen,
IHK & REGION Löschungen und Insolvenzen
67 IMPRESSUM
38 IHK-NEUJAHRSEMPFÄNGE 69 BRANCHENSPIEGEL
in Filderstadt und Ludwigsburg
Bezugsquellennachweis: Angebote
40 FAHRVERBOTE in Stuttgart behin- aus der Wirtschaft
dern Unternehmen
41 KÜNSTLICHE INTELLIGENZ im Mittel- Fachtagung mit Begleitausstellung
punkt des Industrie-4.0-Tages
DIE LETZTE SEITE
42 JOBMESSE bringt ausländische
Fachkräfte und Unternehmen 82 KOMMENTAR Digitalisierung geht
20. März 2019
zusammen.
MIGRATION ALS CHANCE IHK
nicht nur die IT-Abteilung an, so
Startup-Gründer Nicolai Ensslen Neckar Forum Esslingen
begrüßt Einwanderungsgesetz IHK HILFT Wie belege ich den deut-
43 MOBILITÄTSKONGRESS lotet Perspek- schen Ursprung meiner Produkte? Kooperationspartner:
tiven des Verkehrs aus AUSBLICK Themenvorschau
LOGISTIK Neues Schulungszentrum auf die Ausgaben April und Mai
bei der IHK-Bezirkskammer Böblingen
IHK-TERMINE SIE BEKOMMEN ZU VIELE EXEMPLARE VON
MAGAZIN WIRTSCHAFT? Kein Problem: Informieren
44 STARTUP-BW-SUMMIT mit starker Sie uns telefonisch oder per Mail und wir ändern das.
Beteiligung aus Stuttgart Denn auch wir wollen nicht unnötig Ressourcen verbrau-
chen und die Umwelt belasten. Tel. 0711 2005-1347
45 WIRTSCHAFTSJUNIOREN Böblingen magazin.wirtschaft@stuttgart.ihk.de
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KURZ & KNAPP
NACHGEFR AGT ZAHLEN & ZITATE
»Sagen Sie mal,
Herr Wendeler …«
22,5%
der Baden-Württemberger
3,6
Milliarden Euro hat die
landeseigene L-Bank 2018 an
Fördermitteln für Gründer und
43,3%
der Schülerinnen und Schüler
im Land wechseln nach der
sind 60 Jahre oder älter
Quelle: Statistisches
Mittelstand ausgegeben. 4.Klasse aufs Gymnasium.
Landesamt BW Quelle: L-Bank Quelle: Statistisches Landesamt BW
»Maybe you have the web, but
we have the machines.«
Peter Altmaier, Bundeswirtschaftsminister, im Gespräch
mit einem hohen Google-Manager
250
LUDGER WENDELER
Geschäftsführender Gesellschafter
Burger Schloz Automobile GmbH & Co. KG
Schorndorf
Millionen Schadprogramme gibt
es heute weltweit
100.000
Arbeitsplätze sind in Deutschland gefährdet, wenn
Großbritannien ohne Abkommen die EU verlässt
Quelle: Bitkom Research Quelle: Leibniz-Institut f. Wirtschaftsforschung (IWH)
... welches ist Ihr Lieblingsauto? Natürlich wenig
überraschend ein Mercedes-Benz, nämlich der 500
SL, Baureihe R 129.
... wie lange werden Sie noch Diesel verkaufen? STUTTGART-TIPP
Noch mindestens 20 Jahre. Die aktuellen Diesel-
motoren haben einen geringeren CO2-Ausstoß und
sind daher momentan zur Erreichung der Klima- 100 Jahre Bauhaus
ziele speziell für Vielfahrer noch alternativlos. Die
Elektromobilität hat noch viel Entwicklungsbedarf Die Region Stuttgart nimmt An- zu sehen sind, zeigt vom 7. Juni bis
und auch die Strom- oder Wasserstoffinfrastruktur teil am 100. Jubiläum des Bau- 20. Oktober 2019 die Ausstellung
hat „Lieferzeiten“. Zudem benötigt sie eine Alterna- hauses. So widmet sich das „Weissenhof City: Von Geschich-
tive zur Lithium-Batterietechnik. Weissenhofmuseum, erbaut von te und Gegenwart der Zukunft
Le Corbusier, dem Jubiläum mit einer Stadt“. Im Kunstmuseum
... wen fragen Sie um Rat? Gute Fachberater je seiner Weissenhofwerkstatt in Stuttgart können Werke des
nach Bedarf sowie meinen Mitgesellschafter in der Bauhaus-Vordenkers Adolf Höl-
Firma. zel und der Bauhaus-Künstler Jo-
hannesIttenundWilliBaumeister
... wo außer in der Region Stuttgart könnten Sie bewundert werden. Interessante
sich vorstellen zu leben? In Südfrankreich an der Bauhaus-Beispiele finden sich
Côte d’Azur oder Südtirol. auch in der Metropolregion. Das
„Haus auf der Alb“ in Bad Urach
... haben Sie ein Lieblingstier? Ich bin mit Boxer- wurde vom Stuttgarter Architek-
hunden groß geworden, sie sind meine Lieblings- ten Adolf G. Schneck erbaut, der
tiere. ebenfalls an den Entwürfen für
die Weissenhofsiedlung beteiligt
... was würden Sie heute in Ihrem Leben anders DAS WEISSENHOFMUSEUM wurde von
war. Im Rahmen der Stadtfüh-
machen? Ehrlich gesagt habe ich bisher zum Glück Le Corbusier erbaut. rung „UNESCO-Welterbe in der
viele richtige Entscheidungen getroffen, demnach Weissenhofsiedlung“ entdecken
würde ich wenig ändern. zwei Ausstellungen. Die Staats- die Besucher die berühmte Sied-
galerie Stuttgart, in deren stän- lung und erkunden im Anschluss
... was ist Ihr Lebensmotto? Sich nicht über Din- diger Sammlung Werke des Bau- die Kochenhofsiedlung, das Ge-
ge ärgern, die man nicht verändern kann und eine haus-Meisters Oskar Schlemmer genmodell zum Weissenhof.
positive Einstellung zu Veränderungen mitbringen.
Mehr Informationen zum Jubiläum in der Region unter www.stuttgart-tourist.de/bauhaus
6 Magazin Wirtschaft 3.2019
PERSONALIEN
BUCH-TIPP
KAAN GÜNES ist neues Mitglied der Geschäftsfüh-
Startup-Kultur als Blaupause rung der Engel & Völkers Süd-West GmbH. Seit 2012
ist Günes als erfahrener Immobilienexperte für Engel &
für etablierte Unternehmen?
Völkers Commercial in Stuttgart tätig und seit 2015 für
Besser nicht, sagt Autor Jo- die Steuerung des Immobilienvertriebs und das Cont-
chen Kalka, Chef des Marke- rolling der Vermietungsaktivitäten verantwortlich. Da-
ting-Fachblatts W&V. Nicht rüber hinaus leitet er gemeinsam mit Volker Merk die
umsonst überlebt nur eines weitere Expansion mit Fokus auf Stuttgart und die Me-
von zehn Startups die ersten tropolregion.
Jahre. Mit den Mythen rund
um die Startupkultur räumt
Kalka gnadenlos auf und zeigt
eher nebenher, welche Startup-Elemente Un- ALEXANDER IDE ist alleiniger Gesellschafter und Ge-
ternehmen wirklich kontrolliert einsetzen kön- schäftsführer der Bernhard Ide GmbH Co. KG in Ostfil-
nen – Krawattenbann, Tischkicker und Chefs in dern-Scharnhausen, nachdem Seniorchef Thomas Ide auf
Sneakers gehören eher nicht dazu. Der Autor, eigenen Wunsch aus allen Firmen der Ide-Gruppe ausge-
schieden ist. Damit ist der Generationswechsel bei dem Ex-
der selbst schon den Jurys mehrerer Startup-
trusionsspezialisten abgeschlossen. Thomas Ide hatte nach
Pitches angehörte, liefert einen insgesamt erfri- dem Tod seines Vaters, des Firmengründers Bernhard Ide
schenden Beitrag zum Modethema – wenn man die Leitung übernommen.
sich nicht an einer Überdosis Sarkasmus und ge-
legentlicher Abschweifung stört.
Jochen Kalka: DIE STARTUP-LÜGE. Wie die Existenzgründungs-
euphorie missbraucht wird und wer davon profitiert. Econ-Verlag, RÉMY EL ABD (34) ist in die Geschäftsführung der S&P
Berlin 2019, 224 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-430-21002-7 Computersysteme GmbH (Stuttgart) berufen worden. Er
folgt auf Jürgen Probst (70), der das Unternehmen vor über
33 Jahren gegründet hat und nun altershalber ausgeschie-
den ist. Rémy El Abd ist seit mehr als zehn Jahren in dem
auf Intralogistik spezialisierten Unternehmen tätig und
wird es nun gemeinsam mit dem langjährigen Geschäfts-
führer Horst Reichert (53) leiten. Zuvor hatte er bei der Ehr-
RALF SPIELBERGER (51) über- hardt+Partner-Gruppe Erfahrung gesammelt.
nimmt als neues Mitglied der Thie-
me-Geschäftsführung die Verantwor-
tung für die kaufmännischen Bereiche
wie Finanzen, IT und Personal. Der
Diplom-Kaufmann war zuletzt beim BASTIAN PRISTL (39) verstärkt als Geschäftsführer und
ADAC in der Geschäftsführung für Fi- Chief Digital Officer die Leitungsebene der Agentur BSS
nanzen und Services zuständig. Zuvor Brand Communication in Bietigheim. Pristl wird den Fokus
war er beim internationalen Technolo- auf die Digitalisierung in der Agentur für Markenkommu-
gie-DienstleisterPitney Bowes tätig. nikation mit Schwerpunkt im Mode- und Lifestyle-Bereich
legen. Er war zuvor mehr als zwölf Jahre für die Stuttgar-
ter Agentur Werbewelt tätig, zuletzt als Executive Creative
Director. Mit Bastian Pristl besteht das BSS-Geschäftsfüh-
KARIN ABT-STRAUBINGER, lang- rungs-Quintett aus Bernd Gerlach, Andreas Rauscher, Uwe
jährige Inhaberin des Stuttgarter Te- Eike Sachse und dem Gründer Heinz D. Sachse.
lefonbuchverlags Straubinger, und
GERMAN WELLER, Gründer des
Catering-Service Party Weller in Stutt-
gart, sind für ihr Lebenswerk und
ihre Verdienste um das Gemeinwohl PATRICK SCHRICK (31) hat die Funktion des Senior Ma-
mit der Staufermedaille des Landes nager Strategie & Beratung bei den fmk./Fact Werbeagen-
Baden-Württemberg ausgezeichnet turen übernommen. Als gebürtiger Kirchheimer kehrt der
worden. Karin Abt-Straubinger fördert studierte Medienmanager mit Schwerpunkt Markenkom-
seit langem Kunst und Künstler. Unter munikation und Werbung an seinen Heimatort zurück, um
anderem gründete sie die Abt-Strau- das 16-köpfige Team in Kirchheim unter Teck zu unterstüt-
binger Stiftung, die zu den größten zen. Zuvor war er für Saatchi & Saatchi in Düsseldorf sowie
Kunststiftungen in Baden-Württem- Serviceplan in München tätig.
berg zählt. German Weller war lange
Jahre in vielen unternehmerischen und
genossenschaftlichen Verbänden en-
gagiert. So wirkte er maßgeblich an
der Fusion der Genossenschaftsver- PERSONALNACHRICHTEN FÜR DAS MAGAZIN WIRTSCHAFT
bände Badens und Württembergs mit. Gibt es auch in Ihrem Unternehmen personelle Veränderungen auf der Führungsebe-
ne? Wir veröffentlichen Ihre Nachricht gerne. Senden Sie einen kurzen Text mit Bild an
presse@stuttgart.de
3.2019 Magazin Wirtschaft 7
LESER-INTERVIEW LUFTREINHALTUNG »DIE BETRIEBE HATTEN GENUG ZEIT« DIE FAHRVERBOTE IN STUTTGART sorgen für Unmut – auch bei IHK-Unternehmern wie Hardy Mutschler, der uns zum Leser-Interview mit Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Bild) begleitet hat. Im Gespräch verteidigt der Minister die Maßnahme: Fahrverbote seien aufgrund von Gerichtsurteilen unvermeidbar gewesen, das Land sei dabei so schonend wie möglich vorgegangen. 8 Magazin Wirtschaft 3.2019
Herr Minister Hermann, um die Fahrver- Umweltzone fahren, wenn ich einen Da-
bote, die seit Januar gelten, gab es zuvor tenträger überbringe oder zu einer Be-
viel Verwirrung, der Luftreinhalteplan sprechung fahre? Wie viele Einzelunter-
kam praktisch im letzten Moment auf nehmer nutze ich mein Fahrzeug auch
den Tisch. Ist hier alles optimal gelaufen? privat – ist dies durch die Allgemeinver-
HERMANN Dass sich viel verändert hat, fügung gedeckt? All diese Fragen beant-
kann man nicht bestreiten. Aber hier geht wortet der Luftreinhalteplan nicht. Wenn
es eben nicht um einen einfachen Verwal- es dumm kommt, stehe ich vor der Wahl,
tungsakt. Wir hatten eine mehrjährige gegen Gesetze zu verstoßen oder eine In-
Debatte mit mehreren Gerichtsverfah- vestition zu tätigen, die sich in der Kürze
ren, auf die wir reagieren mussten, das der Zeit wirtschaftlich kaum darstellen
Vorgehen musste zudem zwischen den lässt. Und so geht es wohl nicht nur mir.
Koalitionspartnern abgestimmt werden.
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht HERMANN Ich verstehe das Dilemma –
die Auflagen bestätigt hatte, mussten aber die Änderungen, von denen Sie spre-
wir das Fahrverbot umsetzen – mit der chen, haben sich schon lange abgezeich-
Einschränkung, dass zunächst die Eu- net. Seit mindestens fünf Jahren setzt sich
ro-4-Fahrzeuge betroffen waren – und mein Haus bundesweit für die Abgasreini-
die Euro-5-Fahrzeuge erst dann einbezo- gung von Dieselfahrzeugen ein. Seit min-
gen werden, sofern es keine ausreichende destens drei Jahren weise ich darauf hin,
Reduktion der Schadstoffe gibt. Den zeit- dass die Autos wegen der bekannten Täu-
lichen Spielraum haben wir dann so ge- schungsversuche bei der Abgasmessung
staltet, dass die Unternehmen mehr Zeit nicht so sauber sind, wie sie sein sollten.
für die Umstellung haben. Ich habe immer gesagt: Wenn wir nichts
machen, werden uns Gerichte zwingen,
Für viele Unternehmen sind die Fristen Fahrverbote zu erlassen. Und genau so ist
aber sehr knapp. Herr Mutschler, Sie ha- es gekommen. Es gab genügend Zeit, sich
ben deshalb bei der Stadt Stuttgart eine darauf einzustellen. Auch dass es dabei nur
Ausnahmegenehmigung beantragt? um die gesamte Umweltzone gehen konn-
MUTSCHLER Ja. Sobald klar war, dass das te, war zwischen Stadt, Land und Regie-
Fahrverbot für die gesamte Umweltzone rungspräsidium immer klar.
gelten würde, habe ich mich darum be-
müht. Erst Anfang Dezember konnte ich Dennoch: Viele Betriebe wissen immer
bei der Stadt Stuttgart meinen Antrag noch nicht, ob sie unter die Ausnahmer-
stellen, und bis heute weiß ich immer gelung fallen.
noch nicht, ob ich unter die Ausnahmebe- HERMANN Die Allgemeinverfügung, die
stimmungen falle. Als Einzelunternehmer unter anderem Handwerker und Liefer-
bin ich mit meinem zehn Jahre alten Fahr- verkehre ausnimmt, ist ja nicht neu. Sie
zeug sowohl beruflich gilt seit Bestehen der
als auch privat unter-
wegs. Das Auto ist in
»Würden die Fahrbe- grünen Umweltzone,
die unter der Vor-
einem hervorragen-
den Zustand und ich
schränkungen weiter gängerregierung im
Jahr 2008 eingeführt
würde es gerne weiter durchlöchert, könnten wurde. Und sie wur-
nutzen – jedenfalls bin de nur analog für die
ich nicht in der Lage, sie ihren Zweck nicht Euro-4-Diesel über-
in den wenigen ver-
bleibenden Wochen
mehr erfüllen« nommen. Zusätzlich
haben wir jetzt auch
einen Neuwagen für noch die Möglichkeit,
rund 60.000 Euro anzuschaffen – und das fallbezogene Ausnahmegenehmigungen
müsste ich, da ab nächstem Jahr wahr- zu erteilen. Würde man die Fahrbeschrän-
scheinlich sogar Euro-5-Autos nicht fah- kungen noch weiter durchlöchern, könn-
ren dürfen. ten sie am Ende den Zweck der Luftrein-
haltung nicht mehr erfüllen. Natürlich gibt
Wenn Sie Ihr Auto für den Lieferverkehr es immer Grenzfälle. Ich weise aber darauf
nutzen, gilt doch die Allgemeinverfü- hin, dass auch der Einzelne in der Verant-
gung. Brauchen sie überhaupt eine Ein- wortung steht, nicht nur die Politik.
zelgenehmigung?
MUTSCHLER Das ist für mich eben nicht MUTSCHLER Das wollen wir kleinen und
ersichtlich. Was genau bedeutet denn mittleren Unternehmen doch auch. Wir
Lieferverkehr? Ich darf meine Ausrüs- sind bereit zu investieren, aber dafür
tung transportieren, wenn ich zum Kun- brauchen wir Planungssicherheit und die
den fahre. Darf ich aber auch durch die Belastungen müssen zumutbar sein.
3.2019 Magazin Wirtschaft 9
LUSTAUFFRÜHLING? DER FRÜHLING KANN KOMMEN! Gartenmöbel Stuttgart präsentiert Wohnwelten für Ihr Draußen-Zuhause Wenn in der Luft eine erste Ahnung von Frühling zu spüren ist, dann Eine weitere Besonderheit des Hauses: Alles, was in der Ausstellung zieht es den Menschen hinaus ins Freie und es ist höchste Zeit, das gezeigt wird, ist vorrätig. „Uns ist es einfach wichtig, dass unsere Draußen-Zuhause auf Vordermann zu bringen. Und wo wäre man da Kunden die Artikel, die ihnen gefallen, auch gleich mit nach Hause besser aufgehoben als im Showroom von Gartenmöbel Stuttgart? In- nehmen können“, sagt Geschäftsführer Felix Kaeselitz. „Daher füllen spiration, Ideen, Gelegenheiten, Qualität, Beratung und Wunderschö- wir unser Lager regelmäßig mit allen neuen Saisonartikeln auf.“ Neben nes warten auf den ungeduldigen Draußen-Wohner. einer großen Auswahl finden die Kunden bei Gartenmöbel Stuttgart Auf drei Etagen erwartet einen alles, was man für eine lange und un- auch faire Preise. Im gegenüberliegenden Outlet Gartenmöbel Stuttgart beschwerte Freiluftsaison braucht: Ess- und Lounge-Gruppen unter- warten auf Kunden Ausstellungsstücke, Sonderposten und Sonder- schiedlichster Größe, Gartenstühle, bequeme Liegen und Bänke aller preise. Gartenmöbel Stuttgart bietet mit regelmäßigen Schausonn- Art, eine große Auswahl an Sonnenschirmen, Dekoartikel wie Wind- tagen viele Möglichkeiten, sich in aller Ruhe inspirieren zu lassen. lichter und bunte Sitzkissen erhalten Sie hier in allerbester Qualität. Wer sich ob der großen Auswahl nicht ganz sicher ist, der kann auf die große Kompetenz und die mehr als 40 Jahre Erfahrung des Teams um Felix Kaeselitz vertrauen. Hier ist man gut beraten und aufgehoben: Mit Gespür fürs Schöne, Gefühl für Details und Gesamtbild, Stilsicher- heit und einem absoluten Faible für Qualität wird garantiert die ideale Lösung für Ihr Draußen-Zuhause gefunden.
Herr Minister, verengt man die Luftreinhaltung ins-
gesamt nicht zu sehr auf die Fahrverbote?
HERMANN Nein, denn wir tun dafür viel mehr. Der
Luftreinhalteplan umfasst nicht nur Fahrbeschränkun-
gen, sondern einen ganzen Katalog von Maßnahmen wie
Radwege, Ausbau des ÖPNV, bessere Takte, mehr Busse,
mehr Bahnen, Aufbau eines Metropolexpress-Systems
und vieles mehr. Zum Teil wurden diese Maßnahmen
schon früher in Angriff genommen – übrigens meist
gegen den Widerstand derer, die jetzt klagen, das Land
habe nicht genug getan, um Fahrverbote zu verhindern.
Über Jahre hinweg habe ich von dieser Seite keine Un-
terstützung bekommen. Einiges haben wir auch schon
erledigt – etwa die Beschränkung der Kaminfeuerung
oder die Partikelfilterpflicht für Baumaschinen, die
dazu beigetragen haben dürften, dass die Feinstaubbe-
lastung gesunken ist. Bei den Stickoxid-Emissionen al-
lerdings sind ältere Dieselfahrzeuge die Hauptursache.
Der Diesel hat andererseits die bessere CO2-Bilanz
als der Ottomotor. Schießt man nicht ein Eigentor im
Klimaschutz, wenn man gegen den Diesel vorgeht?
HERMANN Theoretisch ja, praktisch nein. Im Prinzip
ist der Dieselmotor bei Energieverbrauch und CO2-Aus-
stoß um etwa 15 Prozent günstiger. In den letzten 20 UNTER WIRT- Die meisten Studien zeigen aber ganz klar, dass
Jahren sind die Dieselmotoren aber immer stärker ge- SCHAFTLICHEN Elektrofahrzeuge gegenüber konventionellen Fahr-
DRUCK GE-
worden und die Fahrzeuge immer schwerer und schnel-
SETZT fühlt sich
zeugen bisher kaum einen Umweltvorteil haben.
ler. Im Schnitt verbrauchen alle Dieselfahrzeuge heute IHK-Unternehmer HERMANN Das hängt davon ab, woher der Strom
deshalb mehr als der Durchschnitt aller Benzinfahrzeu- Hardy Mutschler kommt. Natürlich macht es keinen Sinn, mit ei-
ge. Der theoretische Klimavorteil des Diesels ist damit (li.). Laut Minister nem Elektroauto Kohlestrom zu tanken. Sie können
ausgehebelt. Fakt ist: Überall haben wir im Klimaschutz Winfried Hermann aber schon heute mit jedem Energieversorger einen
gab es dagegen
in den vergangenen 20 bis 30 Jahren Erfolge erzielt, nur GENÜGEND Ökostromvertrag abschließen und so ihren individu-
nicht im Autoverkehr. Dort stehen wir auf dem gleichen ZEIT, sich auf ellen Energiemix verbessern. Das Land Baden-Würt-
Stand wie vor 30 Jahren. Ich verstehe nicht, warum sich die Fahrverbote temberg fährt zum Beispiel komplett mit Ökostrom.
die Wirtschaft so sehr an alte Technologien wie den einzustellen. Und der ökologische Wert eines Elektroautos hängt
Verbrennungsmotor klammert, obwohl der Trend welt- ebenfalls von Leistung und Gewicht ab. Mit einem Tes-
weit zu neuen Antriebstechnologien geht – sei es die la S müssen Sie 120.000 Kilometer fahren, damit Sie
Brennstoffzelle, alternative Kraftstoffe oder der Elekt- gegenüber einem vergleichbaren konventionellen Auto
romotor. China fährt uns dabei schon davon. ökologisch im Vorteil sind. Wenn Sie aber einen Re-
nault Zoe kaufen, haben Sie diesen Vorteil schon nach
20.000 Kilometern. Genau das ist meine Kritik an der
Automobilindustrie: Dass sie mit den neuen Antrieben
DIE GESPR ÄCHSPARTNER die alten, großen und schweren Fahrzeuge motorisiert.
Ist die Vorstellung realistisch, dass wir in ein, zwei
Jahrzehnten alle elektrisch fahren? Experten aus der
Autoindustrie glauben nicht daran.
HERMANN Dass wir bis 2030 überwiegend Elek-
trofahrzeuge auf den Straßen haben, glaube auch ich
nicht. Aber sie werden ganz sicher eine viel größere
Rolle spielen als bisher. Nach dem Pariser Klimaschutz-
abkommen müssen wir bis 2050 komplett aus der Ver-
brennung fossiler Energieträger aussteigen. Das ist
1/3
ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag, den auch
Das Interview mit Minister Winfried Her- Deutschland unterschrieben hat. Wir werden dieses
mann (re.) fand im Ministerium für Verkehr Ziel aber nicht erreichen, wenn wir uns mit kleinen
in der Stuttgarter Dorotheenstraße statt. Erfolgen zufriedengeben. Wir haben uns deshalb zum
Die Fragen für Magazin Wirtschaft stellte WENIGER Ziel gesetzt, dass bis 2030 mindestens ein Drittel aller
Redakteur Walter Beck, (nicht im Bild), als AUTOVERKEHR Fahrzeuge auf den Straßen klimaneutral sein soll. Wir
HAT SICH DIE
Co-Interviewer hat ihn der Stuttgarter Be- LANDESRE-
wollen außerdem ein Drittel weniger Autoverkehr auf
rufsfotograf Hardy Mutschler (li.) begleitet. GIERUNG ALS den Straßen der Städte und den öffentlichen Nahver-
ZIEL BIS 2030 kehr verdoppeln. Wir können nicht weitermachen wie
GESETZT bisher, sonst ruinieren wir den Planeten.
3.2019 Magazin Wirtschaft 11TITELTHEMA
AUSBILDUNG
LERNEN IN DER
DIGITALEN WELT
DIE ARBEITSWELT VERÄNDERT SICH – und mit ihr die Berufsbilder.
Unternehmen aller Größen arbeiten gemeinsam mit der IHK daran,
die Ausbildung im digitalen Zeitalter zu verankern.
12 Magazin Wirtschaft 3.2019Im Eingang der Theobald Software GmbH
in der Stuttgarter Kernerstraße hängt
das Logo „IHK-Ausbildungsbetrieb“. Das
Schild glänzt noch, denn erst seit letztem
September bildet der IT-Dienstleister
aus. Der prominente Platz ist aber ein In-
diz dafür, wie angetan der SAP-Spezialist
mit internationaler Kundschaft von der
dualen Ausbildung ist, und von seinem
ersten Azubi. Der heißt Rick Roßberg und
ist angehender Fachinformatiker.
Wie bei einem IT-Unternehmen nicht an-
ders zu erwarten, strebt Theobald Soft-
ware danach, „das tägliche Doing“ für den
Azubi, aber natürlich auch für alle ande-
ren 35 Mitarbeiter möglichst digital zu
gestalten. Eine wichtige Rolle dabei spie-
len Kommunikationstools wie Slack oder
Trello, wie Marketingleiter und Prokurist
Peter Wohlfarth erzählt. Die mit einem
Ausbildungsverhältnis verbundenen For-
malien erscheinen dem Diplom-Ökono-
men deshalb sehr „old school“: „Wenn
ich ehrlich bin, ist das mit sehr viel
Papierkram verbunden“, konstatiert er,
um dann gleich einzuräumen: „Das habe
ich aber auch erwartet.“
Schließlich sei Deutschland nun einmal
ein konservatives Land. Selbst einige
seiner IT-Kunden bestünden noch auf
ausgedruckten Verträgen. „Aber in sieben
bis zehn Jahren gibt es in der Ausbildung
kein Papier mehr. Das ist zumindest mei-
ne Hoffnung“, sagt der 38-Jährige. Als
erstes würde er übrigens das Berichts-
heft vollständig digitalisieren. Elektro-
nisch geführt werden kann es schließlich
schon – zumindest von allen, die nach
dem 1. Oktober 2017 ihre Verträge unter-
zeichnet haben. Allerdings müssen sie es
zur Prüfung auf einem mindestens
Tablet-großen Gerät mitbringen. Und die
einzelnen Wochenberichte muss der
Azubi weiterhin per Mail zum Abzeichnen
an den Ausbilder schicken. Ein Medien-
bruch! Deswegen entwickelt die IHK-
Organisation auf Bundesebene ein
elektronisches Berichtsheft, mit dem sich
die Prüfer schon im Vorfeld vergewissern
können, ob alle Prüfungsvoraussetzungen
erfüllt sind.
Auch das wird nur ein Zwischenschritt
sein: „Unsere Kunden, egal ob Azubis,
Ausbilder, Prüfer oder in der Weiter-
bildung, sollen nur noch elektronisch be-
dient werden. Das ist meine Vision!“, be-
schreibt es Andrea Bosch, Geschäfts-
führerin für Aus- und Weiterbildung bei
KEIN PAPIER IN DER AUSBILDUNG Das ist die
Vision von Peter Wohlfarth, Prokurist der Theobald Soft-
ware GmbH, der hier seinen Azubi Rick Roßberg brieft.
3.2019 Magazin Wirtschaft 13TITELTHEMA
der IHK Region Stuttgart. Dazu soll Prüfungstipps gibt es dort, aber LERN- RKW mit dem Projekt offene
es ein digitales Serviceportal ge- auch wichtige Termine oder Foto- FABRIK 4.0 Türen ein: „Wir haben 100 Mit-
ben, auf das alle an der Aus- und alben von Preisträgerfeiern und im Beruflichen arbeiter, von denen zehn Azubis
Schulzentrum
Weiterbildung Beteiligten Zugriff Videos über ungewöhnliche Karri- Bietigheim-Bis- sind, aber in den letzten zwei bis
haben und auf der die Lernfort- erewege. Hier kommen Azubis auch singen: Über drei Jahren ist es schwieriger ge-
schritte online verwaltet, eingese- selber zu Wort. dieses Konzept worden, passende Bewerber zu
hen und vorgelegt werden können. Denn Hand aufs Herz, in Sachen informierte sich finden“, erklärt er sein Engagement.
vor einem Jahr
„Das ist ein großer Tanker, aber er Digitalisierung haben junge Leute Bei seinen eigenen Kindern beob-
Bundespräsident
kommt“, sagt die Fachfrau und ver- in vielen Bereichen die Nase vorn. Frank-Walter achtet Bauer jeden Tag, wie wich-
weist auf die große Summe Geldes, Das macht sich das RKW, das Steinmaier (re. im tig ihnen die neuen Medien sind.
die die deutschen IHKs dafür in die Rationalisierungs- und Innovations- Bild) mit Ehefrau Im Arbeitsleben diese Werkzeuge
Hand nehmen. zentrum der Deutschen Wirtschaft Elke Büdenben- nutzen zu können, die für sie nun
der. Erklären
e.V. zunutze. Digiscouts heißt das ließen sie sich einmal der Nabel der Welt sind, das
Doch schon jetzt gibt es eine ganze Projekt, das Azubis dazu animiert, das Konzept von erhöht für junge Leute die Attrak-
Reihe von Prozessen, die online in ihren Betrieben Digitalisie- Schulleiter Stefan tivität einer dualen Ausbildung, ist
ablaufen. Für die elektronische rungspotenziale zu identifizieren. Ranzinger und Bauer überzeugt: „Dass Bilz da
Auszubildender
Anmeldung zur Zwischenprüfung Die beste Idee setzen sie - natür- ganz vorn mit dabei ist, wird sich
Julia Nagel (v.r.).
beispielsweise startet dieses Früh- lich mit dem Okay der Geschäfts- anderBerufsschuleherumsprechen
jahr ein Pilotprojekt. Projektanträge führung - in einem Zeitraum von und so bei jüngeren Geschwistern
für praktische Prüfungen und die drei bis sechs Monaten um. Betrieb, und Freunden ankommen.“
Projekte selber können schon länger Ausbilder und Azubis werden dabei Bei Bilz heißt der Digiscout Marvin
81%
papierlos eingereicht werden. von erfahrenen Coaches begleitet. Schweikardt. Der 20-jährige ange-
Bei der diesjährigen Sommerprü- Workshops für Azubis und Ausbil- hende Industriekaufmann ent-
fung können junge Leute in Metall- der sorgen zudem für einen regen wickelte einen Produktkonfigurator
und Elektroberufen erstmals eine Austausch, so dass nicht jeder das für Bohrwerkzeuge, der pünktlich
Prüfung für eine digitale Zusatz- Rad neu erfinden muss. zur Messe letzten Herbst online
DER UNTER-
qualifikation ablegen. „Die Betriebe Einer der Digiscouts-Pioniere ist NEHMEN ging. Inzwischen hat Schweikardt
haben die zusätzlichen Lerninhalte die Esslinger Hermann Bilz GmbH GEBEN AN, DIE ein Stück weit die Verantwortung
ganz flexibel auf bestehende Aus- & Co. KG. Das traditionsreiche IT-KOMPETENZ für die Programmierung der
bildungsverhältnisse aufgesetzt“, Familien- unternehmen entwickelt DER AZUBIS Bilz-Homepage übernommen und
GEWINNE AN
freut sich Bosch. und produziert kundenspezifische coacht dabei sogar dienstältere
BEDEUTUNG
Digital ist auch der Azubiguide, den Werkzeugsysteme im Bereich der Kollegen. Die nimmt er so auf dem
die IHK Auszubildenden bei Face- Zerspanungstechnik und vertreibt Quelle:
Weg in die digitale Welt mit: „Das
book und Instagram anbietet und sie in alle Welt. Bei Geschäfts- Bundesweite gibt ihm ein ganz neues Selbstbe-
IHK-Umfrage Aus- und
der fast 5000 Abonnenten hat. führer Rainer Bauer rannte das Weiterbildung 2018 wusstsein“, hat Bauer festgestellt.
14 Magazin Wirtschaft 3.2019INTERVIEW
Geht alles gut, wird das Projekt Digiscouts dazu bei-
tragen, die beiden drängendsten Probleme des deut-
schen Mittelstandes zu entschärfen, nämlich die
Digitalisierung und den wachsenden Fachkräfteman- »Digitalisierung macht
gel. Deswegen ist auch unsere IHK Projektpartner.
Mitte Dezember präsentierte der Esslinger IHK- den Azubis Spaß«
Bezirks- kammerpräsident Heinrich Baumann, dessen
Eberspächer-Gruppe ebenfalls dabei ist, die Ergebnisse
der ersten Projektrunde bei einer gut besuchten Ver-
anstaltung und resümierte: „Azubis als Digiscouts
bringen sich und Betriebe nach vorne.“ Besonders ge-
fiel dem Chef über fast 10.000 Mitarbeiter „der prakti-
sche Umgang mit dem Thema Projekt- und Selbst-
management“, der Einsatz digitaler Lernmedien und
die deutschlandweite Vernetzung der jungen Leute.
Die Bilz-Führungsmannschaft war bei der Veranstal-
tung übrigens gleich mit sechs Leuten vertreten, ob-
wohl es ein Samstag kurz vor Weihnachten war. „Das
zeigt: die Unterstützung ist groß“, freut sich Rainer
Bauer.
Für Chefs und Ausbilder, die doch lieber erst einmal
SVEN MEYER
Ausbildungsleiter technische Ausbildung
selber erkunden möchten, welche Potenziale die Digi-
SO EINFACH WIE RIVA GmbH Engineering, Backnang
taliserung bei der Nachwuchsgewinnung bietet, hat
MÖGLICH sollte
die IHK das Jobstarter-plus-Projekt „ProAW 4.0 - der Bewerbungspro-
Prozessberatung in der Aus- und Weiterbildung 4.0“ zess für junge Leute Herr Meyer, RIVA ist ein Fassadenbau-Unterneh-
aus der Taufe gehoben. Dabei handelt es sich um eine sein, rät Dr. Janka men, versteht sich aber als Vorreiter in der digitali-
kostenfreie Serviceleistung für Mitgliedsunternehmen Krings-Klebe von sierten Ausbildung. Was bedeutet das genau? Seit
der Co-Shift GmbH.
aus Handel, Industrie und Dienstleistungen mit Benchmark seien dem Start unseres Pilotprojekts 2017 erhalten alle
weniger als 250 Mitarbeitern. Gemeinsam mit den Bestellvorgänge im Auszubildenden bei Beginn ihrer Lehrzeit ein Tablet.
IHK-Fachfrauen analysieren sie dabei, wie sie gute und Internet. Mit der App „Berichtsheft 4.0“ können sie Wochen-
berichte, Schulungsunterlagen und Lehrvideos über
eine Cloud-basierte Plattform austauschen. Die App
wie auch die Plattform sind extra für uns entwickelt
und programmiert worden. Außerdem sind die Lehr-
maschinen des RIVA-Maschinenparks untereinander
voll vernetzt und für die Azubis via Cloud erreichbar.
Kommen die Azubis gut mit dieser Organisation
zurecht? Sehr gut sogar – sie sind ja mit digita-
len Anwendungen aufgewachsen. Einige haben sich
sogar wegen dieses Angebots RIVA als Lehrbetrieb
ausgesucht. Erklären müssen wir meist noch, dass
die Digitalisierung nicht nur Spaß macht, sondern
im Zuge von Industrie 4.0 eine Schlüsselrolle für ih-
ren künftigen Beruf hat.
In welchen Berufen bilden Sie aus? Die meisten
unserer Azubis im technischen Bereich lernen In-
dustriemechaniker. Seit kurzem bilden wir auch
Mechatroniker aus, im Herbst soll der Elektroniker
für Geräte und Systeme hinzukommen.
Wie arbeiten Sie bei der Digitalisierung mit der
Berufsschule zusammen? Die gewerbliche Schu-
le Backnang verfügt seit dem Herbst über einen
Showroom, der vernetzte Maschinen und digitali-
sierte Produktion am Beispiel der Kugelschreiber-
fertigung vorführt. Diesen Showroom hat unter
anderem auch RIVA gesponsert. Die Azubis lernen
dort einen kompletten Prozess von der Zeichnung
bis zum fertigen Produkt kennen. Bei einem Bau-
gruppenhersteller wie uns ist das so nicht möglich.
3.2019 Magazin Wirtschaft 15TITELTHEMA
motivierte Auszubildende gewin- die Lehrer ihren Schülern vor Klas-
nen, indem sie sich als attraktiver senarbeiten ein Zeitfenster einräu-
IHK-SERVICE FÜR SIE Arbeitgeber zeigen. Außerdem er- men, in dem sie via Moodle oder
fahren sie, welche Kompetenzen in Chat Fragen beantworten. Nach
Zeiten von Wirtschaft 4.0 wichtig jedem Schritt sollte das Feedback
und welche digitalen Lernmedien der Betroffenen eingeholt werden.
Die IHK unterstützt Sie gerne bei allen
in der Aus- und Weiterbildung Das wäre dann eine Art Appetit-
Fragen rund um die Ausbildung. Hier etwas bringen. Die IHK berät dabei happen. Der eigentliche Prozess
eine Auswahl unserer Angebote nicht nur, sondern unterstützt müsse mit einem Workshop begin-
auch bei der Umsetzung der er- nen, zu dem Vertreter aller betei-
arbeiteten Maßnahmen. ligten Gruppen eingeladen würden,
ProAW4.0 – Wegbegleiter bei der Digitalisie- um den Ist-Zustand, Wünsche und
rung der Aus- und Weiterbildung Neben der Attraktiver für die Generation Y Potenziale zu identifizieren: Wo
Qualifizierung der Mitarbeiter in Zeiten von wird man schon, wenn Bewer- fange ich an? Bei der Methodik?
Wirtschaft 4.0 wächst die Notwendigkeit, sich bungs- und Einstellungsverfahren Der Verwaltung? Den Lerninhalten?
als attraktiver Arbeitgeber zu behaupten. Mit stimmen, ist sich Dr.-Ing Janka Ähnlich wie bei Digitalisierungs-
dem Jobstarter-plus-Projekt „Prozessberatung Krings-Klebe sicher. Die Ge- prozessen in Unternehmen müssten
in der Aus- und Weiterbildung 4.0“ bietet die schäftsführerin der Ludwigsburger dabei drei Themenkomplexe ana-
IHK kostenfreien Service. Mehr Info: Melanie Co-Shift GmbH meint, junge Leute lysiert werden: Wie verändert sich
Doenicke, melanie.doenicke@stuttgart.ihk.de akzeptierten komplizierte Verwal- mein Produkt – in diesem Fall also
Tel. 0711 2005-1271 tungsabläufe nicht mehr: „Dreimal der Lernprozess? Wie kann die
vor Ort erscheinen, zwei Pass- Digitalisierung unsere Prozesse
Elektronisches Berichtsheft Im Ausbildungs- bilder auf Papier mitbringen und effizienter machen? Wie müssen
vertrag müssen Sie festhalten, ob das Be- dann vier Unterschriften leisten – wir uns dafür organisieren?
richtsheft handschriftlich oder elektronisch, das lehnen sie ab“, weiß die Mutter
das heißt mit digitaler Unterstützung, geführt zweier Töchter. „So etwas verglei- Eigenverantwortung wird wich-
werden soll. Vorlagen für die Führung eines chen junge Leute mit Bestellvor- tiger Im Bereich E-Learning
elektronischen Berichtsheftes finden Sie unter gängen im Internet.“ Ihr Rat: überzeugt sie zum Beispiel das
www.stuttgart.ihk.de, Such-Nr. 131867. „Machen Sie es den Azubis so ein- Online-Führerscheintrainings-
fach wie möglich!“ Von Disruptions- programm des ADAC. So etwas
IHK-Servicecenter Ausbildung Möchten Sie euphorie hält sie trotzdem nichts stelle allerdings Lehrkräfte vor
gern ausbilden oder haben Sie Fragen zu Ausbil- und wurde bestä- neue Herausforde-
dungsthemen? Die Ausbildungsberater der IHK
helfen Ihnen gerne. Sie erreichen sie unter Tel.
tigt, als Co-Shift
letztes Jahr einen
»Die heutigen rung. Andererseits
bringt es auch
0711 2005-1111 oder ausbildung@stuttgart.ihk.de Ausbildungscam- Jugendlichen Erleichter ungen.
pus in Zürich be- Wenn die jungen
Azubi-Guide auf Facebook und Instagram riet. Dabei stellte bringen die Leute zum Beispiel
Wann sind die Prüfungstermine? Was ist für sich heraus, dass Lerninhalte eigen-
die Prüfung zu beachten? Welche Berufe gibt die Generation erforderliche ständig mit Hilfe
es? Für Ihre Auszubildenden bietet die IHK den
Azubi-Guide auf Facebook und Instagram an, der
Smartphone kei-
neswegs alles nur
Denke größten- von Videos erar-
beiten, bleibt mehr
alle Fragen rund um die Ausbildung beantwortet. digital serviert be- teils mit« Zeit für das Üben.
www.instagram.com/ihk_azubi_guide kommen möchte. Und es werden
www.facebook.com/ihk.stuttgart.azubiguide Zum Beispiel schätzt sie das Kapazitäten frei, um sich um die
„Peer-Lernen“, also das gemein- schwächeren Schüler zu kümmern.
IHK-Lehrstellenbörse Ihre freien Ausbildungs- sam Lernen „im realen Leben“ Denn, daran lässt Krings-Klebe
plätze oder Praktika können Sie deutschlandweit durchaus. „Deswegen laute die keinen Zweifel: Das neue Lernen
veröffentlichen – in der gemeinsamen Lehrstel- Frage nicht „Wie bekommen wir erfordert mehr Disziplin und
lenbörse der Industrie- und Handelskammern. alles digital?“, sondern „Wie lebt Eigenverantwortung. Der Lehrer
Den Jugendlichen werden darin Berufe angebo- die junge Generation?“, sagt werde immer mehr vom Wissens-
ten, die zu ihren Qualifikationen passen. Krings-Klebe, die stellvertretende vermittler zum Coach.
www.stuttgart.ihk.de, Such-Nr. 120348 Vorsitzende des IHK-Ausschusses Sollten solche Lernvideos eigent-
für digitale Transformation ist. lich Studioqualität haben? „Nein, sie
Magazin Wirtschaft Sonderheft Ausbildung Wichtig sei, dass der Mix stimme. müssen authentisch und nah an der
Tipps und Adressen zum Thema Ausbildung fin- Realität sein“, meint Krings-Klebe
den Sie in unserem Sonderheft für das aktuel- Dabei ist „es besser, klein anzufan- und führt das Beispiel ihrer Tochter
le Ausbildungsjahr. Ebenso erfahren Sie darin, gen, aber mit etwas, dessen Nut- an, die gern Backvideos schaut:
wie Sie Unterstützung von der IHK bekommen. zen jeder gleich spürt“, rät sie. Für „Wie die Küche aussieht ist ihr egal,
www.stuttgart.ihk.de/magazin-wirtschaft eine Berufsschule wäre das bei- Hauptsache es funktioniert und
spielsweise ein Tool, das Schüler schmeckt hinterher.“
und Lehrer bei einem kurzfristigen Klingt gut, aber ist das zu schaf-
Stundenausfall informiert, bevor fen, sagen wir mal: in den nächs-
sie das Haus verlassen. Oder dass ten zehn Jahren? Die Fachfrau ist
16 Magazin Wirtschaft 3.2019skeptisch, gerade das bremsende
Gegeneinander von Bund, Ländern
und Kommunen ärgert sie. „Wir
werden wohl nicht da sein, wo wir
WÜRDEST DU
sein sollten“, fürchtet sie. DICH ONLINE
ZUR PRÜFUNG
Lernfabriken in den Berufsschulen ANMELDEN?
Bleibt zu hoffen, dass das zu pessi- Frage an Azubis
der IHK
mistisch ist. Immerhin hat zumin-
dest das Land Baden-Württemberg nein (3) weiß
nicht
das Problem erkannt und fördert (3)
mittlerweile 37 „Lernfabriken 4.0“
an beruflichen Schulen. Herzstück
ja (39)
sind verkettete Anlagensysteme,
wobei Maschinenbau und Elektro-
technik durch professionelle Pro- Quelle:
Umfarge „Digitale
duktionssteuerungssysteme ver- Produkte für Azubis
knüpft werden. Das sind keine der IHK Region
Stuttgart“ 2018
didaktischen „Spielzeuge“, sondern
Automatisierungslösungen wie sie
jede echte Fabrik schmücken
würden! Davon konnte sich Bundes-
präsident Frank-Walter Steinmeier
letztes Frühjahr im Beruflichen
Schulzentrum Bietigheim-Bissin-
gen persönlich überzeugen. DIGISCOUTS
„Are you ready for the 4th industri- Neue Medien
al revolution?”, steht an der Wand machen die Aus-
bildung für junge
des 1,3 Millionen Euro teuren
Leute attraktiver,
Laborraums mit dem verketteten ist Rainer Bauer,
Maschinensystem und dem kolla- Geschäftsführer
borierenden Roboter als Herz- der Hermann Bilz
stück. Zwölf Lehrer der Schule ent- GmbH & Co. KG
überzeugt. Des-
wickelten sie zusammen mit regio- halb hat er seinen
nalen Unternehmen. „Was unsere Azubi Marvin
Schüler hier lernen, stand bereits Schweikardt am
vorher im Lehrplan, konnte aber „Digiscout“-Pro-
jekt teilnehmen
nur theoretisch unterrichtet wer-
lassen.
den“, erzählt Oberstudiendirektor
Stefan Ranzinger, „nun können sie
das im realen Produktionsprozess Diese Begeisterung spürt man auch bei sprechenden Unterrichtseinheiten müssen
anwenden“. Jeweils zu zweit lernen Julia Nagel, die den Bundespräsidenten bei die Lehrer in Bietigheim-Bissingen allerdings
bis zu 16 Azubis an Grundlagen- seinem Besuch durch die Lernfabrik 4.0 mit großem Aufwand selber entwickeln, denn
laboren, wie sie die 4.0-Fertigungs- führen durfte. Die junge Frau, damals noch auf dem Markt gibt es noch nichts Derarti-
straße programmieren, damit kauf- Mechatronik-Auszubildende bei Trumpf, ist ges. Und noch ein weiterer Aspekt bereitet
männische Aufträge automatisch jetzt noch begeistert vom „neuen Lernstil“, Ranzinger ziemliches Kopfzerbrechen: Seine
abgearbeitet werden. Wenn alles den die Anlage möglich macht. „Das kommt Lehrer hätten aufgrund ihrer Unterrichtsver-
klappt, halten sie am Ende Modell- der Generation Smartphone sehr entgegen“, pflichtung auch zu wenig Zeit für Wartung,
autos in Wunschfarbe mit individuell ist sie überzeugt. Besonders gefallen hat ihr, Fehlerbehebung und Weiterentwicklung der
gravierter Bodenplatte in Händen. dass sie auf diese Weise einen Einblick in die Lernfabrik 4.0. „Das könnte alles schneller ge-
„Die Azubis sind begeistert und Zukunft industriellen Arbeitens bekommen hen, wenn ich den Lehrkräften dafür ein Zeit-
tragen das Thema 4.0 so in die Un- hat. Allerdings: In der Ausbildung nur noch budget geben könnte“, erklärt der Schulleiter.
ternehmen“, freut sich Ranzinger. mit Bits und Bites zu tun zu haben, das hält Er wünscht sich zwei halbe Lehrerstellen,
Und – der Traum aller Lehrer - die Frau aus Gerlingen nicht für zielführend: damit das „Riesenpotenzial der Anlage richtig
„viele Schüler bleiben, obwohl es „Handwerklich zu arbeiten ist auch wichtig“, ausgeschöpft werden kann“.
längst gegongt hat.“ meint sie, denn genau deswegen habe sie ja Frank-Walter Steinmeier jedenfalls zeigte
Das wirkt ansteckend, wie der eine Ausbildung gemacht. sich beeindruckt, als er am Ende seines
Schulleiter seiner Statistik ent- Besuchs ein schwarz-rot-gold lackiertes
nimmt. Die Zahl der Schüler in den Lehrer betreten Neuland Genau diese Kom- Modellauto in Händen hielt: „Wenn diese
Berufen Mechatronik und Fach- bination aus Praktischem und Digitalem gilt Lehr- und Lernwelten bundesweit Wirk-
informatik ist seit der Einrichtung es, in neue Lernkonzepte zu übersetzten, lichkeit werden, dann mache ich mir um
der Lernfabrik um circa 50 Prozent denn nur so kann auf Dauer die Stärke der die Zukunft der beruflichen Bildung keine
gestiegen. dualen Ausbildung erhalten bleiben. Die ent- Sorgen“, so sein Fazit.
3.2019 Magazin Wirtschaft 17TITELTHEMA
KAUFMANN IM E-COMMERCE Seit Endress Motorgeräte diesen Ausbildungsgang anbietet, gebe es viel mehr Bewerbungen, so E-Commerce-Fachmann Andreas Otto (li.).
Auch Kai Lang (re.) hat deshalb bei dem Stuttgarter Unternehmen angeheuert.
Dass das Thema in Berlin zumindest an- Kaufleute im E-Commerce. Ein voller Kai Lang wird einige Monate in einer der
gekommen ist, zeigt auch der aktuelle Erfolg! Laut Handelsverband Deutsch- 24 Filialen von Endress verbringen, damit
Koalitionsvertrag, in dem eine digitale land gibt es gleich im ersten Jahr 1400 er erfährt, wie der „analoge“ Kunde tickt.
Offensive entlang der gesamten Bildungs- Auszubildende. Darüber hinaus wird er aber lernen,
kette als Ziel festgelegt ist. Dazu gehört, Einer davon ist Kai Lang. Nach dem Fach- den digitalen Kunden, den Markt, Mit-
Berufsbilder der dualen Ausbildung zu abitur wollte der 20-Jährige unbedingt bewerber und Trends zu analysieren
modernisieren, aber nicht nur das: Ein etwas mit Marketing machen. Medien- und entsprechend „sehr, sehr schnell zu
erster Beruf wurde völlig neu konzipiert design schwebte ihm vor. Doch dann ent- reagieren“. Das Rüstzeug dafür wird ihm
und wird seit Sommer 2018 ausgebildet: deckte er beim Surfen im Internet den in Zusammenarbeit mit der Berufsschule
neuen Beruf. Weil er gern im Netz bestellt, vermittelt.
war er sofort begeistert. Über eine Google- Für die zuständige Cotta-Schule ist die
Anzeige stieß er dann auf das Ausbil- Ausbildung natürlich auch neu. „Die sind
dungsangebot der Endress Motorgeräte sehr offen“, freut sich Otto. Der Draht
GmbH. Seit einem halben Jahr lernt er nun dorthin sei kurz, so dass eventuell auf-
INDUSTRIEBAU & GEWERBEBAU bei dem Filialisten für Garten- und Forst- tauchende Herausforderungen jederzeit
PLANUNG – PRODUKTION – MONTAGE wirtschaft mit 200 Mitarbeitern, dessen thematisiert werden können. Bislang sei
Geräte beispielsweise für die Rasenpflege aber noch keine aufgetaucht.
beim VfB verantwortlich sind. Lang ist im- Otto selber ist als Online-Marketing-
mer noch begeistert: „Es macht mir viel Manager mit Schwerpunkt SEO Internet-
Spaß, weil ich alle Aspekte des Berufs hier Profi. Hat er keine Sorge, dass schwächere
kennenlerne.“ Jugendliche bei so komplizierten Ausbil-
dungsinhalten nicht mehr mitkommen?
Mehr Bewerbungen durch neuen Ausbil- „Nein“, ist er sicher, „die heutigen Jugend-
dungsgang Auch Andreas Otto, zustän- lichen bringen die erforderliche Denke
dig für Marketing und E-Commerce bei größtenteils mit. Die sind ja schließlich
Endress, ist von der Attraktivität des neuen damit aufgewachsen.“
Berufs angetan. „Wir hatten viel mehr Be- Genau dieses Potenzial gilt es zu nutzen.
werbungen als erwartet“, staunt er. Zehn Dann wird das bewährte System der
Bewerber gab es, vier wurden eingeladen, dualen Ausbildung auch in Zeiten von
WOLF SYSTEM GMBH drei durften zur Probe arbeiten. Dann Industrie 4.0 für engagierte und kompe-
94486 Osterhofen entschied man sich für Lang – nicht zu- tente Fachkräfte sorgen.
Tel. 09932 37-0 letzt, weil er „richtig nachgehakt hat“.
gbi@wolfsystem.de
WWW.WOLFSYSTEM.DE
Ein Teil der Ausbildungsinhalte stammt DR. ANNJA MAGA Redaktion Magazin Wirtschaft
von den kaufmännischen Berufen. Auch annja.maga@stuttgart.ihk.de
18 Magazin Wirtschaft 3.2019Sie können auch lesen
