Magazin Wirtschaft - Subitec

Die Seite wird erstellt Vincent Peters
 
WEITER LESEN
Magazin Wirtschaft - Subitec
www.stuttgart.ihk.de 01.08.2016

                        Stuttgart - Böblingen - Esslingen-Nürtingen - Göppingen - Ludwigsburg - Rems-Murr

Magazin Wirtschaft  Ein Service der IHK für Unternehmen in der Region Stuttgart

Biotech
trifft
Automation
Seite 6

Geschäftsführung:
Verdienen Sie
zu viel?
Seite 19

Was tun nach
dem Brexit?
Seite 26
Magazin Wirtschaft - Subitec
BMW
                                                                                                                           Niederlassung
                                                                                                                           Stuttgart

                                                                                                                           www.bmw-
                                                                                                                           stuttgart.de      Freude am Fahren

IN deR FoRM
SeINeS LeBeNS.
deR BMW 5er MIT INNoVATIVeM
BuSINeSS PAckAGe.1

z.B. BMW 520d Touring.
Leasingangebot 2: 140 kW/190 PS, z. B. Schwarz Uni, Stoff Move Anthrazit/Schwarz, Automatic Getriebe Steptronic, Navigationssystem Business,
Park Distance Control, Freisprecheinrichtung mit USB Schnittstelle, Klimaautomatik mit 2 Zonenregelung, Regensensor, Automatische Fahrlicht-
steuerung, Bi-Xenon Scheinwerfer u. v. m.
Fahrzeugpreis:                                            32.238,65 EUR      Einmalige Leasing-Sonderzahlung:                              0,00 EUR
Leasingbeispiel der BMW Bank GmbH
Laufzeit:                                                      36 Monate
Laufleistung p. a.:                                            10.000 km     Mtl. Leasingrate zzgl MwSt.:                            349,00 euR
Angebot für gewerbliche Nutzung. Alle Beträge zzgl. Mehrwertsteuer.
Zzgl. BMW Welt Auslieferung Premium Compact 415,97 EUR zzgl. MwSt. und Zulassungspauschale 117,64 EUR zzgl. MwSt.
Kraftstoffverbrauch innerorts: 5,5 l/100 km, außerorts: 4,2 l/100 km, kombiniert: 4,7 l/100 km; CO2-Emission kombiniert: 123 g/km;
Energieeffizienzklasse: A+. Fahrzeug ausgestattet mit Automatic Getriebe.

1
  Business Package mit BMW Navigationssystem Business oder BMW Navigationspaket ConnectedDrive optional erhältlich. Ausgezeichnet mit der Auto
  Trophy 2015 (AUTO ZEITUNG, Ausgabe 26/2015) und Gewinner Best Cars 2016 in der Gesamtwertung der Kategorie „Obere Mittelklasse“ (auto motor
  und sport, Ausgabe 04/2016).
2
  Ein Angebot der BMW Bank GmbH, Heidemannstr. 164, 80939 München, Stand 07/2016. Vertragsabschluss bis 30.09.2016. Zulassung bis 30.09.2016.
Wir vermitteln Leasingverträge ausschließlich an die BMW Bank GmbH. Fahrzeugabbildung ist farbabweichend und zeigt Sonderausstattungen.
Fehler, Zwischenverkauf, Änderungen und Irrtümer vorbehalten.

BMW AG                                                 Stuttgart-Vaihingen
                                                       Untere Waldplätze 3
                                                                                     Stuttgart am Rosensteinpark
                                                                                     Pragstraße 140
Niederlassung Stuttgart                                70569 Stuttgart               70376 Stuttgart
www.bmw-stuttgart.de                                   Tel. 0711 1318-5333           Tel. 0711 1318-8877
Magazin Wirtschaft - Subitec
EDITORIAL

                                          Gemeinwohlökonomie:
                                          Auf der Suche nach einer besseren Welt
                                                Terror, Nationalismus, Flüchtlingsmig-    masse wird sozialisiert. Es gibt eine 33-Stun-
                                                ration, Klimaveränderung und Finanz-      den-Woche. Das Bankensystem in heutiger
                                                krisen machen vielen Menschen Angst.      Form soll durch eine demokratische Bank er-
                                          Sie suchen nach neuen Lösungen, nach ei-        setzt werden, die keine Gewinne machen darf.
                                          ner besseren Welt -- und auf dem Feld der       Vorgesehen ist zudem ein gesetzlicher Min-
                                          Wirtschaft nach einer neuen, ökologische-       dest- und Maximallohn. Der Unterschied soll
                                          ren und gerechteren Ökonomie, die dem Ge-       höchstens das 20-fache betragen, bei Banken
                                          meinwohl dient, Einkommensunterschiede          das Dreifache.
                                          egalisiert, Wohlstand verteilt und jedem
                                          größtmögliches Glück verspricht. Christian      Abkehr von der Marktwirtschaft
                                          Felber, Attac-Aktivist und Dozent aus Öster-
                                          reich , wirbt seit 2010 für seine Gemeinwohl-      Die Verfechter der Gemeinwohl-Ökono-
                                          ökonomie, und schart immer mehr Anhän-          mie wollen eine radikale Abkehr von der so-
                                          ger für seine Ideen hinter sich, bis hin zu     zialen Marktwirtschaft. Nun weist diese in
 Bernd Engelhardt                         Europaparlamentariern in Brüssel.               der Tat auch Schwachstellen auf. Nichts ist
 Stellvertretender Hauptgeschäftsführer      Sein Credo: statt Gewinn und Verlust wer-    perfekt. Zugleich sind die marktwirtschaftli-
 der IHK Region Stuttgart                 den in einer Gemeinwohl-Bilanz die Sinnhaf-     chen Wirtschaftssysteme der westlichen Welt
                                          tigkeit von Produkten und Dienstleistungen,     unterschiedlich und stehen im Wettbewerb
                                          die ökologische Ausrichtung und die Mitbe-      zu Ländern wie China mit hohem staatswirt-
                                          stimmung durch Beschäftigte bewertet.           schaftlichen Einfluss. Daher ist es legitim,
                                          Schon eine Reihe teils auch namhafter Be-       über ökonomische Systeme zu diskutieren
                                          triebe hat eine solche Gemeinwohl-Bilanz        und sie zu verändern. Richtig ist aber auch:
                                          erstellt. Viele nutzen sie zum Produkt- oder    die Gemeinwohl-Ökonomie mit ihren heuti-
                                          Arbeitgebermarketing.                           gen Ansätzen würde Kosten und Bürokratie
                                                                                          für die Wirtschaft erheblich steigern, Investi-
                                          Minuspunkte für Wettbewerb                      tionen unattraktiv machen, die unternehme-
                                                                                          rische Freiheit massiv einschränken und vie-
                                             Die Gemeinwohl-Bilanz soll nur vorläufig     le Firmeninhaber und Aktionäre enteignen.
                                          die klassische Bilanz ergänzen. Sie ist Kern       Zugleich bleiben Rolle, Legitimation und
                                          einer neuen Wirtschaftstheorie, in der Wett-    Zusammensetzung eines gewählten Wirt-
                                          bewerb bestraft und Kooperation belohnt         schaftskonvents unklar. Es soll für viele Le-
                                          werden. Gewinnstreben und Konkurrenz            bensbereiche Konvente geben, etwa für Bil-
                                          werden als Grundübel unserer Welt angese-       dung, Medien, Daseinsvorsorge usw. Sie be-
                                          hen. So gibt es für Patente Minuspunkte,        stimmen auf der Grundlage der Gemein-
                                          weil sie Wissen für andere nicht zugänglich     wohl-Ökonomie, was richtig und falsch ist.
                                          machen. Pluspunkte lassen sich unter ande-      Wo bleiben Kommunal- und Landesparla-
                                          rem mit nachhaltiger Produktion erzielen        mente, wo Bundesrat und Bundestag?
                                          und je mehr Punkte im Bewertungsschema
                                          der Gemeinwohl-Bilanz ein Betrieb erreicht,     Widerspruch zum Grundgesetz
                                          desto geringer soll seine Belastung durch
                                          Steuern, Zölle oder Zinsen sein.                   Erstaunlich ist, dass demokratische Par-
                                             Eigentums- und Freiheitsrechte werden neu    teien und etablierte Institutionen mit der Ge-
                                          definiert. So sollen große Betriebe mit über    meinwohl-Ökonomie sympathisieren. Ihre
                                          5000 Beschäftigten enteignet und der Beleg-     Verfechter verweisen auf Artikel 14 des
                                          schaft und der Allgemeinheit übertragen         Grundgesetzes. In Absatz 2 steht: „Eigentum
                                          werden. Firmenkäufe oder -verkäufe sind ver-    verpflichtet. Sein Gebrauch soll zudem dem
                                          boten. Gewinne sollen an die Belegschaft        Wohle der Allgemeinheit dienen“. Absatz 1
                                          ausgeschüttet oder in Produkte und Dienst-      stellt aber vorher klar fest: „Das Eigentum und
                                          leistungen mit sozialem und ökologischem        das Erbrecht werden gewährleistet“. Dies
                                          Mehrwert investiert werden. Diesen Mehr-        steht im klaren Widerspruch zur Gemein-
                                          wert definiert dann ein Wirtschaftskonvent.     wohl-Ökonomie-Theorie des Christian Felber.
                                          Gesellschafter oder Investoren, die nicht im    Am allererstaunlichsten aber ist: selten haben
                                          Betrieb mitarbeiten, sollen keine Gewinne       diejenigen, die sich für die die Gemeinwohl-
                                          erhalten. Vererbt werden dürfen maximal         Ökönomie von Herrn Felber begeistern, seine
                                          500 000 Euro. Darüber hinausgehende Erb-        Bücher auch wirklich gelesen.

MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                                            3
Magazin Wirtschaft - Subitec
INHALT

12                                                     30                                             43

                                                       Foto: Thinkstock

                                                                                                      Foto: Kuhnle
                                         Foto: Imago

Hopp glaubt an Biotech                                 Sommer im Büro                                 IHK-Sommerempfang
Als einer von ganz wenigen Privatinvestoren            Wie Sie sich und Ihre Mitarbeiter vor Hunds-   Fast 900 Gäste kamen Anfang Juli zum
in Deutschland beteiligt sich SAP-Mitbegrün-           tagen schützen können und müssen, das          Sommerempfang in das Stuttgarter
der Dietmar Hopp an jungen Biotechnologie-             erfahren Sie auf Seite 30.                     IHK-Haus. Die Gastrede hielt die neue
firmen. Im Interview mit Magazin Wirtschaft                                                           Wirtschaftsministerin Baden-Württem-
erklärt er seine Motive.                                                                              bergs, Nicola Hoffmeister-Kraut (CDU).

                                                                                                      DIE LETZTE SEITE                      82
                                                                                                      Kommentar Die Medien nehmen ihre
                                                                                                      Informationspflicht nicht immer
                                                                                                      ernst genug, findet IHK-Unternehmer
                                                                                                      Carsten Fuchs
                                                                                                      Ärgernis des Monats Insolvenz-
                                                                                                      verwalter bittet zur Kasse
                                                                                                      Cartoon Die Frauenquote und wie sie
                                                                                                      sich selbst erfüllt

4                                                                                                                    MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
Magazin Wirtschaft - Subitec
MAGAZIN 6-53
                                              IHK & REGION 42-50
     TITELTHEMA 6-14                          42    IHK-Sommerempfang 2016
 6   Biotechnologie trifft Automatisierung    44    Neues IHK-Referat Internationales
11   Interview: Boehringer Ingelheim inves-         Wirtschaftsrecht und Handelspolitik
     tiert in Biotech-Start-ups                     Thomas Strobl, stellvertretender Minis-
12   Interview: Dietmar Hopp glaubt an die          terpräsident, zu Gast bei der IHK-
     Zukunft der Branche
                                              45
                                                    Vollversammlung
                                                    Prüferehrung IHK zeichnet 1600
                                                                                                   ' Leistung 4.0 '
     KURZ & KNAPP 16-17                             ehrenamtliche Prüfer aus
16   Art Alarm der Stuttgarter Galerien             Verkehrsfragen dominieren die IHK-
     Sparsamste Ampel der Welt Bietigheim-          Bezirksversammlung Esslingen
     Bissingen ist Vorreiter                  46    2. baden-württembergischer Diversity-
     Buchvorstellung Engagierte Streit-             Kongress im Oktober in Stuttgart
     schrift für Europa                             Telegramm
     Wahrheiten aktuell und unterhaltsam      47    Auftakt zum Energieberatungspro-
17   Personalien Namen und Gesichter                gramm KEFF
     Sagen Sie mal … Fragen an Susanne              Neuer IHK-Abschluss „Senior-Service-
     Kunschert (Pilz GmbH & Co. KG)                 techniker für Systeme und Prozesse“
                                              48    Industriereport Böblingen offenbart
     RAT & TAT 18-35                                starken Landkreis
18 Telegramm Aktuelle Kurzmeldungen           49    Fahrerloses Auto braucht noch Zeit
19 Hält der Fiskus Ihr Geschäftsführer-       50    Wirtschaftsjunioren
   gehalt für angemessen?
20 Indonesien – der unterschätzte Riese             FIRMENREPORT 51-53
21 Interview Trumpf-Mann Jörg Kienast         51    Nachrichten über regionale Firmen
   erzählt, warum sich in Indonesien ein
   50:50 Joint Venture bewährt                      DIE LETZTE SEITE 82
23 Industrie 4.0 gefährdet weniger Jobs       82    Kommentar, Karikatur und Ärgernis
   als gedacht                                      des Monats
   Chinesische Patente: Masse statt Klasse
24 Führungsstil Das wünschen sich Nach-                INFO 54-81
   wuchskräfte von ihrem Chef
26 Brexit Was Sie jetzt im England-Ge-              BEKANNTMACHUNGEN
   schäft wissen müssen                       56    Vorschriften über die öffentliche Be-
27 Die Kaufprämie für E-Autos ist da                stellung und Vereidigung von Sachver-
28 Innovationskultur Gründen Sie Ihren              ständigen
   eigenen Campus                             58    Prüfungsordnung für die Sach-
30 Sommer im Büro Was Sie tun müssen,               kundeprüfung zum/zur geprüften
   wenn es doch noch heiß wird                      Fachmann/-frau für Immobiliardarle-
32 Aktuelle Zahlen, Fakten und Tendenzen            hensvermittlung IHK
34 Wirtschaft im TV Das müssen Sie sehen
35 Enrich your Business English                     HANDELSREGISTER
                                              54    Mai/Juni
     MENSCHEN & IDEEN 36-41                         Neueintragungen, Veränderungen,
36   Zeitsprung Gebauer, Aktiv-Markt                Löschungen und Insolvenzen
     M. Gebauer GmbH
37   Hidden Champions Kleemann GmbH                 BRANCHENSPIEGEL
                                                                                                                                   supporting experts.

     in Göppingen                             61    Bezugsquellennachweis Angebote
38   Made in Schwaben Dommer Stuttgarter            aus der Wirtschaft                        I H R A N S P R E C H PA R T N
     Fahnenfabrik
39   Existenzgründer im Porträt Jens-Peter          RUBRIKEN                                  Gerd Depner
     Wedlich verkauft unverpackte Lebens-     64    Impressum                                 Geschäftsführer
     mittel                                   66    Jubiläen                                  ep Stuttgart
40   Karriere mit Lehre Martin Buch -- von    70    Termine
                                                                                              T: +49 711 806093-0
     der Werkbank zum Bankvorstand            74    Geburtstage
41   Aus den Labors der Region Die Subitec
     GmbH baut Anlagen für Mikroalgen         Titelbild: Michael Luz

                                                                                              www.engineering-people.de
MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                                    5
Magazin Wirtschaft - Subitec
TITELTHEMA

           Eine Mitarbeiterin pipettiert
           Pufferlösung in Reagenzgefäße.
           Vieles in der Biotechnologie ist
           noch reine Handarbeit. Doch eine
           Reihe von Firmen in der Region
           arbeitet daran, dies zu ändern.
           Foto: Bioregio

6                                             MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
Magazin Wirtschaft - Subitec
TITELTHEMA         MAGAZIN

                              Klein aber fein –
                              Biotech in der Region
                              Die Biotechnologie-Branche in der Region entwickelt sich seit Jahren
                              erstaunlich stabil. Das liegt auch daran, dass es hier viele Firmen gibt, die
                              nicht dem großen Blockbuster-Medikament nachjagen, sondern die
                              Kooperation mit dem Maschinen- und Anlagenbau suchen, um biotechno-
                              logische Produktion serientauglich zu machen.
                                    Biotechnologie -- war da was? Die aktu- den Regionen Stuttgart und Tübingen/Reut-
                                    ellen Zahlen, zusammengefasst im lingen vorantreibt. Jedoch sei dieser Flaschen-
                                    Deutschen Biotechnologie Report hals nicht für alle Firmen gleich eng. Gerade
                              2016 von Ernst & Young, scheinen dagegen in der Region gebe es Unternehmen wie die
                              zu sprechen. So ging die Zahl der Neugrün- Cegat GmbH & Co. KG in Tübingen, die sich
                              dungen in Deutschland allein in den vergan- über Analysedienstleistungen von Anfang an
                              genen vier Jahren von 28 auf 11 zurück. Und aus eigener Kraft finanziert hat. Andere hät-
                              der Markt für Risikokapital, von dem vor al- ten sich darauf verlegt, Zellkulturverfahren,
                              lem die innovativen Arzneimittelentwickler Analysemethoden oder Medizinprodukte zu
                              abhängig sind, ist in Deutschland immer entwickeln, an die weniger strenge gesetzliche
                              noch unterentwickelt: 2015 flossen ganze Anforderungen gestellt würden als an Medi-
                              236 Millionen Euro in Unternehmen der kamente. „Nach dem Platzen der Neuer-
                              Biotechnologie -- der Löwenanteil, nämlich Markt-Blase zu Beginn des Jahrtausends
                              167 Millionen Euro, stammte von einer hatten wir in der Region auch weniger In-
                              Handvoll Investoren und kam lediglich ei- solvenzen zu beklagen als anderswo“, so
                              nem Unternehmen zugute. Das ist ein Bruch- Eichenberg.
                              teil des Kapitals, das der Branche etwa in       Beobachten kann man das etwa im „Life
                              den USA zur Verfügung steht. Den US-Bran- Science Center“ in der Esslinger Schelztor-
                              chenriesen wie Amgen oder Genentech mit straße. In dem Gründerzentrum, das im Jahr
                              ihren Milliardenumsätzen hinken selbst die 2000 auf Initiative von Esslingens Oberbür-
                              besten hiesigen Unter-                                             germeister Zieger einge-
                              nehmen um gut zwei                                                 richtet wurde, gab es
                              Jahrzehnte hinterher.                Nach dem Platzen              seither viel Fluktuation
                                 Dies zumindest gilt,           der Neuer-Markt-Blase            -- nur eines der zurzeit
                              wenn man nur das klas-                                             fünf dort ansässigen
                                                                  gab es hier weniger
                              sische Geschäftsmodell                                             Unternehmen ist seit
                              der Biotechnologie be-          Insolvenzen als anderswo           der Anfangszeit dabei.
                              trachtet: Eine kleine in-                                          Aufgeben mussten in-
                              novative Firma -- oft aus der Hochschule her- des nur wenige. Einigen wurde es in der
                              aus gegründet -- entwickelt einen Arzneimit- Schelztorstraße dagegen zu eng -- so dem
                              telwirkstoff und finanziert diese oft viele Naturkosmetikhersteller HAN-GmbH. Um
                              Jahre dauernde Arbeit über staatliche oder die aufstrebenden Unternehmen möglichst
                              private Risikokapitalfonds. Mit den klini- in Esslingen zu halten, weitet die Stadt ihr
                              schen Studien sowie der anschließenden Engagement aus -- auf dem ehemaligen
                              Massenproduktion und Vermarktung ist Hengstenberg-Areal soll bis Jahresende das
                              solch ein Unternehmen meist überfordert, „Life Science Center 2“ entstehen.
                              und so verkauft es sein Produkt an ein gro-      Birgit Emberger ist Geschäftsführerin des
                              ßes Pharmaunternehmen. Mit der Selbst- Life-Science-Fonds der Stadt -- wohl ein Uni-
                              ständigkeit ist es dann aus, nicht selten auch kum unter deutschen Kommunen. Das
                              mit dem Standort.                              Kommanditkapital in Höhe von 2,6 Millio-
                                 „Natürlich ist für viele Unternehmen die nen Euro ist derzeit in insgesamt sieben
                              Finanzierung der erste und wichtigste Fla- Biotech-Startups angelegt. „Seit Gründung
                              schenhals“, sagt Dr. Klaus Eichenberg, Ge- des Fonds 2002 mussten nur drei Unterneh-
                              schäftsführer der BioRegio Stern, die die men Insolvenz anmelden“, sagt Emberger.
                              Entwicklung der Biotechnologie-Branche in Dagegen haben zwei der Empfänger die

MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                            7
Magazin Wirtschaft - Subitec
MAGAZIN            TITELTHEMA

                                                                                                                           „Das ganz große Thema ist seit einigen

                                                                                                    Foto: Tom Bässler
                                                                                                                        Jahren, wie man biotechnologische Ver-
                                                                                                                        fahren standardisieren, automatisieren und
                                                                                                                        für die Großserie tauglich machen kann“,
                                                                                                                        sagt Wirtschaftsentwickler Eichenberg. Bio-
                                                                                                                        tech-Startups suchten verstärkt den Kontakt
                                                                                                                        zu den Maschinenbauern, von denen es in
                                                                                                                        der Region Stuttgart so viele gibt. Und die
                                                                                                                        innovativeren unter diesen alteingesessenen
                                                                                                                        Unternehmen sind sich ebenfalls bewusst,
                                                                                                                        dass sich ihnen hier eine Chance bietet, neue
                                                                                                                        Märkte zu erschließen.
                                                                                                                           Gleich, ob es um die Herstellung von Zell-
                                                                                                                        kulturen geht, um Antikörpertests, Gense-
                                                                                                                        quenzierung oder den Nachweis von Fremd-
                                                                                                                        DNA mittels Polymerasekettenreaktion --
                                                                                                                        alle diese zum Teil bahnbrechenden Verfah-
                                                                                                                        ren haben ihre Wurzeln in Laborrezepten,
                                                                                                                        die auf einen Fertigungsingenieur ziemlich
                                                                                                                        hemdsärmelig wirken. Diese lassen sich
                                                                                                                        aber nicht so einfach in den Fabrikmaßstab
                                                                                                                        übertragen wie die Techniker das gewohnt
                                                                                                                        sind. „Anders als bei der Produktion von
                                                                                                                        Motoren oder Wechselrichtern hat man es
                                                                                                                        hier nicht mit klaren Ursache-Wirkung-Ket-
                                                                                                                        ten zu tun“, erklärt Eichenberg. „Es sind
                                                                                                                        immer statistische Effekte, mit denen man
                                                                                                                        hier umgehen muss, und das erscheint man-
                                                                                                                        chem Ingenieur äußerst unberechenbar.“
                                                                                                                        Umgekehrt ist Automatisierung für viele
                                                                                                                        Naturwissenschaftler ein unbekanntes Ter-
                                                                                                                        rain. So fallen Biochemiker aus allen Wol-
                                                                                                                        ken, sobald ihnen klar wird, dass die Umlen-
                                                                                                                        krollen in einer Anlage gefettet werden
                                                                                                                        müssen -- unter Reinraumbedingungen völ-
                                                                                                                        lig undenkbar.

                                                                                                                        Ingenieure und Biologen reden
                                                                                                                        nicht dieselbe Sprache
Oliver Schacht, Chef der Curetis AG, zeigt die modularen Diagnostik-Kits, die das Holzgerlinger Unter-                     Es stoßen zwei Welten zusammen, die
nehmen herstellt. Als erstes Biotech-Startup seit langem hat Curetis den Börsengang gewagt.                             nicht die gleiche Sprache sprechen. Dennoch
                                                                                                                        sei die Zusammenarbeit essenziell, sagt Ei-
                                                                                                                        chenberg: „Wenn ein Produkt einschlägt und
Förderung bereits zurückgezahlt – mit einer          Leiter Geschäftsentwicklung Medizintechnik                         plötzlich Bestellungen im Millionenumfang
Verzinsung von acht Prozent. Eine gute An-           und Laborautomatisierung bei Festo. So wer-                        vor der Tür stehen, dann hat ein Unterneh-
lage, die man bei der Stadt aber gleichwohl          den z.B. die Diagnostikmöglichkeiten ständig                       men Probleme, wenn es im Jahr nur 1000
als Wirtschaftsförderung betrachtet. So              verbessert, in kurzer Folge kommen neue                            Stück herstellen kann.“
scheint man es auch bei den anderen Geld-            Geräte auf den Markt, in denen auch Tech-                             Eine Firma, die diese Klippe umschifft hat,
gebern zu sehen, zu denen neben der Kreis-           nik von Festo eingesetzt wird. „Wir partizi-                       ist die Curetis GmbH in Holzgerlingen. Vor
sparkasse und der Volksbank auch private             pieren hier an einem stark wachsendem                              sieben Jahren von ehemaligen Mitarbeitern
Investoren sowie der Automatisierungsspe-            Markt, in dem wir -- im Gegensatz zu Bran-                         der Philips-Medizintechnik gegründet, stellt
zialist Festo gehören.                               chen wie der Automobilindustrie, in denen                          Curetis modulare Diagnostik-Kits für den
   Dass sich das große Familienunternehmen           Festo seit Jahrzehnten etabliert ist -- noch                       Nachweis schwerer Infektionskrankheiten
aus Esslingen-Berkheim für Biotechnologie            kaum vertreten sind“, so Jaschke. Bei Festo                        wie Pneumonie, Implantat- oder Gewebein-
interessiert, überrascht nur auf den ersten          seien die Umsätze im Life-Science-Bereich                          fektionen und Sepsis her. Dabei handelt es
Blick. „Es handelt sich um ein wichtiges Zu-         seit einem Jahrzehnt Jahr für Jahr zweistellig                     sich um auswechselbare Kartuschen, die in
kunftsfeld mit enormem Potenzial auch für            gewachsen -- wenn auch von einer vergleichs-                       ein Analysegerät eingesetzt werden können
uns als Automatisierer“, sagt Peter Jaschke,         weise niedrigeren Basis aus.                                       und binnen weniger Stunden verlässliche

8                                                                                                                                      MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
Magazin Wirtschaft - Subitec
Foto: Tom Bässler

Ein Dosierapparat, mit dem sich Flüssigkeitsmengen im Nanoliter-Bereich handhaben lassen ist die Entwicklung von Klaus Traube vom Fraunhofer IPA. Um
die Erfindung zu vermarkten hat er mit einigen kollegen das Spin-off Dispendix gegründet.

Ergebnisse liefern -- bisher dauert es mehrere     Engineering -- Life Sciences -- Automation“           Hierfür werden die Holzgerlinger noch
Tage, bis dem behandelnden Arzt in der Kli-        (ELSA), eines von der IHK und der Bioregio         tief in die Taschen greifen müssen – doch die
nik die Ergebnisse vorliegen.                      Stern unterstützten Projekts, kamen die Bio-       sind seit November 2015 gut gefüllt: 44 Mil-
   Das Innenleben einer solchen Kartusche          technologen mit der Winterbacher Contexo           lionen Euro hat Curetis bei einem der weni-
gleicht einem kleinen Labor: Es umfasst die        GmbH in Verbindung, einem Hersteller von           gen Börsengänge der Branche in den letzten
notwendigen Chemikalien und Arbeits-               Sondermaschinen für die Verarbeitung von           Jahren eingenommen. Damit sieht Schacht
schritte für die Polymerasekettenreaktion          Kunststoffteilen. In Zusammenarbeit mit            sein Unternehmen ausreichend finanziert,
(PCR), die zur Vervielfältigung von DNA-           Curetis entwickelten die Remstäler einen           bis es wie von den Analysten geplant in den
Spuren des Krankheitserregers dient. Diese         Maschinentyp, auf dem sich die kniffligen          kommenden Jahren profitabel wird.
werden dann mit genannten Microarrays              Labormodule herstellen lassen. Auf sieben
nachgewiesen -- Chips, die mit spezifischen        Fertigungsstraßen im Curetis-Werk Bodels-          Kleine und segmentierte Märkte
Bindungsmolekülen ausgestattet sind. Über          hausen bei Tübingen werden derzeit pro
diese Biochips lässt sich zugleich bestim-         Jahr mehrere 10 000 Diagnosekartuschen im             Wie sich Biotechnologie mit moderner
men, gegen welche Antibiotika der Erreger          Einschichtbetrieb hergestellt. Ausgelegt ist       Fabrikautomation in Einklang bringen lässt,
möglicherweise resistent ist. Insgesamt setzt      die Fabrik bis zu einer Million – ein Ausstoß      beschäftigt auch die Wissenschaftler am
sich jedes dieser Mini-Labors aus 88 Spritz-       den man in den kommenden Jahren zu errei-          Fraunhofer IPA in Stuttgart-Vaihingen. „Die
gussteilen zusammen und enthält 200 ver-           chen hofft, wenn die Markterschließung in          Automatisierungstechnik in vielen Life-Sci-
schiedene Reagenzien.                              den USA und Asien vorangekommen ist.               ence-Laboren und -Produktionen hinkt an-
   Von Anfang an war klar, dass es für diese       Dann werde man auch über einen neuen               deren Branchen wie dem Maschinenbau um
Erfindung in den Kliniken der Welt ein gro-        Produktionsstandort nachdenken müssen,             zwei Jahrzehnte hinterher“, sagt Andreas
ßes Potenzial gibt. Maschinen, auf denen           sagt Curetis-Vorstandschef Oliver Schacht –        Traube, Abteilungsleiter Laborautomatisie-
man die Kartuschen in Serie hätte produ-           die zweite Fabrik werde dann voraussichtlich       rung und Bioproduktionstechnik am IPA.
zieren können, existierten jedoch nicht.           in den USA oder gegebenenfalls auch in             Die Gründe hierfür sieht er jedoch weniger
Durch Vermittlung der „Clusterinitiative           Asien errichtet.                                   in den technischen Schwierigkeiten, eher

MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                                                        9
Magazin Wirtschaft - Subitec
MAGAZIN            TITELTHEMA

                                                                                                                                                        Foto: Tom Bässler
Computermodelle, mit denen sich biotechnologische Produktion optimieren lässt, sind das Geschäft der Insilico Biotechnology AG. Hier diskutieren Vertriebs-
chef Dirk Rathfelder und CEO Klaus Mauch an einer schematischen Darstellung des Zellstoffwechsels.

in interdisziplinären Hürden sowie in der            Zellkulturen um die Hälfte auf rund drei             werkzeug der Laboranten, kaum zu hand-
starken Segmentierung und bescheidenen               Wochen. Und weil die Bio-Produktionsstraße           haben sind -- ein viel zu großer Teil der Probe
Größe und der Märkte, auf denen obendrein            selbst ein steriles, abgeschlossenes System ist,     würde an der Spitze hängen bleiben.
noch sehr wenig Wettbewerb herrsche. Da-             muss sie nicht in einem Reinraum aufgestellt            Am besten also, man fasst die Nanotröpf-
bei sei die Automatisierung nicht nur für die        werden.                                              chen gar nicht erst an -- und das funktioniert
Massenproduktion wichtig, betont Traube.                Auch einem anderen Problem hat sich               tatsächlich. In dem vollautomatischen Do-
Schon im Labormaßstab gewährleiste sie               Traube angenommen. Mit seiner Firma Dis-             sierapparat von Dispendix werden Flüssigkei-
eine höhere Genauigkeit und Reproduzier-             pendix, die er gemeinsam mit vier Mitstrei-          ten in wenige Nanoliter große Mengen zer-
barkeit der Ergebnisse, die bei der sonst übli-      tern auf dem Campus in Vaihingen gegrün-             teilt -- mittels Druckluft. Die Flüssigkeiten
chen Handarbeit zu stark von Sorgfalt und            det hat, vermarktet er einen selbst entwickel-       sind hier in kleinen Näpfchen enthalten, an
Tagesform des ausführenden Mitarbeiters              ten vollautomatischen Dosierapparat. In              deren Grund sich jeweils ein Siliziumplätt-
beeinflusst würden.                                  Forschungslabors auf der ganzen Welt sieht           chen mit einem Loch befindet. Das Loch ist
   Gemeinsam mit dem Schwesterinstitut               er ein großes Potenzial, und so erwarten die         so winzig, dass die Flüssigkeit aufgrund der
IGB und zwei weiteren Fraunhofer Instituten          Gründer, ab dem kommenden Jahr Gewinne               Oberflächenspannung nicht herauslaufen
haben Traube und seine Mitarbeiter die               einzufahren.                                         kann. Wird jedoch ein Druckluftimpuls auf
„Tissue Fabrik“ entwickelt, in der pro Monat            Die Dosiermaschine „I-Dot“ der Vaihinger          die Näpfchen gegeben, presst dieser eine
rund 5000 briefmarkengroße Hautzellkul-              zielt darauf ab, den Verbrauch der oft kost-         definierte Menge Flüssigkeit hindurch, deren
turen vollautomatisch hergestellt werden             spieligen Reagenzien bei molekular- und im-          Volumen man durch Dauer und Intensität
können. Die künstlichen Hautstückchen die-           munbiologischen Prozessen auf ein Mini-              des Druckluftschubs einstellen kann.
nen zu Transplantationen oder zum Testen             mum zu senken. Diese Sparsamkeit kann                   Der Charme des I-Dot liegt auch darin,
von Kosmetika und Chemikalien. Der Bedarf            man im Prinzip ziemlich weit treiben, denn           dass er sich einer vergleichsweise einfachen
steigt wegen des Wachstums der so genann-            die zugrundeliegenden Reaktionen laufen              Technik bedient und laborübliche Einzelteile
ten Regenerationsmedizin und weil man aus            selbst in kleinsten Flüssigkeitströpfchen von        verwendet. Kosten und Herstellungsaufwand
ethischen Gründen verstärkt Alternativen             einigen Nanolitern (milliardstel Litern) ab.         sind daher überschaubar. So kommen Druck-
zum Tierversuch einsetzt. Die „Tissue                Der Haken ist jedoch, dass derart winzige            luftkomponenten von Festo zum Einsatz,
Fabrik“ senkt die Produktionszeit der                Mengen mit der Pipette, dem Standard-                die Näpfchen lassen sich bequem in die

10                                                                                                                         MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
TITELTHEMA   MAGAZIN

                Interview „Wir denken in
                sehr langen Zeiträumen“
                Boehringer Ingelheim investiert Millionen in Biotech-Startups

                                                 Zeitraum von fünf bis sieben Jahren enga-
                                                 giert, spielen auch eine sehr aktive Rolle im
                                                 Aufsichtsrat. Wenn sich die Technologie nach
                                                 unseren Vorstellungen entwickelt, kann am
                                                 Ende die Akquisition der Firma stehen -- oder
                                                 eine langfristige Zusammenarbeit. Was aber
                                                 nicht funktioniert, sind „preferred rights“ --
                                                 Vereinbarungen, die Boehringer von vorne-
                                                 herein den Zugriff auf das Unternehmen oder
                                                 seine Produkte sichern würden. So etwas kos-
                                                 tet das Vertrauen anderer Investoren. Auf de-
                                                 ren Zusammenarbeit sind wir aber
                                                 angewiesen.
                                                   Welches sind denn die Zukunftsfelder, in
                                                 die Sie investieren?
                                                   Kalkbrenner Ein ganz heißes Thema ist die
                                                 Immunonkologie, deren Ziel es ist, das kör-
                                                 pereigene Immunsystem zur Bekämpfung
    Unser Interviewpartner                       von Tumoren anzuregen. Acht unserer der-
    Dr. Frank Kalkbrenner                        zeit 18 Investments sind diesem Bereich zuzu-
    Leiter des Boehringer Ingelheim              ordnen, zwei weitere sind geplant. Ein weite-
    Venture Fonds                                res interessantes Beispiel ist die Therapie des
                                                 Hörverlusts, der wegen der steigenden Le-
                                                 benserwartung zunimmt.
      Das Pharmaunternehmen Boehringer             Wo sind die von Ihnen geförderten Unter-
      Ingelheim finanziert über einen Risiko- nehmen ansässig?
      kapitalfonds junge Unternehmen aus           Kalkbrenner Wir investieren in ganz Euro-
der Biotechnologie. Dr. Frank Kalkbrenner, pa und in den USA, eine unserer Beteiligun-
Leiter des Fonds, erklärt, welche Strategie gen ist in Israel. Man muss feststellen, dass
Boehringer damit verfolgt.                       der Staat in vielen Ländern eine aktivere
                                                 Rolle bei der Förderung junger Biotech-Un-
  Herr Kalkbrenner, Boehringer hat 2010 ei- ternehmen spielt als in Deutschland. Ohne
nen Venture Fonds mit 100 Millionen Euro eine solche staatliche Anschubförderung
Kapital aufgelegt. Welche                                             entwickelt sich die Bran-
Ziele verfolgen Sie damit?                                            che nun einmal nicht.
  Kalkbrenner Der Fonds             In vielen Ländern spielt          Auch Seed-Fonds wie
ist als Element unserer           der Staat bei der Förderung wir es sind, findet man
langfristigen Strategie zu                                            hierzulande praktisch
                                       eine aktivere Rolle
verstehen. Wir denken                                                 nicht.
bei Boehringer in sehr                  als hierzulande.                Sie investieren aber
langen Zeiträumen, und                                                auch in Deutschland?
versuchen, diejenigen Themen zu identifizie-       Kalkbrenner Aber sicher. Die universitäre
ren, die in der Therapie in 10 bis 20 Jahren Grundlagenforschung ist in Deutschland her-
Bedeutung erlangen werden. Unsere Invest- vorragend, und das gilt ganz besonders für
ments fließen in junge Unternehmen, die auf Baden-Württemberg. Nachholbedarf gibt es
diesen Gebieten arbeiten und jetzt noch ganz noch immer beim Transfer in die Unterneh-
am Anfang stehen. Falls es noch kein passen- men. Auch hierfür gibt es mittlerweile jedoch
des Start-up gibt, leiten wir auch schon mal gute Beispiele. Wir sind bei einem -- dem-
selbst die Gründung ein. Wir beteiligen uns nächst bei zwei -- Unternehmen in Tübingen
mit maximal 25 Prozent und 10 Millionen engagiert, und mit der Universität haben wir
Euro.                                            nur die allerbesten Erfahrungen gemacht.
  Wie geht es dann weiter?                       Man bemüht sich dort wirklich, die Unterneh-
  Kalkbrenner Wir bleiben über einen men so gut es geht zu unterstützen.

MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                           11
MAGAZIN                    TITELTHEMA

                                 Interview „Wer keinen Ausfall hatte, hat zu wenig riskiert“
                                 Dietmar Hopp glaubt, dass biomedizinische Fortschritte Gesundheit und Lebensqualität weiter verbessern
                                 werden. Durch Misserfolge will er sich nicht beirren lassen.

      Seit mehr als einem Jahrzehnt beteiligt                             ein IT-System ist. Hier sehe ich die Zukunft
      sich der SAP-Mitbegründer und                                       der Medizin, für junge Unternehmen in die-
      Sportsponsor auch an Biotech-Unter-                                 sen Bereichen, für mich als Investor, und vor
nehmen. Einen Schwerpunkt bilden Thera-                                   allem für Patienten, die wir ja vermutlich alle
pien für lebensbedrohliche Krankheiten.                                   irgendwann einmal sind bzw. sein werden.
                                                                             Ist das Engagement unter dem Strich profi-
  Herr Hopp, warum betätigen Sie sich als                                 tabel oder muss man es als reine Innovations-
Investor in der Biotechnologie?                                           förderung betrachten?
  Hopp In meinen Augen ist das 21. Jahrhun-                                  Hopp Lassen Sie es mich so formulieren:
dert das Jahrhundert der ‚Biomedizin‘. Die                                mit meinem Portfolio werde ich Erfolg ge-
seit kurzem vorhandene Verfügbarkeit des                                  habt haben. Wir sind zwar noch unterwegs
menschlichen Genoms für diagnostische                                     und hatten auch Ausfälle, aber das lässt sich
und therapeutische Zwecke kommt einem                                     in der Biotechnologie gar nicht vermeiden:
Paradigma-Wechsel gleich -- ähnlich dem von                               wer keinen Ausfall hatte hat zu wenig riskiert.
der Landkarte zum GPS. Krankheiten kön-                                   Wir haben einige sehr vielversprechende
nen individuell präzise diagnostiziert und so                             Unternehmen von denen ich überzeugt bin,
jeder Patient auf Basis der wahren Evidenz                                dass sie uns einen guten Return erzielen
seiner Erkrankung therapiert werden, auch                                 lassen.
bei fortschreitender Erkrankung. Das alles                                   Mit wenigen Ausnahmen investieren Sie in
wird nur Hand in Hand mit neuartigen IT-                                  deutsche Unternehmen - unter anderem in              Unser Interviewpartner
Systemen funktionieren -- wie GPS ja auch                                 Heidelberg und Tübingen. Warum? Hinkt
                                                                                                                               Dietmar Hopp
                                                                          die Branche der amerikanischen Konkurrenz            Biotech-Investor
                                                                          nicht meilenweit hinterher?                          und Mitbegründer von SAP
ANZEIGE
                                                                             Hopp Die Frage ist die Antwort. Ja, Deutsch-
              Internationale Fachkräfte                                   land läuft schon immer den USA in der Bio-
              für die Region                                              technologie hinterher. Weil in Amerika viel investieren. Wir sind mit über einer Milliarde
                                                                          mehr Wagniskapital zur Verfügung steht, Euro in 14 Unternehmen investiert. Die Idee
                                                                          weil Unternehmertum viel anerkannter und ist, dass sich Dievini über Rückflüsse aus An-
scusi/Fotolia.com

                                                                          erstrebenswerter ist, weil die amerikanische teils- und Unternehmensverkäufen refinan-
                                                                          Gesellschaft bereit ist, revolutionäre Innova- ziert, um dann neu investieren zu können.
                                                                          tionen auch in der Medi-                                               Im Moment konzentrie-
                                                                          zin besser zu akzeptie-                                                ren wir uns auf die be-
                                                                          ren und schneller einzu-         Ich habe mein Vermögen                stehenden Beteiligun-
                                                                          führen. Deshalb sind              in Deutschland gemacht               gen und investieren

                              Welcome                                     unsere Unternehmen
                                                                          stark in den USA aktiv.              und möchte deshalb
                                                                                                                                                 nicht neu.
                                                                                                                                                   Nach welchen Kriteri-
       Willkommen                                                         Ich selber habe mein
                                                                          Vermögen in Deutsch-
                                                                                                              meine Investitionen                en suchen Sie die Un-
                                                                                                                                                 ternehmen aus?
                                                                                                                 auch hier tätigen.
                                                                          land gemacht, und ich                                                    Hopp Mein Ziel ist es,
                                Welcome Service                           möchte deshalb meine                                                   nicht nur als Investor
                                Region Stuttgart                          Investitionen auch hier in Deutschland täti- zu agieren, sondern auch durch meine In-
                                                                          gen. Mit der gewählten Aufstellung können vestitionen neuartige, Verursachungs-ba-
              Der Service unterstützt Unternehmen                         wir beides erreichen: die Stärkung der deut- sierte Therapien und Heilungschancen für
              bei der Gewinnung und Integration                           schen Biotechnologie durch ihre operativen schwerste und heute noch lebensbedrohen-
              internationaler Fachkräfte, Studie-                         Aktivitäten und Kollaborationen eben auch de Erkrankungen wie etwa Krebs und neu-
              render und Familienangehöriger.                             in den USA. Das sicherlich bekannteste Bei- rodegenerative Erkrankungen zu entwickeln
              Unterstützt aus Mitteln des Ministeriums für Finanzen und
                                                                          spiel dafür ist der Einstieg der „Bill und Me- und für Patienten verfügbar zu machen.
              Wirtschaft Baden-Württemberg.
                                                                          lissa Gates Stiftung“ in die CureVac, eines Dass dies die riskantesten Investitionen
                                                                          unserer Tübinger Portfolio-Unternehmen.          überhaupt sind, liegt in der Natur der Sa-
                                                                             Welchen Umfang hat Ihr Engagement? che. Umso mehr freut es mich, dass heute
                                                                          Wollen Sie es ausbauen oder reduzieren?          absehbar ist, dass wir gute Chancen haben,
              welcome.region-stuttgart.de                                    Hopp Ich habe durch meine Beteiligungsge- in einigen Fällen diese Ziele erreichen zu
                                                                          sellschaft Dievini 2005 begonnen zu können.

12                                                                                                                                        MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
TITELTHEMA   MAGAZIN

   so genannten Mikrotiterplatten einsetzen          Anders als viele Unternehmen der Bran-
-- diese postkartengroßen Kunststoffpaletten      che finanziert sich das 2001 als Spin-off der
mit genau 96 Vertiefungen verwendet prak-         Universität Stuttgart gegründete Unterneh-
tisch jedes Labor.                                men aus dem laufenden Geschäft. Dieses sei
    Nur gut einen Kilometer entfernt, im          bisher noch sehr dienstleistungslastig, sagt
Stuttgarter Engineering Park (STEP), hat          Insilico-Vertriebschef Dirk Rathfelder. In
sich die Insilico Biotechnology AG angesie-       solchen Projekten werden Verbesserungs-
delt -- ein Start-up, das sich der Optimie-       vorschläge für optimierte Produktionspro-
rung biotechnischer Produktionsprozesse           zesse erarbeitet, die als Basis für die Nut-
im Großmaßstab gewidmet hat. „Wir konzi-          zung der Insilico-Softwarelösungen dienen.
pieren Computermodelle, mit denen sich            Ziel sei es dann, dass sich die Unternehmen
eine Produktionsanlage optimieren lässt,          im Rahmen eines Technologietransfers
bevor sie den Betrieb aufnimmt“, be-              selbstständig der Insilico-Plattform bedie-
schreibt Klaus Mauch, CEO der Insilico            nen, die ihnen wahlweise über die Cloud
Biotechnology AG, seinen Ansatz. „Mit sol-        oder als lizensierte Software zur Verfügung
chen Modellen können die Unternehmen              steht. „Künftig werden wir einen größeren
ihre Produktionszyklen verkürzen und viel         Anteil unserer Umsätze über das Produktge-
Geld sparen.“                                     schäft erzielen“, sagt Rathfelder. Um die
                                                  „Hardware“ stärker mit einzubeziehen, wol-
Computersimulation spart Tage und                 len die Stuttgarter in den kommenden Jah-
Wochen aufwändiger Versuche                       ren „Technologieallianzen“ mit Anlagen-
                                                  bauern und Herstellern von Steuerungs-
   In anderen Branchen wie der Automobil-         elektronik schließen. Die sitzen in der Regi-
oder der Chemieindustrie sei es längst Stan-      on Stuttgart quasi vor der Haustür, bemerkt
dard, neue Produktionsabläufe zunächst            CEO Klaus Mauch mit Blick aus dem Fens-
einmal im Computermodell zu simulieren,           ter auf das Gewerbegebiet: „Man muss sich
erklärt Mauch. Nicht jedoch bei der biotech-      hier ja nur umsehen.“
nologischen Herstellung von Arzneimitteln            Genau genommen ist die Verbindung zwi-
oder Grundstoffen. Hierzu kultivieren Un-         schen Life Sciences und klassischer Industrie
ternehmen wie Boehringer Ingelheim, Bayer         nicht einmal etwas Neues. Davon zeugt die
oder Evonik lebende Organismen in so ge-          Geschichte der Greiner Bio-One GmbH in
nannten Bioreaktoren -- etwa das Darmbakte-       Frickenhausen (Kreis Esslingen). Das vor fast
rium Escherichia coli, den Hefepilz Saccha-       eineinhalb Jahrhunderten in Esslingen ge-
romyces cerevisiae oder Stammzelllinien des       gründete Familienunternehmen verschrieb
chinesischen Zwerghamsters. Um solche             sich nach dem Zweiten Weltkrieg der Kunst-
Prozesse am Computer zu simulieren, muss          stoffverarbeitung -- insbesondere dem Spritz-
man die Stoffwechselwege dieser Zelltypen         guss. Schon in den 60er Jahren wurden
genau kennen und die Daten im Computer-           Pharmaunternehmen und Kliniken die wich-
modell berücksichtigen -- eine Herausforde-       tigsten Kunden. Als einer der Ersten stieg
rung ganz anderen Ausmaßes als in der             Greiner in die Massenherstellung von Petri-
Chemie oder im Fahrzeugbau.                       schalen ein und wirkte an der Entwicklung
   Für die rund 25 Biologen, Ingenieure,          der Mikrotiterplatte mit – gleichfalls ein La-
Chemiker, Physiker und Informatiker, die bei      borprodukt aus Kunststoff.
Insilico arbeiten, sei dies jedoch keine unlös-
bare Aufgabe, betont Mauch. Sein Team hat         Vom Spritzguss in die
eine Softwareplattform entwickelt, anhand         Biotechnologie
derer sich verschiedene biotechnologische
Produktionsprozesse darstellen lassen. Insili-       Was damals als technologisch anspruchslo-
co verfügt auch über die Gensequenzen der         se Produktion von Massenartikeln begann,
Organismen und Zellen, die am häufigsten          darf heute in die High-tech-Galerie der Bio-
zur Stoffproduktion herangezogen werden           technologen eingereiht werden. So werden
und kann deren Verhalten daher im Modell          im Greiner-Werk Frickenhausen zum Bei-
gut darstellen. „Damit können unsere Kun-         spiel Rollerflaschen für Zellkulturen im
den in Sekundenschnelle die Produktionspa-        Spritzblasverfahren hergestellt. Die Produkte
rameter ändern und verschiedene Szenarien         müssen pyrogenfrei sein -- dürfen also keiner-
durchspielen, anstatt Versuchsansätze zu          lei Verunreinigungen enthalten. Ein Großteil
fahren, die Material verbrauchen und unter        wird darüber hinaus mittels Beta-Strahlen
Umständen Tage und Wochen dauern“, sagt           sterilisiert. „Eine große Rolle spielen für uns
der Ingenieur.                                    die Modifikationen der Oberfläche“, erklärt

MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                            13
MAGAZIN    TITELTHEMA

Foto: Tom Bässler

Greiner Bio-One stellt in Frickenhausen Kulturgefäße aus Kunststoff im Spritzguss- und Spritzblasverfahren her. Das Unternehmen hat sich vor vielen Jahren als
Zulieferer für die Medizin- und Biotechnik etabliert, wie Geschäftsführer Heinz Schmid erklärt.

                                                      Heinz Schmid, Geschäftsführer von Greiner                Die Region bietet für Heinz Schmid alles,
                         IHK-Info                     Bio-One, „denn auf Kunststoff wachsen nor-            was ein Biotech-Unternehmen braucht, und
                         Kostenlose Hilfe beim        malerweise keine Zellen“. Darüber hinaus              das nicht nur, weil der 57-Jährige selbst aus
                         TTechnologietransfer         müssen die Oberflächen der Gefäße aus Po-             Frickenhausen stammt: „Hier gibt es ausge-
                                                      lystyrol, Polyethylen, Polypropylen, Polycar-         zeichnete Hochschulen und gut ausgebildete
  Brauchen Sie Rat, wie Sie an Forschungsergeb-       bonat und Polyethylterephtalat auch Protei-           Fachkräfte. Die Verkehrsanbindung ist super
nissen partizipieren können oder suchen Sie Un-       ne binden können -- dies ist zum Beispiel für         und ebenso die Lebensqualität.“ Klaus Ei-
terstützung bei der Verwertung und beim Schutz        Antikörpertests unerlässlich. Wie das Unter-          chenberg von der BioRegio Stern fügt noch
von Forschungsergebnissen? Dabei kann Ihnen           nehmen dies bewerkstelligt, darüber                   die Nähe zur Uniklinik Tübingen und die
das Technologietransfer-Team bei der IHK helfen.      schweigt sich Schmid freilich aus, um den             Nähe zum Medizintechnik-Cluster um Tutt-
unsere Experten vermitteln Kontakt zu Partnern        Wettbewerb nicht hellhörig zu machen.                 lingen hinzu. „Die Stärke unserer Life-Sci-
in Hochschulen, Forschungseinrichtungen und              Als Traditionsunternehmen ist Greiner also         ence-Unternehmen liegt in der Zusammenar-
Industrie, bei Besuchen in Ihrem Unternehmen          über Jahrzehnte in die Life Sciences hineinge-        beit mit dem Maschinenbau und in der Hin-
helfen Sie Ihnen, technische Optimierungspo-          wachsen und musste sich nie mit den klassi-
tenziale aufzuspüren. Außerdem vermittelt die         schen Finanzierungsproblemen eines Start-
                                                                                                                                     Walter Beck
IHK Patente und Lizenzen, stellt den Kontakt zu       ups herumschlagen. Greiner Bio-One mit Sitz
                                                                                                                                     Redaktion
Prüf- und Messlaboren her und unsterstützt Sie        in Frickenhausen ist die Life-Science-Sparte
                                                                                                                                     Magazin Wirtschaft
bei der Vergabe von Bachelor- oder Masterarbei-       der Greiner Bio-One International in Krems-
                                                                                                                                     walter.beck@stuttgart.
ten. Außerdem informieren wir über Programme          münster/Oberösterreich. Diese erzielte im
                                                                                                                                     ihk.de
zur Förderung von Forschung und Entwicklung.          vergangenen Jahr einen Umsatz von 427 Milli-
Zu all diesen Themen bietet die IHK auch regel-       onen Euro und beschäftigt 1900 Mitarbeiter
mäßig Veranstaltungen an.                             -- davon 350 in Frickenhausen. Der Standort           wendung zu Medizintechnik und Regenera-
                                                      in der Region Stuttgart ist eine von weltweit         tivmedizin“, sagt Eichenberg. „Das bietet
  Mehr Info: www.stuttgart.ihk.de, Nr. 3174376        sieben Produktionsstätten von Greiner Bio-            eine gute Basis für stetige, gesunde Entwick-
  Kontakt: technologietransfer@stuttgart.ihk.de       One International. Zwei Drittel der hier erziel-      lung -- auch wenn es vielleicht weniger Glanz
Tel. 0711 2005-1549                                   ten Umsätze stammen aus dem Export.                   hat als Big Pharma.“

14                                                                                                                            MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
Die IHKann’s.
Wir tun für Gründer, was wir können. Und das ist viel:
Wir informieren zu Businessplänen, Finanzierungsmodellen und Förderprogrammen,
Branchen, Mietpreisen von Büros und Ladenflächen sowie zu den Rechten und
Pflichten als Geschäftsführer. Wir qualifizieren in kaufmännischem Wissen,
Marketing und PR, vermitteln Präsentationstechniken und machen Sie vertraut
mit Themen wie Verhandlungssicherheit, Personalführung und vieles mehr.
Was können wir für Sie tun?
www.stuttgart.ihk.de
MAGAZIN            KURZ & KNAPP

               Wahrheiten
               W
               aaktuell, denkwürdig

 Wir warten die Dinge jetzt mal in
aller Ruhe ab.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin, zur Umsetzung
des Brexit-Votums

  Sein Heil im Nationalstaat zu
suchen, läuft auf eine sich selbster-
füllende Niedergangsprophezeiung
hinaus. England wird uns dies jetzt
praktisch vor Augen führen.
Joschka Fischer, ehemaliger Bundesaußen-
minister

  Wir fordern die EU-Staaten auf, die
alle dafür waren, die Vereinbarung
in den Nationalparlamenten und
gegenüber ihren Bürgern zu vertei-
digen.
Cecilia Malmström, EU-Handelskommissarin,
über das Freihandelsabkommen mit Kanada

 Mein Vater hat uns immer gepre-
                                                     Art Alarm in Stuttgart: Am 24. und 25. September wird in der Landeshauptstadt wieder Art Alarm
digt: Erst wenn’s der Firma gut geht,              gegeben. 22 Stuttgarter Galerien starten gemeinsam in die Herbstsaison, das Wochenende gilt der
geht’s uns auch gut.                               Kunst und deren Besuchern, die dort kostenfrei das Beste zu sehen bekommen, was die Landeshaupt-
Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzende der        stadt zu bieten hat. Unser Bild zeigt eine Adaptation der Grabkapelle auf dem Rotenberg durch den
Geschäftsführung der Trumpf GmbH & Co. KG          Dresdner Künstler André Schulze aus der Galerie Z.                 Info/Anmeldung: www.art-alarm.de

                                                                                                                          Man fragt sich, warum es
Sparsamste Ampel der Welt in Bietigheim                                                                                 das erst jetzt gibt: Eine en-
Stadt an der Enz nutzt neue Technologie von Siemens                                                                     gagierte Streitschrift für
                                                                                                                        die Europäische Union,
                                                  Bietigheim-Bissingen wird Vorreiter einer                             die auflistet, „was uns Eu-
                                                neuen energiesparenden Verkehrstechnik:                                 ropa eigentlich gebracht“
                                                Dort wurden gleich drei neue Ampeln mit                                 hat, und die Konsequen-
                                                der „Ein-Watt-Technologie“ in Betrieb ge-                               zen ausmalt, sollte das eu-
                                                nommen. Diese Anlagen verbrauchen nur                                   ropäische Projekt schei-
                                                rund 15 Prozent der Energie einer durch-            tern. Dies hält die Autorin, Redakteurin der
                                                schnittlichen konventionellen Ampelkreu-            „Süddeutschen Zeitung“, durchaus für mög-
                                                zung und sparen pro Jahr über 6000 Kilo-            lich. Wochen vor dem „Brexit“ geschrieben,
                                                gramm klimaschädliches Kohlendioxid                 geht dieser Essay streng mit den Populisten
                                                (CO2). Um einen ähnlichen Effekt zu erzie-          und Europagegnern aller Couleur ins Gericht,
                                                len, müsste eine Großstadt wie Berlin über          und prangert auch die Kleinmütigkeit und das
                                                einen Zeitraum von zehn Jahren 20 000               Eigeninteresse derer an, deren Job es eigent-
                                                Bäume pflanzen. Die neue Technologie von            lich wäre, die EU zu verteidigen.
                                                Siemens ist LED-basiert. Sie verzichtet auf
Bietigheim-Bissingens OB Jürgen Kessing und     Lastwiderstände und Schaltelemente und ist            Wir sind Europa! Eine Streitschrift gegen den
Stefan Eckert von Siemens bei der Einweihung    auch weniger wartungsintensiv als konven-           Nationalismus. Evelyn Roll, Ullstein Verlag, Berlin
der ersten Sparampel.                           tionelle Ampelanlagen.                              2016, 48 Seiten, 7 Euro, ISBN: 9783550081590

16                                                                                                                   MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
Personalien
                                              Namen und Gesichter                                                    Susanne Kunschert
                                                                                                                     Geschäftsführerin
                                                  Harro Höfliger (M.), geschäftsführender Ge-                        Pilz GmbH &Co. KG
                                                  sellschafter der Harro Höfliger Verpackungs-                       Ostfildern
                                                  maschinen GmbH in Allmersbach i.T., Vize-
                                             präsident der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr
                                             und Präsidiumsmitglied der IHK-Vollversamm-
                                            lung, ist mit dem Gründerpreis Baden-Württem-
                                            berg der Sparkassen-Finanzgruppe in der Kate-                 Sagen Sie mal,
                                            gorie Lebenswerk geehrt worden. Sparkassenprä-
                                            sident Peter Schneider (li.) und Wirtschaftsminis-
                                                                                                          Frau Kunschert …
                                           terin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (re.) würdigten
                                         die unternehmerische Lebensleistung Höfligers.             … kostet die Digitalisierung der
                                                                                                  Produktion Arbeitsplätze?
      Robert Köstler (54) ist seit Juli neuer Geschäftsführer                                     Es werden Arbeitsaufgaben wegfallen,
      der Gesellschaft für Technische Überwachung mbH                                             genauso werden aber auch neue
      (GTÜ) in Stuttgart. Köstler ist seit 22 Jahren bei der                                      hinzukommen, die eine andere
GTÜ, gehörte lange Zeit der technischen Leitung an und war                                        Qualifizierung erfordern.
zuletzt Leiter des Geschäftsbereichs Politik und Vorschriften-                                      … was wollten Sie nach der Schule
entwicklung. Er tritt an die Stelle von Rainer de Biasi, der                                      werden?
nach 14 Jahren als Geschäftsführer der GTÜ zum Jahresende                                         Lebenskünstlerin!
in den altersbedingten Ruhestand wechselt. Die Stuttgarter                                          … welche politische Leistung
Prüfgesellschaft hatte den Wechsel langfristig vorbereitet.                                       bewundern Sie am meisten?
                                                                                                  Ich schätze die „alten“ Charakter-Köpfe
                                        Dr. Peter Hortig (49) ist in die Geschäftsführung der     in der Politik, die für das gestanden
                                        M+W Central Europe GmbH mit Sitz in Stuttgart ein-        haben, was sie gesagt haben. Ein
                                        getreten. Damit ist das vierköpfige Führungsteam der      Politiker darf sich nicht von der
                                  Gesellschaft nun vollständig besetzt. Der in den Bereichen      gängigen Meinung leiten lassen.
                                  Projekt- und Construction-Management erfahrene Manager            … welche Eigenschaft ist am wichtigs-
                                  übernimmt die Verantwortung für die Geschäftsaktivitäten        ten, wenn man ein Familienunterneh-
                                  in Deutschland, der Schweiz und Belgien. Hortig hat zuvor       men in zweiter Generation weiterführt?
                                  bei der Linde Group sowie beim Automatisierungsspezialis-       Wichtig ist zum einen Fachkompetenz,
                                  ten ABB gearbeitet.                                             um die Aufgabe erledigen zu können.
                                                                                                  Daneben zählen für mich Ethik und ein
      Dr. Anton Bergmann (52) verstärkt die Geschäftsfüh-                                         persönliches Wertefundament, das dem
      rung des Mess- und Energiedienstleisters Minol in                                           Unternehmen dient.
      Leinfelden-Echterdingen. Er übernimmt dort die Ver-                                           … was sollten Kinder in Kindergarten
antwortung für die bundesweit 20 Serviceniederlassungen                                           und der Schule zuerst lernen?
und die zentralen Kompetenzzentren für Service, Technik                                           Im Kindergarten müssen soziale Kompe-
und Legionellenprüfung. Bergmann hat an der Stanford Uni-                                         tenz und Kreativität an erster Stelle ste-
versity in Astro- und Kernphysik promoviert. Er war für die                                       hen. Es ist schön, wenn Kinder hier eine
Unternehmensberatung McKinsey, die Deutsche Telekom                                               Neugierde auf das Leben entwickeln. In
und den Mannheimer Energieversorger MVV tätig.                                                    der Grundschule geht es darum, den Ho-
                                                                                                  rizont zu erweitern und einen Lernraum
                                        Stefan Bolle (41) wird zum 1. September 2016 Ge-          zu schaffen. Erst in den weiterführenden
                                        schäftsführer der Boerse Stuttgart GmbH und Vor-          Schulen soll dann der Umgang mit dem
                                        stand der Euwax AG. Bolle übernimmt in diesen Funk-       für unsere digitale Gesellschaft notwendi-
                                  tionen das Ressort Börsenbetrieb und tritt die Nachfolge        gen Handwerkszeug wie PC oder Tablet
                                  von Dr. Christoph Boschan von dem Bussche an, der zur           gelehrt werden.
                                  Börsengruppe Wien und Prag wechselt. Der Diplom-Be-               … was vermissen Sie in der Region
                                  triebswirt leitet seit 2010 den Bereich Finanzen der Boerse     Stuttgart?
                                  Stuttgart. Zuvor arbeitete er als Senior Manager für die        Mehr Lehrer, die an den weiterführen-
                                  Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young.                  den Schulen IT-Wissen lehren können,
                                                                                                  sowie natürlich die dafür notwendige
  Personalnachrichten für das Magazin Wirtschaft: Gibt es auch in Ihrem Unternehmen personelle    technische Ausstattung der Schulen.
Veränderungen auf der Führungsebene? Wir veröffentlichen Ihre Nachricht gerne. Senden Sie einen     … haben Sie ein Vorbild?
kurzen Text mit Bild an presse@stuttgart.ihk.de.                                                  Jesus.

MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                                            17
RAT & TAT

 Smartphones werden auch bei Senioren
 immer beliebter, fast drei von zehn
 Deutschen ab 65 Jahren nutzen bereits ein
 internetfähiges Mobiltelefon, dies ergab
 eine vom Digitalverband Bitkom in Auftrag
 gegebene Studie.                                                                                                              Foto: Thinkstock

                Telegramm Meldungen für den Mittelstand
                Aktuelle Tipps und unternehmensrelevante Kurzmeldungen
      Nur 40 Prozent der kleinen und mitt-     handels in Baden-Württemberg“ analysiert       entfielen 8,5 Milliarden Euro auf die Personal-
      leren Unternehmen wollen in diesem       das jüngste und 14. Heft der IHK-Fachreihe     ausgaben (+4,5 Prozent). Die Ausgaben für
      Jahr ihre Innovationsfähigkeiten aus-    „Offensiv für den Handel“. www.stuttgart.      die Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe
weiten, dies ist ein Drittel weniger als vor   ihk.de, Nr. 29817    Die Jahreserhebung im     stiegen um 5,8 Prozent auf 6,1 Milliarden
fünf Jahren, wie der DIHK-Innovations-         Handel zeigt, dass die Einzelhandelsunter-     Euro.      Germany Trade and Invest (GTAI)
report zeigt.       In Baden-Württemberg       nehmen im Land 2014 rund 107 Milliarden        stellt seit kurzem aktuelle Wirtschafts-
waren im 1. Quartal 2016 laut Statistischem    Euro umsetzten. Damit überschritten sie        nachrichten, Projekte etc. mit GUS-Bezug
Landesamt nahezu 6,09 Millionen Personen       nach 2011 und 2013 zum dritten Mal die         über einen eigenen Twitter-Kanal bereit.
erwerbstätig. Im Vergleich zum Vorjahres-      100-Milliarden-Umsatzgrenze. 4,4 Prozent       www.stuttgart.ihk.de, Nr. 3426656       Baden-
quartal entspricht dies einem Zuwachs von      des Umsatzes, also circa 4,7 Milliarden        Württemberg liegt bei den Weiterbildungs-
81 800 Erwerbstätigen oder 1,4 Prozent.        Euro, wurden online erlöst.     Nach einer     quoten im Vergleich der Bundesländer vorne.
Dies ist der höchste Anstieg in den letzten    Umfrage des DIHK haben neun von zehn           Bald jeder sechste Bürger ab dem 25.
drei Jahren.      Mit der Übersicht „Grenz-    befragten Unternehmen angegeben, dass          Lebensjahr im Südwesten (14,8 Prozent) be-
überschreitende Geschäfte im Binnen-           sie im Handel mit den USA mit Handels-         legt laut Bertelsmann-Stiftung mindestens
markt“ bietet der DIHK eine Hilfestellung      hemmnissen konfrontiert sind.     Die berei-   einmal im Jahr eine Weiterbildung wie
für Unternehmen bei deren ersten Schritten     nigten Ausgaben der baden-württembergi-        einen Sprachkurs oder einen beruflichen
im internationalen Geschäft. www.dihk.de,      schen Kommunen sind 2015 im Vergleich zu       Lehrgang. 33 der 44 Landkreise im Süd-
Suche: „eu-hilfestellungen-binnenmarkt“.       2014 um 5,4 Prozent oder 1,7 Milliarden auf    westen liegen über dem Bundesdurch-
    Die „Kaufkraft und Umsätze des Einzel-     33,6 Milliarden Euro angestiegen. Darunter     schnitt von 12,3 Prozent.

18                                                                                                           MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16
RAT & TAT       MAGAZIN

                                                                                                        anerkannt, wenn sie vertraglich vereinbart
                                                                                                        wurde. Eine Versteuerung des geldwerten
                                                                                                        Vorteils nach der Ein-Prozent-Methode ist
                                                                                                        in der Regel unproblematisch.
                                                                                                           Bei beherrschenden Gesellschaftern gelten
                                                                                                        noch strengere Grundsätze. Hier muss –
                                                                                                        unabhängig von der Frage nach der Ange-
                                                                                                        messenheit – jede Vereinbarung im Vorfeld
                                                                                                        eindeutig und klar getroffen und auch tat-
                                                                                                        sächlich so gelebt werden (Rückwirkungs-
                                                                                                        verbot). Beispiel: Maier erhöht sich im
Foto: Thinkstock
                                                                                                        November 2015 rückwirkend zum Jahresbe-
Bei der Ermittlung des angemessenen Geschäftsführergehaltes wird auch der Dienstwagen berücksichtigt.   ginn sein Gehalt um monatlich 2000 Euro.
                                                                                                        Die Auszahlung erfolgt nachträglich erst im

Verdienen Sie zu viel?
                                                                                                        Dezember 2015. Auch wenn das Gehalt im
                                                                                                        Ergebnis angemessen wäre, liegt für die Zeit
                                                                                                        von Januar bis November 2015 eine vGA vor,
Der Fiskus redet bei Vergütungen von Gesellschafter-Geschäftsführern mit                                da gegen das Rückwirkungsverbot ver-
                                                                                                        stoßen wurde.
      Die Vergütung von Gesellschafter-               Angemessen ist, was vergleichbare Unter-             Weitere typische Problembereiche sind zu
      Geschäftsführern einer GmbH oder              nehmen ihren Geschäftsführern für gleiche           hohe Zinsen für Darlehen, die der Ge-
      Unternehmergesellschaft sorgt immer           Leistung zahlen würden. Bei jedem Ver-              schäftsführer seiner GmbH gewährt hat
wieder für Streit mit Betriebsprüfern. Wer          gütungsbestandteil sollte daher die Frage:          oder überhöhte Preisnachlässe von der
eine GmbH führt, denkt oft, er könne sein           „Würde das ein fremder Geschäftsführer              GmbH. Daneben gibt es aber auch weniger
Gehalt selbst bestimmen. Sind die Bezüge            auch bekommen“, mit Ja beantwortet wer-             offensichtliche Fälle beispielsweise wenn
aber zu hoch, geht der Fiskus regelmäßig            den. Die Höhe des Gehalts orientiert sich an        der Steuerberater der GmbH den Gesell-
von einer verdeckten Gewinnausschüttung                                                                 schafter Maier auch in dessen persönlichen
(vGA) aus. Dazu ein Fall: Der Geschäfts-                                                                Steuerangelegenheiten berät.
führer der Maier Handels GmbH, Anton                                T Aktuelles zur
                                                                    Tipp                                   Was passiert nun, wenn eine vGA vorliegt?
Maier, zahlt sich eine monatliche Vergütung                         EErbschaftsteuer                    Auf Ebene der GmbH erhöht sich das zu ver-
von 10 000 Euro aus, üblich sind aber nur                                                               steuernde Einkommen, so dass sie Körper-
8000 Euro. Ferner bekommt er seine Über-                                                                schaft- und Gewerbesteuer nachzahlen muss.
stunden in Höhe von 1000 Euro ausbezahlt             Die vom Bundestag verabschiedete Reform            Beim Gesellschafter führt eine vGA zu Ein-
und nutzt einen Firmenwagen auch für                 der Erbschaftsteuer muss im Vermittlungsaus-       künften aus Kapitalvermögen, für die grund-
private Fahrten, wobei die Privatnutzung             schuss nachverhandelt werden. Dies hat der         sätzlich Abgeltungsteuer anfällt. In bestimm-
nicht geregelt wurde. Außerdem erhält er             Bundesrat am 8. Juli beschlossen. Ziel ist die     ten Fällen kann die Anwendung des soge-
Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Was wird das            grundlegende Überarbeitung der Neurege-            nannten Teileinkünfteverfahrens gewählt
Finanzamt dazu sagen?                                lungen. Die Gespräche sollen bereits in der        werden. Dann wird die Gewinnausschüttung
   Die Leistungen an den Chef müssen ins-            Sommerpause beginnen. Soald es neue Infor-         mit dem persönlichen Steuersatz besteuert.
gesamt angemessen sein. Es geht dabei nicht          mationen gibt, berichten wir darüber.              Vorteil ist, dass dann auch Werbungskosten
allein um das Gehalt, sondern auch um                                                                   teilweise abgezogen werden können.
Tantiemen, Firmenwagen oder die Alters-             der jeweiligen Branche. Wichtig ist, dass das          Achtung: Eine vGA kann auch dann vor-
versorgung. Die einzelnen Vergütungsbe-             Verhältnis zwischen Fixgehalt und erfolgs-          liegen, wenn die genannten Kriterien für
standteile sollten daher in einem wirksamen         abhängiger Vergütung 75 Prozent zu 25 Pro-          nahestehende Personen des Gesellschafters
Anstellungsvertrag klar geregelt sein. Jeder        zent betragen soll. Zeitlich befristete Aus-        erfüllt sind, also beispielsweise dann wenn
Vergütungsbestandteil muss darauf geprüft           nahmen, zum Beispiel in der Gründungs-              die in der GmbH angestellte Ehefrau ein zu
werden, ob er dem Grunde und der Höhe               phase der Gesellschaft, werden anerkannt,           hohes Gehalt bekommt. Dies führt dann
nach angemessen ist. Sofern alle Ver-               allerdings ist der erfolgsabhängige Anteil          ebenfalls zu Kapitalerträgen beim Gesell-
gütungsbestandteile überprüft wurden,               auf maximal 50 Prozent des handelsrecht-            schafter der GmbH.
muss noch die Gesamtvergütung überprüft             lichen Jahresüberschusses vor Abzug der                Eine vGA führt im Ergebnis stets zu einer
werden. Hierbei spielen Faktoren wie Bran-          gewinnabhängigen Tantieme begrenzt.                 steuerlichen Mehrbelastung. Daher sollten
che und Höhe des Umsatzes eine Rolle.                  Im obigen Beispiel bekommt Maier 2000            die Beziehungen zwischen Gesellschaft und
                                                    Euro zu viel. Überstunden, die der Chef             den Gesellschaftern einer genauen Prüfung
                                                    macht, werden in aller Regel nicht vergütet         unterzogen werden. Eine Tabelle der OFD
                      Sebastian Schieder            und führen ebenfalls zu der Annahme einer           Karlsruhe vom 3. April 2009 bietet Orientie-
                      IHK Region Stuttgart          vGA. Jährliche Einmalzahlungen wie Weih-            rung bei der Frage nach der Angemessen-
                      sebastian.schieder@           nachts- oder Urlaubsgeld sind dagegen               heit der Gesamtbezüge.
                      stuttgart.ihk.de              grundsätzlich in Ordnung. Die Firmen-
                                                    wagennutzung für private Fahrten wird nur            www.stuttgart.ihk.de, Nr. 15583

MAGAZIN WIRTSCHAFT 08-09.16                                                                                                                      19
Sie können auch lesen