Solidarität, Ökologie und Lebensstil - Siehe Seite 3 - Frühjahr 2017 Nr. 167 1,00 - Nachhaltig.at

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SOL Nr. 1/2017 – P.b.b. Absender: SOL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil,
Sapphog. 20/1, 1100 Wien. 02Z032117 M. Cover: Barbara Huterer.

                                                                                             Solidarität, Ökologie und Lebensstil
                                                                                                                                            1,00 ¤
                                                                                                                                          Nr. 167
                                                                                                                                    Frühjahr 2017

 Siehe Seite 3.
Grünes Brett

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                                                                                                                   bzw.
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                                           Wer will, dass sich etwas ändert,
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                                                                                            rangert die
                                                                                                               en als
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                                                                                                         gre
                                                                                Ko m                          en
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                                           Wien und weltw
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                                                                                                        beteiligt. Die
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     Chanc ralen Gese onau-Uni                 die Sekundarstufe II zu
                                                                       m
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                                                    tinyuFrühjahr   g17a
                                                                  2017                                               SOL Nr. 167
       K r em                   /du17
                  rl.com
             tinyu
magazin

Die Redaktion: Mario Sedlak (Wien), Eva Mittermeier (Stmk.), Dan Jakubowicz (Burgenland), Joe Gansch (Bur-
genland), Bobby Langer (Bayern).

 Inhalt                                                Liebe SOL-Leserin, lieber SOL-Leser!

 Klima und Energie                             4       „Im Kleinen und im Großen“, unter diesem
   (Klimaallianz, Agrosprit, Energieberatung)          Motto steht das vorliegende Heft. Wir haben
 Gruß aus dem SOL-Büro                         9       bei verschiedenen Themenkreisen die kleinen
                                                       Schritte, die jede/r von uns tun kann, mit der
 Landwirtschaft und Ernährung                 10       globalen Sicht verknüpft.
   (Foodcoop, solidarische Landwirtschaft,
   Kürbisanbau, Gentechnik)                            ˜   Beim Bereich „Klima und Energie“ geht es
 Märchenhaftes                                14           um konkretes Energiesparen im eigenen
   (Bremer Stadtmusikanten, Erzählfestival)                Haushalt – und zugleich um die Klimaallianz
 Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft        17           und Österreichs Agrosprit-Politik.
  (Vernetzungsplattform, Ernst Gehmacher,              ˜   Beim Thema „Landwirtschaft und Ernäh-
  Isolde Charim, Harald Welzer, Regionalgeld,
  Hans Holzinger, Lungauer Herbstsymposion)                rung“ spannen wir den Bogen von der
                                                           „grünen Gentechnik“ über Food-Coops und
 Flüchtlinge                                  24
  (SOL-Integrationsprojekt, Erfahrungsbericht)             solidarische Landwirtschaft bis hin zu selbst
                                                           gepflanzten Kürbissen.
 Bauerngolf und soziale Verantwortung         26
                                                       ˜   „Gesellschaftlicher Wandel“ wird in Grund-
 Projekttelegramm                             27
                                                           satzartikeln von Ernst Gehmacher und Hans
 Cradle to Cradle                             28           Holzinger beleuchtet – und findet seinen kon-
 SOL-Termine                                  30           kreten Niederschlag in lokalen Vernetzungs-
 Impressum, Offenlegung                       15           plattformen und Regionalgeld.
                                                       In allen drei Feldern versuchen wir, das Grund-
 Sapphog. 20/1, 1100 Wien                              prinzip von SOL aufzuzeigen: Wir brauchen
 Tel. 0680/208 76 51                                   sowohl eine Änderung des persönlichen
 Mail sol@nachhaltig.at
                                                       Lebensstils als auch eine Änderung der
 Web www.nachhaltig.at
                                                       gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbe-
                                                       dingungen – SOLis sind in einzelnen Bereichen
 Der Verein SOL ist überparteilich und überkon-
 fessionell, existiert seit 1979 und hat ca. 2000      schon aktiv.
 Mitglieder in ganz Österreich. Wenn du die Zei-       In diesem Sinn wünschen wir euch beim Lesen
 tung per Post bekommen willst (4x pro Jahr),          viele Anregungen!
 reicht eine Einzahlung in beliebiger Höhe
 (Selbsteinschätzung). Kontodaten S. 15.                                                  Die Redaktion

SOL Nr. 167                                   Frühjahr 2017                                             3
Wir retten das Klima weltweit
                                            Von Stephan Neuberger.
Im November 2016 fand ein Klima-                                              Was tut die Klimaallianz?
gipfel in Marrakesch (Marokko)
                                                                              SOL ist schon seit Jahren aktives Mitglied
statt. Diese Gipfel sind eigentlich
                                                                              in der Allianz für Klimagerechtigkeit. Die-
rein für Staaten gedacht, aber es
                                                                              se dient als dauerhafte Themenplattform
durften auch Nichtregierungsorga-
                                                                              österreichischer NGOs, die in den Berei-
nisationen dabei sein und ihre Sicht
                                                                              chen Umwelt, Entwicklungszusammenar-
einbringen. Für Österreich taten das
                                                                              beit, Soziales und humanitärer Hilfe tätig
Global 2000 und Greenpeace, die
                                                                              sind. Sie setzt sich für mehr Klimaschutz
über die sogenannte Allianz für Kli-
                                                                              in Österreich und für internationale Kli-
magerechtigkeit mit über 20 weite-
                                                                              magerechtigkeit ein und will Bewusstsein
ren österreichischen Organisationen
                                                                              für den Zusammenhang zwischen Klima
– darunter SOL – vernetzt sind.
                                                                              und Entwicklung schaffen.
In Marrakesch wurde vorwiegend
                                                                 Für SOL waren in den letzten Jahren vor allem Vera
ausverhandelt, dass beim Klimagipfel in Polen 2018
                                                                 Besse als Koordinatorin und Sabine Schleidt in der
ein großes Umsetzungspaket beschlossen werden
                                                                 Allianz engagiert. Im Zuge des Obfrau-Wechsels und
soll und nicht so wie bisher lediglich kleine Umset-
                                                                 des Rücktritts von Sabine Schleidt bei SOL voriges
zungsschritte. Wie auch in den Vorjahren, so war
                                                                 Jahr wurde die SOL-Vertretung in der Allianz für Kli-
auch in Marokko die Klimafinanzierung eines der
                                                                 magerechtigkeit von mir übernommen. Vera Besse
heikelsten Themen. Ein Dauerbrenner seit Kopenha-
                                                                 blieb der Allianz aber als erfahrene Koordinatorin er-
gen 2009, als die Industriestaaten versprachen, die
                                                                 halten.
Unterstützung für die Entwicklungsländer bis 2020
auf ein Niveau von jährlich 100 Mrd. Dollar anzuhe-              Insgesamt sind in der Allianz für Klimagerechtigkeit
ben. So war Marrakesch ein Test dafür, wie ernst die             ca. 25 Organisationen vom WWF über die Dreikö-
Industriestaaten ihre Finanzverpflichtungen nach                 nigsaktion bis zum Roten Kreuz engagiert (nähere
dem Inkrafttreten des Paris-Abkommens nehmen                     Infos siehe www.klimaallianz.at). Für die operative
würden.                                                          Tätigkeit ist eine Steering Group (frei übersetzt ein
                                                                 Lenkungsausschuss) bestehend aus 8 Organisatio-
Zwar veröffentlichten die OECD-Industrieländer
                                                                 nen zuständig. Seit Herbst 2016 ist es meine Aufga-
kurz vor dem Gipfel den lang geforderten 100-Mrd.-
                                                                 be, SOL in diesem Gremium zu vertreten.
Fahrplan1, wonach ihre öffentlichen Klimamittel bis
zum Jahr 2020 auf jährlich 67 Mrd. Dollar anwach-                Aufgrund der kurzen Zeit konnte ich erst an zwei
sen und der Rest durch die Mobilisierung von Privat-             Treffen teilnehmen. Bei meiner ersten offiziellen
mitteln geschlossen werden sollte. Allerdings stieß              Teilnahme innerhalb der Steering Group kurz vor
die von den OECD-Ländern benutzte überaus opti-                  Weihnachten dominierten vor allem internationale
mistische Rechnungsführung auf breite Kritik.                    Themen rund um den Weltklimavertrag von Paris
                                                                 und der nunmehrigen Umsetzung der ambitionier-
Hoffnungsvoll war hingegen der Grundton der Kon-
                                                                 ten Ziele.
ferenz. Obwohl an der Spitze der USA nun mit Do-
nald Trump jemand steht, der von einem menschen-                 Darüber hinaus wurde in der Allianz auch die weite-
gemachten Klimawandel nichts wissen will, bekräf-                re Entwicklung der österreichischen Klima- und
tigten alle Länder, allen voran China, am Pariser Ab-            Energiestrategie besprochen (SOL berichtete hierzu
kommen festzuhalten. Die Welt steht also nach wie                in der letzten Ausgabe). So wird eine Rahmenstrate-
vor geschlossen hinter der Rettung des Planeten.                 gie in Form eines Dokuments, das als Weißbuch be-
                                                                 zeichnet wird, bis Mitte 2017 von der Regierung fer-
Nicht gerade mit Ruhm überschüttet wurde ausge-
                                                                 tig gestellt sein. Unklar ist jedoch, ob dieses Weiß-
rechnet Österreich während der Konferenz. Unter
                                                                 buch dann bereits die offizielle Strategie ist oder auf
anderem aufgrund der Nachlässigkeit unseres Lan-
                                                                 Basis dessen noch eine detailliertere entwickelt
des, konkrete Zahlungen für den „Green Climate
                                                                 wird. Die Allianz für Klimagerechtigkeit bleibt hierzu
Fund“ (dem vorhin erwähnten 100-Mrd.-Dollar-
                                                                 jedenfalls am Ball und versucht, die Strategie nicht
Fonds) bekannt zu geben, wurde die Alpenrepublik
                                                                 von dem Klimaschutz entgegengesetzten Kräften
mit dem „Fossil-of-the-Day“-Preis ausgezeichnet.2
                                                                 verwässern zu lassen.
Eine Botschaft also an unsere Regierung, zukünftig
mehr zu tun.
(1)   Details siehe www.oecd.org/env/cc/oecd-climate-finance-projection.htm
(2)   www.climatenetwork.org/fossil-of-the-day

4                                                    Frühjahr 2017                                         SOL Nr. 167
Österreichs Agrosprit-Bilanz –
                   ökologisch sehr bedenklich
                   Von Josef Hoppichler, Bundesanstalt für Bergbauernfragen, Wien.
Bereits in den Jahren 2008 bis 2011 be-                                             gem Stickstoffbedarf könnten eher ei-
schäftigte sich SOL intensiv mit dem The-                                           nen nützlichen Klima-Beitrag erbrin-
ma „Agrosprit“ (Wie er zum Welthunger                                               gen.“3
beiträgt – und was ihr dagegen tun
                                                                                   Kurz: Es besteht eine hohe Wahrschein-
könnt)1, und SOL war federführend in der
                                                                                   lichkeit, allein durch den Standard der
damaligen Kampagne „Brot auf den Teller
                                                                                   gegenwärtigen Intensivlandwirtschaft
und nicht in die Tanks!“ Das Ergebnis der
                                                                                   das Klima durch Agro-Treibstoffe nicht
nachfolgenden parlamentarischen Be-
                                                                                   zu kühlen, sondern es erst recht anzu-
handlung der Petition (2008/09) und die
                                                                                   heizen. Dabei hatte Crutzen und Co.
diversen Stellungnahmen der Ministerien
                                                                                   noch nicht einmal auf die indirekte
waren politisch diskussionswürdig2. Da-
                                                                                   Landnutzungsänderung (ILUC) durch
mals forderten die NGOs:
                                                                     Palmöl oder Sojaöl reflektiert. Es gab zwar kurzfris-
˜     Das Recht auf Nahrung soll auf allen Ebenen Vor-               tig eine Riesenaufregung darüber – aber in der Folge
      rang haben. Die Energieproduktion darf nicht in                kehrte wiederum allgemeine Ignoranz in Politik und
      Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen.                Verwaltung ein. Die Kennwerte der Crutzen-Studie
˜     Für die Energiegewinnung aus Biomasse dürfen                   wurden als zu theoretisch abgetan und fanden nicht
      nur organische Abfallstoffe (z.B. Erntereste) so-              Eingang in die offiziellen Kalkulationsunterlagen zur
      wie Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft einge-               Berechnung der CO2-Einsparungen.
      setzt werden.
                                                                     2012 gab es eine weitere Aufregung: Hartmut Mi-
˜     Kein Beimischungszwang für Agrotreibstoffe                     chel, Chemie-Nobelpreisträger 1988 vom Frankfur-
      („Biosprit“).
                                                                     ter Max-Planck-Institut für Biophysik, hat anlässlich
˜     Erreichung der Klimaschutzziele z. B. durch ver-               einer Tagung von Nobelpreisträgern in Lindau am
      stärkte Förderung von Wärmedämmung, öffentli-                  Bodensee losgelegt: „Ich will diesen Unsinn nicht
      chem Verkehr, Sonnen- und Windenergie.                         unterstützen!“4 und hat auch gleich eine Publikation
Diese Forderungen sind heute noch sehr aktuell und                   in der internationalen Ausgabe des Journals „Ange-
sind es wert, im Verhältnis zur 2017er-Realität über-                wandte Chemie“ nachgelegt5. Seine Hauptargumen-
prüft zu werden. Was ist mittlerweile passiert?                      te, unterlegt durch entsprechende Kennziffern der
                                                                     Fotosyntheseleistung von Pflanzen, sind die Konkur-
Selbst Nobelpreisträger und ihr                                      renz zur unverzichtbaren Ernährung und die ökolo-
Know-how werden ignoriert                                            gische und klimatische Ausgleichsfunktion der Wäl-
                                                                     der und Regenwälder, die insbesondere im globalen
2007 hatte ein WissenschaftlerInnen-Team vom                         Süden extrem unter Druck geraten sind.
IIASA-Laxenburg zusammen mit dem Nobelpreisträ-
ger und Atmosphärenchemiker Paul Crutzen in einer                    Im Gegenteil, wollte man durch die Landbewirtschaf-
wissenschaftlichen Publikation festgehalten, dass                    tung einen Klimabeitrag erbringen bzw. unseren Fuß-
„die Produktion der allgemein verwendeten Bio-                       abdruck verkleinern, „so wäre es viel sinnvoller, das
Treibstoffe, wie Biodiesel aus Raps und Bioethanol                   Land, das man für die Energiepflanzenproduktion ver-
aus Mais, viel mehr zur globalen Erwärmung durch                     wendet, wieder aufzuforsten, weil die 1%-Fotosynthe-
N2O-Emissionen beitragen können, als sie durch                       seeffizienz von Waldbäumen 2,7 kg CO2 pro Quadrat-
Einsparung an fossilen Treibstoffen ‚kühlen’. Nur ex-                meter fixieren würde. Dagegen haben Biotreibstoffe
tensive Pflanzen, wie Gräser und Bäume, mit gerin-                   nur eine Nettoeffizienz von 0,1 %.“

(1)      Agrosprit - Wie er zum Welthunger beiträgt – und was ihr dagegen tun könnt: siehe SOL Nr. 132, 133, 134 (2008) - Die
         Mythen des Agrosprit SOL Nr. 135 (2009); Hunger durch Agrosprit: siehe SOL Nr. 143 (2011)
(2)      http://www.nachhaltig.at/Agrospritpetition.pdf; https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/PET/PET_00021/index.shtml
(3)      CRUTZEN P.J., MOISIER A.R.; SMITH K.A., WINIWARTER W. (2007): N2O release from agro-biofuel production negates
         global warming reduction by replacing fossil fuels. Atmos. Chem. Phys. Discuss., 7, 11191–11205, 2007:
         www.atmos-chem-phys.net/8/389/2008/acp-8-389-2008.pdf
(4)      Nobelpreisträger über Bioenergie: „Ich will diesen Unsinn nicht unterstützen“ – in der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) vom
         26.7.2012: http://www.faz.net/aktuell/wissen/zukunftslabor-lindau/nobelpreistraeger-ueber-bioenergie-ich-will-
         diesen-unsinn-nicht-unterstuetzen-11812273.html
(5)      MICHEL Hartmut (2012): The Nonsense of Biofuels. In: Angew. Chem. Int. Ed. 2012, 51,2516-2518;
         http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.201200218/full

SOL Nr. 167                                              Frühjahr 2017                                                              5
Also ist die moderne Landwirtschaft im Verhältnis              noch kaum 10 % des österreichischen Agro-Diesel-
zur Forstwirtschaft (mit einem gut deckenden Be-               Bedarfs. Dafür haben sich die Nettoimporte an Öl-
stand) nur ca. 1/10 so effizient in der CO2-Bindung.           saaten verdoppelt und erreichen heute ca. 356.000
Auch ist der Nettoenergiegewinn eines Hektar Wal-              Tonnen. Parallel dazu sind die Importe an rohen
des unverhältnismäßig höher als jener des dün-                 pflanzlichen Ölen (netto) um den Faktor 2,3 ange-
gungsintensiven Ackerbaus. Aber auch diese Kritik              wachsen – von ca. 119.000 t auf 271.000 t.
verpuffte. Es ist einfach atemberaubend, wie ent-
                                                               Nachdem damit zu rechnen ist, dass der Nahrungs-
koppelt Politik und Wirtschaft, und mit diesen bei-
                                                               und Futtermittelverbrauch eher konstant geblieben
den zusammen die willfährige Verwaltung, agieren
                                                               ist, muss davon ausgegangen werden, dass diese im-
können, wenn die Profite durch Förderungen gesi-
                                                               portierten Zuwachsmengen fast ausschließlich in
chert sind. Man täuscht also ein CO2-einsparendes
                                                               die Treibstoffproduktion gingen. Wir erzeugen der-
Perpetuum-Mobile vor und negiert einfach sämtli-
                                                               zeit in Österreich ca. 340.000 Tonnen Fett-Methyl-
che biophysikalischen Gesetzmäßigkeiten.
                                                               ester (FAME)1 – was aber wiederum nur 50 % der ge-
Ob das gut geht? Denn der „Unsinn“, von dem der                samten Agro-Diesel-Beimischung entspricht.
Nobelpreisträger Hartmut Michel spricht, der findet
                                                               Durch die politisch induzierten Vorgaben zur Beimi-
schon fast 10 Jahre statt; in Nord- und Südamerika,
                                                               schung – das sind 5,75 % gemessen am Energieinhalt,
in der EU und vor allem auch in Österreich.
                                                               welche aber Österreich 2015 mit 8,9 % wesentlich über-
Und was ist die österreichische Realität?                      erfüllte – erreichen wir einen Inlandsabsatz von ca.
                                                               684.000 Tonnen (FAME plus die sogenannten „hydrier-
Bereits im Sommer 2008 stellten wir im SOL-Magazin             ten Pflanzenöle“ HVO - vgl. Abb.). Letztere HVO betref-
fest: „Österreich ist für seine Größe ein überproportio-       fen ca. 78.000 Tonnen, welche ausschließlich aus Süd-
naler Täter.” Es wurden damals 120.000 Tonnen Agro-            ostasien importiert werden und damit ausschließlich bil-
Diesel produziert, wobei aber wiederum über die Hälf-          liges und ökologisch bedenkliches Palmöl beinhalten. In
te des Pflanzenöls importiert wurde. Die Agro-Ethanol-         Summe zeigt sich, dass nicht nur fast 50 % des in Öster-
Produktion war gerade im Anlaufen.                             reich verbrauchten Agro-Diesels direkt importiert wer-
Und was hat sich bis 2015 ergeben? Wir bauen zwar              den, sondern dass auch zusätzlich fast die gesamte In-
im Verhältnis zum Durchschnitt der Jahre 2005/06               landsproduktion des Agro-Diesels aus Importrohstoffen
um ca. 16 % mehr an Ölsaaten insgesamt an – was                in Form von Ölsaaten und pflanzlichen Ölen aus dem
erklecklich wenig ist für die österreichische Produk-          Ausland stammt. Agro-Diesel ist somit von der Rohstoff-
tion, denn gleichzeitig stagnierte der Rapsanbau auf           seite her fast ausschließlich ein Importprodukt – genau-
ca. 50.000 bis 60.000 ha. Das entspricht auch heute            so wie Mineralölprodukte. Neu ist aber: Die „Öl-
                                                                                   scheichs” sind jetzt die internationa-
                                                                                   len Agrarhändler.
                                                                                   Nur um die Größenordnung des
                                                                                   Inlandsabsatzes an Agro-Diesel
                                                                                   einzuordnen: Wenn wir von einem
                                                                                   jährlichen Agro-Dieselertrag von
                                                                                   1,2 t/ha ausgehen, so entspricht
                                                                                   das einer Fläche von 570.000
                                                                                   Hektar, die wir gegenwärtig be-
                                                                                   reits in die Tanks füllen. Das wä-
                                                                                   ren ca. 42 % der österreichischen
                                                                                   Ackerfläche oder 71 % der Getrei-
                                                                                   defläche – die aber ausschließlich
                                                                                   „importiert“ werden. Dazu kämen
                                                                                   ca. 30.000 ha für den Inlandsab-
                                                                                   satz an Agro-Ethanol. Also man
                                                                                   kann mit Fug und Recht behaup-
                                                                                   ten, dass größenordnungsmäßig
                                                                                   in Österreich fast jeder zweite
                                                                                   Hektar des Ackerlandes (d.h. 45
                                                                                   %) im Tank der Autofahrer landet.
                                                                                   Allein beim Agro-Diesel zeigt sich,
                                                                                   dass vorwiegend der internationa-
                                                                                   le Agrar- und Mineralölhandel und

(1)   Umweltbundesamt und BMLFUW (2016): Biokraftstoffe im Verkehrssektor 2016 – Gesamtbericht; für HVO gibt es keine
      nennenswerte Produktion in Österreich

6                                                   Frühjahr 2017                                         SOL Nr. 167
ein paar inländische Verarbeiter profitiert haben.
Wenn die österreichische Landwirtschaft in ökono-                Es gibt zwei Arten von Agro-Treibstoffen:
mischer Hinsicht positiv betroffen war, dann nur da-             ˜   Agro-Diesel, als Diesel-Ersatz bzw. Diesel-
durch, dass allgemein in Europa die Preise bis ca.                   Beimischung: Dieser wird aus pflanzlichen
2012 für Ölsaaten und Getreide anzogen. Seitdem                      Ölen und tierischen Fetten hergestellt. Pflanz-
stagnieren sie aber, weil die Weltagrarmärkte sich                   liche Öle wiederum stammen vorwiegend von
auf die neue Situation eingestellt haben, bzw. das                   sogenannten Ölsaaten wie Raps oder Sonnen-
wieder billig gewordene Erdöl sowohl auf der Kos-                    blumen (90 % des Einsatzes in Österreich)
ten- als auch der Ertragsseite entlastend wirkt. Die                 oder werden aus Ölpalmen gewonnen. Man
Einbindung der österreichischen Land- und Agrar-                     bezeichnet Agro-Diesel im internationalen
wirtschaft in den europäischen und globalen Markt                    Sprachgebrauch als FAME (Fatty Acid Methyl
wurde aber insgesamt verstärkt, die Handelsbezie-                    Esther) bzw. wenn er zusätzlich hydrolysiert
hungen für Agrarrohstoffe intensiviert und die                       wird, als HVO (Hydrotreated Vegetable Oils)
Agrarindustrie wurde entsprechend ausgebaut.                     ˜   Agro-Ethanol, als Benzin-Ersatz bzw. Ben-
                                                                     zin-Beimischung: Das ist die gängigste Alko-
Dafür haben wir uns eine extrem zweifelhafte
                                                                     holform, die durch Fermentation und folgen-
Agro-Diesel-Beimischung eingehandelt: Wir mögen
                                                                     der Destillation aus zucker- und stärkehältigen
zwar nur ca. 15 % unserer Beimischmenge aus Pal-
                                                                     Pflanzen gewonnen wird. Rohstoffpflanzen
möl herstellen (siehe dazu Kalkulationen des „Fact
                                                                     sind: Mais, Weizen, Zuckerrübe (89 % des Ein-
sheet: Palmöl“ von Welthaus Graz)1 – was vielleicht                  satzes in Österreich), bzw. in Süd- und Mittel-
für Europa unterdurchschnittlich ist, denn in den                    amerika Zuckerrohr. Die größte österreichi-
letzten Jahren ging man davon aus, dass 43 % des                     sche Fabrik befindet sich in Pischelsdorf (NÖ).
EU-Agro-Diesels aus Palmöl stammt. Aber durch den
enormen Import von Ölsaaten, Ölen und Fettderiva-
ten helfen wir entschieden mit, die europäischen               nol („Bioethanol“) ist der Nettoeffekt nur zu ca. 25 %
und globalen Märkte von pflanzlichen Ölen zu räu-              wirksam in der Abschwächung des CO2-Ausstoßes.
men, und sind deshalb volle Teilhaber am Gesamt-               Und was Didier Bourguignon noch feststellte: Bei-
prozess der Klimaerwärmung durch Regenwald- und                nahe 99 % der „Bio-Treibstoffe“, die gegenwärtig in
Ökosystemvernichtung. Und durch das Treiben der                der EU verwendet werden, stammen von Nahrungs-
globalen Agrarpreise bis ca. 2012 sind wir auch Teil-          und Futterpflanzen.
haber am globalen Hungerproblem.                               Österreich hat 2015 mit 8,9 % das
Wir können eine ähnliche Analyse auch für Agro-                Substitutionsziel deutlich übertroffen!
Ethanol anstellen. In diesem Fall haben wir nur ei-
nen Inlandsbedarf (Beimischung) von ca. 90.000                 Und um es zum Schluss auch noch zu erwähnen:
Tonnen pro Jahr. Hier weist Österreich – im Gegen-             Nachdem wir seit 2005/06 große Mengen an Agro-
satz zu Agro-Diesel – mit ca. 220.000 Tonnen (durch            treibstoffen einsetzen, hat es heuer 2016 erstmals
ein großes Werk in Pischelsdorf, NÖ) erhebliche                einen halbwegs informativen Bericht zu den „Bio-
Überproduktionskapazitäten auf. Dadurch wurden                 kraftstoffen im Verkehrssektor“ gegeben.3 Hier kön-
wir, von der Rohstoffseite her betrachtet, im Laufe            nen einzelne Statistiken inklusive der Bilanzen zum
der letzten 8 Jahre vom Nettoexporteur an Getreide             Handel eingesehen werden. Und noch etwas erfah-
zu einem Nettoimporteur. Also auch hier räumen wir             ren wir daraus: „Über den Zeitraum des Kalender-
das Getreide vom EU- und Weltmarkt und dürften                 jahres 2015 wurde das lt. Österreichischer Kraft-
große Probleme haben zu argumentieren, dass das                stoffverordnung geforderte Substitutionsziel von
„Brot“ nicht im Tank der österreichischen und euro-            5,75 % (gemessen am Energieinhalt) mit 8,9 % deut-
päischen Autos landet.                                         lich übertroffen.“

Zum zweifelhaften CO2-Einsparungspotential stellte             Warum dieser Fleiß im Land der Raiffeisentürme?
im Jänner 2015 Didier Bourguignon, Mitglied des                Nach Schweden (ca. 13 %) sind wir damit führend in
wissenschaftlichen Dienstes des Europaparlaments,              der EU – noch vor Frankreich, Deutschland, Polen,
in einem Briefing-Paper fest2: Bei einer zusätzlich            Italien, Dänemark und Tschechien. Österreich ist ein
berechneten durchschnittlichen indirekten Landnut-             führendes Agrosprit-Land geworden – sehr bedenk-
zungsänderung erzeugt der Agro-Diesel durch-                   lich.
schnittlich um ca. 10 % mehr CO2, als er einspart (er
„heizt“ also das Klima an), und selbst bei Agro-Etha-

(1)   Factsheet: Palmöl im österreichischen Agro-Diesel – Welthaus der Diözese Graz-Seckau:
      https://agrotreibstoffe.files.wordpress.com/2016/12/2016_12_factsheet_palmc3b6l_agrodiesel_c3b6sterreich.pdf
(2)   BOURGUIGNON Didier: EU biofuels policy - Dealing with indirect land use change — European Parliamentary Research
      Service Blog - https://epthinktank.eu/?s=biofuels
      http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2015/545726/EPRS_BRI(2015)545726_REV1_EN.pdf
(3)   Umweltbundesamt und BMLFUW (2016): Biokraftstoffen im Verkehrssektor 2016 – Gesamtbericht.

SOL Nr. 167                                         Frühjahr 2017                                                        7
Weniger Energie und Geld
       verbrauchen: mit Energieberatung
               Wer hilft mir, wenn ich Energie sparen möchte und nicht weiß wie?
               Von Josef Gansch, Mitglied der SOL-Taskforce Energie und Umwelt.
Es wäre schon wünschenswert, wenn sich jeder bei               Geld gespart werden. Wichtig beim Sparen ist, sei-
„Energiefragen“ auskennen würde; unser Ver-                    nen eigenen Energieverbrauch zu kennen, also wie
brauch würde vermutlich sinken anstatt zu steigen.             viel elektrischen Strom (kWh), wie viel Heizmaterial,
Diesem Umstand trägt eine Vereinbarung zwischen                aber auch wie viel Liter Treibstoff (Benzin oder Die-
dem Bund und den Bundesländern Rechnung:                       sel) verbrauche ich in einem Jahr? Darauf aufbauend
Jede(r) muss bei Bedarf zu einer Energiebera-                  können Empfehlungen gegeben werden. Wer den
tung kommen können!                                            Verbrauch kennt, kann auch beobachten, ob er grö-
                                                               ßer oder kleiner wird – einzelne Maßnahmen, egal
So geht’s: Entweder man ruft die Energieberatung an
                                                               ob im Verhalten oder aufgrund von Investitionen,
(Kontaktliste: www.nachhaltig.at/energieberatung.pdf)
                                                               zeigen bald ihre Auswirkungen. Wer seinen eigenen
und stellt seine Fragen, oder man vereinbart einen Ter-
                                                               Verbrauch kennt, kann sich auch mit anderen ver-
min (vor Ort oder im Büro eines/r BeraterIn). Oft sind
                                                               gleichen – im Idealfall mit effizienten Haushalten
die Leistungen gratis oder zumindest günstig, Haushal-
                                                               (siehe Tabelle oder www.strom-spar-familie.at).
te mit geringem Einkommen erhalten meist Ermäßi-
gungen!
                                                                 Personen         Effiziente
Beratungsthemen: Zumindest die Themen Neu-                       im Haus-          Strom-
                                                                                                   Durchschnittlicher
bau, Sanierung, Heizung und Strom werden angebo-                                                    Stromverbrauch
                                                                   halt           nutzung
ten, oft auch noch deutlich mehr!
                                                                      1           1.200 kWh             1.700 kWh
                                                                      2           1.700 kWh             3.400 kWh
                                                                      3           2.500 kWh             4.100 kWh
                                                                      4           3.000 kWh             4.700 kWh
                                                                 Stromverbrauch in Abhängigkeit von der Haushaltsgröße
                                                                                         (ohne Warmwasserbereitung)1

                                                               Empfohlen wird, zumindest einmal im Monat den
                                                               Zählerstand abzulesen und zu notieren. Mit dieser
                                                               Energiebuchhaltung bekommt der Energieberater
                                                               Hinweise und kann Ratschläge abgeben.
                                                               Die Erfahrung zeigt, dass in fast jedem Haushalt
                        Die Berater freuen sich, zu helfen
                                                               Energie eingespart werden könnte. Das heißt, eine
          (Foto: Energieberatung NÖ, © Doris Seebacher)        Konsultation eines Energieberaters oder zumindest
                                                               ein Besuch auf der Homepage der jeweiligen Lan-
Ziel dieser Beratungen ist, konkrete energiever-               desregierung zahlt sich in den meisten Fällen aus,
brauchs- und kostensenkende Maßnahmen zu er-                   für die Umwelt und auch für die eigene Geldbörse!
kennen und aufzuzeigen. Fragen der Beratungskun-
den werden dabei ebenfalls beantwortet.                        Kurze und prägnante Tipps gibt’s auf
                                                               www.energieberatung-noe.at/images/doku/
Da die Beratungszeit begrenzt ist, ist es vorteilhaft,          stromsparen_folder_energieberatung.pdf
sich vorher auf der Homepage zu informieren. Viele
Fragen können durch leichtverständlich aufbereite-             Jeder Schritt zur Energieeffizienz, aber auch das
te Unterlagen schon beantwortet werden. Dabei                  Weglassen von Geräten (Suffizienz) hilft, den Anteil
werden jedoch sicherlich weitere, meist schwierige-            von fossilen Energieträgern und Atomkraft zu redu-
re, Fragen auftauchen! Wichtig: Notieren Sie sich              zieren. Damit leisten wir alle einen Beitrag zur Errei-
diese Fragen, damit sie beim Beratungstermin                   chung der Klimaziele. Jeder kann was tun!
nicht vergessen werden!                                                                                 Sonnige Grüße!
Hinweis: Energiesparen muss nicht immer was kos-                                                      joe@nachhaltig.at
ten! Oft kann schon durch eine Verhaltensänderung
(1)   Quelle: http://www.energieberatung-noe.at/images/doku//energiesparen_broschuere_energieberatung.pdf

8                                                   Frühjahr 2017                                           SOL Nr. 167
Gruß aus dem SOL-Büro
         Unsere neue Mitarbeiterin, die ab nun alle unsere Mitglieder, SpenderInnen
                          und KundInnen betreut, stellt sich vor.
Ich heiße Katarina Rimanoczy und bin 37 Jahre alt.
Aufgewachsen bin ich in der Slowakei. Zum Studie-
ren bin ich nach Deutschland gegangen, dann zum
Arbeiten in die USA und schließlich mit Sabi, mei-
nem ungarischen Mann, in Wien gelandet. In einem
gemeinschaftlich bewohnten Haus in der Seestadt
Aspern (brot-aspern.at) haben wir ein Zuhause, in
dem wir uns wohlfühlen, gefunden. Unsere Familie
wurde um zwei kleine Zwerge größer. Seit Herbst
gehen unsere beiden Buben in den Kindergarten. So
ist in meinem Leben ein freies Fenster entstanden.
Diese Zeit mit einer Tätigkeit zu füllen, die mir einen
Sinn gibt, bereichert mich sehr.
Den ersten Kontakt zum Verein SOL hatte ich vor vier
Jahren. Zufällig ist mir das SOL-Magazin in die Hände
gekommen. Als ich vom Ich-habe-genug-Fernkurs ge-
lesen hatte, wusste ich sofort, dass dieser eine Chance                    Kati an ihrem Arbeitsplatz im Bauerngolflokal
ist, mein Leben neu aufzusetzen. Damals war ich              Anliegen mit bestem Wissen und Gewissen erledi-
schwanger und neu in Wien. Ich fürchtete mich vor            gen zu dürfen.
der Vorstellung, dass ich mit einem Neugeborenen
meine Zeit nur zu Hause verbringe, ohne Kontakt zur          Ihr erreicht mich unter Tel. 0680 / 208 7651, Email
Außenwelt.                                                   office@nachhaltig.at und persönlich Mo, Di, Do
                                                             8.00–12.00 Uhr im Bauerngolflokal, Sapphog. 20/1,
Der Genug-Fernkurs war eine wundervolle Chance,              1100 Wien (Besuche bitte sicherheitshalber vorher
meine Ängste aus dem Weg zu räumen. Es war für               anmelden). Ich freue mich, euch kennenzulernen!
mich eine sehr befriedigende Vorstellung, mit Gleich-
gesinnten, die auch einen Neuanfang bei sich wagten,         Ich wünsche mir und uns ein Jahr voller kreativer
in Kontakt zu treten, ohne mein kleines Baby verlassen       Ideen, wo der Mensch im Einklang mit sich selbst
zu müssen. Meine Erwartungen sind in Erfüllung ge-           und seinem Lebensraum leben darf.
gangen. Die Zeit mit dem Neugeborenen habe ich auch                                              Katarina Rimanoczy
dank des Fernkurses genießen können.
                                                             Neue Datenbank
Seitdem hat mich der Verein SOL nicht verlassen. Ich
                                                             Zeitgleich mit Katis Arbeitsbeginn hat es „hinter
habe immer wieder den Weg zu SOL-Veranstaltungen
                                                             den Kulissen“ bei SOL eine große Umstellung gege-
gefunden und die echten SOLis kennengelernt. Im
                                                             ben: Die gesamten Mitgliederdaten haben ein neues
Herbst habe ich den Schritt gewagt, einen Ich-habe-
                                                             „Zuhause“ bekommen, nachdem unsere bisherige
genug-Nahkurs in der Seestadt Aspern zu gründen.
                                                             Datenbank das biblische Alter von 30 Jahren er-
Eine kleine, aber feine Gruppe von 12 Leuten trifft sich;
                                                             reicht hatte und nicht mehr zeitgemäß war. Bestel-
nicht nur, um die spannenden Lektionen zu bespre-
                                                             lungen, die uns via www.nachhaltig.at/shop errei-
chen, sondern auch um gemeinsam themenbezogene
                                                                             chen, können wir nun rasch und ef-
Veranstaltungen zu besuchen.
                                                                             fizient bearbeiten.
Nun stehe ich vor der Herausforderung,
                                                                                Die Neuentwicklung war ein 2-Jah-
die Administration des SOL-Vereins gut
                                                                                res-Projekt, und es wird in der An-
zu bewältigen. Ich freue mich auf die
                                                                                fangszeit wohl auch zu manchen
spannenden Aufgaben, auf die Bespre-
                                                                                Kinderkrankheiten kommen, z. B.
chungen mit bekannten und unbekann-
                                                                                dass du Zuschriften doppelt er-
ten SOLis, auf die virtuellen und persönli-
                                                                                hältst oder das Abo trotz Zahlung
chen Kontakte zu euch und darauf, euer
                                                                                ausläuft, weil Zahler und Empfän-
                                                                                ger unterschiedliche Leute sind. In
 Fr., 19. Mai: Nachbarschaftstag von                                            diesem Fall bitten wir um Verständ-
 14.00-20.00 im neuen SOL-Büro,                   Mario ist unser ehrenamtli-   nis und Meldung an Kati.
 Sapphog. 20/1, 1100 Wien!                         cher technischer Betreuer
                                                              der Datenbank                              Mario Sedlak

SOL Nr. 167                                        Frühjahr 2017                                                      9
„Die Foodcoop hat mein Leben
                     verändert.“
             Brigitte aus dem Ich-habe-genug-Nahkurs in Wien-Aspern freut sich,
                      dem Konsumwahn zu entkommen. Von Mario Sedlak
Eine Foodcoop ist eine Einkaufsgemeinschaft. Wann        gen werden gemeinsam getroffen. Jeder hat eine ei-
immer Brigitte Hunger bekommt, kann sie in den           gene Wohnung, aber es wird erwartet, dass man sich
Keller ihres Wohnhauses gehen und sich Lebensmit-        an gemeinsamen Aktivitäten beteiligt und gegensei-
tel holen. „Ich bin dadurch viel entspannter. Stressi-   tig Unterstützung gibt. Für gesellige Menschen wie
ge Supermarktbesuche nach der Arbeit oder vorm           Brigitte ist dieses Konzept ideal: „Ich fühl mich hier
Wochenende sind nicht mehr notwendig, weil ich           irrsinnig geborgen.“
weiß, in der Foodcoop gibt’s eh was“, erklärt sie.
                                                         Wenn eine Wohnung frei wird, gibt es wie in einer Stu-
                                                         denten-WG Aufnahmegespräche, um herauszufinden,
                                                         ob die Leute, die einziehen wollen, zur Gruppe passen.
                                                         Dadurch gibt es viele Gleichgesinnte im Haus und die
                                                         nötige Vertrauensbasis für die Foodcoop.

                                                         Genuss ohne Konsum
                                                         Wie man auch ohne viel Geld glücklich werden kann,
                                                         hat Brigitte von klein auf gelernt. Von ihren Eltern
                                                         bekam sie hauptsächlich Essen aus dem eigenen
                                                         Garten. Es gab keine Banane, aber dennoch hatte
                                                         Brigitte nie das Gefühl, auf etwas zu verzichten.
                                                         „Das Essen schmeckte immer“, lächelt sie.
                                                         Jetzt, wo sie in der Seestadt in Wien-Aspern wohnt,
                                                         freut sie sich über den namensgebenden Badeteich,
                                                         in dem sie nach der Arbeit kostenlos schwimmen ge-
Die Foodcoop wird von mehreren Hausbewohnern             hen kann. „Das ist wie Urlaub am Meer“, schwärmt
ehrenamtlich organisiert. Als Lieferanten werden         sie. Außerdem gefällt ihr an der Seestadt, dass es
kleine Bauernhöfe in der Nähe bevorzugt. Die Le-         hier (noch) keine „Konsumtempel“ gibt, sondern nur
bensmittel sollten biologisch sein, aber das muss        kleine Geschäfte. An der Seestadt wird bis minde-
nicht unbedingt mit Zertifikaten belegt sein. Diens-     stens 2028 gebaut, deswegen kann sich das noch än-
tag wird bestellt, Freitag wird geliefert. Verderbli-    dern. Da einige Flächen für unkonventionelle Wohn-
che Ware gibt’s nur auf Bestellung, weshalb nur          formen reserviert wurden, findet man hier über-
ganz wenig im Abfall landet und die Produkte fast        durchschnittlich viele Menschen, die an Nachhaltig-
ohne Aufschlag zum Einkaufspreis abgegeben wer-          keit und dem notwendigen gesellschaftlichen Wan-
den. Lediglich für die Einrichtung des Lagers (Kühl-     del interessiert sind.
schränke, Regale, Waagen usw.) wird ein Gemein-
kostenbeitrag von 3 Prozent eingehoben. Dafür müs-       Ein Auto braucht Brigitte nicht. „Zugfahren ent-
sen die Teilnehmer selbst putzen, aufräumen, Müll        spannt“, sagt sie. „Das kann die Zeitersparnis im
entsorgen und vor allem auch ihre Einkäufe abrech-       Auto nicht aufwiegen.“ Sie versteht nicht, wieso die
nen. Das geht nur auf Vertrauensbasis, was auch der      Autofahrer so gerne im Stau stehen und nicht zumin-
Grund ist, dass die Foodcoop für Hausfremde nicht        dest Fahrgemeinschaften machen.
zugänglich ist.                                          Brigitte ist kein fanatischer Konsumverweigerer: Sie
                                                         gönnt sich gerne einen längeren Urlaub in Asien.
Wohnprojekt
Brigitte wohnt in einem Gebäu-
de, wo 60 Erwachsene und 20           Foodcoops in Österreich:          Mehr über das gemeinschaftliche
Kinder in einer Art Wohnge-           umweltberatung.at/foodcoops       Wohnhaus, in dem Brigitte zuhause
meinschaft leben. Das heißt: Ge-                                        ist: lisa.co.at – Leben in der See-
                                      Foodcoops in Deutschland:
meinschaftseinrichtungen kön-                                           stadt Aspern. Für Gruppen werden
                                      foodcoops.de
nen von allen benutzt werden,                                           kostenlose Führungen abgehalten.
die Verwaltung machen die Be-         Foodcoop selbst gründen:
                                                                        Termine unter info@lisa.co.at
wohner selbst und Entscheidun-        foodcoops.at

10                                              Frühjahr 2017                                    SOL Nr. 167
Solidarische Landwirtschaft
    Alternative Vermarktung oder Alternative zur Vermarktung? Von Lorenz Glatz sen.
Solidarische Landwirtschaft wird meist kurz so er-
klärt: Konsument*innen zahlen jährlich oder monat-
lich im Voraus einem Hof Geld für einen Anteil an
der Ernte. Eventuell arbeiten sie sogar ein wenig
freiwillig mit. Als SOL im Jahr 2013 über solidarische
Landwirtschaft (kurz: SoLawi) berichtete (Sustaina-
ble Austria 62; nachhaltig.at/SusA62.pdf), gab es in
Österreich vier solche Projekte. Inzwischen sind es
über 20, mit deren Bio-Gemüse, -Kräutern, -Früch-
ten, z. T. auch -Milchprodukten und -Fleisch insge-
samt einige tausend Menschen versorgt werden. Es
gibt keinen Preis der einzelnen Produkte und auch
keine fixe Menge, sondern es gibt die konkrete Ernte
und die damit verbundenen Erfordernisse der Land-
wirtschaft, denen alle Beteiligten für ein Gelingen                            Wer sind die Profis, wer die Helfer?
auf ihre Weise gerecht werden müssen. Die Ernte
wird sodann nach den angemeldeten Bedürfnissen            kleinen Eigengrund neu errichtet werden. Das ge-
verteilt.                                                 lang nur durch den gemeinsamen Arbeits- und Geld-
                                                          einsatz aller Beteiligten. Es war dies ein Zusammen-
Neue Entwicklungen werden oft nach alten benannt.         rücken, das demnächst zur Gründung einer Stiftung
So heißt SoLawi oft „alternative Vermarktung“; sie        (tinyurl.com/rasenna17) führen soll. In diese sollen
wird auf die Aktivität von Bauern reduziert, mit der      die angeschaffte Infrastruktur und ein Teil des Ei-
sie kaufkräftige Abnehmer*innen für ihre Produkte         gengrunds eingebracht und durch die Stiftung über
finden und möglichst an sich binden wollen. Dafür         den Wechsel der aktuell beteiligten Menschen hin-
gibt es inzwischen auch Hilfestellungen bei Land-         aus auch in Zukunft für Gemeinschaften solidari-
wirtschaftskammer und Bio-Austria.                        scher Landwirtschaft gesichert werden.
Der Markt steht ja im Zentrum unserer Wirtschafts-        International heißt SoLawi „Community Supported
ordnung. Er beruht aber auf Konkurrenz – des einen        Agriculture“ (CSA). Grundkonsens ist Solidarität
Erfolg ist der anderen Niederlage, Rücksicht ist po-      statt Marktlogik: „Essen ist Gemeingut, keine
tentiell existenzgefährdend. Eine Einbettung in soli-     Ware“, steht unter den CSA-Leitprinzipien der „Er-
darische menschliche Beziehungen und Rücksicht-           klärung der europäischen CSA-Bewegung“ vom Ok-
nahme auf die Natur steht im Widerspruch zu seiner        tober 2016. Kooperation gibt es nicht nur innerhalb
Logik und wird bei Bedarf geopfert.                       der Projekte, sondern sie soll auch die Konkurrenz
                                                          zwischen diesen durch Absprachen und gegenseiti-
Das Neue an SoLawi sind aber genau diese mensch-
                                                          ge Hilfe ersetzen. GeLa Ochsenherz hat das in einem
lichen Beziehungen und vor allem die Logik der
                                                          Positionspapier so zusammengefasst: „GeLa / SoLa-
Rücksicht auf einander, die künftigen Generationen
                                                          wi / CSA sind keine alternative Form der Vermark-
und die Mitwelt. So werden z. B. bei etlichen Initiati-
                                                          tung, sondern eine Alternative zur Vermarktung!“
ven die finanziellen Beiträge nach den individuellen
Möglichkeiten selbst bestimmt. Auch wie viel die
Mitglieder wovon bei der wöchentlichen Abholung            Zum Weiterlesen: www.ochsenherz.at
mit nach Hause nehmen, können sie bei manchen
Projekten in „freier Entnahme“ selbst bestimmen.           Einige Ernteanteile für 2017/2018 sind übrigens
Mitarbeit bei der Verteilung, auf den Feldern und bei      noch zu haben (um durchschnittlich  110,- pro
der Verwaltung des Projekts ist allgemein freiwillig       Monat). Ein Ernteanteil entspricht dem, was ein
und meistens ehrenamtlich.                                 Gemüsefreund in einer Woche so braucht. Abho-
                                                           len kann man das in „freier Entnahme“ ganzjährig
„Ge(meinsam)La(ndwirtschaften) Ochsenherz“, die            wöchentlich beim Wiener Naschmarkt und am
erste Initiative in Österreich, besteht deshalb noch,      Gärtnerhof in Gänserndorf, etliche Abholstellen
weil es diese menschlichen Beziehungen und diese           für Kistl (während der Saison) sind über Wien ver-
andere Logik gibt: Der Großteil des gepachteten            streut.
Ackerlands ging durch Umwidmung in Bauland ver-
loren. Die gesamte Infrastruktur (Folientunnel,            Anmeldungen unter: gela@ochsenherz.at
Brunnen, Strom, Wasser, Kanalisation und Contai-           SoLawi in Österreich: tinyurl.com/solawi17
ner) musste auf dem einige Kilometer entfernten            In Deutschland: solidarische-landwirtschaft.org

SOL Nr. 167                                      Frühjahr 2017                                                 11
Kürbisse selbst anbauen
                                           Von Hannah Bruckner.
Als Gärtnerin liebe ich Kürbisse we-                                              Brennnesseljauche gießen. Unter
gen ihrer kinderleichten Anzucht                                                  den genannten Bedingungen wird
und ihrer Schönheit. Man nehme                                                    sich die Kürbispflanze gut entwi-
Anfang Mai einen Kern (oder zwei),                                                ckeln, zu gut, wenn man sich vor-
stecke ihn in einen nicht zu kleinen                                              her nicht überlegt hat, wie viel
Topf (oder in einen großen Jo-                                                    Platz ein Kürbis wirklich braucht.
ghurt-Becher mit Abzugloch), bede-                                                Also kurz gesagt: Wenn man nicht
cke mit feuchter, guter Erde und                                                  will, dass der Kürbis alle anderen
warte etwa eine Woche im warmen                                                   Gemüsekulturen überwuchert,
Zimmer. Sehr schnell erscheinen          Kürbisblüte mit Biene: Jetzt geht’s zur  sollte man ihn bewusst als Kletter-
die Keimblätter, die natürlich dann                        Sache! (pixabay.de)    pflanze z. B. auf einen Baum oder
viel Licht brauchen, z. B. an einem                                               Strauch, Klettergerüst oder Mauer
hellen Fenster. Die Pflanze darf                                                  wachsen lassen.
nicht zu nass, aber auch nicht zu trocken stehen, dann
                                                             In Augenhöhe lassen sich auch die wunderschönen
werden rasch große Blätter treiben. Nach den Eisheili-
                                                             Blüten viel besser bewundern. Sie nehmen es mit jeder
gen – Mitte bis Ende Mai – pflanzt man den Kürbis nach
                                                             Blütenpflanze auf! Auch die Blätter – wenn nicht gera-
draußen an eine sonnige und nährstoffreiche Stelle.
                                                             de vom Hagel zerfetzt – sind die reinste Zierde. Ich
Ein reiches Nährstoffangebot erreicht man durch ver-
                                                             habe eine alte Holzleiter zum Aufklappen als Kletterge-
schiedene Möglichkeiten:
                                                             rüst für eine Kürbispflanze bestimmt. Im Nu haben die
A) durch Vermischen der Erde mit Kompost                     Ranken die Leiter umhüllt und ein dicker, runder Kür-
                                                             bis steht eingeklemmt zwischen zwei Sprossen. Weite-
B) durch Vermischen der Erde mit einer Handvoll
                                                             re Früchte hängen an den Trieben.
Horngrieß (wirkt schnell) und Hornspäne (wirken
später) plus einer kleineren Menge Stein- oder Lava-         An anderen Stellen wachsen bei mir Kürbispflanzen
mehl (oder Asche eines früheren Lagerfeuers)                 in Obstbäume hinein – ganz ohne Probleme. Es sieht
                                                             wirklich fantastisch aus, obwohl ich es so nicht ge-
C) durch Vermischen der Erde mit einer Handvoll
                                                             plant hatte. Ich habe nämlich im Mai einfach „ural-
pelletiertem Rindermist plus wieder Stein- oder La-
                                                             te“ Kürbissamen (älter als 5 Jahre) auf ein Stück
vamehl (oder Asche eines Lagerfeuers).
                                                             Erde gestreut und war sicher, dass da eh nichts
Wer all das nicht zur Verfügung hat, kann während des        mehr kommt. Aber weit gefehlt: Vermutlich sind alle
Wachstums möglichst jede Woche mit verdünnter                Samen gekeimt, alles war bedeckt mit kleinen
                                                             Pflänzchen, die rapide heranwuchsen. Ich beglückte
  SOL-MitarbeiterInnen stellen sich vor:                     Freunde und Nachbarn mit Kürbissen, hatte aber
                   Martin Zanolin                            noch immer so viele, dass ich sie an alle möglichen
                                                             und unmöglichen Stellen (z. B. an den Fuß von Obst-
  Wien; freiwilliger                                         bäumen) setzte. Sterben sollten sie keinesfalls!
  Mitarbeiter                                               Fast hätte ich vergessen, zu erwähnen, dass Kürbis-
  Auf der Suche nach der                                    pflanzen sehr gerne von Schnecken verspeist wer-
  Möglichkeit, gesell-                                      den und entsprechender Schutz anfangs vonnöten
  schaftlich mehr beizu-                                    ist. Bei mir hat sich ein Schneckenzaun aus rostfrei-
  tragen, bin ich auf die                                   em Edelstahl bewährt.
  Jobausschreibung von                                      Hat man mehrere Sorten Kürbisse und/oder Zucchi-
  SOL gestoßen.                                             ni im Garten, lässt sich dieses Gemüse nicht sorten-
  Da ich in meiner Tätig-                                   rein züchten, weil sich die Pflanzen untereinander
  keit als selbständiger                                    kreuzen. Besonders problematisch sind Zierkürbis-
  Designer weniger mit gesellschaftlichen oder              se: Diese sind bitter und giftig und die entstandenen
  nachhaltigen Themen zu tun habe, bietet mir das           Mischungen ebenfalls.
  Volontariat bei SOL einen optimalen Ausgleich.            Bezüglich leichter Samenentfernung hat sich eine
  Durch die sehr offene Struktur bei SOL kann ich           Kürbissorte sehr bewährt, nämlich der Butternuss
  mich in jedem Bereich einbringen und kann mir             (Butternut)-Kürbis. Dieser hat alle Samen in einer
  aussuchen, welche Projekte mich interessieren             kleinen, runden Höhle im bauchig verdickten
  und wo ich mitarbeiten möchte.                            Frucht-Ende.

12                                                Frühjahr 2017                                       SOL Nr. 167
Falsche Gentechnik-Versprechungen
 Neue Studien zeigen, dass die Gentechnik nicht die behauptete Hilfe für die Ernährung
        der wachsenden Erdbevölkerung und für die Anpassung an geänderte
      Umweltbedingungen ist. Von Astrid Tröstl, Oskar Luger und Katrin Urferer.
Fast alle derzeit angebauten gv (gentechnisch verän-
derten) Pflanzen haben ein Gen für eine Herbizidresis-
tenz oder eine Insektenresistenz oder beides einge-
baut. Im Falle der Herbizidresistenz werden die Kultur-
pflanzen gegen ein Totalherbizid wie Roundup mit dem
Wirkstoff Glyphosat unempfindlich gemacht. Insekten-
resistente Pflanzen erzeugen ein Gift, das sie vor Insek-
tenfraß schützt, da das Insekt stirbt, wenn es davon
frisst.
Beide Resistenzen sollten, so die Saatgut- und Chemie-
konzerne, wie Monsanto oder Bayer, die Arbeit erleich-
tern und zu höheren Erträgen führen. Anfangs brach-
ten die gv Pflanzen deutliche Vereinfachungen, was                    Katrin Urferer, Oskar Luger und Astrid Tröstl (v.l.n.r.):
wohl der Hauptgrund war, dass die meisten Farmer in                 AutorInnen eines neuen Gentechnik-Buchs: Gentechnik
den USA und Kanada auf gv Pflanzen umgestellt haben                  geht uns alle an (Springer, 2016, 224 Seiten, ¤ 17,99)
- erleichtert durch gentechnikfreundliche Regierungen
und eine weniger kritische Bevölkerung.                          alte, nicht gv Pflanzen zurück. Burkina Faso hat außer-
                                                                 dem noch das Problem, dass die neuen gv Pflanzen Fa-
Der Ertrag ist langfristig allerdings nicht gestiegen. Ein       sern mit schlechter Qualität haben.5 In den USA setzen
ausführlicher Vergleich der Landwirtschaft in Europa,            Farmer beim Maisanbau inzwischen zusätzliche Insek-
die weitestgehend auf Gentechnikfreiheit gesetzt hat,            tizide ein oder steigen aus dem Maisanbau aus.4
und der Landwirtschaft in den USA und Kanada ergab,
dass die Gentechnik keinen höheren Ertrag bringt,                Auch beim zweiten erwähnten Hauptargument, bei der
wohl aber zu höherem Agrargifteinsatz geführt hat.1 Da           Anpassung an geänderte Umweltbedingungen, kann
Unkräuter mit der Zeit resistent gegen das Totalherbi-           die Gentechnik wenig vorweisen, und es erweist sich
zid werden, muss der Glyphosateinsatz ständig gestei-            die konventionelle Züchtung als viel erfolgreicher.7
gert werden. Inzwischen werden in der gv Landwirt-               Zudem verstärkt oder bringt die gentechnische Verän-
schaft zusätzliche Herbizide eingesetzt, und dennoch             derung von Pflanzen auch andere Problembereiche, die
werden die Farmer der Unkräuter oft nicht mehr Herr.             ebenso wichtig für die Sicherung der Welternährung
In einer Veröffentlichung des US-Landwirtschaftsmini-            sind. Erhöhte Saatgutpreise, hoher und somit teurer
steriums von 2014 steht ebenfalls, dass bei herbizidre-          Düngemittelbedarf und verwendete Giftmengen sollten
sistenten Pflanzen kein Mehrertrag beobachtet wird.              in den Überlegungen eine wichtige Rolle spielen. Be-
Bei den insektenresistenten Pflanzen wurden aller-               sonders, wenn es um die Landwirtschaft in den Län-
dings oft, wenngleich nicht immer, Mehrerträge beob-             dern des Südens geht. Die Länder des Südens stehen
achtet; verständlich, da der Hauptschädling nicht über-          seitens der Konzerne und der US-Regierung, unter-
lebt.2 Inzwischen werden aber auch die Schadinsekten             stützt von der Melinda und Bill Gates Stiftung, unter
gegen das gentechnisch eingebaute Gift resistent, und            Druck, gv Pflanzen zu genehmigen, während Bauern-
die Wirkung des Giftes geht verloren.3 4                         verbände, lokale Organisationen8 oder AktivistInnen
                                                                 wie Vandana Shiva sich dagegen wehren.
Als Folge davon wurden inzwischen Missernten beob-
achtet, weil die Schadinsekten sich unbehelligt ver-             Den Gewinn haben die großen Saatgut- und Chemie-
mehren, oder weil sich wegen des Wegfalls des Haupt-             konzerne, die über Patente die Rechte auf immer mehr
schädlings Sekundärschädlinge stark vermehren. In                Pflanzen bekommen. Das ist ganz besonders besorgnis-
Burkina Faso5 und Indien6, die beide weitgehend auf gv           erregend, denn es geht um die Verfügungsgewalt über
Baumwolle umgestellt haben, geht man inzwischen auf              die Ernährung der Menschheit.

(1)   http://www.nytimes.com/2016/10/30/business/gmo-promise-falls-short.html?_r=4
(2)   https://www.ers.usda.gov/webdocs/publications/err162/43667_err162_summary.pdf
(3)   http://sciencev2.orf.at/stories/1735191/index.html
(4)   http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0169115
(5)   http://www.dw.com/de/burkina-faso-abkehr-von-genveränderter-baumwolle/a-19361005,
(6)   http://timesofindia.indiatimes.com/city/hyderabad/AP-opposes-royalty-to-Bt2-cotton-seed-cos/articleshow/51557437.cms,
(7)   Oskar Luger, Neue ertragreiche Pflanzensorten – besser ohne Gentechnik, sol magazin, 159, 2015
(8)   für Afrika siehe beispielsweise die Seite des African Centers for Biodiversity, http://acbio.org.za

SOL Nr. 167                                           Frühjahr 2017                                                           13
Die Bremer Stadtmusikanten
                „Deutschlands erste Graue-Panther-WG“. Von Eva Meierhofer.
Auf den Vergleich mit dem 1975 gegründeten Deut-
schen Senioren-Schutzbund und der daraus hervor-
gegangenen Partei „Graue Panther“ (agp-bv.de)
stieß ich schon vor 20 Jahren. Man verbindet sie mit
Senioren, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen.
Das passt zu diesem Märchen.
Die Bremer Stadtmusikanten sind ein Schwankmär-
chen. Man freut sich mit den Helden, die auch Senio-
rentiere sind. Tatsächlich waren Menschen früher
mehr von Altersarmut bedroht als heute, aber nicht

             Charity Walk
                                                                                  Mal aus Plüsch... (pixabay.de)
                                                       nur deswegen sind die vier gesellschaftliche Außen-
                                                       seiter. Tiere stellen in Märchen Seelenaspekte des
                                                       Menschen dar.
                                                       Der Esel ist meist negativ behaftet, als dumm und
                                                       störrisch. Dabei ist er ein sehr kluges Tier. Manche
                                                       alte Mythen erkennen das noch an, z.B. die Ge-
                                                       schichte des Sehers Bileam, der den Engel Gottes
                                                       nicht erkannte, sein Esel dagegen schon (vgl. Altes
                                                       Testament, Buch Numeri 22, 22-30). Mit der Einfüh-
                                                       rung des Pferdes wurde der Esel zum Lasttier degra-
                                                       diert, weshalb er auch Demut symbolisiert. Bis auf
                                                       den Starrsinn fehlen unserem Esel diese Eigenschaf-
                                                       ten. Er war keineswegs dumm, sondern erkannte,
 SOL ist seit vielen Jahren Mitgliedsorganisation
                                                       woher der Wind wehte. Er fügte sich nicht demütig
 beim Umweltdachverband. Am besten lässt sich
                                                       in sein Schicksal, sondern lief davon.
 der UWD, wie er kurz genannt wird, beschreiben,
 als Verband der Naturnützer und Naturschützer.        Den Hund kennzeichnet die Nähe zum Menschen, er
 So gehören beispielsweise Land&Forst Betriebe         symbolisiert Treue und Gehorsam, aber auch Trieb-
 Österreich, Biomasse Austria, der Alpenverein         haftigkeit. Als Wächtertier ist er in vielen Mythen ein
 und der Naturschutzbund zu den insgesamt 37           Wächter zwischen Diesseits und Jenseits, weshalb in
 Mitgliedern.                                          Märchen symbolische Tore zur Anderswelt – Schatz-
                                                       höhlen, verwunschene Schlösser – oft von Hunden
 Wenn du die Arbeit des UWD als wichtig empfin-
                                                       bewacht werden. Seine Treue geht bis zur Unter-
 dest und gerne noch mehr darüber erfahren
                                                       würfigkeit. Der Hund in diesem Märchen ergreift
 möchtest, gibt es eine sehr genussvolle Möglich-
                                                       auch nicht selbst die Initiative, er muss vom Esel
 keit dazu mit dem „Charity Walk“. Am 29. und 30.
                                                       dazu angestoßen werden.
 April 2017 findet eine zweitägige Wanderung, die
 entlang der Donau, durch Wälder und über Wein-        Die Katze umgibt von jeher etwas Geheimnisvolles,
 berge vom Nationalpark Donau-Auen bis ans Ufer        zum Teil Dämonisches. Sie ist unberechenbar, kann
 des Neusiedler Sees führt, statt. Alle Teilnehme-     im Dunkeln sehen. Nur in ganz frühen Kulturen, wie
 rInnen erhalten von mitwandernden Naturver-           dem alten Ägypten, war sie eine Beschützerin des
 mittlerInnen sowie an zahlreichen Info-Stationen      Hauses, der Mütter und der Kinder.
 Einblicke in die eindrucksvolle lokale Flora und
                                                       Der Hahn ist ein Wächtertier am Übergang Tag –
 Fauna und können sich mit Schmankerln aus der
                                                       Nacht. Er ermahnt uns zur Wachsamkeit. Fast jeder
 Region stärken. Die Teilnahmegebühr fließt als
                                                       kennt die Geschichte vom heiligen Petrus, der durch
 Spende in Projekte zum Schutz ebendieser be-
                                                       den Schrei eines Hahnes aufmerksam zur Besinnung
 suchten Lebensräume.
                                                       gebracht wurde (vgl. Neues Testament, Mt 26, 69-75).
 www.wirfuerumwelt.at/charity-walk-2017                Auch dieser Hahn kündigt ein mythologisches Fest an,

14                                            Frühjahr 2017                                      SOL Nr. 167
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Bindung ausgenommen
„Wenn der Berg ruft“
   ... nutzt SOL-Mürztal das für einen Ausflug und findet die Hoffnung auf eine bessere
                                 Welt. Von Eva Meierhofer.
Vom 4. bis 6. November fand rund um den Kulm das
erste Kulm-Andersweltzeit-Erzählfestival statt, orga-
nisiert vom Verein Erzählerey. Die SOL-Regional-
gruppe Mürztal nutzte diese Gelegenheit zu einem
Ausflug. Ausgesucht wurde die Veranstaltung
„Wenn der Berg ruft“, die am Sonntag, 6. November,
im Gasthof Ackerwirt direkt am Fuße des Kulm statt-
fand. Um 10.00 Uhr begann ein Vormittag voller
Märchen und Sagen. Die vier Erzählerinnen Marion
Wiesler, Franziska Krenn, Astrid Hämmerle und
Christa Schmollgruber erzählten Geschichten aus
den Bergen, wobei sie durch die Steiermark, nach
Tirol und Salzburg reisten und auch Geschichten
rund um den Kulm zum Besten gaben. Der Saal war
bis auf den letzten Platz besucht, nicht nur Kinder
lauschten den Geschichten von versunkenen Bur-
gen, Zähnen, die sich in Gold verwandeln, von Rie-
sen und von Zwergen. Da fast alle Erzählerinnen
auch als Autorinnen tätig sind, gab es auch einige
Bücher zu kaufen.                                                        Der Kulm zeigt den SOLis seine Schätze
                                                                                         (Foto: Klaus Streichert)
Über das Wochenende fanden Veranstaltungen rund
um den Kulm statt. So am Freitag, den 4. November, im   Gasthof Ackerwirt. Das Festival wurde veranstaltet
Schloss Stubenberg, am Samstag, 5. November in der      vom Verein Erzählerey, der seine Aufgabe in der För-
Aula der Volksschule Puch und am Sonntag eben im        derung des Erzählens sieht. Sieben Erzähler/innen ge-
                                                        stalteten die Events. Neben den bereits Erwähnten wa-
                                                        ren auch Ursula Walch, Gundvon Dreiweg und Frede-
                                                        rik Mellak zu hören. Mitbegründerin und Obfrau des
                                                        Vereins ist die Erzählerin Marion Wiesler, die mit ihrer
                                                        Familie am Fuße des Kulm lebt und dort einen Semi-
                                                        narhof betreibt. Laut ihr sollte der Berg auch Heilung
                                                        erfahren, da er im Lauf seiner Geschichte einiges mit-
                                                        gemacht hat, nicht nur wettertechnisch. Deshalb wur-
                                                        de bei der Veranstaltung beim Ackerwirt ein aus Zwei-
                                                        gen geflochtenes Modell des Kulm aufgestellt, und jede
                                                        Erzählerin brachte ein symbolisches Bildchen an mit ei-
                                                        nem Wunsch für den Berg.
                                                        SOL-Mürztal möchte weitere solche Orte der Hoff-
                                                        nung aufsuchen, um zu sehen, wie es möglich ist, So-
                                                        lidarität, Ökologie und andere uns wichtige Themen
                                                        in unser Leben zu integrieren. Wir erhoffen uns An-
                                                        regungen und zugleich die Möglichkeit, gemeinsam
                                                        etwas zu unternehmen. Unsere Ausflüge werden wir
                                                        von Monat zu Monat planen und rechtzeitig be-
                                                        kanntgeben.
                                                        Wer Interesse hat mitzukommen, melde sich
                                                        bei Eva Meierhofer, 0664 322 16 62,
                                                        EvMei@web.de.

                                                             Daueraufträge helfen uns planen.
                                                         Wenn du einen Dauerauftrag für SOL einrich-
                                                         test, bekommst du von uns als kleines Geschenk
                                                         ein Buch, ein T-Shirt o. ä. – wir melden uns, damit
                                                         wir „das Richtige” treffen!
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