SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen

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SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
Spektrum
                                                                   Juni 2017

Auf der Arbeitsebene:         Zwischen Fühlen     Digitalisierung:
Wirken der Hochschule in      und Denken:         Staatssekretär Rainer Bomba
Ludwigshafen und der Region   Emotionsforschung   im Interview
SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
Inhalt
                                                 Titelthema
                                                 Die Hochschule als Teil der „Zukunftsmeile“ – Ortsvorsteherin A. Simon im Interview. 4
                                                 Klimafreundlich zur Arbeit – neue Angebote für die urbane Mobilität von morgen..... 8
                                                 Klimawandel und intelligentes Energiemanagement –
                                                 von der Metropolregion in die Welt.................................................................................................... 12
Seit Anfang Februar ist die Ernst-Boehe-Straße   Den Raum öffnen – Lehre im Einweisungsgebiet Mundenheim-West................................ 16
30er-Zone und erleichtert damit den Übergang     Handwerk in Rheinland-Pfalz etabliert Qualitätsplattform
zwischen den Hochschulgebäuden auf der           für barrierefreie Wohnraumgestaltung............................................................................................. 20
einen und dem ebenfalls von der Hochschule       Weichenstellung für die Zukunft: Transfer-Audit 2017................................................................ 24
genutzten Postbankgebäude auf der anderen
                                                 Studium Generale an der Hochschule Ludwigshafen:
Straßenseite.
                                                 Prof. Dr. D. Thomaschewski im Interview.......................................................................................... 26
                                                 Neue Nachbarn – aktuelle Flüchtlingssituation
                                                 und Wohnungsbau in Ludwigshafen................................................................................................. 28
Impressum                                        Einmischen erwünscht! Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit...................................................... 30
                                                 Mit Kinderuni und Co in die Stadtgesellschaft............................................................................... 32
Spektrum, Zeitschrift der Hochschule
                                                 „Ludwigshafen ist eigentlich schön!“................................................................................................. 34
Ludwigshafen am Rhein, erscheint
dreimal im Jahr. (Als PDF-Version auf:
www.hs-lu.de/spektrum)                           Aktuell
Die Beiträge geben die Meinung der               „Die Zitrone ist fast ausgepresst“ – DVZ-Symposium „Tender Management“.................. 36
Autoren wieder. Der Nachdruck von                Kick für die Karriere: 5. Jobmesse der Hochschule Ludwigshafen.......................................... 40
Beiträgen ist nach Absprache möglich.            Finanzgespräche: Gold als Anlageklasse........................................................................................... 44
Herausgeber                                      „Das Jahr des Hahns“ – OAI-Dozent legt Thriller vor.................................................................... 45
Der Präsident der Hochschule                     „Mehr Chancengerechtigkeit!“ – Eröffnung des ArbeiterKind.de-Regionalbüros........... 46
Ludwigshafen am Rhein, Ernst-Boehe-              5. „Tag des Stipendiums“.......................................................................................................................... 47
Straße 4; 67059 Ludwigshafen
                                                 „50 PLUS“: Abwechslungsreich durchs Sommersemester 2017.............................................. 48
Redaktion
Dr. Elena Wassmann (ew), (v.i.S.d.P.);
E-Mail: elena.wassmann@hs-lu.de,
                                                 International
Ute Sahmel (us);                                 HPAIR 2017: „Navigating the future“................................................................................................... 50
E-Mail: ute.sahmel@hs-lu.de;                     Ludwigshafen, Riga, Zagreb und zurück............................................................................................ 52
Britta Käufer (bk);                              18. Woche der Rechnungslegung: So geht Europa!....................................................................... 54
E-Mail: britta.kaeufer@hs-lu.de
Korrektorat                                      Forschung & Lehre
Britta Käufer (bk);                              Emotionsforschung an der Hochschule Ludwigshafen.............................................................. 56
E-Mail: britta.kaeufer@hs-lu.de                  „Süßer die Kassen nie klingen – Ich kaufe, also bin ich?“........................................................... 59
Satz, Grafik und Layout                          Den Austausch fördern: Lehrforschungstag am Fachbereich IV............................................. 60
Alexandra Steppat,
                                                 Auf nach Bonn!............................................................................................................................................. 62
E-Mail: info@xenosign.de
                                                 Statistik mal ganz praxisnah.................................................................................................................. 63
Anzeigen und Vertrieb
Ute Sahmel, Stabsstelle Hochschul­
                                                 Win-Win: Studentische Junior Consultants beraten Praxispartner...................................... 64
kommunikation, Tel.: 0621/5203-346;
E-Mail: ute.sahmel@hs-lu.de                      Alumni
Druck                                            Mit Spaß und Leidenschaft – Alumna C. Volk im Interview...................................................... 66
repro|concept rhein-neckar;                      Besser netzwerken! Alumni-Abend „Digitalisierung“................................................................. 68
Postfach 10 03 35; 67403 Neustadt an
der Weinstraße, Tel.: 06321/18524-0;             Intern
Fax: 06321/185277;                               Inklusion – gemeinsam sind wir stark............................................................................................... 71
E-Mail: info@repro-concept.de                    Inklusion am Arbeitsplatz........................................................................................................................ 72
Bildnachweis                                     Erste Meilensteine: Qualitätssicherung und -entwicklung in der Verwaltung................ 74
Titelbild: Hochschule Ludwigshafen
am Rhein                                         Im Interview
Wenn nicht anders vermerkt:                      „Digitalisierung ist das Mega-Thema“ – Staatsekretär R. Bomba im Gespräch............... 76
Hochschule Ludwigshafen am Rhein
SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
Natürlich kümmere ich mich um
die Zukunft. Ich habe vor, den Rest
meines Lebens darin zu verbringen.
Mark Twain

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn es um Zukunftsgestaltung geht, spielen die Hoch-         Ludwigshafen wünschen würde, so ist unzweifelhaft,
schulen eine wichtige Rolle. Sie sind in unserer Gesell-      dass sich Hochschule und Stadt in einer „Schicksalsge-
schaft ein Garant für die Bereitstellung wissenschaftlicher   meinschaft“ befinden – und dies ist gut so. Wir verstehen
sowie beruflicher Kompetenzen und leisten einen wich-         uns als Teil dieser Stadt und versuchen, dies als klares
tigen Beitrag für die nachhaltige Sicherung von Fach-         Selbstverständnis immer auch zu transportieren, bei-
und Führungskräften. Hunderttausende erfolgreicher            spielsweise wenn wir mit vielfältigen Veranstaltungen
Absolventinnen und Absolventen verlassen jedes Jahr die       die Stadtgesellschaft zu uns an den Campus einladen.
Hochschulen und sind nicht nur fachlich, sondern auch         In dieser Ausgabe von SPEKTRUM stellen wir einmal ganz
im Bereich ihrer persönlichen Kompetenzen gut auf die         bewusst zahlreiche und sehr facettenreiche Projekte
Zukunft vorbereitet. Vor dem Hintergrund der sich rasant      dar, die wir mit ganz unterschiedlichen Akteuren und
weiterentwickelnden Rahmenbedingungen müssen sich             Institutionen in Ludwigshafen durchführen – also quasi
Hochschulen mehr denn je auch um die eigene Zukunfts-         auf der Arbeitsebene. Es lässt sich dabei aus meiner Sicht
gestaltung kümmern. Die Landesregierung möchte zur            feststellen, dass wir alle durch diese Zusammenarbeit
Weiterentwicklung des Wissenschafts- und Hochschul-           gewinnen. Nämlich die Akteure und Institutionen in
standorts Rheinland-Pfalz ein Hochschulzukunftspro-           der Stadt wie auch die Hochschule, die sich neben ihrer
gramm entwickeln, für welches eine von ihr eingesetzte        internationalen Ausrichtung ganz ausdrücklich zu ihrer
Expertenkommission wichtige Impulse geben soll. Die           regionalen Verwurzelung bekennt, aber auch die Stadt
Hochschulen werden von Anfang an eingebunden, um              Ludwigshafen als offener Raum von Begegnungen und
ihre Belange und Spezifika hinreichend darstellen zu          Kollaboration, die mit ihrer Vielfalt und Kreativität für
können. Für unsere Hochschule kommt die Befassung mit         die Zukunftsfähigkeit der zweitgrößten rheinland-pfäl-
der Zukunftsgestaltung zum richtigen Zeitpunkt. Denn          zischen Kommune stehen. Mit dem Titelthema „Wirken
unser Profil im Bereich von Lehre, Forschung, Transfer und    der Hochschule Ludwigshafen in Ludwigshafen und der
Verwaltung steht derzeit im Rahmen von verschiedenen          Region“ machen wir auch deutlich: „Hochschulstadt
Strategieprozessen in einzelnen Gremien auf der Agenda.       Ludwigshafen“ ist ein Projekt, an dem wir gerne arbeiten
Die positive Entwicklung der Hochschule in den letzten        und an das wir glauben.
Jahren gibt uns für den anstehenden „Zukunftsdialog“
eine gute Basis für die Stärken- und Schwächenanalyse         Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und bedanke
aller Einheiten, um gleichermaßen unsere Ansprüche an         mich bei den wieder sehr zahlreichen Akteuren, die diese
eine Zukunftsfähigkeit zu formulieren und unser Profil        Breite an Berichten erst möglich gemacht haben.
weiter zu entwickeln. Hierbei freuen wir uns über Impulse
aus allen Richtungen.                                         Herzliche Grüße

„Hochschulstadt Ludwigshafen“ – eine gewünschte               Ihr
Kreation?

Wenngleich sich die Hochschulleitung manchmal ein
deutlicheres Commitment von Repräsentanten der Stadt          Prof. Dr. Peter Mudra, Hochschulpräsident
SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
4   Titelthema

    Die Hochschule als Teil
    der „Zukunftsmeile“
    „Spektrum“ im Gespräch mit Anke Simon,
    Ortsvorsteherin von Mundenheim und Kuratoriumsmitglied
    Seit 1994 ist Anke Simon (SPD) im Ortsbeirat Ludwigshafen-Mundenheim aktiv. Als Vorsitzende des
    Ortsvereins (1998 – 2004) und seit 2004 als Ortvorsteherin prägt sie die Entwicklung des Stadtteils ent-
    scheidend mit. Seit 2011 vertritt Simon zudem als SPD-Landtagsabgeordnete die Interessen der Stadt
    Ludwigshafen im Land. Der Hochschule Ludwigshafen am Rhein ist sie seit vielen Jahren als Mitglied des
    Kuratoriums – eines Gremiums, das die Entwicklung der Hochschule seit 1997 kritisch-konstruktiv begleitet
    – verbunden. Mit „Spektrum“ sprach Anke Simon über die Bedeutung der Hochschule für das „Quartier“
    und die Stadtentwicklung, ihre Erwartungen an den Campus-Neubau und ihre Rolle als Kuratoriums-
    mitglied.
SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
Titelthema         5

Spektrum: Welche Bedeutung hat die Hochschule Lud-            das wissen leider nur diejenigen, die direkt damit zu tun
wigshafen aus Ihrer Sicht für den Standort Ludwigsha-         haben.
fen-Mundenheim?
Dadurch, dass die Hochschule ja nicht direkt im Zentrum       Es braucht wahrscheinlich auch Zeit, bis sich in der
von Mundenheim ist, sondern eher am Rand des Orts-            breiten Bevölkerung ein Bewusstsein für die Hochschule
teils liegt, spielt der Standort der Hochschule für den       entwickelt.
Ortsteil Mundenheim keine besondere Rolle. Für mich           Ja. Meine Hoffnung ist auch, dass mit dem Wechsel an
als Ortsvorsteherin ist der Standort mit Hochschule,          der Stadtspitze das Potenzial der Hochschule vielleicht
Technologiemeile und Berufsschule aber klar ein Zu-           noch mehr erkannt wird, auch vom Werbefaktor her.
kunftsstandort. Ich sehe die Bedeutung der Hochschule         Andere Hochschulstandorte gehen damit anders um
eher für die Stadt als Ganzes.                                und beziehen die Hochschule auch ins Stadtmarketing
                                                              explizit ein. In Worms zum Beispiel steht am Ortseingang
Inwiefern?                                                    oder am Bahnhof der Hinweis „Hochschulstadt Worms“.
Ich persönlich empfinde die Hochschule als Bereicherung       Momentan wird in Ludwigshafen die Hochschule an
für die Stadt: Die Hochschule hat sich deutlich geöffnet      manchen Stellen noch zu sehr als reiner Landesbetrieb
in den letzten Jahren und Angebote wie die Kinderuni,         gesehen.
Studium Generale oder die 50PLUS-Vorlesungen werden
von den Ludwigshafenern gut angenommen. Ich den-              Sie haben vorhin angedeutet, dass es keine ausgepräg-
ke da auch an Kooperationen der Hochschule mit der            te Identifikation der Mundenheimer Bevölkerung mit
Wirtschaft, mit Institutionen oder mit Schulen aus der        „ihrer“ Hochschule gibt. Wie könnte man die Hochschule
Region – der Praxisbezug ist viel größer als bei einer Uni.   im Ortsteil präsenter machen?
Ich nehme es außerdem positiv wahr, dass die Hochschule       Es gibt immer wieder gemeinsame Projekte, zum Beispiel
auf Vielfalt setzt und sich Studieninteressierten ohne        im Obdachgebiet, aber auch die werden nur randstän-
Abitur oder aus Arbeiterfamilien ganz bewusst öffnet.         dig wahrgenommen. Aber 2020 feiert Mundenheim
                                                              1250-jähriges Bestehen – da könnte die Hochschule sich
Inwiefern profitieren Ihrer Ansicht nach die Firmen vom       doch einbringen! Wir sammeln jetzt schon Ideen für das
Angebot der Hochschule?                                       Jubiläumsjahr, denn es soll über das ganze Jahr hinweg
Zum Beispiel sind die Angebote des Instituts für Beschäf-     Jubiläumsveranstaltungen kultureller, sportlicher oder
tigung und Employability von Frau Prof. Rump für Unter-       sonstiger Art geben. Ich könnte mir auch vorstellen, dass
nehmen in der Region sehr interessant, und gerade im          vielleicht die Marketing- oder Wirtschaftsinformatik-
Bereich der Weiterbildung spielt die Hochschule meiner        Studierenden der Hochschule eine Online-Plattform zum
Meinung nach eine immer wichtigere Rolle.                     Jubiläum konzipieren – hier sind wir ganz offen.

Meinen Sie, auch die Bürgerschaft nimmt diese Öffnung         Und in Ludwigshafen als Ganzes?
der Hochschule wahr?                                          Die Hochschule ist ja auf einigen Veranstaltungen der
Präsident Mudra ist ja beispielsweise im Marketingverein      Stadt schon präsent, wie beim Neubürgerempfang. Aber
aktiv und pflegt auch sonst viele Kontakte in der Stadt.      es gibt noch viele Veranstaltungen, an denen sich die
Ich glaube also schon, dass dort und bei einem Großteil       Hochschule noch einbringen könnte, zum Beispiel beim
der Unternehmen die Hochschule wahrgenommen wird.             Stadtfest. Auch mit Beschilderungen könnte man die
Bei den normalen Bürgerinnen und Bürgern eher weniger.        Hochschule noch sichtbarer machen – bei den Ortsein-
Die Hochschule, besonders der Fachbereich Sozial- und         gangsschildern, den Straßenhinweisschildern oder eben
Gesundheitswesen, hat sich auch bei der Flüchtlings-          auch bei den Schildern an den Gebäuden der Hochschule
situation in Mundenheim sehr eingebracht. Aber auch           selbst. Vielleicht könnte man den Schriftzug im Zuge
SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
6   Titelthema

    der Campuserweiterung so an die Hauswand bringen,              gute Ansätze und fruchtbare Netzwerktreffen. Gerade
    dass es selbst von der A 650 aus zu sehen ist? Auch am         das Zusammenspiel von Betriebswirtschaftslehre mit
    Hauptbahnhof könnte man für Ludwigshafen als Hoch-             Sozial- und Gesundheitswesen, das nach der Fusion von
    schulstadt werben, da sollte die Hochschule mal mit            Evangelischer Hochschule und Hochschule für Wirtschaft
    dem Marketingverein ins Gespräch gehen. Man müsste             nun langsam Früchte trägt, erscheint mir für Themen
    eigentlich auch das ganze Gebiet mit Technologiemeile,         wie die Zukunft der Arbeit sehr interessant für Unter-
    Hochschule und Berufsschule in der Stadt sichtbarer            nehmen und Institutionen. Da ist es auch gut, dass im
    machen als „Zukunftsmeile“ – davon würden alle Akteure         Kuratorium neben den großen Unternehmen auch die
    hier profitieren.                                              Arbeitsagentur eingebunden ist, auch im Hinblick auf
                                                                   den Ausbau der Weiterbildungsprogramme. Vielleicht
    Ich habe auch die Hoffnung, dass die Hochschule mehr           könnte man außerdem auch die Zusammenarbeit mit
    wahrgenommen wird, wenn mit dem Erweiterungsbau                den IHKs noch weiter ausbauen, um die Angebote der
    ein richtiger Campus in der Ernst-Boehe-Straße entsteht        Hochschule sichtbarer zu machen.
    und sich dann vielleicht mit der Öffnung des Posttunnels
    auch die Anbindung an die Innenstadt noch verbessert.          Mit der Campuserweiterung geht die Umsiedelung des
                                                                   Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswesen aus der
    Die Öffnung des Posttunnels beschäftigt alle Beteiligten       Innenstadt nach Mundenheim einher. Welche Hoff-
    ja seit vielen Jahren. Sehen Sie eine reelle Chance, dass      nungen oder Befürchtungen verbinden Sie damit für
    die Öffnung zeitnah erfolgen könnte?                           die Stadtentwicklung?
    Ich habe gelernt, mich hier nicht auf feste Termine zu         Das ist im Augenblick schwer zu sagen, da es in der
    versteifen, denn für die Öffnung kämpfe ich seit 2004.         Stadtentwicklung momentan sehr viel Bewegung gibt
    Aber ich denke, wir sind schon ein Stück weitergekommen:       und noch nicht feststeht, wie die freiwerdende Fläche
    Die Stadt hat von der Bahn die entsprechenden Flächen          in der Innenstadt genutzt werden soll. Es wäre mir aber
    gekauft, der Zugang auf Postseite wurde zugemauert,            wichtig, studentisches Leben in der Innenstadt zu erhal-
    der Parkplatz für die Studierenden eingerichtet. Jetzt liegt   ten. Studentisches Wohnen ist hier ein ganz wichtiges
    es bei der Bahn und den TWL, die Fernwärme durch den           Stichwort.
    Tunnel leiten wollen, hier eine Lösung vorzulegen. Ich
    denke, es müsste technisch möglich sein, die Fernwärme         Würden Sie der Hochschulleitung gerne einen Ratschlag
    durchzuleiten und den Tunnel trotzdem für Fußgänger            für die nächste Dekade mit auf den Weg geben?
    und vielleicht auch Radfahrer zu öffnen. Das wäre infra-       Nein, das würde ich mir nicht anmaßen! Wir sind hier
    strukturell gerade mit Hinblick auf den geplanten Abriss       im ständigen Dialog.
    der Hochstraßen wichtig, ebenso wie zum Beispiel die
    engere Taktung von Zügen am Mundenheimer Bahnhof.              Und wenn Sie einen Wunsch in Bezug auf die Hochschule
    Und die Forderung wird inzwischen auch parteiübergrei-         freihätten?
    fend mitgetragen.                                              Das wäre wirklich die Öffnung des Posttunnels. Die direkte
                                                                   Anbindung an die Innenstadt ist das, was fehlt.
    Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Hochschule im
    Hinblick auf die zielorientierte Zusammenarbeit mit der        Vielen Dank für das Gespräch!
    Wirtschaft und anderen Institutionen in der Region?                                     Interview: Elena Wassmann
    Ich glaube, dass gerade die kleinen und mittelständischen
    Unternehmen noch nicht alle die Chance erkannt haben,
    die die Hochschule ihnen hier bieten kann, zum Beispiel
    im Bereich der Personalentwicklung. Es gibt aber schon
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AOK Rheinland-Pfalz / Saarland
Die Gesundheitskasse

                                                                Einfach
                                                               anmelden
                                                                 unter:
                                                                           k-fit.de
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SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
8   Titelthema

    Klimafreundlich zur Arbeit –
    neue Angebote für die urbane
    Mobilität von morgen
    von Philipp Tachkov

    Das Kompetenzzentrum für Innovation und nachhaltiges Management (KIM) der Hochschule Ludwigshafen
    startet in Zusammenarbeit mit der Stadt Ludwigshafen, dem Rhein-Pfalz-Kreis, mehreren in Ludwigs­
    hafen ansässigen Großunternehmen sowie der Energieagentur Rheinland-Pfalz ein EU-Förderprojekt,
    das nutzerorientierte Lösungen für eine klimafreundliche Mitarbeitermobilität untersucht.

    Ein wichtiger Bestandteil der Anstrengungen zur Verbes-     Klimaschutzmanagement: Handlungsfeld Verkehr, 2013),
    serung des Klimaschutzes in Kommunen ist die Reduk-         besteht hier großes Potenzial für eine Verringerung von
    tion von CO2-Emissionen, die durch Verkehr verursacht       Treibhausgasemissionen durch eine gesteigerte Nutzung
    werden. Ein erheblicher Teil der Verkehrsemissionen in      klimafreundlicher Mobilitätsformen. Hierunter fallen vor
    Stadtgebieten ist dabei auf den Individualverkehr mit       allem (E-)Fahrradmobilität, intelligente Mitfahrkonzepte,
    dem PKW zurückzuführen (vgl. Klimaschutz-Teilkonzept        E-Fahrzeuge und der ÖPNV sowie intermodale Lösungen,
    – „Klimafreundliche Mobilität“, Stadt Ludwigshafen).        die verschiedene Verkehrsmittel kombinieren. Ein Beispiel
    Dabei sorgt gerade der Pendlerverkehr zwischen Wohn-        unter Berücksichtigung des gesamten Produktlebenszy-
    und Arbeitsort für einen hohen Emissionsbeitrag. Trotz      klus verdeutlicht dies: Während je Person und Kilometer
    aller bisherigen Bemühungen zur Änderung des Pend-          durch die Fahrt mit dem Pkw durchschnittlich 271 g CO2
    lerverhaltens ist der motorisierte Individualverkehr im     anfallen, sind es beim Busfahren nur 101 g CO2 und bei
    Berufsverkehr weiterhin dominant.                           der E-Bike/Pedelec-Nutzung nur 22 g CO2 (Blondel et al.,
                                                                Quantifying CO2 savings of cycling, 2011).
    Das zeigt auch das Beispiel Ludwigshafen, wo nach zuletzt
    verfügbaren Daten auf dem Weg zum Arbeitsplatz zu           Die Gestaltung der urbanen klimafreundlichen Mobilität
    mehr als 50 Prozent das eigene Auto genutzt wird (vgl.      von morgen ist ein derzeit vielbeachtetes Thema – das
    Gesamtverkehrswegeplan 2020, Stadt Ludwigshafen             zeigt sich in einer Vielzahl von aktuellen kommunalen, na-
    am Rhein, 2005). Der öffentliche Personennahverkehr         tionalen und internationalen Programmen und Projekten.
    (ÖPNV), Fahrgemeinschaften sowie aktive Mobilität wie       So beinhaltet auch der rheinland-pfälzische Koalitions-
    Fahrradfahren und zu Fuß gehen spielen eine deutlich        vertrag 2016 die Förderung entsprechender Maßnahmen.
    geringere Rolle.                                            Im Rhein-Neckar-Raum ist in Übereinstimmung mit dem
                                                                Bundesverkehrswegeplan 2030 die Verwirklichung eines
    Da der durchschnittliche Besetzungsgrad von Pkws im         Radschnellwegs insbesondere zum Nutzen von Pendlern
    Berufsverkehr statistisch bei gerade einmal 1,1 Personen    geplant. EU-weit werden im Rahmen der Umsetzung
    liegt und die spezifischen Emissionen der Pkw-Nutzung       von Sustainable Urban Mobility Plans (SUMP) in vielen
    diejenigen anderer Verkehrsmittel um das Vielfache          Städten wichtige Weichen zur Entwicklung nachhaltiger
    übersteigen (vgl. Deutsche Energie-Agentur, Energie- und    Mobilitätsangebote gestellt.
SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
Titelthema          9

                                               Art und Ausgestaltung
    Begleitende Services                                                                          Infrastruktur
                                               des Mobilitätsangebots

                                                                                          Generelle Einstellungen/
  Materielle und immaterielle
      Nutzungsanreize
                                               Verkehrsmittelwahl                          mit Verkehrsmitteln
                                                                                            assoziierte Nutzen

     Reisedauer und                             Gewohnheit, Kenntnis                              Individuelle
     monetäre Kosten                              von Alternativen                            Rahmenbedingungen

                                                                                    Determinanten der Verkehrsmittelwahl

Attraktive, nutzerorientierte Paketlösungen                 möglichkeiten und Kombinationen von Maßnahmen gibt,
Diese neuen Ansätze stellen Verhaltensgrundlagen der        für deren späteres Nutzungspotenzial zunächst kaum
Nutzer stärker in den Vordergrund, statt wie bislang Er-    belastbare Möglichkeiten der Abschätzung vorliegen.
kenntnisse aus der Analyse aggregierter Verkehrsströme.
Als ausschlaggebend für den Erfolg neuer Lösungen wird      Die Leitfragen des Projekts lauten daher: Wie kann die
folglich die Kenntnis der Nutzerbedürfnisse angesehen,      Nutzung klimafreundlicher Mobilitätsoptionen an mitar-
und zwar existierender wie potenzieller (vgl. EU-Projekt    beiterstarken Standorten in Ludwigshafen durch geeigne-
Urban Mobility Solutions, Knowledge Sharing Kit Cluster     te Angebote und begleitende Maßnahmen effektiv geför-
2: Transport Infrastructures, 2016).                        dert werden? Welche Kombinationen von Maßnahmen
                                                            entsprechen am ehesten den Nutzerbedürfnissen? Dabei
Diese Sicht ist Ausgangspunkt für ein Projekt des Kom-      sind auch mögliche, und eventuell leicht zu übersehende,
petenzzentrums für Innovation und nachhaltiges Ma-          Hemmnisse und Hürden zu beachten. Das Projekt soll
nagement (KIM) der Hochschule Ludwigshafen in Zusam-        also ermitteln, wie klimafreundliche Mobilitätsoptionen
menarbeit mit der Stadt Ludwigshafen am Rhein, dem          ausgestaltet, mit Services unterstützt und mit Anreizen
Rhein-Pfalz-Kreis, mehreren in Ludwigshafen ansässigen      motiviert werden müssen, damit sie eine aus Sicht der
Großunternehmen sowie der Energieagentur Rheinland-         Mitarbeiter hohe Attraktivität erreichen und in der Folge
Pfalz. Das auf eine Dauer von zwei Jahren angelegte         intensiv genutzt werden.
Projekt wird durch den Europäischen Fonds für regionale
Entwicklung (EFRE) gefördert und soll in der zweiten        Diesem Ziel liegt die Hypothese zugrunde, dass die Ver-
Jahreshälfte 2017 starten.                                  kehrsmittelwahl zwar in der Regel von Gewohnheiten
                                                            geprägt ist, aber prinzipiell einem impliziten Nutzenkalkül
Ziel des Vorhabens ist es, am Beispiel des Pilotstandorts   folgt. Indem die Attraktivität gewünschter klimafreund-
Ludwigshafen und seines Umlands die Ausgestaltung           licher Verkehrsmittel durch verschiedene abgestimmte
klimafreundlicher Mobilitätsoptionen in Kooperation mit     Maßnahmen gesteigert wird, kann man ein dauerhaftes
bedeutenden Arbeitgebern in der Stadt zu untersuchen.       Umsteigen eines relevanten Anteils von bisherigen Au-
Dabei spielt die Ausgangsüberlegung eine wesentliche        tonutzern erreichen. Zentral für die Umsetzung solcher
Rolle, dass es generell eine Vielzahl von Ausgestaltungs-   Maßnahmenpakete ist jedoch eine präzise Kenntnis des
SpektrumJuni 2017 - Auf der Arbeitsebene: Wirken der Hochschule in Ludwigshafen und der Region - Hochschule Ludwigshafen
10        Titelthema

                                                                           Nutzens, der aus unterschiedlichen Maßnahmen und
                                                                           Maßnahmenkombinationen entsteht.

                                                                           Die hierzu notwendigen Daten werden über computer-
                                                                           basierte Discrete Choice Experimente erhoben, einer
                                                                           etablierten Methode der Präferenzmodellierung, die
                                                                           erst vereinzelt seit wenigen Jahren und hauptsächlich
                                                                           in den Niederlanden und Skandinavien auf die Modellie-
                                                                           rung zukünftigen Mobilitätsverhaltens übertragen wird.
                                                                           Mit der Methode lassen sich Entscheidungen zwischen
                                                                           Mobilitätsalternativen in Abhängigkeit von Rahmenbe-
                                                                           dingungen und konkreter Ausgestaltung (z.B. individuelle
                                                                           PKw-Nutzung vs. Fahrgemeinschaft vs. E-Bike-Pendeln)
                                                                           und durch Gestaltungsoptionen (wie z.B. Infrastruktur-
                                                                           verbesserungen oder Unterstützung durch Services am
                                                                           Arbeitsort) ausgelöste Nachfragezugewinne anhand von
                                                                           Simulationen differenziert und realitätsnah untersuchen.

                                                                           Neubau Stadtstraße City West in Ludwigshafen
                                                                           (Bild: Stadt Ludwigshafen)

                              (E-) Fahrradmobilität                                             Mitfahrkonzepte

             Verknüpfung mit ÖPNV                Anreizprogramme                              Offenes vs.
                                                                                                                          Heimfahr­
                 („cycle hubs“)                  durch Arbeitgeber                    geschlossenes Angebot
                                                                                                                           garantie
                                                                                       (z.B. Firmenplattform)

          Sichere Abstellanlagen,
                                                  Diensträder/-pedelecs/                                             Anreizprogramme
        Aufladestationen für E-Bikes,                                                 Informationen für

                                                                     ?
                                                   bikesharing-Angebot                                               durch Arbeitgeber
          Umkleiden und Duschen                                                      Anbieter/Nachfrager;
                                                                                    Bewertungsmöglichkeit
                                                                                                                     Benutzerkreis­
                                   Aufwertung von Radwegen,
                                                                                                                     einschränkung
         Radschnellwege              Qualität und Sicherheit,                              Mobiler Service,
                                        Durchgängigkeit                                 Flexibilität (realtime)
                                                                                                                          Belohnungs­
                                                                                                                          mechanismen
       Reparaturservice, Regen­klei­dung-                                              Einfache Handhabung,
          Verleih, Heimfahrgarantie                  Radgruppen                             Datenschutz
          bei zu schlechtem Wetter
                                                                                                                          etc. …
                                                                                            Prioritäres Parken
                Schnupperangebote,
                                                  etc. …
               Testtage, Wettbewerbe

     Beispiele für Ausgestaltungsmöglichkeiten
Titelthema        11

Dabei kann man auch neuartige Maßnahmen oder Maß-         Stadtstraße City West in den Jahren nach 2019 große
nahmenkombinationen auf ihre Wirkung hin betrachten.      Herausforderungen für die Arbeitnehmermobilität in
                                                          Stadt und Umland entstehen. Hierdurch ergibt sich ein
Die Datenerhebungen mit der Kernzielgruppe der bisheri-   optimaler Ansatzpunkt für die Einführung und Förde-
gen PKw-Nutzer führt das Institut in Zusammenarbeit mit   rung von klimafreundlichen Mobilitätsvarianten, die in
den am Projekt beteiligten großen Arbeitgebern durch.     der Zukunft bei der Bewältigung des Arbeitswegs eine
Im Sinne einer nachhaltigen Fortführung der Ergebnisse    deutlich größere Rolle spielen sollen als bisher.
werden die auf Basis der gewonnenen Daten erarbeiteten
Konzepte im Anschluss an das Projekt bei zukünftigen
Planungen von Stadt und Landkreis berücksichtigt und
in die Abwägung von tangierten Planungsvarianten mit                          Philipp Tachkov
einbezogen.
                                                                              Kompetenzzentrum für
                                                                              Innovation und nachhaltiges
Idealer Projektstandort Ludwigshafen
                                                                              Management (KIM)
Ludwigshafen und der umliegende Rhein-Pfalz-Kreis
                                                                              Tel. 0621/5203-259
bieten einen idealen Standort für das Projekt, da durch                       philipp.tachkov@hs-lu.de
den Rückbau der Hochstraße Nord und den Neubau der

STADTFEST
                                   E
                25 JAHR                 LUDWIGSHAFENER

23. bis 25. Juni 2017
22.Juni Voreröffnung Klassik-Open-Air, Berliner Platz

CLUESO
JORIS
AURA
Eintritt frei
Die Folgen des Klimawandels sind weltweit spürbar.
Die Hochschule Ludwigshafen arbeitet gemeinsam
mit regionalen Partnern an Lösungen für die
Bereiche Klimaschutz, Energiemanagement und
Nachhaltigkeit. (Bild: Colourbox)

       Klimawandel und intelligentes
       Energiemanagement – von der
       Metropolregion in die Welt
       von Johannes Kals, Johanna Kunzendorff und Frank Thomé

       Der Klimawandel mit seinen zu er-             management und Nachhaltigkeit,         entstehen in der Praxis und finden
       wartenden tiefgreifenden Folgen für           erarbeiten „Best Practice“-Lösungen    nur mit Verzögerung Eingang in die
       Mensch und Umwelt gehört zu den               vor Ort in Ludwigs­hafen und in der    Fachliteratur. Nachfolgend werden
       größten Herausforderungen unserer             Metropolregion Rhein-Neckar, um sie    zwei dieser Projekte und Initiativen
       Zeit. Eine Bekämpfung des Klimawan-           dann für die Allgemeinheit zugäng-     an der Hochschule näher vorgestellt:
       dels erfordert verstärkt Klimaschutz-         lich und nutzbar zu machen.
       maßnahmen, um den weltweiten                                                         Weiterbildung für Entscheider:
       Temperaturanstieg zu bremsen.                 Dabei hilft es einerseits, dass        RessourceAdapt – Ressourcenori-
                                                     Deutschland als Mutterland der         entiertes Energiemanagement und
       Auch die Hochschule Ludwigshafen              Energiewende gilt, und andererseits,   Klimawandel, Dezentralisierung der
       am Rhein leistet einen Beitrag, um            dass in der Metropolregion viele Un-   Energieversorgung, schwankende
       der Herausforderung Klimawan-                 ternehmen mit weltweit herausra-       (und manchmal sogar negative!)
       del entgegenzutreten. Verschiede-             gendem Know-how ansässig sind.         Strompreise an der Börse, Digitali-
       ne Projekte und Initiativen an der            Hochschulkontakte zu diesen Un-        sierung oder Industrie 4.0 sind Me-
       Hochschule, unter anderem in den              ternehmen sind hilfreich oder sogar    gatrends, die Unternehmen heraus-
       Bereichen Klimaschutz, Energie-               unabdingbar, denn viele Lösungen       fordern.
Titelthema        13

                                                                                                                                     Klimawandel und
                                                                                                                                  Ressourcenverfügbarkeit                Regenerative Energie­-
                                                                                    Industrielle Revolution
                                                                                                                                                                         technik und -effizienz

                                   Legitimitätsdruck                                                                                Hintergründe und                              Wirtschaftspolitik und
                                 Nachhaltigkeitsdebatte                                                                              (Mega-)trends                                 rechtlicher Rahmen

                                                                                                         Digitalisierung,
                                                                                                                                                             Neue Energiemärkte
                                                                                                          IT als Enabler

                                                                                                                                                                                            Abb. 1: Megatrends

Professor Dr. Johannes Kals, Professur                                                                                   eines vom Bundesumweltministeri-            in allen Bereichen und Funktionen
für Betriebswirtschaftslehre, insbe-                                                                                     um im Rahmen der deutschen Anpas-           eines Unternehmens oder einer In-
sondere Nachhaltigkeit und Ener-                                                                                         sungsstrategie an den Klimawandel           stitution systematisch betrachtet.
giemanagent am Fachbereich Ma-                                                                                           (DAS) finanzierten Projekts ist.            Zentrale Frage ist, was BWLer im
nagement, Controlling, HealthCare,                                                                                                                                   Bereich Energie wissen sollten und
hat in Lehre und Veröffentlichungen                                                                                      Im Rahmen der energieorientierten           welche (Weiter-)Bildungsbedarfe
ein System der „energieorientierten                                                                                      Betriebswirtschaftslehre (BWL) wer-         sich daraus ergeben. Die Projekt-
BWL“ erarbeitet (vgl. Abb. 2), das Kern                                                                                  den die energierelevanten Prozesse          partner Hochschule Ludwigshafen
                                                                                                                                                                     und UDATA GmbH aus Neustadt an
                                                                                                                                                                     der Weinstraße entwickeln diese
                                                                                                                                                                     Weiterbildungsmaterialien in Koope-
                                                                                      Bilanzen:                             Rechnungswesen/Controlling:
                                                                                                                                                                     ration mit Unternehmen. Sie wer-
                                                                                      - Nachhaltigkeit                      - Kostenartenrechnung
                                                                                                                                                                     den fortlaufend auf die Homepage
                                                                    Informationen

                                                                                      - Umwelt                              - Kostenstellenrechnung
                                                                                      - Energie                             - Kalkulation                            www.ressourceadapt.org hochge­
                                                                                      - Treibhausgase/Kohlendioxid          - Lebenszyklusanalyse
                                                                                                                                                                     laden und sind dann kosten- und an-
                                          Betriebliche Funktionen

                                                                                                                               (Life-Cycle Assessment-LCA)
                                                                                                                                                                     meldefrei auf Deutsch und Englisch
                                                                                                          - Facility Management                                      verfügbar.
                                                                                                                  - Logistik
                                                                                                               - Beschaffung
                                                                                                   - Produktionsplanung und Produktion                               Die wesentlichen Aussagen aus dem
                                                                                                                   - IT etc.                                         Modell lassen sich folgendermaßen
                                                                                                                                                                     beschreiben: Die Informationsversor-
                             Strategien

                                                                                              Kurz-, mittel- und langfristige Wirtschaftlichkeit
Organisatorische Umsetzung

                                                                                                          Unternehmensstrategie                                      gung bildet den Kern des Modells in
                                                                                              CSR, Unternehmensethik, Unternehmenskultur                             Abb. 2. Die eher technischen Infor-
                                                                                                    - ISO 9000er Serie Qualitätsmanagement                           mationen für die Bilanzen von „Nach-
                                                                                             - ISO 14000er Serie Umweltmanagement und EMAS
                                                                                                      - ISO 5000er Serie Energiemanagement
                                                                                                 - ISO 14060er Serie Treibhausgasmanagement
                                                                                               - ISO 26000 Corporate Social Responsibility (CSR)                     Abb. 2: System der
                                                                                                                                                                     energieorientierten BWL
14   Titelthema

     haltigkeit-Umwelt-Energie-Treibhaus-     ankert in Curricula der Hochschule        Kanal Ludwigshafen und die UDATA
     gasen“ fließen in das Controlling, die   selbst, der Graduate School Rhein-        in Neustadt mit ihrer Erfahrung in der
     Kosten- und Erlösrechnung oder eine      Neckar (GSRN) und des Weincam-            Programmierung von Learning-Apps
     Lebenszyklusbetrachtung ein. Span-       pus Neustadt. Schließlich wendet          eingebunden. Weitere angestrebte
     nend dabei ist das zunehmend enger       sich das Projekt im Stil der Wissen-      Formate sind Story Telling und die
     werdende Zusammenspiel zwischen          schaft für Bürger („Citizen Science“)     Idee eines E-Learning-Doku-Dramas.
     der technischen und der kaufmän-         auch an Energiegenossenschaften,          Und schließlich ist auch ein längerer
     nischen Seite. Diese Informationen       Umweltschutzgruppen und weite-            Spielfilm oder eine Sequenz von zu-
     begründen Entscheidungen in den          re Interessierte. An der Hochschule       sammenhängenden Kurzfilmen in
     betrieblichen Funktionen, wobei der      bereicherte das Projekt die „50 Plus“-    Doku-Soap-Manier geplant. Wichtig
     Produktionsplanung und Produktion,       Vorlesungsreihe.                          sind dabei eine durchgehende Ge-
     Logistik, dem Facility Management                                                  schichte, Konstanz bei den Darstel-
     und der Beschaffung – abhängig von       Erweiterungen des Themenbereichs          lern und hoher Unterhaltungswert.
     der Branche – besondere Bedeutung        bestehen darin, Ideen für eine nach-      Die erheblichen notwendigen Mittel
     zukommt. Der Rahmen zu den Stra-         haltige, gerechte Globalisierung zu-      für eine Umsetzung dieser Ideen sind
     tegien macht deutlich, dass Energie-     sammenzutragen und zu verschiede-         über die Forschungs- und Transfer-
     management in den betrieblichen          nen Zukunftsszenarien zu verdichten.      stelle beantragt.
     Funktionen nach Wirtschaftlichkeit       Studierende stellen zudem oft die
     zu bewerten ist. Unternehmensfüh-        Frage nach dem „Was kann ich tun?“.       Smart Energy Management
     rung verbindet im Stil des Gegen-        Hier gibt es mehrere Optionen: Ener-      Im Rahmen des Forschungs- und
     stromprinzips diese Ebenen mit dem       gie und Nachhaltigkeit in der eigenen     Transferprojektes „Smart Energy
     Ziel, das Unternehmen langfristig als    Berufstätigkeit verankern, verant-        Management“ beschäftigt sich das
     legitime, wohlstandsbringende Ein-       wortlich konsumieren (Consumerism)        Institut für Wirtschaftsinformatik
     heit des Wirtschaftssystems zu fes-      und Bewusstseinsbildung im privaten       an der Hochschule Ludwigshafen
     tigen. Der äußere Rahmen zeigt die       Umfeld bis hin zu politischer Betä-       unter Federführung von Professor
     organisatorische Implementierung,        tigung.                                   Dr. Frank Thomé, Professur für Wirt-
     wobei die ISO-Reihen eine erprobte                                                 schaftsinformatik am Fachbereich
     Struktur bieten.                         Und wie gehen diese Inhalte in die        Dienstleistungen und Consulting,
                                              Welt? Das aktuellste Buch des Pro-        mit der Konzeption von intelligen-
     Um die Bedürfnisse der Unterneh-         jektleiters ist in New York erschienen,   ten Energiemanagementlösungen
     men zu treffen, finden zahlreiche        die Beijing Normal University will in     insbesondere für kleine und mit-
     Gespräche, Netzwerktreffen und           Kooperation mit dem chinesischen Er-      telständische Unternehmen (KMU)
     Workshops in der Region statt. Bei-      ziehungsministerium einen Massive         und öffentliche Liegenschaften, um
     spiele sind unter anderem das Clus-      Open Online Course (MOOC) anbie-          einen ressourcenschonenden und
     ter Energie und Umwelt der Metro-        ten. Vorträge und Veröffentlichungen      kostengünstigen Betrieb von ener-
     polregion Rhein-Neckar, der Verein       in Polen und Marokko decken weitere       gietechnischen Erzeugungs- und Ver-
     StoREgio Energiespeichersysteme          Länder ab.                                brauchseinheiten zu ermöglichen.
     e.V., BASF, Kübler Hallenheizungen,                                                Der Zusatz „intelligent“ beziehungs-
     SAP, SCA, Technische Werke Ludwigs-      Doch auch neue Formen der Ver-            weise „smart“ bezieht sich auf den
     hafen (TWL). Hilfreich sind zusehends    mittlung von Forschungsergebnis-          Einsatz neuer Verfahren und Techno-
     Kontakte zu Ehemaligen, auch ein         sen prägen zusehends das Projekt:         logien aus dem Bereich „Internet of
     Vortrag bei einer Alumni-Veranstal-      Videos, E-Learning und Apps sollen        Things (IoT)“ und „Big Data / Business
     tung machte das Projekt bekannt.         die Digital Natives (die Eingebore-       Intelligence (BI)“, die eine effizientere
                                              nen der Smartphone-Generation)            Erfassung sowie eine präzisere und
     Neben Unternehmen sind Universitä-       erreichen – und auch Manager mit          schnellere Analyse von energetisch
     ten und Hochschulen, insbesondere        chronischer Zeitknappheit. Bei dieser     relevanten Daten ermöglichen. Als
     Graduate Schools, Teil der Zielgruppe.   Form der „Gamification“ sind das E-       konkrete Beispiele seien der Einsatz
     In der Region sind die Inhalte ver-      Learning der Hochschule, der Offene       spezieller IoT-Kommunikationsproto-
Titelthema         15

kolle und Streaminglösungen für den          Einsatz kommen hierbei die Kom-           verbundene automatische Alarmie-
Datentransfer, die Nutzung verteilter,       munikationsprotokolle M-Bus und           rung des Facility Managements der
nicht-relationaler Datenbanksysteme          Modbus sowie Open Source Software         Hochschule, falls zuvor festgelegte
(NoSQL) für die Datenpersistierung           wie das vom Fraunhofer-Institut für       Grenzwerte über- oder unterschrit-
sowie das Heranziehen echtzeitfä-            Solare Energiesysteme (ISE) entwi-        ten werden.
higer Analyseverfahren aus dem Be-           ckelte Java Framework openMUC.
reich „Predictive Analytics“ genannt.        Ziel ist die Realisierung einer eigenen   Vernetzung, Teamwork und gegen-
Der Transfer im Sinne einer Anwen-           Energiemanagementlösung für die           seitige Unterstützung sind wichtig
dung der Forschungsergebnisse er-            Hochschulverwaltung, die neben            und eine große Hilfe. An dieser Stelle
folgt derzeit in einem hochschulin-          herkömmlichen Analysemethoden             herzlichen Dank an alle Unterstützer,
ternen Projekt mit Unterstützung             wie beispielsweise der in der nachste-    insbesondere an die große Zahl Stu-
der Hochschulleitung und des Facility        henden Abbildung gezeigten „Heat-         dierender, die ihre Abschlussarbeiten
Management-Teams der Hochschule.             map“ von Energieverbräuchen auch          diesem Thema gewidmet haben!
So werden die aktuellen Stände der an        ein Echtzeit-Monitoring der ener-
der Hochschule befindlichen Strom-,          getisch relevanten Daten erlaubt.
Wasser- und Ölverbrauchszähler               Mögliche Anwendungsfälle für ein
mit Hilfe sogenannter Datenlogger            solches Monitoring sind die perma-
ausgelesen und zu Analysezwecken             nente Überwachung der Wasser-,
aufbereitet und persistiert. Zum             Öl- und Stromzähler und die damit

Abb. 3: Darstellung von Energieverbräuchen
an der Hochschule mit Hilfe einer Heatmap
                                                                                                      Johanna Kunzendorff
                                                                                                      Referentin Klima – Energie –
                                                                                                      BWL im Fachbereich Manage-
                                                                                                      ment, Controlling, HealthCare
                                                                                                      Tel. 06321/9989-470
                                                                                                      johanna.kunzendorff@hs-lu.de

                                                                                                      Prof. Dr. Johannes Kals
                                                                                                      Professur für BWL,
                                                                                                      insbesondere Nachhaltigkeit
                                                                                                      und Energiemanagement
                                                                                                      Tel. 0621/5203-152
                                                                                                      johannes.kals@hs-lu.de

                                                                                                      Prof. Dr. Frank Thomé
                                                                                                      Professur für
                                                                                                      Wirtschaftsinformatik
                                                                                                      Tel. 0621/5203-213
                                                                                                      frank.thome@hs-lu.de
16   Titelthema

     Den Raum öffnen –
     Lehre im Einweisungsgebiet
     Mundenheim-West
     von Thomas Wagner

     In vielen deutschen Städten sind in       (Schimmel etc.), was auch für viele      für sie vor allem durch ihre sozialen
     den vergangenen Jahren Geflüchtete        der Wohnungen selbst gilt. Geheizt       Netzwerke auszeichnet.
     in städtischen Quartieren unterge-        wird im Winter mit Öl- oder Elektro-
     bracht worden, die in besonderer          öfen. Die „Gebiete“ sind von den um-     Bereits im Jahr 2013 hat die Stadt Lud-
     Weise durch Situationen sozialer          gebenden Nachbarschaften räumlich        wigshafen in einem der Einweisungs-
     Ausschließung gekennzeichnet sind.        beziehungsweise architektonisch ab-      gebiete damit begonnen, Geflüchtete
     Die damit verbundene Gefahr einer         geschnitten. Ebenso ist der Zugang       unterzubringen. Dies hat dazu ge-
     Forcierung bestehender Konflikte um       zur städtischen Infrastruktur stark      führt, dass rechtsradikale Akteure,
     die Verteilung gesellschaftlicher Res-    eingeschränkt. Für viele Menschen        der sogenannte III. Weg, versucht
     sourcen wird politisch oft in Kauf ge-    bleibt auch der Zugang zu medizini-      haben, sich dies zu Nutze zu machen
     nommen. Auch in Ludwigshafen am           scher Versorgung prekär. Sieht das       – via Demonstrationen – und den
     Rhein lässt sich diese Praxis beobach-    Polizeirecht eine solche Form der Un-    Konflikt bewusst zu eskalieren; bis-
     ten. So etwa in Mundenheim-West,          terbringung nur als vorübergehende       lang jedoch ohne allzu große sicht-
     genauer gesagt in den dort ange-          und zeitlich begrenzte Maßnahme,         bare Resonanz. Im Jahr 2016 wurde
     siedelten „Einweisungsgebieten“, in       zur Abwehr einer konkreten Gefahr        in einem weiteren Einweisungsgebiet
     denen seitens der Kommunalbehör-          für die öffentliche Ordnung, vor, so     eine Reihe von Gebäuden abgerissen.
     den bislang Menschen untergebracht        ist dennoch bekannt, dass viele der      Die darin lebenden Menschen wur-
     wurden, die als „wohnungslos“ gel-        in den Ludwigshafener Einweisungs-       den in einen benachbarten Wohn-
     ten. Diese Menschen leben dort unter      gebieten lebenden Menschen dort          block „eingewiesen“. An der Abriss-
     „Polizeirecht“, was mit erheblichen       schon seit Jahren, teilweise Jahrzehn-   stelle wurden vier neue Häuser in
     Eingriffen in ihre Persönlichkeitsrech-   ten leben. Manche sind dort auch         Schlichtbauweise errichtet, in denen
     te verbunden ist. Die üblichen Rechte,    geboren. Die Adressen der „Gebiete“      die Stadt seit Herbst 2016 Geflüchte-
     die sich aus einem normalen Miet-         sind stadtbekannt und mit einem          te untergebracht hat. Entgegen einer
     vertrag ableiten lassen, gelten hier      starken Stigma behaftet. Wer sich        ursprünglichen Absichtsbekundung
     nicht. Die Gebäude und Wohnungen          mit einer entsprechenden Postan-         wurde keine der neuen Wohnungen
     entsprechen rudimentären Mindest-         schrift um eine Wohnung, einen Job       den Menschen aus dem Quartier zur
     standards einer menschenwürdigen          oder Ausbildungsplatz bewirbt, hat       Verfügung gestellt.
     Existenz oft nicht. Die Wohnungen         damit meist keine Chance auf Erfolg.
     besitzen in der Regel keine sanitären     Während diese Orte für manche ih-        Lehrende sowie Studierende des
     Anlagen.                                  rer Bewohnerinnen und Bewohner           Fachbereichs Sozial- und Gesund-
                                               unerträglich bleiben, haben andere       heitswesen setzen sich bereits seit
     Gemeinschaftsduschen können nur           dort über die Jahre hinweg auch eine     mehreren Jahren mit der Situation
     zu bestimmten Zeiten benutzt wer-         „Heimat“ gefunden, die sie versu-        in den Ludwigshafener Einweisungs-
     den und befinden sich in einem ge-        chen, mit den ihnen verbleibenden        gebieten kritisch auseinander. So
     sundheitlich bedenklichen Zustand         Mitteln zu gestalten, und die sich       widmeten sich eine Reihe von Lehr-
Titelthema            17

                                           Der Weg nach Mundenheim-West dargestellt in „subjektiven Landkarten“. Studierende des
                                           Masterstudiengangs Soziale Arbeit setzen sich im Seminar Ästhetische Forschungsmetho-
                                                       den mit der räumlichen und sozialen Isolation des Wohngebiets auseinander.
                                                                                                         (Bilder: Andrea Lutz-Kluge)

forschungsprojekten, Abschlussar-          direkt in das Quartier verlegt wird.         verbundenen Konflikten. Gleichzeitig
beiten sowie ästhetische Projekte der      Dies zielt über die rein didaktische         soll es auch nicht darum gehen, vor-
Thematik. Die Entwicklungen des ver-       Komponente hinaus auch auf Mög-              gefertigte und „gut gemeinte“ Projek-
gangenen Jahres haben nun zu einer         lichkeiten der Mobilisierung lokaler         te in das Quartier zu „importieren“,
Intensivierung der Auseinanderset-         Öffentlichkeit für die Situation in den      so zum Beispiel über studentische
zung geführt. Auf Initiative der örtlich   Einweisungsgebieten Ludwigshafens            Initiativen. Vielmehr soll mittels einer
ansässigen Gemeinwesenarbeit der           und damit verbundenen sozialpoli-            behutsamen und zugleich gegenüber
Ökumenischen Fördergemeinschaft            tischen Konsequenzen. Es geht also           den Bewohnerinnen und Bewohnern
Ludwigshafen, insbesondere eines           darum, den Raum zu öffnen und zu             des Gebietes respektvoll bleibenden
dort beschäftigten Studierenden des        schauen, welche Verschiebungen es            Sondierung über Möglichkeiten zu
Masterstudiengangs Soziale Arbeit,         für die Gesamtkonstellation vor Ort          einer partizipativen Gestaltung lo-
trifft sich seit dem Sommer 2016           hat, wenn neue Gruppen in diesem             kaler sozialer Infrastruktur nachge-
eine Gruppe interessierter Kollegin-       Raum agieren.                                dacht werden, die möglichst an den
nen und Kollegen des Fachbereichs,                                                      Interessen der Leute selbst ansetzt.
um die Situation vor Ort und ihre          Innerhalb der Fachgruppe diskutierte         Ob, was und wie etwas auf diesem
Entwicklung zu diskutieren. Dabei          man über Grundsätze, die für eine            Wege entstehen kann, muss insofern
geht es auch um das Ausloten von           solche „Intervention“ durch Lehre            offen bleiben.
Spielräumen für ein Engagement von         richtungsweisend sein sollen. So zielt
Mitgliedern der Hochschule Ludwigs-        das Engagement nicht auf die beson-          Vor diesem Hintergrund kommt es
hafen – Lehrende wie Studierende –         dere Situation einzelner Gruppen vor         bereits seit dem Wintersemester
im lokalen Gemeinwesen, vermittelt         Ort – weder ausschließlich auf die           2016/2017 zu Versuchen, die Situation
über Forschung, Studium und Lehre.         der Geflüchteten noch der übrigen            in den Einweisungsgebieten Ludwigs-
In Auseinandersetzung mit ähnlichen        Bürgerschaft des Quartiers. Vielmehr         hafens systematischer in Seminare
Projekten in anderen Städten, so ins-      gilt die Aufmerksamkeit der Situation        der Studiengänge der Sozialen Ar-
besondere einem Projekt der Alice          der Einweisungsgebiete vor Ort und           beit einzubeziehen. So wurden zum
Salomon Hochschule Berlin im dorti-        der Interessen aller Menschen, die           Beispiel mehrere Sitzungen eines
gen Stadtteil Hellersdorf (Hull House      dort leben (müssen) und den damit            Seminars des Masterstudiengangs
Hellersdorf), steht besonders im Fo-       verbundenen vielfältigen Formen              Soziale Arbeit mit dem Titel: „Kämpfe
kus, welche Effekte es auf die Situa-      der Entrechtung beziehungsweise              um Bürgerschaft in Räumen sozialer
tion vor Ort haben kann, wenn Lehre        sozialer Ausschließung und damit             Ausschließung – Praxen der Flucht
18   Titelthema

      Eine Studierende des Masterstudiengangs
      Soziale Arbeit zeigt eine „subjektive Land-
                 karte“ von Mundenheim-West.
                        (Bild: Andrea Lutz-Kluge)

     und Soziale Arbeit im Gemeinwesen“             Überprüfung anhand der Situation in     „Gemeinwesenarbeit als Arbeit am
     (betreut durch Dr. Thomas Wagner),             den Einweisungsgebieten. Wie erste      Konflikt: Heterogene Nachbarschaf-
     in die Räumlichkeiten der Gemein-              Zwischenergebnisse zeigen, macht        ten und Soziale Arbeit in einem Lud-
     wesenarbeit im Einweisungsgebiet               es einen sehr großen Unterschied,       wigshafener Stadtteil“ sollen studen-
     verlegt. Auf Basis vorangehender Im-           an welchem Ort man über soziale         tische Forschungsprojekte Facetten
     pulsreferate zu verschiedenen theo-            Ausschließung nachdenkt. Zudem          des Alltags der Leute in den Einwei-
     retischen Ansätzen erfolgten mehre-            findet im Juni/Juli diesen Jahres ein   sungsgebieten in den Blick nehmen.
     re gemeinsame Diskussionsrunden                Seminarprojekt der Ästhetischen         Schwierigkeiten im Alltag der Men-
     mit den Gemeinwesenarbeitern zur               Praxis unter Leitung von Professorin    schen werden dabei als Konflikte ver-
     kritischen Analyse der gegebenen               Dr. Andrea Lutz-Kluge zum Thema         standen, die auf gesellschaftliche,
     Situation sowie mögliche Ansatz-               „Soziale Arbeit meets Städtebau“ im     strukturelle Widersprüche verweisen.
     punkte und „Fallstricke“ für das Tätig-        Einweisungsgebiet statt, in Koope­      Zugleich geht es auch um Konflikt­
     keitsein Sozialer Arbeit vor Ort, was          ration mit einem Seminar des Ba-        potenziale, die die Praxis Sozialer
     auch ein mögliches Engagement von              chelorstudiengangs Architektur der      Arbeit kennzeichnen.
     Angehörigen der Hochschule impli-              Staatlichen Akademie der Künste,
     zierte. Im aktuellen Sommersemester            Stuttgart (betreut durch Prof. Fabi-    Die hier umrissenen Aktivitäten wer-
     wird diese Praxis fortgeführt und              enne Hoelzel). Fachliche Perspektiven   den auch im kommenden Winter-
     intensiviert – sowohl in Seminaren             Sozialer Arbeit/Gemeinwesenarbeit       und Sommersemester fortgeführt.
     des Bachelor- wie des Masterstudi-             sollen dabei in einen Dialog mit den    Entsprechende Seminare und Projek-
     engangs Soziale Arbeit. Dabei gibt es          Arbeitsprozessen zukünftigen Städte­    te befinden sich bereits in Planung.
     auch erste Versuche, Seminare mehr             baus treten.
     oder minder vollständig im Einwei-
     sungsgebiet stattfinden zu lassen,             Darüber hinaus widmet sich seit
                                                                                                              Dr. Thomas Wagner
     wie zum Beispiel das von Dr. Thomas            dem Sommersemester ein mehrse-
                                                                                                              Beauftragt mit der
     Wagner betreute Bachelorseminar                mestriges Lehrforschungsprojekt des
                                                                                                              Vertretung des Lehrgebietes
     „Gesellschaftliche Ausschließung,              Masterstudiengans Soziale Arbeit,                         „Soziale Arbeit“
     Partizipation und Soziale Arbeit“. Da-         betreut durch Professorin Dr. Ellen                       Tel. 0621/5203-540
     bei geht es um die Vermittlung theo-           Bareis und Dr. Kerstin Herzog, ge-                        thomas.wagner@hs-lu.de
     retischer Ansätze und deren kritische          zielt der Thematik. Unter dem Titel
Handwerk in Rheinland-Pfalz

                                                                                                                              (Bild: Colourbox)
etabliert Qualitätsplattform für
barrierefreie Wohnraumgestaltung
von Franziska Knoll und Eveline Häusler

        GÜTEGEMEINSCHAFT
        LEBENSGERECHTE
        HANDWERKSLEISTUNGEN e. V.

Studierende der Gesundheitsökonomie an der Hochschule Ludwigshafen und der Fachhochschule
Oberösterreich entwickeln ein Kommunikationskonzept für die Gütegemeinschaft Lebensgerechte
Handwerksleitungen e.V.

Projekthintergrund                                              Menschen danach unterscheiden, ob sie auf das indivi-
Der demographische Wandel führt zu einem wachsenden             duelle Wohnumfeld (d.h. der eigenen Wohnung) zielen
Anteil älterer Menschen in Deutschland. Zugleich will,          oder einer Verbesserung des erweiterten Wohnumfelds
wie verschiedene Studien zeigen, die überwiegende               (z.B. des Stadtteils) dienen.
Mehrheit dieser Personengruppe möglichst in einer „nor-
malen“ Wohnung bleiben und nicht in besondere Wohn-             Bundesweit wird damit gerechnet, dass in den kommen-
formen, wie Senioreneinrichtungen, umziehen. Dafür              den Jahren ein Bedarf von rund 2,5 Millionen barrierefreien
sind sie auch bereit, Maßnahmen zur Verbesserung ihres          beziehungsweise -reduzierten Wohnungen besteht, der
individuellen Wohnumfelds zu ergreifen (vgl. Kuratorium         zum weit überwiegenden Teil durch bauliche Anpassungs-
Deutsche Altershilfe und Bundesinstitut für Bau-, Stadt-        maßnahmen im Bestand zu decken sein wird. Dabei geht
und Raumforschung (2011): Wohnen im Alter. In: Bun-             man von einem Investitionsvolumen im zweitstelligen
desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung            Milliardenbereich aus (ebd. S. 64f.). In diesen Werten sind
(Hrsg.): Forschungen. Heft 147. Berlin. S. 54). Wie Abbildung   die Investitionen in Ambient Assisted Living-Systeme und
1 zeigt, lassen sich die Maßnahmen zur Anpassung der            Maßnahmen zur Verbesserung des erweiterten Wohn-
Wohninfrastruktur an die besondere Bedarfslage älterer          umfelds noch nicht enthalten.
Titelthema           21

Handwerksbetriebe, die sich auf dem wachsenden Markt          Die Gütegemeinschaft Lebensgerechte Handwerksleis-
für barrierefreie Wohnraumgestaltung mit einer Quali-         tungen e.V. stellt sich vor
tätsstrategie erfolgreich positionieren wollen, müssen        Die Gütegemeinschaft Lebensgerechte Handwerksleis-
mehr bieten als hochwertige Einzelgewerke. Gefragt            tungen e.V. (GLH e.V.) wurde durch Rainer Lunk, Haupt-
sind umfassende Problemlösungen für ältere Menschen           geschäftsführer des Dienstleistungszentrums Handwerk,
sowie Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen            initiiert, um den steigenden Anforderungen an Hand-
und deren Angehörige.                                         werksunternehmen Rechnung zu tragen. Die Gütegemein-
                                                              schaft will Maßstäbe setzen bei qualifizierten Umbau-
Diese umfassen: Bedarfserhebung und Beratung zu den           maßnahmen für mobilitätseingeschränkte, vornehmlich
erforderlichen baulichen Maßnahmen, Hinweise auf För-         ältere Personen. Zudem generiert die Gütegemeinschaft
dermöglichkeiten und Kooperation mit den Pflegekassen         einen Mehrwert für Handwerksunternehmen, die durch
bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung              eine Mitgliedschaft in der GLH e.V. ihre praxisnahe Fach-
des individuellen Wohnumfelds nach § 40 Abs. 4 SGB XI,
integrative Planung und Koordinierung der beteiligten
Gewerke sowie der qualitativ hochwertigen Erbringung             Verbesserung des                    Verbesserung des
der einzelnen Handwerksleistung. Als Plattform für die             individuellen                       erweiterten
Zusammenarbeit qualitativ herausragender, innovativer             Wohnumfelds                         Wohnumfelds
Handwerksbetriebe wurde die Gütegemeinschaft Lebens-
gerechte Handwerksleistungen e.V. (GLH e.V.) aus dem
Dienstleistungszentrum Handwerk heraus initiiert und                   Barrierefreier                       Schaffung eines
2016 in Ludwigshafen gegründet. Das Dienstleistungs-                Umbau von Bestands-                      barrierefreien
zentrum Handwerk betreut in Innungen und anderen                       wohnungen                            Wohnumfeldes
Organisationen rund 4.000 Betriebe aus den Bereichen
Handwerk, Handel und Dienstleistungen. Begleitet wird
                                                                          Einbau von                        Bereitstellung
die Entwicklung der GLH e.V. durch die IKK Südwest, die als
                                                                       Ambient Assisted                     wohnortnaher
Innungskrankenkasse (und Pflegekasse) aus historischen                 Living-Systemen                      Infrastruktur
Gründen eng mit dem Handwerk verbunden ist.

Als Kooperationspartnerin des Studiengangs Gesund-
                                                              Abb. 1: Kategorien von Maßnahmen zur Anpassung des Wohnum-
heitsökonomie im Praxisverbund (GiP) der Hochschule           felds an die Bedarfslage älterer Menschen. (Quelle: Eigene Darstel-
Ludwigshafen hat die IKK Südwest eine Fallstudie zur          lung. Maßnahmen z.T. aus Kuratorium Deutsche Altershilfe und
Entwicklung eines Kommunikationskonzepts für die Güte-        Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2011), S. 23.)
gemeinschaft Lebensgerechte Handwerksleistungen an-
geregt. Im Sommersemester 2017 arbeiten nun insgesamt
zwölf Studierende in einem bi-national besetzten Team an
dem Projekt: Zu den sechs Studierenden des Studiengangs
GiP (Abb. 2) kommen weitere sechs Kommilitoninnen eines
verwandten Studienganges der Fachhochschule Ober­
österreich hinzu. Die Teammitglieder studieren im vierten
Semester ihres jeweiligen Studiengangs und bringen zum
Teil Berufserfahrung aus einer Pflegeausbildung, einer
studienbegleitenden Ausbildung oder Berufstätigkeit bei
einer Krankenkasse mit. Hochschulseitig wird die Fallstudie
betreut durch die Professorinnen Dr. Eveline Häusler und
Dr. Elke Raum vom Fachbereich Management, Controlling,
                                                              Abb. 2: Teamsitzung im Videokonferenz-Modus. Rainer Lunk als
HealthCare der Hochschule Ludwigshafen sowie von              Projektsponsor, die GiP-Teammitglieder, Elke Raum und Eveline
FH-Professor Mag. Dr. Klaus Hubatka, Fachhochschule           Häusler verfolgen den Vortrag der Teammitglieder aus Österreich.
Oberösterreich.                                               (Bild: Monika Bergmann)
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