Neuer Horizont Y Bauen in China Y Forschen mit China Y Chinas Vizebildungsministerin will an die Weltspitze - Sinoptic
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Das Magazin der ETH Zürich, Nr. 1/Mai 2006 Neuer Horizont Y Bauen in China Y Forschen mit China Y Chinas Vizebildungsministerin will an die Weltspitze
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24 16 13 Inhalt 5 Editorial 7 ETH Persönlich 8 ETH Brennpunkt Zukunftsvisionen für die Hochschule 10 ETH Research Designtoproduction: Revolution im Bau 13 ETH Spin-off Flisom AG: Solarzelle will auf Siegeszug 15 ETH Teaching J oint Master: Geophysiker als Weltenbummler 16 Dossier China 16 Ein Land im Baufieber - Reportage aus Peking 24 Weltspitze als Ziel - Interview mit Chinas Vizebildungsministerin 28 Beziehung zu China - Die ETH als Schweizer Leading House 31 Den Austausch fördern - Interview mit China-Koordinatorin Haijing Wang 33 Neuland entdecken - ETH-Projekte in China, vier Beispiele 38 Erfahrungen in China - Ein Unternehmer und ein Forscher erzählen 40 ETH Partner 40 ETH und Wirtschaft in Kontakt 41 Einstiegshilfen ins Berufsleben 44 ETH Input 44 Medien 45 Treffpunkt 46 Nachgefragt IMPRESSUM. Herausgeber: ETH Zürich. Redaktion: Corporate Communications, Martina Märki (Redaktionsleitung), Conny Schmid. Mitarbeit: Roland Fischer, Rolf Probala, Norbert Staub, Felix Würsten. Inserate: Go!Uni-Werbung, St. Gallen, Tel. 071 244 10 10, E-Mail info@go-uni.com. Gestaltung: Inform. Agentur für visuelle Kommunikation AG, Zürich. Korrektorat und Druck: NZZ Fretz AG, Schlieren. Auflage: 29 500, erscheint viermal jährlich. Weitere Infos und Kontakt: www.cc.ethz.ch/ethglobe, E-Mail: ethglobe@cc.ethz.ch, Tel. 044 632 42 52.
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Editorial China – ein neuer Horizont: Als junge Studentin teilte ich einen Sommer lang mein Logis mit einer Kollegin, die Sinologie studierte. Mir erschien dies damals nicht nur wegen der seltsamen Laut- folgen, in denen sie sich hingebungsvoll übte, äusserst exotisch. Bis vor kurzem gehörte Sinologie auch in der offiziellen Wahrnehmung durch Bildungsexperten zu den so genannten Orchideen fächern: hübsch, aber nicht gerade alltagstauglich. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich das ändert. China ist als Wirtschaftspartner und Marktfaktor schon länger in der öffentlichen Wahr- nehmung präsent, jetzt entdecken wir den asiatischen Riesen auch als ernst zu nehmenden Faktor in der Wissenschafts- und Bildungslandschaft. Ein Faktor mit Ambitionen, wie das aufschlussreiche Gespräch mit der chinesischen Vizebildungs- ministerin Qidi Wu in diesem neuen ETH-Magazin zeigt. «Wir wollen mit 30 unserer Universitäten zur Weltspitze gehören», kündigt die chinesische Vizeministerin, die einmal an der ETH Zürich studiert hat, an. Die Botschaft hat man in der Schweiz bereits verstanden. Die ETH Zürich ist seit dem Jahr 2003 schweizerisches Leading House in den Wissenschaftsbeziehungen zu China und pflegt aktiv den Kontakt zum kommenden Wissenschaftsland. So gibt es bereits heute gegen 90 Professoren und viele weitere Forschende an der ETH, die in irgendeiner Form mit chinesischen Partnern zusammenarbeiten. Einige wenige können wir Ihnen hier vorstellen. Nicht alle ge- hen gleich so weit wie Architekturprofessor Bruno Keller, der in China eine erfolgreiche Firma für nachhaltiges Bauen gegründet hat. «Es macht wenig Sinn, in der Schweiz mit vollem Engagement einzelne Nullenergiehäuschen zu bauen, wenn in China ganze Stadtviertel gebaut werden müs- sen», ist er überzeugt und exportiert sein Wissen um nachhaltiges Bauen lieber nach China. ETH GLOBE-Redaktorin Conny Schmid begleitete ihn auf seine Grossbaustelle für energiesparende Hochhäuser in Peking – und entdeckte einen neuen Horizont. Andere, wie der ETH-Professor Wolf- gang Kinzelbach oder Albert Baehny, CEO der Firma Geberit, können auf jahrelange Erfahrungen in oder mit China zurückblicken. ETH GLOBE, das neue Vierteljahresmagazin der ETH Zürich, möchte Sie teilhaben lassen an der Entdeckung neuer Horizonte. Es geht um Entdeckungen in der Welt der ETH-Forschung und -Wis- senschaft und im Netz der weltweiten Partnerschaften zwischen ETH Zürich, Wirtschaft und Gesellschaft sowie anderen Wissensinstitutionen. Und dies in einer Welt, die zunehmend auf ver- antwortungsbewusste und inspirierende Partnerschaften angewiesen ist. Vielleicht entdecken auch Sie mit ETH GLOBE den einen oder anderen Anknüpfungspunkt – die ETH-Welt steht Ihnen offen. Martina Märki Redaktion ETH GLOBE ETH GLOBE 1/2006
Advertisement IT bei UBS – ein Einstieg mit Zukunft Alexandra Hochuli absolviert nach ihrem Die IT gilt als Männerdomäne. Fühlen Sie Studium der Wirtschaftsinformatik das sich als Frau allein gelassen? Graduate Training Program (GTP) bei Überhaupt nicht! Ich habe bei UBS die Er- UBS. Hier schildert sie ihre Erfahrungen. fahrung gemacht, dass man als Frau in der IT sehr gut akzeptiert wird. Insgesamt habe ich Warum haben Sie UBS und nicht eine den Eindruck, dass sich immer mehr Frauen IT-Firma für Ihre Ausbildung gewählt? die Computerwelt erschliessen. Mir gefällt die Bankenwelt. Ich habe eine Banklehre gemacht und anschliessend Wirt- Was macht in Ihren Augen das GTP aus? schaftsinformatik studiert. Ich interessiere Das GTP ist ein Sprungbrett für eine Karriere mich vor allem dafür, den Anwendern die bei UBS. Das GTP bietet viele Aus- und Weiter- Computerwelt leicht zugänglich zu machen. bildungsmöglichkeiten sowie einen Mentor, Bei UBS kann ich mein Wissen optimal ein- der mich während des gesamten Programms setzen, also bin ich hier an der richtigen Stelle. berät und unterstützt. Dazu kommen gute Karriereaussichten: Fachspezialisten sind sehr Was fasziniert Sie persönlich an der Welt gefragt und UBS bietet viele Möglichkeiten, der Computer? sich weiter zu entwickeln. UBS Marketplace für Faszinierend finde ich, wie rasant die Com- Hochschulabsolventen puter unser Leben verändern und alles be- Warum würden Sie UBS als Arbeit- 20. Juni 2006, Zürich-Altstetten schleunigen. Die Vorstellung, dass Infor-matik geberin und das GTP empfehlen? eine rein technische Disziplin ist, wo man im Mir gefällt das Arbeitsklima bei UBS: Man ar- Sie erhalten Informationen über Karriere- stillen Kämmerchen an Programmen brütet, beitet im Team und wird immer mit neuen möglichkeiten bei UBS aus erster Hand. ist falsch. Ich arbeite sehr viel mit Anwendern Aufgaben konfrontiert, bei welchen man sich Nach einer Präsentation beantworten und Entwicklern zusammen und habe eher bewähren muss. Experten aus unterschiedlichen Bereichen eine Übersetzerfunktion. So finden wir Lös- Das GTP ist sehr anspruchsvoll und erfordert Ihre Fragen. ungen, die unseren Kunden das Leben leichter viel Eigeninitiative, gibt aber auch viel zurück: machen. Neue Ideen, internationale Kontakte und Ein- Interessiert? Dann schicken Sie Ihren Lebens- blick in verschiedene Arbeitsgebiete. lauf bis spätestens 12. Juni 2006 an gtp@ubs.com Your exceptional talent drives our success. It starts with you. What keeps UBS at the forefront of global financial services? Your skills, commitment and ambition to be the best. Our innovation comes from your creativity and appetite for challenge. The ideas you share with colleagues help develop the products and services that sustain our market leadership positions across Europe, the Americas and Asia Pacific. A dynamic and diverse environment provides you with every opportunity to fulfill your potential and further our achievements. Industry-leading training programs help you to hit the ground running. How far you go is up to you. Find out more about graduate opportunities and life at UBS at www.ubs.com/graduates You & Us ��
ETH Persönlich den Universitäten Edinburgh (Schottland) und Stanford (USA) setzte er seine Karriere am Zen- trum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg in Deutschland fort. Seit 2000 ist er Mitglied des Direktoriums, und zwischen 2001 und 2004 hat er das Zentrum als geschäfts- führender Direktor geleitet. Renato Paro ist 02_PAC-Car-Team geehrt verheiratet und Vater von zwei Kindern. In sei- ner Freizeit widmet er sich seiner Familie, hält sich mit Laufen und Skifahren fit und hört ger- ne klassische Musik. Renato Paros Forschungsgebiete sind die Epi- genetik und die Chromatinregulation, die er anhand von Fruchtfliegen untersucht. Paro in- teressiert sich unter anderem für das Gedächt- nis von Zellen. Während der Entwicklung einer Zelle zu einem spezialisierten Zelltyp – etwa ei- ner Leberzelle – muss die Information, was aus 01_Olympiasiegerin Daniela Meuli 03_Renato Paro der Zelle werden soll, über viele Zellteilungen hinweg aufrechterhalten werden. Diese Infor- mation steckt in Gen-Markierungen, die durch bestimmte Proteine angebracht und erkannt werden. Auf diese Weise entsteht eine epige- 01_Frau mit Olympiagold 1. Preis in der Kategorie Jugend zusprach. Am netische (nicht in den Genen kodierte) Bot- Die ETH Zürich hat eine Olympiasiegerin. Die Projekt arbeiteten rund 20 ETH-Studierende schaft, welche von Zellteilung zu Zellteilung Turn- und Sportlehrer-Studentin Daniela Meuli mit, die meisten davon aus dem Departement weitervererbt werden kann. Paros Forschungs- gewann im Februar an den Olympischen Spie- Maschinenbau und Verfahrenstechnik. gruppe in Heidelberg gehörte zu den ersten, len in Turin die Goldmedaille im Snowboard- Das ETH-Team hatte mit dem Fahrzeug PAC- die ein Gen für ein solches Markierprotein cha- Riesenslalom. Sie bescherte damit der Schweiz Car, das von einer Wasserstoff-betriebenen rakterisieren konnten. Darüber konnte Paros die fünfte Goldmedaille der diesjährigen Olym- Brennstoffzelle angetrieben wird, Ende Juni Gruppe als erste nachweisen, dass solche Gen- pischen Winterspiele und der ETH einen Grund 2005 mit 5385 Kilometern pro Liter Benzin markierungen nicht nur an Zellen innerhalb zum Feiern. einen neuen Weltrekord im sparsamen Treib- eines Organismus übertragen, sondern auch Der feierliche Festakt mit Empfang durch den stoffverbrauch aufgestellt. Theoretisch könnte an die nächste Generation weitervererbt wer- ETH-Präsidenten (natürlich in den Sporthallen das Fahrzeug so mit nur 8 Litern Benzin einmal den können. Epigenetische Phänomene spie- der ETH-Polyterrasse) konnte allerdings erst im die Welt umrunden. Einige Ideen und Ansätze len auch bei Krebs, der Geweberegeneration April stattfinden, denn bis Ende März war die aus dem Projekt werden in künftigen Autos re- und in der Stammzellenforschung eine wich- Saison für die junge Snowboarderin noch nicht alisiert werden können. // tige Rolle. beendet. Zuerst galt es noch, das Weltcupfina- Unter der Führung von Renato Paro sollen im le in Japan zu bestreiten. Für die junge ETH- C-BSSE Naturwissenschaftler, Informatike- Studentin kein Problem: «Sport bedeutet alles für mich», sagt sie, «ruhig auf einem Stuhl zu 03_Direktor des Zentrums rinnen und Ingenieure gemeinsam biologische Systeme quantitativ beschreiben. Eine wich- sitzen dagegen, ist für mich die reinste Qual.» für Biosysteme tige Rolle wird die Simulation dieser Systeme Zum Glück sorgt auch das Sportlehrerstudium in Computermodellen spielen, dies sowohl in an der ETH, das die junge Frau seit Herbst 2001 Der Direktor des Zentrums für Biosysteme der Hinsicht auf das grundlegende Verständnis absolviert, für viel Bewegung. Und damit sie in ETH Zürich in Basel heisst Renato Paro. Der biologischer Netzwerke als auch im Hinblick Sachen Board nicht aus der Übung kommt, ETH-Rat hat den Biologen zum Professor für auf spätere medizinische Anwendungen. Im tauscht Daniela Meuli im Sommer das Snow- Biosysteme der ETH Zürich ernannt. Damit Mittelpunkt wird die Zelle stehen. Ein Ziel ist, board gegen das Surfbrett aus. // macht auch SystemsX, die Schweizer Initia- Gen-Netzwerke offenzulegen, um ein gezieltes tive in Systembiologie, einen grossen Schritt Umprogrammieren von Zellen – etwa für die vorwärts. Aufgabe Paros wird es sein, das Cen- Geweberegeneration – zu ermöglichen. Der 02_Ehre in Vancouver ter of Biosystems Science and Engineering (C-BSSE) zu einer weltweit bekannten Adresse molekulare Aufbau von Zellen, die Dynamik in Zellen wie auch die Kommunikation zwischen Energiesparend um die Welt, für Florian Kolb in Systembiologie zu machen. Im Endausbau Zellen sollen mit den neusten Methoden der und den PAC-Car ist das keine Utopie. Im März soll das Zentrum mindestens 15 Professuren Systembiologie beschrieben werden, um Bio- konnten er und sein Kollege Pius Kobler als in verschiedenen Disziplinen der Lebens-, In- Ingenieuren die Baupläne für einzelne zellu- Vertretung des gesamten PAC-Car-Teams in genieur- und Informatikwissenschaften um- läre Maschinen und langfristig von ganzen Vancouver den renommierten Energy Globe fassen. Organen zur Verfügung zu stellen. // Award entgegennehmen. Der Energy Globe Der 51-jährige Schweizer Renato Paro studierte Award wird von einer hochkarätigen interna- bis zur Promotion am Biozentrum der Univer- tionalen Jury vergeben, die dem PAC-Car den sität Basel. Nach Forschungsaufenthalten an ETH GLOBE 1/2006
ETH Brennpunkt Newsticker Y IDEA League plus: Zu den vier führen- den Technischen Universitäten in Europa ist eine fünfte hinzugekommen: Imperial College London, TU Delft, ETH Zürich und RWTH Aachen haben das 1999 gegründe- te Netzwerk der IDEA League um ParisTech erweitert. Die fünf Hochschulen bekräfti- gen ihren Willen zur intensiven Koopera- tion. Im Mittelpunkt steht dabei die Inter- nationalisierung der Ausbildung und die Lancierung gemeinsamer Forschungspro- jekte. Angestrebt ist ein vermehrter Aus- tausch von Studierenden nach Abschluss der ersten drei Studienjahre, zum Beispiel nach dem Bachelor-Examen. Die Studie- Auch in Zukunft ein Top-Ort für junge Talente. (Foto: Christian Aeberhard) renden sollen dann aufbauend den Mas- tergrad an einer der fünf IDEA-Hochschu- len erlangen können. Ziel des Netzwerkes ist es, eine herausragende Stellung in der Take-off für ETH 2020 europäischen Wissenschaftslandschaft in Europa zu erreichen. Der neue ETH-Präsident Ernst Hafen hat mit «ETH 2020» eine grund- legende Diskussion über die Ausrichtung der Hochschule angestossen. www.idealeague.org Damit will er die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen. Y Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) hat kürzlich 31 Förderungsprofes- Als der neue ETH-Präsident am 1. Dezember das bedeutet nach Meinung des Präsidenten suren vergeben. Die folgenden 5 haben 2005 sein Amt antrat, hatte er bereits einen mehr als nur einen Managementkurs zusätz- ihren Gastort an der ETH Zürich: ersten ETH-Marathon hinter sich: die Visions- lich: «Wir müssen klar definieren, welches die Martin Ackermann woche vom November. Zum Abschluss der Fei- ‹graduate qualities› eines ETH-Absolventen «Phenotypic Variation: Investigating ern ihres 150-jährigen Bestehens hatte die ETH sein sollen. Dann muss natürlich das gesamte Evolutionary Causes and Consequences zu einer Schwerpunktwoche mit Symposien, Lehrangebot auf die Erfüllung dieser Krite- with Experimental Evolution», Ecology Diskussionsforen und Workshops geladen, an rien hin überprüft werden. Wir müssen auch and Evolution, Departement Umwelt der Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Alternativen zum dominierenden passiven wissenschaften. Wissenschaft und Gesellschaft zum gemein- Lernen schaffen und mehr Freiräume, damit Michael Gamper samen Nachdenken über die Zukunft der ETH die Studierenden ihr Wissen selbst erarbeiten «Experimentierkunst. Poetologie und Äs- und des Bildungsplatzes Schweiz gebeten wa- können.» Auch auf Stufe der Doktorierenden thetik des Versuchs 1700–2000», Kompe- ren. Man zielte in Gedanken auf das Jahr 2030 könnte sich einiges ändern im Ausbildungspro- tenzzentrum «Geschichte des Wissens», oder gar 2055. Nun, wo er selbst am Ruder ist, gramm. Mit der Schaffung eigentlicher Gra- Universität Zürich und ETH Zürich. darf es ein wenig schneller gehen. Kaum im duate Schools will man auf dem internationa- Patrick Meraldi Amt, startete Ernst Hafen gemeinsam mit der len Markt die besten Doktorierenden gewinnen «Functional and proteomics-based ana- übrigen Schulleitung einen ETH-internen Dis- können. Aber auch im heimischen Markt will lysis of human kinetochores», Institut für kussionsprozess zur Zukunftsentwicklung mit man nicht passiv auf den Nachwuchs warten. Biochemie, Departement Biologie. dem Namen «ETH 2020». «Wir können nicht erst auf Hochschulniveau Jeroen A. Van Bokhoven mit der Nachwuchsförderung und speziell mit «New Spectroscopic Tools for the De- Fünf Schwerpunkte zur Diskussion der Frauenförderung beginnen», ist Ernst Ha- tection of the Catalytically Active Sites Zum Amtsantritt präsentierte der Präsident fen überzeugt. «Wir müssen die Schnittstelle in Heterogeneous Catalysis», Institut fünf Schwerpunkte, die seiner Meinung nach, zu den Gymnasien viel intensiver pflegen. Wir für Chemie- und Bio-Ingenieurwissen- neben hervorragender Forschung selbstver- müssen die Lehrkräfte regelmässig mit den schaften, Departement Chemie und ständlich, für die Zukunft der ETH Zürich ent- neuesten Entwicklungen der Wissenschaft Angewandte Biowissenschaften. scheidend sind: Lehre, Nachwuchsförderung, vertraut machen, und wir müssen den Schü- Johannes Walcher Finanzierung, Technologietransfer und Kom- lerinnen und Schülern direkte Einblicke in die «Unification and Duality: Structures of munikation. In zwei Klausuren entwickelte Forschungswelt verschaffen. Dies ist das Ziel N=1 compactifications of String Theory», die Schulleitung der ETH sodann konkretere der Learning Centers, die wir jetzt aufbauen.» Institut für Theoretische Physik, Depar Zielvorstellungen zu den einzelnen Gebieten. So sollen bis im Jahr 2020 die Hälfte aller ETH- tement Physik. In der Lehre sollen zum Beispiel neben der Studierenden junge Frauen sein, auf Profes- Fachkompetenz die unternehmerischen Fähig- sorenstufe sollen es immerhin 30% sein. Und www.snf.ch keiten der Studierenden gefördert werden. Und um genügend Brainpower auf dem globalen ETH GLOBE 1/2006
Wissensmarkt zu haben, soll es bis dann 100 zusätzliche Professuren geben. Spätestens hier Managing Complexity – wird klar, dass dies nicht alles auf dem traditio- nellen Weg finanziert werden kann. Das sieht die ersten 100 Tage auch Ernst Hafen so: «Ich sehe hier drei Stoss im Amt richtungen: erstens den Nationalfonds. Wer wie wir den Anspruch hat, die besten Wissen- schaftler zu beschäftigen, darf damit rechnen, sich hier zu steigern. Zweitens sollen aus der Bereitet die ETH heute auf die Zusammenarbeit mit der Industrie wesentlich Herausforderungen von morgen vor: mehr Mittel zufliessen als bisher. Und dann ETH-Präsident Ernst Hafen. sehe ich ein grosses Potenzial bei den EU-Mit- (Foto: Ex-Press/Heike Grasser) teln. Die ETH hat daraus im letzten Jahr rund 16 Millionen Franken generiert. Die Schweiz zahlt aber fast 300 Millionen Franken an die Managing Complexity – der Begriff könnte tierten mein Kollege Patrick Aebischer von EU. Ich finde, da sollte auch mehr zurückflies- zum «Wort des Jahres» werden. Es gibt der EPFL und ich unsere Visionen zum For- sen.» Dazu sieht er auch die ETH-Schulleitung kaum mehr einen Lebensbereich, in dem schungs-, Innovations- und Bildungsstand- und sich selbst beim Fundraising mehr heraus- wir nicht gezwungen sind, mit Komplexität ort Schweiz. Mir bot der Anlass Gelegenheit, gefordert. Umgekehrt soll auch viel Know-how umzugehen. In meinen etwas mehr als hun- unsere Politikerinnen und Politiker auf die den Weg in die Wirtschaft finden. Eines der dert Amtstagen habe ich versucht, die Kom- grossen Chancen hinzuweisen, die sich der Ziele heisst Verdoppelung der jährlichen Spin- plexität unserer Hochschule, die seit 150 Schweiz zurzeit eröffnen. Wir können welt- off-Gründungen bis zum Jahr 2011. Jahren einen nationalen Auftrag erfüllt, zu weit die besten wissenschaftlichen Talente erfassen und sachgerecht zu managen. Ich in unser Land holen, wenn wir es geschickt Neue Wege in der Kommunikation will nicht behaupten, ich hätte es schon ge- anstellen. Mit der engen Verbindung von Nun sind alle ETH-Angehörigen dazu einge- schafft. Noch befinde ich mich in einer stei- Ausbildung und Forschung, wie wir sie an laden, sich zu den Zielvorstellungen zu äus- len Lernkurve. Doch wir alle an der ETH Zü- unseren Schweizer Hochschulen fördern, sern, danach will die Schulleitung konkrete rich möchten, dass unsere Hochschule auch besitzen wir gegenüber unseren Nachbar- Massnahmen entwickeln. Das Vernehmlas- in Zukunft eine internationale Spitzenuni- ländern Deutschland und Frankreich einen sungsverfahren dazu läuft bis Juli auf unter- versität bleibt und ihre Aufgaben meistert. enormen Vorsprung. Mit der Einführung schiedlichen Kanälen: Da gibt es einmal den Dies setzt voraus, dass wir uns heute auf die des Bachelor/Master-Systems sind wir auch traditionellen Weg der offiziellen Stellung- Herausforderungen von morgen einstellen. im internationalen Bildungswettbewerb nahme der einzelnen Stände und Departe- Meine Schulleitungskollegen und ich ha- konkurrenzfähig. Und die Universitätsran- mente. Und es gibt als Novum einen Weblog, ben deshalb, als Ergänzung zur Forschungs- kings, die immer wichtiger werden, tra- auf den jeder ETH-Angehörige zugreifen kann, strategie für die Jahre 2008–2011, mit ETH gen dazu bei, dass wir uns in Europa und um seine Meinung kundzutun. Für Ernst Hafen 2020 einen Prozess der Zukunftsgestaltung in Übersee sehr gut positionieren können. ist der Weblog auch ein Symbol dessen, was in Gang gesetzt, an dem sich alle Angehö- Voraussetzung für den Erfolg ist allerdings, ihm in Sachen Kommunikation am Herzen rigen der ETH beteiligen können. Bis zum dass wir national noch enger zusammen- liegt: «Mehr Kommunikation, und zwar so di- 7. Juli läuft jetzt ein intensiver interner Mei- arbeiten, sei es in der Ausbildung von rekt wie möglich. Was sich da zum Beispiel nungsbildungsprozess, den wir von der Lehrkräften für die Gymnasien, bei der Ge- anlässlich der Visionswoche am Tag der Lehre Schulleitung auch mit zahlreichen Diskus- staltung der Bachelorprogramme oder im an direkten und persönlichen Diskussionen sionsveranstaltungen unterstützen. Mit Entwickeln eines nationalen Efforts, um den Departementsvorstehern haben wir an die Schweiz zu einem internationalen Spit- «Mir liegt viel an einem ver einer Klausur die Ziele, Massnahmen sowie zenreiter in der Systembiologie zu machen. stärkten, kontinuierlichen Dialog mögliche Konsequenzen für die Organisa- Den beiden ETHs und dem Nationalfonds mit Politik und Gesellschaft.» tion der ETH Zürich ausführlich besprochen. kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Ma- Ernst Hafen Bei Pizza und Bier habe ich mit den Assis- naging Complexity ist daher von einem tenzprofessoren und -professorinnen über ETH-Präsidenten im föderalen Schweizer zwischen Dozierenden und Studierenden ent- ihre guten Erfahrungen mit neuen Dokto- Bildungs- und Hochschulsystem ganz be- wickelt hat, ist von unschätzbarem Wert. Die- randenprogrammen diskutiert. Sie haben sonders gefragt. Komplexität in diesem sen Geist möchte ich in der ETH-Kultur weiter uns ermuntert, den Aufbau internationaler Bereich erfolgreich zu managen, ist jedoch stärken und auch nach aussen tragen.» So sol- Graduate Schools voranzutreiben. Auch die auch eine Frage ausreichender finanziel- len auch die Möglichkeiten zum Dialog mit der Vertreter des Mittelbaus sprachen sich für ler Mittel. Hier haben wir noch einiges an Bevölkerung ausgebaut werden. Gesucht wird unseren Vorschlag aus, Graduate Schools Überzeugungsarbeit zu leisten. zudem nach neuen Formen und Foren des re- rasch einzuführen. gelmässigen Dialogs mit Politik und Wirt- Gefragt war meine Präsenz aber auch in Ernst Hafen schaft. «Mir liegt viel an einem verstärkten, Bern, bei der Wirtschaft und auf dem inter- kontinuierlichen Dialog mit Politik und Gesell- nationalen Parkett. An einem Hearing mit schaft, national und international», betont der rund 40 Parlamentsangehörigen präsen- neue Präsident. // Martina Märki, Norbert Staub ETH GLOBE 1/2006
ETH Research Revolution im Bau Im Atelier des Architekten ist das digitale Zeichenbrett längst Alltag. Dennoch wird sein Potenzial, den gesamten Arbeitsprozess von der Planung bis zur Realisierung zu ver ändern, wenig erkannt. Eine Forschungsgruppe an der von Ludger Hovestadt geleiteten Professur für CAAD der ETH Zürich hilft, diesen «digitalen Bruch» zu überwinden. «designtoproduction» nennen Fabian Scheurer, Architekten Daniel Libeskind entstanden – wie über 2200 Einzelteile der 98 Holztürme sind Christoph Schindler und Markus Braach ihr auch auf der Produktionsseite. Tatsächlich untereinander durch eine Vielzahl matt schim- Projekt, das hie und da in der Fachwelt bereits werden nämlich die Möglichkeiten zeitgemäs- mernder Schwalbenschwänze aus Aluminium für einiges Aufsehen sorgt. Die designtopro- ser Bautechnik von den Architekten wenig in verbunden, was eine grosse Exaktheit beim duction-Macher hat ein Phänomen schon lang Anspruch genommen – die Handwerker, die Herausarbeiten aller Nuten voraussetzt. Dies gestört, das sie den «digitalen Bruch» nen- eben längst nicht mehr nur von Hand werken, ist in solch grossem Massstab nur machbar, nen: eine Lücke in der Verarbeitungskette vom können schlicht mehr, als ihnen die Planer für wenn man die genaue Berechnung der Ver- Arbeitstisch des Architekten bis zum Werk- gewöhnlich abverlangen. Diesem Missverhält- bindungsstellen dem Computer überlässt und betrieb. So gut wie alle an einem Bauvorhaben nis abzuhelfen ist der Hauptantrieb für das de- die Fertigung der Einzelteile einer vollautoma- Beteiligten setzen inzwischen ganz selbstver- signtoproduction-Team. tischen Fräse. In Handarbeit wäre allein das ständlich Computer ein, doch sind die einzel- Bis anhin waren die Möglichkeiten rationeller Meistern dieses Details unendlich aufwendig nen Abschnitte im Planungs- und Bauprozess Fertigungsmethoden dem industriellen Bau- und schlicht unbezahlbar. Insgesamt haben die noch kaum miteinander verkettet. So ist es en vorbehalten, welches zwar, wie Christoph ETH-Architekten für ihre Methode eine über zum Beispiel heute noch gängige Praxis, dass Schindler sagt, «die Architekten gerade wegen siebzigprozentige Kosteneinsparung gegen- die Pläne des Architekten, obschon in digitaler der standardisierten Formen durchaus faszi- über dem herkömmlichen Holzbau errechnet. Form verfügbar, von der Handwerksfirma (z. B. niert». Doch, fügt er an, «den Menschen, die einem Zimmermannsbetrieb) neu skizziert darin wohnen und arbeiten müssen, gefallen Von der Planung direkt in die Fertigung und in eine Zeichensprache übersetzt werden, solche industriell gefertigten Gebäude zumeist Am Werkstoff Holz lässt sich laut Christoph mit der die ebenfalls vollautomatisch arbei- weniger». Wenn es nun gelingt, den digitalen Schindler die Überlegenheit des durchgehend tenden Maschinen etwas anfangen können. Bruch zu überbrücken, so kann der Varianten- digitalen Fertigungsprozesses ausgezeichnet Um diesen digitalen Bruch zu kitten, pflegt reichtum aus den kreativen Köpfen der Planer demonstrieren, da bereits eine Armada von man am Lehrstuhl für CAAD (Computer Aided endlich beinahe ohne Beschränkung auf der leistungsfähigen automatischen Säge- und Architectural Design) die Interdisziplinarität: Baustelle Gestalt annehmen. Und das zu Prei- Fabian Scheurer ist als diplomierter Informati- sen, die nicht so exorbitant sind, dass die Rea- «Am Schluss steht die Vision des ker der Fachmann für die digitalen Tüfteleien lisierung Renommierbauten wie Museen oder maschinengefertigten, aber im Team. «Es braucht zwar», findet er, «kein Luxushotels vorbehalten ist. trotzdem individuellen Hauses.» Informatik-Studium für die Arbeit mit CAAD, Daniel Libeskinds Projekt «Futuropolis» bei- Christoph Schindler bei komplexeren Aufgabenstellungen können spielsweise, eine komplexe skulpturale Instal- ein paar Vorlesungen in Informatik aber na- lation für die Universität St. Gallen, hätte ohne Fräsmaschinen zur Verfügung steht. Diese türlich nicht schaden.» Das nötige Know-how die Hilfe von designtoproduction nicht gebaut werden bislang aber vorwiegend im Fertig- können sich Architekturstudenten an der ETH werden können, ist Christoph Schindler über- hausbau eingesetzt, wo eben wiederum die aber auch direkt am CAAD-Lehrstuhl holen, in zeugt. Libeskind habe ein halbes Jahr nach Langeweile des Standards herrscht. Ebenso ste- den Grundvorlesungen oder vertieft in einem einer technischen Umsetzung gesucht, man hen schon Maschinen zur Fertigung von Beton- Masterstudiengang. habe verschiedene Materialien und Produk- teilen zur Verfügung, die sich des Prinzips eines tionsstätten geprüft, aber auch eine manuelle groben Tintenstrahldruckers bedienen und Auch Daniel Libeskind tuts Fertigung in China hätte den finanziellen und jede denkbare Wandform ausspritzen können. designtoproduction soll bald als Spin-0ff in die zeitlichen Rahmen bei weitem gesprengt. Erst In Zukunft will man bei designtoproduction unternehmerische Freiheit entlassen werden, dank des durchgehend digitalen Planungs- alle möglichen maschinellen Verarbeitungs- nachdem man in der Geborgenheit des For- und Fertigungsprozesses wurde die Realisie- schritte direkt an die digitale Planungsphase schungsbetriebs an der ETH bisher drei grosse rung möglich. Ganz nebenbei konnte man ankoppeln – am Schluss der Forschungs- und Projekte durchgespielt und zur Realisation ge- dabei auch einer alten und bewährten Technik Entwicklungsarbeit steht die Vision des ma- bracht hat. Die Fachwelt hat aufgehorcht, so- (die parallel zur reinen Handarbeit langsam schinengefertigten, aber trotzdem frei nach wohl auf Seiten der Planer – eines der Projekte aus den Betrieben verschwunden war) zu ei- individuellen Wünschen gestalteten Hauses. ist in Zusammenarbeit mit dem New Yorker ner unerwarteten Renaissance verhelfen: Die Christoph Schindler bezweifelt allerdings, 10 ETH GLOBE 1/2006
1 2 3 1 Visionäre Projekte genial umgesetzt: Daniel Libeskinds Projekt «Futuropolis». (Foto: Christoph Schindler) 2 Kugelpavillon für die Swissbau. (Foto: Jürg Gasser) 3 Dachkonstruktion für die Bäckeranlage Zürich. (Foto: Barbara Wiskemann) ETH GLOBE 1/2006 11
ETH Research Projektinfo designtoproduction wurde 2005 von Fabian Scheurer tingleistungen für Architekten und Bauausführende, (Dipl.-Informatiker) und Christoph Schindler (Dipl.- die digitale Produktionsketten für anspruchsvolle Ing. Architekt SIA) gegründet mit dem Ziel, einen Bauvorhaben nützen wollen. Innovative Program- Teil der Forschungsarbeit an der Professur für CAAD miertechniken, Erfahrung mit computergesteuerten hin zur praktischen Anwendung zu führen. Für die Maschinen und enge Zusammenarbeit mit Indus- drei exemplarischen Vorprojekte im Holzbau stiess triepartnern kennzeichnen die Arbeit von designto- zusätzlich Markus Braach (ebenfalls dipl. Architekt) production. mit zum Team. designtoproduction bietet Consul- www.designtoproduction.com dass diese Vision bald Realität werden könnte; zu dar. Ziel wäre ein Minimum an ungenutztem kein Widerspruch: Je mehr gerade das zeitge- viele Gewerke, wie das die Architekten nennen, Raum, an verschlossenen Ecken und unzu- nössische Bauen die freie, einem natürlichen seien an der Erstellung eines Gebäudes beteili- gänglichen Winkeln. Je nach Grundriss passen Wachsen nachempfundene Form sucht, desto gt, und sie alle müssten erst zu einem digitalen ein paar Betten mehr in die kleinen Zimmer, unverzichtbarer wird bei der Planung wie bei Netz verwoben werden, vom Sanitär über den doch hier das Optimum herauszutüfteln, wür- der Realisierung der Einsatz des Computers. Ofenbauer bis zum Aufzugskonstrukteur. Dieses de einen Planer am Zeichentisch ebenso viel Letztlich geht es den designtoproduction- Ziel ist noch in weiter Ferne, fürs Erste beisst Zeit wie Nerven kosten. Machern aber nicht ums laute Verkünden von man sich schon an der einfachen digitalen Kette An dem Punkt kommt nun wieder der Compu- Visionen; sie verteilen kein pointiertes Mani- zuweilen die Zähne aus. ter ins Spiel, und zwar auf eine Weise, die weit fest zur Zukunft des Bauens. Möglichkeiten über die Harmonisierung von Produktionsab- sollen aufgezeigt werden, und gern tüftelt Berghütte digital läufen hinausgeht. Die Maschine wird, bringt man auch Lösungen für ganz unprätentiöse Aber die designtoproduction-Leute sammeln man ihr erst die nötigen Algorithmen bei, Teil Projekte aus: Hackbrettbauer wussten schon fleissig Erfahrungen. Drei Projekte haben sie des kreativen Prozesses; sie greift entschei- lang, dass ein gewölbter Resonanzkasten den schon abgeschlossen, alle in enger Zusam- dend schon in die Entwurfsphase mit ein – die tonnenschweren Zugkräften der Saiten bes- menarbeit mit der Schreinerei Bach Heiden designtoproduction-Leute nennen das «gene- ser widerstehen könnte, doch vermochten sie AG. Neben Libeskinds installativem Holzraum risches Entwerfen». Gibt man dem Computer diese Form an der Werkbank nicht zu meistern. sind dabei eine Plattform für die Ausstellung den ungefähren Rahmen für den Grundriss und Über die digitale Kette war die Fertigung des «Inventioneering Architecture» entstanden, das Prinzip der Raumaufteilung zur Leitplanke, idealen Kastens endlich möglich, und die Hack- mit der sich die vier Architektur-Hochschu- findet er selbständig die optimale Form, bei brettbauer sind – wer hat da Traditionalisten len der Schweiz im Ausland präsentieren, so- der möglichst wenig Leerraum übrigbleibt. gesagt? – begeistert. Wer weiss, vielleicht tritt wie ein kugelförmiger Pavillon für die Messe designtoproduction zunächst eine kleine Re- Swissbau ’05. Zurzeit arbeitet man mit an der Freie Form als Herausforderung volution im Verborgenen los, bevor es dereinst Monte-Rosa-Hütte, einem Jubiläumsprojekt Eine ähnliche Aufgabe stellte Fabian Scheurer von Grund auf die Art und Weise verändert, der ETH Zürich, zusammen mit dem SAC. Das seinem Computer schon bei der Entwicklung wie wir Häuser bauen. // Projekt hat das Zeug, den Bau von Berghüt- des Kugel-Pavillons für die Swissbau. Die Kas- ten zu revolutionieren, und dies nicht allein settenkonstruktion optimierte sich im Rechner Roland Fischer in ästhetischer Hinsicht. Der unregelmässige selbständig rund um die vorgegebenen Öff- Monolith wird die Formensprache der fel- nungen herum, was in einem organisch wir- sigen Umgebung aufnehmen und dennoch kenden Netzwerk aus 1200 verschiedenen Ein- aufgrund seiner Grösse und der unkonven- zelteilen resultierte. Tatsächlich hat die eigens tionellen Fassadengestaltung einen heraus- programmierte Software für diesen Entwurf stechenden Bezugspunkt in der Schnee- und Wachstumsprozesse simuliert – das Ergebnis Felslandschaft am Fuss der Dufourspitze bil- ist eine wunderschön fliessende Struktur jen- Ausstellung den. designtoproduction fällt die Aufgabe seits aller geometrischen Rigidität. Die Ausstellung «Inventioneering Architecture» zu, die von Prof. Andrea Deplazes und seinen Ebenfalls mit Hilfe eines Optimierungsalgo- wird, nach Stationen in San Francisco, New York, Studenten erdachte Holzkonstruktion zu reali- rithmus und in Zusammenarbeit mit Prof. Dubai und Schanghai, diesen Oktober ein sieren. Hier ist die Schnittstelle zwischen Plan- Andrea Deplazes entwickelt das Team derzeit Heimspiel an dem ETH-Standort Hönggerberg skizzen und dem Zimmereibetrieb erst noch zu eine Dachkonstruktion, die bald einen Pausen- haben. Die vierzig Meter lange, begehbare schaffen, erstmals wagt man sich an ein inte- platz bei der Zürcher Bäckeranlage beschirmen Plattform zeichnet einen idealisierten topogra- grales, nutzbares Gebäude. Das Vorhaben ist, soll. Das Modell erinnert an ausladende Blät- phischen Schnitt durch die Schweiz nach. Die wie Christoph Schindler sagt, «eine Nummer ter von niedrig und dicht wachsendem Kraut, Reliefstruktur besteht aus 1000 verschieden grösser» als alle vorigen Projekte. und ähnlich sollen die einzelnen Dachblätter geformten Balken, die mittels designtopproduc- Eine Herausforderung stellt dabei auch die sich gegenseitig das Regenwasser zuspielen, tion berechnet und gefräst wurden. komplexe, nichtorthogonale Raumaufteilung ehe es schliesslich am Rand abfliesst. Es ist 12 ETH GLOBE 1/2006
ETH Spin-off Solarzelle will auf Siegeszug Zwei Weltrekorde, eine Firmengründung und kürzlich der «ZKB Pionierpreis Techno- park» 2006: Die flexible Dünnschicht-Solarzelle des ETH-Teams Flisom AG sorgt für Schlagzeilen. Jetzt will sie den Markt erobern. einstrahlung einen Laptop zu betreiben. Die Eigenschaften der neuartigen Solarzelle sind aber auch sonst bestechend. Dies hängt mit dem verwendeten Material zusammen. Wäh- rend herkömmliche Solarzellen auf Silicium setzen, verwendet das ETH-Team Kupfer, Indi- um, Gallium und Selen (CIGS). Dieses Material erbringt auch bei 100-mal dünnerer Schicht- dicke einen gleichwertigen Wirkungsgrad wie kristallines Silizium und ist langzeitstabil. Der zerstörerische Einfluss von Strahlung ist ein bekanntes Problem, das die Leistungsfähigkeit von Solarzellen mit der Zeit stark herabsetzen kann. «Wir haben auch schon Strahlungsexpe- rimente bei Weltraumbedingungen gemacht und dabei festgestellt, dass sich die CIGS-Solar- zellen einiges besser halten als konventionelle Silicium- oder die im Weltall verwendeten Gallium-Arsenid-Solarzellen. Es konnte sogar schon gezeigt werden, dass sich die CIGS- Schicht selber regenerieren kann, wenn durch Das Flisom-Team auf dem Weg zum Markteintritt. (Foto: Martin Guggisberg) kosmische Strahlen Schäden auftreten», freut sich Marc Kaelin. «Und in der gegenwärtigen Marktlage, wo es auf dem Siliciummarkt we- gen der steigenden Nachfrage zu Engpässen Bis jetzt ist sie 5 mal 5 Zentimeter gross, nun rium für Festkörperphysik der ETH Zürich. Der kommt, können wir mit unserem Material eine wird man sie versuchsweise etwa in Serviet- Name der jungen Firma ist ihr Programm: Fle- Alternative bieten.» tengrösse, genauer auf 30 mal 30 Zentimetern, xible and Lightweight Solar Modules. herstellen. Und bald soll sie dann im grossen Auf der Erde und im Weltraum Stil von der Rolle gehen, die flexible Solarzel- Einzigartiges Verfahren Die Markteigenschaften sehen nicht schlecht le als Endlosband am Laufmeter sozusagen. Die Solarzellen-Forscher der ETH Zürich ent- aus. Hauchdünne Plastikfolien als Träger- Die Versuchsanlage dazu steht im Technopark wickelten ein neues Verfahren, um dünne So- material vereinfachen die Herstellung und Zürich. Von aussen sieht man nicht viel mehr larzellen auf Polymerfolie herzustellen. Diese verringern die Produktionskosten. Bei gleicher als eine Vakuumtonne auf 4 Beinen, in deren sind dadurch nicht nur flexibel, sondern auch Leistung wie ein herkömmliches Solarzellen- Innerem sich alles Entscheidende abspielt. ultraleicht. Zudem weisen die Solarzellen der modul kann das Gewicht um einen Faktor 10 Hier wird eine hauchdünne Schicht photovol- Flisom AG einen überdurchschnittlich hohen bis 20 gesenkt werden. Die zur Herstellung taischen Materials auf eine Plastikfolie auf- Wirkungsgrad auf. Das Flisom-Team hält seit der Solarzelle notwendige Energie amortisiert gedampft. «Alles selbst gebaut», erklärt Marc dem technologischen Durchbruch 1999 den sich dank ihres Wirkungsgrades von über 14% Kaelin, eines der Mitglieder von Flisom AG, Weltrekord für Solarzellen auf Plastik. Im Jahr innerhalb eines Jahres. Wirtschaftsprognosen stolz. «Für dieses Verfahren gibt es eben keine 2005 schlug das Team seinen eigenen Welt- sehen für den Bereich Photovoltaik auch in fertigen Technologien auf dem Markt, auf die rekord noch einmal. Leistungsfähigkeit ist ein Zukunft weiterhin gute Wachstumschancen wir zurückgreifen könnten.» Flisom AG, das ist gutes Argument für die neuen Solarzellen. voraus, auch wenn der Anteil der Photovolta- ein junger ETH-Spin-off, hervorgegangen aus So genügt eine Solarzelle in der Grösse eines ik an der gesamten Stromproduktion derzeit der Gruppe Dünnschichtphysik am Laborato- A3-Blatts, um bei durchschnittlicher Sonnen- noch bescheiden ist und dies noch längere ETH GLOBE 1/2006 13
ETH Spin-off Zeit so bleiben wird. In der Schweiz liegt er mobilen elektronischen Geräten, wie zum Bei- mässig durchgeführten Businessplan-Wettbe- gegenwärtig gerade mal im Promillebereich. spiel Mobiltelefonen, iPods, Laptops oder Digi- werb «Venture» teil und gelangte mit seinem Aber immer mehr Länder setzen vermehrt auf talkameras. Hohes Marktpotenzial ortet das Businessplan von über 205 Beiträgen in der Solarstrom. Der gebürtige Inder mit Schwei- Flisom-Team zudem in der Architektur oder ersten Runde unter die 10 besten Teams. Nun zer Pass Ayodhya N. Tiwari, der geistige Vater gar für den Einsatz im Weltraum. stehen Coaches aus der Wirtschaft dem Team der flexiblen Solarzelle und Mitbegründer der mit professionellem Rat bei der Ausarbeitung Flisom AG, glaubt schon lange an die Zukunft Unterwegs zur Marktreife der Geschäftsstrategie und eines konkreten der Solartechnologie und plädiert für eine Ganz konkurrenzlos steht das Team allerdings Finanzierungsplans zur Seite. Durchaus auch globale Sichtweise. Gerade in vielen Entwick- nicht da. «Es gibt bereits Firmen, die ebenfalls ein Thema ist derzeit auch noch die Suche lungsländern bestünden aufgrund der klima- flexible Solarzellen produzieren wollen, zu- nach einem industriellen Partner für die Pro- tischen Verhältnisse ideale Voraussetzungen meist auf Metallfolien», gibt Mark Kaelin zu. duktion in grossem Stil. In etwa 2 bis 3 Jahren für den Einsatz der Photovoltaik und auch ein «Allerdings haben wir gute Chancen, da wir ei- soll es dann so weit sein: Die flexible Solarzelle grosses Bedürfnis danach – nur müssten die nen höheren Wirkungsgrad erzielen können», geht auf den Markt. // Solarzellen dafür billig genug werden. «Ob wir stellt er fest. Nun arbeitet das Flisom-Team längerfristig mit Dünnschichtsolarzellen auch mit Hochdruck daran, sein eigenes Produkt Martina Märki preislich mit konventionellem Strom konkur- zur Marktreife zu bringen. Als technische Her- rieren können, muss sich erst noch zeigen. Es ausforderung stellt sich die Homogenität der ist jedoch ein viel versprechender Schritt in Schicht auf grösseren Flächen dar und die Pro- die richtige Richtung», meint Marc Kaelin. Er duktionsgeschwindigkeit. «Zum Glück können Flisom AG sieht grosse Einsatzchancen für die Solarzellen wir immer noch eng mit Forschenden aus der von der Rolle zum Beispiel in Katastrophenein- ETH zusammenarbeiten und dürfen als ETH- Ein Spin-off der ETH Zürich sätzen, da sie leicht, gut transportierbar und Spin-off auch die Infrastruktur hier benutzen. Gegründet 2005 fast überall einsetzbar seien. Generell bietet Der Kontakt zur Forschungsgruppe ist in dieser Ayodhya N. Tiwari, Dominik Rudmann, der Outdoor-Bereich viele Einsatzmöglich- Situation extrem wichtig und hilfreich», betont Marc Kaelin, David Brémaud und keiten. Dank ihrer Flexibilität kann die Folie Marc Kaelin. Man will im Lauf der Zeit auch Hans Zogg problemlos auf gekrümmten Oberflächen wie noch weitere Leute in der jungen Firma anstel- Technopark Zürich zum Beispiel Zelten oder Kleidungsstücken len. Wichtig und hilfreich ist zudem der Kontakt www.flisom.ch angebracht werden. Die flexiblen Solarzellen zur Business-Welt. Das Flisom-Team nahm am info@flisom.ch eignen sich auch besonders für den Einsatz in von McKinsey & Company und der ETH regel- Machen Sie ―IhreKarrierestartklar. MitderWinterthuranIhrerSeite. Ihre WinGraduates Programs bei der Winterthur Sie wollen Ihre Karriere mit einem Berufseinstieg starten, der Sie fachlich fordert, Ihre Persönlichkeit weiter bringt und Ihnen neue Horizonte öffnet. Hier die richtige Entscheidung bei der Wahl Ihres Karrierepartners zu treffen, kann Ihre Laufbahn massgeblich prägen. Unsere Empfehlung: Wählen Sie mit Sorgfalt und Bedacht. www.winterthur.com/wingraduates
ETH Teaching Teilnehmenden erhalten eine fundierte Aus- bildung. Zudem profitieren sie von bestehen- den Verbindungen der jeweiligen Hochschulen zur Industrie, insbesondere von der langjäh- rigen Zusammenarbeit der TU Delft mit der Royal Dutch/Shell Group. So können die drei Hochschulen eine Ausbildung garantieren, die nicht an den Bedürfnissen der Industrie vor- beigeht. Im Gegenteil: Es ist vorgesehen, dass ein «Industrial Committee» den Studiengang begleitet und Inputs für die Lehre liefert. Aus- serdem können Studierende einzelne Semes- terarbeiten, vor allem aber die Masterarbeit in einem der industriellen Partnerbetriebe absolvieren. Und die freuen sich schon. «Als in- ternationales Unternehmen haben wir grosses Interesse an Studierenden, die mobil sind und Keiner kennt die obersten Erdschichten besser als die Geophysiker. Ein neues Joint-Master-Programm garantiert ihnen die wir global einsetzen können», bekräftigt eine fundierte Ausbildung. Eric de Graaff, Chef-Geophysiker bei Shell. Der neue Joint Master ist auch aus hochschul- politischer Sicht sinnvoll. Denn zum Teil ist das neue Programm aus der Not entstanden. «Der Geophysiker als Weltenbummler Fachbereich angewandte Geophysik war bis- her ein relativ kleiner Kurs», erklärt Hansruedi Maurer. Die Folge davon: Es können in der Lehre Europäische Hochschulzusammenarbeit war bisher vor allem ein Thema für Sonntagsreden. nicht alle Teilbereiche sehr vertieft abgedeckt Jetzt wird sie greifbar: Gemeinsam mit zwei Partneruniversitäten lanciert die ETH Zürich werden, an der ETH dominierte der Ingenieur- erstmals ein Joint-Master-Programm mit einheitlichem Diplom für Geophysiker – und für und Umweltbereich. Den anderen Unis ging es die Industrie. ähnlich. Und so kam das neue Programm in er- staunlich kurzer Zeit zustande: «Sechs Monate nachdem man den Entscheid zugunsten eines Vergleichbare Studienabschlüsse in ganz Eu- Anders Hagström vom Prorektorat für interna- Joint Masters gefällt hatte, konnten die betei- ropa, erleichterte Mobilität zwischen den tionale Beziehungen an der ETH. Zwar gebe es ligten Unis bereits die Verträge unterzeich- Hochschulen und eine auf die Bedürfnisse des bereits viele Arten der Zusammenarbeit unter nen», erzählt Anders Hagström. Das ist inso- Arbeitsmarktes ausgerichtete akademische europäischen Hochschulen. «Doch dass drei fern bemerkenswert, als zahlreiche Details Ausbildung, das alles soll die Bologna-Reform Unis einen Master mit einheitlicher Prüfungs- geklärt werden mussten: Wie oft darf eine Prü- bringen. Bisher hat sie vor allem für Verunsi- ordnung und gemeinsamem Diplom anbieten, fung wiederholt werden, welche Vorlesungen cherung und Kopfzerbrechen gesorgt. An den ist neu.» Die ersten Studierenden werden im sind Pflicht, welche nicht, wie viele Kredit- Lehrinstituten brüten die Verantwortlichen Herbst beginnen, das Interesse ist gross. Hans- punkte werden wo vergeben? Dinge, die in je- über den Details der Umstellung, während ruedi Maurer vom Institut für Geophysik ist an der Uni unterschiedlich geregelt waren, wur- sich Studierende und Arbeitgeber fragen, wie der ETH mitverantwortlich für die Durchfüh- den innert kurzer Zeit vereinheitlicht. Dass dies viel die neuen Abschlüsse wohl auf dem Markt rung des Programms und hat bereits wenige möglich war, dürfte nicht zuletzt auf die lange wert sind. Doch jetzt zeigt die ETH Zürich mit Wochen nach der Ausschreibung des neuen Zusammenarbeit der drei Unis zurückzufüh- einem neu lancierten Master-Studiengang für Studiengangs zahlreiche Anfragen erhalten. ren sein. Die TU Delft, die ETH und die RWTH angewandte Geophysik, was Bologna konkret Aachen gründeten zusammen mit dem Impe- bedeuten kann. Das neue Programm ist eine Alle können profitieren rial College London vor sechs Jahren die IDEA- europäische Premiere: Der Joint Master in Ap- Das verwundert kaum, denn der Joint Master League. «Ein Grundvertrauen war also bereits plied Geophysics ist eine Zusammenarbeit der bietet für alle Seiten zahlreiche Vorteile. Die da», so Hagström. ETH mit der TU Delft (Niederlande) und der Studierenden erhalten Gelegenheit, in drei Der Joint Master in Geophysik ist erst der RWTH Aachen (Deutschland). Die Unterrichts- Ländern und an drei hochkarätigen Ausbil- Anfang der europäischen Zusammenarbeit. sprache ist Englisch, und die Teilnehmenden dungsstätten zu leben und zu lernen. Ausser- Bereits sind an der ETH weitere gemeinsame werden für jeweils vier bis fünf Monate nach- dem ist jede der drei Partnerschulen auf ein Master-Studiengänge in den Bereichen Biolo- einander an den drei Partnerhochschulen stu- bestimmtes Gebiet spezialisiert: Die TU Delft gie und Chemie geplant – Bologna ist definitiv dieren. Danach können sie frei wählen, wo sie ist besonders stark im Bereich der Öl- und nicht mehr aufzuhalten. // ihre Masterarbeit machen wollen – an einer Gasexploration, die RWTH Aachen hat aus- der drei Unis oder in der Industrie. Am Ende gewiesene Qualitäten in den Bereichen Bohr- Conny Schmid halten sie ein Diplom in den Händen, das von lochgeophysik und Geothermie, und an der allen drei Hochschulen gemeinsam ausge- ETH kennt man sich bestens aus mit Fragen zu maurer@aug.ig.erdw.ethz.ch stellt wird. «Das ist ein Novum in Europa», sagt Umweltbelastungen und Naturgefahren. Die www.idealeague.org/geophysics ETH GLOBE 1/2006 15
Dossier China Reportage Baustelle China Chinas boomende Wirtschaft macht die Volksrepublik zur treibenden Kraft der Weltökonomie und zum Gesprächsthema Nummer eins der Meinungsführer. Doch der Aufschwung hat auch negative Seiten: Bei weltweit schwindenden Ressourcen nimmt Chinas Energiebedarf rasant zu. Ein Spin-off der ETH Zürich mit Sitz in Peking gibt Gegensteuer. 16 ETH GLOBE 1/2006
Rubriktitel Rubriktitel Text: Conny Schmid Fotos: John Currie Wir haben die endlose Weite der Wüste Gobi Anflug auf Peking, China, Reich der Mitte, Land hinter uns gelassen. Tief unter uns nimmt jetzt, der Träume, Volksrepublik der unbegrenzten Strasse um Strasse, Dach um Dach, die Zivili- Möglichkeiten. Seit sich die kommunistische sation Gestalt an. Wie ein Bild, das sich lang- Regierung dem kapitalistischen Westen geöff- sam vor unseren Augen aufbaut, werden die net hat, ist Chinas Wirtschaftswachstum kaum Dimensionen dessen, was uns unten erwartet, mehr zu bremsen. Billige, willige Arbeitskräfte immer klarer erkennbar. Wir befinden uns im und ein riesiger neuer Absatzmarkt lassen ETH GLOBE 1/2006 17
Dossier China Reportage Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Yuan Tian überprüft die Heizungsrohre. «Ab 2007 dürfen keine Grossbauten mehr in Angriff genommen werden. Deshalb sind jetzt alle wie die Verrückten am Bauen.» Yan Wang, Architekt westliche Investoren in die Taschen greifen. Stau. Vor uns, hinter uns, neben uns kommen fessor für Bauphysik am Institut für Hochbau- Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler: alle sich mit Kisten, Kleidern, Kochtöpfen beladene technik. Vor 5 Jahren baute er zusammen mit sprechen von China, der treibenden Kraft der Fahrräder und dunkle Edelkarossen gefährlich seiner chinesischen Kollegin, der Architektin Weltwirtschaft, der Werkbank der Wirtschafts- nahe. Legionen von Strassenfegern sind von Yuan Tian, das erste Wohngebäude Chinas, das welt. Das Rezept der Regierung lautet «ein früh bis spät per Velo und Anhänger unter- Minergie-Standards erfüllt. Das Grundprinzip Land, zwei Systeme». Es vereint Kommunismus wegs, bekämpfen mit Besen und Atemmaske ist einfach: Eine gut isolierte, luftdichte Hülle und Kapitalismus, Fünfjahresplan und Sonder- den Staub, den der Wüstenwind pausenlos in und ein sanftes Heizungs-, Kühlungs- und Be- wirtschaftszonen in einem Staat. China ist ein die Stadt weht. Auch im Behai-Park trifft man lüftungssystem, abgestimmt auf das Pekinger Experiment, Peking sein politisches Zentrum. sie an; dort, wo die Zeit ansonsten stillzuste- Klima, sorgen bei geringem Energieverbrauch Wir setzen zur Landung in SimCity an. hen scheint. Dort, wo sich Menschen, die vor für konstante Raumtemperaturen und Luft- der Imbissbude drängeln und schubsen, wie in feuchtigkeit. «High Comfort, low energy» – ho- Der Flieger spuckt uns aus, wirft uns hinein in Zeitlupe bewegen und mit strengem Blick ihre her Komfort, wenig Energie – lautet der Slogan. eine pulsierende 16-Millionen-Stadt mit stau- Taiji-Übungen absolvieren. Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Ge- biger Luft und über 1000 Baustellen. Peking, bäude verbraucht ein solches Haus etwa fünf- Olympiastadt 2008, ist im Umbruch. Im Jahr «Der reiche Mann denkt an die Zukunft, der mal weniger Energie. Und solche Einsparungen 2005 wurden hier allein für Wohnzwecke fast arme an die Gegenwart.» sind bitter nötig. Denn wenn China im gleichen 12 Millionen Quadratmeter Land überbaut. Ein Arm und Reich, Dreck und Sauberkeit, Hektik Tempo weiter wächst, werden die vorhande- stetes Hämmern, Schirren und Rumpeln erfüllt und Ruhe: Peking ist eine Stadt der Gegensät- nen Energieressourcen den Bedarf bald nicht die Metropole, Kräne, wohin man blickt, halb- ze. Und je näher die Olympischen Spiele rücken, mehr decken können. In Schanghai müssen fertige Hochhäuser und nagelneue Glas- und desto grösser scheinen sie zu werden. «Ab 2007 die Behörden bereits heute regelmässig den Stahlbauten bestimmen das Bild. Historische dürfen vorerst keine neuen Grossbauten mehr Strom abschalten, um einen Zusammenbruch Stadtteile werden mit Bulldozern dem Erd- in Angriff genommen werden, deshalb sind des Netzes zu verhindern. «Es ist nicht sinnvoll, boden gleich gemacht, tausende von Men- jetzt alle wie die Verrückten am Bauen», er- unser ganzes Engagement in ein paar Null- schen umgesiedelt. «Über Vergangenes mach klärt Yan Wang und lässt seinen Blick über die energiehäuschen in der Schweiz zu stecken dir keine Sorgen, dem Kommenden wende Stadt schweifen. Wir stehen auf dem Dach je- und gleichzeitig zuzuschauen, wie China die dich zu», lautet ein chinesisches Sprichwort, nes 28-stöckigen Hochhauses, in dem der jun- Fehler westlicher Industriestaaten wiederholt. dem solches Handeln zu folgen scheint. Pe- ge Architekt sein Büro hat. Wang arbeitet für Hier können und müssen wir etwas fürs globa- king steigt auf wie Phönix aus der Asche. Der KT Technologies, ein Spin-off der ETH Zürich. le Klima tun», ist Bruno Keller überzeugt. Tech- Taxichauffeur hupt sich seinen Weg durch den Hinter dem grossen K steckt Bruno Keller, Pro- nologietransfer sei vonnöten. 18 ETH GLOBE 1/2006
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