Magazin Wirtschaft - IHK Stuttgart
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www.stuttgart.ihk.de 01.12.2016 Stuttgart Böblingen EsslingenNürtingen Göppingen Ludwigsburg RemsMurr Magazin Wirtschaft Ein Service der IHK für Unternehmen in der Region Stuttgart Geschäft mit Kunst Seite 6 Grüße und Geschenke Maschinen zu Weihnachten steuern mit Apps Seite 21 Seite 28
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EDITORIAL Startups: unverzichtbar in der modernen Wirtschaft Viel Arbeit, wenig Freizeit, dafür finan- gart ist im Juli angelaufen. Vielversprechen- zielle Risiken: ein Startup zu gründen den, internationalen Startups aus dem Mobili- ist herausfordernd, anstrengend aber tätsbereich soll beim Durchstarten geholfen auch oft lohnend. So individuell die Gründe- werden. Der Autokonzern will damit in Ba- rinnen und Gründer ihre Motive für die den-Württemberg einer der Vorreiter bei der Selbständigkeit sehen, so wichtig sind sie in- Verbindung von etablierten Konzernen mit des auch für unsere Volkswirtschaft. Grün- jungen, kreativen Firmen sein. dungen sind notwendig zur Verjüngung des Unternehmensbestandes, sie bringen frische Förderung durch Ideen in bestehende, traditionelle Branchen, etablierte Unternehmen sie sind unerlässlich für das Entstehen neuer Wirtschaftszweige. Deshalb gilt es, mit den Startup-Wettbewerbe wie „Code_n“ von richtigen Hilfen den Gründern gute Rah- GFT Technologies lenken die Aufmerksam- menbedingungen zu schaffen. keit auf die Branche und fordern innovative, Dr. Hans-Jürgen Reichardt Startup-Unternehmen sind noch nicht auf junge Unternehmen zum Vergleich heraus. Geschäftsführer Industrie und Verkehr dem Markt etabliert, sie haben eine innova- Trumpf gründete eine Venture-Capital-Ge- der IHK Region Stuttgart tive Geschäftsidee mit einem darauf aufbau- sellschaft zur Förderung und Finanzierung enden, skalierbaren Geschäftsmodell, sie ha- von Technologie-Startups. Strategische In- ben Wachstumspotenzial –Startups sind so- vestitionen von etablierten Technologiefüh- mit keine Vertreter der „einfachen“ Existenz- rern in aufstrebende Startups -- dies scheint gründung. Je innovativer das Unternehmen, die Formel für positive Entwicklungen der je stärker technologiebasiert, desto höher die Zukunft zu sein. Anzahl der Mitarbeiter. Bei Gründungen in Es gilt, diesen Trend zu fördern. Die Exis- der Industrie gab es im Schnitt 2,3-mal so tenzgründungsberatung der IHK stellt sich viele zusätzliche Arbeitsplätze als bei her- darauf ein, mehr jungen Unternehmen den kömmlichen, einfacheren Gründungen. Er- Kontakt zu den Etablierten zu ermöglichen. freulicherweise gibt es immer mehr dieser Der von der Vollversammlung in diesem Jahr Gründungen in der Region Stuttgart. neu eingerichtete Ausschuss „Startup & Young Business“ hat als einer seiner ersten Impulse Digitaler Wandel die Veranstaltungsreihe „Startup trifft Mittel- gibt kräftige Impulse stand“ angestoßen. Seit zwei Jahren läuft er- folgreich das IHK-Angebot „Young Business Der stärkste Treiber bei Startups ist derzeit Network“, ergänzt um den jährlichen IHK- die dynamische technologische Entwicklung, Gründerkongress. Mit fast 16 000 Kontakten die für die Region Stuttgart eine besondere und über 2000 Einstiegsgesprächen pro Jahr Bedeutung hat -- die Digitalisierung und Struk- ist die IHK-Existenzgründungsberatung in der turveränderung der Wirtschaft. Die IT-Bran- Zentrale und in den Bezirkskammern an expo- che bietet große Wachstumschancen, neue nierter Stelle erfolgreich tätig. Möglichkeiten ergeben sich vor allem durch Die Anstrengungen der Wirtschaft zur die Verschmelzung von realer Wirtschaft und Verbesserung des Gründungsklimas müssen IT. Besonders im Umfeld von Industrie 4.0 durch geeignete Rahmenbedingungen der entwickeln sich Geschäftsmöglichkeiten für Wirtschaftspolitik unterstützt werden, insbe- flexible, innovative Startups, die mit den etab- sondere im Bereich Finanzierung. Denn: In- lierten Unternehmen in Partnerschaften und novative Startups zu finanzieren ist riskant. Kooperationen ihre Geschäftsmöglichkeiten Nicht jede vielversprechende Idee wird sich finden – zum beiderseitigen Nutzen. am Markt durchsetzen, Totalausfälle sind Wichtige Impulse dafür gehen von Tradi- vorprogrammiert. Angemessene Sicherhei- tionsunternehmen in der Region aus. Die ten? Häufig schwierig. Wer Startups fördern „Startup-Autobahn“, ein Kooperationsprojekt will, muss ins Risiko gehen. Auch die Wirt- von Daimler, der US-Startup-Innovationsplatt- schaftspolitik sollte sich dieser Herausforde- form Plug and Play und der Universität Stutt- rung stellen. MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16 3
INHALT 6 15 21 Foto: Thinkstock Foto: Silicya Roth Foto: Hörner Kunstbetrieb in Stuttgart Vorfahrt auf der Digitalautobahn Weihnachten steht vor der Tür ist nicht allein etwas für Schöngeister. wünschen sich Wirtschaftsministerin Was Sie steuerlich beachten müssen, Galerien, Kunsthändler und Auktions- Hoffmeister-Kraut und Albrecht Kruse, Unter- wenn Sie Ihre Kunden beschenken häuser verdienen am Kulturangebot nehmer und Leser des IHK-Magazins, der uns wollen, lesen Sie auf Seite 21. der Region mit. zum Interview begleitet hat. Auf Seite 33 finden Sie Formulierungs- vorschläge für Ihre englischsprachige Weihnachtspost. Magazin-App neu – jetzt mit vielen Extras Lesen Sie entspannt das Ma gazin Wirtschaft im vertrauten Format auf ihrem Smartpho ne oder Tablet: Mit unserer rundum erneuerten und kosten freien App profitieren Sie von vielen interaktiven Elementen und Verlinkun DIE LETZTE SEITE 74 gen. Benutzen Sie den komfortablen Kommentar Industrie 4.0 Lesemodus bei längeren Artikeln, be muss gemeinsam mit den trachten Sie Bildergalerien, Videos Betroffenen umgesetzt oder folgen Sie Internetverknüpfun werden, meint Risikoforscher gen direkt in der App. Die kleinen blau Prof. Ortwin Renn. en Symbole auf den Seiten in der digi Ärgernis des Monats Und die talen Ausgabe zeigen, welche weiteren IHK hilft eben doch! interessanten Inhalte wir für Sie bereit Cartoon Wie sich Cyber stellen. Die App „IHK Stuttgart Publi kriminelle verraten … kationen“ finden Sie in den App-Stores für alle gängigen Mobilgeräte. 4 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
MAGAZIN 650 TITELTHEMA 614 IHK & REGION 4147 6 Geschäft mit Kunst Galerien und 41 Vielfalt als Vorteil im Unternehmen Auktionshäuser in der Region 42 Ausbildung IHK ehrt beste Absolventen 13 Interview mit Bernd Georg Milla, aus Stuttgarter Betrieben Geschäftsführer der Kunststiftung 43 Wirtschaftsjournalismus Ernst BadenWürttemberg SchneiderPreis der IHKs verliehen Stuttgarter Vertriebstag Unternehmen IHK-LESERINTERVIEW 1819 stellen sich der Zukunft 15 Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut im Betriebsnachfolge Praxisbeispiele im Gespräch mit dem Unternehmer Alb Nachfolgenetzwerk RemsMurr recht Kruse und Magazin Wirtschaft 44 Herbstvortrag von DIHKPräsident Schweizer in Böblingen KURZ & KNAPP 1819 Zukunft des Handels Experte entwirft 18 Tablets für Berufsschüler Perspektiven in Ludwigsburg Bücher über Börse, Kundenmagazine Handelsschiedsgerichte bieten viele und Stuttgart Vorteile Wahrheiten aktuell und unterhaltsam 45 Außenwirtschaft Global Connect 2016 19 Personalien Namen und Gesichter mit 3000 Besuchern Sagen Sie mal … Fragen an Thomas Gründertag in Göppingen Kaysser (H.P. Kaysser GmbH + Co. KG) Gastronomie erleben Praxisprojekt für Schüler im Kreis Böblingen RAT & TAT 2035 Frauenwirtschaftstage mit Schwerpunkt 20 Telegramm Aktuelle Kurzmeldungen interkulturelle Kompetenz in Esslingen 21 Weihnachtsgeschenke Was Sie tun 46 Berlin & Brüssel müssen, damit der Fiskus nicht mit 47 Wirtschaftsjunioren verdient 22 Coaching-Tipp Werden Sie wieder Herr FIRMENREPORT 4850 über Ihre Zeit 48 Nachrichten über regionale Firmen Strom und Gas billiger einkaufen 24 Datenschutzgrundverordnung Was DIE LETZTE SEITE 74 ab 2018 auf Sie zukommt und was Sie 74 Kommentar, Karikatur und Ärgernis heute schon tun sollten des Monats 27 Jetzt bewerben für das EU-Projekt Robott-Net 28 Auch Anlagen mögen Apps So funktio nieren mobile Apps im Maschinenbau INFO 5173 30 Unternehmensnachfolge Rechtzeitig anfangen, damit man rechtzeitig auf HANDELSREGISTER hören kann 51 September/Oktober 32 Aktuelle Zahlen, Fakten und Tendenzen Neueintragungen, Veränderungen, 34 Wirtschaft im TV Das müssen Sie sehen Löschungen und Insolvenzen 35 Enrich your Business English Weih- nachtsgrüße auf Englisch BEKANNTMACHUNGEN 52 Anmeldetermine Ausbildungsprüfungen MENSCHEN & IDEEN 3640 Neue Sachverständige vereidigt 36 Zeitsprung Marc Ottenbruch GmbH & Co. KG, Neuhausen/Fildern BRANCHENSPIEGEL 37 Existenzgründer im Porträt EMovement 55 Bezugsquellennachweis Angebote entwickelt einen elektrischen Rollator aus der Wirtschaft 39 Karriere mit Lehre Friedrich Riempp ist seinem Ausbilder noch heute dankbar RUBRIKEN 38 Die besondere Geschichte Levent Akin 58 Impressum war Hilfsarbeiter und ist jetzt Chef 62 Jubiläen von 120 Mitarbeitern 66 Termine 40 Hidden Champion Biodegma in Ludwigsburg Titelbild: Silicya Roth MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16 5
TITELTHEMA „Wir wollen die Hemmschwelle senken, eine Galerie zu betreten“, sagt Thomas Fuchs, Vorsitzender des Vereins Art Alarm. Der 38-Jährige ist einer der wenigen Neugründer von Galerien in Stuttgart. Foto: Silicya Roth 6 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
TITELTHEMA MAGAZIN Geschäft mit Kunst Kunst und Kultur leben nicht nur von öffentlich finanzierten Mueen und Theatern. Einen wichtigen Beitrag zum Kulturleben der Region leisten auch private Galeristen und Kunsthändler. Die Szene ist in Stuttgart und in der Umgebung sehr lebendig, wie unser Titelthema zeigt. Neugierig steht ein junges Paar vor lacht der 38-jährige, der die junge Galerie in dem großformatigen Gemälde des der Stuttgarter Reinsburgstraße vor fünf Jah- Neoexpressionisten Rainer Fetting. ren als Quereinsteiger gegründet hat und Die figürliche Malerei in ausdrucksstarken seither gemeinsam mit seinem Partner führt, Farben gefällt den beiden sehr. Aber 40 000 der schon lange Jahre Kunst sammelt. Aber Euro nur für ein Bild? Nie im Leben! Als Ga- immerhin zeigt die Anekdote, dass man auch lerist Thomas Fuchs mit den jungen Leuten als Galerist nicht nur Schöngeist, sondern ins Gespräch kommt, zeigt sich, dass ihnen auch ein guter Verkäufer sein muss. Ästhetik in den eigenen vier Wänden sehr Eine gute Gelegenheit, potenzielle Neukun- wichtig ist. Auch haben sie beide ein gutes den anzusprechen, ist zum Beispiel der „Art Einkommen. Wieviel sie denn bei ihrem letz- Alarm“, bei dem die 22 wichtigsten Stuttgar- ten Autokauf gezahlt hätten, fragt Fuchs ter Galerien an einem Herbstwochenende das scheinbar beiläufig, und die beiden kommen kunstinteressierte Publikum zum Rundgang ins Grübeln. Als sie ein paar Wochen später einladen. Seit kurzem ist Fuchs Vorsitzender zurückkehren, kaufen sie das Bild. des veranstaltenden Vereins, bei dem sich alle „Solche Sternstunden sind bei uns Galeris- Stuttgarter Galerien bewerben dürfen, sofern ten nicht unbedingt an der Tagesordnung“, sie zeitgenössische Kunst und klassische MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16 7
MAGAZIN TITELTHEMA Foto: Silicya Roth Imke Valentien leitet die gleichnamige Galerie auf der Stuttgarter Gänsheide schon in der dritten Generation. „Wenn man so lange im Geschäft ist, erneuert sich der Kundenstamm allmählich über Empfehlungen“, sagt die Kunsthistorikerin. Moderne als Schwerpunkt haben und Min- Dabei liegt diese Schwelle in der Galerie unterschiedlich, und damit die Provision der destanforderungen an Öffnungszeiten und Thomas Fuchs vielleicht schon etwas niedri- Galerie. Angus, der 1992 starb, markiert ge- Ausstellungsbetrieb erfüllen. ger als anderswo. Die Räume im Erdgeschoss meinsam mit Rainer Fetting, dem bekanntes- Den Art Alarm gibt es in Stuttgart seit der eines mehrstöckigen Gründerzeithauses im ten Galeriekünstler, die Obergrenze -- mit ei- Jahrtausendwende, man folgte damit dem angesagten Stuttgarter Westen sind in ange- ner Preisspanne von 5000 bis 80 000 Euro. Beispiel anderer Großstädte -- mit durchaus nehmer Schlichtheit gehalten, Mahagonipar- Eine ganz andere Atmosphäre empfängt erfreulichen Ergebnissen, kett und weite Zimmerfluchten einen in der Galerie Valentien. Großzügige 800 wie Thomas Fuchs betont: sucht man hier vergebens. Räume in einer schönen alten Bonatz-Villa Zum diesjährigen Art Alarm Dazu passen die Ausstellungen mit Skulpturengarten auf der Stuttgarter Ende September konnten mit denen Fuchs und sein Part- Gänsheide sind ziemlich genau das, was man seine Kollegen und er wie ner auf zeitgenössische Malerei von einem alteingesessenen Galeriebetrieb immer viele Besucher aus Millionen Euro setzen. erwartet. Und Valentiens blicken auf die Stuttgart und Umgebung werden jährlich im Von September bis Novem- wahrscheinlich längste Tradition in der Lan- empfangen, aber eben auch deutschen Kunst- ber waren hier Werke des Ma- deshauptstadt zurück. Imke Valentien und markt umgesetzt. 2) aus Düsseldorf, Frankfurt lers Patrick Angus mit seinen ihr Vater Dr. Freek Valentien, die das Unter- und Zürich. „Das Publikum Szenen aus dem amerikani- nehmen gemeinsam leiten, sind studierte war auffallend jung, und es gab darunter schen Alltag der 80er Jahre und insbesondere Kunstgeschichtler wie schon der Großvater, viele, die noch nie ein Bild gekauft haben.“ der New Yorker Schwulenclubs zu sehen. 13 Dr. Fritz Valentien, der die Galerie 1930 Dennoch dürfe man keine unmittelbare Künstler hat die Galerie im Portfolio, bei sie- gründete -- damals noch in der Innenstadt. Auswirkung auf die Umsätze erwarten, so ben bis acht Ausstellungen im Jahr ist jeder „Zu dieser Zeit war es noch ungewöhnlich, Fuchs. „Das ist mehr eine langfristige Sache, alle zwei Jahre einmal an der Reihe. „Origina- dass ein Galerist einen akademischen ähnlich wie eine Messe. Wir wollen damit lität ist uns wichtig“, sagt Fuchs, „wir brauchen Fachabschluss hatte, denn der Beruf hat sich die Hemmschwelle senken, eine Galerie zu nicht die zwanzigste Gerhard-Richter-Kopie.“ eigentlich aus dem Handel entwickelt“, er- betreten.“ Die Preise der Ausstellungsstücke sind sehr klärt Imke Valentien. 8 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
TITELTHEMA MAGAZIN Ihre lange Tradition hat der Galerie einige sehr treue Kunden beschert, manche kaufen schon in der zweiten oder dritten Generati- on bei Valentien. „Wenn man so lange im Geschäft ist, erneuert sich der Kunden- stamm allmählich über Empfehlungen – und außerdem natürlich über die Ausstellungen, Messen und Events wie den Art Alarm“, sagt die Galeriechefin. Ganz überwiegend sind es Privatleute, aber auch Sammlungen und Mu- seen greifen auf das Know-how der Galerie zurück. Imke Valentiens internationale Er- fahrung macht ihr die Kontaktpflege mit Foto: Silicya Roth Künstlern weltweit einfach. Sie hat in Lon- don studiert und dort 23 Jahre gelebt. In der derzeitigen Ausstellung werden noch bis Mitte Januar „Alte und Junge Meis- ter des Holzschnittes“ gezeigt, mit Arbeiten von bekannten Künstlern der Klassischen Moderne und der Gegenwart. Mit Preisen zwischen 1200 und 90 000 Euro umfasst die- se Ausstellung das gesamte Spektrum des Portfolios. „Bei einigen Werken von Künstlern der klassischen Moderne reichen die Preise auch manchmal an 78 % 500 000 Euro heran“, sagt Imke Valentien, dies sei jedoch der Galerien wurden die Ausnahme. in den vergangenen „Unsere Arbeit Bildhauersymposien sind eine Spezialität von Monika Schreiber und ihrer Galerie Wendelinskapelle in 25 Jahren gegründet. 1) setzt Leiden- Marbach. Einige Stücke finden sich in Parks und an öffentlichen Plätzen der Schillerstadt. schaft voraus, ist aber entgegen der allgemeinen Ansicht nicht sehr lukrativ.“ Geht man auf Messen – und das ist für alle legt Monika Schreiber großen Wert auf eine Denn als Galerist hat man auch mit erhebli- ernstzunehmenden Galeriebetriebe ein anspruchsvolle handwerkliche Ausführung. chen Fixkosten zu kämpfen. Die meisten Ver- Muss – schlagen Standmieten, Transport Dies zeigte sich zum Beispiel in der Ausstel- käufe werden in Kommission abgewickelt – und Transportversicherung zu Buche. lung „Schiller trifft Hölderlin“ des Künstlers Künstler und Galerist teilen sich in der Regel „Wenn wir die Messe in New York besuchen, Alfons Wiest, der seine Skulpturenköpfe auf- den Erlös. Davon gehen ab: Die Galeriemiete, kostet uns das einen fünfstelligen Eurobe- wändig aus vielen Holzschichten aufbaut. die in guten Lagen der größte Kostenfaktor trag“, fasst Thomas Fuchs zu- In ihrem Programm hat 1,6 ist, eine besondere Branchenversicherung so- sammen. Und er fährt jährlich Monika Schreiber keinen kla- wie Abgaben für die Künstlersozialkasse und auf vier Messen, davon zwei in ren Schwerpunkt. „Das funkti- die VG Bildkunst, die ähnlich wie die bekann- den USA. oniert in einer so kleinen tere Gema die Urheberrechte bildender Deshalb gibt es sehr viele Stadt wie Marbach nicht“, ist Künstler wahrnimmt. Und der bürokratische Galerien, deren Inhaber auf Millionen Menschen sie überzeugt. Hier in der Pe- Aufwand wird nicht geringer: In den letzten ein zweites Standbein angewie- besuchen pro Jahr die ripherie müsse man sich eben deutschen Galerien. 1) Jahren hat der Gesetzgeber mit der Verschär- sen sind, um ihren Lebensun- mehr anstrengen als in der fung der Dokumentationspflicht bei der terhalt zu bestreiten. Dazu ge- Großstadt. Für jede ihrer Künstlersozialkasse sowie dem Kulturgut- hört Monika Schreiber, die seit 15 Jahren im sechs bis acht Ausstellungen im Jahr lässt sie schutzgesetz neue Hürden aufgebaut. Herzen von Marbach am Neckar die Galerie 1700 Einladungen drucken und verschickt Hinzu kommt, dass die meisten Galeristen Wendelinskapelle betreibt. Ihr Nebenerwerb sie an ihre Stammkunden. Ganz wichtig sind auch als Kunsthändler tätig sind. Sie erwer- – das Rahmen von Bildern – bietet durchaus für sie auch Veranstaltungen bei Unterneh- ben Kunstwerke aus Sammlungen oder Aukti- Synergien mit dem Galeriebetrieb. Wie Tho- men wie der Kreissparkasse Ludwigsburg onen, um diese dann weiterzuverkaufen – mit mas Fuchs ist die 63-Jährige eine Quereinstei- oder dem Spanntechnik-Spezialisten Hain- einer entsprechenden Kapitalbindung, wenn gerin, zudem hat sie sich autodidaktisch das buch in Marbach. Im Park der ehemaligen die Stücke nicht gleich weiterverkauft werden Schweißen und Schreinern beigebracht. Auch Villa Aufrecht in Affalterbach und im Old- können. bei der Auswahl ihrer Exponate und Künstler timermuseum Motorworld auf dem MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16 9
war der Preis von 200 Mark für mich als Stu- dent wirklich nicht ohne.“ Nun überlegt Deicke, aus seinen Kanzleiräumen eine Gale- rie zu machen. Kontakte zu lebenden Künst- lern wie dem französischen Skulpturisten Philippe Berry hat er bereits geknüpft. „Wer weiß, vielleicht daraus einmal ein weiteres Standbein.“ So wichtig solche Ein-Personen-Projekte vor allem für die kleineren Städte sind -- rund 80 Prozent des Marktes beherrschen große Galerien. Sie verfügen über Mitarbeiter für die Akquisition von Kunden und die Pflege ihrer Künstler und können es sich leisten, die wichtigen nationalen und internationalen Messen in Miami, New York, Köln, Berlin oder München zu besuchen. In der Regel sind diese Galerien in der Landeshauptstadt zu finden. Doch ausgerechnet der Platzhirsch in Stuttgart, die Galerie Schlichtenmaier, fährt zweigleisig: Die Räume am Stuttgarter Schlossplatz könnten zwar kaum zentraler sein, älter jedoch ist die Ausstellungsfläche im Schloss Dätzingen bei Grafenau (Kreis Böblingen). Die Inhaber Kuno, Harry und Bert Schlichtenmaier sind alle im Unterneh- men tätig und beschäftigen vier Mitarbeiter. Wie ihr Vater, der die Galerie 1969 gegrün- det hat, sind die drei Brüder in Kunstge- schichte promoviert. Die beiden Standorte ergänzten sich her- vorragend, erklärt Dr. Kuno Schlichtenmai- Foto: Silicya Roth er. „In der Stadt gibt es viel Laufkundschaft, dagegen wird das schöne Ambiente des Schlosses gerne für Veranstaltungen aller Art genutzt.“ Man müsse nur darauf achten, dass Unternehmensberater Andreas Deicke schwärmt für PopArt. Er überlegt, zu Ausstellungen in seine die Ausstellungen in Stuttgart und Grafenau Ludwigsburger Kanzleiräume einzuladen. thematisch weit genug auseinander liegen – werden hier Skulpturen gezeigt, terminiert man dort eine Gemäldeausstellung. Auch Böblinger Flugfeld hat Schreiber auch schon eine mögliche Zukunft im Kunstmarkt. Mit Schlichtenmaiers setzen auf klassische Mo- ausgestellt. Fest etabliert sind ihre Bildhauer- seiner K11 Consulting GmbH hat sich der derne und Gegenwartskunst – jedoch aus symposien, bei denen Künstler öffentlich an 39-jährige Anwalt als Unternehmensberater dem deutschsprachigen Raum. „Dort haben ihren Werken arbeiten. und Interimsmanager einen Namen ge- wir in 38 Jahren eine gute Kompetenz aufge- Steht man vor der historischen Wendelins- macht. Doch seit jeher begeis- baut“, sagt Dr. Kuno 700 kapelle, muss man freilich erst einmal suchen, tert sich Deicke auch für Foto- Schlichtenmaier. um die Galerie im Obergeschoss über einem grafie und Malerei – insbeson- Ihre Ausstellungen präsen- Buchgeschäft zu finden. Trotzdem ist der klei- dere für die Pop-Art, von de- tieren die Schlichtenmaiers ne Betrieb der Schillerstadt Marbach als Be- nen viele Originale die Wände immer auch online. Künftig reicherung ihres kulturellen Angebots sehr seiner Arbeitsräume in einem Kunstgalerien gibt soll es auch Ausstellungen wichtig. Monika Schreiber zahlt eine modera- liebevoll renovierten Ludwigs- es in Deutschland, ausschließlich im Internet ge- te Pacht, beim Aufbau gelegentlicher Ausstel- burger Altstadthaus zieren. davon etwa ein ben – „da sind wir Vorreiter“, lungen im öffentlichen Raum hilft der städti- Auch den großformatigen Drittel in Berlin. 1) sagt der Galerist, „das machen sche Bauhof, und auch die eine oder andere Druck einer Aktfotografie von bisher nur ganz wenige.“ Aber Großplastik in den Parks und auf den Plätzen Herb Ritts findet man hier. „Mit ihm hat alles natürlich haben Kaufinteressenten trotzdem Marbachs hat sie an die Stadt verkauft oder angefangen“, erklärt Deicke lachend. „Vor die Möglichkeit, die Stücke in Stuttgart oder mit Unterstützung von Sponsoren aufgestellt. vielen Jahren habe ich ihn in einem Schau- Grafenau anzuschauen. „Ein richtiger On- Aus einer vergleichsweise bequemen Posi- fenster der Tübinger Mühlstraße gesehen lineshop würde nicht funktionieren -- nie- tion heraus sondiert Dr. Alexander Deicke und konnte nicht daran vorbeilaufen – dabei mand kauft ein Bild für 10.000 Euro, 10 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
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MAGAZIN TITELTHEMA Foto: Silicya Roth Galerist Dr. Kuno Schlichtenmaier und seine Brüder fahren zweigleisig: Mit Ausstellungsräumen am Stuttgarter Schlossplatz sowie im Schloss Dätzingen. ohne es vorher gesehen zu haben.“ Auf den Lob für den Standort kommt auch von der Blick über das Naheliegende hinweg- direkten Kontakt zu ihren Kunden wollen Thomas Fuchs aus dem Westen: „Das Under- geht. Doch natürlich profitiert auch der hie- die Brüder auch um keinen Preis statement, das man hier pflegt, ist absolut sige Kunstbetrieb gewaltig von der Internati- verzichten. nicht gerechtfertigt“, sagt der gebürtige Ös- onalisierung, wie ein Blick auf das Auktions- Baden-Württemberg, insbesondere Stutt- terreicher. Es gebe hier eine lebendige und haus Nagel in der Stuttgarter Neckarstraße gart, sei für den Kunsthandel ein guter breit aufgestellte Szene, die allerdings durch- verrät. Noch vor der Jahrtausendwende war Standort, sagt Schlichtenmaier, dessen Kun- aus noch den einen oder anderen Neuzu- das 1922 in Mannheim gegründete, seit dem denstamm „vom Studenten bis zum Weltun- gang vertragen könne. Davon profitieren das Krieg aber in Stuttgart ansässige Auktions- ternehmen“ reicht. „Hier gibt es sehr gute gesamte Kulturleben und die Stadt als Gan- haus überwiegend national geprägt. Das hat Sammler und die Kon- zes, ist Fuchs überzeugt: sich radikal gewandelt. „Private Sammler aus 11000 kurrenz ist in der Bran- „Die Galerien bringen China bilden heute einen Großteil unserer che nicht so groß wie kaufkräftige Besucher Kunden“, sagt Prokurist Rudolf Pressler, der zum Beispiel in Berlin nach Stuttgart, die hier schon seit 1979 dabei ist. oder Köln.“ Insgesamt einkaufen, ins Museum Mit ihrer Expertise in ostasiatischer Kunst herrsche hier eine mehr Künstler werden durch deutsche Ga- und ins Theater sind die Stuttgarter mittlerweile eine der kollegiale Atmosphäre. lerien vertreten, davon kommen 37 gehen.“ ersten Anlaufstellen für die wohlhabende „Wenn eine Galerie Prozent aus der jeweiligen Region. 1) „Wir können wahn- chinesische Ober- und Mittelschicht – gleich neue Kunden akquiriert, sinnig stolz sein“, sagt nach den internationalen Branchenriesen profitieren davon meist auch die anderen.“ auch Imke Valentien. „Baden-Württemberg Sotheby’s und Christie‘s, die ansonsten in Ein Minus sieht er nur in den hohen Mieten hat ein fantastisches Fundament, es gibt hier einer anderen Liga spielen. in der Innenstadt, die viele Mitbewerber in viel Bildung und viel Kunstinteresse.“ Aller- Die Asiatika sorgen mittlerweile für zwei die Stadtteile drängen. „Eine Kunstmeile in dings sei dies dem schwäbischen Publikum Drittel der Umsätze bei Nagel – weit vor den der City kann so nicht entstehen, und Außen- beileibe nicht immer bewusst: „Man fährt weiteren Schwerpunkten europäische Kunst stehenden fällt die Orientierung eher lieber nach Basel oder fliegt nach Miami. und Antiquitäten, orientalische Teppiche schwer“, sagt Schlichtenmaier. Auch deshalb Dabei gibt es in Stuttgart eine tolle Qualität sowie moderne und zeitgenössische Kunst. ist er froh über den Standort im Schloss an Galerien und Künstlern, man muss es nur Auf mindestens zwei der insgesamt zwölf Dätzingen: „Unser ganzes Lager am Schloss- sehen.“ Auktionen, zu denen Nagel im Jahr einlädt, platz zu unterhalten -- das könnten auch wir Auch die Kunstwelt, so kann man es sehen, stehen daher Objekte aus China zu Gebot – uns nicht leisten.“ hat sich globalisiert -- mitunter so sehr, dass etwa textile Wandbehänge, religiöse 12 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
TITELTHEMA MAGAZIN „Ohne Gunst keine Kunst“ realisieren. Wichtig hierbei ist, dass die Unter- stützung nicht an eine Gegenleistung gebun- Die Kunststiftung des Landes betreibt seit fast vier Jahrzehnten den ist. So können die Stipendiaten frei von fi- Kulturförderung aus privaten und öffentlichen Mitteln nanziellem Druck experimentieren, „künstleri- sche Grundlagenforschung“ betreiben, Kräfte Die Kunststiftung Baden-Württemberg tanken und ihre Arbeit weiter entwickeln. Foto: Günter E. Bergmann ist 1977 aus einer Initiative aller dama- Wie wirkt die Kunststiftung auf das Kultur- ligen Landtagsfraktionen entstanden. leben Baden-Württemberg? Verschafft es Seither ist sie eine der bedeutendsten Insti- dem Land einen Vorteil vor anderen Bundes- tutionen zur Förderung der jungen experi- ländern, in denen es so etwas nicht gibt? mentellen Kunstszene im Land. Milla Baden-Württemberg braucht als inno- Herr Milla, Wie finanziert sich Ihre Stif- vativer Industriestandort ein kreatives Umfeld, tung? Welche Unternehmen treten als Spen- ein Klima, in dem Experiment und Zukunfts- der auf? orientierung eine große Rolle spielen. Das För- Milla Die Kunststiftung basiert auf dem Prin- derprogramm der Kunststiftung trägt hierzu zip der Komplementärmittel: Jede eingegange- Unser Interviewpartner bei, indem es dem vielfältigen Potential junger ne Spende von Firmen oder Privatpersonen Bernd Georg Milla Künstlerinnen und Künstler aus Baden-Würt- wird vom Land Baden-Württemberg verdop- Geschäftsführer temberg eine Plattform bietet. Diese Investition pelt. „Ohne Gunst keine Kunst!“ Dank diesem Kunststiftung BadenWürttemberg lohnt sich, denn die mittlerweile über 900 ehe- Modell wird privates Engagement belohnt. maligen Stipendiaten sind im besten Sinne Hervorzuheben ist das vorbildliche Engage- Kulturschaffenden und das Miterleben des „kulturelle Botschafter“ Baden-Württembergs. ment der Sparda-Bank eG als Hauptförderer, Moments, wenn vielversprechendes kreatives Ist die Kunst in einem reichen Industrie- aber auch viele (bekannte) mittelständische Potenzial entdeckt wird und Künstlerkarrie- land wie Baden-Württemberg nur ein Orna- Unternehmen aus dem Großraum Stuttgart ren ihren Anfang nehmen. Gerade für die ment, oder wird sie ernsthaft als Bestandteil unterstützen uns. Wir freuen uns über jede Zielgruppe der Kreativwirtschaft könnten wir der Lebensqualität begriffen? weitere Unterstützung, anlässlich unseres hier interessant sein. Milla Die Vielfalt kultureller Einrichtungen 40jährigen Jubiläums im kommenden Jahr gibt Wie wählen Sie die Künstler aus? zeigt, wie wichtig die Kunst im Leben der es viele Möglichkeiten für Partnerschaften. Milla Jährlich werden aus etwa 300 Bewer- Baden-Württemberger ist. Damit die Kunst Was bekommen die Unternehmen für ihr bungen durch Fachjurys insgesamt ca. 20 Sti- nicht zum schmückenden Ornament er- Engagement zurück? pendiaten in den Bereichen Bildende Kunst, starrt, muss sie in Bewegung bleiben. So hat Milla Als Förderer der Kunststiftung leistet Musik, Literatur, Darstellende Kunst, Kunstkri- die Kunststiftung den Musikbereich um ein man einen Beitrag zur jungen Kunst in Ba- tik und Kulturmanagement ausgewählt. Wich- Stipendium für neue Musikformen vom Po- den- Württemberg. Für die Unternehmen tig ist neben der künstlerischen Qualität ein pularbereich über Elektronik bis hin zu expe- spielen oftmals Horizonterweiterung, Kreativ- enger Bezug zum Land Baden-Württemberg. rimenteller Klangkunst ergänzt. Die Stiftung und Imagetransfer, Kontakte ins Kunstfeld Die Unterstützung erfolgt in einer Höhe von bleibt so am Puls der Zeit. Denn die jungen sowie die Verbindung zum Netzwerk der bis zu 12 000 Euro, zudem erhalten die Stipen- Kulturschaffenden sind hellwach, stellen Fra- Kunststiftung eine Rolle. Wichtige Aspekte diaten die Möglichkeit, Ausstellungen, Kon- gen, entwickeln neue Ideen und tragen posi- sind auch persönliche Begegnungen mit zerte, Lesungen sowie Publikationen zu tiv zur Entwicklung der Gesellschaft bei. Deutsche Bank Wechseln Sie jetzt zu der Bank mit dem besten Finanzierungsangebot. Unser Wissen für Ihr Unternehmen Mit unserem attraktiven InvestitionsDarlehen Plus für 1,85 % p. a. Stand 21.10.2016. Modellhafte Produktkombination mit 75 % festver- zinstem (ab 1,95% p.a. Zinssatz, Zinsfestschreibung 60 Monate) und 25% variabel verzinstem Darlehensanteil (ab 1,55% p.a. veränderlicher Zinssatz, Sondertilgung möglich). Laufzeit für beide Darlehensvarianten jeweils 5 Jahre, tilgungsfreie Zeit 12 Monate, ab 1,85% p.a. anfänglich MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16 deutsche-bank.de/geschaeftskunden kombinierter Zinssatz, Auszahlung 100%. Bonität vorausgesetzt. 13
MAGAZIN TITELTHEMA Foto: Jens Oswald Chinesische Kunden haben dem Auktionshaus Nagel seit der Jahrtausendwende einen enormen Auftrieb beschert. Mit ihrer Expertise bei Asiatika rangieren die Stuttgarter gleich nach den Branchenriesen Sotheby‘s und Christie‘s, sagt Prokurist Rudolf Pressler. Bronzefiguren, Einrichtungsgegenstände in chinesische Muttersprachler, für die Auktio- Transaktionen spielt sich im Bereich unter kunstvoller Einlegearbeit oder Teegeschirr nen werden zusätzlich freie Dolmetscher en- 1000 Euro ab.“ aus Porzellan. Auf einer einzigen Auktion gagiert. „Eine Auktion beginnt morgens um Der Sammler, der die millionenschwere erlösten die Stuttgarter 2013 rund 26 Milli- acht Uhr und dauert nicht selten bis spät in Weinkanne zwei Jahrzehnte zuvor für „nur“ onen Euro – gut die Hälfte des Rekordum- die Nacht“, sagt Pressler. 20 000 Mark gekauft hatte, dürfte damit eine satzes von 50 Millionen Euro in diesem Jahr. Im Asienbereich stammen 95 Prozent der kaum zu übertreffende Rendite erzielt haben. Den Höhepunkt bildete der Zuschlag über Objekte aus Sammlungen in Europa, demge- Dennoch raten die Fachleute eher davon ab, 3,7 Millionen Euro für eine Weinkanne aus genüber kommen 95 Prozent der Kunden Kunstobjekte als Kapitalanlage zu kaufen: dem kaiserlichen Haushalt – der höchste aus Asien, erklärt der Auktionator. Für viele „Die Wertentwicklung ist immer stark speku- Millionenverkauf in der Ge- Kunstwerke und Kunsthand- lativ geprägt und damit unvorhersehbar“, so 72 % schichte des Auktionshauses. werksobjekte ist es also eine Imke Valentien. Entsprechend hoch sei das In solchen Wochen geht es Heimkehr. Die meisten von Risiko. Wem es vor allem um eine Kapitalan- bei Nagel rund. Schon beim ihnen haben vor 100 bis 150 lage zu tun sei, dem empfiehlt sie deshalb den Aufbau muss jeder der 35 Mit- Jahren ihren Weg nach Euro- Aktienmarkt. Kunst sei etwas sehr Emotiona- arbeiter mit anpacken – egal der Galerien verkaufen pa gefunden – zu Preisen, von les, sagt sie. „Für mich ist es eine Anlage für ob Schreibkraft oder Akade- ausschließlich Gegen- denen man heute nur noch die Seele – man erfreut sich jeden Tag daran. wartskunst. 1) miker. Fünf Tage lang dürfen träumen kann. Dieses Lebensgefühl wollen wir vermitteln.“ die Interessenten jedes Stück „Der Trend geht klar zu gründlich in Augenschein nehmen, dann wirklich herausragenden Stücken“, bestätigt folgt der Auktionstag, der den Beteiligten Pressler, was ihn natürlich freut, denn von Walter Beck nochmals alles abverlangt. Im Saal sind jedem Verkauf erhält das Auktionshaus ein Redaktion durchschnittlich 60, manchmal aber auch Drittel des Zuschlagspreises als „Aufgeld“ Magazin Wirtschaft mehr als 200 Bieter anwesend. Zugleich lau- vom Käufer und rund 15 bis 25 Prozent als walter.beck@stuttgart. fen Gebote per E-Mail ein oder werden tele- „Abgeld“ vom Verkäufer. Allerdings seien ihk.de fonisch eingeholt, ein Teil der Kaufinteres- solche spektakulären Zuschläge für das ext- senten hat schon zuvor mit der Post sein Ge- rem elitäre Image des Auktionsbetriebs ver- Quellen: 1) Galerienstudie 2013 des Instituts für Strate bot abgegeben. Wegen des großen Anteils antwortlich, was insgesamt nicht der Wirk- gieentwicklung (IFSE); 2) Schätzung des Bundesverbands chinesischer Kunden beschäftigt Nagel vier lichkeit entspreche: „Ein sehr großer Teil der Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) 14 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
LESER-INTERVIEW MAGAZIN „Digitalisierung ist für uns Chefsache“ IHK-Leser-Interview Die grün-schwarze Landesregierung hat seit ihrem Start viele Initiativen zugunsten der Unternehmen auf den Weg gebracht, so Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut im Interview mit Magazin Wirtschaft und dem Kornwestheimer Unternehmer Albrecht Kruse. Beispiele sind der digitale Wandel und die Beschäftigung von Flüchtlingen. Seit Mai führt Dr. Nicole Hoffmeister- müssten sie also eine Zeit lang aussteigen und kunftsthema ist die Fachkräftesicherung. Als Kraut das Wirtschaftsministerin von ihr Unternehmen gleichzeitig in guten Hän- Land können wir bei Bildung, Ausbildung und Baden-Württemberg -- nun wieder als den wissen. Das kann durchaus schwierig sein. Weiterbildung gemeinsam mit anderen Akteu- eigenständiges Ressort, nachdem es unter Einfacher ist ein Einstieg in die Politik also viel- ren gezielte Maßnahmen und Programme ent- Grün-Rot als „Superministerium“ mit den Fi- leicht, wenn man etwa Angestellter oder Beam- wickeln, die dem Bedarf hier gerecht werden -- nanzen zusammengelegt war. Die 44-jährige ter in der öffentlichen Verwaltung oder Lehrer auch für die Digitalisierung in der Wirtschaft Mutter dreier Kinder engagiert sich vielfach ist, zumal es ja ein Rückkehrrecht dorthin gibt. sind wir zuständig – eine große Herausforde- sozial und ist selbst Unternehmerin. Als Ge- Es mag aber noch einen anderen Aspekt ge- rung, gerade für die kleinen und mittleren Un- sellschafterin des Balinger Waagenherstellers ben: In der Politik muss man immer Mehr- ternehmen, die wir zielgerichtet beim Thema Bizerba saß sie bis zu ihrem Amtsantritt im heitsentscheidungen treffen. Das ist ein ande- Wirtschaft 4.0 und Arbeit 4.0 unterstützen un- Aufsichtsrat des Unternehmens. rer Weg, als es Unternehmer gewohnt sind. Sie terstützen. Zudem ist die gesamte Gründersze- Magazin Wirtschaft Frau Dr. Hoffmeister- entscheiden oft schneller und dann allein. ne im Wirtschaftsministerium angedockt. Ne- Kraut, Sie sind eine der wenigen Unterneh- Magazin Wirtschaft Es war ja ein Wunsch ben den Gründerzentren wollen wir jetzt ein merinnen in der Politik. Warum, glauben der CDU, das Wirtschaftsressort wieder als Gründernetzwerk ins Leben rufen, um die be- Sie, gibt es nicht mehr davon? eigenes Ministerium zu führen. Welchen Ge- stehenden Initiativen zu verbinden. Andere Hoffmeister-Kraut Das mag viele Gründe staltungsspielraum hat man als Wirtschafts- wichtige Aufgaben sind Innovationsförderung haben. Aktive Unternehmerinnen und Unter- ministerin eines Bundeslandes überhaupt? und Technologietransfer. Unter anderem sind nehmer haben täglich eine große Aufgaben- Hoffmeister-Kraut Wir können als Land wir für die Fraunhofer-Institute und Institute vielfalt und viel Verantwortung für das Unter- Rahmenbedingungen schaffen, damit Unter- der Innovationsallianz zuständig, die mit klei- nehmen und die Beschäftigten. Das ist sehr nehmen erfolgreich sein können. Dafür haben nen und mittleren Unternehmen im Land gut zeitintensiv. Um in die Politik zu wechseln, wir vielfältige Ansatzpunkte. Ein großes Zu- und fruchtbar zusammenarbeiten. Foto: Hörner Kamen beim Leserinterview ins Gespräch: Wirtschaftsministerin HoffmeisterKraut und Albrecht Kruse, Geschäftsführer der Kornwestheimer SATA GmbH & Co. KG. MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16 15
MAGAZIN LESER-INTERVIEW Magazin Wirtschaft Die großen Weichen neu aufgebaute Netze sind Glasfasernetze, zum Autozuliefererbranche, der eine Studie kürz- werden aber in Berlin oder Brüssel gestellt. Beispiel in neuen Gewerbegebieten. In den be- lich einen starken Rückstand bei der Digitali- Hoffmeister-Kraut Natürlich werden die stehenden Netzen werden ältere Netzelemente sierung bescheinigt hat? großen Rahmenbedingungen -- wie Steuerpoli- sukzessive durch Glasfaser ersetzt. Die Glasfa- Hoffmeister-Kraut Auch diese Branche tik, Verkehrspolitik, Arbeitsgesetzgebung -- auf ser wird somit immer näher an die Haushalte profitiert von unseren Projekten, mit denen Bundesebene oder europäischer Ebene ent- gebracht. Ziel ist es, auch die letzten Meter Kup- wir die Unternehmen unterstützen. Die von schieden, aber auch da nehmen wir gezielt Ein- ferleitung in die Haushalte schrittweise durch uns ins Leben gerufene „Allianz Industrie fluss und vertreten die Position Baden-Würt- Glasfasern zu ersetzen. Dies ist allerdings mit- 4.0,“, ein Kreis von 56 Akteuren aus Politik, tembergs. Genauso wie wir die Belange der telfristig für den Massenmarkt wirtschaftlich Wissenschaft und Wirtschaft ist hier an ganz Wirtschaft innerhalb der Landesregierung ver- nicht darstellbar. Um dennoch heute schon konkreten Maßnahmen dran: zum Beispiel treten, zum Beispiel bei Initiativen des Verkehrs- hohe Bandbreiten, die durch den Glasfaseraus- die 16 Lernfabriken an beruflichen Schulen, oder des Umweltministeriums. Aktuell gestal- bau bis zu den letzten Verteilpunkten möglich mit denen wir Fach- und Nachwuchskräfte ten wir gemeinsam mit dem Kultusministerium geworden sind, anbieten zu können, werden ideal auf die Anforderungen der Industrie den geplanten Informatikunterricht. z.B. im DSL-Netz der Deutschen Telekom auf 4.0 vorbereiten. Wir investieren auch in ein Magazin Wirtschaft Voraussetzung für die den letzten Metern Kupferleitung Brücken- großes Applikationszentrum für Industrie Digitalisierung der Wirtschaft ist eine gute technologien, wie das Vectoring, eingesetzt. 4.0 und in regionale Transferzentren der Breitbandversorgung. Die grün-rote Vorgän- Eine Wettbewerbsverzerrung durch den Ein- Hochschulen mit angewandten Forschungs- gerregierung hat Förderprogramme zur Ver- einrichtungen und der Steinbeis-Stiftung, besserung der Infrastruktur aufgelegt. Müsste um KMU Orientierung für eigene Wege zur man aber nicht viel mehr Geld in die Hand Die Kommunen haben Industrie 4.0 zu geben. nehmen? Magazin Wirtschaft Viele Unternehmen jetzt die Möglichkeit, Hoffmeister-Kraut Das wird ja jetzt getan. im Land, auch kleine und mittlere, sind ex- Wir haben eine Digitalisierungsoffensive ge- ihre Breitbandnetze mit Hilfe portorientiert und verfolgen die Stolperpar- startet und der stellvertretende Ministerpräsi- von Bundes- und Landesmitteln tie um die Freihandelsabkommen Ceta und dent Thomas Strobl hat die Digitalisierung zur TTIP mit Fassungslosigkeit. Haben die Ver- Chefsache erklärt. Allein 2016 stellen wir Mit- massiv auszubauen. träge noch eine Chance? tel in Höhe von 51 Millionen Euro zur Verfü- Hoffmeister-Kraut Als Wirtschaftsministe- gung. 2015, noch unter der Verantwortung der satz der Vectoring-Technik sehe ich nicht; die rin kann ich nur dafür plädieren, dass wir Frei- alten Regierung, waren es erst 30 Millionen. kürzlich mit breiter Zustimmung der Länder handelsabkommen schließen -- mit Kanada und Die Kommunen haben jetzt die Möglichkeit, getroffene Vectoring-Entscheidung der Bun- auch mit den USA. Baden-Württemberg lebt ihre Breitbandnetze mit Hilfe von Bundes- und desnetzagentur hat den Gesichtspunkt der vom Export und von intakten Außenhandels- Landesmitteln massiv auszubauen. Wettbewerbssicherung angemessen berück- beziehungen. TTIP in dieser Form wird wohl Foto: Hörner Kruse Sehen Sie ein Risiko, dass das Vec- sichtigt. nur sehr schwer durchsetzbar sein, hier wird es toring, also die Ertüchtigung bestehender Magazin Wirtschaft Sind die kleinen und unter der neuen US-Regierung von beiden Sei- Kupfernetze, zu einer Wettbewerbsverzer- mittleren Unternehmen gut vorbereitet auf ten einen neuen Anlauf geben müssen. Die Blo- rung führt? den digitalen Wandel? ckade bei Ceta, wie sie sich gezeigt und dann Hoffmeister-Kraut Der Breitbandausbau Hoffmeister-Kraut Das muss man diffe- doch noch aufgelöst hat, war bedauerlich. Es der investierenden Netzbetreiber ist heute renziert und auch branchenbezogen betrach- wäre ein ganz und gar negatives Signal für die grundsätzlich ein Glasfaserausbau. Vollständig ten. Aber insgesamt ist Baden-Württemberg Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, im Bundesvergleich gut aufgestellt. In der In- wenn ein Abkommen über sieben Jahre ausver- dustrie ist die Entwicklung schon weit voran- handelt wird, zum Schluss beide Seiten damit Co-Interviewer Albrecht Kruse geschritten, und auch viele kleine und mittle- zufrieden sind und es dann trotzdem nicht ab- ist Geschäftsführer der re Unternehmen haben hohe Kompetenz in geschlossen werden kann. Hoffen wir also, dass SATA GmbH & Co. KG diesem Bereich. Aber es gibt auch noch viele wir Ceta über die Ziellinie bringen können. in Kornwestheim, eines -- gerade KMU ---, die bislang kaum auf das In- Kruse Manchmal wird in diesem Zusam- Herstellers von Lackier ternet und digitale Technologien setzen. Die menhang ja eine stärkere Bürgerbeteiligung pistolen, Druckluftfil Investitionen müssen sich letztlich bezahlt gefordert. Sehen Sie dies bei derart komple- tern und Atemschutz machen. Da werden die großen Effekte aber xen Themen als sinnvoll an? für Handwerk und In erst im letzten Schritt kommen, wenn die ein- Hoffmeister-Kraut Bürgerbeteiligung fin- dustrie mit 250 Mitar zelnen Produktionsprozesse wirklich vollstän- de ich in vielen Bereichen richtig und wichtig. beitern. Der 59jährige DiplomBetriebswirt ist dig miteinander vernetzt sind. Immerhin ist Aber man muss sich schon den einzelnen Fall seit 2005 Mitglied der Vollversammlung und schon jetzt erkennbar, dass wir wirklich große ansehen: Um alle wichtigen Aspekte eines seit 2009 des Präsidiums der IHK. Im Gespräch Effizienzgewinne erzielen werden. Mit den hochkomplexen Handelsabkommens wie mit Wirtschaftsministerin HoffmeisterKraut von uns geförderten Digitallotsen oder dem Ceta zu vermitteln, wäre der Informationsbe- legte er den Schwerpunkt auf den Ausbau der Aufbau einer branchenübergreifenden Initia- darf riesig, um das Thema komplett zu erfas- Breitbandversorgung, den viele Unternehmen tive „Wirtschaft 4.0“ unterstützen wir gerade sen und versiert abstimmen zu können. Das auch in der Region anmahnen. Albrecht Kruse die KMU auf dem Weg zur Digitalisierung. ist bei einem solchen Thema kaum leistbar. ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Magazin Wirtschaft Bleiben wir bei der Wir haben eine repräsentative Demokratie, Industrie. Wie sehen Sie die Situation in der die sehr gut funktioniert. Ihr Prinzip ist auch, 16 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
LESER-INTERVIEW MAGAZIN fordert und den Flüchtlingen damit eine auf den ersten Blick attraktivere Einkommens- möglichkeit vorgegaukelt wird? Hoffmeister-Kraut Die Gewerkschaften argumentieren natürlich, dass ihren Mitglie- dern Nachteile entstehen und gegebenen- falls Arbeitsplätze weggenommen würden, wenn man in der Entlohnung Unterschiede macht. Die betriebliche Einstiegsqualifizie- rung erlaubt Arbeitgebern aber schon heute, Flüchtlinge unterhalb des Mindestlohns von 8,50 Euro bis zu 12 Monate zu beschäftigen. Magazin Wirtschaft Sind die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien erreichbar, angesichts schleppender Genehmigungsver- fahren für Anlagen und Leitungen? Können sich die Unternehmen darauf verlassen, dass Energie bezahlbar bleibt? Hoffmeister-Kraut Die Landesregierung hat sich klar zur Energiewende bekannt. Zum anderen gilt: Die Energieversorgung muss sicher, bezahlbar und zukunftsfähig sein. Diese wichtigen Voraussetzungen müs- sen wir immer im Blick haben. 2017 steht eine Erhöhung der EEG-Umlage von rund 6,3 auf gut 6,8 Cent pro Kilowattstunde an, andererseits wurde das Gesetz im Bund neu geregelt: Die Verfahren werden jetzt ausge- schrieben. Wir müssen sehen, wie diese Re- form in der Praxis wirkt. Magazin Wirtschaft Für Infrastruktur, Flüchtlinge, Energiewende sind hohe Investi- tionen notwendig, aber schon jetzt schafft das Land bei Rekordeinnahmen gerade mal die Schwarze Null. Sehen Sie als Unternehmerin Beim Zukunftsthema Wirtschaft 4.0 sieht die Ministerin das Land gut aufgestellt. darin eine nachhaltige Haushaltspolitik? Hoffmeister-Kraut In der neuen Landes- regierung haben wir uns zum Ziel gesetzt, sich auf die Menschen zu verlassen, die sich ration von Geflüchteten in Ausbildung und einen soliden Haushalt aufzustellen. Der ers- stellvertretend für die anderen intensivst mit Beschäftigung ein vierstufiges Gesamtkonzept te Schritt ist getan und der nächste wird fol- einem Thema befasst haben, denen die nöti- entwickelt, das mit Spracherwerb, Berufsori- gen. Wir haben ab 2020 die Schuldenbrem- gen Informationen vorliegen und die letztlich entierung, Betreuung und Vermittlung sowie se, und die wird eingehalten, das ist unser über ein Thema abstimmen können. Stabilisierung alle Maßnahmen stimmig mitei- großes Ziel. Wir haben Sparmaßnahmen Magazin Wirtschaft Immer wieder wird nander verzahnt. Eine Initiative etwa ist das eingeleitet, auch in meinem Haus. Für uns betont, wie wichtig es ist, Flüchtlinge in das vom Wirtschaftsministerium ins Leben geru- als CDU war es Bedingung, dass dieses The- Arbeitsleben zu integrieren. Die Unterneh- fene Programm „Pro Beruf“ für Flüchtlinge, ma an erster Stelle steht, denn wir stehen für men versuchen das, stoßen aber schnell an das junge Leute in überbetrieblichen Bil- solide Finanzen. Gleichzeitig müssen wir in Grenzen. Müsste nicht zuerst viel mehr ge- dungsstätten schult. Zum anderen haben wir, Humankapital, also die Fachkräftesicherung, schehen, um Flüchtlinge überhaupt beschäf- auch in Kooperation mit den IHKs, flächen- und auch in die Innovationsfähigkeit inves- tigungsfähig zu machen? deckend im Land die Kümmerer eingesetzt. tieren. Das tun wir. Hoffmeister-Kraut Da geschieht sehr viel. Sie identifizieren die für eine Ausbildung ge- Kruse Mit der Reform des Länderfinanz- Wir haben dieses Jahr 14 500 Menschen in Ar- eigneten Flüchtlinge, unterstützen sie bei der ausgleichs scheinen jetzt tatsächlich alle zu- beit gebracht, überwiegend in Helfertätig- Berufswahl, vermitteln sie in Praktika und frieden zu sein. Sehen auch Sie darin ein keiten, meist in Gastronomie, Landwirtschaft Ausbildung, und sie sind gleichzeitig An- zukunftsfähiges Modell? oder auf dem Bau, wo ja auch Bedarf besteht. sprechpartner für die Betriebe. Hoffmeister-Kraut Aus heutiger Sicht hat Bei den knapp 600 abgeschlossenen Ausbil- Kruse Wenn man Flüchtlinge für die man hier einen tragfähigen Kompromiss zwi- dungsverträgen sehen wir noch Potenzial nach Ausbildung gewinnen will, ist es da nicht schen den unterschiedlichen Interessen ge- oben. Das A und O ist der Erwerb der deut- kontraproduktiv, wenn seitens der Gewerk- funden. Auch hier müssen wir sehen, wie er schen Sprache. Wir haben im Land zur Integ- schaften eine Entlohnung auf Basistarif ge- wirkt. MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16 17
MAGAZIN KURZ & KNAPP Wahrheiten W aaktuell, denkwürdig IIch hhhoffe ff sehr, dass die bisweilen schrillen protektionistischen Töne, die den US-Wahlkampf geprägt haben, jetzt verstummen und wieder maßvolle Sachlichkeit einkehrt. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Wirtschafts ministerin von BadenWürttemberg Diese Achse der Angst pervertiert das politische Klima, schwächt den demokratischen Konsens und gefährdet so die Zukunft des europäischen Projekts. Wolfgang Ischinger, Sicherheitsexperte, im „Handelsblatt” über das Erstarken illiberaler Kräfte in Europa im Gefolge der Syrienkrise Bei der Technologieentwicklung sehen wir den Kern hier in Deutsch- land. Tablets für Berufsschüler: In den nächsten fünf Jahren werden 10 000 Azubis an bis zu 50 Berufsschu Dr. Peter Leibinger, Mitglied der Trumpf len während ihrer Ausbildung TabletComputer nutzen können. Einsatzmöglichkeiten sollen Schulen und Geschäftsführung über die Globalisierungsstrate Betriebe gemeinsam entwickeln und erproben. Den Startschuss zu diesem Pilotprojekt der Landesregie gie des Ditzinger Maschinenbauers rung gab Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann an der GottliebDaimlerSchule 1 in Sindelfingen. Stuttgart und Industrie gehören zusammen -- das Auto wurde am Neckar erfunden und prägt gemeinsam mit dem Ma- schinenbau die Region. Das war aber nicht immer so. Im 19. Jahrhundert galt Stuttgart vor allem als Verlags- und Beamten- stadt und war ansonsten für ihre Textilunternehmen berühmt -- Namen wie Wilhelm Benger, Terrot und Moritz Horkhei- mer sind mittlerweile jedoch fast vergessen. Unterhaltsam und trotzdem historisch akkurat erzählt Werner Buthge die Geschichte und Vorgeschichte der Industrialisierung Stuttgarts und widmet den Traditionsfirmen besondere Sorgfalt. Dabei werden auch dunkle Seiten wie die Enteignung jüdischer Unternehmer durch die Nazis nicht ausgespart. Wie die Industrie nach Stuttgart kam. Von Drogen, Autos, Büstenhaltern und anderen „Sünden“ der Vergangenheit. Werner Buthge, Schmetterling Verlag, Stuttgart 2016, 120 Seiten, 12,80 Euro, ISBN 3896571524 Was genau sind noch mal Derivate? Wie werden Investments „gehedgt“? Und wozu um alles in der Welt braucht man an der Börse einen Hebel? Viele Begriffe hat man schon einmal gehört, meist ohne sie wirklich verstanden zu haben. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die Zauberworte der Geheimwissenschaft Wertpapierhandel manchmal recht ein- fache Sachverhalte beschreiben und vor allem dafür sorgen sollen, dass die vermeintlichen Fachleute unter sich bleiben. Wer ernsthaft Geld anlegen will oder einfach einmal wirklich verstehen möchte, wie die Börse funktioniert, findet hier einen verständlichen Leitfaden für den Einstieg und ein gutes Nachschlagewerk. Crash Kurs Börse. Sebastian Grebe, Sascha Grundmann, Frank Philipps. BörsenbuchVerlag, Kulmbach 2016, 240 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 9783864703652 Ob über Facebook, Internet oder klassische Printprodukte -- der Kundenkontakt über Medien wird auch für kleine und mittlere Unternehmen immer wichtiger. Wie man ein Kundenmagazin gestaltet und in ein Gesamtkonzept einbet- tet, das mehrere Informationskanäle umfasst, erklärt der erfahrene Magazinmacher Gerhard Baumann in diesem Buch sehr anschaulich und praxisnah. Klassische Themen wie Papierauswahl und Bindung werden ebenso berücksichtigt wie die neuen Möglichkeiten des Digitaldrucks -- etwa personalisierte Anzeigen. Auch für die Kosten, die eine solche Strate- gie natürlich mit sich bringt, enthält das Buch Finanzierungsvorschläge. Der erfolgreiche Weg zum Kundenmagazin. Editorial Design im Content Marketing. Gerhard Baumann, TappoVerlag, Ludwigsburg 2016, 148 Seiten, 29,90 Euro, ISBN 9783981069846 18 MAGAZIN WIRTSCHAFT 12.16
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