Solidarität, Ökologie und Lebensstil - Siehe Seite 3 - Frühjahr 2017 Nr. 167 1,00 - Nachhaltig.at
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
SOL Nr. 1/2017 – P.b.b. Absender: SOL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil, Sapphog. 20/1, 1100 Wien. 02Z032117 M. Cover: Barbara Huterer. Solidarität, Ökologie und Lebensstil 1,00 ¤ Nr. 167 Frühjahr 2017 Siehe Seite 3.
Grünes Brett ity R eal Gesells chaf i m ate t l ng- Gewalt. t, Staat, The C Pro jec (auf e ba- W zusamm as uns n ge lo g regun d zum . Eine enhält. A n an nd des L n ka n n Sympo sion en u je ge März. Ve in Dürnstein, 9.- Dat ), wie beitra . ra 11. ch e l re rg Donau-U nstaltet von der lis W and Al Go i t y.o ni Krems n le on v on e a l . Akt i OfR sympos ionduer o urs nstein.a t 24H Bienenschutz garten Veränderung kommt Eine Initiative er zur Erhaltung s e n s c h aftsbüch von innen Schaffung ge sunder Lebens bzw. Wis es 2017 für Bienen räume des Jahr n- r fi Wer will, dass sich etwas ändert, t – und ih tinyurl.com/b stehen schon fes muss bei sich selber anfangen. ienen17 Sie Ein Blog. f det sie au ch.a t chaftsbu nachhaltig-sein.info wissens gegen Franziskus Wi hler Leih e man e Klimaheuc lade i CO2- … da n gr nen Der Papst p rangert die en als eine zu hat d ü nde Ein Blog über pe nsatio n für Flu is gre Ko m en n a ins N umfang s Leihla t die an – als würd äu- etz g reich den- Sustainable scheinheilig K ra nk e nh nzerne este e T llt (e n Ratge am e Development Rüstungsko fer e rrich ten. benop tiny url.c nglis ch). ber Goals ser für Bom hler om/le Positive Nachric /klimaheuc ila1 nachhaltige En hten über tinyurl.com 7 twicklung in Wien und weltw eit. zukunftsreze pte.at Grünbuch fü r eine e Energie- un f f e ntlich r Klimastrate d Das ö e Sustainable ä c h in d gie Ges p r kratie Development Goals SOL hat sich an der Onlin e- D e m o Konsultation beteiligt. Die – eine nach- Hass n Über die UN-Ziele für gebnisse find Er- en de in Gs) ist et ihr unter te gi en geg ständigung haltige Entwicklung (SD Stra r Ver ft. ssa nte Brosch üre für tinyurl.com en de llscha eine intere /geks17 Chanc ralen Gese onau-Uni die Sekundarstufe II zu m u D der pl nz an der Downloa d erschienen: n fe re ärz . Ko .M 2 s, 7./8 03 rl.com/sd tinyuFrühjahr g17a 2017 SOL Nr. 167 K r em /du17 rl.com tinyu
magazin Die Redaktion: Mario Sedlak (Wien), Eva Mittermeier (Stmk.), Dan Jakubowicz (Burgenland), Joe Gansch (Bur- genland), Bobby Langer (Bayern). Inhalt Liebe SOL-Leserin, lieber SOL-Leser! Klima und Energie 4 „Im Kleinen und im Großen“, unter diesem (Klimaallianz, Agrosprit, Energieberatung) Motto steht das vorliegende Heft. Wir haben Gruß aus dem SOL-Büro 9 bei verschiedenen Themenkreisen die kleinen Schritte, die jede/r von uns tun kann, mit der Landwirtschaft und Ernährung 10 globalen Sicht verknüpft. (Foodcoop, solidarische Landwirtschaft, Kürbisanbau, Gentechnik) Beim Bereich „Klima und Energie“ geht es Märchenhaftes 14 um konkretes Energiesparen im eigenen (Bremer Stadtmusikanten, Erzählfestival) Haushalt – und zugleich um die Klimaallianz Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft 17 und Österreichs Agrosprit-Politik. (Vernetzungsplattform, Ernst Gehmacher, Beim Thema „Landwirtschaft und Ernäh- Isolde Charim, Harald Welzer, Regionalgeld, Hans Holzinger, Lungauer Herbstsymposion) rung“ spannen wir den Bogen von der „grünen Gentechnik“ über Food-Coops und Flüchtlinge 24 (SOL-Integrationsprojekt, Erfahrungsbericht) solidarische Landwirtschaft bis hin zu selbst gepflanzten Kürbissen. Bauerngolf und soziale Verantwortung 26 „Gesellschaftlicher Wandel“ wird in Grund- Projekttelegramm 27 satzartikeln von Ernst Gehmacher und Hans Cradle to Cradle 28 Holzinger beleuchtet – und findet seinen kon- SOL-Termine 30 kreten Niederschlag in lokalen Vernetzungs- Impressum, Offenlegung 15 plattformen und Regionalgeld. In allen drei Feldern versuchen wir, das Grund- Sapphog. 20/1, 1100 Wien prinzip von SOL aufzuzeigen: Wir brauchen Tel. 0680/208 76 51 sowohl eine Änderung des persönlichen Mail sol@nachhaltig.at Lebensstils als auch eine Änderung der Web www.nachhaltig.at gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbe- dingungen – SOLis sind in einzelnen Bereichen Der Verein SOL ist überparteilich und überkon- fessionell, existiert seit 1979 und hat ca. 2000 schon aktiv. Mitglieder in ganz Österreich. Wenn du die Zei- In diesem Sinn wünschen wir euch beim Lesen tung per Post bekommen willst (4x pro Jahr), viele Anregungen! reicht eine Einzahlung in beliebiger Höhe (Selbsteinschätzung). Kontodaten S. 15. Die Redaktion SOL Nr. 167 Frühjahr 2017 3
Wir retten das Klima weltweit Von Stephan Neuberger. Im November 2016 fand ein Klima- Was tut die Klimaallianz? gipfel in Marrakesch (Marokko) SOL ist schon seit Jahren aktives Mitglied statt. Diese Gipfel sind eigentlich in der Allianz für Klimagerechtigkeit. Die- rein für Staaten gedacht, aber es se dient als dauerhafte Themenplattform durften auch Nichtregierungsorga- österreichischer NGOs, die in den Berei- nisationen dabei sein und ihre Sicht chen Umwelt, Entwicklungszusammenar- einbringen. Für Österreich taten das beit, Soziales und humanitärer Hilfe tätig Global 2000 und Greenpeace, die sind. Sie setzt sich für mehr Klimaschutz über die sogenannte Allianz für Kli- in Österreich und für internationale Kli- magerechtigkeit mit über 20 weite- magerechtigkeit ein und will Bewusstsein ren österreichischen Organisationen für den Zusammenhang zwischen Klima – darunter SOL – vernetzt sind. und Entwicklung schaffen. In Marrakesch wurde vorwiegend Für SOL waren in den letzten Jahren vor allem Vera ausverhandelt, dass beim Klimagipfel in Polen 2018 Besse als Koordinatorin und Sabine Schleidt in der ein großes Umsetzungspaket beschlossen werden Allianz engagiert. Im Zuge des Obfrau-Wechsels und soll und nicht so wie bisher lediglich kleine Umset- des Rücktritts von Sabine Schleidt bei SOL voriges zungsschritte. Wie auch in den Vorjahren, so war Jahr wurde die SOL-Vertretung in der Allianz für Kli- auch in Marokko die Klimafinanzierung eines der magerechtigkeit von mir übernommen. Vera Besse heikelsten Themen. Ein Dauerbrenner seit Kopenha- blieb der Allianz aber als erfahrene Koordinatorin er- gen 2009, als die Industriestaaten versprachen, die halten. Unterstützung für die Entwicklungsländer bis 2020 auf ein Niveau von jährlich 100 Mrd. Dollar anzuhe- Insgesamt sind in der Allianz für Klimagerechtigkeit ben. So war Marrakesch ein Test dafür, wie ernst die ca. 25 Organisationen vom WWF über die Dreikö- Industriestaaten ihre Finanzverpflichtungen nach nigsaktion bis zum Roten Kreuz engagiert (nähere dem Inkrafttreten des Paris-Abkommens nehmen Infos siehe www.klimaallianz.at). Für die operative würden. Tätigkeit ist eine Steering Group (frei übersetzt ein Lenkungsausschuss) bestehend aus 8 Organisatio- Zwar veröffentlichten die OECD-Industrieländer nen zuständig. Seit Herbst 2016 ist es meine Aufga- kurz vor dem Gipfel den lang geforderten 100-Mrd.- be, SOL in diesem Gremium zu vertreten. Fahrplan1, wonach ihre öffentlichen Klimamittel bis zum Jahr 2020 auf jährlich 67 Mrd. Dollar anwach- Aufgrund der kurzen Zeit konnte ich erst an zwei sen und der Rest durch die Mobilisierung von Privat- Treffen teilnehmen. Bei meiner ersten offiziellen mitteln geschlossen werden sollte. Allerdings stieß Teilnahme innerhalb der Steering Group kurz vor die von den OECD-Ländern benutzte überaus opti- Weihnachten dominierten vor allem internationale mistische Rechnungsführung auf breite Kritik. Themen rund um den Weltklimavertrag von Paris und der nunmehrigen Umsetzung der ambitionier- Hoffnungsvoll war hingegen der Grundton der Kon- ten Ziele. ferenz. Obwohl an der Spitze der USA nun mit Do- nald Trump jemand steht, der von einem menschen- Darüber hinaus wurde in der Allianz auch die weite- gemachten Klimawandel nichts wissen will, bekräf- re Entwicklung der österreichischen Klima- und tigten alle Länder, allen voran China, am Pariser Ab- Energiestrategie besprochen (SOL berichtete hierzu kommen festzuhalten. Die Welt steht also nach wie in der letzten Ausgabe). So wird eine Rahmenstrate- vor geschlossen hinter der Rettung des Planeten. gie in Form eines Dokuments, das als Weißbuch be- zeichnet wird, bis Mitte 2017 von der Regierung fer- Nicht gerade mit Ruhm überschüttet wurde ausge- tig gestellt sein. Unklar ist jedoch, ob dieses Weiß- rechnet Österreich während der Konferenz. Unter buch dann bereits die offizielle Strategie ist oder auf anderem aufgrund der Nachlässigkeit unseres Lan- Basis dessen noch eine detailliertere entwickelt des, konkrete Zahlungen für den „Green Climate wird. Die Allianz für Klimagerechtigkeit bleibt hierzu Fund“ (dem vorhin erwähnten 100-Mrd.-Dollar- jedenfalls am Ball und versucht, die Strategie nicht Fonds) bekannt zu geben, wurde die Alpenrepublik von dem Klimaschutz entgegengesetzten Kräften mit dem „Fossil-of-the-Day“-Preis ausgezeichnet.2 verwässern zu lassen. Eine Botschaft also an unsere Regierung, zukünftig mehr zu tun. (1) Details siehe www.oecd.org/env/cc/oecd-climate-finance-projection.htm (2) www.climatenetwork.org/fossil-of-the-day 4 Frühjahr 2017 SOL Nr. 167
Österreichs Agrosprit-Bilanz – ökologisch sehr bedenklich Von Josef Hoppichler, Bundesanstalt für Bergbauernfragen, Wien. Bereits in den Jahren 2008 bis 2011 be- gem Stickstoffbedarf könnten eher ei- schäftigte sich SOL intensiv mit dem The- nen nützlichen Klima-Beitrag erbrin- ma „Agrosprit“ (Wie er zum Welthunger gen.“3 beiträgt – und was ihr dagegen tun Kurz: Es besteht eine hohe Wahrschein- könnt)1, und SOL war federführend in der lichkeit, allein durch den Standard der damaligen Kampagne „Brot auf den Teller gegenwärtigen Intensivlandwirtschaft und nicht in die Tanks!“ Das Ergebnis der das Klima durch Agro-Treibstoffe nicht nachfolgenden parlamentarischen Be- zu kühlen, sondern es erst recht anzu- handlung der Petition (2008/09) und die heizen. Dabei hatte Crutzen und Co. diversen Stellungnahmen der Ministerien noch nicht einmal auf die indirekte waren politisch diskussionswürdig2. Da- Landnutzungsänderung (ILUC) durch mals forderten die NGOs: Palmöl oder Sojaöl reflektiert. Es gab zwar kurzfris- Das Recht auf Nahrung soll auf allen Ebenen Vor- tig eine Riesenaufregung darüber – aber in der Folge rang haben. Die Energieproduktion darf nicht in kehrte wiederum allgemeine Ignoranz in Politik und Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen. Verwaltung ein. Die Kennwerte der Crutzen-Studie Für die Energiegewinnung aus Biomasse dürfen wurden als zu theoretisch abgetan und fanden nicht nur organische Abfallstoffe (z.B. Erntereste) so- Eingang in die offiziellen Kalkulationsunterlagen zur wie Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft einge- Berechnung der CO2-Einsparungen. setzt werden. 2012 gab es eine weitere Aufregung: Hartmut Mi- Kein Beimischungszwang für Agrotreibstoffe chel, Chemie-Nobelpreisträger 1988 vom Frankfur- („Biosprit“). ter Max-Planck-Institut für Biophysik, hat anlässlich Erreichung der Klimaschutzziele z. B. durch ver- einer Tagung von Nobelpreisträgern in Lindau am stärkte Förderung von Wärmedämmung, öffentli- Bodensee losgelegt: „Ich will diesen Unsinn nicht chem Verkehr, Sonnen- und Windenergie. unterstützen!“4 und hat auch gleich eine Publikation Diese Forderungen sind heute noch sehr aktuell und in der internationalen Ausgabe des Journals „Ange- sind es wert, im Verhältnis zur 2017er-Realität über- wandte Chemie“ nachgelegt5. Seine Hauptargumen- prüft zu werden. Was ist mittlerweile passiert? te, unterlegt durch entsprechende Kennziffern der Fotosyntheseleistung von Pflanzen, sind die Konkur- Selbst Nobelpreisträger und ihr renz zur unverzichtbaren Ernährung und die ökolo- Know-how werden ignoriert gische und klimatische Ausgleichsfunktion der Wäl- der und Regenwälder, die insbesondere im globalen 2007 hatte ein WissenschaftlerInnen-Team vom Süden extrem unter Druck geraten sind. IIASA-Laxenburg zusammen mit dem Nobelpreisträ- ger und Atmosphärenchemiker Paul Crutzen in einer Im Gegenteil, wollte man durch die Landbewirtschaf- wissenschaftlichen Publikation festgehalten, dass tung einen Klimabeitrag erbringen bzw. unseren Fuß- „die Produktion der allgemein verwendeten Bio- abdruck verkleinern, „so wäre es viel sinnvoller, das Treibstoffe, wie Biodiesel aus Raps und Bioethanol Land, das man für die Energiepflanzenproduktion ver- aus Mais, viel mehr zur globalen Erwärmung durch wendet, wieder aufzuforsten, weil die 1%-Fotosynthe- N2O-Emissionen beitragen können, als sie durch seeffizienz von Waldbäumen 2,7 kg CO2 pro Quadrat- Einsparung an fossilen Treibstoffen ‚kühlen’. Nur ex- meter fixieren würde. Dagegen haben Biotreibstoffe tensive Pflanzen, wie Gräser und Bäume, mit gerin- nur eine Nettoeffizienz von 0,1 %.“ (1) Agrosprit - Wie er zum Welthunger beiträgt – und was ihr dagegen tun könnt: siehe SOL Nr. 132, 133, 134 (2008) - Die Mythen des Agrosprit SOL Nr. 135 (2009); Hunger durch Agrosprit: siehe SOL Nr. 143 (2011) (2) http://www.nachhaltig.at/Agrospritpetition.pdf; https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/PET/PET_00021/index.shtml (3) CRUTZEN P.J., MOISIER A.R.; SMITH K.A., WINIWARTER W. (2007): N2O release from agro-biofuel production negates global warming reduction by replacing fossil fuels. Atmos. Chem. Phys. Discuss., 7, 11191–11205, 2007: www.atmos-chem-phys.net/8/389/2008/acp-8-389-2008.pdf (4) Nobelpreisträger über Bioenergie: „Ich will diesen Unsinn nicht unterstützen“ – in der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) vom 26.7.2012: http://www.faz.net/aktuell/wissen/zukunftslabor-lindau/nobelpreistraeger-ueber-bioenergie-ich-will- diesen-unsinn-nicht-unterstuetzen-11812273.html (5) MICHEL Hartmut (2012): The Nonsense of Biofuels. In: Angew. Chem. Int. Ed. 2012, 51,2516-2518; http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.201200218/full SOL Nr. 167 Frühjahr 2017 5
Also ist die moderne Landwirtschaft im Verhältnis noch kaum 10 % des österreichischen Agro-Diesel- zur Forstwirtschaft (mit einem gut deckenden Be- Bedarfs. Dafür haben sich die Nettoimporte an Öl- stand) nur ca. 1/10 so effizient in der CO2-Bindung. saaten verdoppelt und erreichen heute ca. 356.000 Auch ist der Nettoenergiegewinn eines Hektar Wal- Tonnen. Parallel dazu sind die Importe an rohen des unverhältnismäßig höher als jener des dün- pflanzlichen Ölen (netto) um den Faktor 2,3 ange- gungsintensiven Ackerbaus. Aber auch diese Kritik wachsen – von ca. 119.000 t auf 271.000 t. verpuffte. Es ist einfach atemberaubend, wie ent- Nachdem damit zu rechnen ist, dass der Nahrungs- koppelt Politik und Wirtschaft, und mit diesen bei- und Futtermittelverbrauch eher konstant geblieben den zusammen die willfährige Verwaltung, agieren ist, muss davon ausgegangen werden, dass diese im- können, wenn die Profite durch Förderungen gesi- portierten Zuwachsmengen fast ausschließlich in chert sind. Man täuscht also ein CO2-einsparendes die Treibstoffproduktion gingen. Wir erzeugen der- Perpetuum-Mobile vor und negiert einfach sämtli- zeit in Österreich ca. 340.000 Tonnen Fett-Methyl- che biophysikalischen Gesetzmäßigkeiten. ester (FAME)1 – was aber wiederum nur 50 % der ge- Ob das gut geht? Denn der „Unsinn“, von dem der samten Agro-Diesel-Beimischung entspricht. Nobelpreisträger Hartmut Michel spricht, der findet Durch die politisch induzierten Vorgaben zur Beimi- schon fast 10 Jahre statt; in Nord- und Südamerika, schung – das sind 5,75 % gemessen am Energieinhalt, in der EU und vor allem auch in Österreich. welche aber Österreich 2015 mit 8,9 % wesentlich über- Und was ist die österreichische Realität? erfüllte – erreichen wir einen Inlandsabsatz von ca. 684.000 Tonnen (FAME plus die sogenannten „hydrier- Bereits im Sommer 2008 stellten wir im SOL-Magazin ten Pflanzenöle“ HVO - vgl. Abb.). Letztere HVO betref- fest: „Österreich ist für seine Größe ein überproportio- fen ca. 78.000 Tonnen, welche ausschließlich aus Süd- naler Täter.” Es wurden damals 120.000 Tonnen Agro- ostasien importiert werden und damit ausschließlich bil- Diesel produziert, wobei aber wiederum über die Hälf- liges und ökologisch bedenkliches Palmöl beinhalten. In te des Pflanzenöls importiert wurde. Die Agro-Ethanol- Summe zeigt sich, dass nicht nur fast 50 % des in Öster- Produktion war gerade im Anlaufen. reich verbrauchten Agro-Diesels direkt importiert wer- Und was hat sich bis 2015 ergeben? Wir bauen zwar den, sondern dass auch zusätzlich fast die gesamte In- im Verhältnis zum Durchschnitt der Jahre 2005/06 landsproduktion des Agro-Diesels aus Importrohstoffen um ca. 16 % mehr an Ölsaaten insgesamt an – was in Form von Ölsaaten und pflanzlichen Ölen aus dem erklecklich wenig ist für die österreichische Produk- Ausland stammt. Agro-Diesel ist somit von der Rohstoff- tion, denn gleichzeitig stagnierte der Rapsanbau auf seite her fast ausschließlich ein Importprodukt – genau- ca. 50.000 bis 60.000 ha. Das entspricht auch heute so wie Mineralölprodukte. Neu ist aber: Die „Öl- scheichs” sind jetzt die internationa- len Agrarhändler. Nur um die Größenordnung des Inlandsabsatzes an Agro-Diesel einzuordnen: Wenn wir von einem jährlichen Agro-Dieselertrag von 1,2 t/ha ausgehen, so entspricht das einer Fläche von 570.000 Hektar, die wir gegenwärtig be- reits in die Tanks füllen. Das wä- ren ca. 42 % der österreichischen Ackerfläche oder 71 % der Getrei- defläche – die aber ausschließlich „importiert“ werden. Dazu kämen ca. 30.000 ha für den Inlandsab- satz an Agro-Ethanol. Also man kann mit Fug und Recht behaup- ten, dass größenordnungsmäßig in Österreich fast jeder zweite Hektar des Ackerlandes (d.h. 45 %) im Tank der Autofahrer landet. Allein beim Agro-Diesel zeigt sich, dass vorwiegend der internationa- le Agrar- und Mineralölhandel und (1) Umweltbundesamt und BMLFUW (2016): Biokraftstoffe im Verkehrssektor 2016 – Gesamtbericht; für HVO gibt es keine nennenswerte Produktion in Österreich 6 Frühjahr 2017 SOL Nr. 167
ein paar inländische Verarbeiter profitiert haben. Wenn die österreichische Landwirtschaft in ökono- Es gibt zwei Arten von Agro-Treibstoffen: mischer Hinsicht positiv betroffen war, dann nur da- Agro-Diesel, als Diesel-Ersatz bzw. Diesel- durch, dass allgemein in Europa die Preise bis ca. Beimischung: Dieser wird aus pflanzlichen 2012 für Ölsaaten und Getreide anzogen. Seitdem Ölen und tierischen Fetten hergestellt. Pflanz- stagnieren sie aber, weil die Weltagrarmärkte sich liche Öle wiederum stammen vorwiegend von auf die neue Situation eingestellt haben, bzw. das sogenannten Ölsaaten wie Raps oder Sonnen- wieder billig gewordene Erdöl sowohl auf der Kos- blumen (90 % des Einsatzes in Österreich) ten- als auch der Ertragsseite entlastend wirkt. Die oder werden aus Ölpalmen gewonnen. Man Einbindung der österreichischen Land- und Agrar- bezeichnet Agro-Diesel im internationalen wirtschaft in den europäischen und globalen Markt Sprachgebrauch als FAME (Fatty Acid Methyl wurde aber insgesamt verstärkt, die Handelsbezie- Esther) bzw. wenn er zusätzlich hydrolysiert hungen für Agrarrohstoffe intensiviert und die wird, als HVO (Hydrotreated Vegetable Oils) Agrarindustrie wurde entsprechend ausgebaut. Agro-Ethanol, als Benzin-Ersatz bzw. Ben- zin-Beimischung: Das ist die gängigste Alko- Dafür haben wir uns eine extrem zweifelhafte holform, die durch Fermentation und folgen- Agro-Diesel-Beimischung eingehandelt: Wir mögen der Destillation aus zucker- und stärkehältigen zwar nur ca. 15 % unserer Beimischmenge aus Pal- Pflanzen gewonnen wird. Rohstoffpflanzen möl herstellen (siehe dazu Kalkulationen des „Fact sind: Mais, Weizen, Zuckerrübe (89 % des Ein- sheet: Palmöl“ von Welthaus Graz)1 – was vielleicht satzes in Österreich), bzw. in Süd- und Mittel- für Europa unterdurchschnittlich ist, denn in den amerika Zuckerrohr. Die größte österreichi- letzten Jahren ging man davon aus, dass 43 % des sche Fabrik befindet sich in Pischelsdorf (NÖ). EU-Agro-Diesels aus Palmöl stammt. Aber durch den enormen Import von Ölsaaten, Ölen und Fettderiva- ten helfen wir entschieden mit, die europäischen nol („Bioethanol“) ist der Nettoeffekt nur zu ca. 25 % und globalen Märkte von pflanzlichen Ölen zu räu- wirksam in der Abschwächung des CO2-Ausstoßes. men, und sind deshalb volle Teilhaber am Gesamt- Und was Didier Bourguignon noch feststellte: Bei- prozess der Klimaerwärmung durch Regenwald- und nahe 99 % der „Bio-Treibstoffe“, die gegenwärtig in Ökosystemvernichtung. Und durch das Treiben der der EU verwendet werden, stammen von Nahrungs- globalen Agrarpreise bis ca. 2012 sind wir auch Teil- und Futterpflanzen. haber am globalen Hungerproblem. Österreich hat 2015 mit 8,9 % das Wir können eine ähnliche Analyse auch für Agro- Substitutionsziel deutlich übertroffen! Ethanol anstellen. In diesem Fall haben wir nur ei- nen Inlandsbedarf (Beimischung) von ca. 90.000 Und um es zum Schluss auch noch zu erwähnen: Tonnen pro Jahr. Hier weist Österreich – im Gegen- Nachdem wir seit 2005/06 große Mengen an Agro- satz zu Agro-Diesel – mit ca. 220.000 Tonnen (durch treibstoffen einsetzen, hat es heuer 2016 erstmals ein großes Werk in Pischelsdorf, NÖ) erhebliche einen halbwegs informativen Bericht zu den „Bio- Überproduktionskapazitäten auf. Dadurch wurden kraftstoffen im Verkehrssektor“ gegeben.3 Hier kön- wir, von der Rohstoffseite her betrachtet, im Laufe nen einzelne Statistiken inklusive der Bilanzen zum der letzten 8 Jahre vom Nettoexporteur an Getreide Handel eingesehen werden. Und noch etwas erfah- zu einem Nettoimporteur. Also auch hier räumen wir ren wir daraus: „Über den Zeitraum des Kalender- das Getreide vom EU- und Weltmarkt und dürften jahres 2015 wurde das lt. Österreichischer Kraft- große Probleme haben zu argumentieren, dass das stoffverordnung geforderte Substitutionsziel von „Brot“ nicht im Tank der österreichischen und euro- 5,75 % (gemessen am Energieinhalt) mit 8,9 % deut- päischen Autos landet. lich übertroffen.“ Zum zweifelhaften CO2-Einsparungspotential stellte Warum dieser Fleiß im Land der Raiffeisentürme? im Jänner 2015 Didier Bourguignon, Mitglied des Nach Schweden (ca. 13 %) sind wir damit führend in wissenschaftlichen Dienstes des Europaparlaments, der EU – noch vor Frankreich, Deutschland, Polen, in einem Briefing-Paper fest2: Bei einer zusätzlich Italien, Dänemark und Tschechien. Österreich ist ein berechneten durchschnittlichen indirekten Landnut- führendes Agrosprit-Land geworden – sehr bedenk- zungsänderung erzeugt der Agro-Diesel durch- lich. schnittlich um ca. 10 % mehr CO2, als er einspart (er „heizt“ also das Klima an), und selbst bei Agro-Etha- (1) Factsheet: Palmöl im österreichischen Agro-Diesel – Welthaus der Diözese Graz-Seckau: https://agrotreibstoffe.files.wordpress.com/2016/12/2016_12_factsheet_palmc3b6l_agrodiesel_c3b6sterreich.pdf (2) BOURGUIGNON Didier: EU biofuels policy - Dealing with indirect land use change — European Parliamentary Research Service Blog - https://epthinktank.eu/?s=biofuels http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2015/545726/EPRS_BRI(2015)545726_REV1_EN.pdf (3) Umweltbundesamt und BMLFUW (2016): Biokraftstoffen im Verkehrssektor 2016 – Gesamtbericht. SOL Nr. 167 Frühjahr 2017 7
Weniger Energie und Geld verbrauchen: mit Energieberatung Wer hilft mir, wenn ich Energie sparen möchte und nicht weiß wie? Von Josef Gansch, Mitglied der SOL-Taskforce Energie und Umwelt. Es wäre schon wünschenswert, wenn sich jeder bei Geld gespart werden. Wichtig beim Sparen ist, sei- „Energiefragen“ auskennen würde; unser Ver- nen eigenen Energieverbrauch zu kennen, also wie brauch würde vermutlich sinken anstatt zu steigen. viel elektrischen Strom (kWh), wie viel Heizmaterial, Diesem Umstand trägt eine Vereinbarung zwischen aber auch wie viel Liter Treibstoff (Benzin oder Die- dem Bund und den Bundesländern Rechnung: sel) verbrauche ich in einem Jahr? Darauf aufbauend Jede(r) muss bei Bedarf zu einer Energiebera- können Empfehlungen gegeben werden. Wer den tung kommen können! Verbrauch kennt, kann auch beobachten, ob er grö- ßer oder kleiner wird – einzelne Maßnahmen, egal So geht’s: Entweder man ruft die Energieberatung an ob im Verhalten oder aufgrund von Investitionen, (Kontaktliste: www.nachhaltig.at/energieberatung.pdf) zeigen bald ihre Auswirkungen. Wer seinen eigenen und stellt seine Fragen, oder man vereinbart einen Ter- Verbrauch kennt, kann sich auch mit anderen ver- min (vor Ort oder im Büro eines/r BeraterIn). Oft sind gleichen – im Idealfall mit effizienten Haushalten die Leistungen gratis oder zumindest günstig, Haushal- (siehe Tabelle oder www.strom-spar-familie.at). te mit geringem Einkommen erhalten meist Ermäßi- gungen! Personen Effiziente Beratungsthemen: Zumindest die Themen Neu- im Haus- Strom- Durchschnittlicher bau, Sanierung, Heizung und Strom werden angebo- Stromverbrauch halt nutzung ten, oft auch noch deutlich mehr! 1 1.200 kWh 1.700 kWh 2 1.700 kWh 3.400 kWh 3 2.500 kWh 4.100 kWh 4 3.000 kWh 4.700 kWh Stromverbrauch in Abhängigkeit von der Haushaltsgröße (ohne Warmwasserbereitung)1 Empfohlen wird, zumindest einmal im Monat den Zählerstand abzulesen und zu notieren. Mit dieser Energiebuchhaltung bekommt der Energieberater Hinweise und kann Ratschläge abgeben. Die Erfahrung zeigt, dass in fast jedem Haushalt Die Berater freuen sich, zu helfen Energie eingespart werden könnte. Das heißt, eine (Foto: Energieberatung NÖ, © Doris Seebacher) Konsultation eines Energieberaters oder zumindest ein Besuch auf der Homepage der jeweiligen Lan- Ziel dieser Beratungen ist, konkrete energiever- desregierung zahlt sich in den meisten Fällen aus, brauchs- und kostensenkende Maßnahmen zu er- für die Umwelt und auch für die eigene Geldbörse! kennen und aufzuzeigen. Fragen der Beratungskun- den werden dabei ebenfalls beantwortet. Kurze und prägnante Tipps gibt’s auf www.energieberatung-noe.at/images/doku/ Da die Beratungszeit begrenzt ist, ist es vorteilhaft, stromsparen_folder_energieberatung.pdf sich vorher auf der Homepage zu informieren. Viele Fragen können durch leichtverständlich aufbereite- Jeder Schritt zur Energieeffizienz, aber auch das te Unterlagen schon beantwortet werden. Dabei Weglassen von Geräten (Suffizienz) hilft, den Anteil werden jedoch sicherlich weitere, meist schwierige- von fossilen Energieträgern und Atomkraft zu redu- re, Fragen auftauchen! Wichtig: Notieren Sie sich zieren. Damit leisten wir alle einen Beitrag zur Errei- diese Fragen, damit sie beim Beratungstermin chung der Klimaziele. Jeder kann was tun! nicht vergessen werden! Sonnige Grüße! Hinweis: Energiesparen muss nicht immer was kos- joe@nachhaltig.at ten! Oft kann schon durch eine Verhaltensänderung (1) Quelle: http://www.energieberatung-noe.at/images/doku//energiesparen_broschuere_energieberatung.pdf 8 Frühjahr 2017 SOL Nr. 167
Gruß aus dem SOL-Büro Unsere neue Mitarbeiterin, die ab nun alle unsere Mitglieder, SpenderInnen und KundInnen betreut, stellt sich vor. Ich heiße Katarina Rimanoczy und bin 37 Jahre alt. Aufgewachsen bin ich in der Slowakei. Zum Studie- ren bin ich nach Deutschland gegangen, dann zum Arbeiten in die USA und schließlich mit Sabi, mei- nem ungarischen Mann, in Wien gelandet. In einem gemeinschaftlich bewohnten Haus in der Seestadt Aspern (brot-aspern.at) haben wir ein Zuhause, in dem wir uns wohlfühlen, gefunden. Unsere Familie wurde um zwei kleine Zwerge größer. Seit Herbst gehen unsere beiden Buben in den Kindergarten. So ist in meinem Leben ein freies Fenster entstanden. Diese Zeit mit einer Tätigkeit zu füllen, die mir einen Sinn gibt, bereichert mich sehr. Den ersten Kontakt zum Verein SOL hatte ich vor vier Jahren. Zufällig ist mir das SOL-Magazin in die Hände gekommen. Als ich vom Ich-habe-genug-Fernkurs ge- lesen hatte, wusste ich sofort, dass dieser eine Chance Kati an ihrem Arbeitsplatz im Bauerngolflokal ist, mein Leben neu aufzusetzen. Damals war ich Anliegen mit bestem Wissen und Gewissen erledi- schwanger und neu in Wien. Ich fürchtete mich vor gen zu dürfen. der Vorstellung, dass ich mit einem Neugeborenen meine Zeit nur zu Hause verbringe, ohne Kontakt zur Ihr erreicht mich unter Tel. 0680 / 208 7651, Email Außenwelt. office@nachhaltig.at und persönlich Mo, Di, Do 8.00–12.00 Uhr im Bauerngolflokal, Sapphog. 20/1, Der Genug-Fernkurs war eine wundervolle Chance, 1100 Wien (Besuche bitte sicherheitshalber vorher meine Ängste aus dem Weg zu räumen. Es war für anmelden). Ich freue mich, euch kennenzulernen! mich eine sehr befriedigende Vorstellung, mit Gleich- gesinnten, die auch einen Neuanfang bei sich wagten, Ich wünsche mir und uns ein Jahr voller kreativer in Kontakt zu treten, ohne mein kleines Baby verlassen Ideen, wo der Mensch im Einklang mit sich selbst zu müssen. Meine Erwartungen sind in Erfüllung ge- und seinem Lebensraum leben darf. gangen. Die Zeit mit dem Neugeborenen habe ich auch Katarina Rimanoczy dank des Fernkurses genießen können. Neue Datenbank Seitdem hat mich der Verein SOL nicht verlassen. Ich Zeitgleich mit Katis Arbeitsbeginn hat es „hinter habe immer wieder den Weg zu SOL-Veranstaltungen den Kulissen“ bei SOL eine große Umstellung gege- gefunden und die echten SOLis kennengelernt. Im ben: Die gesamten Mitgliederdaten haben ein neues Herbst habe ich den Schritt gewagt, einen Ich-habe- „Zuhause“ bekommen, nachdem unsere bisherige genug-Nahkurs in der Seestadt Aspern zu gründen. Datenbank das biblische Alter von 30 Jahren er- Eine kleine, aber feine Gruppe von 12 Leuten trifft sich; reicht hatte und nicht mehr zeitgemäß war. Bestel- nicht nur, um die spannenden Lektionen zu bespre- lungen, die uns via www.nachhaltig.at/shop errei- chen, sondern auch um gemeinsam themenbezogene chen, können wir nun rasch und ef- Veranstaltungen zu besuchen. fizient bearbeiten. Nun stehe ich vor der Herausforderung, Die Neuentwicklung war ein 2-Jah- die Administration des SOL-Vereins gut res-Projekt, und es wird in der An- zu bewältigen. Ich freue mich auf die fangszeit wohl auch zu manchen spannenden Aufgaben, auf die Bespre- Kinderkrankheiten kommen, z. B. chungen mit bekannten und unbekann- dass du Zuschriften doppelt er- ten SOLis, auf die virtuellen und persönli- hältst oder das Abo trotz Zahlung chen Kontakte zu euch und darauf, euer ausläuft, weil Zahler und Empfän- ger unterschiedliche Leute sind. In Fr., 19. Mai: Nachbarschaftstag von diesem Fall bitten wir um Verständ- 14.00-20.00 im neuen SOL-Büro, Mario ist unser ehrenamtli- nis und Meldung an Kati. Sapphog. 20/1, 1100 Wien! cher technischer Betreuer der Datenbank Mario Sedlak SOL Nr. 167 Frühjahr 2017 9
„Die Foodcoop hat mein Leben verändert.“ Brigitte aus dem Ich-habe-genug-Nahkurs in Wien-Aspern freut sich, dem Konsumwahn zu entkommen. Von Mario Sedlak Eine Foodcoop ist eine Einkaufsgemeinschaft. Wann gen werden gemeinsam getroffen. Jeder hat eine ei- immer Brigitte Hunger bekommt, kann sie in den gene Wohnung, aber es wird erwartet, dass man sich Keller ihres Wohnhauses gehen und sich Lebensmit- an gemeinsamen Aktivitäten beteiligt und gegensei- tel holen. „Ich bin dadurch viel entspannter. Stressi- tig Unterstützung gibt. Für gesellige Menschen wie ge Supermarktbesuche nach der Arbeit oder vorm Brigitte ist dieses Konzept ideal: „Ich fühl mich hier Wochenende sind nicht mehr notwendig, weil ich irrsinnig geborgen.“ weiß, in der Foodcoop gibt’s eh was“, erklärt sie. Wenn eine Wohnung frei wird, gibt es wie in einer Stu- denten-WG Aufnahmegespräche, um herauszufinden, ob die Leute, die einziehen wollen, zur Gruppe passen. Dadurch gibt es viele Gleichgesinnte im Haus und die nötige Vertrauensbasis für die Foodcoop. Genuss ohne Konsum Wie man auch ohne viel Geld glücklich werden kann, hat Brigitte von klein auf gelernt. Von ihren Eltern bekam sie hauptsächlich Essen aus dem eigenen Garten. Es gab keine Banane, aber dennoch hatte Brigitte nie das Gefühl, auf etwas zu verzichten. „Das Essen schmeckte immer“, lächelt sie. Jetzt, wo sie in der Seestadt in Wien-Aspern wohnt, freut sie sich über den namensgebenden Badeteich, in dem sie nach der Arbeit kostenlos schwimmen ge- Die Foodcoop wird von mehreren Hausbewohnern hen kann. „Das ist wie Urlaub am Meer“, schwärmt ehrenamtlich organisiert. Als Lieferanten werden sie. Außerdem gefällt ihr an der Seestadt, dass es kleine Bauernhöfe in der Nähe bevorzugt. Die Le- hier (noch) keine „Konsumtempel“ gibt, sondern nur bensmittel sollten biologisch sein, aber das muss kleine Geschäfte. An der Seestadt wird bis minde- nicht unbedingt mit Zertifikaten belegt sein. Diens- stens 2028 gebaut, deswegen kann sich das noch än- tag wird bestellt, Freitag wird geliefert. Verderbli- dern. Da einige Flächen für unkonventionelle Wohn- che Ware gibt’s nur auf Bestellung, weshalb nur formen reserviert wurden, findet man hier über- ganz wenig im Abfall landet und die Produkte fast durchschnittlich viele Menschen, die an Nachhaltig- ohne Aufschlag zum Einkaufspreis abgegeben wer- keit und dem notwendigen gesellschaftlichen Wan- den. Lediglich für die Einrichtung des Lagers (Kühl- del interessiert sind. schränke, Regale, Waagen usw.) wird ein Gemein- kostenbeitrag von 3 Prozent eingehoben. Dafür müs- Ein Auto braucht Brigitte nicht. „Zugfahren ent- sen die Teilnehmer selbst putzen, aufräumen, Müll spannt“, sagt sie. „Das kann die Zeitersparnis im entsorgen und vor allem auch ihre Einkäufe abrech- Auto nicht aufwiegen.“ Sie versteht nicht, wieso die nen. Das geht nur auf Vertrauensbasis, was auch der Autofahrer so gerne im Stau stehen und nicht zumin- Grund ist, dass die Foodcoop für Hausfremde nicht dest Fahrgemeinschaften machen. zugänglich ist. Brigitte ist kein fanatischer Konsumverweigerer: Sie gönnt sich gerne einen längeren Urlaub in Asien. Wohnprojekt Brigitte wohnt in einem Gebäu- de, wo 60 Erwachsene und 20 Foodcoops in Österreich: Mehr über das gemeinschaftliche Kinder in einer Art Wohnge- umweltberatung.at/foodcoops Wohnhaus, in dem Brigitte zuhause meinschaft leben. Das heißt: Ge- ist: lisa.co.at – Leben in der See- Foodcoops in Deutschland: meinschaftseinrichtungen kön- stadt Aspern. Für Gruppen werden foodcoops.de nen von allen benutzt werden, kostenlose Führungen abgehalten. die Verwaltung machen die Be- Foodcoop selbst gründen: Termine unter info@lisa.co.at wohner selbst und Entscheidun- foodcoops.at 10 Frühjahr 2017 SOL Nr. 167
Solidarische Landwirtschaft Alternative Vermarktung oder Alternative zur Vermarktung? Von Lorenz Glatz sen. Solidarische Landwirtschaft wird meist kurz so er- klärt: Konsument*innen zahlen jährlich oder monat- lich im Voraus einem Hof Geld für einen Anteil an der Ernte. Eventuell arbeiten sie sogar ein wenig freiwillig mit. Als SOL im Jahr 2013 über solidarische Landwirtschaft (kurz: SoLawi) berichtete (Sustaina- ble Austria 62; nachhaltig.at/SusA62.pdf), gab es in Österreich vier solche Projekte. Inzwischen sind es über 20, mit deren Bio-Gemüse, -Kräutern, -Früch- ten, z. T. auch -Milchprodukten und -Fleisch insge- samt einige tausend Menschen versorgt werden. Es gibt keinen Preis der einzelnen Produkte und auch keine fixe Menge, sondern es gibt die konkrete Ernte und die damit verbundenen Erfordernisse der Land- wirtschaft, denen alle Beteiligten für ein Gelingen Wer sind die Profis, wer die Helfer? auf ihre Weise gerecht werden müssen. Die Ernte wird sodann nach den angemeldeten Bedürfnissen kleinen Eigengrund neu errichtet werden. Das ge- verteilt. lang nur durch den gemeinsamen Arbeits- und Geld- einsatz aller Beteiligten. Es war dies ein Zusammen- Neue Entwicklungen werden oft nach alten benannt. rücken, das demnächst zur Gründung einer Stiftung So heißt SoLawi oft „alternative Vermarktung“; sie (tinyurl.com/rasenna17) führen soll. In diese sollen wird auf die Aktivität von Bauern reduziert, mit der die angeschaffte Infrastruktur und ein Teil des Ei- sie kaufkräftige Abnehmer*innen für ihre Produkte gengrunds eingebracht und durch die Stiftung über finden und möglichst an sich binden wollen. Dafür den Wechsel der aktuell beteiligten Menschen hin- gibt es inzwischen auch Hilfestellungen bei Land- aus auch in Zukunft für Gemeinschaften solidari- wirtschaftskammer und Bio-Austria. scher Landwirtschaft gesichert werden. Der Markt steht ja im Zentrum unserer Wirtschafts- International heißt SoLawi „Community Supported ordnung. Er beruht aber auf Konkurrenz – des einen Agriculture“ (CSA). Grundkonsens ist Solidarität Erfolg ist der anderen Niederlage, Rücksicht ist po- statt Marktlogik: „Essen ist Gemeingut, keine tentiell existenzgefährdend. Eine Einbettung in soli- Ware“, steht unter den CSA-Leitprinzipien der „Er- darische menschliche Beziehungen und Rücksicht- klärung der europäischen CSA-Bewegung“ vom Ok- nahme auf die Natur steht im Widerspruch zu seiner tober 2016. Kooperation gibt es nicht nur innerhalb Logik und wird bei Bedarf geopfert. der Projekte, sondern sie soll auch die Konkurrenz zwischen diesen durch Absprachen und gegenseiti- Das Neue an SoLawi sind aber genau diese mensch- ge Hilfe ersetzen. GeLa Ochsenherz hat das in einem lichen Beziehungen und vor allem die Logik der Positionspapier so zusammengefasst: „GeLa / SoLa- Rücksicht auf einander, die künftigen Generationen wi / CSA sind keine alternative Form der Vermark- und die Mitwelt. So werden z. B. bei etlichen Initiati- tung, sondern eine Alternative zur Vermarktung!“ ven die finanziellen Beiträge nach den individuellen Möglichkeiten selbst bestimmt. Auch wie viel die Mitglieder wovon bei der wöchentlichen Abholung Zum Weiterlesen: www.ochsenherz.at mit nach Hause nehmen, können sie bei manchen Projekten in „freier Entnahme“ selbst bestimmen. Einige Ernteanteile für 2017/2018 sind übrigens Mitarbeit bei der Verteilung, auf den Feldern und bei noch zu haben (um durchschnittlich 110,- pro der Verwaltung des Projekts ist allgemein freiwillig Monat). Ein Ernteanteil entspricht dem, was ein und meistens ehrenamtlich. Gemüsefreund in einer Woche so braucht. Abho- len kann man das in „freier Entnahme“ ganzjährig „Ge(meinsam)La(ndwirtschaften) Ochsenherz“, die wöchentlich beim Wiener Naschmarkt und am erste Initiative in Österreich, besteht deshalb noch, Gärtnerhof in Gänserndorf, etliche Abholstellen weil es diese menschlichen Beziehungen und diese für Kistl (während der Saison) sind über Wien ver- andere Logik gibt: Der Großteil des gepachteten streut. Ackerlands ging durch Umwidmung in Bauland ver- loren. Die gesamte Infrastruktur (Folientunnel, Anmeldungen unter: gela@ochsenherz.at Brunnen, Strom, Wasser, Kanalisation und Contai- SoLawi in Österreich: tinyurl.com/solawi17 ner) musste auf dem einige Kilometer entfernten In Deutschland: solidarische-landwirtschaft.org SOL Nr. 167 Frühjahr 2017 11
Kürbisse selbst anbauen Von Hannah Bruckner. Als Gärtnerin liebe ich Kürbisse we- Brennnesseljauche gießen. Unter gen ihrer kinderleichten Anzucht den genannten Bedingungen wird und ihrer Schönheit. Man nehme sich die Kürbispflanze gut entwi- Anfang Mai einen Kern (oder zwei), ckeln, zu gut, wenn man sich vor- stecke ihn in einen nicht zu kleinen her nicht überlegt hat, wie viel Topf (oder in einen großen Jo- Platz ein Kürbis wirklich braucht. ghurt-Becher mit Abzugloch), bede- Also kurz gesagt: Wenn man nicht cke mit feuchter, guter Erde und will, dass der Kürbis alle anderen warte etwa eine Woche im warmen Gemüsekulturen überwuchert, Zimmer. Sehr schnell erscheinen Kürbisblüte mit Biene: Jetzt geht’s zur sollte man ihn bewusst als Kletter- die Keimblätter, die natürlich dann Sache! (pixabay.de) pflanze z. B. auf einen Baum oder viel Licht brauchen, z. B. an einem Strauch, Klettergerüst oder Mauer hellen Fenster. Die Pflanze darf wachsen lassen. nicht zu nass, aber auch nicht zu trocken stehen, dann In Augenhöhe lassen sich auch die wunderschönen werden rasch große Blätter treiben. Nach den Eisheili- Blüten viel besser bewundern. Sie nehmen es mit jeder gen – Mitte bis Ende Mai – pflanzt man den Kürbis nach Blütenpflanze auf! Auch die Blätter – wenn nicht gera- draußen an eine sonnige und nährstoffreiche Stelle. de vom Hagel zerfetzt – sind die reinste Zierde. Ich Ein reiches Nährstoffangebot erreicht man durch ver- habe eine alte Holzleiter zum Aufklappen als Kletterge- schiedene Möglichkeiten: rüst für eine Kürbispflanze bestimmt. Im Nu haben die A) durch Vermischen der Erde mit Kompost Ranken die Leiter umhüllt und ein dicker, runder Kür- bis steht eingeklemmt zwischen zwei Sprossen. Weite- B) durch Vermischen der Erde mit einer Handvoll re Früchte hängen an den Trieben. Horngrieß (wirkt schnell) und Hornspäne (wirken später) plus einer kleineren Menge Stein- oder Lava- An anderen Stellen wachsen bei mir Kürbispflanzen mehl (oder Asche eines früheren Lagerfeuers) in Obstbäume hinein – ganz ohne Probleme. Es sieht wirklich fantastisch aus, obwohl ich es so nicht ge- C) durch Vermischen der Erde mit einer Handvoll plant hatte. Ich habe nämlich im Mai einfach „ural- pelletiertem Rindermist plus wieder Stein- oder La- te“ Kürbissamen (älter als 5 Jahre) auf ein Stück vamehl (oder Asche eines Lagerfeuers). Erde gestreut und war sicher, dass da eh nichts Wer all das nicht zur Verfügung hat, kann während des mehr kommt. Aber weit gefehlt: Vermutlich sind alle Wachstums möglichst jede Woche mit verdünnter Samen gekeimt, alles war bedeckt mit kleinen Pflänzchen, die rapide heranwuchsen. Ich beglückte SOL-MitarbeiterInnen stellen sich vor: Freunde und Nachbarn mit Kürbissen, hatte aber Martin Zanolin noch immer so viele, dass ich sie an alle möglichen und unmöglichen Stellen (z. B. an den Fuß von Obst- Wien; freiwilliger bäumen) setzte. Sterben sollten sie keinesfalls! Mitarbeiter Fast hätte ich vergessen, zu erwähnen, dass Kürbis- Auf der Suche nach der pflanzen sehr gerne von Schnecken verspeist wer- Möglichkeit, gesell- den und entsprechender Schutz anfangs vonnöten schaftlich mehr beizu- ist. Bei mir hat sich ein Schneckenzaun aus rostfrei- tragen, bin ich auf die em Edelstahl bewährt. Jobausschreibung von Hat man mehrere Sorten Kürbisse und/oder Zucchi- SOL gestoßen. ni im Garten, lässt sich dieses Gemüse nicht sorten- Da ich in meiner Tätig- rein züchten, weil sich die Pflanzen untereinander keit als selbständiger kreuzen. Besonders problematisch sind Zierkürbis- Designer weniger mit gesellschaftlichen oder se: Diese sind bitter und giftig und die entstandenen nachhaltigen Themen zu tun habe, bietet mir das Mischungen ebenfalls. Volontariat bei SOL einen optimalen Ausgleich. Bezüglich leichter Samenentfernung hat sich eine Durch die sehr offene Struktur bei SOL kann ich Kürbissorte sehr bewährt, nämlich der Butternuss mich in jedem Bereich einbringen und kann mir (Butternut)-Kürbis. Dieser hat alle Samen in einer aussuchen, welche Projekte mich interessieren kleinen, runden Höhle im bauchig verdickten und wo ich mitarbeiten möchte. Frucht-Ende. 12 Frühjahr 2017 SOL Nr. 167
Falsche Gentechnik-Versprechungen Neue Studien zeigen, dass die Gentechnik nicht die behauptete Hilfe für die Ernährung der wachsenden Erdbevölkerung und für die Anpassung an geänderte Umweltbedingungen ist. Von Astrid Tröstl, Oskar Luger und Katrin Urferer. Fast alle derzeit angebauten gv (gentechnisch verän- derten) Pflanzen haben ein Gen für eine Herbizidresis- tenz oder eine Insektenresistenz oder beides einge- baut. Im Falle der Herbizidresistenz werden die Kultur- pflanzen gegen ein Totalherbizid wie Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat unempfindlich gemacht. Insekten- resistente Pflanzen erzeugen ein Gift, das sie vor Insek- tenfraß schützt, da das Insekt stirbt, wenn es davon frisst. Beide Resistenzen sollten, so die Saatgut- und Chemie- konzerne, wie Monsanto oder Bayer, die Arbeit erleich- tern und zu höheren Erträgen führen. Anfangs brach- ten die gv Pflanzen deutliche Vereinfachungen, was Katrin Urferer, Oskar Luger und Astrid Tröstl (v.l.n.r.): wohl der Hauptgrund war, dass die meisten Farmer in AutorInnen eines neuen Gentechnik-Buchs: Gentechnik den USA und Kanada auf gv Pflanzen umgestellt haben geht uns alle an (Springer, 2016, 224 Seiten, ¤ 17,99) - erleichtert durch gentechnikfreundliche Regierungen und eine weniger kritische Bevölkerung. alte, nicht gv Pflanzen zurück. Burkina Faso hat außer- dem noch das Problem, dass die neuen gv Pflanzen Fa- Der Ertrag ist langfristig allerdings nicht gestiegen. Ein sern mit schlechter Qualität haben.5 In den USA setzen ausführlicher Vergleich der Landwirtschaft in Europa, Farmer beim Maisanbau inzwischen zusätzliche Insek- die weitestgehend auf Gentechnikfreiheit gesetzt hat, tizide ein oder steigen aus dem Maisanbau aus.4 und der Landwirtschaft in den USA und Kanada ergab, dass die Gentechnik keinen höheren Ertrag bringt, Auch beim zweiten erwähnten Hauptargument, bei der wohl aber zu höherem Agrargifteinsatz geführt hat.1 Da Anpassung an geänderte Umweltbedingungen, kann Unkräuter mit der Zeit resistent gegen das Totalherbi- die Gentechnik wenig vorweisen, und es erweist sich zid werden, muss der Glyphosateinsatz ständig gestei- die konventionelle Züchtung als viel erfolgreicher.7 gert werden. Inzwischen werden in der gv Landwirt- Zudem verstärkt oder bringt die gentechnische Verän- schaft zusätzliche Herbizide eingesetzt, und dennoch derung von Pflanzen auch andere Problembereiche, die werden die Farmer der Unkräuter oft nicht mehr Herr. ebenso wichtig für die Sicherung der Welternährung In einer Veröffentlichung des US-Landwirtschaftsmini- sind. Erhöhte Saatgutpreise, hoher und somit teurer steriums von 2014 steht ebenfalls, dass bei herbizidre- Düngemittelbedarf und verwendete Giftmengen sollten sistenten Pflanzen kein Mehrertrag beobachtet wird. in den Überlegungen eine wichtige Rolle spielen. Be- Bei den insektenresistenten Pflanzen wurden aller- sonders, wenn es um die Landwirtschaft in den Län- dings oft, wenngleich nicht immer, Mehrerträge beob- dern des Südens geht. Die Länder des Südens stehen achtet; verständlich, da der Hauptschädling nicht über- seitens der Konzerne und der US-Regierung, unter- lebt.2 Inzwischen werden aber auch die Schadinsekten stützt von der Melinda und Bill Gates Stiftung, unter gegen das gentechnisch eingebaute Gift resistent, und Druck, gv Pflanzen zu genehmigen, während Bauern- die Wirkung des Giftes geht verloren.3 4 verbände, lokale Organisationen8 oder AktivistInnen wie Vandana Shiva sich dagegen wehren. Als Folge davon wurden inzwischen Missernten beob- achtet, weil die Schadinsekten sich unbehelligt ver- Den Gewinn haben die großen Saatgut- und Chemie- mehren, oder weil sich wegen des Wegfalls des Haupt- konzerne, die über Patente die Rechte auf immer mehr schädlings Sekundärschädlinge stark vermehren. In Pflanzen bekommen. Das ist ganz besonders besorgnis- Burkina Faso5 und Indien6, die beide weitgehend auf gv erregend, denn es geht um die Verfügungsgewalt über Baumwolle umgestellt haben, geht man inzwischen auf die Ernährung der Menschheit. (1) http://www.nytimes.com/2016/10/30/business/gmo-promise-falls-short.html?_r=4 (2) https://www.ers.usda.gov/webdocs/publications/err162/43667_err162_summary.pdf (3) http://sciencev2.orf.at/stories/1735191/index.html (4) http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0169115 (5) http://www.dw.com/de/burkina-faso-abkehr-von-genveränderter-baumwolle/a-19361005, (6) http://timesofindia.indiatimes.com/city/hyderabad/AP-opposes-royalty-to-Bt2-cotton-seed-cos/articleshow/51557437.cms, (7) Oskar Luger, Neue ertragreiche Pflanzensorten – besser ohne Gentechnik, sol magazin, 159, 2015 (8) für Afrika siehe beispielsweise die Seite des African Centers for Biodiversity, http://acbio.org.za SOL Nr. 167 Frühjahr 2017 13
Die Bremer Stadtmusikanten „Deutschlands erste Graue-Panther-WG“. Von Eva Meierhofer. Auf den Vergleich mit dem 1975 gegründeten Deut- schen Senioren-Schutzbund und der daraus hervor- gegangenen Partei „Graue Panther“ (agp-bv.de) stieß ich schon vor 20 Jahren. Man verbindet sie mit Senioren, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Das passt zu diesem Märchen. Die Bremer Stadtmusikanten sind ein Schwankmär- chen. Man freut sich mit den Helden, die auch Senio- rentiere sind. Tatsächlich waren Menschen früher mehr von Altersarmut bedroht als heute, aber nicht Charity Walk Mal aus Plüsch... (pixabay.de) nur deswegen sind die vier gesellschaftliche Außen- seiter. Tiere stellen in Märchen Seelenaspekte des Menschen dar. Der Esel ist meist negativ behaftet, als dumm und störrisch. Dabei ist er ein sehr kluges Tier. Manche alte Mythen erkennen das noch an, z.B. die Ge- schichte des Sehers Bileam, der den Engel Gottes nicht erkannte, sein Esel dagegen schon (vgl. Altes Testament, Buch Numeri 22, 22-30). Mit der Einfüh- rung des Pferdes wurde der Esel zum Lasttier degra- diert, weshalb er auch Demut symbolisiert. Bis auf den Starrsinn fehlen unserem Esel diese Eigenschaf- ten. Er war keineswegs dumm, sondern erkannte, SOL ist seit vielen Jahren Mitgliedsorganisation woher der Wind wehte. Er fügte sich nicht demütig beim Umweltdachverband. Am besten lässt sich in sein Schicksal, sondern lief davon. der UWD, wie er kurz genannt wird, beschreiben, als Verband der Naturnützer und Naturschützer. Den Hund kennzeichnet die Nähe zum Menschen, er So gehören beispielsweise Land&Forst Betriebe symbolisiert Treue und Gehorsam, aber auch Trieb- Österreich, Biomasse Austria, der Alpenverein haftigkeit. Als Wächtertier ist er in vielen Mythen ein und der Naturschutzbund zu den insgesamt 37 Wächter zwischen Diesseits und Jenseits, weshalb in Mitgliedern. Märchen symbolische Tore zur Anderswelt – Schatz- höhlen, verwunschene Schlösser – oft von Hunden Wenn du die Arbeit des UWD als wichtig empfin- bewacht werden. Seine Treue geht bis zur Unter- dest und gerne noch mehr darüber erfahren würfigkeit. Der Hund in diesem Märchen ergreift möchtest, gibt es eine sehr genussvolle Möglich- auch nicht selbst die Initiative, er muss vom Esel keit dazu mit dem „Charity Walk“. Am 29. und 30. dazu angestoßen werden. April 2017 findet eine zweitägige Wanderung, die entlang der Donau, durch Wälder und über Wein- Die Katze umgibt von jeher etwas Geheimnisvolles, berge vom Nationalpark Donau-Auen bis ans Ufer zum Teil Dämonisches. Sie ist unberechenbar, kann des Neusiedler Sees führt, statt. Alle Teilnehme- im Dunkeln sehen. Nur in ganz frühen Kulturen, wie rInnen erhalten von mitwandernden Naturver- dem alten Ägypten, war sie eine Beschützerin des mittlerInnen sowie an zahlreichen Info-Stationen Hauses, der Mütter und der Kinder. Einblicke in die eindrucksvolle lokale Flora und Der Hahn ist ein Wächtertier am Übergang Tag – Fauna und können sich mit Schmankerln aus der Nacht. Er ermahnt uns zur Wachsamkeit. Fast jeder Region stärken. Die Teilnahmegebühr fließt als kennt die Geschichte vom heiligen Petrus, der durch Spende in Projekte zum Schutz ebendieser be- den Schrei eines Hahnes aufmerksam zur Besinnung suchten Lebensräume. gebracht wurde (vgl. Neues Testament, Mt 26, 69-75). www.wirfuerumwelt.at/charity-walk-2017 Auch dieser Hahn kündigt ein mythologisches Fest an, 14 Frühjahr 2017 SOL Nr. 167
Höchster Standard für Ökoeffektivität. Cradle to CradleTM zertifizierte Druckprodukte innovated by gugler*. Bindung ausgenommen
„Wenn der Berg ruft“ ... nutzt SOL-Mürztal das für einen Ausflug und findet die Hoffnung auf eine bessere Welt. Von Eva Meierhofer. Vom 4. bis 6. November fand rund um den Kulm das erste Kulm-Andersweltzeit-Erzählfestival statt, orga- nisiert vom Verein Erzählerey. Die SOL-Regional- gruppe Mürztal nutzte diese Gelegenheit zu einem Ausflug. Ausgesucht wurde die Veranstaltung „Wenn der Berg ruft“, die am Sonntag, 6. November, im Gasthof Ackerwirt direkt am Fuße des Kulm statt- fand. Um 10.00 Uhr begann ein Vormittag voller Märchen und Sagen. Die vier Erzählerinnen Marion Wiesler, Franziska Krenn, Astrid Hämmerle und Christa Schmollgruber erzählten Geschichten aus den Bergen, wobei sie durch die Steiermark, nach Tirol und Salzburg reisten und auch Geschichten rund um den Kulm zum Besten gaben. Der Saal war bis auf den letzten Platz besucht, nicht nur Kinder lauschten den Geschichten von versunkenen Bur- gen, Zähnen, die sich in Gold verwandeln, von Rie- sen und von Zwergen. Da fast alle Erzählerinnen auch als Autorinnen tätig sind, gab es auch einige Bücher zu kaufen. Der Kulm zeigt den SOLis seine Schätze (Foto: Klaus Streichert) Über das Wochenende fanden Veranstaltungen rund um den Kulm statt. So am Freitag, den 4. November, im Gasthof Ackerwirt. Das Festival wurde veranstaltet Schloss Stubenberg, am Samstag, 5. November in der vom Verein Erzählerey, der seine Aufgabe in der För- Aula der Volksschule Puch und am Sonntag eben im derung des Erzählens sieht. Sieben Erzähler/innen ge- stalteten die Events. Neben den bereits Erwähnten wa- ren auch Ursula Walch, Gundvon Dreiweg und Frede- rik Mellak zu hören. Mitbegründerin und Obfrau des Vereins ist die Erzählerin Marion Wiesler, die mit ihrer Familie am Fuße des Kulm lebt und dort einen Semi- narhof betreibt. Laut ihr sollte der Berg auch Heilung erfahren, da er im Lauf seiner Geschichte einiges mit- gemacht hat, nicht nur wettertechnisch. Deshalb wur- de bei der Veranstaltung beim Ackerwirt ein aus Zwei- gen geflochtenes Modell des Kulm aufgestellt, und jede Erzählerin brachte ein symbolisches Bildchen an mit ei- nem Wunsch für den Berg. SOL-Mürztal möchte weitere solche Orte der Hoff- nung aufsuchen, um zu sehen, wie es möglich ist, So- lidarität, Ökologie und andere uns wichtige Themen in unser Leben zu integrieren. Wir erhoffen uns An- regungen und zugleich die Möglichkeit, gemeinsam etwas zu unternehmen. Unsere Ausflüge werden wir von Monat zu Monat planen und rechtzeitig be- kanntgeben. Wer Interesse hat mitzukommen, melde sich bei Eva Meierhofer, 0664 322 16 62, EvMei@web.de. Daueraufträge helfen uns planen. Wenn du einen Dauerauftrag für SOL einrich- test, bekommst du von uns als kleines Geschenk ein Buch, ein T-Shirt o. ä. – wir melden uns, damit wir „das Richtige” treffen!
Sie können auch lesen