SIEGT DAS ONLINEGESCHÄFT? - IHK Hochrhein-Bodensee

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OKTOBER 2013

Buchhandel                                   SCHWIERIGES GESCHÄFT
                                             Interview mit Helmut Nitschke zur

SIEGT DAS                                    Stromversorgung in Deutschland

                                             VERREGNETES GESCHÄFT
ONLINEGESCHÄFT?                              Einzelhandel tritt
                                             im ersten Halbjahr auf der Stelle

                                             SÜSSES GESCHÄFT
                                             Sein Broterwerb ist süß: Porträt
                                             des Konfitürenchefs Thomas Faller

             Industrie- und Handelskammern
             Hochrhein-Bodensee
             Schwarzwald-Baar-Heuberg
             Südlicher Oberrhein
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Ulrich Plankenhorn                                  EDITORIAL
                                                Leitender Redakteur

                                       L   iebe Leserinnen, liebe Leser,

                                       ein Abgesang auf das gedruckte Buch, ein Nachruf auf die Buchhandlung –
                                       das würde womöglich der Tenor des Titelthemas dieser Ausgabe über den
                                       südbadischen Buchhandel sein müssen. So jedenfalls unsere Vermutung vor
                                       Beginn der Recherchen unserer Redakteurin. Aber so einfach ist es nicht. Viele
                                       klassische Buchhandlungen können sich – wenn auch unter Einbußen – recht
                                       gut halten. Das gelingt ihnen mit ganz verschiedenen Rezepten, von der Op-
                                       timierung ihrer Online-Shops bis hin zur Ä
                                                                                ­ nderung der Arbeitszeiten. Das Be-
                                       währte steht dabei neben Neuem. Die gelungene Mischung macht‘s (Seite 6).

                                       So scheint es langfristig auch auf dem deutschen Strommarkt zu sein. Siche-
                                       ren Strom wird es wohl nur mit einer Mischung aus regenerativer Energie und
                                       (möglicherweise) Gaskraftwerken zur Grundlasterzeugung geben. Und das
                                       Erneuerbare-Energien-Gesetz gehört dringend reformiert, um die Kosten nicht
                                       weiter explodieren zu lassen. Das Zauberwort aber lautet Energieeffizienz,
                                       der sparsame Umgang mit Strom. Das jedenfalls sind einige Erkenntnisse von
                                       Helmut Nitschke, viele Jahre Vorstand des E-Werks Mittelbaden und einer der
                                       Pioniere für den Einsatz alternativer Energien im regionalen Stromgeschäft.
                                       Kurz nach seiner Pensionierung haben wir im August ein Interview mit ihm
                                       geführt (Seite 14).

                                       Weltweite Expansion ist bei der Intersolar, einer der erfolgreichsten deutschen
                                       Messeentwicklungen der vergangenen Jahre, angesagt. Nach Freiburg und
                                       dann München folgten Ableger in den USA, China und Indien. Im September
                                       war jetzt auch Premiere in São Paolo (Seite 23).

                                       Und zum Schluss das (süße) Dessert: Thomas Faller, unser Kopf des Monats,
                                       ist Chef der gleichnamigen inzwischen 100-jährigen Konfitürenmanufaktur in
                                       Utzenfeld bei Schönau. Pünktlich zum Jubiläum hat der rührige Unternehmer
                                       den eigenen Laden deutlich vergrößert und ein Café eröffnet (Seite 56).

                                       Viel Spaß beim Lesen.

Wirtschaft im Südwesten   10 / 2013                                                                                1
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OKTOBER

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                                                                                                                    DIE BRANCHE HAT‘S
                                                                                                                    NICHT LEICHT
                                                                                                                    In Zeiten des Umbruchs haben die statio-
                                                                                                                    nären Buchhändler ordentlich zu kämpfen.
                                                                                                                    E-Books werden immer beliebter, und der
                                                                                                                    Onlinehandel boomt – ganz vorne steht
                                                                                                                    der Versandriese Amazon. Das führt zu
                                                                                                                    Umsatzeinbußen, denen die Inhaber im
                                                                                                                    Regierungsbezirk Freiburg mit unterschied-
                                                                                                                    lichen Konzepten begegnen. Wir besuchten
                                                                                                                    fünf von ihnen in Freiburg, Konstanz,
                                                                                                                    Offenburg und Donaueschingen. SEITE 6

                                                                                                                            REGIOREPORT
                                                                                                                            Neues aus dem
                                                                                                                            IHK-Bezirk                 SEITE 25

                                            INTERVIEW
    Helmut Nitschke zur Stromversorgung in Deutschland
      Als Chef des E-Werks Mittelbaden hatte Helmut Nitschke diesen regionalen Ener-
     gieversorger sehr früh auf regenerative Energien ausgerichtet. Kürzlich ist Nitschke
        in Ruhestand gegangen. Ein Gespräch mit ihm über das Erneuerbare-Energien-
      Gesetz, die Auswirkungen der derzeitigen Subventionierungen von grünem Strom
    und den Ausstieg aus der Energieverschwendung auf.                         SEITE 14

Den Ausgaben Südlicher Oberrhein und Hochrhein Bodensee liegen Prospekte der ernst + könig GmbH in Freiburg bei.
Der Regionalausgabe Schw.-Baar-Heuberg liegt ein Flyer von Limberger, Fuchs & Koch in Villingen Schwenningen bei.
Ebenfalls liegen der Regional-Ausgabe teilweise Beilagen der Julius Hofe GmbH + Co. KG in Lüdenscheid bei.

2                                                                                                                                Wirtschaft im Südwesten   10 / 2013
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INHALT
                 FIRMEN                                                             4   PANORAMA
  Hollister‘s Motorcycles
       Motorräder nach Maß: Seit 25
                                                                                    6   TITEL
       Jahren baut Hollister‘s-Inhaber
Volker Sichler in Zimmern-Horgen mit
                                                                                   12   INNOVATION
seinem Drei-Mann-Team sogenannte
                         Custombikes.                                              14   INTERVIEW
                            SEITE 42
                                                                                   16   RECHT

                                                                                   18   UMWELT

                                                                                   19   BILDUNG

                                                                                   20   STEUERN

                                                                                   22   HANDEL

                                                                                   23   MESSEN

                                                                                   25   REGIO REPORT

                                                                                   42   FIRMEN
EINZELHANDEL Verregnetes Geschäft                                                         Hollister‘s Motorcycles [42] Udo Zier, Erdrich Umform-
                                                                                        technik [43] Wasserkraft Volk [45] Grieshaber Logistics
Den südbadischen Einzelhändlern hat das nasskalte Frühjahr das Geschäft ver-            Group [46] Kleyling Spedition, Ristelhueber Spedition [47]
regnet: Umsätze und Erträge seien in den ersten sechs Monaten zum Teil zurück-            Ganter Interior [48] Gruner, SWEG [51] EBM-Pabst,
gegangen, berichtete jüngst der Handelsverband. Im Schnitt stieg der Umsatz             Kammerer Gewindetechnik [52] Koehler Group [53]
                                                                                          Belle, Sprachschule Inlingua [54]
zwischen Baden-Baden und Bodensee um gerademal 0,4 Prozent.             SEITE 19
                                                                                   56   PERSONALIEN
                                                                                         Kopf des Monats: Thomas Faller
                 KOPF DES MONATS                                                         Volker Feldkamp Christoph Strobel Rudolf Matkovic
                                                                                         Lars Feld Karl Bähr Christian Rüdt
       Konfitürenchef Thomas Faller
         Über fünfzig verschiedene Konfitüresorten,                                57   IMPRESSUM
               Honig, Müsli und Zubehör fürs Büffet
       verkauft die Konfitürenmanufaktur Faller aus                                66   BÖRSEN
        Utzenfeld im Wiesental. Thomas Faller führt
          das Familienunternehmen, das dieses Jahr                                 68   BÜCHER
        100 Jahre alt wird, in dritter Generation. Ein
      Porträt des Frühstücksexperten.      SEITE 56                                72   MIT SPITZER FEDER
                                                                                                                    Themen der Titelseite

  EventNow12_Anz_IHK_185x21_DV.indd 9                                                                                             10.12.12 09:54
Wirtschaft im Südwesten   10 / 2013                                                                                                    3
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Panorama
Bild: yahyaikiz - Fotolia.com

                                                                                             Fachkräftemangel

                                                                                             Migranten mit Potenzial
                                                                                             Das Thema Fachkräftemangel beschäftigt die Wirtschaft. Einen neuen
                                                                                             Blickwinkel darauf soll die Veranstaltung „explore diversity“ am 7. Novem-
                                                                                             ber in Freiburg eröffnen. Dabei stehen die Potenziale junger Menschen mit
                                                                                             Migrationsbiografie, die schon in Deutschland leben, im Mittelpunkt. Die
                                                                                             Leiterin des Swiss Institute for Educational Issues in Bern, Margrit Stamm,
                                                                                             eröffnet mit ihrem Vortrag „Black Box: Migranten mit Potenzial“die Veran-
                                                                                             staltung. Zu den Referenten zählen auch Aygül Özkan, ehemalige Ministerin
                                                                                             für Soziales, Frauen, Familie, Integration in Niedersachsen, Suat Bakir, Ge-
                                                                                             schäftsführer der türkisch-deutschen IHK, und Cihan Sügür, Vorstandsmit-
                                                                                             glied der Plattform Türkisch-Deutscher Akademiker und Studierenden. Ihr
                                                                                             gemeinsames Thema ist, wie sich dem Fachkräftemangel durch den Abbau
                                                                                             von Zugangsbarrieren und in der Begleitung in Schule, Studium sowie beim
                                                                                             Einstieg in den Arbeitsmarkt entgegenwirken lässt. Die Veranstaltung wird
                                                                                             von der Hochschule Furtwangen mit dem Projekt „TREFFER“ der Fakultät
                                                                                             Wirtschaftsinformatik organisiert. TREFFER steht für TRaining, Erfolg, For-
                                                                                             dern, FördERn und richtet sich mit zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen
                                                                                             seit Januar 2012 an Studierende mit Migrationshintergrund.
                                                                                             Veranstaltungsort ist der Peterhofkeller, Niemenstraße 10 in Freiburg. Be-
                                                                                             ginn ist 18 Uhr, Ende gegen 21.30 Uhr. Die Veranstaltung ist kostenfrei.

                                                                                                                                                          www.erfolgreich.hs-furtwangen.de

                                    GEWERBLICHE WIRTSCHAFT IN ZAHLEN 2013
                                    Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten
                                    Kreis, Land,                        Betriebe                         Beschäftigte                          Umsatz                            Ausland
                                    IHK- und Regierungsbezirk                                              (in 1000)                         (in Mio Euro)                     (in Mio Euro)

                                                                  Mai     Juni     Juli            Mai       Juni       Juli           Mai       Juni        Juli        Mai        Juni       Juli
                                    Stadtkreis Freiburg            43      43       43              9          9         9             182       191         191         107        112        115
                                    Breisgau-Hochschwarzwald       89      90       90             16         16        16             252       268         283         136        148        146
                                    Emmendingen                    65      64       64             11         11        12             156       173         181          89        101        103
                                    Ortenaukreis                  210     210      210             43         43        43             846       982         974         348        434        394
                                    Südlicher Oberrhein           407     407      407             79         79        80            1437      1613         1629        679       794         758

                                    Rottweil                      107     107      107             19         19        19             337       373         402         156        185        198
                                    Schwarzwald-Baar-Kreis        144     144      145             25         25        25             352       440         401         138        213        148
                                    Tuttlingen                    124     124      124              27        26        27             420       452         486         217        229        249
                                    Schwarzwald-Baar-Heuberg      375     375      376             71         71        72            1108      1266         1289        511       627         596

                                    Konstanz                       77      77       77             16         16        16             418       437         439         215        226        225
                                    Lörrach                        93      93       93             18         18        18             378       399         407         213        232        236
                                    Waldshut                       56      56       56             12         12        12             240       253         265          84        88          96
                                    Hochrhein-Bodensee            226     226      226             46         46        46            1036      1089         1112        511       547         557

                                    Regierungsbezirk Freiburg    1008     1008     1009            196       196        198           3580      3968         4029       1701       1968        1911
                                    Baden-Württemberg            4316     4312     4311           1081      1081       1093          23565      25170     26174         12977     13696      14169
                                                                                          Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, die Angaben sind gerundet und ohne Gewähr (WiS 10/2013)

                                4                                                                                                                         Wirtschaft im Südwesten         10 / 2013
SIEGT DAS ONLINEGESCHÄFT? - IHK Hochrhein-Bodensee
Europawahl 2014                                                                                                 IHK-Börsen

                        Termin steht fest                                    VERBrAUCHERPREIS-INDEX
                                                                                                                                        Kostenfreier Service
                        Die Bundesregierung hat Sonntag, den 25.               Deutschland August 2013
                                                                                                                                        Die Industrie- und Handelskammern bie-
                        Mai 2014 zum Wahltag für die Europawahl                                                                         ten ihren Mitgliedsunternehmen mit den
                        festgelegt. In den anderen EU-Mitglied-                                                                         sogenannten Börsen, die auch in dieser
                        staaten finden die Wahlen traditionell                                       106,1          + 1,5 %             Zeitschrift erscheinen, die Möglichkeit,
                        an einem Wochentag statt. Mit der Eu-                                                                           Angebote und Nachfragen zu den The-
                        ropawahl werden die 751 Abgeordneten                                                       Veränderung          men Existenzgründung und Nachfolge,
                                                                                                      Index
                                                                                                                   zum Vorjahr
                        des Europäischen Parlaments bestimmt.                                                                           Handelsvertretung, Kooperation sowie
                        Deutschland stellt 96 Abgeordnete. Wahl-                                                                        Beteiligung zusammenzubringen. Firmen
                        berechtigt sind alle Angehörigen eines
                                                                                                     105,6          + 1,4 %             können nach Inseraten suchen oder selbst
                        EU-Mitgliedstaats, die mindestens 18                                                                            einen Eintrag einstellen. Die IHK fungiert
                        Jahre alt sind. Jeder Wähler hat nur eine              Baden-Württemberg August 2013                            als neutraler Partner ohne wirtschaftli-
                        Stimme. In Deutschland gilt für die Wah-                                                                        ches Interesse – die Kleinanzeigen sind
                                                                                                                   Basisjahr 2010=100
                        len das Verhältniswahlrecht sowie eine                  Quelle: Statistisches Landesamt (Angaben ohne Gewähr)   ein kostenfreier Service. Alle Anzeigen
                        Drei-Prozent-Klausel.ste                                                                                       erscheinen mit Chiffre-Nummer, sodass
                                                                                                                                        persönliche Daten nicht erkennbar sind.
                                                                                                                                        Die Antworten gehen direkt bei den IHK‘s
                        Elsässische Weinwirtschaft                                                                                      ein und werden an die Inserenten weiter-
                                                                                                                                        geleitet. In dieser Ausgabe erscheinen die
                        Stabiler Absatz bei mehr Exporten                                                                               Börsen ab Seite 66.wis

                        Knapp 1,05 Millionen Hektoliter Weine kontrollierter Ursprungsabfüllungen (AOC) in
                        Flaschen haben die elsässischen Winzer nach Angaben des Weinwirtschaftsverbands                                 Frauen in MINt-Berufen
                        2012 abgesetzt. Das bedeutet nach drei Jahren mit Rückgängen wieder eine leichte
                        Zunahme von 0,3 Prozent. Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist der Absatz allerdings                             Vorbilder gesucht
                        gegenüber dem Vorjahreszeitraum wieder einen halben Prozentpunkt gesunken. Der
                        Gesamtumsatz belief sich 2012 auf rund 513 Millionen Euro, ein Plus von 4 Prozent.                              Das Land Baden-Württemberg hat einen
                        Etwa ein Viertel der Flaschen oder 265.200 Hektoliter gingen in den Export (Plus 1,9                            Wettbewerb gestartet, um Unternehmen
                        Prozent). Zu den Wachstumsmärkten zählen Japan, China und Russland. Der meiste                                  und regionale Initiativen zu finden, die als
                        elsässische Wein ging nach Belgien; Deutschland ist das zweitwichigste Exportland.                              Vorbilder für Frauen in den sogenannetn
                        Die gesamte Anbaufläche im Elsass umfasst über 15.500 Hektar. 2012 wurden hier                                  MINT-Berufen (Mathematik, Informatik,
                        über 1,12 Millionen Hektoliter Wein produziert, 3,4 Prozent weniger als 2011.epm                               Naturwissenschaft und Technik) gelten
                                                                                                                                        können. „Wir möchten diese vorbildli-
Bild: Andreas Krommer

                                                                                                                                        chen Konzepte auszeichnen und bekannt
                                                                                                                                        machen“, sagt Wirtschaftsminister Nils
                                                                                                                                        Schmid. Denn angesichts des Fachkräf-
                                                                                                                                        temangels könnten Unternehmen es sich
                                                                                                                                        nicht mehr leisten, auf qualifizierte Frau-
                                                                                                                                        en zu verzichten. Unternehmen, die sich
                                                                                                                                        an dem Wettbewerb beteiligen wollen,
                                                                                                                                        können ihre Maßnahmen und Projekte in
                                                                                                                                        den drei Kategorien „Berufsorientierung
                                                                                                                                        und Recruiting“, „Wiedereinstieg von
                                                                                                                                        Frauen in den Beruf“ sowie „Personal-
                                                                                                                                        entwicklung und -bindung“ einreichen.
                                                                                                                                        Außerdem gibt es die Sonderkategorie
                                                                                                                                        „Regionale Initiativen zur Förderung von
                                                                                                                                        Frauen in MINT-Berufen“ für Koopera-
                                                                                                                                        tionsprojekte. Die Gewinner erhalten
                                                                                                                                        einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt
                                                                                                                                        auf einer großen Karrieremesse in Baden-
                        Diese drei Jungen Damen werben für elsässischen Wein: Weinkönigin Aurelie Schneider (21,                        Württemberg am Stand des Ministeri-
                        Mitte) kommt aus Eguisheim südlich von Colmar und steht kurz vor dem Abschluss ihrer Lehre als                  ums. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis
                        Marketing-Fachfrau beim Weingut der Stadt Colmar. Ihr zur Seite stehen die Weinprinzessinnen                    30. November.
                        Charlène Spettel (18, links) Abiturientin aus Mittelwihr, und Elise Wespiser (22) aus Hunawihr, die
                        in Straßburg Jura studiert. Alle drei stammen aus Winzerfamilien.                                                                   www.mint-frauen-bw.de

                        Wirtschaft im Südwesten   10 / 2013                                                                                                                      5
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TITEL

Herausforderung Buchhandel

Zeiten des Umbruchs
  Das zunehmende Onlinegeschäft durch den Versandriesen Amazon, die Konkurrenz durch große Ketten
wie Thalia und die immer beliebter werdenden E-Books haben die klassischen Buchhändler herausgefordert.
      In den vergangenen zehn Jahren musste etwa ein Viertel der inhabergeführten Buchhandlungen
    in Deutschland schließen. Inzwischen sind die Buchhandelsketten der Großkonzerne wieder auf dem
       Rückzug. Sie trennen sich von unrentablen Filialen, die sie neu eröffnet oder aufgekauft hatten.
     Manche dieser Buchhandlungen hatten eine lange Tradition. Unsere Redakteurin Elisabeth Weidling
besuchte fünf unabhängige Buchhandlungen im Regierungsbezirk Freiburg und fragte deren Geschäftsführer,
                mit welchen Konzepten sie der schwierigen Lage in ihrer Branche begegnen.

U
      m in der gebeutelten Branche überleben zu können, müs-       Jura und Design/Architektur spezialisiert. Weil das Thema Ko-
      sen sich die klassischen Buchhändler etwas einfallen las-    chen immer wichtiger wird, wurde die entsprechende Fläche
      sen. Sie müssen einen Mehrwert bieten, damit Kunden          verdoppelt. Die Kinder- und Jugendbücher sind vor einem Jahr
nicht ins Internet abwandern. Das Konstanzer Bücherschiff,         ins Erdgeschoss umgezogen, damit sie barrierefrei erreichbar
eine traditionsreiche Buchhandlung in der Altstadt, schlägt sich   sind. Regelmäßig macht der Buchhändler mit seinen Kollegen
wacker, um den richtigen Kurs zu halten. Die Buchhandlung          einen Rundgang durch die Räume, um zu diskutieren, was noch
hat in der Region Kultstatus erreicht. Sie funktioniere wie der    besser gemacht werden kann. Zehn Mitarbeiter hat Söhnen,
Wochenmarkt, sagt der Buchhändler Joachim Söhnen. „Wir             die jedoch nicht alle in Vollzeit arbeiten.
haben unheimlich viele Stammkunden. Die Leute unterhalten
sich untereinander und mit uns. Sie erzählen uns von ihrem
Urlaub, ihrem Nachwuchs und auch ihren Sorgen. Manche Fa-
                                                                   Amazon hinterlässt Spuren
milien kommen schon seit Generationen“, berichtet er. Seine        Der Erfolg des Konkurrenten Amazon habe dazu geführt, „dass
Kundenkontakte reichen bis nach Südkorea oder Brasilien – ehe-     es die Buchhandelsbranche so schwer hat“, bedauert der Kons-
malige Konstanzer Studenten und Professoren kaufen weiterhin       tanzer. „Da gibt es ganz schlimme Geschichten. Es gibt Inhaber,
bei Söhnen ein. Er schreibt ihnen sogar handschriftliche Briefe    die haben ihre Buchhandlungen als Altersvorsorge aufgebaut und
und nimmt sich keinen Urlaub, wenn sie in Konstanz sind. Sei-      dachten, sie können sie irgendwann abgeben. Die Rechnung
ne Mutter Margareta Söhnen-Meder gründete 1958 die Buch-           geht nicht auf, und sie stehen in ihren Läden, bis sie nicht mehr
handlung in der Paradiesstraße, an der sie bis heute 48 Prozent    laufen können oder gehen sogar Pleite“, sagt Söhnen. 2011 habe
Anteil hält. Zwei Prozent der Firma gehören Joachim Söhnens        es eine Insolvenzspitze in der deutschen Buchhandelslandschaft
Vater, dem Juristen Rüdiger Söhnen. Die restlichen 50 Prozent      gegeben, viele inhabergeführte Buchhandlungen mussten schlie-
hält der Junior. Seit 2000 ist der 47-Jährige geschäftsführender   ßen. Auch er musste einschneidende Änderungen vornehmen.
Gesellschafter. Mit seinen Eltern, seiner Ehefrau Nicole und der   Zunächst habe er alle Arbeitsabläufe unter die Lupe genommen
Prokuristin Monika Dörr spricht er alle wichtigen Veränderungen    und optimiert. Mit den Verlagen wurde über Konditionen verhan-
durch.                                                             delt. Die Reserven wurden minimiert bis zu dem Punkt hin, dass
Oft sei auch seine Patentante Sybille von Pufendorf-Gather im      Regale abgesägt wurden. Das Lager im zweiten Obergeschoss
Geschäft, die mit seiner Mutter die Buchhandlung aufgebaut         wurde zugunsten der Büroräume abgeschafft. „Wir kaufen zu-
hat. Zwar arbeiten die beiden älteren Damen nicht mehr offiziell   dem gezielter ein.“ Reserven seien nicht bei jedem Titel nötig,
mit, atmen aber gerne den Duft von frisch gedruckten Büchern.      da die Verlagsauslieferungen und Großhändler sehr schnell seien.
Das Fachwerkhaus mit der Aufschrift „Haus zum Affen“ hat           „Vor einem Jahr hatten wir noch bei einer 38 Stundenwoche 37
Charme. Innen fällt der Blick auf alte Balken, eine Holztrep-      Tage Jahresurlaub – das ließ sich in der Situation, in der sich der
pe führt ins Obergeschoss. Der besondere Reiz der kleinen          Buchhandel befindet, nicht mehr umsetzen. Seit letztem Jahr
Buchhandlung liegt in der individuellen Beratung und dem           arbeiten wir 40 Stunden in der Woche und haben immer noch
ausgefallenen Sortiment. „Wir lesen sehr viel und unterhalten      32 Tage Urlaub (im Buchhandel ist der Samstag ein Arbeitstag,
uns im Kollegenkreis ständig über Bücher.“ Jede der über 300       sodass bei einer 6-Tage-Woche auch sechs Tage Urlaub beantragt
Verlagsvorschauen wird zweimal jährlich ausgewertet – circa        werden müssen). Ich musste neues Personal suchen, das diese
90.000 Bücher erscheinen pro Jahr. Buchpreisverleihungen           Veränderungen mitmacht.“ Die Hälfte trennte sich, obwohl bei
werden online verfolgt, um dann zeitnah zu bestellen. Neben        ihm die Arbeitsbedingungen oft besser seien als bei den großen
dem Schwerpunkt Belletristik hat sich die Buchhandlung auf         Buchhandelsketten.

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Behaupten sich in schwierigen Zeiten für Buchhändler: Joachim
     Söhnen, geschäftsführender Gesellschafter der Buchhandlung „Bücher-
        schiff Konstanz“ (rechts), Axel Beurer, Inhaber der Morys Hofbuch-
      handlung mit Hauptsitz in Donaueschingen (unten) und Barbara Roth,
                    Inhaberin der Buchhandlung Gustav Roth in Offenburg.

Wie viele seiner Kollegen relauncht der Buchhändler aktuell seine            fünf heruntergeschraubt. „Eine Zeitlang habe ich es übertrieben“,
Homepage. Seit 1996 bestellen Kunden vermehrt Bücher online.                 gesteht er. „Da hatte ich bis zu 20 Veranstaltungen im Jahr.“ Das
Inzwischen gehen täglich bis zu 60 Buchbestellungen ein. „Das                brachte ihn an seine Grenzen, denn Überstunden waren an der
ist nicht mehr wegzudenken. Aufgrund der Buchpreisbindung                    Tagesordnung. Ulrich Wickert, Udo Jürgens und Martin Suter,
sind wir genauso günstig wie Amazon. Wir liefern schnell und                 Konstantin Wecker und Ruth Maria Kubitschek gehörten zu den
portofrei.“ Auch E-Books werden angeboten, die Links für den                 prominenten Gastautoren. Letztere wohnt am Bodensee und geht
Download bekommen die Kunden per E-Mail zugeschickt. Die                     in der Buchhandlung ein und aus.
Bücher können sie im Geschäft abholen oder sich nach Hause
zusenden lassen. Die Portofreiheit tue den Buchhandlungen aber
weh. Angeboten werde diese Option nur, weil man im Wettbe-
                                                                             Hoffnung auf stagnierenden Onlinehandel
werb mit Amazon stehe. Die E-Books lassen sich auch an der                   Wie viele seiner Kollegen ist Söhnen mit seiner Buchhandlung
Kasse bezahlen, für Kunden, die online keine Bezahlung abwi-                 auf Facebook vertreten und verschickt Newsletter zur Kunden-
ckeln möchten. E-Books sind vor allem bei Urlaubern beliebt.                 bindung. Der Inhaber beteiligt sich außerdem an regionalen Ver-
Pro Woche verkauft Söhnen einen E-Book-Reader. Verdienen                     anstaltungen, stattet Grundschulklassen mit Bücherkoffern aus
würde er „keinen Cent daran“, das gehöre zum guten Service.                  und lädt zu Führungen ein. „Wir haben im Jahr inzwischen zehn
Zum guten Service gehöre es auch, sich Zeit für die Kunden zu                Schulklassen im Haus“, berichtet er. In diesem Jahr habe er sich
nehmen. Deshalb hat er die Zahl der Lesungen in diesem Jahr auf              verstärkt und „erfolgreich“ der Akquise von Firmenkunden

Wirtschaft im Südwesten   10 / 2013                                                                                                         7
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gewidmet. Das Rechnungsgeschäft mache immerhin 40 Prozent                    indem sie ein Buch für die Musiktage mitherausgibt. Vor
des Umsatzes aus. Mit den Umsätzen ist der Buchhändler insge-                fünf Jahren übernahm Klaus Beurers Sohn Axel die Buch-
samt zufrieden. Er hat schnell reagiert, als er bemerkte, dass die           handlung oder besser, die Buchhandlungen. Im Laufe der
Kosten für Bestand und Personal nicht mehr zum Umsatz passten.               Jahre kamen Filialen in Villingen, Bad Dürrheim, Furtwan-
Seine Hoffnung ist, dass der Umsatz – wie im ersten Halbjahr                 gen und Freiburg hinzu. Eine Filiale in Schwenningen wur-
2013 – weiterhin ausgebaut werden könne „und der Druck, den                  de wieder abgestoßen, da sie sich als wirtschaftlich nicht
Amazon und Co. auf die Branche ausüben, stagnieren wird“.                    rentabel erwiesen hatte. Die in Donaueschingen wurde
Erfreulich für Söhnen ist die Entwicklung des Schweizer Franken.             auf das Doppelte vergrößert. Alle, bis auf die in Freiburg,
Seit 2011 hat er deutlich mehr Schweizer Kunden und dadurch                  tragen den Namen Morys Hofbuchhandlung. Sie bieten ein
auch den Großbrand in der Nachbarschaft vor ein paar Jahren                  Vollsortiment und wie die meisten Buchhandlungen auch ei-
trotz Krise im Buchhandel überlebt. Der Verkauf in seiner Buch-              nige Non-Books an. Alex Beurers Vater, inzwischen über 70
handlung war in diesem Zeitraum durch die Baustellen in der                  Jahre alt, steht immer noch mit Leidenschaft im Laden am
Umgebung beeinträchtigt gewesen.                                             Hauptsitz in Donaueschingen.
Schon mehrfach wurden ihm Buchhandlungen zum Kauf angebo-                    An allen Standorten gibt es Konkurrenz. Die Filiale in Freiburg
ten, aber er will die Liebe und Aufmerksamkeit zum Bücherschiff              firmiert unter „Buchhandlung Vogel“ und befindet sich an der
nicht teilen. Zudem sei es ein riskantes Geschäft.                           Pädagogischen Hochschule, sie ist daher auf pädagogische
Die familiengeführte Tübinger Buchhandelskette „Osiander“ ist                Literatur spezialisiert. Alle anderen Geschäfte liegen zentral,
in Konstanz mit drei Filialen der größte Konkurrent. Sie übernahm            entweder in der Fußgängerzone oder im Stadtzentrum.
vor etwa zehn Jahren die traditionsreiche Konstanzer Buchhand-               Trotz der pessimistischen Stimmung, die gerade im Buchhandel
lung „Gess“. Mit zentral organisierten Lesungen positioniert sie             verbreitet wird, ist Beurer zufrieden. „Das Lied des Händlers ist
sich erfolgreich auf dem Markt. Zwar soll laut boersenblatt.net              die Klage“, sagt der Junior lachend. Es könnte immer besser
(Internetseite des Branchenverbands) die osianderische Universi-             sein. Die Situation ändere sich im Buchhandel ständig, eine
tätsbuchhandlung auf der Morgenstelle in Tübingen geschlossen                Buchhandlung mache zu, die andere wieder auf. Seiner Ansicht
werden, dafür hat das schwäbische Familienunternehmen, das                   nach haben es die Kleineren schwerer als die Großen. Allgemein
rund 30 Dependancen führt, vor Kurzem im neuen Frankfurter Ein-              sei der Buchhandel „ja schon sehr in der Bevölkerung verwur-
kaufszentrum „Skyline Plaza“ eine weitere Dependance eröffnet.               zelt“. Ganz anders als in Ländern wie England oder den USA.
                                                                             Dort gibt es wie auch in der Schweiz keine Buchpreisbindung,

D
      ie Hofbuchhandlung in Donaueschingen ist als Lieferant                 wodurch Preiskämpfe ausgelöst werden. Bücher werden dort
      für die fürstliche Familie entstanden. Sie besteht seit                teilweise zu Schleuderpreisen an der Tankstelle verscherbelt.
      1871. Der Buchhändler Klaus Beurer übernahm 1975 die                   Marketing-Aktionen wie eine Lesenacht unter dem Motto
Morys Hofbuchhandlung und behielt den Namen des Vor-                         „Einschließen und Genießen“ (Schmökerabende, an denen
gängers bei. Otto Mory engagierte sich stark in der Stadt – ein              die Kunden zwei, drei Stunden in der Buchhandlung „ein-
Vorbild für Beurer. Deshalb ist das Besondere an der Buch-                   geschlossen“ werden, um sich bei Snacks und Getränken
handlung bis heute, dass sie sich am Stadtleben beteiligt und                in Ruhe umzuschauen und am Ende auch Bücher kaufen
bei kulturellen Veranstaltungen mitwirkt. Mal als Sponsor, mal,              können), Kochen mit GU-Ratgeberinnen, oder Aktionen für
                                                                             Kinder zur Leseförderung kämen sehr gut an.

    ZAHLEN ZUM BUCHHANDEL                                                    Online und offline – beides vereinen
Ein Blick in den jährlich im August erscheinenden Bericht des Branchen-      Anfang des Jahres hat der gelernte Buchhändler Axel
verbands Börsenverein des Deutschen Buchhandels „Buch und Buch-              Beurer seine Mitarbeiterin Adrien G. Czar, die zuvor Teil-
handel in Zahlen 2013“ zeigt, dass der Umsatz des gesamten deutschen         zeit gearbeitet hatte, als 100 Prozent-Kraft im Marketing
Buchmarkts stagnierend bis rückläufig ist. Erneut ist dieser mit minus       eingesetzt. 28 Mitarbeiter sind insgesamt beschäftigt,
0,8 Prozent (2011: 1,4 Prozent) 2012 zurückgegangen. 9,52 Milliarden         einige in Teilzeit. Czar kümmert sich um die Moderni-
Euro haben dem Bericht zufolge Buchhandlungen und Verlage 2012 mit           sierung der Internetseite, den Facebook-Auftritt und
                              Büchern und Fachzeitschriften umgesetzt.       betreut die Entwicklung einer App für den Online-Shop
                              Der Sortimentsbuchhandel setzte 3,7 Prozent    der Buchhandlungen. „Ich beobachte das Kundenverhal-
                              weniger als im Vorjahr um. Das sind nach       ten. Wir müssen darauf reagieren, dass immer mehr ins
                              Verbandsschätzungen 4,7 Milliarden Euro.       Onlinegeschäft abwandern und unsere Bücher online in
                              Der Internetbuchhandel glänzte hingegen        unserem Shop besser vermarkten“, stellt die Quereinstei-
                              mit einem Plus von satten zehn Prozent. 16,5   gerin im Marketing fest. Bis 18 Uhr könne man bestellen,
                              Prozent des gesamten Buchhandelsumsatzes       am nächsten Morgen um 9 Uhr seien die Bücher abholbe-
                              werden im Internet erwirtschaftet. E-Books     reit. Auch E-Books werden angeboten. Alle Bestände sind
                              machten im Geschäftsjahr 2012 nur 2,4          online erfasst und lassen sich anzeigen, sodass der Kunde
Prozent aus. Allerdings hat sich der E-Book-Umsatzanteil am Publikums-       sehe, ob er sein Buch in der Buchhandlung gleich abholen
Buchmarkt (privater Bedarf ohne Schul- und Fachbücher) verdreifacht. Die     könne, sagt der 36-jährige Inhaber.
Zahl der Einzelhändler mit Büchern, Zeitschriften und Zeitungen beziffert    Der Konkurrent Osiander in Villingen-Schwenningen bietet –
das Statistische Bundesamt auf 6.693 (Stand: 2011).
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                                                                       ew    anders als die Morys Hofbuchhandlungen – Lesungen an. Osi-
                                                                             ander kaufte vor einiger Zeit die Buchhandlung Hügle in Villingen,

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SIEGT DAS ONLINEGESCHÄFT? - IHK Hochrhein-Bodensee
die aus Altersgründen aufgegeben wurde. Für Lesungen genüg-
ten die finanziellen Mittel und der Platz in den eher kleinen Morys
Buchhandlungen nicht, deshalb seien andere Aktivitäten umso
wichtiger, erklären Beurer und Czar. Für die Kunden mit persön-
licher Beratung vor Ort zu sein und sie zu überraschen – das sei
nach wie vor der Mehrwert der stationären Buchhandlung. „Was
wir in letzter Zeit oft erleben, ist, dass Kunden etwas bei Amazon
gesehen haben und es dann bei uns im Laden kaufen“, stellt die
Marketingfrau fest. Den neuesten Entwicklungen wird Rechnung
getragen, der E-Book-Reader „PocketBook“ verkauft. Anders als
Amazons „Kindle“ ist das Gerät offen, das heißt, E-Books lassen
sich in unterschiedlichen Formaten lesen. Der Kindle läuft nur mit
E-Books von Amazon. Es gibt eine Reihe von E-Book-Readern und
unterschiedliche E-Book-Formate. Als „Riesendurcheinander“
bezeichnet Czar diese Zeit des Umbruchs. „Unsere Aufgabe ist
es, den Kunden alles zu erklären.“
Beurer ist der Ansicht, Buchhandlungen haben ihren Stellenwert
in der Gesellschaft verändert. Sie hätten sich von Informations-
quellen hin zu Stöber-Orten entwickelt – das würde sich in der
Zukunft verstärken. Deutlich macht das auch die Tatsache, dass        Konstantin Klingberg lässt sich von der schlechten Stimmung in der
der Brockhaus nicht mehr in Printform erscheint. Online-Nach-         Branche nicht beirren. Der Buchhändler hat vor einem Jahr die Buchhand-
schlagewerke liegen im Trend. Dennoch, wirklich seriöse Informa-      lung Klingberg für Kinder- und Jugendliteratur in der Freiburger Wiehre
tion erhalte man nach wie vor überwiegend aus Büchern, findet er.     eröffnet. Inzwischen verkauft er auch Bücher für Erwachsene und hofft auf
                                                                      Stammkundschaft aus dem Quartier.

E
     ine ebenfalls über 100 Jahre alte Tradition hat die Buch-
     handlung Gustav Roth in Offenburg. Sie ist seit 116 Jah-
     ren in Familienbesitz, Barbara Roth führt sie in der vierten        Das Papierbuch werde aber fortbestehen, weil es viele Bereiche

                                                                                                                                                  Bilder: Weidling, daniilantiq2010 – Fotolia.com, Montage: Falkenstein
Generation. Ihr Slogan: „Roth ist die Liebe zum Buch.“ Mehre-            gäbe, die sich elektronisch nicht ersetzen ließen, etwa hochwertig
re Auszeichnungen konnte Offenburgs größte Buchhandlung                  gedruckte Bildbände. Von Studenten habe sie außerdem erfah-
bisher einheimsen – zuletzt den bundesweiten Titel „Buch-                ren, dass diese besser mit gedruckten Büchern lernten, weil sie
handlung des Jahres 2011/2012“ sowie den „BookMarkt                      darin markieren könnten und schneller einen Überblick über den
Award“ in Gold für die 111-jährige Jubiläumsaktion. Gewürdigt            Stoff gewännen.
wurde auf der Frankfurter Buchmesse das besondere Engage-
ment im Marketing. Die Inhaberin und eine Mitarbeiterin wid-             Mit Beratung und Präsenz punkten
men sich verstärkt diesem Thema, „das ganze Team ist mit                 Internetseiten mit Online-Shop gebe es im Buchhandel schon
dabei“. Die Farbe Rot zieht sich durch die ganze Buchhandlung            länger, sagt die 46-jährige Inhaberin. Seit 2000 habe die Buch-
und auf Werbematerialien ist der rote Schwung eines aufge-               handlung Roth eine Internetseite und seit 2011 auch eine Fa-
schlagenen Buchs gedruckt. Sogar einen Roth-Wein gibt es.                cebook-Seite. Was sich jedoch wesentlich verändere, sei das
Seit einem Jahr außerdem eine Kundenkarte, die ähnlich wie               Kaufverhalten der Kunden. „Jetzt ist es ja so, dass ganz viele
das Paybackkarten-System funktioniert – über 2.500 wurden                Menschen nicht nur die Bücher, sondern generell – auch ihr Bett,
zur Freude der Chefin bereits verteilt.                                  ihre Kleidung oder Lebensmittel – im Internet kaufen. Die Gesell-
Mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen ist die Offenbur-           schaft befindet sich im Umbruch.“ Noch kämen viele lesebe-
ger Buchhandlung ins Stadtgeschehen integriert. Die Buchhänd-            geisterten Menschen in den Laden. Sie wisse aber nicht, ob die
lerin betrachtet ihr Haus als einen Treffpunkt. Etliche Lesungen         Teenager von heute in zehn Jahren sagten „Ich geh einkaufen“
und Aktionen veranstaltet sie mit ihrem 20-köpfigen Team,                und meinten damit dann das Surfen im Internet. „Dieser Heraus-
dazu erscheint halbjährlich das Veranstaltungsprogramm. Die              forderung müssen wir uns stellen und vermitteln: Wir sind nicht
Kunden kommen gerne in die Buchhandlung und schätzen die                 die verstaubten antiquierten Buchhändler, sondern dein Partner
Beratung. Sogar eine „Leselust-Feier“ zur Goldenen Hochzeit              rund ums Lesen, egal mit welchem Medium“, sagt die Buch-
wurde von einem Kunden für dessen Eltern in dem Geschäft                 händlerin mit fester Stimme. Roth verkauft wie Söhnen E-Book-
in der Fußgängerzone ausgerichtet. Regelmäßig sind Schul-                Reader, dazu E-Books – die Nachfrage nehme zu. „Wir staunen,
klassen zu Besuch, die Buchhandlung setzt sich stark für die             wir haben im letzten Weihnachtsgeschäft fast 80 E- Book-Reader
Leseförderung ein.                                                       verkauft. Die Verkaufszahlen steigen vor Urlauben oder vor be-
Durch Plakataktionen mit der Aufschrift „Ohne uns würde et-              sonderen Anlässen wie Ostern.“ Aktuell rät sie ihren Kunden,
was fehlen“ regt Roth die Kunden zum Nachdenken an. Den                  die Buchmesse im Oktober mit den neuen Geräten abzuwarten.
Entwicklungen in der Branche steht sie offen gegenüber. „Es              Roth kann sich vorstellen, dass es in Zukunft weniger Buchhand-
wird künftig eine Mischung aus digitalen und analogen Büchern            lungen geben wird und dass die, die es gibt, etwas Zusätzliches
geben“, prognostiziert die Buchhändlerin. Was sie feststellt: „E-        bieten müssen, damit die Menschen sagen: „Da komme ich
Reader werden günstiger, nicht zuletzt, weil Amazon Dumping-             hin.“ Mit ihrem Umsatz ist sie momentan zufrieden. Wichtig sei
preise startete und die anderen mitziehen müssen“, stellt sie fest.      aktuell, was in Offenburg passiere. Negative Auswirkungen

Wirtschaft im Südwesten   10 / 2013                                                                                                          9
Freiburgs größte Buchhandlung
                                                                                        Rombach, die auch in Lahr vertre-
                                                                                        ten ist, engagiert sich kulturell –
                                                                                        Investitionen dieser Art sind von
                                                                                        einem Onlineversand wie Amazon
                                                                                        nicht zu erwarten, unterstreicht
                                                                                        die Marketingleiterin Elke Sieben-
                                                                                        rock. Sie und Giso Oertel von der
                                                                                        Geschäftsführung präsentieren auf
                                                                                        dem Bild Buchtitel von Autoren,
                                                                                        die zu Lesungen eingeladen sind
                                                                                        (Peter Stamm und Alex Capus).

     könnte ein Einkaufscenter in der Innenstadt haben – über        setzt er auf das gute alte Buch. Veränderungen nimmt er Schritt
einen Bau wird derzeit diskutiert. Vor einigen Jahren brachte        für Schritt – je nach Kundenbedürfnissen – vor. Zahlreiche Veran-
der zur Douglas-Gruppe gehörende expandierende Großkonzern           staltungen für Kinder und Erwachsene laufen und fänden großen
Thalia sie und andere Buchhändler unter Druck. Ihr wurde ange-       Anklang. Nächstes Jahr werde er sagen können, ob es die richtige
boten, das Geschäft zu verkaufen oder als Franchise von Thalia       Entscheidung war, die leer stehende 100 Quadratmeter große
weiterzuführen. Roth lehnte ab, um nicht ihre Unabhängigkeit zu      Ladenfläche spontan zu mieten, um dort eine Buchhandlung zu
verlieren und weiterhin selbst entscheiden zu können, welche         eröffnen. Er hatte sie zufällig entdeckt. Das Weihnachtsgeschäft
Bücher sie einkauft. Ihr wurde gedroht, man werde sehen, wer         sei entscheidend, weil im Buchhandel zu diesem Zeitpunkt der
besser ist. Thalia sei dann aber doch nicht gekommen. „Weil          Umsatz für die mauen Monate des kommenden Jahres generiert
sie kein geeignetes Ladenlokal gefunden haben.“ Stattdessen          werden müsse.
sind sie nach Kehl, wo sie im Frühjahr ihre Filiale aus Rentabili-   „Ich reagiere oft antizyklisch“, bemerkt der gebürtige Schwabe.
tätsgründen wieder schließen mussten. Bei Thalia werden nach         Klar müsse man das alles beobachten. Natürlich zeichne die Bran-
einem Bericht auf boersenblatt.net zurzeit Flächen optimiert und     che ein düsteres Bild von der Entwicklung des Buchmarkts, man
unrentable Filialen dicht gemacht. Thalia verfügt weltweit über      dürfe das auch nicht verharmlosen. Jedoch glaube er, dass gerade
mehr als 300 Läden, ist dort zu lesen.                               in den Nicht-1A-Lagen wie in der Hildastraße die Menschen im
                                                                     Viertel dankbar seien, eine Buchhandlung ums Eck zu haben.

V
        or einem Jahr eröffnete Konstantin Klingberg im Freibur-     Seine Hoffnung ist, die Buchliebhaber aus der Wiehre als Stamm-
        ger Stadtteil Wiehre die gleichnamige Buchhandlung           kunden zu gewinnen. Es ist seine zweite eigene Buchhandlung.
        Klingberg, die auf Kinder- und Jugendliteratur speziali-     Zuvor hatte er schon einmal eine sehr kleine Kinder- und Jugend-
siert ist. Inzwischen führt der 37-Jährige aber auch Literatur für   buchhandlung in Emmendingen, ging dann aber für einige Jahre
Erwachsene, weil in der Regel Kunden, die Bücher verschen-           nach Wien, wo er in einer Kunstbuchhandlung arbeitete. Neben
ken, selbst gerne lesen. Mit der Buchmesse soll das Sortiment        Kinder- und Jugendliteratur begeistert ihn Kunst/Design und Ar-
erweitert werden. Seine Kunden schätzen die individuelle Be-         chitektur – so kommt es, dass („als Experiment“) auch Bücher
ratung. Die sei ja bei Amazon eher oberflächlich, sagt Kling-        aus dieser Richtung im Laden vorzufinden sind. Stammkunden
berg. „Weil die einfach Kundenstatistiken durchlaufen lassen.“       aus dem nahe gelegenen Elsass und der Schweiz hat er bereits,
A-Verlage stünden im Vordergrund, doch der Buchmarkt habe            die regelmäßig Design-Bücher bei ihm kaufen.
mehr zu bieten als nur die Bestseller. Der Altbau mit dem knar-      Eine Institution in Freiburg ist die Buchhandlung Rombach,
renden Holzboden wirkt gemütlich, das schöne Holzschaukel-           die 1978 als eine der ersten Großflächenbuchhandlungen in
pferd neben dem Eingang zieht sicherlich Kinderblicke auf sich.      Deutschland eröffnete. Sie gehört zur Firmengruppe Rombach,
Die Buchhandlung besteht aus drei kleinen Räumen, im zwei-           zu der auch der Rombach Verlag und ein Druckzentrum zählen.
ten steht die Kunst im Vordergrund. Zur Zeit hängen Gemälde          Auf vier Etagen wird ein Buch-Vollsortiment mit einer großen
von Dischler, Schnarrenberger und Hauptmann an der Wand.             Kalender- und einer Klassik-CD-Abteilung angeboten. Rombach
Sie stehen zum Verkauf. „Ein Freiburger Sammler möchte sei-          positioniert sich als Omni-Channel-Buchhandlung, das heißt nicht
ne Sammlung auflösen“, erklärt Klingberg. Im Hinterzimmer            nur das klassische stationäre Sortiment, sondern auch andere
sind noch mehr Bilder archiviert.                                    Bereiche werden „bespielt“, erklärt die Marketingleiterin Elke
Als Ein-Mann-Unternehmen läuft der Betrieb allmählich an, im         Siebenrock. So vertreibt Rombach zusätzlich über den eigenen
Herbst/Winter plant der Buchhändler, Aushilfen einzustellen. Die     Online-Shop, beliefert Bibliotheken, große Firmen und Sozietäten
Homepage ist im Aufbau – das was bereits sichtbar ist, wirkt         und bietet Dienstleistungen wie Bibliotheksverwaltungsprogram-
künstlerisch und individuell. So soll auch der Online-Shop werden,   me an. Auch auf Messen und Kongressen ist die Buchhandlung
über den Klingberg ausgewählte Bücher präsentieren will. Jedes       vor Ort. In Lahr befindet sich seit 2000 eine zweite Rombach-
Buch lasse sich aber auch per E-Mail bis Ladenschluss über Nacht     Filiale, außerdem gehört seit 1996 die Walthari Buchhandlung in
bestellen. Eine Facebook-Seite gibt es bisher noch nicht. E-Books    der Universität zur Firmengruppe Rombach. Die Buchhandlung
möchte der Buchhändler vorerst keine anbieten. Für den Anfang        bringt sich ins Kulturleben der Stadt ein und ist stark vernetzt. Das

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TITEL

sei unabdingbar um zu überleben, sagt Siebenrock. Das Haus               Erweiterung im vergangenen Jahr habe sich das Volumen der
sei „ein Treffpunkt mitten in der Stadt – und das wird auch so           Onlinebestellungen verdoppelt, berichtet Oertel, neue Features
bleiben“, ist sich Giso Oertel aus der Geschäftsführung sicher. Die      wie die Abfrage der Verfügbarkeit eines Buchs in den Buchhand-
Buchhandlung beteilige sich bei einer Reihe von Veranstaltungen          lungen lassen sich seither nutzen. Im Vergleich zum Geschäft im
und stelle ein umfangreiches eigenes Programm mit Lesungen,              Laden handle es sich aber noch um einen kleinen Wert.
Kochabenden und vielem mehr auf die Beine. Die Schaufenster              Nach Ladenschluss hängt ein Schild im Schaufenster mit dem
werden entsprechend regional laufender Themen und Veranstal-             Hinweis, dass die Kunden rund um die Uhr im Online-Shop be-
tungen dekoriert. Auf Facebook werden die neuesten Veranstal-            stellen können. „Wir wünschen uns, dass die Menschen regio-
tungen angekündigt und darüberhinaus andere Themen wie etwa              nal einkaufen und den Klick in der Stadt lassen, um eine aktive
der Tod des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki thematisiert.        Innenstadt zu erhalten“, betont Siebenrock. „Kultur ist nur dort,
Ein Teil des Budgets laufe an die Kunden zurück: Theatertickets          wo die Menschen entscheiden, dass sie Geld ausgeben.“ Die
werden an der Kasse verkauft, Anzeigen in Orchesterprogram-              Zahl der verkauften E-Books und E-Reader steigt. Der Verkauf sei
men geschaltet und Fachschafts- sowie Schülerzeitungen be-               saisonal schwankend. Im Weihnachtsgeschäft vergangenes Jahr
zuschusst. „Ein Onlinehändler wie Amazon macht keine Kultur,             seien teilweise über 100 E-Reader pro Woche verkauft worden.
keine Leseförderung vor Ort“, unterstreicht die Marketingexper-          Die Buchhandlung Herder & Thalia, ebenfalls in der Innen-
tin. „Wir investieren viel an diesem sogenannten ‚Marktplatz‘.“          stadt, ist ein direkter Konkurrent. Den hätte es aber schon immer
Freiburg sei attraktiv, und dies nicht nur für die Freiburger, sondern   gegeben, sagen Oertel und Siebenrock. Anfangs firmierte die
für viele Menschen aus den umliegenden Gemeinden sowie Tou-              Buchhandlung nach der Übernahme von Thalia 1996 weiterhin
risten. Wie in Offenburg, ist auch in Freiburg das Umfeld für den        unter dem Namen des ehemaligen Besitzers, dem renommierten
Einzelhandel wichtig: Kommendes Jahr ist eine Großbaustelle in           Freiburger Verlag Herder. Wohl aus Imagegründen – der Name
der Fußgängerzone geplant. Die Einzelhändler, darunter Rombach,          Herder stand für das christliche Bildungsbürgertum, erklärt Sie-
versuchen mit der Händlervereinigung „Z‘Friburg in der Stadt“            benrock. Im Gegensatz zur Anfangszeit biete Thalia jedoch kaum
gemeinsam mit der VAG und der Badenova an einer Lösung zu                noch Veranstaltungen an. Das könnte an den wirtschaftlichen
arbeiten, um die Erreichbarkeit der Innenstadt zu sichern.               Problemen des Großkonzerns liegen. „Vom Sonnenschein zum
                                                                         Sorgenkind von Douglas: Bei Thalia hat es in den vergangenen
                                                                         zwei Jahren einen Ruck gegeben – die Umsätze purzeln, Tra-
Umsatzrückgänge durch Digitalisierung                                    ditionsstandorte werden aufgegeben“ ist auf boersenblatt.net
Die Buchhandelsbranche ist stark im Umbruch, und diese Ent-              nachzulesen. Zuletzt zog sich Thalia aus dem Mietvertrag einer
wicklung geht auch an Freiburg nicht spurlos vorbei. Die Umsätze         Ladenfläche im Sparkassen-Neubau, der gerade ein paar Häuser
sind in den letzten Jahren nicht gestiegen. Vor allem im Bereich         weiter erstellt wird, zurück (siehe WiS 4/2013).
der Fachliteratur gingen die Umsätze zurück, da die Universi-            Dass das Buch beziehungsweise die Buchhandlungen eines Ta-
tätsbibliotheken zunehmend Lizenzen für E-Books direkt bei den           ges ganz verschwinden könnten, glaubt keiner der befragten
Verlagen einkaufen.                                                      Buchhändler. Die Haptik eines Buchs könne kein E-Book ersetzen,
Wie die meisten anderen Buchhandlungen hat Rombach die                   sind sich alle einig. Der bibliophile Kunde werde dem Buchhandel
Homepage modernisiert. Über den Online-Shop lassen sich E-               treu bleiben. Unberechenbar bleibt, wie sich die folgenden Ge-
Books und alle Bücher und Medien bestellen sowie portofrei               nerationen entwickeln. Die ständige Online-Verfügbarkeit kostet
innerhalb Deutschlands nach Hause schicken. Nach der Shop-               eine Menge Zeit.                                 Elisabeth Weidling
innovation

                                                                                                                       Bild: Stauke - Fotolia.com
         ERFINDERBERATUNG

     Die IHK Schwarzwald-Baar-Heu-
     berg, Romäusring 4, VS-Villingen,
     bietet Erfinderberatungen jeweils
     am zweiten Dienstag im Monat von
     14 bis 17 Uhr an. Nächste Termine
     sind 8. Oktober und 12. November.
     Anmeldung: Geschäftsbereich Inno-
     vation, Umwelt und International der
     IHK, Telefon 07721 922-181 (Manue-
     la Bertz) oder Fax 07721 922-182.
                                             Neue Wege zu modernen Dienstleistungen
     Die IHK Hochrhein-Bodensee bie-
     tet die kosten lose Beratung in der
                                             Projektstart für
     Regel am ersten Donnerstag im Mo-
     nat von 14 bis 17 Uhr an. Ein Patent-
                                             breiten Wissenstransfer
     anwalt berät in Einzelgesprächen im
     Kammergebäude (Schützenstraße 8).       W      ie können Unternehmen ihre Produkte erfolgreich mit
                                                    Dienstleistungen kombinieren? Welche Möglichkeiten von
                                             Dienstleistungen zum Ausbau des Geschäftsmodells gibt es?
     Nächste Termine: 17. Oktober und
                                             Fragen wie diese wollen Wirtschafts- und Finanzminister Nils
     14. November. Anmeldung: Referat        Schmid sowie Peter Kulitz, Präsident des Baden-Württembergi-
     Technologie/Innovation, Claudia Veit,   schen Industrie- und Handelskammertags, und Joachim Möhr-
     Telefon 07531 2860-127, Fax 07531       le, Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags,
                                             am 14. Oktober im Stuttgarter Neuen Schloss mit Vertretern
     2860-168.
                                             aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen erörtern. Die
                                             Veranstaltung der Baden-Württemberg Stiftung steht unter dem
     Die    IHK     Südlicher      Ober-     Titel „Neue Wege zu modernen Dienstleistungen“. Zielgruppen
     rhein, Hauptgeschäftsstelle Lahr,       sind dienstleistungsorientierte mittelständische Unternehmer,
                                             Berater aus Kammern und Verbänden sowie Weiterbildungs-
     Lotzbeckstraße 31, 77933 Lahr, bietet   experten und andere Multiplikatoren.
     Erfinderberatungen immer am dritten     Präsentiert wird ein von der Baden-Württemberg Stiftung he-
     Donnerstag im Monat an. Nächste         rausgegebener Methoden-Leitfaden mit unternehmerischen
     Termine: 17. Oktober und 21. No-        Fallbeispielen und praxiserprobten Transferinstrumenten zur
                                             Entwicklung von Dienstleistungen im Mittelstand, der den Ver-
     vember. Anmeldung: Patrick Pohnke,
                                             anstaltungstitel „Neue Wege zu modernen Dienstleistungen“
     Telefon 07821 2703-631, Fax 07821       vorwegnimmt. Die Publikation komprimiert die wichtigsten
     2703-777.                               praktischen Erfahrungen in mittelständischen Unternehmen
                                             und erfolgreiche Transferformate mehrerer Forschungspro-
                                             jekte, die von der Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen
     Der nächste Beratungstermin beim        ihres Programms „Wissenstransfer Dienstleistungsforschung“
     WVIB (Wirschaftsverband Industriel-     finanziert wurden.
     ler Unternehmen Baden e.V.), Merz-      Ziel der Stiftung und des Finanz- und Wirtschaftsministeriums
     hauser Straße 118, Freiburg, findet     ist es, die Stärken der Wirtschaft zu unterstützen und im Dienst-
                                             leistungsbereich die gleiche Exzellenz zu erreichen, die das Land
     am 5. November statt. In Zusammen-
                                             im industriellen Produktionsbereich bereits auszeichnet. Zu den
     arbeit mit Patentanwälten des Lan-      Referenten zählen neben Schmid der Zukunftsforscher Mat-
     des werden ratsuchenden Erfindern       thias Horx und der Leiter des Stuttgarter Fraunhofer Instituts
     Möglichkeiten, Wege und Kosten für      für Arbeitswirtschaft und Organisation sowie des Instituts für
                                             Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement, Professor
     Recherchen sowie Gebrauchsmuster-
                                             Dieter Spath.                                                 wis
     und Patent schutz gezeigt. Anmel-
     dung: Telefon 0761 4567-0.              ANmelDUNg
                                             Bis 11. Oktober per E-Mail: mangold-ruck@bwstiftung.de oder
                                             Fax 0711 248476-53

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interview
                                                    mit Helmut Nitschke zur Stromversorgung in Deutschland

                                                         „Keine Regierung hat bisher das
                                                         EEG sinnvoll angepasst“
                                                         Herr Nitschke, Sie haben bereits im Jahr 2003 mit ihrem Amtsamtritt
                                                         begonnen, das E-Werk Mittelbaden auf regenerative Energien auszu-
                                                         richten. Was hat Sie dazu bewegt?
                                                         Ich gehöre zu der Generation, die sich vom Bericht des Club of Rome Anfang
                                                         der siebziger Jahre über die Grenzen des Wachstums und die Endlichkeit vie-
                                                         ler Bodenschätze – und dazu gehören eben vor allem die fossilen Brennstof-
                                                         fe – stark und nachhaltig hat beeindrucken lassen. An der Erkenntnis ändern
Helmut Nitschke (63) war zehn Jahre lang Al-             auch ständig neue Funde an Erdgas und Erdöl nichts, nur der Zeitpunkt,
leinvorstand des e-Werks mittelbaden mit Sitz in         wann diese zu Ende sein werden, verzögert sich. Mir war deshalb klar, dass
lahr. Das Unternehmen versorgt den größten Teil          man sich langfristig auf regenerative Energien wird konzentrieren müssen.
des Ortenaukreises mit Strom, erzielt einen Um-
satz von circa 260 millionen euro und beschäf-           Als Unternehmer und Schwabe machen Sie da aber Einschränkungen?
tigt knapp 300 mitarbeiter. Bevor Nitschke zum           Einschränkung ist nicht das richtige Wort, Voraussetzung ist das bessere:
e-Werk kam, war er in verschiedenen Unterneh-            Ökologisch Sinnvolles muss mit ökonomisch Notwendigem ausgewogen
men der Branche in esslingen, Stuttgart und lud-         werden. Man darf nie drauzahlen müssen. Von dieser Grundidee konnte ich
wigsburg tätig. Der elektroingenieur hat das lah-        meinen Aufsichtsrat früh überzeugen.
rer Unternehmen zusammen mit den eigentümern
(die Städte lahr und Offenburg sowie die enBW)           Und nach diesem Grundsatz haben Sie in den vergangenen zehn Jah-
sehr früh auf regenerative energien ausgerichtet.        ren gehandelt?
Zum 1. Juli 2013 trat er in den Ruhestand.               Ja. Wobei man bei der regenerativen Energieerzeugung immer mit deren Vo-
                                                         latilität rechnen muss. Die Renditeerwartungen sind deshalb geringer als bei
                                                         der fossilen Stromerzeugung, zum Beispiel auch bei den Wasserkraftwerken
                                                         in der Kinzig. Insbesondere bei der Planung von Windkraftanlagen, mit deren
                                                         Bau wir jetzt auf der Prechtaler Schanze beginnen wollen, ist speziell in un-
                                                         serer windschwachen Region größte Sorgfalt notwendig. Wir haben deshalb
                                                         nicht unerhebliche Mittel in eigene modernste Windmessanlagen gelenkt
                                                         und entsprechende Fachingenieure eingestellt, um zu gewährleisten, dass
                                                         wir die richtigen Standorte finden.

                                                         Wie weit sind Sie mit der regenerativen Energieerzeugung im Versor-
                                                         gungsgebiet des E-Werks gekommen?
                                                         Immerhin so weit, dass – unter Einschluss der privaten regenerativen
                                                         Energieeinspeiser – genügend Strom alternativ erzeugt wird, um damit rein
                                                         rechnerisch alle privaten Haushalte, die unsere Kunden sind, versorgen zu
                                                         können.

                                                         Strom wird in Deutschland immer teurer. Läuft da etwas aus dem Ruder?
                                                         Das Grundproblem ist, dass jeder jederzeit überall soviel alternativen Strom
                                                         produzieren kann und ins Netz einspeisen darf wie er will, egal ob der Strom
                                                         benötigt wird. Keine Regierung hat bislang eine sinnvolle Anpassung des
                                                         Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durchgeführt.

                                                         Wie könnte die aussehen?
                                                         Die „Anschubsubvention“ für regenerative Energie war und ist richtig.
                                                         Mittlerweile erfolgt jedoch eine „Rendite-Subventionierung“. Man sollte dort
                                                         subventionieren, wo der Strom auch benötigt wird und nicht über unsinnig
                                                         lange Distanzen ins Netz eingespeist werden muss. Ferner sollte – vor allem
                                                         solange nicht genügend Energiespeicher zur Verfügung stehen – nur dann
                                                         bezahlt werden, wenn der Strom auch benötigt wird. Und die Rendite muss
                                                         flexibel sein, das heißt, an marktübliche Zinsen angepasst werden. Die Ren-
                                                         dite zum Beispiel von PV-Anlagen hat sich bei uns abgekoppelt vom Markt
                                                         und ist ein wesentlicher Kostentreiber für die EEG-Umlage und diese ist in
                                                         den letzten Jahre explodiert; 50 Prozent des endgültigen Strompreises sind
                                                         inzwischen Steuern, Abgaben und EEG-Umlage.

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Für Sie hat der Strompreis auch eine soziale Komponente?            Also keine Bürgerbeteiligung?
Ja natürlich. Es gibt derzeit Gewinner und Verlierer. Gewinner      Doch, doch, aber in einem anderen Sinn. Wir haben jetzt den
sind diejenigen, die es sich leisten können, Strom zu produzie-     mündigen Bürger, wenn Sie so wollen oft auch den „vollmün-
ren und die Subvention des EEG zu nutzen. Verlierer sind die        digen“, der sich überall meldet und einschaltet. Es ist richtig,
vielen Mieter – häufig mit kleinen Einkommen – in Deutsch-          Bürger zu beteiligen, deren Willen zu respektieren. Das bedeutet
land, die die hohen Preise dann letztendlich bezahlen und           allerdings auch, dass man nach Wegen suchen muss, wie man
keinen Ausgleich dafür haben. Das gilt auch für die meisten         Akzeptanz gewinnen kann. Das ist jedoch bei direkt Betroffenen
Wirtschaftsbetriebe. Darin steckt ein hohes Konfliktpotenzial.      sehr schwierig, wie Sie das beispielsweise an den geplanten
                                                                    Speicherkraftwerken wie Atdorf sehen. Der Bürger wehrt sich
Wir haben derzeit auch das Problem, wer den Strom zur               gegen zehn Jahre Baustelle und dann zehn Jahre Renaturierung,
Verfügung stellt, wenn die Sonne nicht scheint und der              das ist ihm zu lang, auch wenn das Projekt danach sehr schön
Wind nicht bläst. Außerdem scheinen neue Leitungen                  aussehen kann, wie wir das am Schluchsee beobachten können.
von den Windkraftanlagen im Norden zu den Industrie-
zentren im Süden Deutschlands kaum durchsetzbar. Wie                Und die Lösung?
denken Sie darüber?                                                 Die liegt für mich langfristig darin, sich auf die Energieeinspa-
Ich glaube, dass wir mittel- bis langfristig mit Gaskraftwerken     rung zu konzentrieren und zwar in allen Bereichen. „Ausstieg
die Reserve vorhalten müssen. Die USA werden vermutlich             aus der Energieverschwendung“ ist für mich genauso wichtig
in wenigen Jahren aufgrund des Frackings von Ölschiefer             wie der „Ausstieg aus der Kernenergieerzeugung“. Da gibt es
energieautark sein. Das wird den Gaspreis dämpfen und               ein riesiges Potenzial, wozu aber eine ganze Generation über
Gaskraftwerke werden wieder profitabel. Die Speicherung             viele Jahre hin erzogen werden muss. Ich kann mir deshalb
und Regelung der regenerativen Energieerzeugung ist ferner          vorstellen, Energieeinsparung sogar zum Schulfach zu erklären.
eine ungeheuere Herausforderung. Wie die Leitungsproble-            Und das Bewusstsein in den Betrieben und Verwaltungen muss
matik zu lösen sein wird, bleibt offen. Ich halte den derzeitigen   noch sehr geschärft werden. Auch die Energieversorger werden
Vorschlag von Minister Altmaier, die betroffenen Bewohner           lernen müssen, mit diesem Thema proaktiv umzugehen und
der entsprechenden Gegenden mit Anteilsscheinen finanziell          sich künftig zunehmend mehr auf Energiedienstleistungen zu
an den Leitungen zu beteiligen, für wenig erfolgversprechend.       konzentrieren.                                                upl
                                                                                                                                   ANZEIGE
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