FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main

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FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
141. Jahrgang       03.18

                                                                    www.frankfurt-main.ihk.de   A 4836

FACHKRÄFTE-
SICHERUNG                              8 – 27
RECRUITING – ARBEITSWELT IM WANDEL –
DIGITALISIERUNG – ERFOLGSFAKTOR FAMILIE

  STANDORTPOLITIK         AUSBILDUNG             INTERNATIONAL            STEUERN
  We do digital Award:    Duale Ausbildung:      USA-Geschäftsrei-        Pensionszusagen:
  Digitalisierung mit     Kein Deutsch, keine    sen: Sensible Daten      Brand in den Ge-
  Gesicht            35   Perspektive       44   schützen          50     schäftsbilanzen 52
FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
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FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
Vorwort

                                                           Die Arbeit geht uns nicht aus

                                                           Liebe Leserinnen, liebe Leser!

                                                           K
                                                                  aum ein Tag vergeht, an dem nicht eine neue Studie zur verän-
                                                                  derten Arbeitswelt und den Jobs von morgen erscheint. Allzu
                                                                  oft werden beängstigende Szenarien beschrieben, beispiels-
                                                           weise wie viele Jobs künftig wegfallen und von Robotertechnologie
                                                           übernommen werden könnten. Man mag zu diesen Zukunftsvisionen
                                                           stehen, wie man will – zumindest aktuell zeigt sich ein anderes Bild
                                                           auf dem Arbeitsmarkt in FrankfurtRheinMain, nämlich: rückläufige
                                                           Arbeitslosenzahlen, Fachkräfteengpässe und Beschäftigungsrekorde.
                                                           Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt. Sie bietet jedoch auch,
                                                           insbesondere in Metropolregionen, viele Chancen.
                                   „Die Digitalisierung        Vor diesem Hintergrund wird die Personalpolitik, zu Neudeutsch
                             verändert die Arbeitswelt.“   Workforce Management, zu dem wohl wichtigsten Handlungsfeld
                                                           für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg. An erster Stelle steht
                                                           dabei die Bindung der Fachkräfte an die Unternehmen. Damit wird
                                                           die Aus- und Weiterbildung zu einem ausschlaggebenden Faktor für
                                                           Wettbewerbsfähigkeit und für die Innovationskraft. Darüber hinaus
                                                           bietet sich den Unternehmen ein ganzer Katalog an Maßnahmen ge-
                                                           gen den Fachkräftemangel an – Positionierung der Arbeitgebermarke,
                                                           Qualifizierungen, ein innovatives Arbeitsklima, Vereinbarkeit von Beruf
                                                           und Familie bis hin zur Anwerbung von ausländischen Fachkräften.
                                                               Bei all diesen Themen gilt es, auch die Chancen von Arbeit 4.0 zu
                                                           nutzen und die Herausforderungen im Blick zu behalten. Gerade weil die
                                                           digitalisierte Arbeitswelt die Zukunft unserer Arbeit beeinflussen wird,
                                                           bleiben gut ausgebildete Fachkräfte weiter die zentrale Voraussetzung
                                                           für Wachstum und Wohlstand in FrankfurtRheinMain.

                                                           Bleiben Sie agil.

                                                           Karen Hoyndorf
                                                           Stellvertretende Präsidentin,
                                                           IHK Frankfurt

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                      3
FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
08–27

INHALT 03.18        VORWORT 3
               03 Die Arbeit geht uns nicht aus Karen Hoyndorf,
                  stellvertretende Präsidentin, IHK Frankfurt

               06 KURZMELDUNGEN 3

                    SPECIAL FACHKRÄFTESICHERUNG 3
               08   Metropolregion Wettbewerb um kluge Köpfe
               10   Recruiting Betriebe in der Bewerberrolle
               12   Digitalisierung Arbeitswelt im Wandel
               14   Neuer Ausbildungsberuf Die digitalen Kaufleute kommen
               16   Erfolgsfaktor Familie „Alte Denkmuster aufbrechen“
               17   Beruf und Familie Die neue Vereinbarkeit
               18   Neue Arbeitswelt Alte Werte, neue Werte
               20   Fachkräftemangel Neue Wege im Recruiting
               22   Kinderbetreuung im Betrieb Eine Zukunftsinvestition
               24   Neues Onlineportal Fachkräfte für FrankfurtRheinMain
               26   Nachhaltigkeit Mitarbeiter mitnehmen

4                                                           IHK WirtschaftsForum 03.18
FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
30                                                                 50

                                                 39                                                                 46

      IHK-EHRENAMT 3                                                 AUS- UND WEITERBILDUNG 3
28 Ausschuss Kleine und Mittlere Unternehmen Den Mittelstand   42 Berufswahl „Ich Tarzan – du Jane“
   stärken                                                     44 Duale Ausbildung Kein Deutsch, keine Perspektive
                                                               46 Frankfurter Ausbildungsprojekt „Ein tolles Resultat“
      UNTERNEHMENSREPORT 3
30 Serie Existenzgründung Eine App bittet zu Tisch                   INTERNATIONAL 3
                                                               48 Südkorea Bislang unterrepräsentiert
      STANDORTPOLITIK 3                                        50 USA-Geschäftsreisen Sensible Daten schützen
32 Frankfurter Immobilienbörse Wohnungsmarktbericht
   2017 / 2018                                                       RECHT UND STEUERN 3
34 Schienenverkehr Stressfreier pendeln                        52 Pensionszusagen Brand in den Bilanzen
36 Kombinierter Verkehr Neue Erfa-Gruppe in Frankfurt          54 Öffentliche Ausschreibungen Einfacher zum Auftrag
38 IHK-Konjunkturumfrage Konjunktur im Höhenflug
                                                               67 VORSCHAU | IMPRESSUM | IHK-EHRENAMT |
      UNTERNEHMENSFÖRDERUNG UND STARTHILFE 3                         UNTERNEHMENSREPORT 3
39 Digitalisierung Alles auf Neuanfang

                                                               Beilagenhinweis: Einem Teil unserer Ausgabe liegen Beilagen der BIEG Hessen GbR,
                                                               Frankfurt, und der IHK Frankfurt bei. Wir bitten um freundliche Beachtung!

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                                        5
FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
KURZMELDUNGEN
                                                                                                  ARBEITSMAKRT

                                                                                                  „Ankommen in Deutschland“

                                                              FOTO: DEUTSCHE BÖRSE AG / KONTEXT
                                                                                   ARCHITEKTUR
                                                                                                  Der DIHK zieht eine Zwischenbi-        Vorrangprüfung in vielen Agen-
                                                                                                  lanz des von der IHK-Organisation      turbezirken und die 3+2-Regelung
                                                                                                  gestarteten Aktionsprogramms           zur Ausbildungsduldung schaffen
                                                                                                  „Ankommen in Deutschland –             mehr Rechtssicherheit.“ Daneben
                                                                                                  Gemeinsam unterstützen wir In-         komme dem Spracherwerb enorme
                                                                                                  tegration“: Danach setzen sich         Bedeutung zu: „Daher sehen wir
                                                                                                  die 79 IHKs bundesweit dafür           den erleichterten Zugang und eine
                                                                                                  ein, Flüchtlinge in Ausbildung         mögliche Teilnahmeverpflichtung
IHK INTERN                                                                                        und Beschäftigung zu bringen.          zu Integrationskursen für Asylsu-
Umbau im Frankfurter                                                                              „Das Engagement der Unterneh-
                                                                                                  men bei der Beschäftigung und
                                                                                                                                         chende mit guter Bleibeperspektive
                                                                                                                                         positiv“, so Schweitzer. „Allerdings
Börsengebäude                                                                                     Ausbildung von Flüchtlingen ist        halten fast drei Viertel der IHKs
                                                                                                  weiterhin hoch“, so DIHK-Präsident     das Angebot an berufsbezogenen
Im IHK-Gebäude am Börsenplatz       stands, Deutsche Börse. „Mit                                  Eric Schweitzer. Das 2016 einge-       Sprachkursen noch nicht für aus-
sind die Bauarbeiter angerückt.     dem Umbau lenken wir die                                      führte Integrationsgesetz wirke        reichend.“ In etlichen Regionen
Grund: Die Deutsche Börse baut      Aufmerksamkeit noch stärker                                   sich aus Sicht der IHKs positiv aus.   stelle die Mindestteilnehmerzahl
das historische Gebäude in der      auf den Standort Frankfurt.“                                  „Insbesondere die Aussetzung der       von 15 eine Hürde dar.             \
Frankfurter Innenstadt, das der     IHK-Präsident Prof. Mathias
IHK Frankfurt gehört, zu einer      Müller begrüßte die Pläne der
attraktiven Anlaufstelle für den    Deutschen Börse zur Öffnung                                   INTERNATIONAL
Finanzplatz Frankfurt und die       ihrer Räumlichkeiten und das
breite Öffentlichkeit aus. Der      langfristige Bekenntnis zum
                                                                                                  Brexit: Bundesfinanzministerium
Mietvertrag mit der IHK Frank-      angestammten Standort. Zum                                    und DIHK beraten über Zollfragen
furt wurde bis zum Jahr 2048        Umbau, der in zwei Jahren ab-
abgeschlossen. „Das historische     geschlossen sein soll, gehören                                Das Bundesfinanzministerium             anmelden müssen. Das Minis-
Gebäude in der Frankfurter In-      unter anderem die Neugestal-                                  will gemeinsam mit den IHKs den        terium reagiert damit auf eine
nenstadt ist das Herzstück der      tung des Besucherzentrums und                                 Kontakt zu Unternehmen suchen,         Warnung des DIHK. Dieser rechnet
Deutschen Börse“, so Dr. Theodor    ein Konferenzzentrum für bis zu                               um sie auf die negativen Folgen        mit jährlich etwa 15 Millionen
Weimer, Vorsitzender des Vor-       200 Personen.                 \                               durch den Brexit vorzubereiten.        zusätzlichen Zollanmeldungen bei
                                                                                                  Nach dem Austritt der Briten wer-      Ex- und Importen. Das entspricht
                                                                                                  den die deutschen Unternehmen          Mehrkosten für deutsche Unter-
                                                                                                  jede einzelne Lieferung von und        nehmen von schätzungsweise
AUSBILDUNG
                                                                                                  nach Großbritannien beim Zoll          200 Millionen Euro pro Jahr. \
Mit Auslandsaufenthalten gewinnen
                                                                                                                                                                            FOTO: GETTYIMAGES / LUIS DIAZ DEVESA

Beim „Deutsch-Französischen          möglichst viele kleine und mitt-
Tag der Mobilität von Auszu-         lere Unternehmen ihren Aus-
bildenden in Europa“ stand am        zubildenden einen Auslands-
22. Januar in Berlin das Thema       aufenthalt ermöglichten. Aus
Auslandsaufenthalte im Fokus.        Sicht von DIHK-Präsident Eric
„Sie sind ein wichtiges Instru-      Schweitzer sind sie eine Win-
ment, um die duale Berufsbildung     win-Situation: Unternehmen
attraktiver und internationaler      könnten ihre Ausbildungsplät-
zu gestalten“, sagte Bundes-         ze besser vermarkten, erhielten
wirtschaftsministerin Brigitte       hochmotivierte Auszubildende
Zypries. Ziel müsse es sein, dass    und neue Auslandskontakte. \

6                                                                                                                                                    IHK WirtschaftsForum 03.18
FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
AUSBILDUNG

                                                                FOTO: GETTYIMAGES / DANE_MARK
                                                                                                Ausbildungsabbrüche verhindern
                                                                                                Eine gute Nachricht für alle Jugend-      wurde gemeinsam mit dem DIHK,
                                                                                                lichen mit Startschwierigkeiten in        dem ZDH und dem Bundesverband
                                                                                                der Ausbildung: Dank der Unterstüt-       der Freien Berufe entwickelt und
                                                                                                zung des DIHK wird das Programm           wird in enger Zusammenarbeit mit
                                                                                                „Verhinderung von Ausbildungsab-          den Kammern vor Ort umgesetzt.
                                                                                                brüchen“ verlängert. Das Bundesmi-        Senior-Experten greifen Azubis in-
                                                                                                nisterium für Bildung und Forschung       dividuell unter die Arme, unterstüt-
                                                                                                (BMBF) hat nun die Förderung für          zen bei der Prüfungsvorbereitung,
                                                                                                weitere vier Jahre bis Ende 2022          kümmern sich um den Ausgleich
                                                                                                zugesagt. Die ehrenamtliche Initi-        von sprachlichen Defiziten oder
                                                                                                ative des Senior-Experten-Service         fördern soziale Kompetenzen. Bis
                                                                                                verhilft seit zehn Jahren Auszu-          Ende 2017 unterstützten persönli-
                                                                                                bildenden zu einem erfolgreichen          che Ausbildungsbegleiter mehr als
  IHK INTERN                                                                                    Ausbildungsabschluss. Das Projekt         10 000 junge Menschen.             \

  Umfrage: Umgang mit Konflikten
  im Unternehmen
                                                                                                 FOTO: PICTURE-ALLIANCE / FABIAN SOMMER

  In einer Umfrage will die IHK     der Streitkultur in Unternehmen
  Frankfurt zusammen mit dem        liefern, und zugleich können
  Institut für Vertragsgestal-      daraus Strategien abgeleitet
  tung und Konfliktlösung der        werden, die Unternehmen bei
  Frankfurt University of Applied   außergerichtlichen Streitbeile-
  Sciences aktuelle Erkenntnisse    gungen besser unterstützen. Die
  gewinnen, wie Unternehmen         Teilnahme an der Onlineumfra-
  ihre Konflikte lösen. Die Ergeb-   ge nimmt etwa zehn Minuten
  nisse sollen fundierte Anhalts-   Zeit in Anspruch (www.ihkfra.
  punkte zur Weiterentwicklung      de/streit).                   \

                                                                                                STANDORTPOLITIK

UMWELT
                                                                                                5. Kreativwirtschaftsreport
Wirtschaftsfreundliche                                                                          vorgelegt
Energiepolitik                                                                                  Die Wirtschaftsförderung Frank-           trugen damit nahezu 45 Prozent
                                                                                                furt hat dem Magistrat der                zum Umsatz der hessischen Kre-
Das Europäische Parlament hat       zu Einsparungen führen. Der                                 Stadt Frankfurt den 5. Kreativ-           ativwirtschaft bei. Der Werbe-
eine Forderung des DIHK auf-        Industrieausschuss des Parla-                               wirtschaftsreport 2015 / 2016             markt und die Software- und
gegriffen, wonach die Möglich-      ments hatte sich im Novem-                                  vorgelegt. Danach wies die                Games-Industrie sind die beiden
keiten zur Erreichung des Ener-     ber dagegen ausgesprochen.                                  Mainmetropole in 2015 rund                größten kreativwirtschaftlichen
gieeinsparziels nach 2020 nicht     In den bald beginnenden Ver-                                36 800 Erwerbstätige in der Kre-          Teilmärkte. In Frankfurt sind über
eingeschränkt werden sollen.        handlungen zwischen Rat und                                 ativwirtschaft aus. Damit kommen          8 200 Personen im Werbemarkt
Der DIHK hatte sich zuvor mit       Parlament plädiert der DIHK                                 auf 1000 Einwohner 50 Erwerbs-            tätig und über 9 000 in der Soft-
anderen deutschen Wirtschafts-      weiterhin dafür, dass die eu-                               tätige aus der Kultur- und Krea-          ware- und Games-Industrie. Der
verbänden dafür eingesetzt, dass    roparechtlichen Vorgaben den                                tivwirtschaft. Das sind mehr als          Umsatz lag in 2015 im Werbe-
weiterhin vor 2014 ergriffene       Staaten bei der Erreichung ihrer                            doppelt so viele kreative Köpfe wie       markt bei 1,8 Milliarden Euro
Energieeffizienzmaßnahmen auf       Ziele Flexibilität gewähren und                             im Landesdurchschnitt. Die Un-            und in der Software- und Games-
das von der EU vorgeschriebene      eine wirtschaftsfreundliche                                 ternehmen der Kreativwirtschaft           Industrie bei 1,6 Milliarden
Ziel angerechnet werden dürfen,     Energieeffizienzpolitik möglich                             erwirtschafteten 2015 einen Um-           Euro. Weitere Infos online unter
solange sie tatsächlich noch        bleibt.                        \                            satz von 5,5 Milliarden Euro und          www.creativehubfrankfurt.de. \

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                                                                  7
FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
FOTO: GETTYIMAGES / CHRIS RYAN
Wer sich rechtzeitig mit der Fachkräftesicherung im eigenen Un-
ternehmen auseinandersetzt, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil.

  ME TROPOLREGION

  WETTBEWERB UM KLUGE KÖPFE
  Die Sicherung des Fachkräftepotenzials ist eine der zentralen Zukunftsaufgaben, der sich Unternehmen
  in FrankfurtRheinMain stellen müssen. Gute Mitarbeiter sind mittlerweile stark umworben.

  I
      n der Wirtschaft in FrankfurtRheinMain läuft es rund wie lange nicht.   denn kleinere Unternehmen müssen oftmals mehr Aufwand betreiben,
      Besonders günstig entwickelt sich der regionale Arbeitsmarkt, der       um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Dies gilt
      von einer Rekordmarke zur nächsten jagt. Allein in den vergangenen      auch für die duale Berufsausbildung, die oftmals die erste Wahl ist,
  drei Jahren sind fast 146 000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs        um Fachkräfte für den eigenen Betrieb zu sichern.
  entstanden, erstmals wurde die Marke von 2,2 Millionen sozialversiche-           Immer mehr wird also deutlich: Um gute Mitarbeiter werden Unter-
  rungspflichtig Beschäftigten in der Metropolregion geknackt. Parallel        nehmen in Zukunft immer stärker wetteifern müssen. Jedes Talent wird
  dazu geht die Zahl der Arbeitslosen weiter zurück.                          gebraucht, Beschäftigte werden mehr denn je zu einer wertvollen Ressource.
       Aber wie so vieles im Leben hat auch diese Entwicklung eine            Viele Unternehmen sind inzwischen aufgewacht und haben dies erkannt.
  Kehrseite: Den Unternehmen fällt es nämlich zunehmend schwerer,             Ausbildung, Employer Branding und moderne Personalpolitik werden immer
  passende Fachkräfte für ihren Betrieb zu finden. Im schlimmsten Fall         öfter zur Chefsache. Der Bereich Human Resources ist in der empfundenen
  bleiben Stellen unbesetzt, Arbeitsplätze regelrecht verwaist. Die Folge:    Wertigkeit der Geschäftsbereiche deutlich nach oben gerutscht.
  Aufträge müssen abgelehnt werden, Umsätze und Wachstumschancen                   Auch wenn die Herausforderung erkannt ist: Häufig fällt es den-
  bleiben unrealisiert. Den Unternehmen und damit letztlich der gesamten      noch schwer, in den passenden Aktionsmodus zu kommen. Oftmals
  Volkswirtschaft entgeht eine enorme Wertschöpfung.                          sind im Unternehmen zu viele Themen zu drängend, als dass sie alle
       Mehr als jeder zweite Betrieb in FrankfurtRheinMain sieht mittler-     gleichzeitig bearbeitet oder delegiert werden könnten. Hinzu kommt ein
  weile im Fachkräftemangel ein Risiko für die weitere Entwicklung – ein      notgedrungen kurzer Zeithorizont: Unter der Last des Tagesgeschäfts
  trauriger neuer Rekord. Fachkräfteengpässe sind damit zum Geschäftsri-      fällt es gerade Mittelständlern oft schwer, längerfristige Vorstellungen
  siko Nummer eins geworden. Insbesondere der Mittelstand ist betroffen,      zu entwickeln, wohin die Personalpolitik im Unternehmen steuern soll.

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FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
Fachkräftesicherung

    Und doch ist eines klar: Wer sich rechtzeitig mit der Fachkräf-
                                                                              PENDLERSTATISTIK
tesicherung im eigenen Betrieb auseinandersetzt, hat einen klaren
Wettbewerbsvorteil und gehört langfristig zu den Gewinnern. Dabei             Frankfurt gilt als Pendlerhauptstadt Deutschlands: Mehr als 362 000 so-
sind die Themen so vielseitig wie die Mitarbeiter, für die sie angeboten      zialversicherungspflichtig Beschäftigte pendeln in die Stadt ein, rund
                                                                              95 000 pendeln aus. Der Pendlersaldo in Höhe von knapp 267 400 sorgt
werden: Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie            dafür, dass die Mainmetropole tagsüber zur Millionenstadt wird. Auch
oder zur Gesunderhaltung der Mitarbeiter, die Integration von Men-            der Hochtaunuskreis (6 700 Personen) sowie der Main-Taunus-Kreis
schen mit Behinderung, die Integration ausländischer Fachkräfte, die          (4 400 Personen) verzeichnen einen positiven Pendlersaldo.
Qualifizierung von bisher Ungelernten sowie eine verstärkte Aus- und
Weiterbildung. Die Liste an möglichen Zielgruppen ist lang und diejenige
für einzelne Maßnahmen noch länger. Hinzu kommt, dass gerade kleine        können aber erst dann zu einem entscheidenden Faktor werden, wenn
und mittlere Unternehmen gefordert sind, ihre begrenzten Ressourcen        auch die Basis stimmt. Es muss ausreichend attraktiven Wohnraum zu
möglichst treffsicher und passgenau einzusetzen.                           angemessenen Preisen geben.
    Daher gilt: Weniger, aber gut gesetzte Schwerpunkte, die zum jewei-        Fachkräfte sind auf entsprechenden Wohnraum angewiesen.
ligen Unternehmen passen, sind besser als breit gestreute Ansätze ohne     In FrankfurtRheinMain wird dieser allerdings zunehmend zu einem
Tiefenwirkung. Wenn ein Unternehmen einen roten Faden im Bereich           Engpass-Faktor, der das unternehmerische Wachstum behindert.
der Personalarbeit hat und diesen konsequent verfolgt, ist es oftmals      Dabei geht es nicht nur um Wohnraum für niedrige oder für hohe
schon in einer sehr guten Position gegenüber seinen Konkurrenten.          Einkommensgruppen, sondern um bezahlbaren Wohnraum für alle
    Der Gedanke der Zukunftsorientierung gilt für Wirtschaftsun-           Einkommensschichten. Letzten Endes muss das Gesamtpaket stimmen
ternehmen gleichermaßen wie für Kommunen, in denen Menschen                und die wirtschaftliche Qualität des Standorts mit der Lebensqualität
sich niederlassen und leben wollen. Auch Städte und Gemeinden sind         in Einklang gebracht werden. Wohnen, Leben, Arbeiten: Diese drei
gefordert, für die Zeit der Knappheit vorzusorgen. Immerhin sichern        Bereiche müssen ineinandergreifen, damit Fachkräfte sich in einer
die Menschen, die in die Region ziehen oder dort bleiben, nicht nur        Region wohlfühlen.
die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsdynamik. Als Bürger leisten            FrankfurtRheinMain hat hier definitiv einiges zu bieten und muss
sie außerdem einen maßgeblichen Beitrag zum Steueraufkommen der            sich im internationalen Wettbewerb nicht verstecken. Hier gehen
jeweiligen Kommune. Gründe genug also, dass auch Kommunen das              Wirtschaftskraft und ein hoher Freizeitfaktor Hand in Hand. Die Region
Thema Fachkräftesicherung als strategische Zukunftsaufgabe begrei-         verfügt über vielfältige Ressourcen und hat alle Chancen, die Zukunft
fen – ähnlich wie es von den Unternehmen erwartet wird.                    positiv zu gestalten. Wenn Auszubildende und Fachkräfte in der Region
    Mit Blick auf die Generationen Y und Z wird deutlich, dass ein         gehalten oder in die Region geholt werden sollen, müssen alle maß-
attraktives Gehalt alleine nicht mehr ausreicht, um die besten Mit-        geblichen Institutionen und Akteure – egal ob Unternehmen, Behörden,
arbeiter zu gewinnen, zu halten und zu motivieren. Weitere Kriterien       Universitäten oder Schulen – an einem Strang ziehen. Denn auch beim
gewinnen bei der Wahl des Arbeitgebers an Bedeutung – beispielsweise       Thema Fachkräfte gilt: Gemeinsam sind wir stärker als allein.        \
die Lebensraumqualität der Region. Qualifizierte Mitarbeiter werden nur
dann für einen bestimmten Standort arbeiten wollen, wenn dieser das
                                                                                                                                     AUTOR
Umfeld für ein sicheres, angenehmes und gut vernetztes Leben bieten                                                                  PROF. MATHIAS
kann: breite Sport- und Freizeitangebote, attraktive Innenstädte, gute                                                               MÜLLER
                                                                                                                                     Präsident,
Betreuungsinfrastruktur für Kinder und Alte, modern ausgestattete                                                                    IHK Frankfurt
Schulen, vielfältiges Kulturangebot, ein gut ausgebauter öffentlicher                                                                praesident@frank-
                                                                                                                                     furt-main.ihk.de
Personennahverkehr.
    Für die Standortwahl von Fachkräften und damit letztlich auch für
Unternehmen werden weiche Standortfaktoren immer wichtiger. Diese

  ARBEITSMARK T
  Vergessene Potenziale erschließen
  Das Hessische Perspektivpro-         zu gewinnen. Ziel des Pro-          für Soziales und Integration           gleichsabgabe bereitgestellt.
  gramm zur Verbesserung der           gramms ist es, schwerbehin-         arbeitet hierbei eng mit den           Weitere Infos: Bildungswerk
  Arbeitsmarktchancen schwer-          derte Menschen in ein regu-         Agenturen für Arbeit und den           der hessischen Wirtschaft, Re-
  behinderter Menschen (He-            läres, möglichst dauerhaftes        Jobcentern zusammen. Für               gion Südhessen, Gloria Helm,
  pas II) bietet Unternehmen           Beschäftigungs- und Ausbil-         Maßnahmen und Einstellungen            Telefon 0 61 51 / 2 71 09 66,
  finanzielle Anreize, behinder-       dungsverhältnis zu vermitteln.      bis 31. Dezember 2019 wer-             E-Mail helm.gloria@bwhw.de,
  te Menschen als Fachkräfte           Das hessische Ministerium           den dafür Mittel aus der Aus-          Internet www.bwhw.de.        \

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                                              9
FACHKRÄFTE-SICHERUNG - IHK Frankfurt am Main
FOTO: PICTURE-ALLIANCE / IKON IMAGES
Mit einer klaren Positionierung sollten kleine und mittelständische
Unternehmen die gesuchten Talente auf sich aufmerksam machen.

  RECRUITING

  BETRIEBE IN DER BEWERBERROLLE
  Wer heute neue Fachkräfte einstellen möchte, muss das Recruiting anders angehen als noch vor ein paar
  Jahren. Der Auf- und Ausbau digitaler Kompetenzen wird dabei zur Pflicht. Personaler müssen dort präsent
  sein, wo sich die gesuchten Talente aufhalten, nicht mehr umgekehrt.

  D
         er Arbeitsmarkt hat sich längst zu einem Bewerbermarkt gewan-    die Geschäftsführung zeitgleich die Bereiche HR und Marketing
         delt, wo sich Kandidaten die passende Stelle im passenden Un-    abdeckt, können eine Arbeitgebermarke aufbauen. Mitarbeiter-
         ternehmen aussuchen und sich die Arbeitgeber bei den Talenten    Benefits, alternative Arbeitszeitmodelle, Homeoffice, Regionalität
  „bewerben“ müssen. Doch wie sieht eine moderne Bewerbungsmappe          oder eine gute Verkehrsanbindung wiegen dabei oft mehr als Bonus-
  eines Unternehmens heute aus? Eine durchdachte Arbeitgeberpositio-      zahlungen. Entscheidend ist vielmehr, dass Unternehmensangebot
  nierung, die die Attraktivität als Arbeitgeber und Unternehmen in den   und Bewerberbedürfnis deckungsgleich sind und beide voneinander
  Vordergrund stellt, sollte das Fundament für Rekrutierungsmaßnahmen     Kenntnis haben.
  bilden und sowohl die Rekrutierung der besten Kandidaten als auch           Sind die Grundlagen für eine Arbeitgebermarke geschaffen, sollten
  deren Bindung zum Ziel haben.                                           sich die Verantwortlichen im Unternehmen die zu besetzende Vakanz
      Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen              genauer anschauen und im Rahmen eines Perspektivwechsels genau
  stehen vor der Herausforderung, die neuen, gesuchten Talente auf        überlegen, was die Attraktivität der Stelle und der damit verbunde-
  sich aufmerksam zu machen. Dies kann jedoch nicht die alleinige         nen Aufgaben für potenzielle Kandidaten ausmacht. Ähnlich wie in
  Aufgabe der Human-Resources(HR)-Abteilung oder des Personal-            der klassischen Produktwerbung sollten die Produkteigenschaften,
  verantwortlichen sein. Eine Arbeitgebermarke kann nur entstehen,        also die konkreten Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Vorzüge der
  wenn sie vom gesamten Unternehmen gelebt und getragen wird.             offenen Position beschrieben und beworben werden. Denn am Ende
  Dazu bedarf es der Zusammenarbeit der Fachabteilungen HR und            ist ein potenzieller Kandidat immer auch Konsument mit gelernten
  Marketing sowie Geschäftsführung. Auch kleine Betriebe, in denen        Verhaltensweisen und Erwartungen.

  10                                                                                                                     IHK WirtschaftsForum 03.18
Fachkräftesicherung

    Gelernt durch Amazon und Co., erwartet der potenzielle Kandidat             Je genauer die Zielgruppe definiert ist, desto effizienter können
als Konsument auch bei einer Bewerbung eine ansprechende und               Strategie und Kanäle für die Rekrutierung festgelegt werden. Um
genaue Produktbeschreibung, eine Vorteilsargumentation, einfache           beispielsweise jüngere Berufseinsteiger aus dem Officebereich zu
Bestell- beziehungsweise Bewerbungsprozesse, und nicht zuletzt wird        rekrutieren, die nach abgeschlossener Ausbildung gerade auf Stellen-
er, wie bei Produkten, unterschiedliche Stellenausschreibungen und         suche sind, sollten Kanäle gewählt werden, die dem Suchverhalten der
Unternehmen miteinander vergleichen. Die letztendliche Entscheidung,       Kandidaten entsprechen und für jüngere Zielgruppen interessant sind.
sich für eine bestimmte Stelle zu bewerben, hängt von den jeweils          Geht es bei der zu besetzenden Stelle dagegen um einen erfahrenen
individuellen Jobvorstellungen (zum Beispiel Gehalt, Sozialleistungen,     Spezialisten, beispielsweise aus der IT-Branche, wo bereits offensichtlich
Arbeitszeitmodell, Entwicklungschancen) des Bewerbers ab.                  ist, dass es nur sehr wenige in einer bestimmten Region gibt, muss die
    Unternehmen sollten sich schon im Vorfeld genau überlegen, welche      Vorgehensweise eine andere sein. Die Strategie könnte in diesem Fall
Rekrutierungskanäle sie wählen. Bei der klassischen Stellenschaltung       sein, im Rahmen von Active Sourcing passende Kandidaten ausfindig
in gängigen Jobbörsen muss vorausgesetzt werden, dass die anzu-            zu machen und direkt anzusprechen. In beiden Fällen ist die eigene
sprechende Zielgruppe aktuell auf Stellensuche ist. Bei der Schaltung      Attraktivität als Arbeitgeber oder Unternehmen und letztlich das per-
von Werbebannern steht die Aufmerksamkeit oder Bekanntmachung              sönliche individuelle Angebot an den Kandidaten erfolgsentscheidend.
im Vordergrund. Eine aktive Jobsuche muss hier nicht vorausgesetzt              Es lohnt sich in jedem Fall, ausreichend Zeit und Ressourcen für die
werden, im Fokus steht eher die Inszenierung als attraktiver Arbeitgeber   Definition der Zielgruppe einzuplanen. Anhand einer exakt definierten
und das Wecken von Interesse.                                              Zielgruppe fällt der Fokus auf die relevanten Kanäle um ein Vielfaches
    Bei der Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Suchmaschinenwer-           leichter. Letztlich geht es darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln,
bung (SEM) wird hingegen eine aktive Suche der favorisierten Zielgruppe    welche Strategie, Methode und welcher Kanal zur entsprechenden Ziel-
vorausgesetzt. Basiert SEO auf der aufwendigen technischen und text-       gruppe passen. Dies wiederum ist die Voraussetzung, um das limitierte
lichen Optimierung der eigenen Karriereseite und der Stellenangebote,      Budget für die Rekrutierung besser auf die passenden Kanäle zu verteilen.
um in Google eine bessere Positionierung im Suchergebnis zu erreichen,          Eine qualifiziertere Kosten-Nutzen-Abwägung pro Kanal, wie es im
so geht es bei SEM um die kostenpflichtige Buchung der relevanten           Onlinemarketing bereits zum Standard gehört, ist damit auch zwischen
Suchbegriffe und Einblendung von Anzeigen im Suchergebnis, zum             den einzelnen Rekrutierungsmaßnahmen möglich – vorausgesetzt, die
Beispiel bei Google Adwords oder Bing Ads.                                 jeweilige Anzahl der qualifizierten Kandidaten wird pro Kanal bezie-
    Xing und LinkedIn wiederum bieten mehrere Möglichkeiten und            hungsweise Maßnahme dokumentiert. Die rasante Entwicklung im
Vorgehensweisen zur Rekrutierung. Zum einen können hier Stellen-           Bereich der Rekrutierung wird sich zukünftig weiter beschleunigen. Die
angebote veröffentlicht werden (Funktion einer Jobbörse) und zum           fortschreitende Digitalisierung und die damit verbundenen Konzepte aus
anderen ist es auch möglich, Bannerschaltungen zu buchen. Die weitaus      Onlinemarketing und E-Commerce werden dabei sicherlich eine tragende
häufiger genutzte Möglichkeit in diesen Netzwerken ist jedoch das           Rolle spielen und machen eine engere Zusammenarbeit zwischen Human
Active Sourcing. Hierbei wird vom Recruiter oder beauftragten Per-         Resources, Marketing und IT notwendiger denn je.                         \
sonalberater nach potenziellen Kandidaten im Netzwerk gesucht und
diese werden direkt angesprochen. Dies ist sicherlich eine aufwendigere
                                                                                                                                  AUTOR
Rekrutierungsmöglichkeit, aber gerade hinsichtlich höher qualifizierter                                                            FRANK WAGNER
Kandidaten und Spezialisten eine sehr erfolgreiche.                                                                               Manager
                                                                                                                                  Online-Marketing
    Analog zu Onlineshops wie Amazon und Co., wo es für jedes Produkt                                                             Content & Ana-
eine sehr genaue Käufer-Zielgruppendefinition gibt, muss bei einer                                                                 lytics, Randstad
                                                                                                                                  Deutschland,
vakanten Position eine exakte Kandidaten-Zielgruppe definiert werden.                                                              Eschborn
Die Auswahl der einzelnen Kanäle im Recruitingmix ist dann wiederum                                                               frank.wagner2
                                                                                                                                  @randstad.de
abhängig von der jeweiligen Zielgruppe und gewählten Strategie.

  Azubion | Deine Erlebnistour
  Donnerstag, 7. Juni, 11 bis 15 Uhr, Eschborn
  Bei der Azubion-Erlebnistour         Vorstellung des Angebots an         zwischen den verschiedenen           Eschborn, Wirtschaftsförde-
  präsentieren sich kleine, mitt-      dualen Studiengängen, Ausbil-       Unternehmen. Die Teilnahme ist       rung, Telefon 0 61 96 / 4 90-127,
  lere und internationale Un-          dungs- und Praktikumsmöglich-       kostenfrei, eine Anmeldung ist       E-Mail wirtschaft@eschborn.
  ternehmen und Einrichtungen          keiten erwartet die Besucher        nicht erforderlich. Veranstalter     de, Internet www.azubion.de,
  in Eschborn allen interessier-       ein spannendes Rahmenpro-           ist die Stadt Eschborn, die IHK      Social Media www.facebook.
  ten Schülern, Lehrkräften und        gramm. Shuttlebusse sorgen          Frankfurt ist Kooperations-          de/azubion, www.instagram.
  Eltern vor Ort. Neben einer          für eine perfekte Verbindung        partner. Weitere Infos: Stadt        com/azubion.                    \

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                                        11
FOTO: GETTYIMAGES / WESTEND61
Zunehmend setzen zukunftsorientierte Unternehmen schon wäh-
rend der Ausbildung junger Talente auf digitale Schwerpunkte.

  DIGITALISIERUNG

  ARBEITSWELT IM WANDEL
  Die Arbeit der Zukunft steht in engem Zusammenhang mit dem Megatrend der Digitalisierung. Um Veränderungsprozesse
  in Unternehmen künftig erfolgreich zu gestalten, müssen traditionelle und digitale Kompetenzen zusammenwirken.

  D
           igitalisierung bedeutet zunächst, dass Dinge, die in der Ver-         Das geänderte Kommunikations- und Einkaufsverhalten von Kunden
           gangenheit ohne technische Unterstützung abliefen, vermehrt       und Geschäftspartnern sowie die voranschreitende Vernetzung und
           online stattfinden. Im privaten Umfeld wird der digitale Wandel    Automatisierung der Produktion führen unterm Strich zu einem dy-
  durch die weite Verbreitung von internetfähigen Smartphones und            namischen Wettbewerbsumfeld. Bei der Digitalisierung handelt es sich
  Tablets vorangetrieben: Rund drei Viertel der deutschen Haushalte          somit um ein wichtiges strategisches Handlungsfeld, dessen Chancen
  nutzen bereits fast täglich das Internet, und beinahe neun von zehn        seitens der Unternehmen ergriffen werden sollten. Die Nutzung digitaler
  deutschen Internetnutzern suchen auch online nach Informationen zu         Technologien sowie die Erbringung digitaler Dienstleistungen stellen
  Produkten und Dienstleistungen.                                            auch neue inhaltliche Anforderungen an die betriebliche Aus- und Wei-
       Auch im industriellen Bereich findet eine zunehmende Vernetzung        terbildung. Teils werden diese Anforderungen sogar in gänzlich neuen
  statt. Im Kontext der Industrie 4.0 melden Maschinen ihren Wartungsbe-     Berufen umgesetzt, wie etwa im neu geschaffenen Ausbildungsberuf
  darf, Verbrauchsmaterial wird automatisch nachbestellt oder Werkstücke     Kaufleute für E-Commerce.
  teilen den Maschinen im Fertigungsprozess die vom Kunden definierten            Zudem ermöglicht es die Organisation des dualen Ausbildungssys-
  Spezifikationen mit. Die Arbeit der Zukunft wird entscheidend davon         tems, neuen inhaltlichen Anforderungen gerecht zu werden. Aufgrund
  geprägt sein, wie sehr digitale Technologien und Geschäftsmodelle sich     der technikneutralen und gestaltungsoffen formulierten Ausbildungs-
  auf einzelne Tätigkeiten sowie das Gesamtsystem Arbeit auswirken.          ordnungen haben schon viele zukunftsorientierte Unternehmen digitale
       Hierbei werden sowohl Prozess- als auch Produktinnovationen eine      Schwerpunkte in der betrieblichen Ausbildung umgesetzt. Darüber
  Rolle spielen. Welche konkreten Auswirkungen diese Entwicklung auf         hinaus besteht die Möglichkeit des Angebots von Zusatzqualifikatio-
  einzelne Arbeitsplätze haben wird, ist schwer vorherzusagen. Aus Per-      nen, wie es aktuell für die Metall- und Elektroindustrie im Kontext der
  spektive des Arbeitsmarktes lässt sich aktuell festhalten, dass es keine   Industrie 4.0 in der Planung ist.
  Hinweise auf schwerwiegende Beschäftigungsrückgänge gibt. Vielmehr             Laut Personalpanel 2014 des Instituts der deutschen Wirtschaft
  gilt eine Verschiebung von Tätigkeitsschwerpunkten und nachgefragten       erwarten Geschäftsführer und Personalverantwortliche innerhalb der
  Kompetenzen als wahrscheinlich.                                            nächsten fünf bis zehn Jahre für den Großteil ihrer Beschäftigten eine

  12                                                                                                                          IHK WirtschaftsForum 03.18
Fachkräftesicherung

 Unternehmen in Deutschland:
                                                                                                          LINKS ZUM THEMA
 Fit für die Digitalisierung?
 Ergebnisse einer Befragung von Personalleitern in Unternehmen im 2. Quartal 2017
                                                                                                          Das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) geförderte Kompe-
                                                                                                          tenzzentrum Fachkräftesicherung (www.kofa.de) informiert Unterneh-
 So viel Prozent der Unternehmen sind (sehr) stark von der Digitalisierung betroffen
                                                                                                          men unabhängig und kostenfrei zu den Themen Digitalisierung, digitale
 mit bis zu 49 Mitarbeitern                     47 %
                                                                                                          Bildung sowie weiteren Aspekten einer guten Personalarbeit. Die Mit-
 mit 50 bis 249 Mitarbeitern                        51
                                                                                                          telstand-4.0-Kompetenzzentren (www.mittelstand-digital.de) stehen
 mit 250 bis 499 Mitarbeitern                      50
 mit 500 und mehr Mitarbeitern                              67
                                                                                                          ebenfalls als Ansprechpartner zur Verfügung. Ebenso möglich ist die fi-
 alle Unternehmen                                   51
                                                                                                          nanzielle Förderung einer Prozessbegleitung durch akkreditierte Berater
                                                                                                          im Rahmen des BMWi-Förderprogramms „go-digital“ (www.innovation-
                                                                                                          beratung-foerderung.de).
                                              Wie gut sind die Mitarbeiter auf die Digitalisierung
                                              vorbereitet?
                                                                                 weniger gut/
 Betroffene Unternehmen aus                   (sehr) gut                         schlecht
 Industrie                        42 %                         54 %                             46 %
 Handel                                  55                       54                              46
                                                                                                          DIGITALISIERUNGSPROJEKTE IN FÜNF SCHRITTEN PLANEN
 Dienstleistungen                        56                                70             31              Schritt 1: Verstehen, worum es eigentlich geht
                                                                                                          Es gilt, sich nicht von der teils überhitzten Digitalisierungsdiskussi-
 Quelle: Randstad, ifo Institut                              rundungsbed. Differenz    © Globus   11972   on irritieren zu lassen und sich über die Chancen der Digitalisierung
                                                                                                          unabhängig zu informieren. Beispielsweise anhand der Handlungs-
                                                                                                          empfehlungen und Praxisbeispiele des Kompetenzzentrums Fachkräfte-
steigende Bedeutung folgender Kompetenzen: Kommunikations- und                                            sicherung.
Kooperationsfähigkeit (78 Prozent), Planungs- und Organisationsfä-
                                                                                                          Schritt 2: Anknüpfungspunkte identifizieren
higkeit, Selbstständigkeit (76 Prozent), berufliches und betriebliches
                                                                                                          Die Digitalisierung innerhalb eines Unternehmens sollte nicht zum
Fachwissen (66 Prozent), berufsspezifische Onlinekompetenzen (62                                           Selbstzweck stattfinden, und nicht jedes Digitalisierungsprojekt ist per
Prozent), technisches Fachwissen (57 Prozent), kaufmännisches und                                         se besser als der Status quo. Damit Maßnahmen dauerhaft zum Ge-
betriebswirtschaftliches Fachwissen (56 Prozent), IT-Fachwissen und                                       schäftserfolg beitragen können, sollten diese in der jeweiligen Unter-
                                                                                                          nehmensstrategie verankert werden.
Softwareprogrammierung (52 Prozent).
     Demzufolge spielen neben dem beruflichen und betrieblichen                                            Schritt 3: Projekte bewusst auswählen
Erfahrungswissen insbesondere Selbst- und Sozialkompetenzen                                               Im laufenden Geschäftsbetrieb bedeutet Digitalisierung nicht, alle vor-
in Zukunft eine noch wichtigere Rolle. Traditionelle und digitale                                         handenen Prozesse auf einmal umzukrempeln. Vielmehr erscheint es in
                                                                                                          den meisten Fällen sinnvoll, Schritt für Schritt Erfahrungen zu sammeln
Kompetenzen ergänzen sich insofern, dass zur Bewältigung von
                                                                                                          und ein Gefühl dafür zu erhalten, wie sich Projekte initiieren und steu-
Veränderungsprozessen im Unternehmen beide Kompetenzbereiche                                              ern lassen. Von daher ist eine Priorisierung sehr wichtig, um besonders
zusammenwirken müssen.                                                                                    jene Bereiche zu fokussieren, die für den Geschäftserfolg wichtig er-
     Auch betriebliche Lernprozesse selbst laufen zunehmend digital                                       scheinen.
ab. Die aktuelle Weiterbildungserhebung des Instituts der deutschen
                                                                                                          Schritt 4: Beschäftigte mitnehmen
Wirtschaft zeigt, dass Unternehmen immer stärker auf digitale Lern-                                       Die Erfolgschancen von Digitalisierungsaktivitäten sind deutlich größer,
formate setzen. Beispielsweise bieten rund die Hälfte der Unternehmen                                     wenn Mitarbeiter von Anfang an mit im Boot sind. So kann ein Klima
bereits heute Lernvideos, Onlinekurse oder computerbasierte Selbst-                                       geschaffen werden, in dem ein offener Austausch über mögliche Be-
                                                                                                          denken oder weitere Ideen und Verbesserungsvorschläge möglich ist.
lernprogramme an, und etwa 30 Prozent setzen in der betrieblichen
Weiterbildung unter anderem auf Apps.                                                                     Schritt 5: Anfangen
     Das Lernen mit digitalen Medien (E-Learning) bietet Unternehmen                                      Mitarbeitern sollten die benötigten Ressourcen (Informationen, Weiter-
und Beschäftigten verschiedene Potenziale. Hierzu gehört beispiels-                                       bildung, Arbeitszeit, technische Infrastruktur et cetera) zur Verfügung
                                                                                                          gestellt und eindeutige Zuständigkeiten vergeben werden.
weise die größere zeitliche und räumliche Flexibilität des Lernens, die
es leichter macht, Weiterbildung in betriebliche Abläufe zu integrieren.
Die multimediale und damit häufig greifbarere Darstellung von Lernin-
halten kann den Zugang zu bestimmten Lerninhalten vereinfachen. Um
diese Potenziale praktisch umzusetzen, bleiben pädagogische Konzepte
und didaktische Kompetenz seitens des betrieblichen und schulischen                                          Lesen Sie unser                                                                                                                                                                                                                                   03
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               2 0 18
Bildungspersonals genauso wichtig wie bei klassischen Lernformen. \                                          VERLAGSTHEMA
                                                                                                             mit interessanten                                                             accadis Hoc
                                                                                                                                                                                          Wir haben
                                                                                                                                                                                          Experten
                                                                                                                                                                                                           hsch
                                                                                                                                                                                                    Ihre digita
                                                                                                                                                                                                                 ule
                                                                                                                                                                                                                len

                                                                                AUTOR                                                                                                                                   Seite 4

                                                                                DAVID B.                     Beiträgen zum
                                                                                MEINHARD
                                                                                Referent für Digi-
                                                                                tale Bildung und
                                                                                                             Thema Aus- und
                                                                                                             Weiterbildung
                                                                                                                                                                                     Duales Stud
                                                                                E-Learning, Kompe-                                                                                   Der Aufwärtst
                                                                                                                                                                                                     ium
                                                                                                                                                                                                  rend hält an
                                                                                                                                                                                                                  Seite 5

                                                                                tenzzentrum Fach-
                                                                                kräftesicherung,
                                                                                                             ab Seite 60.
                                                                                                                                                                       RossHel
                                                                                                                                                                           He
                                                                                                                                                                   c / RossH
                                                                                                                                                                              len
                                                                                                                                                                            elen
                                                                                                                                                                           Helen
                                                                                                                                                                               een

                                                                                IW Köln, mein-
                                                                                                                                                                tock

                                                                                                                                                                                                                                                                        Aus- und W
                                                                                                                                                                toc
                                                                                                                                                               sto
                                                                                                                                                              kst
                                                                                                                                                             nkst
                                                                                                                                                               st
                                                                                                                                                    Foto: Think

                                                                                                                                                                                                                                                                                  eiterbildung
                                                                                hard@iwkoeln.de                                                                         ww w.z arb
                                                                                                                                                                                               ock .de
                                                                                                                                                                                                                       Impressum:
                                                                                                                                                                                                                                      Druck- und
                                                                                                                                                                                                                       Die Textbeit               Verlagshaus
                                                                                                                                                                                                                                    räge in diesem            Zarbock GmbH
                                                                                                                                                                                                                                                   Verlagsthema             & Co. KG,
                                                                                                                                                                                                                                                                wurden von            Sontraer Straße
                                                                                                                                                                                                                                                                           den werbend                6, 60386
                                                                                                                                                                                                                                                                                       en Unterne              Frankfurt am
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  hmen verfasst             Main, Telefon
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                .                         0 69/42 09
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       03-75

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                                                                                                                                                                                                                        13
NEUER AUSBILDUNGSBERUF

DIE DIGITALEN KAUFLEUTE KOMMEN
Während der stationäre Einzelhandel stagniert, wächst der Onlinehandel ungebremst. Trotzdem spielte dieses
Segment in der Ausbildung im Einzelhandel bisher nur eine untergeordnete Rolle. Das ändert sich am 1. August:
Dann geht die neue duale Ausbildung Kaufmann/-frau im E-Commerce an den Start.

                                                                       FOTO: GETTYIMAGES / MYILLO
                                                                                                      Online- und Versandhandel 2017
                                                                                                      Umsatz im Online- und Versandhandel
                                                                                                      in Deutschland in Milliarden Euro                                            Top-10-Waren in Milliarden Euro
                                                                                                                                                                  58,5 Mrd. €
                                                                                                                                                                                          Bekleidung                        11,8 Mrd. €
                                                                                                         Online*                                           52,7
                                                                                                                                                                                   Elektronikartikel,
                                                                                                         klassisch (z. B. Katalog)                                              Telekommunikation                               9,9
                                                                                                                                                    46,9
                                                                                                                                             42,8                               Computer, Zubehör,
                                                                                                                                                                                                                      4,4
                                                                                                                                                                                           Software
                                                                                                                                   39,1
                                                                                                                                                                                             Schuhe                  3,8
                                                                                                                                                                                    Haushaltswaren,
                                                                                                                                                                                    H
                                                                                                                                                                                                                     3,8
                                                                                                                            27,6                                                             -geräte
                                                                                                                                                                                             Möbel,
                                                                                                                                                                                                                     3,8
                                                                                                                         21,7                                                          Lampen u.ä.
                                                                                                                  18,3                                                             Bücher,
                                                                                                                                                                                   Bü      E-Books,
                                                                                                                                                                                                                    3,4
                                                                                                                                                                                         Hörbücher

                                                                                                                                                                                                                                          Quelle: bevh, HDE
                                                                                                         15,1
                                                                                                                          12,3                                                  Hobby, Freizeitartikel          2,8
                                                                                                         13,6                           9,2
                                                                                                                  12,0           11,7                5,5                               Videos, Musik           2,3
                                                                                                                                               7,4                 3,7 Mrd. €
                                                                                                                                                             4,4                   Baumarkt, Garten           1,8
                                                                                                             2009 10       11    12     13     14     15     16 2017
                                                                                                      *einschließlich Händler, die Mischformen der Bestellung anbieten (Katalog, Telefon, Internet)
                                                                                                      Befragung von 40 000 Personen ab 14 Jahren von Januar bis Dezember 2017                                               © Globus   12259

                                                                                                        Mit der Evaluierung der Berufe im Einzelhandel war seit August
                                                                                                    bereits die Ausbildung in einer neuen Wahlqualifikation „Onlinehandel“
                                                                                                    möglich. Doch schnell war klar, dass das spezielle Segment E-Commerce
                                                                                                    einen eigenen Beruf benötigt, der die besonderen Aufgabenstellungen
                           Die Ausbildung für Kaufleute im E-Commerce                                bewältigen kann. E-Commerce ist mehr als nur Versandhandel: Von der
                           ist eine gute Alternative zum Studium.
                                                                                                    Personalsuche, der Steuererklärung über die Buchung eines Urlaubes,
                                                                                                    den Abschluss einer Versicherung bis hin zum Onlinebanking kann

D
        er stark wachsende Wirtschaftsbereich E-Commerce leidet unter                               mittlerweile vieles online abgewickelt werden.
        erheblichem Fachkräftemangel. Die Qualifikationen, die in den bis-                               Der Beruf Kaufmann/-frau im E-Commerce wird künftig schwer-
        herigen Ausbildungsberufen vermittelt werden, passen nämlich nur                            punktmäßig im Handel (Einzel-, Groß- und Außenhandel) ausgebildet.
teilweise zu den vielfältigen und speziellen Anforderungen im Bereich des                           Er kann aber auch für andere Branchen wie touristische Unternehmen,
E-Business. Deshalb haben DIHK, HDE und BEVH in Zusammenarbeit mit Un-                              Dienstleistungsanbieter oder Hersteller, die ihre Angebote online
ternehmen einen neuen dualen Ausbildungsberuf erarbeitet: Kaufmann/-frau                            vertreiben, infrage kommen. Ziel ist es, auch solche Betriebe für die
im E-Commerce. Ab August 2018 kann der neue Beruf ausgebildet werden.                               duale Ausbildung zu gewinnen, die bisher wenig oder gar nicht aus-
     Mit dem maßgeschneiderten dualen Ausbildungsberuf Kauf-                                        bilden, da bislang ein entsprechender Beruf fehlte. Für Unternehmen,
mann/-frau im E-Commerce wird eine auf digitale Geschäftsmodelle                                    die in der Vergangenheit Studienabbrecher oder junge akademische
und -prozesse ausgerichtete kaufmännische Qualifikation angeboten, die                               Quereinsteiger an die betrieblichen Anforderungen heranführen
eine solide und breite Basis für den Fachkräftenachwuchs im Handel legt.                            mussten, ist die neue und hochwertige duale Ausbildung eine sehr
Die Erarbeitung des Fachwirts im E-Commerce hat ebenfalls begonnen.                                 gute Alternative zum Studium. Ausbildende Unternehmen können
     Das E-Business besteht zu 70 Prozent aus Versandhandel im Internet                             zum Beispiel aus folgenden Bereichen kommen: Einzel- oder Groß-
bestellter Waren. Der E-Commerce hat bereits den Versandhandel via                                  handel, Dienstleistungen, Tourismus, Logistik, Mobilität, Banken und
Katalog abgelöst, aber damit nicht genug. Er eröffnet neue Wege der                                 Versicherungen.
Kundenansprache und erhöht durch die Internetpräsenz die Reichweite.                                    Der Kompetenzerwerb findet über 36 Monate hinweg sowohl im
Traumhafte Steigerungsraten sind die Folge. Die Zuwachsprognose                                     Ausbildungsbetrieb als auch in der Berufsschule statt. Kaufleute im
für das Jahr 2017 liegt bei etwa zehn Prozent. Damit erreichte das                                  E-Commerce wählen Vertriebskanäle aus und setzen diese ein. Sie
Onlinehandelsvolumen im vergangenen Jahr knapp zehn Prozent des                                     analysieren das Nutzerverhalten, kooperieren mit internen und exter-
Handelsvolumens des deutschen Einzelhandels, Tendenz steigend.                                      nen Dienstleistern und sind mit den rechtlichen Regelungen vertraut
Während der Einzelhandel stagniert, wächst der Onlinehandel weiterhin.                              (unter anderem Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Datenschutz). Sie

14                                                                                                                                                                                                       IHK WirtschaftsForum 03.18
Fachkräftesicherung

sorgen für die Beschaffung und das Einstellen von Produktdaten in
kundenfreundlicher Form. Sie legen Angebotsregeln fest, wählen       KONTAKT
Bezahlsysteme aus, setzen Testmethoden ein und werten diese aus.     Weitere Infos zur Ausbildung für Kaufmann/-frau im E-Commerce bei
    Die angehenden Fachkräfte setzen agile Arbeitsweisen ein und     Daniel Friedrich, Ausbildungsberater, Telefon 0 69 / 21 97-15 16, E-Mail
                                                                     d.friedrich@frankfurt-main.ihk.de, Internet www.frankfurt-main.ihk.
nehmen die Planung, Umsetzung und Auswertung von Projekten vor.
                                                                     de/e-commerce.
Dazu gehört auch die Beschaffung und Auswertung von englischspra-
chigen Informationen. Weitere Schwerpunkte legt die Ausbildung auf
die Kundenkommunikation über verschiedene Kanäle, die Vorbereitung   ARBEITSLOSE IM IHK-BEZIRK FRANKFURT
und Durchführung von Maßnahmen des Onlinemarketings, das Planen
                                                                     Die Zahl der Arbeitslosen ist in den Kommunen des IHK-Bezirks zwi-
und Optimieren der Customer Journey sowie die Anbahnung und Ab-
                                                                     schen 2012 und 2017 um rund 2 900 Personen zurückgegangen. Ende
wicklung von Online-Waren- und Dienstleistungsverträgen (inklusive   Januar lag die Arbeitslosenquote sowohl in der Stadt Frankfurt (5,9 Pro-
der Organisation von Rückabwicklungsprozessen). Zudem erwerben       zent) als auch im Main-Taunus-Kreis (3,6 Prozent) und Hochtaunuskreis
die angehenden Kaufleute der dreijährigen Ausbildung Know-how         (3,7 Prozent) deutlich niedriger als noch vor fünf Jahren. Die Top-5-
                                                                     Gemeinden (prozentual): Sulzbach (minus 20,7 Prozent), Hofheim (mi-
für den Einsatz kennzahlenbasierter Instrumente der kaufmännischen
                                                                     nus 17,5 Prozent), Grävenwiesbach (minus 16 Prozent), Kriftel (minus
Steuerung und zur Durchführung von Kundenwertanalysen.           \   14,6 Prozent) und Schwalbach (minus 14,4 Prozent).

                                                 AUTOR
                                                 DANIEL              ZAHL DER AUSZUBILDENDEN IM IHK-BEZIRK FRANKFURT
                                                 FRIEDRICH
                                                 Ausbildungs-        Im Jahr 2017 bildeten die Betriebe im IHK-Bezirk Frankfurt knapp
                                                 berater,            12 900 Menschen im Rahmen der dualen Berufsausbildung aus. Rund
                                                 IHK Frankfurt       4 800 Ausbildungsverhältnisse wurden in 2017 neu eingetragen. Im
                                                 d.friedrich@        IHK-Bezirk existieren 21 Berufsschulen, die für viele Berufe Gebiets-
                                                 frankfurt-
                                                 main.ihk.de         oder sogar Landesfachklassen anbieten können und somit ein wichtiger
                                                                     Standortfaktor für die Region sind.

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                                      15
ERFOLGSFAK TOR FAMILIE

„ALTE DENKMUSTER AUFBRECHEN“
Ein Gespräch mit Kirsten Frohnert, Projektleiterin, Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“, Berlin, über eine familien-
freundliche Arbeitskultur sowie die Balance zwischen Wünschen der Beschäftigten und betrieblichen Erfordernissen.

Frau Frohnert, was bedeutet neue Vereinbarkeit ganz konkret für Sie?
FROHNERT: Die neue Vereinbarkeit drückt das gemeinsame Verständnis
von Wirtschaft, Politik und Verbänden aus, dass familienbewusste                                             Kirsten Frohnert, Projektleiterin, Netzwerk-
Arbeitsbedingungen ganz wesentlich zu einer erfolgreichen wirt-                                              büro „Erfolgsfaktor Familie“:
schaftlichen Entwicklung beitragen. Ich begrüße sehr, dass die neue                                          „Vereinbarkeit ist keine Frage mehr des Ob,
Vereinbarkeit eine familienbewusste Unternehmens- und Arbeitskultur                                          sondern des Wie. Aber alte Denk- und Hand-
                                                                                                             lungsmuster aufzubrechen und Veränderun-
in den Mittelpunkt rückt. Damit durchdringt Familienfreundlichkeit alle
                                                                                                             gen in der Arbeits- und Unternehmenskultur
Bereiche des Unternehmens und richtet sich an Frauen und Männer.
                                                                                                             zu initiieren, ist nicht immer einfach.“
Eine partnerschaftliche Vereinbarkeit wird möglich.

Wo stehen die Unternehmen heute beim Thema neue Vereinbarkeit?
FROHNERT: Die Mitglieder im Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor
Familie“ zeigen, dass sie im Aufbruch sind: Der Arbeitsmarkt verändert           im Unternehmensnetzwerk gute Beispiele, wie Apps die Baustel-
sich, Bewerber und Beschäftigte formulieren ihre Erwartungen klarer,             lendokumentation erleichtern und Fahrtwege überflüssig machen,
die Personalarbeit wird individueller. Vereinbarkeit ist keine Frage mehr        also helfen, Zeit zu sparen. Oder wie digitale Tauschbörsen auch im
des Ob, sondern des Wie, also wie man sie ausgestaltet. Dabei muss es            Schichtdienst eine bessere Vereinbarkeit ermöglichen.
gelingen, Wünsche der Beschäftigten und betriebliche Erfordernisse
auszubalancieren. Aber alte Denk- und Handlungsmuster aufzubre-                  Neue Vereinbarkeit: Wunsch oder Wirklichkeit?
chen und Veränderungen in der Arbeits- und Unternehmenskultur zu                 FROHNERT: Wir als Netzwerkbüro wollen weiterhin dafür sensibilisie-
initiieren, ist nicht immer einfach.                                             ren, dass sich die betrieblichen Vereinbarkeitsangebote auch an Väter,
                                                                                 Pflegende oder Führungskräfte richten. Das ist noch nicht überall
Welche Themen müssen noch stärker in den Vordergrund gestellt                    selbstverständlich.
werden?
FROHNERT: Die Chancen, die für eine gute Vereinbarkeit in der Di-                Was empfehlen Sie Unternehmen, wenn sie die Vereinbarkeit von
gitalisierung liegen, werden noch nicht ausgeschöpft. Viele denken               Beruf und Familie fördern möchten?
dabei an die Wissensarbeiter, die mit dem Laptop mobil arbeiten.                 FROHNERT: Wir empfehlen den Betrieben, alle Beschäftigten in den
Aber welche digitalen Lösungen unterstützen die Vereinbarkeit bei-               Blick zu nehmen und passgenaue Maßnahmen anzubieten. Kennt
spielsweise in der Produktion oder in Schichtbetrieben? Wir haben                man den Vereinbarkeitsbedarf der Beschäftigten wirklich? Diesen
                                                                                 kann man über eine Beschäftigtenbefragung oder auch in Mitarbei-
                                                                                 tergesprächen ermitteln. Das Thema Pflege ist beispielsweise in vielen
     FAMILIE UND ARBEITSWELT                                                     Betrieben noch ein Tabu. Vielleicht ist die flexiblere Pausenregelung
     Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, darunter auch der Deut-       geeignet, die Vereinbarkeit zu erleichtern, weil man Angehörige zu
     sche Industrie- und Handelskammertag, erarbeiteten 2015 gemein-             einem Arztbesuch begleiten kann. Manchmal sind es schon kleine
     sam mit dem Bundesfamilienministerium und dem Deutschen Gewerk-             Dinge, die wirken. Wichtig ist weiterhin, offen zu kommunizieren und
     schaftsbund das Memorandum „Familie und Arbeitswelt – Die neue
     Vereinbarkeit“. Damit gelang den Partnern aus Wirtschaft, Politik und
                                                                                 Angebote transparent zu machen. Klare Regeln geben zudem allen
     Gewerkschaften ein zukunftsweisender Konsens für eine lebensphasen-         Beteiligten, also Beschäftigten und Führungskräften, die notwendige
     orientierte Arbeitszeitgestaltung. Vor Kurzem erschien der „Fortschritts-   Sicherheit darüber, was im Betrieb geht und was nicht. Und natürlich
     index 2017“. Dieser zeigt anhand von Zahlen und Fakten in den wich-         sollten Betriebe reflektieren, ob ihre Kultur einlädt, die Angebote auch
     tigen Handlungsfeldern der neuen Vereinbarkeit messbare Erfolge und
     die positiven Entwicklungen der vergangenen Jahre auf – unter ande-
                                                                                 zu nutzen.                                                            \
     rem die steigende Väterbeteiligung im Elterngeld, die steigende Müt-
     tererwerbstätigkeit und das steigende Engagement von Unternehmen.
                                                                                  INTERVIEW
     Der Fortschrittsindex 2017 ist online unter www.bmfsfj.de (Suchbegriff       CHRISTIAN WEßLING                     VICTORIA LASSAK
     „Fortschrittsindex“) abrufbar. Infos rund um das Thema Familienfreund-       Chefvolkswirt, IHK Frankfurt          Referentin, Wirtschafts-
     lichkeit in Unternehmen bietet das Unternehmensprogramm „Erfolgs-            c.wessling@frankfurt-main.ihk.de      politik und Metropolenent-
     faktor Familie“ unter www.erfolgsfaktor-familie.de.                                                                wicklung, IHK Frankfurt
                                                                                                                        v.lassak@frankfurt-main.ihk.de

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Fachkräftesicherung

BERUF UND FAMILIE

DIE NEUE VEREINBARKEIT
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft haben in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Vereinbarkeit von
Beruf und Familie mit viel Engagement große Fortschritte erzielt. Unternehmen haben damit zugleich
ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöht.

F
      ür immer mehr Unternehmen sind Vereinbarkeitsmaßnah-

                                                                           FOTO: PICTURE-ALLIANCE / WESTEND61
      men ein zentraler Hebel zur Fachkräftesicherung und zur
      Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. Dabei wird immer
deutlicher, dass Vereinbarkeit längst kein Wohlfühlthema mehr ist,
sondern auch klare betriebswirtschaftliche Vorteile mit sich bringt.
Dies belegt beispielsweise eine Studie der Unternehmensberatung
Roland Berger, die ein Renditepotenzial von bis zu 25 Prozent auf
die getätigten Investitionen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf
und Familie ermittelt.
    Dabei hat die Vereinbarkeit viele Gesichter: Eine alleinerziehen-
de Mutter arbeitet Vollzeit als Pflegekraft. Ein Ingenieur reduziert
vorübergehend seine Arbeitszeit, damit seine Frau einen wichtigen
Karriereschritt machen kann. Ein Facharbeiter pausiert wegen des
pflegebedürftigen Vaters ein halbes Jahr. Ein Vertriebsfachmann arbeitet
jeden zweiten Montag von einem anderen Arbeitsort aus, um seine                                       Ansatzpunkte für eine familienorientierte Arbeits- und
                                                                                                      Prozessorganisation gibt es in jedem Unternehmen.
Kinder am Wochenende sehen zu können.
    Möglichkeiten und Ansatzpunkte für eine familienbewusste
Arbeitsorganisation in Unternehmen gibt es also viele. Nicht alle         Flexibilisierung des Arbeitsortes vorantreiben. Beides geht häufig Hand
eignen sich überall gleichermaßen. In dem einen Betrieb werden sich       in Hand. Allerdings ist mobiles Arbeiten nicht für alle Beschäftigten
flexible Arbeitsformen eher organisieren lassen als in dem anderen.        gleichermaßen geeignet beziehungsweise nicht von allen Beschäftig-
Teaminterne Absprachen über bestimmte Arbeitsarrangements las-            ten erwünscht. Deshalb bedarf es neben der Identifikation geeigneter
sen sich möglicherweise häufiger umsetzen. Vereinbarungen über             Aufgaben(-teile) auch entsprechender Rahmenbedingungen am jewei-
Belegplätze in einer Kindertageseinrichtung mögen sich vor allem          ligen Arbeitsplatz. Die technischen Voraussetzungen müssen genauso
dort anbieten, wo sich in der näheren oder weiteren Nachbarschaft         wie die Anforderungen an Arbeits- und Datenschutz erfüllt sein, um
eine Kita befindet.                                                        mobile Arbeit zu ermöglichen.
    Viele dieser Beispiele gelten als Bausteine im Rahmen des Konzeptes
der sogenannten neuen Vereinbarkeit. Diese ist durch drei verbindende     Lebensphasenorientierung
Elemente charakterisiert:                                                 Durch eine lebensphasenorientierte Personalpolitik können Angebote
                                                                          zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben an die unterschiedlichen
Flexible Arbeitsorganisation                                              Anforderungen in verschiedenen Lebensphasen der Beschäftigten an-
Ein wesentliches Handlungsfeld für die neue Vereinbarkeit ist eine        gepasst werden. Ziel ist es, den Mitarbeiter in jeder seiner individuellen
flexible Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsort, verbunden mit          Lebensphasen optimal zu unterstützen und zu fördern. Also egal, ob
Planbarkeit und Verlässlichkeit für den Arbeitnehmer und -geber. Durch    sich der Mitarbeiter in Ausbildung, Eltern- oder Erziehungszeit befindet,
mehr familienorientierte Flexibilität entstehen für die Beschäftigten     ob er Angehörige pflegt oder sich selbst im Vorruhestand befindet:
Freiräume, welche die Attraktivität eines Unternehmens auf dem            Flexibilität ist das Stichwort.                                          \
Arbeitsmarkt erhöhen können. Die Gewinnung von Arbeitskräften
und eine ausgewogene Personaldecke sind Einflussgrößen, die – im
                                                                                                                                    AUTOREN
Interesse des Unternehmens und der Beschäftigten – nicht aus dem                                                                    CHRISTIAN WEßLING      VICTORIA LASSAK
Blick geraten dürfen. Vollzeitnahe Teilzeitstellen gewinnen dabei                                                                   Chefvolkswirt,         Referentin, Wirt-
                                                                                                                                    IHK Frankfurt          schaftspolitik und
weiter an Bedeutung.                                                                                                                c.wessling@frank-      Metropolenentwick-
                                                                                                                                    furt-main.ihk.de       lung, IHK Frankfurt
                                                                                                                                                           v.lassak@frankfurt-
Flexibilisierung des Arbeitsortes                                                                                                                          main.ihk.de
Für bestimmte Tätigkeitsfelder und Berufsgruppen wird die Digitali-
sierung sowohl die Individualisierung der Arbeitszeiten als auch die

IHK WirtschaftsForum 03.18                                                                                                                                                       17
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