Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY

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Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
Real Estate
      News
      Ausgabe Winter | 2019

      Ak tuelle Inf ormationen aus dem
      Immobilienbereich

«Zukünftiges Headquarter, Zurich Insurance Group»
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
Inhalt                                                                                                   Editorial
                                                 Editorial                                                                  3       «Auch in schrumpfenden Ländern gibt es wachsende Städte», erklärt C ornel W idmer, G lobal Head
                                                                                                                                    Real Estate, von der Z u rich Insu rance C omp any im Interview. Zudem geht er darauf ein, worauf es
                                                                                                                                    bei der weltweiten Erhöhung der Immobilienanlagen ankommt und weshalb sein Versicherungskonzern
                             1                   Interview mit C ornel W idmer, Z u rich Insu rance C omp any                       dennoch Liegenschaften in der Schweiz verkauft.
                                                 « Au ch in schru mp f enden L ä ndern g ibt es wachsende S tä dte»     4
                                                                                                                                    Ergebnisse von Analysen zur Mieterzufriedenheit sind oftmals unvollständig. Dr. Casper Studer und
                                                                                                                                    Alexander Hellmuth geben im Artikel D ata M ining z u r Analy se des M ieterverhaltens Handlungs-
                             2                   D ata M ining z u r Analy se des M ieterverhaltens                             9   empfehlungen, um die Kündigungswahrscheinlichkeit von gewerblichen Mietern quantifizieren zu
                                                                                                                                    können.
                                 3               S tockwerkeig entu m: D u rch Au f stocku ng ans Z iel               1 2
                                                                                                                                    Im Beitrag S tockwerkeig entu m: D u rch Au f stocku ng ans Z iel beleuchtet Petra Galliker für Sie,
                                                                                                                                    wie die Hürden der Einstimmigkeit bei Stockwerkeigentümergemeinschaften durch Aufstockung
                                     4           Herau sf orderu ng en u nd P ositionieru ng                                        überwunden werden und gleichzeitig das Verdichtungspotenzial bei Liegenschaften im Stockwerk-
                                                 von W ohnbau g enossenschaf ten in der S chweiz                      1 6           eigentum ausgeschöpft werden können.

                                                                                                                                    Im Schweizer Wohnungsmarkt ist der Marktanteil von Wohnbaugenossenschaften gering. Sebastian
                                         5       P aradig menwechsel bei der steu erlichen Abz u g sf ä hig keit                    Zollinger und Sarah Peter haben für Sie im Artikel Herau sf orderu ng en u nd P ositionieru ng von
                                                 von ordentlichen Abschreibu ng en                                    2 0           W ohnbau g enossenschaf ten in der S chweiz zusammengefasst, inwiefern den Schweizer Wohnbau-
                                                                                                                                     genossenschaften trotz einiger Herausforderungen ein grosses Potenzial zur Steigerung sowohl
                                                                                                                                     des Marktanteils als auch ihrer Attraktivität zur Verfügung steht.
                                             6   Anrechnu ng von Betriebsverlu sten                                   2 4
                                                                                                                                    Ein P aradig menwechsel bei der steu erlichen Abz u g sf ä hig keit von ordentlichen Abschreibu ng en
                                                                                                                                    wurde mit dem Bundesgerichtsentscheid vom 26. Oktober 2017 festgehalten. Mitunter beinhaltet
                                                 P u blikationen                                                      2 8           dieser eine Änderung bezüglich bislang erfolgter ordentlicher Abschreibungen, die als definitiv,
                                                                                                                                    ungeachtet eines höheren Marktwerts bzw. einer möglichen Werterholung in den Folgejahren des
                                                 V eranstaltu ng en                                                   2 9           abgeschriebenen Aktivums, galten. Im Beitrag führen Stefan Laganà und Patrick Engstler den
                                                                                                                                    Sachverhalt sowie die Erwägungen des Bundesgerichts näher aus.

                                                 K ontakte                                                            3 0           Im Artikel Anrechnu ng von Betriebsverlu sten bei der G ru ndstü cksg ewinnsteu er werden Sie
                                                                                                                                    von Hanspeter Saner, Martin Kistler und Ingrid Aebi über eine erst kürzlich beschlossene Praxis-
                                                                                                                                    änderung in monistischen Kantonen erfahren. Lesen Sie mehr über das Bundesgerichtsurteils vom
                                                                                                                                    26. Januar 2018 — Wir haben für Sie den Sachverhalt und die Folgen genau erörtert.

                                                                                                                                    Mit der aktuellen Ausgabe der Real Estate News EY Schweiz möchten wir Ihnen,
                                                                                                                                    liebe Leserinnen und Leser, Einblicke zu aktuellen Themen der Immobilienbranche gewähren.

                                                                                                                                    Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche und interessante Lektüre.

                                                                                                                                    Daniel Zaugg                                                Claudio Rudolf
                                                                                                                                    Sektorleiter Real Estate                                    Head Real Estate
                                                                                                                                    Hospitality & Construction                                  Transaction Advisory Services

2   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                               Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   3
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
1                          Interview
                            mit C ornel W idmer,                                                                                                   Quai Zürich

                            Z u rich Insu rance C omp any
                                                                                                                                                                 Immobilien, und hier befindet sich das Gros unserer      W as sind au s W achstu mssicht die attraktivsten
                                                                                                                                                                 Immobilien Investment Teams. Bei Investitionen            M ä rkte?
                                                                                                                                                                 über die Grenzen erhöht sich die Komplexität, und          C W : Eine grosse Dynamik sehen wir in US-Städten,
                                                                                                                                                                 in der Regel steigen auch die Kosten. Europa und            zum Beispiel in San Francisco. Hier hat sich die

                             « Au ch in schru mp f enden L ä ndern g ibt es                                                                                      Nordamerika sind für uns nach wie vor sehr interes-
                                                                                                                                                                 sant. Wir beabsichtigen aber auch, die Immobilien-
                                                                                                                                                                                                                             Marktmiete gewisser Anlagen, die wir vor vier oder
                                                                                                                                                                                                                             fünf Jahren gekauft haben, fast verdoppelt. Es geht

                              wachsende S tä dte»                                                                                                                Allokation in Wachstumsmärken weiter zu erhöhen.
                                                                                                                                                                 In Südamerika ist das zum Beispiel Chile, in Asien
                                                                                                                                                                                                                             immer um die Dynamik einer bestimmten Stadt oder
                                                                                                                                                                                                                             eines Stadtteils. So entwickelt sich etwa Tokio sehr
                                                                                                                                                                 Australien.                                                 positiv, obwohl die Bevölkerung in Japan schrumpft.
                             D er V ersicherungsk onzern Z urich erhö ht weltweit die Immobilien-                                                                                                                            Einen wichtigen Treiber sehen wir zudem in der
                                                                                                                                                                 W elche Branchen stehen im F oku s?                         Technologie. Städte mit guten wirtschaftlichen und
                              anlagen. C ornel Widmer, H ead of G roup R eal Estate, erk lä rt im                                                                 C W : Wir konzentrieren uns auf die liquidesten            gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, innovativen
                              Interview, worauf es dabei ank ommt. U nd weshalb die Z urich in                                                                     Bereiche, Büro, Einzelhandel und Wohnen. Auch             Technologie-Start-ups und verfügbarem Risikokapital
                                                                                                                                                                   Logistik gewinnt an Bedeutung, gerade in den USA.         spielen eine zentrale Rolle. An dieser Dynamik
                              der Schweiz dennoch L iegenschaf ten verk auf t.                                                                                     In Deutschland überwiegt bisher der Bürobereich,          wollen wir teilhaben.
                                                                                                                                                                   hier möchten wir den Wohnanteil in den dynamischen
                                                                                                                                                                   Zentren ausbauen. Wegen den aktuellen Preisen
                                                                                                                                                                   und der zunehmenden Regulierung ist das jedoch         Mount St North, Sydney
                             S ie haben einmal in einem Interview g esag t,             in Immobilien konstant erhöht, auf mittlerweile über                       eine Herausforderung.
                              S ie verlang en von ihren M itarbeitenden das             7 Prozent unser Anlagen. Das entspricht rund 14.5
                               « f eu sacré » . W oher kommt Ihre L eidenschaf t?       Milliarden Franken. Der Anteil ist das Resultat eines                    S tichwort P reise: D as Interesse der Anleg er
                                C ornel W idmer: Man kann eine Sache nur dann gut       Optimierungsprozesses und wird im Rahmen des                              steigt und damit auch das Preisniveau. Wie finden
                                 machen, wenn man mit dem Herzen voll dabei ist.        Asset-Liability-Managements bestimmt. Unsere                              S ie bez ahlbare O bj ekte?
                                 Das sage ich zurzeit auch meinen Kindern, die sich     Bilanz muss unter Zinseinflüssen so funktionieren,                         C W : Für uns steht nicht der Preis im Zentrum,
                                 mit der Berufswahl auseinandersetzen. Ich bin          dass das Eigenkapital geschützt ist. Jede Asset-                            sondern die risikoadjustierte Rendite. Zuerst
                                 ein emotionaler Typ. Obschon ich versuche, stets       Klasse erhält ein bestimmtes Risiko-Budget, und                             berechnen wir, welche Rendite wir für das Risiko
                                 rational zu entscheiden, spielt der Bauch immer mit.   innerhalb dieses Budgets wählen wir die Strategie,                          eines spezifischen Marktes und eines Objektes
                                 Was Immobilien betrifft, so bin ich überzeugt,         welche die höchsten Erträge generiert.                                      benötigen. In einem zweiten Schritt sehen wir aus
                                 dass man nur dort investieren sollte, wo man auch                                                                                  der Transaktion, ob wir diese Rendite im Markt
                                 ein gutes Gefühl hat. Zahlen allein genügen nicht.     W eshalb steig ert Z u rich die Investitionen in                            erzielen können. Wir beobachten damit das Preis-
                                                                                         Immobilien?                                                                gefüge eines Marktes und investieren nur, wenn die
                             D ennoch, Z ahlen sp ielen im Immobilieng eschä f t         C W : Zurich hat die Risikofähigkeit und den Appetit,                      Rendite bezogen auf das Risiko attraktiv erscheint.
                              eine z entrale Rolle. W o ist P latz f ü r Emotionen?       den Anteil global weiter zu erhöhen. Bei der Um-                          Als Core-Investor wollen wir zudem über den ganzen
                              C W : Wir schauen uns die Makrodaten der Märkte             setzung spielen jedoch lokale Faktoren eine zentrale                      Zyklus rund 80 Prozent der Gesamtrendite aus
                               sehr genau an, diese Analyse steht immer am                Rolle. Wir investieren stets mit lokalen Bilanzen, und                    dem Cashflow erwirtschaften. Wesentlich für uns ist
                               Anfang. Aber wenn es darum geht, ob ein Objekt in          diese sind unterschiedlich reguliert, auch was den                        auch, dass wir beim Netto-Cashflow über den Zyklus
                               einem ausgewählten Markt in ein Portfolio passt, da        möglichen Immobilienanteil betrifft. Grundsätzlich                        ein positives reales Wachstum erzielen können.
                               kommen neben den Zahlen auch emotionale Aspekte            werden die Immobilienmärkte immer reifer. Trans-
                               ins Spiel. Gleiches stellen wir auch bei Mietern fest,     parenz, Liquidität und der Professionalisierungsgrad                   W aru m?
                               wenn sie sich für ein Objekt entscheiden. Architektur      nehmen zu, das macht die Anlageklasse für institu-                      C W : Wer international investiert, achtet genau
                               und Umfeld spielen wichtige Rollen.                        tionelle Investoren attraktiver.                                         darauf, wo sich die Mieten wie entwickeln. Wichtige
                                                                                                                                                                   Parameter sind die Entwicklung der Kaufkraft und
                             Ende 2 0 1 7 hat die Z u rich 7 P roz ent aller Anlag en   In welchen M ä rkten hat Z u rich den Immobilien-                          die Dynamik von Angebot und Nachfrage. Da sehen
                             in Immobilien g ehalten. M itbewerber haben                bestand erhö ht?                                                           wir grosse Unterschiede zwischen den Märkten,
                             z u m Teil deu tlich hö here Anteile. W aru m hat Real     C W : Zurich betreibt ein globales Geschäft, dennoch                       auch aufgrund der demographischen Entwicklung
                              Estate bei Z u rich wenig er G ewicht?                     befinden sich die grossen Bilanzen in Europa und                          und der beschränkten Verfügbarkeit von Land an
                              C W : Über die letzten Jahre haben wir die Allokation      Nordamerika. Das sind auch unsere Hauptmärkte bei                         guten Lagen.

    4   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                                                         Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   5
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
W elche Bedeu tu ng haben die Anf ang sinvestitionen?                                                                                       Portfolio investiert. Häufig ist das rentabler, als neue
                          C W : Die anfänglichen Investitionsrenditen, die man                                                                                       Objekte zu kaufen. Zurich hat schon vor Jahren das
                           bei heutigen Mietzinsen erhält, sind über den Globus                                                                                      Lebensversicherungsgeschäft auf neue Produkte
                           betrachtet recht ähnlich. Es sind unter anderem die                                                                                       ausgerichtet. Das führt über die Zeit zu einem
                           Wachstumsraten, die den Unterschied machen. Wir                                                                                           Rückgang der Verpflichtungen, weshalb wir auch
                           wollen den Netto-Cashflow, den wir aus unseren                                                                                            die Anlagen reduzieren. Deshalb werden wir über
                           Investitionen erwirtschaften, langfristig mindestens                                                                                      die nächsten Jahre 66 Immobilien im Wert von
                           im Rahmen des Wirtschaftswachstums eines Marktes                                                                                          1 Milliarde Franken verkaufen. Das sind alles sehr
                           steigern können. Und dies lässt sich nicht mit allen                                                                                      gute Liegenschaften, die unserer Core-Strategie
                           Anlageklassen erreichen.                                                                                                                  entsprechen und die wir gerne behalten hätten.

                         W o steht in dieser Betrachtu ng die S chweiz ?                                                                                             Tu t das nicht weh, wenn diese nu n verkau f t
                          C W : Die Schweiz ist ein sehr solider Markt, der                                                                                          werden?
                           kontinuierlich wächst und weder zu grossen Über-                                                                    The East, Frankfurt   C W : Schon ein wenig. Aber wir haben den Schmerz
                           treibungen nach oben noch nach unten tendiert.                                                                                             gelindert, indem wir diese nun weiterhin managen.
                                                                                                                                                                                                                                 C ornel W idmer
                           Das ist für einen langfristig ausgerichteten Investor   früher oder später zu Preisanpassungen und Bewer-
                                                                                                                                                                                                                                  Cornel Widmer ist seit 2012 Global
                           wie Zurich gut. In diesem Markt stammt das Gros         tungskorrekturen. Wir haben schon früh eine Core-                                 S ie haben au f der Bilanz wenig er Risiken, daf ü r
                                                                                                                                                                                                                                  Head of Real Estate der Zurich.
                           der Rendite aus Mieteinkünften und Projektent-          Strategie eingeschlagen und Objekte an weniger                                     dank den M anag ementg ebü hren stetig e Einnahmen.
                                                                                                                                                                                                                                  Er kam 1999 als Projektleiter für
                           wicklungen. Deshalb werden wir unsere Allokation        attraktiven Lagen verkauft. Deshalb sind wir hier in                               Au s Risikosicht ist das vorteilhaf t?
                                                                                                                                                                                                                                  internationale Entwicklungen zur
                           langfristig in diesem Umfang aufrechterhalten.          einer besseren Position.                                                           C W : Das ist nicht nur aus Managementsicht interes-
                                                                                                                                                                                                                                  Zurich und war verantwortlich
                                                                                                                                                                       sant, sondern auch für Anleger und Versicherungs-
                                                                                                                                                                                                                                  für das Management der Schweizer
                         Au f rechterhalten, das kling t nicht nach Au sbau .      Noch immer wird sehr viel g ebau t, g erade in lä nd-                               nehmer. Das hat auch die Emission gezeigt, die wir
                                                                                                                                                                                                                                  Portfolios. Im Jahr 2009 wurde
                         C W : In der Schweiz haben wir ein Immobilienport-        lichen Rä u men. Eine G ef ahr?                                                     im Dezember abgeschlossen haben.
                                                                                                                                                                                                                                  er zum CEO der Zurich IMRE AG
                          folio im Wert von rund 6 Milliarden Franken. Das         C W : Die verstärkte Bautätigkeit in B- und C-Lagen
                                                                                                                                                                                                                                  ernannt, die schweizweit die Immo-
                          bauen wir derzeit volumenmässig nicht weiter aus,         ist mit der Verfügbarkeit von Land zu erklären.                                  W ie erf olg reich wu rde der F onds p latz iert?
                                                                                                                                                                                                                                  bilienportfolios der Zürich Ver-
                          obschon wir uns von einzelnen Objekten trennen und        Gleichzeitig entwickeln sich die Städte sehr dyna-                                C W : Die Emission lief sehr gut, sie wurde wesentlich
                                                                                                                                                                                                                                  sicherungs-Gesellschaft und der
                          neue dazukaufen. Anders ist die Situation bei den         misch, doch hier ist der Boden sehr knapp. Da ist die                              überzeichnet. Dies motiviert uns natürlich über
                                                                                                                                                                                                                                  Zurich Anlagestiftung betreut.
                          rund 4 Milliarden an Drittmitteln, die wir im Rahmen      Raum- und Zonenplanung gefordert. Es macht we-                                     weitere Produkte für institutionelle Kunden nach-
                                                                                                                                                                                                                                  Zuvor war er für den Immobilien-
                          unserer Anlagestiftung und Immobilienfonds für            nig Sinn, dass das Angebot in den Zentren künstlich                                zudenken, nicht nur in der Schweiz sondern auch
                                                                                                                                                                                                                                  bereich und Facility Management
                          Pensionskassen respektive andere institutionelle          beschränkt wird und die steigende Nachfrage nicht                                  auf globaler Basis.
                                                                                                                                                                                                                                  von Georg Fischer verantwortlich,
                          Anleger investieren. Hier suchen wir weiterhin nach       gedeckt werden kann. Das Angebot muss in den
                                                                                                                                                                                                                                  davor war er Architekt und Projekt-
                          Opportunitäten auf dem Markt.                             Städten ausgeweitet werden, nicht im ländlichen                                  Bis 2 0 5 0 will Z u rich in der S chweiz die Treibhau s-
                                                                                                                                                                                                                                  leiter bei Frehner Architekten in
                                                                                    Raum.                                                                            g asemissionen des Immobilienp ortf olios u m 8 0
                                                                                                                                                                                                                                  St. Gallen. Cornel Widmer lebt mit
                         S chweiz er P ensionskassen halten den g rö ssten                                                                                            P roz ent redu z ieren. G ilt dieses Z iel weiterhin?
                                                                                                                                                                                                                                  seiner Familie in Winterthur.
                          Teil ihrer Immobilienanlag en im Inland. W ie beu r-     D as heisst, hö her u nd dichter bau en?                                            C W : 2012 haben wir entschieden, die Treibhausgase
                          teilen Sie dies mit Blick auf die Diversifikation?        C W : Genau. Urbanisierung findet auch in der                                       bis 2020 um 20 Prozent zu senken. Hier sind wir
                                                                                                                                                                                                                                 Z u rich G rou p Real Estate
                          C W : Von der Regulierung her könnten die Pensions-        Schweiz statt. Die Stadt ist ein Erfolgsmodell. Politik                            auf Kurs. Ein Immobilieninvestor braucht aber auch
                                                                                                                                                                                                                                  Der Versicherungskonzern Zurich
                           kassen ihren Anteil an ausländischen Immobilien von       und Raumplanung müssen darauf Antworten liefern.                                   längerfristige Ziele, und das geht einher mit der
                                                                                                                                                                                                                                  verfügt über Anlagen mit einem
                           heute 2 Prozent mindestens verdreifachen. Das ist         Eine Überregulierung, wie wir sie heute sehen, ist                                 Nachhaltigkeitsstrategie des gesamten Konzerns.
                                                                                                                                                                                                                                  Marktwert von über 200 Milliarden
                           nicht nur wegen der Diversifikation ein Thema. Es         kontraproduktiv. Die Situation in den Städten lässt                                Als Versicherer bekommen wir die Auswirkungen
                                                                                                                                                                                                                                  Franken. Davon hält er rund
                           geht um die Dynamik der Märkte. Anleger, die Städte       sich mit einem Dampfkochtopf vergleichen, bei dem                                  der globalen Erwärmung über Schadenereignisse
                                                                                                                                                                                                                                  7 Prozent oder 14.5 Milliarden
                           mit attraktiven Wachstumsraten ausschliessen,             die Temperatur erhöht wird. Wird der Topf nicht                                    direkt zu spüren.
                                                                                                                                                                                                                                  Franken in Immobilien. In der
                           vergeben sich Chancen.                                    vergrössert, erhöht sich automatisch der (Leidens-)
                                                                                                                                                                                                                                  Schweiz werden zudem Immo-
                                                                                     Druck mit den bekannten Folgen für die Wohnungs-                                 W ie sind die C O 2 -Emissionen g esenkt worden?
                                                                                                                                                                                                                                  bilienanlagen im Wert von rund
                         U m leerstehende W ohnu ng en z u vermieten, z ah-          suchenden.                                                                      C W : Wir tun dies im Rahmen unserer Erneuerungs-
                                                                                                                                                                                                                                  4 Milliarden Franken für Dritte
                          len viele V ermieter Beiträ g e an den U mz u g oder                                                                                        strategie. Jedes Mal, wenn Investitionen anstehen,
                                                                                                                                                                                                                                  verwaltet. Group Real Estate
                          das Fi tnessabo. W as tu t die Z u rich?                 Z u rich hat kü rz lich den ersten Immobilienf onds                                prüfen wir, ob wir CO2-neutrale Energieträger
                                                                                                                                                                                                                                  konzentriert sich auf Core-Märkte,
                          C W : Solche Geschenke machen keinen Sinn, denn           lanciert, den Z IF Immobilien D irekt S chweiz .                                 einsetzen können. Gerade in Innenstädten oder
                                                                                                                                                                                                                                  darunter die Schweiz, Deutschland
                           sie helfen nur kurzfristig. Wenn es in einem Markt       S ind die Anlag erisiken z u g ross g eworden, dass                              bei historischen Gebäuden lässt sich dies nicht so
                                                                                                                                                                                                                                  und die USA. Im Immobilienbereich
                           einen strukturellen Leerstand hat, dann führt dies        S ie diese nu n au slag ern?                                                    einfach realisieren.
                                                                                                                                                                                                                                  von Zurich sind 75 Personen tätig,
                                                                                      C W : Nein, auf keinen Fall. In der Schweiz haben
                                                                                                                                                                                                                                  davon 25 in der Schweiz.
                                                                                       wir bezogen auf die Bilanz eine Überallokation und                            Zahlen sich die Investitionen finanziell aus?
Nestle HQ, Mailand
                                                                                       müssen den Immobilienbestand reduzieren. Deshalb                              C W : Wir betrachten immer Ökologie und Ökonomie
                                                                                       haben wir das Portfolio für den Fonds geschnürt.                               zusammen. Dabei stellt sich die Frage, wie ökologi-
                                                                                                                                                                      sche Risiken eingepreist werden. Dies geschieht zum
                                                                                   Ist diese Ü berallokation au f W ertsteig eru ng en                                Beispiel über das ESG-Scoring, das für alle Anlage-
                                                                                   der L ieg enschaf ten z u rü ckz u f ü hren?                                       klassen relevant ist. Das heisst für uns, dass wir die
                                                                                   C W : Nicht nur. Wir haben viel in das bestehende                                  Risiken verstehen und adäquat einpreisen müssen.

6   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                                                     Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   7
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
2   D ata M ining
                          W elche g lobalen Rahmenbeding u ng en brau cht es,
                           damit Ö konomie u nd Ö kolog ie z u sammeng ehen?
                           C W : Globale Ansätze über das Steuersystem, etwa in
                            Form von CO2-Abgaben, können die richtigen Anreize
                          schaffen. Veränderungen werden aber auch über Be-

                                                                                                                                          z u r Analy se des
                          wertungen oder den Transaktionsmarkt erfolgen, wenn
                          Anleger ökologisch nicht optimale Liegenschaften
                          tiefer bewerten. Ein dritter Anreiz geht schliesslich
                          von den Mietern aus, die wissen wollen, welche

                                                                                                                                         M ieterverhaltens
                          CO2-Bilanz ihr Gebäude hat. Hier können bei alten
                            Gebäuden neue Leerstandsrisiken entstehen.
                                                                                                     D aniel Z au g g M RIC S
                          W elchen Beitrag kann die D ig italisieru ng z u
                           Nachhaltig keit lief ern?                                                 Partner
                           C W : Betriebsoptimierungen haben Potenzial.                              Sektorleiter Real Estate
                            Allerdings ist ein Grossteil davon bereits realisiert                    Hospitality & Construction
                            worden. Aber klar, über neue Technologie wird die
                            Effizienz der Gebäude weiter zunehmen.                                   Ernst & Young AG                    Gewerblicher Mietvertrag: Quantifizieren
                                                                                                     Zürich
                           Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf
                          Ihr G eschä f t?
                                                                                                     daniel.zaugg@ch.ey.com              der K ü ndig u ng swahrscheinlichkeit
                          C W : Die Art und Weise, wie Gebäude genutzt werden,
                           verändert sich, gerade im Bürobereich. Wenn sich
                                                                                                                                         Eigentü mer und Asset M anager mö chten naturgemä ss so gut
                           Homeoffice-Modelle durchsetzen, werden periphere                                                              wie mö glich einschä tzen, ob ihnen die M ieter ihrer Immobilien
                           Standort wieder attraktiver, denn die Personen
                           pendeln nicht mehr so häufig. Allgemein brauchen
                                                                                                                                         auch ü ber das V ertragsende hinaus treu bleiben. D ies gilt vor
                           wir flexible Gebäude, um neue Arbeits- und Lebens-                                                            allem bei grossen Mietern, die flächen- und ertragsmässig ein
                           formen zu ermöglichen.
                                                                                                                                         besonderes G ewicht in einem P ortf olio einnehmen. G enau
                          W ie werden die C hancen der D ig italisieru ng                                                                aus diesem G rund werden in regelmä ssigen Intervallen M ieter-
                           bei Z u rich selbst g enu tz t?
                           C W : Wir sind ein moderner Arbeitgeber und da gehören
                                                                                                                                         zuf riedenheitsbef ragungen durchgef ü hrt. D ie Ergebnisse solcher
                            Homeoffice und Desksharing selbstverständlich dazu.                      C lau dio Ru dolf FR IC S           Analy sen sind aber of tmals unvollstä ndig, nicht aussagek rä f tig
                            Wir sind angehalten, dort zu arbeiten, wo wir am effi-
                            zientesten und effektivsten sind. Da helfen die neuen                    Partner                             oder zeitlich nicht zielf ü hrend nutzbar. G esucht wird daher die
                            Kommunikationstools. So gelingt es mir auch, meine                       Head Real Estate                    M ö glichk eit, ein verlä ssliches B ild ü ber die internen Sichtweisen
                            Reisezeit zu minimieren. Aber nicht alles lässt sich                     Transaction Advisory Services
                            über digitale Kanäle machen. Es braucht den persön-
                                                                                                                                          des M ieters auf das M ietverhä ltnis zu zeichnen.
                            lichen Kontakt. Ich muss den Markt erfahren, mit                         Ernst & Young AG
                            den Marktteilnehmern sprechen und kann mich nicht                        Zürich
                            allein auf Berichte stützen.                                             claudio.rudolf@ch.ey.com
                                                                                                                                                        D ata M ining als Ansatz
                                                                                                                                                         Data Mining eröffnet im Rahmen von Mieterzufriedenheitsbewertungen neue Wege.
                          D as Interview f ü hrte Thomas S chenk,                                                                                        Über Data Mining können — vereinfacht gesagt — grosse Datenmengen auf sinnvolle
                           f reier J ou rnalist u nd Au tor.                                                                                             Zusammenhänge, Muster und Trends untersucht werden. Ähnlich wie im E-Commerce,
                                                                                                                                                         wo ein Profiling des Kundenverhaltens erfolgt, lassen sich gewisse Muster auch für
                                                                                                                                                        Mieter von Gewerbeimmobilien darstellen. Bestenfalls kann das Asset Management damit
                                                                                                                                                        zu jeder Zeit datenbasiert evaluieren, ob die Mieter eine Verlängerung, eine Nach-
                                                                                                                                                        verhandlung oder eine Kündigung des Mietverhältnisses anstreben. Am Ende stehen
Weisses Schloss, Zürich                                                             Bavaria Towers, München                                             neben einer quantifizierten Kündigungswahrscheinlichkeit auch datengestützte Hand-
                                                                                                                                                        lungsempfehlungen, die potenzielle Entscheidungen zugunsten des Portfolios zulassen.

                                                                                                                                                        D aten des Eig entü mers
                                                                                                                                                         Ausgewertet werden interne Daten aus dem ERP-System des Eigentümers, zu denen
                                                                                                                                                         zum Beispiel die tatsächliche Miethöhe zählt, aber auch die Anzahl, der Umfang und
                                                                                                                                                         der Umgang mit Schadensmeldungen oder immobilienbezogene Beschwerden. Weiterhin
                                                                                                                                                         wird beispielsweise das Verhältnis der Miethöhe zum allgemeinen Marktumfeld be-
                                                                                                                                                         trachtet: Liegt die finanzielle Belastung des Mieters am Standort über dem örtlichen
                                                                                                                                                         Durchschnitt oder darunter? Welche Faktoren rechtfertigen dies? Interne Daten
                                                                                                                                                         machen dabei in der Regel den Schwerpunkt solcher Analysen aus.

8   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                           Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   9
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
S ocial M edia u nd P resse                                                                                              Ex emp larische Reg el bez iehu ng sweise Handlu ng semp f ehlu ng
                           Auch externe, öffentlich einsehbare Daten können potenziell hinzugezogen werden,                                        Eine typische (hypothetische) Regel, die sich aus der Anordnung der Daten
                           zum Beispiel aus den sozialen Netzwerken oder der klassischen Medienberichterstattung.                                  im Pfad und deren Analyse auf bisherige Kündigungen ableiten lässt, lautet:
                           Bauwerksschäden oder auch die Sperrung eines Gebäudes aufgrund eines Wasser-                                     • sofern die Sollmiete mindestens 10 Prozent über der Marktmiete liegt, und
                           oder Brandschadens wären Fälle, die sich durchaus in beiden Feldern widerspiegeln                                 • sofern es mindestens zwei Beschwerdemails gab, und
                           können: Die Nutzer äussern sich auf Social Media und drücken dadurch intensiv ihre                                 • sofern in den vergangenen 12 Monaten keine Kommunikation mit
                           Stimmung zum Ereignis aus, während eine lokale Tageszeitung voraussichtlich einen                                          der Geschäftsführung des Mieters erfolgt ist, und
                           eher sachlichen Bericht verfasst — aber auch daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen.                                • sofern die Ausstattung der Fläche nicht gehoben ist, und
                           Grundsätzlich werden diese öffentlich zur Verfügung stehenden Faktoren in der                                        • sofern die Mietfläche grösser als 200 Quadratmeter ist, und
                           Praxis aufgrund der Datenmenge jedoch bislang leider zu selten mit einbezogen.                                        • sofern Standortopportunitäten im Umkreis von 20 Kilometern vorhanden sind,
                                                                                                                                                  • liegt die Kündigungswahrscheinlichkeit des Mieters bei mindestens 85 Prozent.
                          O p erationalisieru ng der Inf ormationen                                                                                                                                                                 D r. C asp er S tu der M RIC S
                           Vom Zustand beziehungsweise von der Ausstattung einer Bürofläche bis zum genannten                               F az it
                          Mietzins lassen sich die Einflussgrössen auf die Kündigungswahrscheinlichkeit je                                   Wenn ausreichend viele interne und externe Daten vorliegen und miteinander             Senior Manager
                          nach Mieter priorisieren — denn jedem Mieter sind andere Punkte in unterschiedlicher                               verknüpft werden, kann heute eine maschinenbasierte Handlungsempfehlung erstellt       Transaction Advisory Services
                          Intensität wichtig. Für die Auswertung solcher operationalisierten Daten bieten sich                               werden, um einen Mieter nicht zu verlieren. Dadurch kann der Eigentümer oder das       Real Estate
                          im nächsten Schritt unterschiedliche Algorithmen an. Ein Beispiel ist der sogenannte                               Asset Management mit vergleichsweise geringem Zeitaufwand eine grössere Informa-
                          Frequent-Pattern-Algorithmus.                                                                                      tionsfülle über den Mieter erzielen, wodurch die Verhandlungsposition sowie die        Ernst & Young AG
                                                                                                                                             Planungssicherheit potenziell steigen. In Form von Regeln beziehungsweise Pfaden,      Zürich
                          F req u ent-P attern-Alg orithmu s                                                                                 die zu unterschiedlich hohen, konkret quantifizierten Kündigungswahrscheinlichkeiten   casper.studer@ch.ey.com
                           Beim Frequent-Pattern-Algorithmus werden zunächst unsortierte Daten, die zu                                       führen, lassen sich die «Pain Points» eines Mieters ablesen: Hat eine bessere Reak-
                           spezifizierten Events zusammengefasst werden, nach Häufigkeit sortiert. Auf Basis                                 tionszeit des Eigentümers auf Anfragen des Mieters einen grösseren Effekt oder
                           dieser sortierten Liste wird nach individueller Pattern-Gewichtung ein Häufigkeitsbaum                            eher eine Verbesserung der Ausstattung? Durch einen Vergleich der Pfade kann
                           erzeugt (siehe Abbildung). Über den Verlauf einer bestimmten Handlungskette, die von                              abgelesen werden, in welchem Masse die Kündigungswahrscheinlichkeit sinkt, wenn
                           der Root an bis zum Ende eines Pfades für jedes Ereignis ausgelesen wird, lassen sich                             die jeweiligen Pain Points abgebaut werden.
                           Zufriedenheitswahrscheinlichkeiten ableiten. Daraus lassen sich in einem nächsten
                           Schritt präventive Handlungsempfehlungen identifizieren.

                          F req u ent P attern: Analy severf ahren in der U msetz u ng
                                                                                                                                                                                                                                    Alex ander Hellmu th

                                                                                                                                                                                                                                    Manager
                                                       Root                                                                                                                                                                         Transaction Advisory Services
                                                                                                                                                                                                                                    Real Estate

                                                                                                                                                                                                                                    Ernst & Young Real Estate GmbH
                                                                                                Einz elne S achverhalte werden                                                                                                      Berlin
                               B: 6                                               D :2          als V ariablen ( z u m Beisp iel:                                                                                                   alexander.hellmuth@de.ey.com
                                                                                                D = P roblemhandling ) u nd deren
                                                                                                 Häufigkeit in einem bestimmten
                                                                                                 Z eitrau m im Bau m verortet
                               D :4             A: 1            C :1              A: 1            ( D : 4 = vier F ä lle, in denen
                                                                                                   der Eig entü mer versu cht hat,
                                                                                                   P robleme des M ieters z u beheben) .
                                                                                                    Bei gleicher Häufigkeit wird ein
                                                                                                    Ereig nis j e nach P rioritä t weiter
                               A: 3             E: 1                              E: 1              oben p latz iert. Au s j edem
                                                                                                    einz elnen P f ad lassen sich Reg eln
                                                                                                    ableiten.

                               E: 2             C :1

                               C :1

10   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                                                       Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   11
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
3                            S tockwerk-
                              eig entu m:
                             du rch Au f stocku ng ans Z iel

                              D urch Auf stock ung im Z usammenhang mit einer grosszy k lischen
                               Sanierung k ann die H ü rde der Einstimmigk eit bei Stock werk -
                               eigentü mergemeinschaf ten ü berwunden werden. D er V erk auf des                                            müsste die jährliche Einzahlung rund viermal höher liegen, d. h. jährlich bei rund 1,0 %
                               Ausnü tzungspotenzials f ü r die Auf stock ung an einen Investor                                             des GVZ (Bruni et al., 2010, 31). Die Einlagen reichen daher in den meisten Fällen
                                                                                                                                            nicht für die normalen anfallenden Kosten, geschweige denn für eine grosszyklische
                               generiert die notwendigen M ittel f ü r die grosszy k lische Sanierung.                                      Sanierung.
                               G leichzeitig k ann somit das V erdichtungspotenzial auch bei
                                                                                                                                            Au snü tz u ng sp otenz ial kann nu r g emeinsam monetarisiert werden
                                L iegenschaf ten im Stock werk eigentum ausgeschö pf t werden.                                              Die Monetarisierung des vorhandenen Ausnützungspotenzials auf der Liegenschaft
                                                                                                                                            stellt eine Möglichkeit dar, die nötigen Mittel für die notwendige grosszyklische
                                                                                                                                            Sanierung zu generieren. Der einzelne Stockwerkeigentümer wird jedoch keinen Käufer
                                                                                                                                            finden, der bereit ist, aufgrund des Ausnützungspotenzials auf dem Landanteil im
                                                    V erdichtu ng sp otenz ial bei L ieg enschaf ten im S tockwerkeig entu m                Miteigentum mehr für die Wohnung zu zahlen. Das vorhandene Ausnützungspotenzial
                                                     Zusätzlich zur wachsenden Bevölkerung steigt in der Schweiz mit dem Wohlstand          auf einer Liegenschaft im Stockwerkeigentum kann demnach nur als Gemeinschaft
                                                     auch der Wohnflächenbedarf pro Kopf. Der Boden bleibt jedoch ein knappes Gut.          ausgeschöpft werden. Dafür muss jedoch die Hürde der Einstimmigkeit überwunden
                                                     Zu dessen Schutz fordert die Schweizerische Bundesverfassung den haushälterischen      werden. Denn die Erstellung von neuen Eigentumswohnungen durch Aufstockung
                                                     Umgang, welcher durch die Revision des Raumplanungsgesetzes nun langsam                bedeutet bei Liegenschaften im Stockwerkeigentum immer eine Neuverteilung der
                                                     umgesetzt wird. Aus der Begrenzung der Siedlungsentwicklung folgt in der logischen     Wertquoten innerhalb der bestehenden Stockwerkeigentümergemeinschaft, welche
                                                     Konsequenz die Innenverdichtung. Damit verbunden ist die nötige Erhöhung der           einen einstimmigen Beschluss der Gemeinschaft erfordert.
                                                     Ausnützungsziffer und entsprechend höhere Gebäude. Denn ein grosser Teil des
                                                     Verdichtungspotenzials in der Schweiz liegt in Form von Geschossflächenreserven auf    Au f stocku ng im Z u sammenhang mit der g rossz y klischen S anieru ng
                                                     bereits bebauten Grundstücken vor. Alleine auf diese Geschossflächenreserven bezogen   Sind die Anreize für den einzelnen Stockwerkeigentümer genügend gross, kann durch
                                                     sprechen wir bereits von 0,4 bis 1,0 Mio. zusätzlichen Einwohnern (IRL, 2012, 8).      eine Aufstockung im Zusammenhang mit einer grosszyklischen Sanierung die Hürde
                                                     Diverse Studien zeigen, dass Verdichtung im Bestand durch Aufstockung architekto-      der Einstimmigkeit überwunden werden. Somit kann das Verdichtungspotenzial auch
                                                     nisch und statisch gut möglich ist (vgl. Della Casa et al., 2017, 9 — 13 u. 31 — 35;   bei Liegenschaften im Stockwerkeigentum ausgeschöpft werden.
                                                     Schaub, 2017; Technische Universität Darmstadt, 2016; Joss, 2016, 1). Durch das
                                                     entstehende Ausnützungspotenzial ergeben sich insbesondere für Besitzer von            Die Anreize für die Stockwerkeigentümergemeinschaft sind gross genug, wenn durch den
                                                     Renditeliegenschaften Chancen. In Bezug auf Liegenschaften im Stockwerkeigentum        Verkauf des Ausnützungspotenzials an einen Investor genügend Mittel für die Gesamt-
                                                     scheinen die Mobilisierungshindernisse aufgrund der nötigen Einstimmigkeit jedoch      sanierung der allgemeinen Teile generiert werden können (Abbildung 1). Bleibt noch
                                                     unüberwindbar. Mit der Folge, dass dadurch nicht das ganze prognostizierte Potenzial   Geld für die Sanierung der eigenen vier Wände übrig, lohnt es sich für den einzelnen
                                                     der Innenverdichtung genutzt werden kann.                                              Stockwerkeigentümer doppelt. Das Anreizsystem funktioniert jedoch nicht ohne einen
                                                                                                                                            Investor, welcher bereit ist, das Abenteuer Stockwerkeigentümergemeinschaft auf sich
                                                    G rossz y klische S anieru ng en drä ng en sich au f                                    zu nehmen. Doch die Bereitschaft wächst bekanntlich mit der Rendite. Die Rendite muss
                                                     Das Stockwerkeigentum hat 2015 seinen 50. Geburtstag gefeiert. Spätestens jetzt        dementsprechend höher sein als bei einem Neubauprojekt auf der grünen Wiese. An
                                                     haben die ersten Liegenschaften ihren Zenit überschritten und die grosszyklische       einer guten, zentralen Lage lassen sich für die neu erstellten Stockwerkeinheiten höhere
                                                     Sanierung lässt sich nicht mehr aufschieben. Voraussetzung für die Gesamtsanierung     Quadratmeterpreise realisieren. Werden die Kosten für die Aufstockung sowie das
                                                     ist, dass der Erneuerungsfonds über die Jahre genügend geäufnet wurde. Dies ist        Risiko abgezogen, ergibt sich der Preis, welcher für das Ausnützungspotenzial maximal
                                                     jedoch bei vielen Gemeinschaften nicht der Fall. Der Medianwert der jährlichen         bezahlt werden kann. Dieser muss wiederum mindestens die Kosten für die grosszyklische
                                                     Einzahlungen in den Erneuerungsfonds liegt bei 0,25 % des Gebäudeversicherungs-        Sanierung decken. Im Idealfall ist der Investor ein Total- oder Generalunternehmer,
                                                     wertes (GVZ) (Bruni et al., 2010, 16 u. 24). Werden die Kosten jedoch genau erhoben,   welcher gleichzeitig den Auftrag für die Gesamtsanierung übernimmt.

    12   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                                   Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   13
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
Um die zusätzlichen Schnittstellen in Bezug auf den Spezialfall Stockwerkeigentümer-                             Abbildu ng 1 : Anreiz sy stem f ü r Au f stocku ng im S tockwerkeig entu m
                                                gemeinschaft möglichst effizient handhaben zu können, ist ein gut strukturierter                                 Durch den Verkauf des Ausnützungspotenzials an den Investor kann der Erneuerungs-
                                                Umsetzungs- und Unterstützungsprozess unumgänglich. Dazu gehören neben einem                                     fonds für die grosszyklische Sanierung geäufnet werden. Der Investor generiert durch
                                                weitsichtigen Stockwerkeigentumsverwalter auch ein unabhängiger Projektbegleiter,                                den Verkauf der neu erstellten Stockwerkeinheiten eine entsprechende Rendite.
                                                welcher die Gemeinschaft zum Beispiel in Bezug auf den Wert des Ausnützungs-
                                                potenzials beratend unterstützt. Der Verwalter muss die Gemeinschaft im Hinblick
                                                auf den Lebenszyklus der Liegenschaft möglichst frühzeitig auf eine notwendige
                                                Gesamtsanierung und das allfällige Loch im Erneuerungsfonds aufmerksam machen
                                                und mögliche Lösungen, wie zum Beispiel die Aufstockung, aufzeigen.
                                                                                                                                                                                                                  Investor
                                                Alle mü ssen an einem S trick z iehen
                                                Die Heterogenität der Stockwerkeigentümer stellt natürlich eine Herausforderung dar.
                                                Nicht jeder hat Probleme, die nötigen Mittel für die Äufnung des Erneuerungsfonds
                                                aufzubringen. Damit der Wert der eigenen Wohnung aufgrund der längst überfälligen
                                                                                                                                         V erkau f P otenz ial               Einkau f P otenz ial                                               Rendite
                                                grosszyklischen Sanierung der allgemeinen Teile nicht abnimmt, hat jedoch auch der
                                                gut begüterte Eigentümer ein Interesse daran, der Aufstockung zuzustimmen. Denn
                                                nur so kommen seine Nachbarn an die nötigen Mittel für die Gesamtsanierung. Um das
                                                Ziel zu erreichen, müssen alle an einem Strick ziehen. Ein grosser Vorteil ist zudem,                                                                             Neu bau
                                                z. B. im Vergleich zu einem Ersatzneubau, dass jeder in seiner Wohnung bleiben kann.                                                                           Au f stocku ng
                                                Der einzige, welcher sein Feld zumindest vorübergehend räumen müsste, ist der
                                                Eigentümer der Attikawohnung. Allenfalls kann diesem die neue Attikawohnung zur
                                                Verfügung gestellt werden oder er wird zusätzlich entschädigt.
                                                                                                                                                                                                              G rossz y klische
                                                Begünstigend wirkt allenfalls auch die Tatsache, dass mittlerweile viele Stockwerkein-
                                                                                                                                                                                                                 S anieru ng
                                                heiten zur Vermietung gekauft werden. Gemäss Saputelli und Wiedmer (2017) stieg
                                                dieser Anteil in den letzten Jahren kontinuierlich an und betrug 2017 rund 19 % der
                                                Kreditanfragen im Zusammenhang mit Stockwerkeigentum bei der UBS. Dieser Anteil
                                                dürfte auf bestehende und ältere Stockwerkeinheiten bezogen sogar noch höher sein.                    S TW EG alt                                                                                       S TW EG neu
                                                Solche Rendite-Eigentümer dürften das Renditepotenzial aus der Aufstockung höher                     9 Einheiten                                                                                      9 + 3 Einheiten
                                                gewichten als zum Beispiel eine allfällige Lärmbelästigung während der Bauphase.

                                                Z u kü nf tig e P otenz ialau sschö p f u ng nicht erschweren
                                                 Das gesetzliche Instrument der Einstimmigkeit für weitreichende Beschlüsse in der
                                                 Stockwerkeigentümergemeinschaft ist ein probates Mittel, um die Eigentumsrechte
                                                 des Einzelnen zu wahren, resultiert jedoch in einer gewissen Schwerfälligkeit zum
                                                 Nachteil der Gemeinschaft. Objektiv günstige Lösungsvorschläge können durch einen
                                                 subjektiv geprägten Eigentümer verhindert werden. Diese Hürde kann nur über eine                          Erneu eru ng sf onds                            Erneu eru ng sf onds                     Erneu eru ng sf onds
                                                 Anpassung im Gesetz beseitigt werden.                                                                       vor S anieru ng                             nach V erkau f W ertq u ote                 nach S anieru ng

                                                Kommunale Baurichtlinien in Bezug auf Nebenräume wie Keller oder Estrich sowie
                                                auf die Parkierung können ein weiteres Hindernis für eine Aufstockung darstellen.                                Quelle: Eigene Darstellung
                                                Um eine qualitativ gute bauliche Verdichtung erreichen zu können, wäre zu prüfen,
                                                inwiefern die aktuelle Baugesetzgebung angepasst werden müsste, damit die
                                                zukünftige Potenzialausschöpfung nicht erschwert wird.

                                                D er D ru ck nimmt z u
                                                 Der Druck auf die Stockwerkeigentümergemeinschaften, die Blockaden in Bezug auf
                                                 die grosszyklischen Sanierungen zu lösen, wird zunehmen. Die objektiven Anreize,
                                                 einer Aufstockung zuzustimmen und somit im Rahmen seiner Wertquote am vorhan-                                                                      P etra G alliker
                                                 denen Potenzial auf dem Grundstück zu partizipieren, sind jedoch bereits heute
                                                 genügend gross. Gleichzeitig wird Bauland aufgrund der geforderten Innenverdichtung
                                                                                                                                                                                                    Manager
                                                 immer knapper und teurer. Die Investoren sind auf der Suche nach Alternativen.
                                                                                                                                                                                                    Transaction Advisory Services
                                                 Aufzonungen an zentralen Lagen werden die Attraktivität von Aufstockungsprojekten
                                                                                                                                                                                                    Real Estate
                                                 in Zukunft noch steigern. Der Investor tut gut daran, bereits jetzt den Kontakt zu
                                                 Verwaltern und unabhängigen Projektbegleitern zu suchen.
                                                                                                                                                                                                    Ernst & Young AG
                                                                                                                                                                                                    Zürich
                                                Damit Aufstockungen sich am Markt als mögliche und praktikable Lösung für beide Pro-
                                                                                                                                                                                                    petra.galliker@ch.ey.com
                                                blematiken — sowohl für die grosszyklische Sanierung als auch die Innenverdichtung —
                                                etablieren können, muss allenfalls der Druck auf beiden Seiten noch etwas zunehmen.
                                                Allfällige Anpassungen im Gesetz würden sich zusätzlich unterstützend auswirken.

14   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                                                          Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   15
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
4                           Herau sf or-
                             deru ng en u nd
                            P ositionieru ng
                             von W ohnbau g enossen-
                             schaf ten in der S chweiz                                                                                                                                                                                                         > 60 %
                                                                                                                                                                                                                                                             55 — 60 %
                                                                                                                                                                                                                                                             50 — 55 %
                                                                                                                                                                                                                                                             40 — 45 %
                                                                                                                                                                                                                                                               > 35 %

                              Im Schweizer Wohnungsmark t ist der M ark tanteil von Wohnbau-                                                     Abbildung 1: Anteil nicht renovierter Mehrfamilienhäuser mit Baujahr vor 1990
                                                                                                                                                 Quelle: Konferenz kantonaler Energiedirektoren EnDK (2014, S. 12)
                              genossenschaf ten gering — diese schlaf en j edoch nicht. T rotz
                              den H erausf orderungen des Sanierungsstaus am Immobilienmark t
                              gehen Wohnbaugenossenschaf ten das Sanierungsthema ak tiv
                                                                                                                                                                          Dies zeigt sich auch im durchschnittlichen Mietzins, welcher im Vergleich zum übrigen
                              an. D enn mittels Sanierungen und nachhaltig innovativer N eubau-                                                                           Schweizer Wohnungsmarkt rund 15,4 % tiefer ausfällt, wobei die Unterschiede in
                              proj ek te steht ihnen ein grosses P otenzial zur Steigerung des                                                                            den Städten noch grösser sind.

                              M ark tanteiles und ihrer Attrak tivitä t zur V erf ü gung.                                                                                 Die Wohnbaugenossenschaften scheuen die Herausforderungen betreffend die knappen
                                                                                                                                                                          finanziellen Mittel einer Sanierung nicht, sondern versuchen mit den ihnen zur
                                                                                                                                                                          Verfügung stehenden Mitteln möglichst viele Wohnungssanierungen durchzuführen.
                                                                                                                                                                          Hierbei wird zwischen unterschiedlichen Sanierungsarten differenziert: der Sanierung
                                                    S anieru ng sstau als Herau sf orderu ng des Immobilienmarktes                                                        in bewohnten Zustand, der tiefgreifenden Sanierung in unbewohntem Zustand und
                                                     Rund drei Viertel aller Gebäude in der Schweiz wurden vor 1990 erbaut und lediglich                                  dem Ersatzneubau. Jede getätigte Sanierung hat eine Auswirkung auf die Mietpreise.
                                                     50 % dieser Liegenschaften seither saniert. Das nicht realisierte Sanierungspotenzial                                Ob eine Mietpreisreduktion oder ein Mietzinsausfall während der Sanierung oder
                                                     wird durch die tiefe Sanierungsrate von nur 1,5 % bestätigt. Die Grafik stellt den Anteil                            des Ersatzneubaus greift, ist von der Sanierungsart sowie der Durchführung im
                                                     sanierungsbedürftiger Mehrfamilienhäuser dar. Bei der räumlichen Immobilienverteilung                                bewohnten bzw. unbewohnten Zustand abhängig.
                                                     ist auffällig, dass Wohnbaugenossenschaften meist in Kantonen mit hohem Sanierungs-
                                                     stau liegen. Der Grossteil der Wohnbaugenossenschaften befindet sich im Kanton Zürich,                               Der Cashflow einer Immobilie wird durch die angewendete Sanierungsstrategie
                                                     in welchem sie rund 18 % vom Gesamtbestand aller Mehrfamilienhäuser ausmachen.                                       beeinflusst. Der Netto-Cashflow setzt sich aus den Mieterträgen abzüglich den
                                                     Gefolgt vom Kanton Bern mit 13 % und dem Kanton Luzern mit 10,5 %. In diesen drei                                    Liegenschaftskosten zusammen. Eine mögliche Mietpreiserhöhung nach Sanierung/
                                                     Kantonen sind mehr als die Hälfte aller Mehrfamilienhäuser mit Baujahr vor 1990                                      Ersatzneubau unterscheidet sich je nach vorheriger Mietpreisbasis und nach der
                                                     sanierungsbedürftig. Es wird deutlich, dass auch Wohnbaugenossenschaften vom                                         Sanierungsstrategie einer Wohnbaugenossenschaft. Führt eine solche Mietpreisstei-
                                                     Sanierungsstau betroffen sind.                                                                                       gerung zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei den Mietern, so werden diese oftmals
                                                                                                                                                                          von ihrer Wohnbaugenossenschaft unterstützt. Die befragten Wohnbaugenossen-
                                                    Da ein Grossteil der genossenschaftlichen Wohnungen nach dem Ersten und Zweiten                                       schaften sind der Ansicht, dass es keinen Zielkonflikt zwischen Mietpreissteigerung
                                                    Weltkrieg erstellt und seither nicht grundlegend saniert wurde, sind diese heute stark                                und der Gewährleistung des günstigen Wohnraums gibt, es sei denn, es werden nicht
                                                    sanierungsbedürftig. Aufgrund der spezifischen Gegebenheiten von Wohnbaugenossen-                                     alle relevanten Faktoren der beiden Komponenten berücksichtigt. Die langfristige
                                                    schaften, wie beispielsweise die Förderung sozialer Interessen und die Bereitstellung                                 Finanzplanung der Wohnbaugenossenschaften wird jeweils so gesteuert, dass die
                                                    von zahlbarem Wohnraum, stellen deren Sanierungen zusätzliche Herausforderungen                                       Mieten nur moderat erhöht werden. Solange diese Prämisse eingehalten wird, besteht
                                                    dar und sind nicht mit der Ausgangslage eines institutionellen Anlegers vergleichbar.                                 kein Zielkonflikt.

    16   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                                                             Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   17
Real Estate News Ausgabe Winter | 2019 Ak tuelle Inf ormationen aus dem Immobilienbereich - EY
Cashflow                                                                      Cashflow                                                                   Cashflow

                                                                                                                 M ietausf all                                                                M ietausf all       Cashflow Verkauf
                                   M ietpreisreduk tion                                                                           Cashflow Verkauf
                                              Cashflow Verkauf

                                                                                                                                     Cashflow   B                                                                Cashflow   B
                                                          Cashflow   B
             Cashflow   A                                                                  Cashflow   A                                                             Cashflow   A
                                                                             t                                                                             t                                                                         t

                                                                                                                                                                                                                                                      S ebastian Z olling er M RIC S
                                         Erneuerungsk osten
                                                                                                                       Erneuerungsk osten                                                            Erneuerungsk osten
                                                                                                                                                                                                                                                      Senior Manager
                                                                                                                                                                                                                                                      Transaction Advisory Services
                                                                                                                                                                                                                                                      Real Estate
      Abbildung 2: Erneuerung in bewohntem Zustand                                     Abbildung 3: Erneuerung in unbewohntem Zustand                          Abbildung 4: Ersatzneubau
      Quelle: Pichler, V. (2009, S. 104).                                              Quelle: Pichler, V. (2009, S. 104).                                     Quelle: Pichler, V. (2009, S. 104).
                                                                                                                                                                                                                                                      Ernst & Young AG
                                                                                                                                                                                                                                                      Zürich
                                                                                                                                                                                                                                                      sebastian.zollinger@ch.ey.com

                                                      Demografische Zusammensetzung und Positionierung                                                         Z u kü nf tig e Entwicklu ng en von W ohnbau g enossenschaf ten
                                                      Die demografische Zusammensetzung der Mieter von Wohnbaugenossenschaften ist                              Zurzeit liegt der Anteil genossenschaftlicher Wohnungen am Wohnungsmarkt unter
                                                      durchmischt. Den grössten Anteil machen Erwachsene zwischen 25 und 44 Jahren                              4 % (sinkende Tendenz). Ein Grund hierfür ist die im Vergleich zu institutionellen
                                                      mit 28 % aus. Gefolgt von der Altersklasse 45 bis 64 Jahre mit 24 %. Auch der Anteil                      und privaten Anlegern geringe Neubautätigkeit. Diese wird durch hohe und weiter
                                                      an älteren Menschen über 65 Jahren ist mit 20 % entsprechend gross. Gesamthaft                            steigende Bodenpreise in den Zentren weiter eingedämmt. Institutionelle und private
                                                      betrachtet ist die Alterszusammensetzung der in Wohnbaugenossenschaften lebenden                          Anleger verfügen über vergleichsweise höhere finanzielle Mittel und können dadurch
                                                      Personen ungefähr gleichmässig verteilt. Dies wird sich jedoch durch die künftige                         ihren Marktanteil zu Lasten von Wohnbaugenossenschaften ausbauen. Wohnbau-
                                                      gesellschaftliche Entwicklung verändern. Gemäss den Aussagen der Megatrends von                           genossenschaften ihrerseits wollen mittels Realisierung von Neubauprojekten und
                                                      Peter Lüthi (WWF) ist die Schweizer Bevölkerung einem enormen Veränderungsprozess                          proaktiver Sanierungsstrategien wieder einen höheren Marktanteil erreichen
                                                      unterworfen. In der Schweiz wird gemäss Prognosen die Bevölkerung um rund 11 %                            und die Attraktivität des genossenschaftlichen Wohnungsbaus steigern. Aufgrund
                                                      wachsen, was Änderungen der Altersstruktur mit sich bringt. Bis 2045 werden 2,7                           der kontinuierlich bestehenden Nachfrage nach günstigem Wohnraum können               S arah P eter
                                                      Millionen Personen älter als 65 Jahre sein. Als Folge dieser wachsenden und alternden                     Wohnbaugenossenschaften mit ihren preiswerten Wohnungen auch in Zukunft
                                                      Bevölkerung müssen Wohnbaugenossenschaften verdichten und altersgerecht bauen.                            enorm profitieren.                                                                    Consultant
                                                      Weiter wirkt sich dieser Veränderungsprozess auch auf die Nachfrage nach kleineren                                                                                                              Transaction Advisory Services
                                                      Wohnungen aus. Wohnbaugenossenschaften haben diesen Veränderungsprozess                                  Nachhaltig u nd innovativ                                                              Real Estate
                                                      erkannt und sanieren vermehrt auch altersgerecht.                                                        Mit einer nachhaltigen und innovativen Bauweise gehen Wohnbaugenossenschaften
                                                                                                                                                               mit gutem Beispiel voran. Wohnbaugenossenschaften legen sehr viel Wert auf             Ernst & Young AG
                                                                                                                                                               moderne Gebäude, die flexibel genutzt werden können und auf dem neusten Stand          Zürich
                                                      Altersz u sammensetz u ng einer W ohnbau g enossenschaf t in %                                                                                                                                  sarah.peter@ch.ey.com
                                                                                                                                                               sind. Durch die Verwendung von hochwertigen Baumaterialien kann zudem eine
                                                                                                                                                               längere Lebensdauer der Wohnungen gewährleistet werden. Weiter können mithilfe
                                                                                                                                                               von energetisch effizienten Gebäuden Kosten eingespart werden. Wohnbaugenossen-
                                                                                                                                                               schaften legen ihren Fokus stärker auf Nachhaltigkeit und hochwertige Bauqualität,
                                                                                 20%                                                                           da sie oftmals langfristiger und umweltbewusster handeln als Privatpersonen oder
                                                                                                      23%                                                      institutionelle Investoren und nicht die Gewinnoptimierung im Vordergrund steht.

                                                                                                                                                               Dieser Artikel baut auf der Bachelorthesis von Sarah Peter zur Thematik «Sanierungs-
                                                                                                                                                               strategien von Wohnbaugenossenschaften in der Schweiz» im Auftrag der Hochschule
                                                                                                            5%
                                                                                                                                                               Luzern auf. Im Rahmen der Arbeit wurden bewährte Wirtschaftspartner/innen in
                                                                                                                                                               Führungspositionen interviewt. Mithilfe der Interviews konnten Chancen und Risiken
                                                                          24%
                                                                                                                                            0 — 19 Jahre       von unterschiedlichen Sanierungsstrategien herausgefunden und konkrete Handlungs-
                                                                                                                                        20 — 24 Jahre          empfehlungen für Wohnbaugenossenschaften erarbeitet werden.
                                                                                                28%                                     25 — 44 Jahre
                                                                                                                                        45 — 64 Jahre
                                                                                                                                             > 65 Jahre

                                                      Abbildung 5: Alterszusammensetzung in einer Wohnbaugenossenschaft
                                                      In Anlehnung an «Gemeinnütziges Wohnen im Fokus. Ein Vergleich zu Miete und Eigentum.»
                                                      (Bundesamt für Wohnungswesen BWO, 2017, S. 44).

18   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                                                                                         Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   19
5                           P aradig men-
                                                                                                                     Wohnliegenschaften (mit Mehrfamilienhaus überbaute Liegenschaft) in den Steuer-
                                                                                                                     perioden 2006 — 2011 Abschreibungen im Rahmen der Normalsätze des MB 1995
                                                                                                                     tätigte. So wurde in den betroffenen Steuerperioden 2010 — 2011 auf dem Buchwert
                                                                                                                     eine ordentliche Abschreibung vorgenommen, die dem Normalsatz von 1,5 % für

                             wechsel
                                                                                                                     Gebäude und Land zusammen entsprach.

                                                                                                                     Während die Veranlagungsbehörde Schaffhausen die Abschreibungen für die Jahre
                                                                                                                     2006 — 2009 anerkannte, wurden jene für die Jahre 2010 — 2011 im Zuge der
                                                                                                                     definitiven Veranlagung beim steuerbaren Gewinn aufgerechnet. Begründet wurde
                                                                                                                     dies damit, dass die Buchwerte in beiden Steuerperioden durch die getätigten
                                                                                                                     Abschreibungen unter dem Steuerwert zu liegen kämen, dies jedoch mit der kantonalen

                              bei der steu erlichen                                                                  Praxis konfligiere und demzufolge als unzulässig anzusehen sei.

                                                                                                                     Gegen den Entscheid der Steuerkommission gelangte die betroffene Immobilienge-

                              Abz u g sf ä hig keit von
                                                                                                                     sellschaft mit Rekurs und Beschwerde an das zuständige Obergericht, welches die
                                                                                                                     Begehren teilweise guthiess. Die aufgerechneten Abschreibungen sind hingegen nach
                                                                                                                     Auffassung des Obergerichts steuerlich zuzulassen, weil sich diese stets im Rahmen
                                                                                                                     der Normalsätze bewegten und deshalb als geschäftsmässig begründet anzuerkennen

                              ordentlichen Abschreibu ng en                                                          seien. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Buchwert offensichtlich unter den
                                                                                                                     Verkehrswert sinke.

                                                                                                                     Erwä g u ng en des Bu ndesg erichts
                                                                                                                     In seinem Entscheid vertritt das Bundesgericht (wie auch das Obergericht) die
                                                                                                                     Auffassung, dass die von der Immobiliengesellschaft getätigten ordentlichen
                                                                                                                     Abschreibungen auf ihren Wohnliegenschaften steuerlich anzuerkennen sind. Die

                              Bu ndesg erichtsentscheid vom
                                                                                                                     zu diesem Entschluss gelangende Begründung lässt allerdings aufhorchen:
                                                                                                                     Hinsichtlich der Rechtsnatur des MB 1995 stellte das Bundesgericht klar, dass es sich

                              2 6 . O ktober 2 0 1 7
                                                                                                                     bei solchem nicht um Bundesrecht, sondern um eine Verwaltungsverordnung handle,
                                                                                                                     welche für richterliche Behörden nicht bindend sei, sich jedoch zur Gewährleistung
                                                                                                                     einer einheitlichen Verwaltungspraxis an die rechtsanwendenden Behörden richtete.
                              Von den Erträgen juristischer Personen sind die ordentlichen Abschreibungen (sofern    Das Bundesgericht bejaht zwar, dass die ordentlichen Abschreibungen, sofern diese
                              buchmässig und geschäftsmässig begründet) abziehbar, wobei diese dem Charakter         die im MB 1995 festgelegten Höchstansätze nicht übersteigen, ohne besonderen
                              nach nur auf Bestandteilen des Geschäftsvermögens vorgenommen werden können            Nachweis als geschäftsmässig begründet gelten, daraus jedoch nicht zu entnehmen
                              und der tatsächlich laufenden Wertminderung eines Aktivums entsprechen sollten.        sei, ob und wann ein Grenzwert erreicht sei, welcher sich offensichtlich weit unterhalb
                              Abschreibungen werden damit i. d. R. nach dem tatsächlichen Wert der einzelnen         des tatsächlichen Verkehrswertes einer Liegenschaft befinde. Eine Verweigerung der
                              Vermögensteile berechnet oder nach ihrer voraussichtlichen Gebrauchsdauer              steuerlichen Anerkennung einer ordentlichen Abschreibung lässt sich damit nur dann
                              angemessen verteilt. Die Bestimmung eines angemessenen Abschreibungssystems            rechtfertigen, wenn entweder der Abschreibungssatz konstant zu hoch ausfällt und/
                              hängt jedoch von Schätzungen ab, welchen inhärente Unsicherheiten innewohnen,          oder die Liegenschaft langfristig gesehen keine Wertminderung aufweist. Somit ist
                              die für den Steuerpflichtigen eine Unbekannte darstellen. In dieser Hinsicht hat die   einer solchen die steuerliche Anerkennung jedenfalls ganz bzw. teilweise zu versagen,
                              eidg. Steuerverwaltung (ESTV) zur Gewährleistung erhöhter Rechtssicherheit für die     wenn zu rasch abgeschrieben wurde und/oder überhaupt kein Abschreibungsbedarf
                              Steuerpflichtigen das Merkblatt A 1995 — Abschreibungen auf dem Anlagevermögen         bestanden hat. Der Veranlagungsbehörde stehe es jedenfalls offen, die nach dem
                              geschäftlicher Betriebe (MB 1995) erlassen, welches die auf die wichtigsten Arten      MB 1995 vorgenommenen Abschreibungen zu widerlegen, indem sie aufzeige, dass
                              des abnutzbaren Anlagevermögens anwendbaren Abschreibungssätze im Sinne einer          und warum die ordentlichen Abschreibungen im konkreten Fall einen konstant
                              «Save Haven»-Regel festlegt.                                                           deutlich zu tiefen Buchwert gemessen am Verkehrswert ergeben hätten.

                              Bei Einhaltung dieser ordentlichen Abschreibungssätze wird die geschäftsmässige
                              Begründetheit vermutet und die Steuerbehörden konnten diese nach bislang
                              herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht durch Geltendmachung eines
                              fehlenden Abschreibungsbedarfs verweigern. Auch galten bislang erfolgte ordentliche
                              Abschreibungen als definitiv, ungeachtet eines höheren Marktwertes bzw. einer
                              möglichen Werterholung in den Folgejahren des abgeschriebenen Aktivums. Mit
                              seinem Entscheid vom 26. Oktober 2017 (BGE 2C_814/2016 & 2C_815/2016)
                              scheint sich das Bundesgericht jedoch für einen Paradigmenwechsel entschieden
                              zu haben — mit möglichen unliebsamen Folgen für die Steuerpflichtigen.

                              S achverhalt
                               Dem besagten Bundesgerichtsentscheid liegt der Sachverhalt zugrunde, dass eine im
                               Kanton Schaffhausen mit Grundbesitz ausgestatte Immobiliengesellschaft, welche
                               u. a. den Kauf, den Verkauf und die Verwaltung von Liegenschaften bezweckt, auf den

    20   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                          Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   21
Schliesslich lehnte das Bundesgericht die getätigten Aufrechnungen ab, weil es             Bundesgericht ferner Rechtsunsicherheit für die Steuerpflichtigen, indem es nur
                          die Veranlagungsbehörde unterlassen hat, die Sachdarstellung hinreichend zu                beispielhaft Tatbestände eines mutmasslichen Mangels skizziert. Zudem können
                          substantiieren und auferlegt dieser damit die Aufgabe, konkret aufzuzeigen und             gemäss höchstrichterlichem Entscheid auch in der Vergangenheit getätigte Abschrei-
                          darzulegen, weshalb und warum die Abschreibungen zu einem konstant tieferen                bungen rückgängig gemacht werden, wenn die Veranlagungsbehörde höhere
                          Buchwert gemessen am Verkehrswert führten. Dies hätte dargelegt werden können,             Verkehrswerte der Aktiven gegenüber den steuerlichen Buchwerten nachweisen kann.
                          indem der Nachweis erbracht worden wäre, dass es sich um ein kontinuierlich unter-         Betroffen sind insbesondere Steuerpflichtige mit langjährigem Immobilienbestand
                          haltenes und langfristig keinen Minderwert aufweisendes Anlageobjekt handle, bei           an attraktiven Lagen, die gemäss MB 1995 über die Zeit wesentlich abgeschrieben
                          welchem kein bzw. nur ein sehr geringer langfristiger Abschreibungsbedarf bestehe.         wurden, ungeachtet von gleichbleibenden oder höheren Verkehrswerten.
                          Dass die Abschreibungen gemäss MB 1995 somit ohne Weiteres zu akzeptieren
                          seien, hat das Bundesgericht klar verneint.                                                Eine strikte Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung durch die Veran-
                                                                                                                     lagungsbehörden führt u. a. zu Unsicherheiten bei der Unterscheidung zwischen den
                          Abschliessend führt das Bundesgericht entscheidend aus, dass ob und wann eine              laufenden und latenten Steuern (Risiko eines erhöhten Liquiditätsbedarfs aufgrund
                          Abschreibung steuerlich anzuerkennen sei, sich vielmehr anhand des bundesrechtlich         von steuerlichen Aufrechnungen von Abschreibungen aus den Vorjahren). Vorsicht
                          vorgegebenen Begriffs der geschäftsmässigen Begründetheit zu ergeben habe.                 geboten ist insbesondere bei Share Deals von Immobiliengesellschaften, bei
                          Von einer solchen ist auszugehen, wenn der Aufwand mit dem erzielten Ertrag unter-         welchen der Erwerber latente Steuern zu einem gewissen Umfang übernimmt, in
                          nehmerisch in einem unmittelbaren und direkten Zusammenhang steht (vgl. dazu B             der Annahme, dass deren Realisation erst bei einer buchmässigen Aufwertung
                          Ger, 01.05.2015, 2C_697/2014). Danach hätten sich auch die kantonale Praxis und            oder Ausscheidung der betroffenen Immobilien aus der Bilanz erfolgen wird. Bei
                          allfällige Verwaltungsverordnungen zu richten. Den vorgenommenen Abschreibungen            einer solchen wirtschaftlichen Handänderung werden i.d.R. die effektiven Verkehrs-
                          dürfe demzufolge, allein unter Verweis auf eine allfällige Dienstanweisung zum             werte der Immobilien gegenüber den Veranlagungsbehörden im Rahmen von
                          kantonalen Steuergesetz, die steuerliche Anerkennung nicht versagt werden.                 Grundstückgewinnsteuer- oder anderweiten Steuerdeklarationen offenbart. Den
                                                                                                                     Steuerbehörden dürfte es in solchen Sachverhalten leicht fallen, den vom Bundes-
                          Aus den Erwägungen muss e contrario sogar geschlossen werden, dass die Veranla-            gericht geforderten Nachweis eines mangelnden Abschreibungsbedarfs zu erbringen.
                          gungsbehörden bei entsprechendem Nachweis auch Aufrechnungen über den
                          Steuerwert vornehmen könnten. Damit geht das Bundesgericht sogar noch weiter
                          als die Schaffhauser Veranlagungsbehörde.

                          F az it
                           Bisher gewährleistete das MB 1995 sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die
                           Veranlagungsbehörden eine einfache Berechnung und Verbuchung von ordentlichen                    S tef an L ag anà                                           P atrick Eng stler
                           Abschreibungen. Die damit bezweckte einheitliche Veranlagungspraxis hat einer
                           angemessenen Abschreibungssystematik aufgrund der den Schätzungen inhärent                       Associate Partner                                           Intern
                           innewohnenden Unsicherheiten pauschal Rechnung getragen. Diese Abschreibungen                    Business Tax Services                                       Business Tax Services
                           galten bis zu einer allfälligen buchmässigen Aufwertung oder bis zum Ausscheiden
                           des entsprechenden Aktivums aus der Bilanz als definitiv, d. h. auch wenn der Steuer-            Ernst & Young AG                                            Ernst & Young AG
                           verwaltung höhere Verkehrswerte bekannt waren, die z. B. der Pflicht zur Erstellung              Zürich                                                      Zürich
                           einer öffentlich zugänglichen Jahresrechnung, welche die Aktiven und Passiven nach               stefan.lagana@ch.ey.com                                     patrick.engstler@ch.ey.com
                           dem Grundsatz von «true and fair view» zu Verkehrswerten ausweist, geschuldet war.
                           Insbesondere in solchen Fällen kann der Steuerpflichtige nicht mehr auf die steuerliche
                           Akzeptanz von ordentlichen Abschreibungen basierend auf dem MB 1995 vertrauen.
                           Hinsichtlich des Nachweises eines mangelnden Abschreibungsbedarfs hinterlässt das

22   | Real Estate News — Ausgabe Winter 2019                                                                                                                                          Real Estate News — Ausgabe Winter 2019 |   23
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