Zeitschrift der Hessen für Erziehung, Bildung, Forschung 74. Jahr Heft 7/8 Juli-August 2021 - Hessen postkolonial - GEW Hessen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Zeitschrift der Hessen für Erziehung, Bildung, Forschung 74. Jahr Heft 7/8 Juli-August 2021 zum Inhaltsverzeichnis TITELTHEMA: Hessen postkolonial Wikiolo CC BY-SA 3.0
IN DIESER HLZ HLZ 7–8/2021 2 Zeitschrift der GEW Hessen für Erziehung, Bildung, Forschung HLZ-Titelbild: ISSN 0935-0489 Spuren der deutschen I M P R E S S U M Kolonialgeschichte Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Hessen Zimmerweg 12 Initiativen zur Umbenennung von Stra- Während nach Wißmann benannte 60325 Frankfurt/Main ßen, deren Namen in Verbindung mit Straßen in Bochum, Hannover, Stuttgart Telefon (0 69) 971 2930 der deutschen Kolonialgeschichte ste- und Berlin inzwischen umbenannt wur- Fax (0 69) 97 12 93 93 E-Mail: info@gew-hessen.de hen, gibt es in vielen Städten. In Mün- den, schwelt die Diskussion um die Stra- Homepage: www.gew-hessen.de chen entschied man sich für erläuternde ßennamen im „Afrikaviertel“ in Kassel Hinweistafeln, die die „Kolonialgeschich- seit vielen Jahren. Neben der Wißmann- Verantwortlicher Redakteur: Harald Freiling te offenlegen“ (HLZ-Titelbild). Auch in straße gibt es im Stadtteil Forstfeld auch Klingenberger Str. 13 Kassel ist eine Straße nach Hermann von eine Lüderitzstraße, eine Togostraße, ei- 60599 Frankfurt am Main Wißmann benannt, eine der üblichen Er- nen Togoplatz und die Windhukstraße. Telefon (0 69) 636269 klärungstafeln würdigt ihn als den „ers- Eine Gruppe, die unter der Bezeich- E-Mail: freiling.hlz@t-online.de ten Leiter einer Expedition durch Äqua- nung „Gelebter Widerstand Nordhessen“ Mitarbeit: torialafrika von West nach Ost“. Von aktiv ist, überklebte vor einem Jahr die Christoph Baumann (Bildung), Tobias Cepok (Hoch- schule), Holger Giebel, Angela Scheffels (Mitbestim- seiner Verantwortung für die Nieder- Straßenschilder mit den Namen afrika- mung), Michael Köditz (Sozialpädagogik), Annette schlagung des Widerstands der Wahe- nischer Freiheitskämpfer. Loycke (Recht), Andrea Gergen (Aus- und Fortbildung), he in Tansania und von seiner Tätigkeit Die Wißmannstraße trug dann kurz- Karola Stötzel (Weiterbildung), Gerd Turk (Tarifpolitik als Gouverneur in Deutsch-Ostafrika ist zeitig den Namen von Nikodemus Ka- und Gewerkschaften), Simone Claar (Hochschule) keine Rede. Die aus deutschen Offizieren vikunua, einem Anführer der Herero in Gestaltung: Harald Knöfel, Michael Heckert † und afrikanischen Söldnern zusammen- Deutsch-Südwestafrika, der 1896 auf Be- Titelthema: gestellte „Wissmann-Truppe“ war die fehl des Kommandeurs der deutschen Tobias Cepok, Dr. Johanna Leinius, Dr. Christine Löw, erste deutsche Kolonialtruppe, die einen Schutztruppen Theodor Leutwein exeku- Sheila Ragunathan und Sahra Rausch Landkrieg in Afrika führte. tiert wurde. (Foto: privat) Illustrationen: Thomas Plaßmann (S. 25, 27), Ruth Ullenboom (S. 4) Tarifrunde beginnt am 1. September HLZ: Hochschulpolitik in Hessen Fotos, soweit nicht angegeben: Am 1. September beginnt die Tarifrunde Das Hessische Ministerium für Wis- Wikiolo CC BY-SA 3.0 (Titelbild), GEW (S. 12) für die Lehrkräfte und sozialpädagogi- senschaft und Kunst legte jetzt den Verlag: schen Fachkräfte an Schulen und Hoch- lange angekündigten Entwurf zur No- Mensch und Leben Verlagsgesellschaft mbH Niederstedter Weg 5 schulen und alle anderen Beschäftig- vellierung des Hessischen Hochschul- 61348 Bad Homburg ten des Landes. Das Ergebnis bestimmt gesetzes vor. Auf Seite 8 dieser HLZ Anzeigenverwaltung: auch über die Besoldung für die Be- stellt Dr. Simone Claar vom Referat Mensch und Leben Verlagsgesellschaft mbH amtinnen und Beamten. Die Tarifrunde Hochschule und Forschung im GEW- Peter Vollrath-Kühne 2021 steht nicht nur unter dem Vorzei- Landesvorstand die wesentlichen Postfach 19 44 61289 Bad Homburg chen der Pandemie: Erstmals seit dem Eckpunkte und die Positionen und Telefon (06172) 95 83-0, Fax: (06172) 9583-21 Austritt Hessens aus der Tarifgemein- Erwartungen der GEW vor. Auf Sei- E-Mail: mlverlag@wsth.de schaft der Länder wird über den Tarif- te 10 findet man die Ergebnisse einer Erfüllungsort und Gerichtsstand: vertrag Hessen vor dem Tarifvertrag Umfrage an hessischen Hochschulen Bad Homburg der Länder verhandelt. Mehr darüber zu den Auswirkungen der Pandemie Bezugspreis: in dieser HLZ auf den Seiten 5 und 7. auf die vielen befristet Beschäftigten. Jahresabonnement 12,90 Euro (9 Ausgaben, ein- schließlich Porto); Einzelheft 1,50 Euro. Die Kosten Rubriken Einzelbeiträge Aus dem Inhalt sind für die Mitglieder der GEW Hessen im Beitrag enthalten. 4 Spot(t)light 6 Corona-Blog: Was sagt die GEW? Zuschriften: 5 Meldungen 7 Die Tarif- und Besoldungsrunde Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder 9 Aus der Personalratsarbeit 2021 beginnt in Hessen wird keine Haftung übernommen. Im Falle einer Ver- 37 Jubilarinnen und Jubilare 8 Entwurf zur Novellierung des Hes- öffentlichung behält sich die Redaktion Kürzungen vor. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen sischen Hochschulgesetzes Titelthema: Postkoloniale Perspektiven nicht mit der Meinung der GEW oder der Redaktion 10 Befristung an Hochschulen übereinstimmen. 12 Vorwort des Redaktionsteams 24 Wie weiter im neuen Schuljahr? 14 KIDSemPOWERment: 26 LSV: Wie weiter nach Corona? Redaktionsschluss: Im Gespräch mit Adiam Zerisenai 28 Kinder und Jugendliche in der Krise Jeweils am 5. des Vormonats 16 Postkoloniale Interventionen in 30 Die Ausbildung der Lehrkräfte: Kassel, Gießen und Frankfurt Werkstattgespräch der GEW Hessen Nachdruck: 18 Bildungsstätte Anne Frank: 32 Gruppe InklusionsBeobachtung: Fotomechanische Wiedergabe, sonstige Vervielfälti- Im Gespräch mit Deborah Krieg Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl gungen sowie Übersetzungen des Text- und Anzei- genteils, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher 20 Rassismus in Schulbüchern 34 Plädoyer für das analoge Lernen Genehmigung der Redaktion und des Verlages. 21 Schwarze Eltern: Ein offenes Wort 36 Was die Digitalisierung hemmt 22 Endlich anerkannt? Der Völkermord Druck: Druck- und Verlagshaus Thiele & Schwarz GmbH an Ovaherero, Nama und Damara 40 lea-Fortbildungsprogramm Werner-Heisenberg-Str. 7, 34123 Kassel
3 HLZ 7–8/2021 zum Inhaltsverzeichnis KOMMENTAR Postkoloniale Analysen In Zeiten einer globalisierten und digital vernetzten fügbaren, wenn auch nicht immer bewussten, Privi- Welt, in der Individuen und zivilgesellschaftliche Be- legien und Ressourcen machtkritisch zu reflektieren. wegungen aus allen Teilen der Welt (wenn auch un- Wissen ist vielfältig und vielschichtig und entsteht ter unterschiedlichen Bedingungen) in kürzester Zeit nie aus einer „neutralen“ Position oder Norm her- Informationen generieren und abrufen und sich mit- aus, sondern ist immer verwoben mit eigenen biogra- einander vernetzen und austauschen können, ver- fischen Erfahrungen, Prägungen und Motivationen. ändern sich auch Diskurse zu sozialer Gerechtig- Die Beiträge in dieser HLZ möchten dazu anregen, keit und Praxen des Eintretens für global verbriefte postkoloniale Perspektiven für machtkritische Analy- Menschenrechte. sen der Gegenwart vor allem auch in den Bildungs- Aktuelle Debatten wie die zur globalen Impfge- institutionen anzuwenden. Dafür ist es wichtig, die rechtigkeit im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie Wirkweisen von Kolonialismus, Rassismus und Se- oder über die Ursachen von Migration aus dem Glo- xismus und anderen Formen von Ungleichverhältnis- balen Süden lassen sich nicht führen, ohne macht- sen gerade in ihren Überschneidungen anzuerkennen. kritische postkoloniale und intersektionale Analy- Als zentrale, wirkmächtige gesellschaftliche Dimen- sen einzubeziehen. Postkolonialismus fokussiert und sionen strukturieren sie alle gesellschaftlichen Berei- analysiert die Kontinuitäten kolonialrassistischer che und beeinflussen damit auch die Bildungsarbeit. Denkweisen, Praxen, Institutionen und Strukturen Mit der Anerkennung kolonialrassistischer Verbre- und analysiert deren Hineinwirken bis in die Gegen- chen und Genozide durch ehemalige Kolonialmäch- wart. Die mangelnde bzw. Nicht-Anerkennung kolo- te und mit den Diskursen rund um die Rückführung nialrassistischer Verbrechen und Genozide steht in von im Kolonialismus geraubten Artefakten, Objek- einem engen Zusammenhang mit der aktuellen struk- ten, Gütern und Ressourcen und um Reparationen turellen Benachteiligung von migrantischen, Schwar- für im Zuge der Maafa begangene Verbrechen gegen zen und Indigenen Menschen sowie People of Color die Menschlichkeit an Menschen afrikanischer Her- in Ländern des Globalen Nordens: auf dem Arbeits- kunft und ihren Nachfahren steht Bildungsarbeit vor und Wohnungsmarkt, in Kultur, Medien, Politik und neuen Herausforderungen: Wenn Ungleichverhältnis- Wissenschaft. se und Diskriminierungsmuster erlernt wurden und Postkoloniale Perspektiven machen es möglich, in- werden, können sie mittels Bildungs- und Bewusst- dividuelle und kollektive Erfahrungen von Benachtei- werdungsprozessen auch verlernt werden. Mit einem ligung, Ausbeutung und Unterdrückung kritisch zu Bewusstsein für intersektionale Verknüpfungen und hinterfragen und im Sinne einer pluralen, sozial ge- postkoloniale Kontinuitäten entstehen so Impulse für rechten und inklusiven Gesellschaft und eines soli- eine sozial gerechtere und solidarischere Gesellschaft. darischen Miteinanders zu transformieren. Postkoloniale Ansätze gehen davon aus, dass die in der sogenannten Moderne etablierten eurozen- trischen Wahrnehmungsmuster bis heute wirken und untrennbar mit kolonialer Dominanz verbunden sind. Die im Rahmen des Kolonialismus etablierten Macht-, Besitz- und Ungleichverhältnisse bedingen bis heute globale Machtasymmetrien und wirken nicht nur materiell, sondern auch symbolisch und zwar in den Selbstwahrnehmungen von ehemals Ko- lonisierten und Kolonisierenden sowie ihrer Nachfah- ren. Auch nach dem formalen Ende der Kolonialära prägen sie Muster des Denkens, Handelns, Fühlens und Kommunizierens. Zu postkolonialen Analysen Jamila Adamou gehört es auch, die eigene Positionierung und die ver- Foto: Anouchka Olszewski
SPOT(T)LIGHT zum Inhaltsverzeichnis HLZ 7–8/2021 4 Nostalgie beim Sommerfest Disziplinprobleme gab es für ihn nicht. „Was? Sie haben Schwierigkei- ten mit Ihrem Deutschunterricht in der 9. Stunde? Sogar im Baströckchen wür- Das jährliche Sommerfest lockt Dutzende Anscheinend hatte sie zu wild gestiku- de ich ordentlichen Unterricht machen, Pensionisten aus ihren Altersresidenzen. liert? Fürderhin versteckte sie ihre Hän- egal zu welcher Zeit!“ Die Geschichte, Heute wird die langjährige Schulleite- de hinter dem Rücken. Und wundert sich dass er eine politisch verdächtige Kol- rin verabschiedet. Einigen stehen Tränen noch heute über Frauen, die damals un- legin (Trotzkistin und Feministin!) im in den Augen, als ihr Loblied erschallt: bedingt mit „Fräulein“ angeredet wer- Dienstzimmer eingesperrt habe, damit stets ausgeglichen, nie schlecht gelaunt, den wollten. sie in Ruhe das Grundgesetz studieren auch unter großer Belastung freundlich Regina, eine energische Frau, hatte könne, glaubt allerdings die gesamte und fair, in jeder Lehrkraft das Positive nach langer Familienphase ihr Studium Runde nicht. gesehen und herausgekitzelt, selbst bei beendet. Mitte 40 war sie, als sie die An- „Und dann kam die große Wende. Kandidaten, die innerlich schon längst stalt als Neulehrerin betrat. Ein Kollege, Die Zeit der Lückentexte und Ankreuz- gekündigt hatten. Die Schulleiterin ver- dessen zauberhafter Charme berüchtigt blätter. Die Zeit der Duzerei mit den schwindet hinter Blumensträußen und war, merkte an: „Wir hatten uns alle auf ,Kids‘. Es gab noch genug Planstellen Geschenkpaketen. Sektgläser klirren, ein eine neue Kollegin gefreut – und dann und wir haben uns in den Seminaren paar Taschentücher wischen verstoh- kamen Sie!“ zum Teil unmöglich und arrogant auf- len in Gesichtern rum. Der jugendliche Einige Silberrücken erinnern sich geführt. Und geraucht wie die Schlote. Nachfolger (52) wird es schwer haben. noch gut an den Vorgänger der verab- Die Gardinen im Lehrerzimmer waren Am Seniorentisch werden Erinne- schiedeten Schulleiterin. „Der zählte uns steif vor Dreck.“ – „Und Kollegin Sor- rungen an alte Zeiten ausgetauscht, die das Papier für Vervielfältigungen genau ge und Kollege Brand bestanden wäh- von den 68ern grausam beendet wur- ab. 35 Blatt für die Klasse und vier Blatt rend der gemeinsamen Klassenfahrt den. Lehrerinnen sollten zum Unterricht für Fehldrucke. Und jedes Mal hat er ge- auf einem gemeinsamen Zimmer. Da- in Röcken erscheinen. Das war ein un- nau kontrolliert, was wir vervielfältigen bei waren beide anderweitig gebunden. ausgesprochenes Gesetz. Kurze Kleid- wollten. Brecht-Gedichte konnte er über- Das hat die Schüler schockiert. Genau chen mit Stöckelschuhen erschienen al- haupt nicht leiden, aber die standen nun wie die, die im Sportbereich in der Du- lemal seriöser als Jeans und Sandalen. mal im Lehrplan. ,Aber Sie machen mir sche ein äußerst engagiertes gemisch- Nur Fußoperierte durften so was tragen. hier keine kommunistische Propaganda!‘, tes Lehrerdoppel entdeckten.“ Auch unbekleidet gab es Ärger. Den be- hat er befohlen.“ Sandra, eine ehemalige Schülerin, kam ein Sportlehrer, weil er mit seinen Mehrfach hat er die Schülerzeitung setzt sich zu den alten Kämpen. Sie Schülern in der Sauna war. verboten. Einmal ging es darin um freie hat gerade ihr Referendariat in einem Die ehemalige Französisch-Chefin er- Liebe. „Wir sind doch hier kein Eros- „gutbürgerlichen Bezirk“ beendet. Im zählt von ihrem Ausbilder, der ihr streng Center!“, empörte er sich. Die verbote- Hauptseminar wurden sie belehrt, dass riet, auf das Spiel ihrer Hände zu achten. ne Schülerzeitung fand ein paar Straßen kurze Hosen, Sandalen und Tattoos im Sie sah ihn ratlos an. „Sie haben schließ- weiter reißenden Absatz und war sofort Schuldienst dieses Bezirks unerwünscht lich auch junge Männer im Unterricht!“ ausverkauft. seien. Ihr Versuch, mit Kolleginnen zu- sammenzuarbeiten, scheiterte kläglich. Sie fragte, was die anderen in Deutsch als Lektüre auswählten, und erhielt als Antwort: „Das geht Sie gar nichts an!“ Der Schulleiter besuchte kein einzi- ges Mal ihren Unterricht, gab ihr aber trotzdem eine Zwei – wobei ihr eine Eins lieber gewesen wäre. Niemand im Kollegium hatte Zeit, sie zu betreuen. Examen in Corona-Zeiten hieß: Rein theoretische Lehrproben ohne Schü- ler. Glücklicherweise kann Sandra es sich aussuchen, wo sie arbeiten will. Den Ausbildungsbezirk und ihre dorti- ge Schule verlässt sie ohne großes Be- dauern. Die alte Religionslehrerin („Ich bin Studienrätin!“) murmelt lethargisch: „Tempora mutantur, nos et mutamur in illis.“ Die Zeiten ändern sich und wir uns mit ihnen. Oder so ähnlich. Und noch etwas: In diesem Spot(t) light stimmt eigentlich alles. Ich habe es nur nett sortiert und die Akteure umgetauft. Gabriele Frydrych
5 HLZ 7–8/2021 zum Inhaltsverzeichnis MELDUNGEN OloV: Fördermittel noch Frankfurt: Schulreinigung Tarif- und Besoldungsrunde nicht in trockenen Tüchern nach Großrazzia behindert beginnt am 1. September Die EU-Förderperiode ist noch in Pla- Im Rahmen einer Großrazzia im Rhein- Die Verhandlungen der Gewerkschaf- nung, die Abstimmung mit der EU- Main-Gebiet hatten Zoll und Steuer- ten des öffentlichen Dienstes mit der Kommission über die Mittel aus dem fahndung Ende April einen Schwarzar- hessischen Landesregierung über einen Europäischen Sozialfonds für die An- beitsring zerschlagen. Die GEW Hessen neuen Tarifvertrag für die Beschäftig- gebote und Vorhaben zur „Optimierung hat in Erfahrung gebracht, dass es sich ten des Landes beginnen am 1. Septem- der lokalen Vermittlungsarbeit im Über- dabei um die Firma APEG Gebäude- ber. In der Folge entscheidet der Tarif- gang Schule - Beruf“ (OloV) ist noch im Service GmbH handelt und dass die vertrag auch über die Besoldung der Gange. Fest steht jedoch, dass die För- Schulreinigung in Frankfurt betrof- hessischen Beamtinnen und Beamten. derquote um 20 Prozent auf 40 Pro- fen gewesen ist. Die GEW war durch Erstmals finden die Verhandlungen in zent abgesenkt werden wird. Geplant Berichte aus den Schulen über aktu- Hessen vor der bundesweiten Tarifrun- ist, dass jede Region 24.000 Euro pau- elle Probleme bei der Reinigung auf de der Gewerkschaften mit den Bundes- schal für Sach- und Personalkosten er- das Problem aufmerksam geworden. ländern der TDL statt. Über die damit hält. Die Firma hatte ausschließlich Aufträ- verbundenen Probleme und den engen Die 28 „OloV-Regionen“ entspre- ge der Stadt Frankfurt im Bereich der Zeitraum für die Mobilisierung infor- chen den hessischen Landkreisen und Reinigungsbranche erfüllt, dabei wur- mieren wir auf Seite 7 in dieser HLZ kreisfreien Städten sowie den zwei den mehr als 50 Schulen im Stadtge- und unter www.gew-hessen.de. Sonderstatusstädten Fulda und Ha- biet gereinigt. Wie die GEW-Vorsitzen- nau. Land und Schulträger müssen de Birgit Koch mitteilte, verweigerte das Landeselternbeirat wählt also zukünftig einen höheren Finan- zuständige städtische Dezernat für Bau einen neuen Vorstand zierungsanteil übernehmen, wenn OloV und Immobilien alle Auskünfte, wie im gegenwärtigen Umfang fortgeführt und von wem die betroffenen Schulen Bei seiner konstituierenden Sitzung werden soll. Noch ist nicht klar, ob sie jetzt gereinigt werden und wie die er- wählte der 23. Landeselternbeirat ei- die fehlenden Mittel vollumfänglich zu- forderlichen Ersatzaufträge vergeben nen neuen Vorstand. Als Vorsitzender schießen werden. Die Kofinanzierungs- werden. Aus Sicht der GEW belegt der wurde Volkmar Heitmann aus Friedberg mittel des Landes werden bisher über- Fall eindrücklich, dass die Reinigung gewählt. Stellvertreter wurden Thorsten wiegend vom Kultusministerium für die von Schulen durch öffentlich Beschäf- Sprenger aus Weinbach und Ingo Ra- OloV-Stellen in seinem Bereich, zum tigte erfolgen sollte, „die hierfür aus- dermacher aus Bickenbach. Heitmann Beispiel für die Stunden für die Ko- reichend Zeit haben und vernünftig be- nannte die Digitalisierung der Schu- ordinatoren an den Schulen, erbracht. zahlt werden“. len, die damit verbundenen Lehr- und Die Folgen der Privatisierung öf- Lernkonzepte, die Bildungsgerechtigkeit fentlicher Dienstleistungen und die For- und den dauerhaften Infektionsschutz IGS Nordend in Frankfurt: derung nach einer Rückführung in die als Schwerpunktthemen des neuen Lan- Energiesparmeister in Hessen kommunale und staatliche Verantwor- deselternbeirats. Außerdem wolle man tung sind Schwerpunktthema der HLZ die Zusammenarbeit mit den Kreis- und Der Titel „Energiesparmeister 2021“ für 9-10/2021. Stadtelternbeiräten verstärken. das beste Klimaschutzprojekt in Hessen geht an die IGS Nordend in Frankfurt. Die Gesamtschule hat die Jury mit ihren Energieeinsparungen in Höhe von 60 Ralf Becker aus Rüsselsheim jetzt im GEW-Hauptvorstand Tonnen C02 im Jahr überzeugen kön- Kollege Ralf Becker aus Rüsselsheim nenbildung, für die Position im GEW- nen. Nicht vermeidbare Emissionen wurde beim Gewerkschaftstag der GEW Hauptvorstand zu kandidieren. Als sei- gleicht die Schule zudem mit Baum- mit 80,2 Prozent der abgegebenen De- ne Schwerpunkte nannte Ralf Becker pflanzungen in Costa Rica aus. Schü- legiertenstimmen in den GEW-Haupt- die Umsetzung der Inklusion in der be- lerinnen und Schüler führen Pfand- vorstand gewählt. Als Nachfolger von ruflichen Bildung und in der Weiterbil- flaschen-Sammelaktionen durch und Ansgar Klinger, der nicht mehr kan- dung, das Grundrecht auf Ausbildung, halten Vorträge zur Plastikvermeidung didiert hatte, leitet er zukünftig den die Stärkung der politischen Bildung in in Kitas und Schulen. Organisationsbereich Berufliche Bil- Berufs- und Weiterbildung und die Di- dung und Weiterbildung. Der 60-jäh- gitalisierung. lea-Reisen in die Provence: rige Berufsschullehrer war viele Jahre Weitere Berichte zum Gewerk- Resistance und Emigration im Teamvorstand der Landesfachgruppe schaftstag findet man in der Bundeszei- Berufsbildende Schulen der GEW Hes- tung EuW, der diese HLZ beigelegt ist. In den Herbstferien führen zwei lea- sen, Mitglied im Kreisvorstand der GEW Seminare in der Provence auf die Spu- Groß-Gerau, DGB-Vorsitzender in Rüs- ren der Judenverfolgung und des Wi- selsheim und im Hauptpersonalrat der derstands im besetzten Frankreich und Lehrerinnen und Lehrer. deutscher Autorinnen und Autoren, die Als Motivation für seine Kandida- seit 1933 nach Frankreich ins Exil gin- tur nannte Ralf Becker die einstimmi- gen. Termine und weitere Infos auf Sei- ge Aufforderung durch die drei Bun- te 37 in dieser HLZ und unter www.lea- desfachgruppen Gewerbliche Schulen, bildung.de > Reisen. Kaufmännische Schulen und Erwachse-
CORONA-PANDEMIE zum Inhaltsverzeichnis HLZ 7–8/2021 6 Corona-Blog: Was sagt die GEW? Impfungen, Lerndefizite und sinkende Inzidenzen Dieser Blog informiert über Aktivitäten werden. Die GEW weist auf die Frei- Das Forschungsteam um Frank Muß- der GEW Hessen in der Zeit von Mit- willigkeit der Impfung und die Verant- mann betrachtete auch die Arbeitsbe- te Mai bis zur Fertigstellung dieser HLZ wortung der Eltern hin und empfiehlt lastung der Lehrkräfte, die vor allem Mitte Juni. Aktivitäten der Kreis- und Be- deshalb, dass Schülerinnen und Schü- den Distanzunterricht (90 %) und den zirksverbände, der Personalräte und ande- ler mit Zustimmung und in Begleitung Wechselunterricht (66 %) als Quellen rer Gremien der GEW sind hier nicht er- der Sorgeberechtigten in den Impfzen- von Mehrarbeit nennen: „Die Dynamik fasst. Alle Statements im Wortlaut unter tren oder in Arztpraxen geimpft wer- der Corona-Pandemie und die Digitali- www.gew-hessen.de. den. Die Wahrnehmung eines Impfan- sierung verstärken die angespannte Ar- gebots sei Sache der Eltern und dürfe beitssituation an den Schulen und die Mittwoch, 12. Mai nicht in die Mitverantwortung oder or- ohnehin schon bekannten hohen Belas- ganisatorische Zuständigkeit der Schu- tungen und Entgrenzungserfahrungen Angesichts sinkender Inzidenzen fal- le verlagert werden. der Lehrkräfte.“ len immer mehr hessische Städte und Landkreise aus der „Bundesnotbremse“ heraus. Für Regionen, in denen die In- Mittwoch, 19. Mai Mittwoch, 2. Juni zidenz an mindestens fünf Werktagen Kultusminister Lorz stellt das Landes- Kultusminister Lorz bestätigt, dass das unter 100 liegt, gilt deshalb der neue förderprogramm „Löwenstark“ vor, mit Versprechen, mit den Impfungen von Zwei-Stufen-Plan der Landesregierung. dem Lerndefizite ausgeglichen werden Schülern und Schülerinnen ab zwölf In der Stufe 1 kehren zunächst die Jahr- sollen. Die GEW hält das Programm für Jahren in einer eigenen Impfaktion in gangsstufen 1 bis 6 und alle Abschluss- „unterdimensioniert“ und spricht von den drei Wochen vor den Sommerfe- klassen in den täglichen Präsenzunter- einer „falschen Schwerpunktsetzung“. rien zu beginnen, nicht gehalten wer- richt zurück, ab Jahrgangsstufe 7 und Weitere Informationen zu den Plänen den kann. Zur Begründung verweist er in den beruflichen Vollzeitschulformen der Landesregierung und den Forde- auf die Mitteilung der Bundesregierung, bleibt es beim Wechselunterricht. Bleibt rungen der GEW findet man in dieser dass es keine zusätzlichen Impfdosen die Region weitere 14 Tage unter 100 HLZ auf den Seite 24 und 25. geben werde, und auf die Zurückhal- oder liegt die Inzidenz an fünf Tagen tung der Ständigen Impfkommission, unter 50 kehren in der Stufe 2 auch „die noch keine Empfehlung zur Imp- die Klassen ab Jahrgangsstufe 7 in den Dienstag, 1. Juni fung von Kindern und Jugendlichen ab täglichen Präsenzunterricht zurück. In Der GEW-Hauptvorstand stellt in zwölf Jahren ausgesprochen hat“. jeder Phase besteht nach wie vor eine Frankfurt die Ergebnisse der reprä- Testpflicht zweimal pro Woche für alle. sentativen Studie „Digitalisierung im Donnerstag, 10. Juni Schulsystem“ vor. Studienleiter Frank Montag, 17. Mai Mußmann von der Kooperationsstel- Nachdem alle Städte und Kreise die le der Universität Göttingen ist vie- Stufe 2 erreicht haben, werden erstmals Kultusminister Lorz kündigt in einem len GEW-Mitgliedern als Verantwort- seit Monaten wieder alle Schülerinnen Schreiben an die hessischen Eltern an, licher für die Studien zur Arbeitszeit und Schüler im eingeschränkten Regel- dass die Landesregierung noch vor den und Arbeitsbelastung von Lehrerinnen betrieb unterrichtet. Die GEW hält an Sommerferien damit beginnen möch- und Lehrern unter anderem in Nieder- ihrer Forderung fest, die Schulen durch te, Schülerinnen und Schülern ab 12 sachsen und in Frankfurt bekannt. Die eine bessere Belüftung und den zügi- Jahren ein Impfangebot zu unterbrei- Studie zur Digitalisierung dokumen- gen Ausbau der digitalen Kommunika- ten, „damit diese im Idealfall bis zum tiert die weiter bestehenden Mängel bei tionswege auf einen erneuten Anstieg Start des neuen Schuljahrs mindestens der Ausstattung, aber auch den Schub der Infektionen besser vorzubereiten. einmal geimpft sind“. Voraussetzung durch die Pandemie. So arbeiten nur sei, dass für mindestens einen Impfstoff 70 % der Lehrkräfte an Schulen, an de- Mittwoch, 16. Juni eine Zulassung ab 12 Jahren vorliegt nen es WLAN für Unterrichtszwecke und „Planungssicherheit in Bezug auf Die erste Hitzewelle des Sommers die zusätzliche Impfstoffbereitstellung gibt. 58 % der Lehrkräfte nutzen re- gelmäßig Lernmanagementsysteme, macht das Tragen von Masken im Un- durch den Bund besteht“. Die Impfun- vor der Pandemie waren dies lediglich terricht und in den Pausen für Kinder gen sollen „grundsätzlich in den Impf- 36 %. Nur 18 % der Lehrkräfte verfügen und Erwachsene zur Qual. Die GEW hält zentren selbst stattfinden“, allerdings über ein dienstliches digitales Endgerät. es trotzdem für falsch, die Entscheidung könnten diese auch „mobile Teams Auch ein Jahr nach der Pandemie „grei- an die einzelne Schule zu delegieren, in den Schulen einsetzen“. Nach der fen 95 % der Lehrkräfte zur Selbsthilfe und fordert eine einheitliche Regelung. Aufhebung der Priorisierung könnten auch Impftermine für Schülerinnen und und setzen ihre privaten elektronischen Geräte wie Handy, Computer oder Tab- Alle weiteren Informationen: Schüler bei den Kinder- und Jugend- ärzten sowie den Hausärzten vereinbart let häufiger als vor der Pandemie ein“. www.gew-hessen. de
7 HLZ 7–8/2021 zum Inhaltsverzeichnis TARIF UND BESOLDUNG Die Zeit wird knapp Die Tarif- und Besoldungsrunde 2021 beginnt in Hessen Am 30. September 2021 endet die Lauf- Gewerkschaften mit der TdL erst Ende stellation bewertet werden. Dem stehen zeit des Tarifvertrags der Länder für die November in Potsdam möglicherweise aber innerhalb der gewerkschaftlichen Gehälter der Beschäftigten im Landes- final verhandeln. Diese Zeitleiste stellt Tarifgemeinschaft Bedenken hinsicht- dienst. Gerade haben die Gewerkschaf- nicht nur die GEW vor eine große Her- lich der Mobilisierung gegenüber, für ten für den öffentlichen Dienst im Mai ausforderung, da der Zeitraum, in dem die nur noch wenige Wochen zur Verfü- 2021 die Diskussion über ihre Forde- Arbeitskampfaktionen möglich sind, gung stehen. Zudem besteht die Gefahr, rungen eröffnet und schon gibt es Be- sehr begrenzt ist. Wegen der Laufzeit dass sich die hessische Tarifentwick- merkenswertes aus Hessen zu berich- der aktuellen Entgelttabellen kann frü- lung in Zukunft noch stärker von der in ten: Die Gewerkschaft ver.di, der die hestens ab 1. Oktober gestreikt werden, allen anderen Bundesländern abspaltet. Verhandlungsführung mit dem hessi- und die Herbstferien beginnen bereits schen Innenministerium obliegt, hat ei- am 11. Oktober. Auch im Hochschulbe- Lehrkräfteentgeltordnung nen Terminplan abgesprochen, der bei reich sind Warnstreiks kaum umsetzbar, Die diesjährige Hessen-vorne-Varian- den anderen Gewerkschaften des öf- da an vielen hessischen Hochschulen te hat auch Auswirkungen auf die seit fentlichen Diensts in Hessen, auch bei die „Semesterferien“ erst Mitte Okto- Ende letzten Jahres laufenden Verhand- der GEW, für arge Missstimmung ge- ber enden. Das erschwert die ohnehin lungen über eine tarifliche Eingruppie- sorgt hat. wegen der Pandemie komplizierte Lage. rung der hessischen Lehrkräfte (Lehr- kräfte-Entgeltordnung). Beide Seiten Hessen vorn: Keine gute Idee! hatten vereinbart, diese Verhandlun- Nach diesem Terminplan steht fest: Die gen vor der Tarifrunde 2021 im Herbst hessische Tarifrunde wird in diesem Jahr abschließen zu wollen. Dabei sind die zeitlich vor der Tarifrunde mit der Ta- Beteiligten allerdings von einer hessi- rifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) schen Tarifrunde ausgegangen, die zeit- stattfinden, in der alle anderen Bun- lich der TdL-Runde nachgelagert ist. desländer zu einem Arbeitgeberverband Jetzt fehlen fünf bis sechs Wochen, um zusammengeschlossen sind. Bisher war über die Eingruppierungsniveaus für das immer umgekehrt: Seit 2008, als der hessische Lehrkräfte zu streiten. erste Tarifvertrag Hessen (TVH) nur für Deshalb ist es derzeit noch unge- hessische Landesbedienstete vereinbart wiss, ob eine solche Einigung für die wurde, ging die TdL im Tarifgeschäft Eingruppierung der Lehrkräfte ange- voran und Hessen, das 2004 aus der Innerhalb der Tarifgemeinschaft der sichts der noch weit voneinander ab- TDL ausgetreten war, folgte. Dies war Gewerkschaften des öffentlichen Diens- weichenden Verhandlungspositionen in durchaus im Interesse der Beschäftig- tes in Hessen, zu der neben der GEW einzelnen Bereichen tatsächlich noch ten in Hessen, weil der hessische Lan- und ver.di die Gewerkschaft der Poli- vor der Tarifrunde 2021 möglich sein desdienst von einem sehr hohen Anteil zei, die IG BAU und die dbb tarifunion wird, bei der ja vor allem die Entwick- von Beamten und Beamtinnen geprägt gehören, sorgte die Terminierung der lung des Entgelts im Mittelpunkt steht. ist. Streikerfolge lassen sich aber vor hessischen Tarifrunde für Verärgerung, Trotz dieser schwierigen Situation allem in den Ländern erzielen, die re- denn ver.di hatte die neuartige Rolle versuchen wir mit aller Kraft, hier doch lativ viele Arbeitnehmerinnen und Ar- Hessens als Bezirk für einen „Pilotab- noch zu einer Einigung zu kommen, die beitnehmer beschäftigen. Die bisheri- schluss“ mit den anderen Gewerkschaf- Verbesserungen für viele Beschäftigten- ge Reihenfolge gewährleistete politisch, ten nur unzureichend kommuniziert. gruppen enthält. dass Hessens Arbeitnehmerinnen und Aus Sicht der GEW sind die Argumen- Die Tarifkommission der GEW Hes- Arbeitnehmer nicht abgehängt wurden. te für einen frühen Start in Wiesbaden sen wird in der ersten Julihälfte über Das TdL-Tarifergebnis wurde im Großen nur bedingt überzeugend. Zum einen die Forderungen zur Tarifrunde ent- und Ganzen nachvollzogen, 2017 und möchte ver.di dem befürchteten allge- scheiden. Der bundesweite Forderungs- 2019 gab es mit dem LandesTicket Hes- meinen Kassensturz nach der Bundes- beschluss und die inhaltliche Abstim- sen und der stufengleichen Höhergrup- tagswahl Ende September zuvorkom- mung mit den anderen Gewerkschaften pierung sogar noch Extras. men. Ein früher Tarifabschluss, so das folgen dann in der letzten Woche der Die erste Verhandlungsrunde für den Kalkül, könnte den erwarteten Veren- Sommerferien. TVH findet am 1. September statt, also gungen des finanzpolitischen Spiel- Rüdiger Bröhling, am Mittwoch der ersten Unterrichtswo- raumes in Folge der Pandemie zuvor- Tarifreferent der GEW Hessen che nach den Sommerferien und da- kommen. Auch mag eine erfolgreiche mit fünf Wochen vor der TdL. Die vor- Vorab-Tarifrunde mit einem Bundes- Alle weiteren Informationen: aussichtlich letzte Verhandlungsrunde land, das mutmaßlich finanzpolitisch www.gew-hessen. de ist für den 14. und 15. Oktober 2021 besser aufgestellt zu sein scheint als an- in Dietzenbach angesetzt, während die dere Bundesländer, als günstigere Kon- Stichwort Tarifrunde 2021
HOCHSCHULEN zum Inhaltsverzeichnis HLZ 7–8/2021 8 Frist ist Frust Was bringt die Novellierung des Hessischen Hochschulgesetzes? Wenige Tage vor Redaktionsschluss der zentur“ vor, die sich vor allem auf die nen und das Wissenschaftszeitvertrags- HLZ legte Wissenschaftsministerin An- Lehre konzentriert. Hier erwartet die gesetz im Besonderen mit den Lehr-, gela Dorn (Bündnis 90/Die Grünen) den GEW eine genaue Beschreibung der Forschungs- und Arbeitsbedingungen lange erwarteten Entwurf zur Novellie- Aufgaben. Eine reine Entfristung reicht machen und gleichzeitig, warum wir rung des Hessischen Hochschulgesetzes nicht aus, denn gute Arbeitsbedingun- als wissenschaftliche Mitarbeiter:innen (HHG) vor. Eine ausführliche Übersicht gen spiegeln sich auch in der Machbar- diese Arbeit so gerne machen. Die De- über die Themen, die die schwarz-grüne keit des Lehrdeputats in der vorgegebe- batten auf Twitter zeigen, dass die Pro- Koalition aufgreifen will, und die Stel- nen Arbeitszeit wieder. blematik der Befristung sehr tiefgrei- lungnahmen der GEW findet man auf • Die Idee, an Hochschulen für an- fend ist und Menschen auf keinen Fall der Homepage der GEW Hessen (www. gewandte Wissenschaften (HAW) eine das reale Leben dazwischenkommen gew-hessen.de > Bildung > Hochschu- „Tandem-Professur“ zu ermöglichen, sollte, denn dann können die unge- le und Forschung). gibt neue Karriereperspektiven und ist schriebenen Leistungskriterien für eine Unser erstes besonderes Augenmerk sicher ein Instrument, um unterreprä- Professur nicht erreicht werden. galt der Frage, ob und wie die Landes- sentierten Gruppen eine Möglichkeit zu Aus GEW-Sicht soll spätestens das regierung die Forderung nach besseren einer HAW-Professur zu eröffnen. Auch Ende einer Promotion mit dem Ende Arbeitsbedingungen und nach der Ent- hier muss schon bei den Beratungen der Befristung einhergehen, damit fristung befristeter Arbeitsverträge an- über den Gesetzentwurf diskutiert wer- Wissenschaftler:innen nicht auch in geht. Beim ersten Blick in den Entwurf den, wie die Idee in der realen Praxis der zweiten Qualifikationsphase immer keimt eine gewisse Hoffnung auf, dass an den HAW umgesetzt werden kann. weiter befristet beschäftigt sein müs- die Landesregierung die vielen Aktio- Schon beim ersten Lesen des Gesetz- sen. In Drittmittelprojekten ist eine Be- nen wahrgenommen hat und dem Be- entwurfs wird aber auch deutlich, dass fristung sogar unendlich möglich, auch fristungsunwesen auch mit gesetzlichen das Korsett eines Qualifikationssystems wenn in der Praxis die Hochschulen Regelungen entgegentreten will: letztlich nicht durchbrochen wird: Dass manchmal wegen möglicher Kettenver- • Nach einer zusätzlichen dreijähri- Befristung in den Hochschulen weiter träge Rückzieher machen. gen Bewährungsphase mit abschlie- gewollt ist, zeigt allein die Verwendung ßender Evaluation sollen promovierte des Begriffs „Nachwuchs“. Befristung verhindert Innovation Wissenschaftler:innen unbefristet als Auch die Umfrage der Initiative darm- Angestellte oder Beamt:innen beschäf- Twitter: # Ich bin Hanna stadt unbefristet, die wir in dieser HLZ tigt werden können. Die GEW kritisiert, Damit bleibt auch die hessische Wis- auf Seite 10f. dokumentieren, macht dass schon bisher prekär Beschäftigte senschaftspolitik in der Logik der Bay- in drastischer Form deutlich, dass Be- mit dieser Regelung durch eine weitere reuther Erklärung von Hochschulkanz fristung keineswegs zu mehr Inno- Bewährungsphase weiter unter Druck ler:innen, die die Hochschulen als ein vation führt: Dauerstress und massi- gesetzt werden. Qualifizierungssystem sehen, in dem ve Überstunden führen im Gegensatz • Weiter sieht der Gesetzentwurf eine Qualifizierung nur in einem zeitlich be- dazu, dass Menschen weniger produktiv neue Personalkategorie „Hochschuldo- fristeten Arbeitsvertrag stattfinden darf. sind, in der Wissenschaft genauso wie Auch ein vom Bundesministerium für in allen anderen Bereichen. Um Krea- Bildung und Forschung veröffentlich- tivität zu fördern, müssen sich die Ar- tes Video zum Wissenschaftszeitver- beitsbedingungen ändern. Die Frage ist tragsgesetz (WissZeitVG), das mittler- nur, ob das mit dem bestehenden Wiss- weile wieder gelöscht wurde, sorgte für ZeitVG überhaupt möglich ist. Auch der Empörung. Um den Arbeitsplatz Hoch- Entwurf zur Änderung des Hessischen schule kennenzulernen und durch Fle- Hochschulgesetzes ist nicht der große xibilität für neue Impulse und Innova- Wurf zur Veränderung des Hochschul- tionen zu sorgen, müssten die Verträge systems und das Befristungsunwesen jüngerer Wissenschaftler:innen befristet wird so kaum zu Fall gebracht wer- sein. Das Ganze passt sich wunderbar den können. Die Bemühungen sind er- in die voranschreitende Neoliberalisie- kennbar, aber es wird nicht ohne andere rung der Hochschule und in die schein- bundesgesetzliche Rahmenbedingun- bare Unabwendbarkeit der vorliegenden gen gehen, damit wir auch für Hanna Bedingungen und Möglichkeiten ein. bessere Arbeitsbedingungen erreichen. Die Wissenschaftsgemeinschaft re- agierte auf das Video mit dem Hash- Dr. Simone Claar tag #IchbinHanna. Über 11.000 Tweets Simone Claar leitet im Team mit Wolfgang dokumentierten in wenigen Tagen, was Richter-Girard das Referat Hochschule und das Wissenschaftssystem im Allgemei- Forschung im GEW-Landesvorstand.
9 HLZ 7–8/2021 zum Inhaltsverzeichnis AUS DER PERSONALRATSARBEIT Peter Zeichner als HPRLL- Hauptpersonalrat: Beratungen zur Digitalisierung Vorsitzender bestätigt Die Umsetzung des Digitalpakts ist Dieses Bild wird auch durch die Re- In seiner konstituierenden Sitzung weiter eines der Hauptthemen des cherchen des Hessischen Rundfunks wählte der Hauptpersonalrat der Leh- HPRLL. Kurz vor Redaktionsschluss bestätigt, wonach von den 500 Milli- rerinnen und Lehrer (HPRLL) Peter der HLZ verkündete der Hessische Be- onen Euro aus dem DigitalPakt Schule Zeichner erneut zum Vorsitzenden so- auftragte für Datenschutz und Infor- des Bundes Anfang Juni in Hessen nur wie Christina Nickel und Ralf Becker zu matonsfreiheit (HBDI) eine weitere 15 Prozent abgerufen bzw. bewilligt stellvertretenden Vorsitzenden. Auch Übergangsfrist für die Nutzung von wurden. Ein Sprecher des HKM teilte die HLZ schließt sich den Glückwün- Videosystemen und Schulclouds, die mit, es mangele wegen Corona vieler- schen an. Nach der Wahl von Ralf Be- die Anforderungen der Europäischen orts an Zeit und Personal. cker in den GEW-Hauptvorstand wird Datenschutzverordnung nicht erfüllen, Bei Fragen zur Zwei-Wege-Au- in Kürze eine Neuwahl auf der Tages- bis zum 31.1.2022. Damit gab er dem thentifizierung, für die ein weiteres ordnung stehen (HZ S. 5). Druck des Hessischen Kultusministeri- digitales Endgerät benötigt wird, ver- Peter Zeichner dankte bei dieser Ge- ums (HKM) nach, das seine Zusage of- weist das HKM an das entsprechen- legenheit noch einmal allen Mitglie- fensichtlich nicht einhalten kann, bis de Service-Portal. Der HPRLL forder- dern des Hauptwahlvorstands, der 15 zum Beginn des neuen Schuljahrs ste- te das HKM auf, dessen Informationen Gesamtwahlvorstände und der Wahl- he im Schulportal ein funktionsfähiges über eine alternative Authentifizierung vorstände in den Schulen, die gemein- und datenschutzkonformes Videokon- ohne zweites Endgerät allen Beschäf- sam dazu beigetragen haben, dass die ferenzsystem zur Verfügung. tigten zur Verfügung zu stellen. Es Wahlen trotz der Verschiebung, der da- Die Beteiligung des HPRLL bei der könne nicht sein, so der HPRLL-Vor- mit verbundenen Mehrarbeit und der Ausweitung des Hessischen Schulpor- sitzende Peter Zeichner, dass jetzt „alle Schließung vieler Schulen mit einer be- tals war bei Redaktionsschluss die- Lehrkräfte bei der Hotline anrufen“. achtlichen Wahlbeteiligung von über 70 ser HLZ Mitte Juni noch nicht abge- Prozent abgeschlossen werden konnten. schlossen. Aufgrund der notwendigen Fragwürdige Leihverträge Prüfung des gesamten Schulportals Noch komplizierter wird die Materie, durch den HBDI ist schon jetzt abseh- weil inzwischen gar nicht mehr von bar, dass die Beteiligungsverfahren vor „dienstlichen Endgeräten“ die Rede Schule: Dienstbefreiung zur den Sommerferien nicht mehr abge- ist. Auch der Musterleihvertrag spricht Betreuung von Kindern schlossen werden können. nur noch von einem „Leihgerät für In einem Schreiben an den HPRLL dienstliche Zwecke“, das „vorrangig bestätigte das HKM die weitere Gül- Dienstliche Mailadressen zur Durchführung des Unterrichts“ zur Weiterhin offen ist die Verbindlichkeit Verfügung gestellt wird: „Dazu zählen tigkeit der Regelungen für eine Ar- der Nutzung dienstlicher E-Mail-Ad- insbesondere die Vor- und Nachberei- beits- bzw. Dienstbefreiung der Be- ressen durch Lehrkräfte und sozialpä- tung des Unterrichts in der Schule, zu schäftigten in den Schulen für den dagogische Fachkräfte im Schuldienst. Hause oder einem anderen Lernort so- Fall der Schließung von Schulen und Die Ankündigung des HKM, dass bis wie die Erteilung des digitalen Distanz- Betreuungseinrichtungen. Das HKM zum Beginn des neuen Schuljahres alle unterrichts.“ Echte „dienstliche Endge- weist darauf hin, dass die Regelungen Lehrkräfte einen Laptop oder ein Tablet räte“, die in die digitale Infrastruktur in der hessischen Landesverwaltung zur dienstlichen Nutzung bekommen, der Behörde eingebunden sind, sol- „großzügiger“ sind als die erweiterte auf der die Mailadresse genutzt werden len – so die vage Auskunft des HKM – Neuregelung der „Kinderkrankentage“. kann, hat mit der Realität wenig zu tun. erst zu einem späteren Zeitpunkt bereit Dies liege daran, „dass hessischen Be- gestellt werden. Der Musterleihver- diensteten zur Betreuung ihrer Kinder Dienstbefreiung ‚im erforderlichen Um- Dienstgeräte für den Unterricht trag, den das HKM den Schulträgern Eine Umfrage unter allen 15 Gesamt- zur freien Verwendung zur Verfügung fang‘ gewährt werden kann, also letzt- personalräten ergab Anfang Juni ein gestellt hat, wurde vom HKM inzwi- lich ganz ohne eine Begrenzung nach sehr buntes Bild: Einige Schulträger schen zurückgezogen und soll durch Tagen“. Weiter heißt es: waren zu diesem Zeitpunkt noch im- eine noch auszuarbeitende Rahmen- „Wenn Lehrkräfte eine Betreuungs- bzw. mer mit der Sichtung der Anträge be- nutzungsvereinbarung ersetzen wer- Pflegesituation vortragen können, die sie fasst, während bei anderen die Ge- den, an der der HPRLL beteiligt wer- an einer Arbeitsleistung in Präsenz hin- dert, können sie im erforderlichen Umfang räte bereits in Depots lagern, um im den soll. Zurückgezogen wurde auch Dienstbefreiung erhalten. In der Folge ent- Lauf der nächsten Wochen bespielt und das Muster für den Verzicht auf ein steht dann auch keinerlei Verdienstaus- konfiguriert zu werden. Nur ganz we- dienstliches Endgerät. Kolleginnen fall.“ nige Lehrkräfte haben bereits ein Gerät und Kollegen, die weiter ein privates Der HPRLL machte einmal mehr deut- erhalten und zerbrechen sich den Kopf mobiles Endgerät nutzen wollen, soll- lich, dass der weite Ermessensspielraum über die Klauseln des „Überlassungs- ten hier weitreichende Zusicherungen der Schulleitungen in der Praxis zur vertrags“. Der HPRLL geht deshalb wei- bezüglich des Datenschutzes, der Ver- Ungleichbehandlung innerhalb eines ter davon aus, dass die Einrichtung ei- schlüsselung von Daten und des Zu- Kollegiums und zwischen den Schulen ner dienstlichen Mailadresse erst dann gangs zum häuslichen Arbeitsplatz ab- führen kann. verpflichtend sein kann, wenn die Be- geben. Ob das HKM auf eine solche • Alle weiteren Informationen findet schäftigten auch ein Gerät zur dienst- Mustererklärung ganz verzichtet oder man unter www.gew-hessen.de > The- lichen Nutzung und nicht nur für Un- eine Überarbeitung nachreicht, war bei men > FAQ Corona Schule terrichtszwecke bekommen haben. Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
ARBEITSBEDINGUNGEN AN HOCHSCHULEN zum Inhaltsverzeichnis HLZ 7–8/2021 10 Umfrage an hessischen Hochschulen Befristet Beschäftigte sind von der Pandemie besonders betroffen Die Belastung der Beschäftigten an verlängern. Reinhard hält dies jedoch im Wissenschaftszeitvertragsgesetz von Hessens Hochschulen ist im Zuge der für unzureichend: 2016 nicht verbessert haben. Das gilt für Corona-Pandemie deutlich gestiegen. „Es gibt keinen verbindlichen Anspruch, wissenschaftliche Beschäftigte, aber auch Das dokumentiert eine Befragung von Verlängerungen müssen einzeln beantragt für die wissenschaftsunterstützenden und mehr als 3.000 Hochschulmitarbeiterin- und begründet werden. Wir fordern, dass technisch-administrativen Bereiche. Die nen und -mitarbeitern, die die Gewerk- allen befristet Beschäftigten eine Verlän- Verdichtung von Arbeit durch das immer schaften ver.di und GEW gemeinsam gerung ihrer Verträge angeboten wird. Das mehr wettbewerbsorientierte Hochschul- ist doch wohl das Mindeste.“ system hat schon vor der Corona-Pande- mit der Initiative darmstadt unbefristet Die Soziologin Ricarda Kramer verwies mie viele an ihre Grenzen gebracht und Mitte Mai vorgestellt haben. So geben auch dazu geführt, dass den Hochschulen 60 Prozent der Befragten an, ihr Ar- darauf, dass Beschäftigte mit befriste- gute und kluge Köpfe verloren gingen.“ beitsstress habe seit Beginn der Pande- ten Verträgen auch unabhängig von der mie zugenommen. Für 72 % der Wis- aktuellen Situation unter großem Druck senschaftlichen Mitarbeiterinnen und stehen. So geben 80 Prozent von ih- Let‘s organize! Mitarbeiter stieg der Aufwand für Ar- nen an, sich sehr häufig oder oft Sor- beiten in der akademischen Selbstver- gen um die eigene berufliche Zukunft Die Umfrage verdeutlicht, dass die Be- waltung und für administrativ Tätig- zu machen. Von diesen Befragten füh- fristung das Dauerthema an den Hoch- keiten. len sich wiederum 80 Prozent davon schulen ist. Durch Corona sind viele Be- Mit der Corona-Pandemie habe sich (eher) stark belastet: schäftigte an ihre persönlichen Grenzen die Belastung an den Hochschulen noch „Die permanente Unsicherheit bedeutet gelangt. Mittlerweile befinden wir uns einmal deutlich erhöht, sagte der Phy- einen enormen psychischen Druck, der im dritten digitalen Semester. Die Ar- siker Johannes Reinhard von darmstadt potenziell krank macht. Wir brauchen beitsbelastung hat sich nicht verringert, unbefristet. Das gelte insbesondere für an den Hochschulen und Universitäten sondern man sieht den Kolleginnen und befristet Beschäftigte: dringend mehr unbefristete Stellen. Das Kollegen an, dass ihre Ressourcen ver- ist sowohl im Interesse der Betroffenen braucht sind. Zu oft wird auch davon „Befristet Beschäftigte sind in allen Berei- als auch im Sinne guter Lehre und For- ausgegangen, dass es ein Leichtes sei, chen stärker betroffen. Sie arbeiten häu- schung. Wenn die Bearbeitung von Dau- im Homeoffice zu arbeiten und paral- figer abends und an Wochenenden, kom- eraufgaben ständig wechselt, ist das auch lel Kinder zu beschulen und zu betreu- men öfter krank zur Arbeit und klagen für die Studierenden und die administra- en oder Angehörige zu pflegen. stärker darüber, ständig erreichbar sein tiven Abläufe schädlich.“ Wir müssen uns weiter organisie- zu müssen.“ ren! In den letzten vier Jahren hat sich Eine große Mehrheit von 84 Prozent viel verändert und es gibt – nicht nur der Befragten geht davon aus, dass sich Was heißt das für die GEW? in Hessen – deutlich mehr Zusammen- Forschungsvorhaben und Qualifikati- Die GEW Hessen kündigte nach der schlüsse von Beschäftigten an Hoch- onsarbeiten infolge der Pandemie ver- Vorstellung der Umfrage an, dass sie schulen. UniKassel Unbefristet hat seit zögern. Die Bundesregierung hat durch gemeinsam mit den „unbefristet“-Ini- 2017 viel dafür getan, das Thema Be- eine Änderung des Wissenschaftszeit- tiativen an den hessischen Hochschu- fristung über Kassel hinaus bekannt zu vertragsgesetzes die Möglichkeit ge- len den Druck für mehr unbefristete machen. Das ist gut! Aber wir müssen schaffen, befristete Verträge wegen der Verträge erhöhen will: den Druck gerade jetzt weiter erhöhen: Pandemie um zwölf Monate über den „Die Umfrage zeigt, dass sich die Ar- Im Herbst finden die Tarifverhandlun- bisherigen Höchstrahmen hinaus zu beitsbedingungen trotz der Änderungen gen für die Beschäftigten des Landes statt (HLZ S.7) und auch bei den Bera- tungen zur Novellierung des Hessischen FAZIT Hochschulgesetzes (HLZ S. 8) wollen Die Ergebnisse zeigen: ➢ Befristete Beschäftigung bedeutet eine starke wir das Thema nach vorne bringen. Verunsicherung und Belastung Wir wollen erreichen, dass es nicht ➢ Dies hat sich im Zuge der Pandemie nochmals nur neue Personalkategorien gibt, son- verschärft. Die Belastungen in Lehre und Administration sind gestiegen, die Forschung dern auch rechtliche Verbindlichkei- wurde erschwert ten für die Reduzierung der Befristung. Deshalb fordern wir: Wir freuen uns, wenn auch DU da- ➢ Allen befristet Beschäftigten muss wegen den bei bist, gemeinsam für bessere Ar- besonderen Belastungen in der Pandemie eine beitsbedingungen zu kämpfen: Let’s Vertragsverlängerung von mindestens zwölf Monaten angeboten werden organize! Hier zu sehen sind die Ein-Wort-Antworten auf die Frage, wie die Teilnehmenden die Befristungspraxis an Hochschulen im Allgemeinen beurteilen. Je Häufiger die ➢ Deutliche Ausweitung unbefristeter Arbeitsverhältnisse Dr. Simone Claar Referat Hochschule und Forschung im Antwort, desto größer das Wort Quelle: eigene Auswertungen 19.05.2021 GEW-Landesvorstand Unterstützt von:
11 HLZ 7–8/2021 zum Inhaltsverzeichnis LANDESPOLITIK Kassel, 15.1.2020 darmstadt unbefristet: Die Umfrageergebnisse im Detail An der Umfrage von darmstadt unbe- • Sowohl bei befristet als auch bei un- schung hat sich der Arbeitsaufwand fristet, GEW und ver.di, die in der Zeit befristet Beschäftigten hat sich die Ver- hingegen nur für 32 % der wissen- vom 30. Oktober 2020 bis zum 22. Ja- einbarkeit der Arbeit mit Ruhe- und schaftlichen Mitarbeiterinnen und Mit- nuar 2021 durchgeführt wurde, haben Erholungszeiten seit der Pandemie für arbeiter seit der Pandemie erhöht, bei sich 3.148 Beschäftigte an hessischen die überwiegende Mehrheit stark oder 23 % ist er sogar gesunken. Hochschulen beteiligt. Hier die wich- leicht verschlechtert. Dies trifft auf • Jede zweite Frau (48 %) registriert tigsten Ergebnisse: 40 % der unbefristet und 57 % der be- oder erwartet deutliche Verzögerungen • Etwa zwei Drittel (über 66 %) der fristet Beschäftigten zu. Alle machen in ihren Publikationen, bei Männern befristet Beschäftigten an hessischen seit der Beginn der Pandemie mehr liegt der Anteil bei 37 %. Etwa 84 % Hochschulen machen sich sehr häu- Überstunden. aller Befragten gehen davon aus, dass fig oder oft Sorgen um ihre berufli- • Die Care-Arbeit ist seit der Pande- sich ihr Qualifikationsziel aufgrund der che Zukunft. Über 80 % der unbefristet mie für befristet und unbefristet Be- Pandemie verzögern kann oder wird. Beschäftigten machen sich selten bzw. schäftigte unabhängig vom Geschlecht • Seit der Pandemie gab es eine Ver- nie Sorgen um ihre berufliche Zukunft. stark angestiegen. schiebung der Arbeit hin zu adminis- • 88 % der Befragten identifizieren • In der Lehre ist der Arbeitsaufwand trativen Tätigkeiten und Lehrtätigkei- sich in (sehr) hohem Maß mit ihrer ei- seit der Pandemie bei 77 % der wis- ten und weg von der Forschung. Für genen Arbeit. Diese Kombination aus senschaftlichen Mitarbeiterinnen und 60 % der Befragten hat sich die Stress- hoher Identifikation mit der eigenen Mitarbeiter deutlich oder leicht ange- situation seit der Pandemie stark oder Arbeit und befristeter Beschäftigung stiegen. Im administrativ-technischen leicht verschlechtert. Auch die Bezie- begünstigt die Selbstausbeutung. Bereich ist der Arbeitsaufwand seit der hungen zu Kolleginnen, Kollegen und • Zwei Drittel (68 %) der befristet Be- Pandemie bei etwas über 72 % deut- Studierenden haben sich seit der Pan- schäftigten an hessischen Hochschu- lich oder leicht angestiegen. In der For- demie verschlechtert. len haben in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einen Tag krank gearbeitet, 18 % an mehr als zehn Ta- BEFRISTUNGSPRAXIS AN HESSISCHEN HOCHSCHULEN gen. Bei den unbefristet Beschäftigten Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen (aus Haushaltsmitteln) haben dagegen 40 % nie krank gear- 2019 2019 beitet, 12,5 % an mehr als zehn Tagen. unbefristet 1.047 unbefristet 806 • Sowohl befristet als auch unbefristet befristet 8.847 befristet 4.217 Beschäftigte an hessischen Hochschu- Gesamt 9.894 Gesamt 5.023 len waren vor Beginn der Pandemie zu Befristet in % 89, 42 Befristet in % 83,95 rund 20 % (eher) stark durch die Ar- Administrativ-technische Mitarbeiter:innen Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen (aus Drittmitteln) beitszeitbedingungen belastet. Seit der 2019 2019 Pandemie hat sich die Belastung durch unbefristet 9.776 unbefristet 241 die allgemeinen Arbeitszeitbedingun- befristet 2.281 befristet 4.630 gen bei unbefristet Beschäftigten um Gesamt 12.257 Gesamt 4.872 16 % und bei befristet Beschäftigten so- Befristet in % 18,61 Befristet in % 95,05 gar um 21 % erhöht. Quelle: Statistisches Landesamt Hessen 2020 19.05.2021 Unterstützt von:
Sie können auch lesen