Spiel - Kultursommer im Zeughaus - Theater Verband Tirol
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darstellendes Österreichische Post AG spiel MZ 02Z0300004 M Theater Verband Tirol, Stadlweg 25, 6020 Innsbruck Nr. 03 | 2020 Bühnen in der Interviews Knirschzone Besprechungen Informationen Kultursommer im Zeughaus
Editorial Liebe Theaterkolleginnen und -kollegen! Ich behaupte jetzt einmal, dass Menschen dazu neigen, einen ständigen Zustand des Friedens schaffen zu wollen. Dieses Streben kann trügerisch sein. Kann es doch wie jede Sehnsucht für Machtinteressen missbraucht werden. Was tun wir nicht alles, um des Friedens willen - selbst Kriege führen! Nun, da gibt es aber, von den meisten unbemerkt, doch ein paar vernunftbegabte Menschen und die hören nicht auf, überdenken könnte. Eine aufregende, spannende, innovati- sich was zu überlegen. Wie kann man beispielsweise Grup- ve, aber auch gefährliche Zeit. Das hängt von den richtigen pen von Menschen friedlich durch einen gemeinsamem Ent- Entscheidungen und Machtverhältnissen ab und von der scheidungsprozess führen? Dabei setze ich völlig weltfremd Gewissheit, dass nicht nach jedem Aufbruch automatisch voraus, dass es tatsächlich eines „GEMEINSAMEN“ Ent- die Welt untergeht. Sie steht nämlich noch. scheidungsprozesses bedarf, der nicht unbedingt mit dem Für uns, meine lieben Theaterliebhaber*innen, könnten das Pseudonym „Demokratie“ zu tun haben muss. interessante Zeiten sein. Wenn wir die verantwortlichen Ent- Reden wir also miteinander, wenn es von einer alten Nor- scheidungsträger in die Pflicht nehmen, wenn sie uns an ih- malität (Friedenszustand) zu einer neuen kommen soll. Sie ren Überlegungen teilhaben lassen, wenn sie weltoffen und erkennen den ironischen Unterton? Ja? Gemeinsam darü- nicht kleinhäuslerisch und eindimensional denken könnten. ber reden? Erinnern wir sie ständig daran. Sie sind ja auch verständli- cherweise überfordert. Wenn man sich in dieser Phase befindet, dann spricht man Wir müssen mehr oder weniger sinnvolle Vorschriften ein- von Emergenz: eine chaotische Phase zwischen zwei Zu- halten. Tun wir das. Aber: SPIELEN WIR! Denken wir uns ständen, die etwas Neues hervorbringen kann. Auch ge- etwas Neues aus. Lassen wir das Alte nicht alt aussehen. nannt: „KNIRSCHZONE“! Übernehmen wir Initiative. Jetzt ist die Zeit. Da befinden wir uns gerade. Das ist die Zeit, in der Neues Das Theater hat was zu sagen! entstehen könnte. Das ist die Zeit, in der man Überholtes Euer Thomas Gassner Impressum: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Theater Verband Tirol, Stadlweg 25, 6020 Innsbruck, www.theaterverbandtirol.at; thomas@theaterverbandtirol.at Redaktion, graphische Gestaltung: Thomas Gassner, Redaktionsmitarbeit: Almud Magis, Stephanie Larcher-Senn, Benjamin Nicolussi Castellan, Julia Jenewein und Sarah Milena Rendel Titelfoto: Theater Quartier B2; Foto-Editoral: Arnold Weißenbach Druck: Gutenberg/Werbering; Auflage: 4.000 Stück Blattrichtung: Das Theatermagazin „Darstellendes Spiel“ ist eine unabhängige und kostenlose Zeitung des Theater Verbands Tirol und erscheint viermal jähr- lich. Kein Teil des Magazins darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verbands reproduziert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Für eventuelle Fehler wird nicht gehaftet. Für zur Verfügung gestellte Fotos, Texte usw. liegt das Copyright beim Auftraggeber. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge entsprechen nicht zwangsläufig der Meinung des Vorstandes des TVT. darstellendes spiel | 3
MIT SPITZER Inhalt 01 mit spitzer feder Bericht zum Thema 06 abgespielt besprechungen - Kultursommer im Zeughaus - theater praesent/club luciver „Bukowski spricht mit Bukowski“ 02 mit rosaroter brille interviews zum thema - Theaterverein Stumm „Da Hochstandjosef“ - Interview mit Tom Hosch - Interview mit Nuran Yildirim-Bauschke - Die Kulissenschieber/Ehrwald „Die Lügenglocke“ 03 nah & fern berichte aus den bezirken - Generationentheater diemonopol „Sechs Schauspieler suchen einen Autor“ - Theaterverein Rietz - Theaterverein Thaur - Volksbühne Mayrhofen - Theaterverein Ischgl „Zum Teufel mit der Hölle“ - Theatergruppe Außervillgraten - Soliarts/Kostnix „!FEAR!“ 04 Dies & DAS allerlei - Steudltenn - „Warten Sie bitte, Ihr Leben steht auf dem Spiel“ „Der Hausverstand und die Dialog von Benjamin Nicolussi Castellan Eigenverantwortung“ - Die Volkskantine 05 KURZ & BÜNDIG Berichte vom Verband „Die Dreigroschenoper“ - Theatergruppe Stans - Hartwig Ladner „Nacht, Mutter“ Neuer Bezirksobmann/Landeck - Infos aus dem Büro - Theater in der Arche Noe - Buchtipps: „Eine Mitsommernacht“ „Die Odysse der Drehbuchschreiber“ „Erste Hilfe für die Künstlerseele“ - Theater Serfaus - „Kind“ Projektporträt „Serfauser Erbe“ - Projekt Kultursommer im Zeughaus - Volksbühnenpreisgewinner 2020 - theater praesent „Etwas kommt mir bekannt vor“ 4 | darstellendes spiel
FEDER Kultursommer im Zeughaus „ DEN MENSCHEN MÖGLICHES „ Ein Gespräch mit den beiden Mitorganisatorinnen des Kultursommers im Zeug- haus Sarah Milena Rendel und Stephanie Larcher-Senn. Erstmalig wurde dort nämlich vor der „Kino unter Sternen“-Zeit auch intensiv Theater gespielt: 24 Vorstellungen, 15 Bühnen bzw. Künstlergruppen haben vom 3. - 22. Juli A.C. (Anno Coronicus) die Zeughausbühne bespielt. E s war so wichtig und gut. Erliegen zu kommen, bis findige Geister Umso erfreulicher war es, dass im April Mit diesen einfachen Wor- anfingen, aus der Not eine Tugend zu die Anfrage einer Kuratorin des Zeug- ten beschrieb einer der machen und sich der Vorzüge moder- hauses kam, ob das BogenTheater das Helfer beim Kultursommer ner Kommunikationsmittel besannen. alte Arsenal mit seinem großen Innen- im Zeughaus das Projekt. Und wenn man Autorinnen konnten natürlich weiter- hof bespielen wolle. Eine einmalige Sa- Stephanie Larcher-Senns und Sarah Mi- schreiben und Organisatorinnen den che, meinte Stephanie zunächst, doch lena Rendels Ausführungen zuhört, so auferlegten Stopp zum Durchatmen beim ersten Treffen kurze Zeit später scheint der Kultursommer ein Testament nutzen, aber die Bühnen blieben leer kam heraus, dass es sich um einen für die Fähigkeit der Menschen zu sein, und das bis zum Sommer, dem regu- Großteil des Julis handelte, der bespielt gerade in schwierigen Situationen über lären Saisonende der meisten freien werden sollte. Nun schien ein Gegen- sich hinauszuwachsen, zusammenzuar- Bühnen, wie dem Bogentheater. Es programm zum Nichtspielen möglich beiten und etwas Schönes zu schaffen. herrschte große Unsicherheit und das und nachdem klar war, dass auch das ewige Warten auf die Politik, die sich Open-Air-Kino stattfinden würde, war schließlich Ende Mai mit der wenig aus- der Kultursommer fix. „Kulturelle Veranstaltungen werden sagekräftige Meldung, man könne sich Sarah war die erste, die von Stephanie historisch strenger behandelt als Kultur schon noch vorstellen, einbrach- in ihr Organisationsteam geholte wurde, beispielsweise die Gastronomie.“ te, machte wenig Mut. Kultur, selbst in dann noch weitere. In ihrer Tätigkeit als Sarah Milena Rendel ihren kleinsten sozialen Ausformungen, Obfrau für den Bezirk Innsbruck- Stadt wie etwa dem Ausgehen, ist wichtig. beim Theater Verband Tirol begann Die Lage, in die uns die SARS Covid-19 Stephanie, Mitgliedsbühnen und -verei- Pandemie Anfang des Jahres brachte, „Sonst könnten wir uns alle gleich ne einzuladen. Der Rest des Teams be- war katastrophal. Für einen Moment in die Matrix einspeisen lassen.“ gann entsprechend seiner Expertisen schien der Kulturbetrieb gänzlich zum Stephanie Larcher-Senn und Interessen zu arbeiten, und das darstellendes spiel | 5
MIT ROSA- Projekt nahm immer konkretere Gestalt vor Beginn der Aufführungen passierte. szene bewirkt werden. Mehr Open-Air, an. Die größten Sorgen bereitete den Und schließlich zeigten sich viele der mehr Sommertheater. Trotz möglicher Organisatorinnen die terminliche Ein- Mitglieder des Bogentheaters hilfsbereit Kollision mit der Urlaubsplanung vieler. teilung, da sie hier mit einer Vielzahl an und übernahmen jeden Abend Dienste Um Neues zu etablieren, muss man Ver- Wünschen umzugehen hatten, und die wie die Desinfektion aller Tische und antwortung übernehmen, aber auch den Finanzierung, da die Anträge nur mehr Stühle, Säuberung der Toiletten, Kas- Mut aufbringen, es zu versuchen. Be recht kurzfristig gestellt werden konn- sendienst und Platzanweisung, um den more punk. Beim ersten Kultursommer ten. Aber so nervenaufreibend manche Reigen aus Kinderstücken, Kabarett, im Zeughaus hat es jedenfalls funktio- Situationen auch waren, die Sarah und Lustspielen, Improtheater, Politischem niert. Stephanie beschrieben, so sehr schie- Theater etc. real werden zu lassen. nen alle Beteiligten an der Umsetzung Stephanie Larcher-Senn: „Es war ein Das Gespräch mit Sarah Milena Rendel des Kultursommers interessiert zu sein, richtig cooles Projekt, und ich bin stolz und Stephanie Larcher-Senn führte Ben- sodass viele Ensembles schließlich doch und froh, dass wir das gemacht haben.“ jamin Nicolussi Castellan zu anderen Terminen Zeit fanden und die Mühlen der Bürokratie schneller mahl- Sie habe Angst vor dem Ende gehabt, ten. Die Veranstaltungstechnikfirma x-fa- sagt Sarah. Aber für sie und Stephanie Weitere Infos zu diesem Projekt könnt Ihr de kam ihnen entgegen, indem sie ihnen ist klar, dass es kein Ende ist, sondern unter „Dies & Das“ lesen. mit der Auftragserteilung Zeit ließ, bis die ein Anfang. Ein Verein soll gegründet Finanzierung bewilligt war, was erst kurz werden. Ein Umdenken in der Theater- Foto: privat (Das Organisationsteam: Alexander Alscher, Johannes Schmid, Sarah Milena Rendel, Stephanie Larcher-Senn und Michèle „Mika“ Jost.) 6 | darstellendes spiel
ROTER BRILLE MIT ROSAROTER BRILLE Knirschzonen-Interviews Tom Hosch Tontechnik und Veranstaltungsservice M it Tom Hosch verbin- abgestaubt werden muss. Der neue det mich mittlerweile Verein „Volkskantine“, der diesen Som- eine jahrzehntelan- mer die große Produktion „Die Dreigro- ge Freundschaft, schenoper“ am Innsbrucker Mentlberg begonnen im Bierstindl als künstleri- produziert hat, mit fast ausschließlich sche Jungspunde, über viele Höhen freiberuflichen Künstler*innen, hat das und Tiefen hinweg. Und Tom Hosch ist Riesenloch ein wenig gefüllt. Auch eini- ein Theaterbegeisterter. Die Szene hat- ge Initiativen der Gemeinden Telfs und te nie viel Geld, aber auf ihn war immer Innsbruck. Deshalb war Juli/August gar Verlass. So vieles wäre, ohne sein Entge- nicht so schlecht. Gar nicht so schlecht genkommen und seine Unterstützung, bedeutet 20% vom normalen Umsatz. nicht möglich gewesen. Nun hat es mich Trotzdem großen Dank an alle, die Ini- selbstverständlich interessiert, wie es tiative gezeigt und an uns gedacht ha- ihm geht, wo doch seine Branche auf ben! Live-Auftritte angewiesen ist. Ein emoti- onales Gespräch, wo es nicht mehr nur Wie siehst du die aktuelle Situati- um das Stattfinden von Kunst und Kultur on? geht, sondern um Existenz, Verlust und Momentan fließt jeder Cent, und das Foto: privat Durchhaltevermögen. sind wenige, in die Firma, in die Fixkos- ten. Privatleben ist derzeit nicht finan- Für unsere Leser*innen: zierbar. Die wenigen Einnahmen des Eine Kurzvorstellung? Sommers zögern die Sache nur hin- Wir werden kämpfen wie Tom Hosch mein Name. Meine Firma aus. Die Prognose für Herbst/Winter ist „ die Löwen, dass wir das besteht seit 23 Jahren, vorher war ich auch nicht rosig. Gerade eben haben betrieblich überleben, als freier Techniker unterwegs. Bierstindl, wir „Sprachsalz“, das Haller Literatur- Tiroler Volksschauspiele (unser größ- festival, hinter uns gebracht, das nur denn aufgeben tut man ei- tes Theaterengagement), Klangspuren digital veranstaltet wurde. Eine neue nen Brief. Schwaz, Treibhaus, Utopia. Seit 1997 Erfahrung, aber überhaupt nicht unser habe ich eigenes, hochtechnisches Kerngeschäft, dann gibt’s hoffentlich Equipment mit Verleih und Betreuung, noch zwei Konzerte im Zeughaus und das jetzt herumsteht und ab und zu das „Heart of Noise“-Festival. Danach darstellendes spiel | 7
MIT SPITZER ist Sense! Niemand bucht etwas, bzw. hören. Ich hatte eine gut geführte Firma. eine oder andere Kleinigkeit gibt, damit alles andere wurde abgesagt. Ich brauchte nie und brauche auch jetzt ich meine laufenden Kosten halbwegs keine Hilfe. Was ich brauche ist „Scha- finanzieren kann, vielleicht bekomme ich Was ist der Worst Case für deine Fir- denersatz“! Das wäre das richtige Wort! einen Teil über den völlig unberechen- ma? Die öffentlich hinausposaunten Milliar- baren Fixkostenzuschuss und vielleicht Wir haben seit März nur minimalen Um- den Hilfszahlungen werden sicherlich geht’s im Frühjahr wieder weiter. Viele satz. Das deckt nicht einmal die Fixkos- ausgegeben, aber definitiv nicht an Vielleichts, wenn man bedenkt, dass es ten. Innerhalb von drei Monaten musste Kleinbetriebe. Im meinem Fall reden wir da um Existenzen geht. ich ca. € 30.000,-- Fixkosten berappen, von € 1.000,--, die ich bis jetzt bekom- ohne nennenswerte Gesamteinnah- men habe. Und das mit unfassbarer Kannst du dem ganzen irgendwas men. Wahrscheinlich werden es Mini- Bürokratie. Dieses Geld hätte ich gleich positives abgewinnen? mum sechs Monate ohne Einnahmen. bei meinem Steuerberater lassen kön- Ja. Dann wären wir bei fast einem Jahr. Man nen. Das ganze Desaster um die Fix- braucht Ersparnisse auf, die für die na- kostenzuschüsse erspar ich dir jetzt. Tatsächlich? hende Pension gedacht gewesen wä- Generell kann man diesbezüglich mit Ich erkenne einen starken Zusammen- ren. Wenn auch das fertig ist, kommt das ein paar Almosen rechnen. halt in der Szene. Und es gibt immer nächste Problem. Eine Firmenauflösung wieder Einzelne, die den Mut haben muss man sich leisten können. Wir ha- Wie siehst du in die Zukunft? trotzdem etwas zu veranstalten. Ich er- ben 500 qm vollgestopft mit momentan Das Schlimme ist, dass nichts planbar lebe unglaubliche Geschichten von So- weltweit unverkäuflichem technischem ist. Alles ändert sich ständig kurzfris- lidarität in meiner Heimatgemeinde. Der Equipment. Der Verkehrswert ist bei null. tig und man weiß nicht, wie lange das Verein „Telfs lebt“ zum Beispiel, auch Auch unsere Mitarbeiter hängen völlig in geht. Als Einzelunternehmer muss ich Stammkunden, die auf Rabatte verzich- der Luft. unbedingt eine Insolvenz vermeiden, tet haben. Es leben viele mit und kapie- weil ich natürlich mit meinem Privat- ren, wie es uns geht. Wie sieht es denn mit den Hilfszah- vermögen hafte, und somit auch das lungen aus? Familienhäusl auf dem Spiel steht. Wir Danke für das Gespräch und alles, alles Ich will nichts mehr von „Hilfsleistungen“ hoffen, dass es im Winter vielleicht die Gute für die nächste Zeit! Das Interview führte Thomas Gassner Nuran Yildirim-Bauschke Obfrau von AnaTIROLia Anatolisch/Mesopotamische Kunst und Kultur der Jugend in Tirol A naTIROLia mit ihrer Pro- möchte hier einen Beitrag leisten und fen. Wie hat sich das für dich ange- duktion „Sehnsucht“ hat ein subjektives Interview mit der Obfrau fühlt? der Lockdown einen und Leiterin des Vereins führen. Zu Beginn dachte ich mir nichts dabei. Strich durch die Proben- „Wird schon!“, „Abwarten!“, „Geduld!“ zeit gemacht. Auch die Umsetzung des Dich bzw. das aktuelle Projekt von usw., waren die größten Gedanken. Dann Projekts ist durch die Pandemie und AnaTIROLia, bei dem ich als Ko- genieß ich einfach mal das Zusammen- deren Präventionsmaßnahmen ver- operationsverein mit Soliarts dabei sein mit meiner Familie! kompliziert. Mein Verein Soliarts bzw. sein kann, hat der Lockdown ja un- Nach zwei Wochen dann überrannte ich als Mitarbeiterin bei diesem Projekt, mittelbar in der Probenzeit getrof- mich die Realität! Die Proben, die Organi- 8 | darstellendes spiel
FEDER sation und die Planung in einer Produk- Was ist im Winter? Wie wird sich das tion fehlten mir sehr stark. Es war ein Ganze entwickeln? Wird es wieder ei- seltsames Gefühl der Leere, die mich nen Lockdown geben??? überkam. Ich glaube, so muss sich Diese Ungewissheit ist extrem nervig, die erste Phase der Demenz anfühlen aber nicht zu ändern! … Plötzlich wirkte jeder weitere Tag so unwirklich. Ich vergaß viele Dinge, konnte mich kaum sortieren, geschwei- Wie sieht die Zukunft auch neben ge denn, klar denken – als ob man mir der Produktion für AnaTIROLia Brei in den Kopf gegossen hat. Ideen aus? zu haben, ist das eine, aber diese Ideen Darüber denke ich schon seit Monaten auch zu formen und ihnen Leben einzu- nach. hauchen, etwas völlig anderes. Mir war Finanziell? Ändert sich kaum etwas! so, als ob man mir die göttliche Kraft AnaTIROLia hat zum Glück einen Mini- der Schöpfung entzogen hätte, die ich satz an laufenden Kosten, da wir kei- zur Erschaffung des Lebens auf einer ne festen Räumlichkeiten haben. Wir Bühne brauche. kleinen Vereine werden ohnehin schon Alles war weg! klein gehalten, damit andere Vereine, Dementsprechend dann mein Denk- die den Fördergebern sinnvoller er- prozess, der entwicklungspsycholo- scheinen, auch mehr Geld bekommen Foto: privat gisch plötzlich auf das minimalste redu- können. Ja, ich sage es laut! Wer weiß ziert wurde. schon, welche Gründe dahinter liegen?! Klar könnte ich in die Opferrolle gehen „ und sagen, wir sind halt ein Verein, der Weil wir ja acht Spieler*innen bei von Frauen mit Migrationshintergrund Mit Anpassung hatten wir „Sehnsucht“ haben, sind wir mit geführt wird. Die Angst vor uns muss aber auch nie wirklich Pro- vielen Herausforderungen konfron- ganz schön groß sein …. *lach*. Oder bleme, nicht wahr …. tiert. Aber auch mit Lösungen. Wie ich könnte einfach sagen, wen juckt es? hat sich das Projekt im Vergleich Ich sage, wen es tatsächlich juckt! Die zu der Zeit vor der Pandemie ent- Jugendlichen und die Frauen, die ge- wickelt? hört und gesehen werden wollen. In- Das Projekt? Wir müssen komplett neu authentische Integrations-Projekte sind umstrukturieren! halt beliebter. jekt ein wunderschöner Landesstem- Wie sollte man schon ein Projekt schaf- Aber, das sind sicherlich alles nur Spe- pel aufgedrückt wird? Türke? Kurde? fen können, welches die selben Inhalte kulationen …. Tscherkese? Und und und …. beibehalten soll, aber sich an den ge- Menschlich gesehen, geht sehr viel Wie gesagt, wir werden eh klein gehal- gebenen IST-Zustand anpasst? verloren. Das erste Mal konnte eine ten. Doppelte Arbeit! Was sonst? Gruppe mit Migrationshintergrund ihre Dank der IST-Situation werden wir halt Nun müssen wir das Ganze neu aufzie- Geschichten in deutscher Sprache auf unsere Strategie ändern müssen. Mit hen. Die Spieler*Innen sind auch unge- die Bühne bringen. Ich rede nicht von Anpassung hatten wir aber auch nie duldig, teilweise haben sie resigniert. Klischeethemen, wie Rassismus oder wirklich Probleme, nicht wahr …. Ob sich daraus etwas Besseres oder die Fluchterfahrung. Hier geht es um Schlechteres ergibt, werden wir dann das Bewusstsein, erkennen zu dürfen, Danke für das Gespräch :) sehen. Schlimmer ist jedoch der Ge- dass einheimische Familienstrukturen danke, nicht zu wissen, ob wir die um- sich kaum bis gar nicht von anderen Das Interview führte strukturierte Fassung auch überhaupt unterscheiden. Oder wird es wichtiger Sarah Milena Rendel auf die Bühne bringen werden können?! oder unwichtiger, wenn einem Pro- darstellendes spiel | 9
Nah & Fern NAH & FERN Berichte aus den Bezirken Theaterverein Theater seit 250 Jahren! Rietz In Rietz gibt es eine lange Tradition des Theaterspielens: Erste imst Aufzeichnungen gab es 1749. Der Verein in der heutigen Form existiert auch schon seit 1898! I n Rietz wird seit 1898 Theater Foto: TV Rietz gespielt. Damals wie heute waren und sind die Menschen sowohl als Mitwirkende als auch als Zu- schauer gefesselt von dem Darstellen- den Spiel. Was unseren Verein ausmacht, ist das fein-sensible Miteinander von Alt und Jung, von traditionell bis modern. Ein jeder kann und soll sich selbst und seine Ideen einbringen. So kann es leicht sein, dass ein Spie- ler mal schnell Regiearbeit macht, oder ein Bühnenbauer zum Spieler wird - bei (Der theaterverein Rietz beim Vereinsausflug in London.) uns ist alles erlaubt! Neues schreckt uns nicht ab, sondern Theatergruppe. haben, zum Erfolg wird. Belohnt wer- fordert uns! Natürlich prägen auch die manchmal den wir dann mit einem lachenden, ju- vorkommenden feucht-fröhlichen The- belnden, weinenden, applaudierenden Für ein gutes Theaterklima sorgen na- aterproben, sowie die unbeschreiblich Publikum, das uns in Rietz treu besucht türlich auch unsere tollen Ausflüge, die knisternde Atmosphäre von Spannung und immer wieder für ausverkaufte Säle alle zwei Jahre stattfinden. So konnten und Nervosität vor einer jeden Auffüh- sorgt. wir uns in der Vergangenheit schon ei- rung unseren Verein. nige Metropolen der Welt anschauen: Die Zeit der Proben und der Aufführung Wenn der ganze Trubel dann erst wie- London, Mailand, Barcelona, Amster- ist für uns Spieler und Mitwirkende im- der hinter uns liegt, schätzen wir umso dam, Hamburg, Berlin - um nur einige mer besonders intensiv, da kann man mehr die Ruhe und Entspanntheit, bis zu nennen. schon mal mehr Zeit auf der Bühne als es das nächste Mal heißt: „Theater Jede Stadt und jedes Miteinander zu Hause verbringen. g’spielt weart“! bringt neue Kreativität und ein Gefühl Umso mehr freuen wir uns dann, wenn der Zusammengehörigkeit in unsere das Stück, für das alle hart gearbeitet Euer Theaterverein Rietz 10 | darstellendes spiel
Nah & fern Jahrhunderte alte Theaterverein Theatertradition Thaur Den Verein stützen fast 300 Miglieder. Nur so ist es möglich, auch regelmäßig eine so inspirierende Freilicht-Bühne wie die IBK-Land Thaurer-Schlossruine zu bespielen. Theater hat in Thaur lange Tradition uns schon mit Stolz. Wir können auf 85 gisseurinnen und Regisseure, die immer Unglaublich, aber wahr: Im Museum Produktionen mit rund 400 Vorstellun- wieder ganze Arbeit leisten.“ Ferdinandeum befinden sich vergilbte gen erfolgreich zurückblicken.“ Spielstätte der Extraklasse Urkunden, aus denen hervorgeht, dass Vom Märchen bis Faust „Wir spielen alle zwei Jahre abwech- in Thaur schon Ende des 17. bis Mitte „Unsere Produktionen umfassten Ein- selnd im Kultursaal ´Altes Gericht´ und des 18. Jahrhunderts sogenannte Mys- akter, Märchen, Weihnachtsspiele, seit 2001 auch auf einer Spielstätte der terienspiele aufgeführt wurden. Lustspiele, Schwänke, klassische Ko- Extraklasse, der Thaurer Schlossruine“, Schauen wir nicht so lange zurück mödien und ernste Stücke“, so Norz. sagt Norz. „Danke an den Erfinder der … und widmen uns der Gegenwart, „Also eine breite, herausfordernde Pa- Schlossspiele, Reiner Bachor. Bei den beziehungsweise den letzten 40 Jah- lette. Und alles mit sehr engagierten inzwischen über die Dorfgrenzen hinaus ren. Am 31. Mai 1979 wurde der Thea- Laien. Kleine Ausnahmen gab es bei bekannten ‚Thaurer Schlossspielen‘ ha- terverein Thaur unter dem Obmann Ing. der Besetzung unserer Regisseure. ben wir immer auf Klassiker gesetzt. Und Josef Giner gegründet. „Inzwischen Kammerschauspieler Helmut Wlasak die Zahlen geben uns recht. Wir durften umfasst unser Verein knapp 300 Mit- begleitete uns über Jahre, wovon wir uns bereits über 21.000 Besucherinnen glieder. Davon über 60 Spielerinnen und gewaltig profitierten. Auch Regisseur und Besucher freuen. Danke!“ Spieler“, sagt Obmann Romed Norz. Elmar Drexel konnten wir mehrfach „2019 konnten wir unser 40-jähriges verpflichten. Nicht zu vergessen unse- Euer Theaterverein Thaur Bestandsjubiläum feiern. Und das erfüllt re hervorragenden, vereinseigenen Re- (www.theaterverein-thaur.at) Ensemble TV Thaur; Applaus von „Harold & Maude“ Foto: Peter Hölbling darstellendes spiel | 11
Nah & Fern Theaterverein Jedem Ende wohnt ein Anfang inne Ischgl Der Theaterverein Ischgl wurde vor 37 Jahren von ambitionierten The- aterbegeisterten ins Leben gerufen und umfasst heute rund 30 Mit- landeck glieder. Regisseur, Schauspieler und Gründungsmitglied Paul Zangerl übergibt die Spielleitung nun nach beinahe vier erfolgreichen Dekaden an Sissi Jehle. Z angerl zeichnet ge- auch hinter der Bühne ihr Bestes. Foto: TV Ischgl meinsam mit seinem So werden Bühnenbild, Requisite, Ausschuss und dem Licht- und Tontechnik und vieles Ensemble für unzäh- mehr in Eigenregie gemeistert. lige Highlights verantwortlich. So schafften es humoristische Stücke Neben Paul Zangerl hat sich der wie „Die drei Eisbären“, „Die pfiffi- Ausschuss rund um die bisherige ge Urschl“, „Der Brandner Kaspar“ Obfrau Margreth Cimarolli zum Teil und „Der siebte Bua“ ebenso auf neu aufgestellt. „Paul, Margreth und den abwechslungsreichen Spielplan der gesamte Ausschuss hinterlas- wie „Die Siebtelbauern“ oder Max sen große Fußstapfen. Wir sind aber Frischs Klassiker „Biedermann und sehr engagiert und werden versu- die Brandstifter“. Auch Märchen wie chen, diese in ihrem Sinne gebüh- „Schneewittchen“ und „Zwerg Nase“ rend auszufüllen. Selbstverständlich wurden gekonnt in Szene gesetzt. hoffen wir, dass uns alle Funktionä- Selbst die Auseinandersetzung mit re auch weiterhin als Spieler*innen der eigenen Geschichte wagen die die Treue halten werden. Außerdem Ischgler Theaterleuten immer wie- freuen wir uns sehr darüber, dass ei- der. So geschehen beispielsweise nige bisherige Ausschussmitglieder bei den Stücken „Die Schwaben- ihre Funktionen auch weiterhin aus- kinder“ oder „Herr Steffele und der führen werden“, so Daniela Stenico, Kampf der Paznauner Frauen am frischgebackene Theaterobfrau. Ak- Giggler Tobel“. Gespielt wird vorwie- tuell wird auch schon fleißig nach gend im Paznauner Dialekt. Sofern dem nächsten Stück gesucht. „Wir der Stoff es erfordert, scheuen die hoffen, dass wir 2021 wieder mit der Theaterliebhaber aber auch nicht Probenarbeit beginnen, und unseren vor geschliffenerer Sprache zurück. Zuschauer*innen bald wieder das Auf der Bühne des Silvrettacenters eine oder andere Theatererlebnis hat der Theaterverein Ischgl seine in Ischgl bieten können“, freut sich Heimat gefunden. Dennoch wagte Neo-Regisseurin Sissi Jehle. Und man sich in der Vergangenheit auch soviel sei jetzt schon verraten: Es schon an ausgefallenere Spielorte darf wohl bald wieder gemeinsam wie zum Beispiel den Stöckwald bei mit dem Theaterverein Ischgl herz- Ischgl, sowie das Schloss Wiesberg haft gelacht werden. am Taleingang. Die Vereinsmitglieder geben aber nicht nur auf, sondern Theaterverein Ischgl (Spielleiter Paul Zangerl in „Die Siebtelbauern“) 12 | darstellendes spiel
Nah & fern Umtriebiger Verein in Osttirol Theatergruppe Außervillgraten Die Theatergruppe Außervillgraten ist nicht nur für seine erfolg- reichen Aufführungen bekannt. Die Mitglieder lassen sich auch bei vielen Bühnen in der erweiterten Region blicken. osttirol Ein sympathischer Haufen Theaterbegeisteter! D ie Theatergruppe Au- eins und gleichzeitig Spielleiter war aktive Mitglieder. Besonders freute man ßervillgraten feierte Josef Lusser sen. Nach seinem plötz- sich zuletzt über drei neue, junge Spieler, 2018 ihr 70-jähriges lichen Tod im Jahre 1986 übernahm die erstmalig mitwirkten. Bestehen und blickt auf Konrad Ortner bis heute die Leitung. Unsere Theateraufführungen sehen nicht eine interessante Geschichte zurück. Neben Josef Lusser sen. waren Josef nur Einheimische, sondern sie sind auch Theater gespielt wurde in Außervillgra- Told, Margit Bachlechner, Franz Berg- regional beliebt. 1.700 Besucher*innen ten schon um 1900. Die Gründung er- mann und bis heute Josef Lusser jun. kamen ins Haus Valgrata. Wir besuchen folgte durch den Lehrer Josef Obbrug- die Spielleiter. gerne die umliegenden Gruppen, jährlich ger. Jahrzehntelang diente die Veranda Die größte Herausforderung in der Ge- an die 40 Aufführungen im gesamten im Gasthof Einkehr als Bühne und The- schichte der Theatergruppe war sicher- Raum Osttirol, Oberkärnten und Südti- atersaal. Später war der Gasthof Perfler lich die Aufführung der Hochpusterta- rol, was sich auch bei den eigenen Auf- die Heimat der dramatischen Wilderer- ler Passion im Jahre 1991, die von Dr. führungen widerspiegelt. stücke in originellster Form. Während Egon Kühebacher umgeschrieben wur- Jedes Jahr unternimmt der Theaterver- des 1. und 2. Weltkrieges wurden nur de. Die Idee zur Aufführung hatten der ein einen Ausflug, der uns letztes Jahr wenige Stücke aufgeführt. Erst im Jah- damalige Spielleiter Franz Bergmann, ins Salzkammergut führte. Heuer muss- re 1948 wurde die Theatergruppe als sowie Anton Obbrugger und Konrad te aufgrund der aktuellen Situation der Verein geführt und trat dann dem Tiroler Ortner. 2008 wurde unter der Leitung traditionelle Ausflug ausfallen, jedoch Landesverband bei. Einige Zeit spielte von Josef Lusser jun. dieser Erfolg wie- wurde ein gemeinsames Mittagessen man jährlich zwei Stücke, die Aufführu- derholt. mit gemütlichem Beisammensein veran- gen fanden in der Weihnachts- und Os- Viele Jahre lang war eine Abordnung staltet. terzeit statt. Durchwegs heitere, aber der Theatergruppe auch bei den legen- auch ernstere Stücke wurden im Laufe dären Sillianer Faschingssitzungen mit Theatergruppe Außervillgraten der Jahre dargeboten. dabei. www.theatergruppe-ausservillgraten.at Vermutlich der erste Obmann des Ver- Momentan zählt der Verein um die 20 Foto: TG Außervillgraten darstellendes spiel | 13
dIES & DAS Warten Sie bitte, ihr Leben steht auf dem Spiel Benjamin Nicolussi Castellans regelmäßige Dialoggedanken gehen diesmal im Kreis Ein karger, nur mit einem kleinen S: Sehr gut. Nur machen Sie nichts, P: Vage Andeutungen helfen mir nicht! Tisch, auf dem ein Telefon steht, das die Lage verschlimmern könnte. Ich Sie sagen, mein Leben stünde auf dem möblierter Raum. Eine Person tritt melde mich wieder bei Ihnen. Spiel und dass ich warten soll, bis sich ein. Kurz darauf klingelt das Tele- die Dinge entspannt haben. Wodurch fon. Die Person hebt ab. P: Nichts da! Klären Sie mich gefälligst wird mein Leben bedroht? Worauf soll auf! ... Hallo!? ich warten? Worum geht es hier eigent- Person: Hallo? lich? Die Person legt auf. Irgendwann Stimme: Warten Sie bitte. läutet das Telefon erneut. S: Das kann ich Ihnen leider nicht sa- gen. P: Mit wem spreche ich? ... Hallo? Wor- P: Endlich! Wissen Sie, wie lange ich auf soll ich bitte warten? ... Hallo!? jetzt warten musste? Ich habe meine P: Was!? Zeit auch nicht gestohlen! Erklären Sie S: Warten Sie bitte. Ihr Leben steht auf mir endlich, worum es geht! S: Es ist zum jetzigen Zeitpunkt unge- dem Spiel. wiss, was passieren würde, wenn Sie S: Warten Sie bitte. etwas täten. Deshalb ist es absolut not- P: Was soll das heißen? Drohen Sie wendig, dass Sie nichts tun. mir? P: Den Teufel werde ich tun! Für wen halten Sie sich, mir zu sagen, was ich P: Jetzt reicht es! Ich gehe! S: Nein. Aber wenn Sie jetzt unüberlegt tun soll! Ich werde sicher nicht warten! handeln, gefährden Sie nicht nur sich, S: Tun Sie das nicht. Sie könnten sondern auch etliche Andere. Tun Sie S: Es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit. Schuld sein. einfach nichts. P: Wie kommen Sie darauf? Ich führe P: Oder jemand anders! P: Worum geht es hier? ein geregeltes Leben, bin ein unbe- scholtener Bürger und mir geht es gut, Die Person legt auf und verlässt S: Warten Sie. Die Situation wird sich bis auf den Umstand, dass ich mich mit den Raum. Kurze Zeit später tritt bald wieder entspannen. Ihnen herumschlagen muss! Wie ver- eine weitere Person P2 ein. Das Te- dammt nochmal kommen Sie darauf, lefon klingelt und sie hebt ab. P: Sie wollen mich also zur Untätigkeit meine Sicherheit sei gefährdet? verdammen, ohne mir zu sagen, wes- P2: Hallo? halb? Sonst noch was? Entweder Sie S: Sie müssen sicher nicht mehr allzu sagen mir, was los ist, oder ich ... lege lange warten. Die Lage wird sich bald Stimme: Warten Sie bitte. auf! wieder normalisiert haben. Dunkel 14 | darstellendes spiel
Kurz & Bündig KURZ & BÜNDIG Berichte vom Verband Hartwig Ladner Neuer Bezirksobmann in Landeck Wie kommst du zu deiner neuen genauso viel Spaß wie das Theater- Funktion und wie war dein bisheri- spielen selbst. ger Theater-Werdegang? Jürgen Frommelt, mein Vorgänger, hat Was hat dich an dieser Aufgabe ge- sich ja leider entschlossen, nicht mehr reizt? Foto: privat zur Wahl anzutreten. Nun ja, ich bin der Meinung, dass es Ich habe das sehr bedauert, da er in wichtig ist, im Verband organisiert zu den letzten drei Jahren sehr gute Arbeit sein. Es werden wichtige Rahmenbe- geleistet hat. Ich glaube, es war ihm dingungen geschaffen und hochwerti- wichtig, diese Aufgabe in gute Hände ge Fortbildungen angeboten. zu legen und so hat er mich gefragt, Das zu kommunizieren und den Büh- ob er mich als Wahlvorschlag nennen nen zu vermitteln sehe ich schon als darf. Ich wurde dann bei der Bezirks- eine meiner wichtigen Aufgaben und versammlung gewählt und hoffe nun, schließlich kannst du nur etwas be- dass ich dem in mich gesetzte Vertrau- wegen, wenn du dich selber mit ein- en gerecht werde. bringst. Mein Theater-Werdegang beginnt bei Wo siehst du die größte Herausfor- der Heimatbühne Strengen. Mein Va- derung? ter war einer der Mitbegründer und so Für alle Bühnen ein Ansprechpartner zu konnte ich schon mit 16 Jahren Büh- sein, bei allen Bühnen Präsenz zeigen, nenluft schnuppern. das ist sicher nicht immer einfach. Ich Ich kann mich noch erinnern „ Mich hat dann das Theaterspielen ein- habe aber eine fantastische Stellver- wie aufregend ich es fand, fach nicht mehr losgelassen, und ich treterin und kann eh nur mein Bestes wenn mir bekannte erwach- habe auch begonnen, bei anderen Ver- geben. sene Menschen in andere einen oder Projekten mitzuspielen. Von Es sind schwierige Zeiten, für alle im Rollen schlüpften ... 2015 bis 2017 habe ich eine Ausbil- Kulturbereich. Ich sehe mich einfach als dung zum Kinder- und Jugendtheater- Bindeglied zwischen den Bühnen und Spielleiter gemacht und seit dieser Zeit dem Theater Verband Tirol. macht mir das Regieführen mindestens darstellendes spiel | 15
dIES & DAS Was möchtest du dabei bewegen? Wie schätzt du die Theaterland- Ich glaube, es ist einfach wichtig den schaft ein? Bühnen zu zeigen, dass der Theater- Vielschichtig! Wir haben im Bezirk ex- verband eine Institution ist, die einiges trem kreative Bühnen. In den letzten leistet und es ausgezeichnete Fortbil- Jahren sind einige großartige Produk- dungen gibt. Im Bezirk selbst möchte tionen gezeigt worden. Es ist wirklich ich die Vernetzung der einzelnen Büh- alles dabei. Mich freut auch besonders, nen fördern. Ich glaube, man könnte dass einige Bühnen tolle Jugendar- sich gegenseitig viel mehr unterstützen, beit leisten. Generell kann man schon mit Know-how, mit Technik oder auch sagen, dass die Ansprüche der Thea- mal mit Spieler/innen. termacher an sich selbst und auch die Ansprüche des Publikums größer ge- Wie war dein erster Kontakt mit worden sind. Theater? Wie schon erwähnt, hatte ich das große Welches Lob möchtest du dem Glück, schon als Kind bei Proben dabei Theater Verband machen? sein zu können. Auf jeden Fall ein Lob für die extrem Ich kann mich noch erinnern, wie auf- hochwertigen Aus-und Fortbildungen, regend ich es fand, wenn mir bekannte die angeboten werden. erwachsene Menschen in andere Rol- Auch die viele Arbeit im Hintergrund, len schlüpften und natürlich auch die die jetzt nicht unmittelbar sichtbar ist, Aufregung und das Lampenfieber kurz kann ruhig mal gelobt werden. vor einer Premiere. Welche Kritik hast du an den Thea- Gibt es eine Theaterproduktion, die ter Verband? dich geprägt hat und warum? Ich hätte lieber einen Wunsch an den Im Jahr 2004 habe ich im Rahmen der Theater Verband. Gerade jetzt mit Co- 13. Arlberger-Kulturtage im Fluchtstol- vid-19 ist es für alle Bühnen eine gro- len des Arlbergtunnels „Heim“ von Fe- ße Herausforderung Veranstaltungen lix Mitterer gespielt. Dort habe ich das zu planen. Ich würde mir vom Verband erste Mal mit einem Theaterpädagogen wünschen, dass es immer klare Emp- gearbeitet und das hat mich schon ge- fehlungen gibt, wie mit den aktuellen prägt. Die Art und Weise, wie die Rol- Verordnungen umzugehen ist. len erarbeitet wurden, war etwas völlig Neues für mich und hat mir gezeigt, wie Unter welches Motto würdest du vielschichtig und diffizil so eine Figur deine Aufgabe im TVT für dich stel- sein kann und manchmal sein muss. len und warum? Auch den McMurphy in „Einer flog über Wege entstehen dadurch, dass wir sie das Kukuksnest“ spielen zu können, gehen (Franz Kafka). war eine wirklich großartige Erfahrung. Ich bitte einfach alle Theatermacher im Ansonsten ist natürlich immer das ak- Bezirk, diesen neuen Weg gemeinsam tuelle Projekt das schönste und wich- mit mir entstehen zu lassen, und dann tigste. schauen wir, wo er uns hinführt. 16 | darstellendes spiel
Kurz & Bündig INFOS AUS DEM BÜRO Figurentheaterfestival Schwaz 1. COVID-19 Infos 19.11. - 22.11.2020 Bitte informiert euch auf unserer website unter „Aktuel- Donnerstag 19. Nov., les“. Da sich die Situation ständig ändert, macht es na- 15:00 / SZentrum Schwaz Knappensaal (ab 4 Jahren) türlich keinen Sinn, in einem Quartalsheft zu berichten! „Ein Baum geht durch den Wald“ – GundBerg Figurentheater 20:00 / SZentrum Schwaz Knappensaal (für Erwachsene) „Agathe Notnagl & Herr Nachbar: Eine Frau bricht durch“ – 2. Volksbühnenpreis 2021 GundBerg Figurentheater Freitag 20. Nov., Bischöfliches Gymnasium Paulinum Die neuen Bedingungen könnt ihr ebenfalls unter (ab 14 Jahren) „Aktuelles“ nachlesen. 10:00 (geschlossene Vorstellung) 20:00 (öffentliche Aufführung) „Wenn du einmal groß bist“ – Figurentheater Pantaleon Natürlich könnt ihr uns während der Bürozeiten 15:00 / Franziskanerkloster / Mariensaal (ab 3 Jahren) gerne anrufen und euch informieren! „Der Zaubertopf“ – Figurentheater Namlos Samstag 21. Nov. 11:00 / Franziskanerkloster / Mariensaal (ab 4 Jahren) „Wenn Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen“ – Figurentheater Nur ein Seminar in naher Zukunft Pantaleon Tischfigurenbau mit Gernot Nagelschmied 15:00 / Franziskanerkloster / Mariensaal (ab 4 Jahren) „Katz und Maus“ – Figurentheater Linde Scheringer 20:00 / Franziskanerkloster / Mariensaal (für Erwachsene) Das Spiel mit Tischfiguren hat sich in den letzten zwei „Lovestory“ – Figurentheater Namlos Jahrzehnten in der Figurentheaterspieler*innenszene weit verbreitet. Sonntag 22. Nov. Die Figur kann sitzen, gehen & stehen. Das Gerüst kann 11:00 / Franziskanerkloster / Mariensaal (ab 3 Jahren) nach Kursende von den Teilnehmer*innen nach persönli- „Schneeweißchen und Rosenrot“ – Marionettenbühne Gogolori chem Wunsch ausgestattet werden. 15:00 / Franziskanerkloster / Mariensaal (ab 4 Jahren) „So ein Zirkus“ – Puppenbühne Zappelfetzn Zielgruppe: Alle Interessierten mit und ohne Vorkenntnissen. Kartenreservierung unbedingt erforderlich (ab 2. Nov.) Wann: Samstag 5. Dezember von 09:00 - 18:30 Online: www.theaterverbandtirol.at/termine Wo: Seminarraum Theater Verband Tirol Telefonisch: 0677 / 61594339 (Etrichgasse 32, 6020 IBK) Mo–Do von 8:00–13:00 persönlich (danach Anrufbeantworter) www.theaterverbandtirol.at/fortbildung/tischfigurenbau darstellendes spiel | 17
Kurz & Bündig BUCHTIPPS FÜR THEATERLIEBHABER Es gibt was zum Schmökern! Wer Lust hat, ein wenig übers Theater zu erfahren, kann sich ans Büro wenden. Hier, bei uns im Stadlweg, findest du unzählige Bücher in den Regalen, die sich mit allen Facetten des Theaters beschäftigen. Zum Ausleihen! Es lohnt sich somit ein Besuch. Ein kleiner Hoangascht inklusive! „Die Odyssee der Drehbuchschreiber, Romanautoren und Dramatiker“ Mythologische Grundmuster der Heldenreise für Schriftsteller Christopher Vogler Autorenhaus Verlag (aktuellste Auflage!) Hollywood-Consultant, Film-Dozent, Autor C hristopher Vogler ist es lang ging. dimir Propp mit seiner „Morphologie in Hollywood kein Un- Er erkannte zu diesem Zeitpunkt auch, des Märchens“ geglückt.) bekannter. Und da dass alle Geschichten seit Bestehen der Eine weitere Grundlage für Voglers Werk Hollywood auch nicht Erzählung (Entstehungsmythen sämtli- stellt C. G. Jungs Modell der „Archety- gerade Hintertupfing ist, sollte er ein in- cher Urvölker) nach einem Muster ablau- pen“ dar. Wie man ja weiß, sind Arche- ternationaler Star sein. Nur leider ist er fen und in etwa dieselben Figuren darin typen die im kollektiven Unbewussten das nur für eingefleischte Insider und vorkommen. Dieses Wissen hat er dem angesiedelten Urbilder menschlicher ein paar innovative Business-Consulter, Urvater der Geschichten-Forschung, Vorstellungsmuster. Es gibt in jedem die ja bekanntlich in allen Wissenschaf- Joseph Campbell, zu verdanken, der Menschen Erfahrungen aus Urzeiten, ten wildern. Vielleicht liest ja ein weiterer das wegweisende Buch „Der Heros die völlig autonom verankert sind. Zum Geschichtenerzähler oder eine weite- in tausend Gestalten“ verfasst hatte. Beispiel die Erfahrung der Geburt, des re Geschichtenerzählerin diese Zeilen In diesem etwas spröder zu lesenden Todes, der Mutterschaft etc. Wenn man und lässt sich inspirieren. Ich behaupte Buch kann man Campbells umwälzen- es schafft, durch eine Geschichte diese nämlich, dass jede und jeder, der sich de Forschung nachlesen. Dieses Werk Urmuster im Menschen anzusprechen, mit dem Leben, ob fiktiv oder real, aus- ist eines der bedeutensten Bücher, die ist Zuschauer*in, Zuhörer*in, Leser*in einandersetzt, diese Thematik kennen jemals geschrieben wurden, wage ich davon gefesselt, unabhängig vom Bil- sollte. zu behaupten. Es entschlüsselt den Ge- dungsstand. Es macht also Sinn, sich heimcode des Geschichten-Erzählens. da auszukennen. Der ursprüngliche Gedanke Voglers Campbell forschte an Entstehungsmy- war ja, ein Dramaturgie-Handbuch then sämtlicher Völker, ob Inuit, ob Ab- Vogler hat also all dieses Wissen vereint zu schreiben, das für Normalsterbli- origini. Er entdeckte Gemeinsamkeiten. und einen berauschenden Cocktail ge- che auch verständlich ist. Da hatte er Einerseits im Erzählstrang, andererseits mixt. Die Basisforschungen von Camp- schon einige Jahre als „Script-Doctor“ bei der dramatis personae, den vor- bell und Jung beziehen sich nämlich und Story-Analytiker bei Disney in Hol- kommenden Figuren. (Ähnliches, wenn nicht nur aufs Geschichten-Erzählen, lywood auf dem Buckel und wusste, wo auch nicht ganz so erfolgreich, ist Wla- sondern auf das Leben. Es betrifft alle 18 | darstellendes spiel
Kurz & Bündig Menschen! Jede Geschichte nach diesem Muster spiegelt reales Leben wieder. Natürlich in verschlüs- selter Form. Deshalb lieben wir es, ohne zu wissen warum. George Lucas hat seine „Star Wars“ Dreh- bücher nach Voglers Arbeit geschrieben. Und das sind immer noch die erfolgreichsten Filme aller Zei- ten. Aber dies gelingt auch bei romantischen Bezie- hungsfilmen, Western, Krimis, Komödien usw. Wenn man Lust hat, kann man nach dem Lesen des Buches eine beliebige Geschichte hernehmen (Film, Buch, Märchen, Sage) und sie analysieren. Bingo! Wenn man noch weiter gehen mag, kann man diese Aussagen als Selbsterfahrungsanalyse für sein eige- nes Leben betrachten. Bingo! Es macht jetzt wenig Sinn, euch den Inhalt hier auf- zublättern. Vielleicht ein kleiner Vorgeschmack, was euch bei der Lektüre erwartet. In jeder erfolgreichen Geschichte gibt es 12 Erzähl- Stationen. Man kann diese chronologisch erzählen, oder aber durcheinander, etwa mit Rückblenden. Nur vorkommen sollten sie, weil unser kollektives Unbewusste (siehe oben) darauf anschlägt. Der Held/die Heldin geht also auf eine Reise. Zu Beginn, ist sie/er in seiner/ihrer gewohnten Welt, bis zur Rückkehr mit dem Erfahrungsschatz der Gschichte, die seine ursprüngliche Welt verändert hat. Während dieser Reise hat es die zentrale Figur (Held/Heldin) mit weiteren sechs archetypischen Figuren zu tun, die ebenfalls vorkommen sollten. Zum Beispiel der Mentor. Es geht gegen den Schatten, der besiegt werden muss. Im Prinzip sind diese Figuren Persön- Vertiefende Literatur: lichkeitsanteile des Helden/der Heldin, die ausgela- gert in Rollen in der Story vorkommen. Je kreativer „Der Heros in tausend Gestalten“; Joseph Campbell, insel taschen- man mit diesen Bausteinen umgeht, desto span- buch nender wird es. Es sind wie Noten, die man immer „Archetypen“; C. G. Jung, dtv wieder zu einer neuen Melodie zusammensetzt. „Die Morphologie des Märchens“; Wladimir Propp, Carl Hanser Ver- lag (vergriffen) Ich hoffe, ich habe euch ein wenig Lust gemacht, da „Mythen, Träume und Mysterien“; Mircea Eliade, Otto Müller Verlag hineinzublättern. „Märchen, Mythen, Träume“; Erich Fromm, rororo „Psychodrama und Soziometrie“; J. L. Moreno; EHP Fachbuch Euer Thomas Gassner „Die Kraft der Mythen“; Joseph Campbell, Albatros Verlag darstellendes spiel | 19
Kurz & Bündig „Erste Hilfe für die Künstlerseele“ Stressbewältigung, Kommunikation und Konfliktlösung im Kulturbetrieb - Ein Ratgeber Christina Barandun Alexander Verlag W as im ersten Mo- ment Augenrollen oder Schmunzeln auslöst, ist bei nä- herer Betrachtung eine erschreckend realitätsnahe Auflistung der Missstände an großen Theaterhäusern und richtet sich somit an alle KünstlerInnen, die so ein riesiger Betrieb beherbergt. Baran- dun gibt praktische Tipps für das per- sönliche Wohlbefinden im stressigen Arbeitsalltag, von Mentaltraining über Kommunikationsstrategien bis hin zu Körperarbeit. Ein Aufruf, aktiv verkrus- tete Strukturen aufzubrechen, um der künstlerischen Gestaltungskraft wieder einen geschützten Raum zu geben, frei von Ängsten, Eitelkeiten, Unsicherhei- ten und Konfliktscheu. Die Wolke der kreativen Glückselig- keit schwebt oft über dem Überleben in permanenter Überforderung. Große Bühnen sind gewaltige Wundermaschi- Wenn Körper und Psyche des Pri- chenend- und Abenddiensten, fehlen- nerien, in denen das Mantra „Im The- vatmenschen als tägliches Arbeits- den Rückzugsmöglichkeiten, schlechter ater ist das so“ leider oft zum Freibrief instrument dienen, sind technische Bezahlung und „Dienst nach Vorschrift“ für sämtliche Missstände wird. Macht- Absicherung und gesunde Rahmenbe- hilft eines sicher nicht weiter: Jammern. missbrauch, Ausbeutung, Stress, Frust dingungen unbedingt notwendig. Die Handlungsmaßstäbe, Selbstwirksam- und gesundheitliche Schäden sind die Autorin liefert nützliche Tipps und Tricks keit, intrinsische Motivation, Austausch Folgen. Aber das Theater ist es doch, für ein positives Mindset, sowie Vor- und Achtsamkeit lauten die Ideale. „An das die Entmenschlichung der Gesell- schläge, wie in das Handwerk Theater sich ist nichts weder gut noch schlimm, schaft kritisiert! Ein Ort, an dem zwei- mit seinen unzähligen künstlerischen das Denken macht es erst dazu“. Ob hundert Menschen in wenigen Wochen Anforderungen und Gruppierungen dies auf Dauer dem Credo „Kunst ist koordinative, kreative Höchstleistungen Arbeitsschutz und Gesundheitsma- schön, macht aber viel Arbeit“ standhal- unter komplexen Arbeitsstrukturen voll- nagement einfließen könnten, ohne der ten kann - einen (Selbst-)Versuch ist es bringen, muss daher als gutes Beispiel Kunst im Wege zu stehen. Denn bei zumindest wert! vorangehen können, findet die Autorin. Überstunden, unsozialen Schicht-, Wo- Julia Jenewein 20 | darstellendes spiel
Kurz & Bündig „KIND“ Ein Porträt einer außergewöhnlichen Produktion Man konnte diese Geschichte beim Kultursommer im Zeughaus sehen. Das breite Programm dieses Mini-Festivals machte es möglich, dieses berührende, einfache und nachdenkliche Werk zu erleben. Der Autor und Hauptdarsteller hat uns ein paar Zeilen dazu verfasst. „Ich war noch nie in einem Kreißsaal. mussten. Das Stück KIND war geboren. Ein Ort, wo Leben und Liebe ge- KIND ist eben nicht nur eine persönli- Die geplanten Proben und die Urauf- schenkt wird. Wo aus Frauen Mütter ches Transkription zwischen Hoffnung führung im Juli 2020, der weitere Auf- werden und aus Männern überglück- und Enttäuschung, sondern bezieht führungen gefolgt wären, fielen den liche Väter. Seit ich erwachsen den- auch ganz klar gesellschaftspolitische ersten Covidmaßnahmen zum Op- ken kann, denke ich, wollte ich Vater Haltung gegen Abschiebungen von fer. Das Stück landete wieder in der werden. […]“ Menschen, die sich nach Schutz und Schublade. Auf ungewisse Zeit. Hilfe sehnen. Ihnen ein unbürokratisches Regisseurin Nuran Yildirim-Bauschke, Ein Zitat aus meinem Stück KIND, das Bleiberecht zukommen zu lassen, dafür die im Stück auch die Rolle von Frau vielleicht am besten beschreibt, wel- kämpfe und engagiere ich mich. übernommen hat, wurde schließlich ches Bedürfnis dem Stück zugrunde Der Vorfall einer fremdenpolizeilichen auf den Kultursommer im Zeughaus gelegen war. Als Audioeinspielung im Maßnahme in Vorarlberg, wo BeamtIn- aufmerksam, wo eine Open-Air-Bühne Stück zu hören. nen nicht davor zurückgescheut sind, den Kulturschaffenden die Chance bot, KIND ist ein sehr intimes, autobiographi- dienstbeflissen bis in den Kreißsaal ein- trotz Virus Produktionen zur Aufführung sches Geständnis, das die Geschichte zudringen und dort Angst und Schre- bringen zu können. von Mann erzählt, der seinen innigsten cken zu verbreiten, war neuerlich An- Abschließend: Es ist angedacht, das Wunsch, Vater sein zu dürfen, nicht er- lass, etwas zu schreiben. Es entstand Stück KIND wieder aufzunehmen. füllt bekommen hat. Schlimmer noch! der „Monolog“, der im 1. Bild zu sehen Dann, wenn es der Kunst wieder er- Ein zweites Mal damit abschließen hat und zu hören ist. Letztlich fügte sich das laubt sein wird, ihre Kunst auf die Büh- müssen, nachdem ihm Frau - Zitat: „Ich intime Leid von Mann mit dem Leid der ne zu bringen. möchte Dir ein Kind schenken“, seine Menschen, welche eine Rückführung zu große Hoffnung erneut genährt hat. befürchten haben, textlich zusammen. Christof Heinz Drei Jahre später entstand dann der Text „Die Geschichte von Fabienne“. Ein Foto: privat fiktiver Dialog mit Frau, der die Absicht in sich trug, dem ganzen Schmerz ein „KIND“ versöhnliches Ende zu ermöglichen. Ein Stück von Christof Heinz Neben meiner großen Leidenschaft für Darsteller*innen: Nuran Yildirim- die Bühne, ob auf oder davor, war es Bauschke, Christof Heinz mir immer eine Herzensangelegenheit, Regie: Nuran Yildirim-Bauschke für die Menschen dasein zu dürfen. Im Produktion: AnaTirolia speziellen für die kleinsten und jüngsten unserer Gesellschaft, die mit Ihren Müt- tern und Vätern ihre Heimat verlassen darstellendes spiel | 21
Kurz & Bündig Kultursommer im Zeughaus 2 Dr. Assmann, der Direktor der Tiroler Landesmuseen, und sein Team hatten die geniale Idee, in diesem Sommer Theater im Zeughaus anzubieten und mit dem BogenTheater den passenden Kooperationspartner gefunden. Obfrau Stephanie Larcher-Senn scharte in Windeseile ein motiviertes Organisationsteam um sich und machte sich gleich auf, Innsbrucks Theatervereine an Bord zu holen. Heraus kam ein buntes Programm über 20 Tage mit 24 Veranstaltungen, davon 4 Kinderstücken und 20 Abendvorstellungen. Ein kleiner Überblick: Foto: privat „Der Vorname“: BogenTheater Thomas Gassner bilden seit Langem Die Geschichte des stadtbekannten Begonnen hat das Ganze mit der Pre- schon das Feinripp-Ensemble, mit dem Riesen für Kinder aufbereitet und ganz miere von „Der Vorname“. Eine Pro- sie große Erfolge und tolle Stücke auf wunderbar erzählt von der Puppenbüh- duktion des BogenTheaters, die kurz die verschiedenen Bühnen im deutsch- ne Tupilak. nach dem Lockdown Premiere haben sprachigen Raum bringen. Mit „Shakes- sollte. Die Inszenierung eröffnete dann peare reloaded“ – oder fast, „weil sie die „Kind“: Eine Produktion von im Zeughaus den Theater-Reigen. Das Requisiten nicht alle zammdastopselt AnaTIROLia (siehe Bericht Seite 21) beliebte Stück wurde vom Ensemble haben, was nicht die Schuld der Aus- des BogenTheaters schwungvoll auf die statterin Andrea Kuprian ist“ bereicher- „Drei Winter“ Westbahntheater Bühne gebracht. Die Inszenierung war ten sie den Kultursommer mit einem Das Westbahntheater besuchte den am Punkt. Eine wundervolle Produktion! fantastisch inszenierten (Susi Weber) Kultursommer 2020 mit dem bewegen- und virtuos anmutenden Theaterabend. den historischen Stück „Drei Winter“, „Shakespeare – reloaded“: das eine fast hundertjährige Familien- Feinripp-Ensemble „Der Riese Haymon“: Kinderstück geschichte mit Rück- und Vorblenden Bernhard Wolf, Markus Oberrauch und von der Puppenbühne Tupilak in Jugoslawien porträtiert. Luka Ober- 22 | darstellendes spiel
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