Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
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Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt- forschung 2009
Dank Inhalt
Ohne Fördereinrichtungen ist vieles nicht
machbar. Das Institut für Auslandsbeziehun-
gen mit seinem Förderprogramm zivik ist eine Einleitung 1
besonders innovative Einrichtung. Für die
Förderung von „Peace Counts on Tour“ sowie Dieter Senghaas
der vorliegenden Broschüre, vor allem aber Peace Counts on Tour – Laudatio 3
auch für die konstruktive Kritik in den zurück-
liegenden Jahren gilt dem Team von zivik ein Uli Jäger
großer Dank. Peace Counts on Tour – Zwischenbilanz 11
Stationen 2007 bis 2009 26
Info: Peace Support Network 40
Tilman Wörtz
Côte d‘Ivoire 41
Nadine Heptner
Impressum Indien 47
Peace Counts on Tour. Anne Romund
Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-
Preises 2009.
Kolumbien 57
Redaktion: Uli Jäger Jasna Bastic
© 2010, Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V.
Interview 69
Corrensstr. 12, 72076 Tübingen
Tel: 07071 920510 Michael Gleich
Email: kontakt@friedenspaedagogik.de
www.friedenspaedagogik.de
Wie man Frieden macht: 10 Thesen 71
Satz und Layout: 8421medien.de, Rottenburg a.N. Materialien 73
Druck: Deile, Tübingen
Bildnachweise: Die Peace Counts-Fotografen Frieder Blickle,
Paul Hahn, Lukas Koch und Uli Reinhardt sowie Günther
Gugel, Nadine Heptner, Uli Jäger, Thoralf Plath.
ISBN: 978-3-932444-49-4Einleitung 1
Einleitung Peace Counts on Tour
Im Mai 2009 wurde dem Projekt „Peace Counts „Peace Counts on Tour“ ist Teil des Partner-
on Tour“ in Marburg der Peter-Becker Preis für netzwerkes „Peace Counts“. Es wird getragen
Friedens- und Konfliktforschung 2008/09 der von der Culture Counts Foundation, dessen
Philipps-Universität Marburg verliehen. Die Geschäftsführer Michael Gleich das Vorhaben
Verleihung dieses Preises ist eine großartige initiiert hat, von der Agentur Zeitenspiegel,
Bestätigung für eine siebenjährige, intensive deren JournalistInnen und Fotografen die
Projektarbeit in Deutschland und in Konflikt- Reportagen über die Best Practice-Beispiele
und Kriegsregionen dieser Erde. Die Vergabe weltweiter Friedensstiftung erstellt und
dieses Preises ist darüber hinaus ein Ausrufe- veröffentlicht haben und schließlich vom
zeichen, um die öffentliche Aufmerksamkeit für Institut für Friedenspädagogik Tübingen,
Friedensprozesse zu erhöhen und um erfolgre- welches für die Konzeption und Durch-
iche Friedensstiftung auch im Mikrokosmos der führung eines vertiefenden Lernarrange-
Konfliktherde zu identifizieren und zu unter- ments verantwortlich ist.
stützen. Gefördert wird das Projekt vom Institut für
Auslandsbeziehungen mit seinem Förder-
„Peace Counts on Tour“ ist Teil des Partnernetz- programm zivik, ausgestattet mit Mitteln des
werkes „Peace Counts“, in dem JournalistInnen, Auswärtigen Amtes. Kooperationspartner
PädagogInnen und WissenschaftlerInnen auf sind die Gesellschaft für Technische Zusam-
bislang einzigartige Weise zusammenarbeiten. men- arbeit (GTZ), die Organisation „Brot für
die Welt“ oder weitere Einrichtungen (z. B.
Das Partnernetzwerk „Peace Counts“ Goethe Institute).
• recherchiert und publiziert Dokumenta-
tionen vorbildlicher Friedensprojekte und Kernelemente sind die Ausstellung „Peace-
erfolgreicher FriedensmacherInnen; builders Around the World“ sowie ein den
• konzipiert und erprobt auf dieser Grundlage unterschiedlichen Kontexten angepasstes
Lernprozesse, wie man Frieden macht; Begleitprogramm, das aus Workshops für
• produziert eigene Medien wie Ausstellungen, Multi-plikatorInnen und JournalistInnen
CD-ROMs, DVDs, Broschüren und Poster; besteht.
• arbeitet in Konfliktregionen mit JournalistIn- Hauptziel ist die Schaffung von Lern- und
nen und MultiplikatorInnen; Begegnungsplattformen um gemeinsam er-
• unterstützt Friedensprojekte und Friedens- arbeiten zu können, wie man Frieden macht.
macherInnen. Durchgeführt wird „Peace Counts on Tour“
von einem ExpertInnenteam der Projekt-
träger, in enger Zusammenarbeit und Ab-
Die Auszeichnung mit dem Peter-Becker-Preis stimmung mit Partnerorganisationen vor Ort.
war Anlass für eine Zwischenbilanz des bis-
lang Geleisteten und für die Erstellung dieser Stationen 2007-2009: Sri Lanka, Mazedonien,
Publikation. Côte d’Ivoire, Philippinen, Russland, Indien,
Kolumbien.Laudatio 3
Peace Counts on Tour:
Laudatio
Dieter Senghaas
Laudatio aus Anlass der Verleihung des Peter-
Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-
forschung 2008/09 der Philipps-Universität Mar-
burg an das Projekt „Peace Counts on Tour“
29. Mai 2009
Prof. Dr. Dieter Senghaas in Marburg, Mai 2009.
I
In der in den meisten deutschen Apotheken Gewaltlastigkeit der journalistischen Berichter-
monatlich neu ausliegenden Zeitschrift für die stattung über das Weltgeschehen im großen
älteren Menschen unter uns, dem Senioren- und im kleinen las: seine Klage über die
Ratgeber, findet sich im April 2009 ein Interview inhaltliche Orientierung der Massenmedien
mit dem allenthalben bekannten Schauspieler – über eine Berichterstattung, die gewisser-
Mario Adorf, der im kommenden Jahr 2010 maßen unter dem Motto steht: „If it bleeds, it
seinen 80. Geburtstag feiern kann. An einer leads.“ – frei übersetzt: „Wo Blut fließt, da sind
Stelle bemerkt der Interviewer folgendes: die Schlagzeilen sicher.“ Oder anders formuliert:
„Ihren Durchbruch hatten Sie in der Rolle eines „Good news, no news!“
psychopathischen Frauenmörders. Danach
waren Sie lange auf Bösewichter festgelegt…“ Was Michael Gleich und seine Kollegen von
Daraufhin Mario Adorf: Peace Counts im Hinblick auf Journalismus
„Das stimmt nicht. Schon diese Rolle hatte ich diagnostiziert haben – die Ferne des Friedens
nur unter der Bedingung gespielt, daß ich in –, das zeigt sich auch in anderen Bereichen. So
der nächsten Produktion einen guten Charakter haben vor wenigen Jahren Kollegen und Kol-
spiele. Und so habe ich das eigentlich immer leginnen aus der Geschichts- und Kulturwissen-
gemacht. Gut, durch den Karl-May-Film Win- schaft, die sich mit der Darstellung des Friedens
netou I war ich dann etwas auf die Schurken in der bildenden Kunst, also der Ikonographie
festgelegt. Aber auch danach habe ich immer des Friedens, beschäftigten, einen „Verlust der
wieder andere Charaktere gespielt.“ Friedensbildlichkeit in der Moderne“ diagnosti-
Dann aber setzt der Interviewer nach und stellt ziert. Und in der Tat, zeitgenössische Darstellun-
fest: gen des Friedens à la Picasso, so seine ein-
„Aber die Schurkenrollen sind die, die beim drucksvolle Ausgestaltung einer Kapelle aus
Publikum hängenbleiben.“ dem 14. Jahrhundert in der Stadt Vallauris als
Woraufhin Mario Adorf antwortet: „Temple de la Paix“, sind eine Seltenheit.
„Ja, das ist auch im Theater so. Die Bösen sind Auch erinnere ich mich selbst an eine Rund-
die erfolgreicheren Rollen.“ funksendung, in der ich mit Musikbeispielen die
Ich war an dieses Interview erinnert, als ich Friedensproblematik in aller Breite erläuterte
Michael Gleichs Klage über die Kriegs- und und hörbar werden lassen wollte. Damals war4 Laudatio
in den USA gerade ein Buch von Robert Kagan, wir Themenvorschläge gemacht hatten, in der
einem Stichwortgeber für die Bush-Adminis- Hoffnung, sie würden unsere Reportagen über
tration, erschienen. In diesem Buch charak- Friedensmacher in ihren Magazinen veröffentli-
terisierte er die USA als marshaft und Europa chen. Wir ließen uns nicht entmutigen. Peace
als venushaft. Mars: das war die Identifikation Counts-Reporter und –Fotografen reisten
einer Weltpolitik mit militärisch abgesicherten dennoch in die Krisenregionen der Welt, immer
Machtmitteln (realistisch!), und Venus, das war auf der Suche nach Menschen, die erfolgreich
der Inbegriff für die verweichlichten Europäer, Konflikte mit friedlichen Mitteln lösen.“
die unfähig seien, sich auf der Höhe weltpoli- Peace Counts war und ist somit der Versuch,
tischer Realitäten zu bewegen. Diese Kontrastfo- Fälle gelingenden Friedens aufzuspüren und zu
lie, von Kagan bitter ernst gemeint, konnte nun dokumentieren, wobei nicht die sogenannte
in der Musik illustriert werden mit Hilfe der er- große Politik im Vordergrund steht, sondern ein
sten beiden Sätze aus Gustav Holsts The Planets: vielfältiger Mikrokosmos der Friedensmacher in
Satz 1 ist überschrieben: „Mars, The Bringer of vielen Teilen der Welt.
War“ – ein Satz mit den typischen martialischen
Instrumenten wie Trompeten, Posaunen und Die Friedensmacher, das sind einzelne Personen,
einer dröhnenden Percussion; ein Satz, der die eine konkrete Vision darüber haben, wie in
markig, holzschnitthaft, ostinat-hämmernd und einem zunächst begrenzten Umfeld der Nei-
konturenscharf verfährt. Demgegenüber ist gung zu Gewalt und Gewalthandlungen entge-
der zweite Satz: „Venus, The Bringer of Peace“ gengewirkt werden kann – und darüber hinaus:
wie sich friedliches Zusammenleben trotz be-
durch ein lyrisch helles, feinsinnig-vielgliedriges,
überdies ausladend-episches und dialogisches stehender Interessen- und Identitätskonflikte in
Klangbild charakterisiert, wobei nunmehr Holz- der Folge langwieriger und mühsamer, klug auf-
bläser, Hörner, Harfen, das Glockenspiel und die bereiteter kollektiver Lernprozesse inszenieren
Solovioline den Ton angeben. läßt. Ja, die Prozesse, die in den Materialien von
Peace Counts dokumentiert sind, sind in der Tat
Am Ende der kurzen kontrastierenden Einspie- langwierig und mühsam. Dabei zeigt sich, daß
lungen bemerkte danach die Moderatorin, Umsicht, Klugheit, insbesondere Einfühlungs-
Friedensmusik sei doch eigentlich langweilig; vermögen, aber auch Zielgerichtetheit uner-
die wirkliche Virtuosität von Komponisten und läßliche Aktivposten derjenigen sind, die sich als
Komponistinnen käme in deren Darstellungen Friedensmacher bewährt haben. Ihre Aktivität
von Kampf und Streit, von Konflikt und Antago- könnte man als „therapeutische Konfliktinter-
nismen, auch von Krieg zum Ausdruck. vention“ beschreiben: Hermeneutische Fähig-
keiten sind dabei besonders gefragt, im übrigen
auch die Ausrichtung solcher umsichtiger
II Intervention auf die Sicherung und Entfaltung
Nun lese ich in einer die eigenen Aktivitäten erk- einiger zentraler Grundbedürfnisse von Men-
lärenden Broschüre des Journalistennetzwerkes schen wie Sicherheit, Anerkennung, Fairness,
Peace Counts Project folgendes: Gerechtigkeit, Selbstbestimmung – d. h. von
„’Frieden ist doch langweilig’. Diesen Satz Bedürfnissen, deren dramatische Missachtung
hörten wir zu Beginn des Projekts Peace Counts in aller Regel die Ursache für Konflikte und ihre
immer wieder. Redakteure sagten ihn, denen Eskalation ist.Laudatio 5
die Mißachtung von Grundbedürfnissen, die
Peace Counts hat auf der Grundlage von Zementierung von krasser sozialer Ungleichheit
25 Dokumentationen, z.B. über Szenen der sowie der Ausschluß von politischer Teilhabe:
Straßengewalt zwischen Jugendlichen und der Sachverhalte, die in einer alltäglich als sozial
Polizei in Brasilien, über den Konflikt zwischen ungerecht erlebten Diskriminierung bewußt
christlichen Regierungstruppen und der islam- werden. Solche Erfahrung initiiert im Laufe der
ischen Befreiungsfront auf Mindanao, über die Zeit meist unausweichlich die Eskalation eines
Auseinandersetzung zwischen Nomadenvölk- Konfliktes, wenn keine Aussicht auf eine kon-
ern (Clans) um Wasserrechte und andere Fälle, struktive Konfliktbearbeitung besteht, also kein
induktiv Kenntnisse über Konfliktursachen, Licht am Ende des Tunnels aufscheint.
Konflikteskalationen, aber vor allem auch über
Wege und Modalitäten einer konstruktiven Und auch hier zeigt sich in einzelnen doku-
Konflikttransformation erarbeitet. Für den mentierten Beispielen Bekanntes: nämlich
Erfahrungswissenschaftler sind diese mikroana- die Übersetzung einer Konfliktdynamik, die
lytisch gewonnenen Kenntnisse von Interesse, in eigentlich prinzipiell konstruktiv bearbeit-
selbst dann, wenn sie nicht umstürzend neu baren Positionen ihren Ausgang nimmt, in eine
sind, sondern bewährte, auf anderen Ebenen autistisch werdende und als solche zu bezeich-
und mit anderen methodischen Zugängen nende Feindschaft. D.h. die Eskalation resultiert
gewonnene Erkenntnisse bestätigen. aus einer wachsenden Selbstbezogenheit der
Konfliktparteien, welche die Bereitschaft zu
So sehen sich Friedensmacher nach Michael einer wirklichkeitsnahen Selbsterkenntnis und
Gleich in der Regel mit politisch virulenten Situ- folglich auch zu Selbstkritik untergräbt. Unter-
ationen konfrontiert, die er auf eine 6-P-Formel graben wird auch die Fähigkeit, die jeweilige
bringt: Profitgier, Panik, Profilierung, Propa- Gegenseite einigermaßen wirklichkeitsnah zu
ganda, Politkalkül, Primitivität. Profitgier, sie ist erkennen, von empathischem Verständnis ganz
definiert durch die Beobachtung „Jenseits des zu schweigen. In einer solchen Situation kommt
Gartenzauns ist das Gras immer grüner…“; Pan- paradoxerweise in propangandistischer Rede
ik, das meint tiefliegende Ängste vor anderen Sprachlosigkeit zum Ausdruck; letztlich wird
und Fremden; Profilierung, definiert sich durch Gewalt zu einem Medium der Kommunikation.
die Tatsache, dass Kriege und potentielle oder
tatsächliche Gewalthandlungen auch Karrieren Ein- bzw. zweipolige Autismen nicht entstehen
ermöglichen und neue Eliten schaffen („Kriegs- zu lassen, der Gefahr einer „Verbiesterung“ des
herren“); Propaganda, worüber einseitige Konfliktes frühzeitig entgegenzuwirken, dazu
Informationen die tatsächliche Interessenlage beizutragen, daß frühzeitig Selbsterkennt-
verzerren; Politkalkül, vermittels dessen Partei- nis Raum gewinnt und eine nicht projektive,
funktionäre Konflikte für strategische Vorteile sondern wirklichkeitsnahe Realitätsprüfung
anheizen; schließlich sind Friedensmacher mit stattfindet und Gravamina offengelegt werden,
Primitivität konfrontiert, d.h. mit Dummheit. um Konfliktstreitpunkte potentiell handhabbar
zu machen – diese und andere Bemühungen
Und natürlich sind den Friedensmachern in ganz unterschiedlichen Kontexten zeich-
auch die tieferliegenden Ursachen militant nen Friedensmacher aus, motiviert durch eine
werdender sozialer Konflikte wohlvertraut: jeweils auf die Ortsumstände ausgerichtete6 Laudatio
Prof. Dr. Volker Nienhaus (Präsident der Philipps-Universität Marburg) und Peter Becker, Stifter des Preises für
Friedens- und Konfliktforschung der Universität Marburg.
Vision, daß hic et nunc Frieden möglich ist. Dazu die hermeneutischen Fähigkeiten, um jene
gehören offensichtlich, wie in den dokumen- Handlungen und Symbole, die in aller Regel bei
tierten Beispielen in Wort und Bild erläutert, einer drohenden oder tatsächlichen Eskalation
ein gewisses Charisma der Akteure, die intel- als bedrohlich oder gar provokativ empfunden
lektuelle Fähigkeit, die jeweiligen spezifischen werden, zu verstehen und ihnen, sagen wir,
Konflikthintergründe zu verstehen, eine verständnisvoll entgegenzuwirken.
Einfühlungsgabe und nicht zuletzt die Fähig-
keit, situationsangemessen zu handeln, auch Solche Fähigkeiten in einer von Dialektik durch-
die Fähigkeit, die Macht des Wortes ins Spiel zu setzten Konstellation sind auch erforderlich, um
bringen, also ein Redetalent. das zu schmieden, was in der neueren Diskus-
sion unter dem Stichwort Friedensallianzen
Man verwechsle solche Begabungen nicht avisiert wird: also der Aufbau von Netzwerken,
mit technokratischen Fertigkeiten! Wissen ist in denen sich ganz unterschiedliche Akteure
erforderlich, sicherlich auch manche Tricks aus zusammenfinden: frühere Kombattanten,
den Rezeptbüchern der Konfliktlösung, so die Friedensbewegte, Entwicklungshelfer, Un-
elementare Devise im Hinblick auf drohende ternehmer, Nichtregierungsorganisationen,
Konflikte: „Catch them young!“ Entscheidend lokale Behörden, Regierungsmitglieder, auch
jedoch sind, es sei wiederholt, neben Ver- multinationale Organisationen. Die Idee dabei
handlungsgeschick, Geduld und Ausdauer ist, Wege aus den potentiellen und akutenLaudatio 7
Sackgassen eines pathologischen, d.h. eines zur che Grundlage einer sich aktivierenden Nach-
„Verschlimmbesserung“ beitragenden Lernens denklichkeit beizutragen bzw. um über wissbare
zu finden und entsprechende „Gehversuche“ positive Beispiele den gewaltgeneigten Affekten
nachhaltig zu stabilisieren. entgegenzuwirken.
Um eine solche Wirkung zu erreichen, hat sich
III Peace Counts on Tour ein vielfältiges Instru-
Dies waren einige Schlaglichter auf Peace mentarium ausgedacht: Ausstellungen, die
Counts, ohne die Peace Counts on Tour – der gelungene Fälle von Friedenmachen dokumen-
eigentliche Preisträger des Peter-Becker-Preises tieren, Diskussionsrunden unter Nutzung der
2008 – nicht zu verstehen ist. Der Übergang von aus solchen Fällen aufbereiteten Materialien,
Peace Counts zu Peace Counts on Tour war und Lernzirkel; besonders wichtig: Seminare mit
ist folgerichtig: Wenn man in 25 Fällen je einzeln Journalisten, die in einem Konfliktgebiet aktiv
und für sich genommen beobachten konnte, sind; weiterhin: die Nutzung von CD-ROMs und
warum trotz abträglicher örtlicher Bedingun- anderen modernen Medien, die nach einer
gen aufgrund der Aktivitäten der jeweiligen Ausstellung sowie nach den Lernzirkeln und
Friedensmacher die drohende bzw. tatsächliche Seminaren eine Weiterarbeit vor Ort ermögli-
Gewaltszenerie mehr oder minder überwunden chen. Von besonderer Bedeutung ist natür-
werden konnte, also ein Weg zu einer konstruk- lich die Inszenierung von Friedensallianzen,
tiven Konfliktbearbeitung, ggf. zu friedlichem anknüpfend an ggf. vor Ort bereits vorhandene
Ausgleich tatsächlich gelungen ist, der gelun- institutionelle Knotenpunkte entsprechender
gene Friede also nicht nur ein Stück Utopie, Aktivitäten, d.h. von bestehenden oder im
sondern im jeweiligen Umfeld Realität wurde, Aufbau befindlichen, möglicherweise sich selbst
da liegt es nahe, diese je spezifischen Erkennt- schon locker vernetzenden lokalen Partnern.
nisse systematisch auszuwerten, zu dokumen-
tieren und sie multimedial zu visualisieren, um
sie andernorts in immer noch gewaltgeneigten IV
oder durch Gewalt gekennzeichneten Problem- Man hat einmal gesagt, der Vergleich sei der
situationen als Quelle der Inspiration zu nutzen.Königsweg der Sozialwissenschaften, und ange-
sichts der Heterogenität der Welt ist eine solche
Wiederum: Peace Counts on Tour füttert nicht Aussage nur nachdrücklich zu unterstreichen.
technokratisch aufbereitetes Wissen in fremde In unserem Zusammenhang hier zeigt sich nun,
Situationen ein, sondern stimuliert die Sinne daß der Vergleich, in diesem Fall: die sogenann-
und das Denken vermittels multimedial auf- te best practice-Orientierung, zum Ausgangs-
bereiteter Fälle gelungenen Friedens, die alle punkt friedenspolitischer Hebammendienste,
auch in eine Aufschaukelung von Gewalt und nicht also von benchmarking!, wird – bench-
folglich in menschliche und gesellschaftliche marking: das wäre technokratisch-abwegig. Daß
Katastrophen hätten münden können. D.h. Peace Counts on Tour die Aktivitäten von Peace
Peace Counts on Tour wuchert mit dem lehr- Counts mit Erfolg in diese Richtung erweitern
reichen, dem guten Beispiel, also mit bewährten konnte, verdankt sich nicht zuletzt der nunmehr
Fällen gelungenen Friedens, um an n-ter Stelle über knapp vier Jahrzehnte akkumulierten
zu einer Deeskalation der Affekte als unerläßli- friedenspädagogischen Expertise des Tübinger8 Laudatio Instituts für Friedenspädagogik, dessen Beginn, Gugel vom Tübinger Institut verfügten über Wachstum und einen nicht enden wollenden eine breite Expertise über eine akademisch Reifeprozeß ich als Mitglied im Stiftungsrat zwar leicht zu formulierende, aber hinsichtlich der Berghof Stiftung für Konfliktforschung einer aussichtsreichen praktischen, didaktisch- seit mehr als dreißig Jahren mit wachsender operativen Übersetzung schwierige Problema- Bewunderung begleiten durfte. Peace Counts tik, nämlich Menschen unterschiedlichen Alters hat durch die Kooperation mit dem Tübinger In- und Bildungsgrads sowie einer unterschiedli- stitut – und das heißt durch die Kooperation mit chen Sozialisationserfahrung so in Projekten Uli Jäger und Günther Gugel – die in der Bun- zu begegnen, daß die Friedensproblematik für desrepublik derzeit bestmögliche friedenspäda- Menschen ganz unterschiedlicher Erfahrung gogische und didaktische Expertise für ein in und Prägung nicht nur bewußt, sondern zu der Tendenz jetzt weltweit ausgelegtes Projekt einer neuen Lebensaufgabe wird. Genau dieses gewonnen. Die Tatsache, daß das Tübinger Können war nun in den Projektvorhaben von Institut friedenspädagogisch für Schulen und Peace Counts on Tour erneut gefragt. in Schulen gearbeitet hat, daß es Erfahrung in der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung kumuliert hat, daß es der Friedensarbeit sehr V frühzeitig multimediale didaktische Angebote Nachhaltigkeit ist ein Stichwort unserer Zeit verfügbar gemacht hat, garantiert, daß auch die – und dies völlig zu Recht. Auch das Projekt, Erweiterung der eigenen Tübinger Aktivitäten das hier zu würdigen ist, bemüht sich um eine im Kontext von Peace Counts on Tour, wenn ich solche Orientierung: um dauerhaften Frieden so sagen darf, erdverhaftet bleibt, so wie die – eine Orientierung, die sich weder von selbst in Sri Lanka, der Elfenbeinküste, in Mindanao einstellt, noch in jedem Einzelfall wirklich auf den Philippinen oder jüngst in Kaliningrad garantiert werden kann. Dabei stellen sich gemachten Erfahrungen in bisher fremdem immer einige Kernfragen: Lassen sich vor Ort Umfeld den in diesem Institut nimmermüden, in Problemgebieten Menschen finden, die die gewissermaßen mit schwäbischer Beharrlichkeit Fähigkeit haben, Friedensmacher zu werden? verfolgten Lernprozeß selbst noch einmal in- Gibt es Ansatzpunkte, aus schon bestehenden spirieren. Im übrigen: Eine der wichtigen Aktiv- punktuellen Initiativen verläßliche Friedensal- itäten der Tübinger ist auch das pädagogische lianzen zu schmieden? Finden sich wirklich Jour- Begleitprogramm zur Ausstellung über die nalisten, die die Friedensberichterstattung zu Erfolge von Friedensmachern, das für Schulklas- einer Herzensangelegenheit machen und den- sen hierzulande erarbeitet wurde. noch einen Zugang zu den Medien vor Ort und Es ist also ein glücklicher Umstand, daß Peace im weiteren Umkreis haben? Gibt es Freiräume Counts und die Tübinger zu Peace Counts on in Schulen und andernorts, um die multimedial Tour zusammengefunden haben. Damit haben aufbereiteten Materialien mit nachhaltiger sich Friedensaktivisten mit jeweils spezifischen Wirkung erfolgreich einsetzen zu können? Und Expertisen, die Synergien entstehen ließen, letztlich die schwierigste Problematik: Gibt es zusammengetan: Peace Counts hatte für das über den Mikrobereich des jeweiligen Projektes gemeinsame Projekt einen Fundus von posi- hinaus ein politisches Umfeld, das zumindest tiven Erfahrungen, wie Frieden zu machen ist, Projekte dieser Art toleriert, möglicherweise zusammengetragen, und Uli Jäger und Günther fördert und weiterträgt, wenigstens solche
Laudatio 9
versucht werden, sind heutzutage in aller
Regel zum Scheitern verurteilt, selbst wenn sie,
vordergründig betrachtet, kurzfristig erfolg-
reich zu sein scheinen. Die Gesellschaften dieser
Welt sind zu politisiert und nicht mehr wie z.B.
zu Zeiten des Imperialismus eine leichte und
kostengünstige Beute solcher Politik. In welch
katastrophale Situation eine solche Politik
führt, wo sie dennoch versucht wird, das zeigt
geradezu paradigmatisch die Entwicklung in Sri
Lanka in den vergangenen Wochen.
Verteter der Universität, Laudator, Preisstifter und Preis-
träger. Manchmal erschöpfen sich die Konfliktpartei-
en, und es entsteht eine Patt-Situation, zu der
Projekte nicht konterkariert oder gar regelrecht es kräftemäßig keine Alternative gibt. Solche
bekämpft? Umstände haben schon im England des 13.
Jahrhunderts dazu beigetragen, daß es zur
Je mehr Projekte Peace Counts on Tour auf- berühmten Magna Charta von 1215, letztend-
grund der Unterstützung hiesiger Förderer lich einem Dokument wider Willen, gekommen
durchzuführen imstande ist – als Förderer zu ist. Die Umstände, die zum sogenannten Karfrei-
nennen sind das Auswärtige Amt, das Institut tagsabkommen in Nordirland geführt haben,
für Auslandbeziehungen, die Gesellschaft für waren keine prinzipiell anderen: Erschöpfte
Technische Zusammenarbeit, Brot für die Welt, Konfliktparteien bei schwindendem Resonanz-
im Hintergrund auch die Berghof Stiftung für boden in der jeweiligen Klientel sind ggf., wenn
Konfliktforschung –, umso mehr werden diese auch oft erst nach Jahrzehnten, zu einem poli-
Fragen sich stellen. Sie beziehen sich auf das tischen Arrangement bereit, das sie eigentlich
Problem der Vermittlung von Mikro-, Meso- und unter allen Bedingungen vermeiden wollten:
Makroebene – eine Problematik, die sich der also auch hier eine Bereitschaft nur wider Willen.
akademischen Wissenschaft in analytischer
und potentiell praktischer Hinsicht immer auch Manchmal gibt es auf der Makroebene Um-
schon gestellt hat: Den Frieden denken und bruchsituationen, die dadurch stabilisiert
schon gar Frieden machen – ernsthaft und das werden, daß die Streitfragen, die zur Konflikt-
heißt nicht schmalspurig verfolgt – glich immer eskalation, im Grenzfall zum Bürgerkrieg, bei-
schon einem denkerisch und praxeologisch getragen haben, bewußt auf Zeit verdrängt
schwer einlösbaren Komplexprogramm, gleich- werden; man also nicht Wahrheits- und Versöh-
gültig, ob man sich top down oder bottom up nungskommissionen einsetzt, sondern einen
dieser politischen Herausforderung stellt. Mantel des Beschweigens, des Nicht-Erinnerns
Dabei ist folgendes zu bedenken: über die oft grausame unmittelbare Vergan-
genheit ausbreitet. Dieser Vorgang war in der
Reine top down-Strategien, vor allem, wenn Geschichte z.T. sogar das Ergebnis eines Diktats,
sie mit militärisch abgestützter, jakobinisch wie im Falle von Heinrich IV. und dem Edikt
inspirierter Assimilationspolitik durchzusetzen von Nantes (1598), wo es zu Beginn des Ediktes10 Laudatio heißt: „Wir verbieten allen unseren Untertanen, bin sicher, daß mit dem Preisgeld eine weitere wes Standes sie auch seien, die Erinnerung auf- friedenspolitische Aktivität dieses ungewöhn- zufrischen.“ Gemeint war die Erinnerung an die lichen Unternehmens – der nicht alltäglichen fast 50 Jahre währenden Konfessionskriege im Zusammenarbeit von Friedensjournalismus, Frankreich der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun- Friedensfotographie, Friedenspädagogik und derts. Im postfrancistischen Spanien fanden sich Friedenswissenschaft – ermöglicht wird. zu einem solchen Arrangement des Beschwei- gens die politischen Kräfte, die siegreich aus Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Senghaas; bis 2005 Professor für inter- dem Umbruch hervorgingen, zusammen. Dabei nationale Politik und internationale Gesellschaft, insbeson- war die Idee, daß sich die brisante Problematik dere Friedens-, Konflikt- und Entwicklungsforschung am einer Vergangenheitsbewältigung (Bürgerkrieg! Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) Francos Diktatur!) nach zwei oder drei Jahrzehn- an der Universität Bremen; seit 2005 Senior Fellow am InIIS. ten allein schon aus biologischen Gründen werde abfedern lassen und die eigentliche Aus- einandersetzung mit der Vergangenheit dann ein Gegenstand für die Geschichtswissenschaft würde, den öffentlichen Diskurs also entlaste. Natürlich bleibt auch diese Art der vertagten Bewältigung ein Wagnis. Als glücklich sind demgegenüber jene Fälle zu bezeichnen, in denen das Neue aus freiwilliger Einsicht als Resultat eines sich allmählich aus- breitenden und sich durchsetzenden aufge- klärten Selbstinteresses top down und bottom up zustande kommt. Heute ist es die Aufgabe von international orientierter Friedenspolitik, durch umsichtiges Einwirken in Konfliktgebie- ten das Entstehen einer derartigen politischen Konstellation zu fördern – einer Konstellation, in der sich auf allen Ebenen ein solches Umfeld für eine konstruktive Konfliktbearbeitung entwick- elt. Peace Counts on Tour mobilisiert hierfür seinen Beitrag in einem diesem Projekt jeweils kongenial erscheinenden Umfeld. Andere haben in vielen Fällen ihren Beitrag erst noch auf den Weg zu bringen. Lassen Sie mich abschließend die Jury zur diesjährigen Wahl des Preisträgers beglückwün- schen: Ich freue mich, daß Peace Counts on Tour als dritter Preisträger den Peter-Becker-Preis erhält. Dieser Preis ist eine Ermutigung. Und ich
Zwischenbilanz 11
Peace Counts on Tour –
Eine Zwischenbilanz
Uli Jäger
Ob in Sri Lanka, Côte d‘Ivoire oder Kolumbien:
Das Projekt „Peace Counts on Tour“ hat sich
anspruchsvollen Zielsetzungen verschrieben,
die in den jeweiligen Konflikt- und Kriegsregio-
Uli Jäger mit der russischen Übersetzerin Elena Plath,
nen („Stationen“) unter gänzlich unterschied-
Kaliningrad, 2008.
lichen Voraussetzungen umgesetzt werden
sollen. Es geht um den Anspruch, innerhalb der „Peace Counts on Tour“ ist Teil des Partner-
dreimonatigen Projektlaufzeiten Plattformen netzwerkes „Peace Counts“, in dem JournalistIn-
für Begegnung und Dialoge zu schaffen um nen, PädagogInnen und WissenschaftlerInnen
gemeinsam mit JournalistInnen, mit Mitarbei- seit dem Jahr 2005 auf bislang einzigartige
terInnen von Nichtregierungsorganisationen Weise zusammenarbeiten. Ohne die journalis-
und lokalen Friedenskräften, mit Studierenden tischen Vorarbeiten wäre die Umsetzung von
und mit Lehrpersonal sowie gelegentlich auch „Peace Counts on Tour“ nicht möglich gewesen.
mit ParlamentarierInnen und Angehörigen von Denn die von Peace Counts recherchierten und
Sicherheitskräften neue Wege zur Förderung publizierten Dokumentationen vorbildlicher
der Konflikttransformation im eigenen Land zu Friedensprojekte und erfolgreicher Friedens-
erkunden und erste Schritte für die Umsetzung macherInnen bilden den Bezugpunkt für die
zu erörtern. Damit verbindet sich im Hinter- Lernmedien und die Lernarrangement sowie
grund die friedenspraxeologisch relevante Hoff- den Best Practice-Ansatz von „Peace Counts on
nung, dass das Projekt nicht nur Anstöße und Tour“.
Inspirationen für Einzelpersonen gibt sondern
auf gesellschaftlicher Ebene auch zur Stärkung Ende des Jahres 2009 konnte das „Peace Counts
von etablierten oder neuen Friedensallianzen on Tour Team“ auf Erfahrungen mit sieben
vor Ort führt. Stationen zurückblicken: Sri Lanka, Mazedonien,
Côte d‘Ivoire, Philippinen, Russland, Indien, Ko-
Kernstück des Projektes sind ein- oder mehr- lumbien. Konzipiert als ein „project in process“
tägige Workshops, die von MitarbeiterInnen des wurde von Station zu Station hinzu gelernt. Ma-
„Peace Counts on Tour Teams“ in enger Zusam- terialien mussten angepasst, Abläufe geändert
menarbeit mit Partnerorganisationen vor Ort und neue Workshopformate entwickelt werden.
angeboten werden. Erprobte Lernmedien und Ermutigt durch die über alle Stationen hinweg
-arrangements bilden die Grundpfei-ler der festzustellenden positiven Rückmeldungen der
Workshops. Sie tragen dazu bei, den zentralen Partner vor Ort und aufgrund der überwältigen-
Ansatz von „Peace Counts on Tour“ umzusetzen: den Zustimmung vieler TeilnehmerInnen der
die gemeinsame Auseinandersetzung mit Best Workshops sind auch für die kommenden Jahre
Practice-Beispielen erfolgreicher Friedensstif- weitere Stationen geplant. Wie aber sieht vor
tung. dem beschriebenen Erfahrungshintergrund und12 Zwischenbilanz
Peacebuilders Around the World: Die Best Practice Beispiele
Region / Titel Konflikte Akteure Ansatz / Themen
1. Macedonia Spannungen Elena Gulmadova und Vermittlung in ethno-
Elena mediates zwischen Minderheit die OSZE politischen Konflikten
und Mehrheit
2. Columbia Gewaltkulturen und John Jairo und Sport als Ansatz für
Peace through Jugendgewalt Straßenfußball- Konfliktbearbeitung
Soccer NGOs
3. Japan Konfliktregionen Jasna Bastic, das Interkulturelle
Open Minds on the der Erde Peaceboat und eine Bildung
Open Sea japanischen NGO
4. Brazil Organisierte Organisation Kommunale
Viva Rio! Alltagsgewalt „Viva Rio“ Friedensarbeit
5. Philippines Ethnische Konflikte Pater Bert und Friedenszonen in
Islands of Peace in a und Separations- bäuerliche Kriegsgebieten
War-Torn Land bestrebungen Dorfgemeinschaften
6. Northern Ireland Tief verwurzelte Konf- Joe Doherty und Ausstieg aus Gewalt-
From Prison to Youth likte und Paramilitärs Peter McGuirre spirale und Reintegra-
Center tion
7. Mali Ressourcenkonflikte Yehia Ag Verbindung von
Ambassador Mohammed Ali mit Frieden und Entwick-
in Indigo Hilfe von außen lung
8. Israel Identitätskonflikte Nava Sonnenschein Dialogmodell für Konf-
Talking Beats Fighting und School for Peace liktparteien
9. Sri Lanka Staatsgewalt und Rohini Narasingham Empowerment in
Reconstructing Separations- und die Organisation Konfliktgebieten
the North bestrebung SEED
10. South Africa Gewalt im Gefängnis Victoria Maloka und Konflikttraining für
Gentle Words for das Centre for Gefängnisinsassen und
Tough Guys Conflict Resolution -personalZwischenbilanz 13
11. Bosnia- Ethnopolitische Organisation Mladi Jugendarbeit in geteil-
Herzegovina Konflikte; Mehrheit- Most Youth Center ter Gesellschaft
A Bridge for Minderheit
Schizopoliss
12. India Religiös motivierte Jagdish Gandhi und die Friedenserziehung
Room for everyone Gewalt und City Montessori School
Intoleranz
nach der Auswertung mehrerer hundert Evalu- trät der FriedensmacherInnen, veranschaulichen
ationsbögen sowie zahlreichen Auswertungs- die Konfliktkonstellation sowie die Methode
gesprächen mit Partnerorganisationen in den für Konfliktbearbeitung und die Vision für eine
genannten Regionen die Zwischenbilanz aus? friedliche Zukunft.
Was lässt sich sagen über Voraussetzungen und
Kriterien für eine erfolgversprechende Weiter- In den von „Peace Counts on Tour“ im Be-
führung von „Peace Counts on Tour“? Wo liegen gleitprogramm zur Ausstellung angebotenen
die Chancen, wo die Grenzen? friedenspädagogischen Workshops kommen
weitere Bildungsmedien zum Einsatz, deren
1. Attraktive Lernmedien gemeinsames Merkmal in der Visualisierung
Grundlage für eine erfolgversprechende Durch- komplexer Sachverhalte besteht. Dazu gehört
führung von „Peace Counts on Tour“ ist die Ver- das in mehreren Sprachen vorliegende Mate-
fügbarkeit erprobter und attraktiver Lernmedi- rial „Streitkultur“ mit Bildkarten, Postern und
en. Als Leitmedium steht die Ausstellung „Peace Texten zu den Themen „Konflikteskalation“,
Builders Around the World“ zur Verfügung. Sie „Konfliktlösung“ und „Versöhnung“. Ein weiteres
bietet Einblicke in zwölf Friedensprojekte in Hauptmedium in den Workshops stellt eine in
unterschiedlichen Konfliktregionen und –kon- englischer Sprache vorliegende multimediale
texten. Die Beispiele porträtieren die friedens- CD-ROM mit vertiefenden Informationen zu den
stiftende Arbeit von Menschen und Organisatio- Best Practice-Beispielen erfolgreicher Friedens-
nen in unterschiedlichen Konfliktregionen und stiftung dar. Das Materialienpaket wird durch
zeigen Ansätze für konstruktive Konfliktbearbei- die in fünf Sprachen vorliegende Posterserie zur
tung in Nachkriegsgesellschaften (siehe Seite Ausstellung abgerundet (siehe Seite 19). Alle
12). Dabei handelt es sich um Thementafeln, genannten Materialien stehen den Partneror-
die in englischer Sprache präsentiert werden. ganisationen sowie den TeilnehmerInnen für
Das Konzept der Ausstellung orientiert sich die Weiterarbeit nach Ende der Workshops zur
an der Aufmachung eines Magazinartikels: Verfügung. Dieses Angebot wird sehr geschätzt
Die Vorderseite jeder „Thementafel“ zeigt ein und es hat sich gezeigt, dass die gemeinsam
großformatiges „Aufmacherfoto“, die Rückseite erprobten Bildungsmedien tatsächlich umfas-
des Aufstellers enthält vier kleinformatige Fotos send eingesetzt und zum festen Bestandteil der
mit Bildunterschriften bzw. Erklärungen zum Friedenspädagogik und -arbeit vor Ort werden.
Projekt. Diese Fotos zeigen in der Regel ein Por- So haben zum Beispiel die MitarbeiterInnen der14 Zwischenbilanz
Bausteine kommen in jedem der Workshops
zum Einsatz. Je nach Konfliktregion, Konflikt-
analyse, Zielgruppe, Interesse und gegebe-
nem Zeitrahmen besteht die Möglichkeit,
spezifische Programme zusammenzustellen.
Um ein Beispiel zu nennen: Für Lehrpersonal
können eher curriculare Fragen oder praktische
Umsetzungshinweise für den Unterricht in den
Mittelpunkt gerückt werden, für MitarbeiterIn-
nen von NGOs eher theoretische und praktische
„Mein Friedensfoto“: Workshop in Kaliningrad, 2008. Fragen des Friedensmachens.
Partnerorganisation in Sri Lanka auch zwei Jahre Die friedenspädagogischen Workshops beste-
nach Ende des Projektes mitten im umkämpften hen aus einem Grundgerüst von vier Modulen
Norden des Landes Workshops mit den genann- mit jeweils mehreren Bausteinen (siehe Seite
ten Materialien durchgeführt. In Davao City 16). Die Module nutzen die Inhalte und die visu-
(Philippinen) wurde sogar eine Peace Counts elle Attraktivität der Ausstellung und schließen
Hall etabliert und in Indien die Ausstellung die bereits beschriebenen Lernmedien mit ein.
mehrfach nachproduziert. Der Ablauf eines Workshops orientiert sich ent-
lang der Module an vier Schritten:
Entgegen den ursprünglichen Befürchtungen
hat sich herausgestellt, dass die Materialien 1. Nach der Begrüßung steht am Beginn der
prinzipiell in allen Regionen und Konfliktkon- Workshops zunächst ein Rundgang durch
stellationen sinnvoll eingesetzt werden können. die Ausstellung. Zuvor bekommen die Teil-
Dies lässt sich einerseits auf die Visualität der nehmerInnen ein Handout mit allen Texten
Materialien zurückführen, andererseits aber der Ausstellung in Landessprache bzw.
auch darauf, dass die Lernmedien als thema- Landessprachen (so z. B. Sinhala/Tamil in Sri
tische Einstiegsmedien konzipiert sind und als Lanka oder Mazedonisch/Albanisch in Maz-
solche von den TeilnehmerInnen wahrgenom- edonien) sowie ein Arbeitsblatt mit Leitfragen
men werden. Mit zunehmender inhaltlicher
Vertiefung steigt allerdings die Notwendigkeit
zur Adaption (zum Beispiel bei der Frage nach
spezifischen Konfliktlösungsstrategien). Diese
Notwendigkeit kann in den Workshops auf-
gegriffen werden.
2. Workshops als Lernarrangements
Die Workshops mit den genannten Zielgruppen
bilden den Kern von „Peace Counts on Tour“. Die
modulare Konzeption mit einzelnen Bausteinen
erlaubt eine kontextbezogene Anwendung und Ankunft von Workshop-TeilnehmerInnen in Kaliningrad,
die offene Gestaltung der Workshops. Nicht alle 2008.Zwischenbilanz 15 an die Ausstellung ausgehändigt. Die erste Frage lautet: „Welches Foto drückt für Sie be- sonders das Motto ,Frieden machen!‘ aus?“ Dieser visuelle Zugriff wird von den Gruppen mit großer Intensität aufgenommen und die TeilnehmerInnen begründen ihre jeweilige Wahl sehr ernsthaft und reflektiert. Die ausgewählten Fotos legen bereits vielfältige Assoziationen zum Thema frei. In der anschließenden Diskuss- ion werden unterschiedliche Friedensvorstel- lungen und Verständnisse des Friedensbegriffes Was ist Frieden? Workshop in Colombo, 2007. aufgegriffen, diskutiert und vertieft. 2. Erfahrungen mit der Eskalation und Deeska- Kernbereich. Dazu wird unter anderem die lation von Konflikten stehen im Zentrum des Multimedia-CD-ROM verwendet, die eine zweiten Moduls. Zentrales Medium ist das ausführliche Präsentation der Reportagen als Material „Streitkultur“, u. a. mit einer Visuali- Ton-Bild-Anwendung ermöglicht. Häufig geht sierung der „Neun Stufen der Konflikteskala- es um die Frage, wie Menschen aus Gewaltspi- tion“ (Friedrich Glasl). Bei den Workshops ralen ausbrechen bzw. sich diesen widersetzen gelingt es, mit Hilfe dieses Mediums Konflikte können und welche Rolle dabei der jeweiligen aus der Erfahrungswelt der TeilnehmerInnen (gesellschaftlichen) Umgebung zu kommt. zu besprechen und zu erhellen. Dabei geht es Gerade in Post-Konfliktgesellschaften ist dies ein jedoch nicht nur um das individuelle Konflikt- Thema von herausragender Bedeutung. potenzial im eigenen Umfeld. So übertrug eine der Arbeitsgruppen in Abidjan die Situation auf 4. Das Modul „Wie man Frieden macht“ rundet die von Eskalation geprägte Arbeit der aktuellen den Workshop ab und sieht unter anderem eine Wahlkommissionen in der Côte d’Ivoire und ent- Auseinandersetzung und Weiterentwicklung wickelte Schritte für die Deeskalation. In Davao der von Peace Counts entwickelten Thesen City ging es um Konfliktmanagement hinsicht- „Wie man Frieden macht“ vor (siehe Seite 71). lich der Zusammenarbeit im eigenen Netzwerk Die Auseinandersetzung mit diesen Thesen ist oder in Indien um den Umgang mit Angehöri- wechselseitig befruchtend: Zum einen eröffnet gen unterschiedlicher ethnischer / religiöser sie für die Teilnehmenden einen neuen Blick Gruppen. Das Modul stößt bei allen Gruppen auf eigene Stärken und Schwächen in Bezug auf reges Interesse und führt zu Diskussionen, in auf Friedensfähigkeit und –kompetenzen und welcher Konfliktphase mit welchen Methoden lässt das Bewusstsein wachsen, sich selbst als FriedensstifterInnen in einen Konflikt eingreifen FriedensstifterInnen wahrzunehmen. Dies war können – und wann ihr Eingreifen nicht mehr bei z. B. der Arbeit mit einer internationalen Erfolg versprechend zu sein scheint. Polizistengruppe (Skopje) und mit Sozialar- 3. Für das Modul „Best Practice-Beispiele für beiterInnen (Kaliningrad) eindrücklich. Zum Friedensstiftung“ sind unterschiedliche, kon- anderen hat die Auseinandersetzung genau vor textbezogene Pfade möglich: Die Vertiefung diesem Hintergrund neue Erkenntnisse für die einzelner Peace Counts-Reportagen ist ein Fortschreibung der Thesen ergeben.
16 Zwischenbilanz
Friedenspädagogik: Die Workshop-Module
Module Ziele Methoden Medien
Modul_1: Auseinandersetzung mit Rundgang durch die Ausstel- Ausstellung;
unterschiedlichen Friedens- lung; Visueller Zugang: Wahl Fotokarten
Visions of vorstellungen, -visionen und eines Fotos („Welches Foto aller Fotos
Peace konzepten. Auswertung vor drückt für Sie am eindrucks- der Ausstel-
dem Hintergrund individueller vollsten Ihre Vorstellung von lung in A 4;
Erfahrungen in Ergänzung mit Frieden aus?“); Erarbeitung Handout;
Definitionen aus der Friedens- einer Definition; Präsentation,
und Konfliktforschung. Auswertung und Input im
Plenum.
Modul_2: Sensibilisierung für Konflikte; Arbeit in Kleingruppen mit Bilderbox
Anregungen zur Wahrneh- Zeichnungen (Neun Stufen der „Streitkultur“
Conflict and mung, Beurteilung und Konflikteskalation; Regeln für des ift;
violence: es- Interpretation von Konflikt- Konfliktbearbeitung); Präsenta-
calation and situationen. Diskussion von tion, Auswertung und Input im
deescalation Handlungsmöglichkeiten in Plenum.
Konfliktsituationen.
Modul_3: Auseinandersetzung mit den Multimedia-Präsentationen; CD-ROM
Best Practice-Beispielen und „Aneignung“ durch Eigen- „Peace
Best Practice Diskussion der Transfermög- präsentation; Kleingruppen, Counts.
of Peace- lichkeiten auf die spezifische Präsentation, Auswertung und Best reports.“
building Konfliktsituation. Input im Plenum.
Modul_ 4: Identifizierung und Diskussion Multimedia-Präsentation, CD-ROM
möglicher Fähigkeiten und Diskussion in Kleingruppen, (s.o.);
How to be a Kompetenzen von Friedens- Präsentation, Auswertung und Zehn Thesen
peacebuilder stifterInnen; Kritische Ausein- Input im Plenum. „How to be a
andersetzung mit den zehn Peacebuilder“
Thesen „How to be a Peace-
builder“; Diskussion der Situa- DVD „Peace
tion vor Ort. Abschluss. Counts on
Tour“Zwischenbilanz 17
Peace Education Package:
Die Materialien
Für die Durchführung der jeweiligen Stationen 3. CD-ROM „Peace Counts. Best Reports“
von Peace Counts on Tour stehen neben der Mit Fotos, Videos und Hörsequenzen;
im Zentrum stehenden Wanderausstellung verfügbar in deutsch und englisch.
„Peacebuilders Around the World“ eine Reihe
von didaktischen Materialien zur Verfügung. 4. DVD „Peace Counts on Tour. On the traces of
Sie sind vor allem für TeilnehmerInnen der an international peace project“
friedenspädagogischen Workshops konzipiert Dauer 16 Minuten, verfügbar in deutsch und
und können in begrenzter Stückzahl für die englisch.
Weiterarbeit vor Ort zur Verfügung gestellt
werden. 5. Ausstellungskatalog
Katalog zur Ausstellung „Peacebuilders Around
1. Posterserie „Peacebuilders Around the World“ the World“ in der jeweiligen Landessprache.
14 vierfarbige Poster im Format DIN A 1;
verfügbar in deutsch, englisch, französisch, 6. Handout
spanisch, russisch. Ein Handout in der jeweiligen Landessprache
enthält für die TeilnehmerInnen der Work-
2. Posterserie „Culture of Conflict“ shops alle eingesetzten Arbeitsmaterialien
3 vierfarbige Poster im Format DIN A 1; und -texte.
verfügbar in deutsch, englisch, spanisch und
russisch.
Insgesamt hat sich gezeigt, dass das Angebot die Intensität der Kommunikation zu einzelnen
partizipativer und dialogorientierter Methoden Gruppenmitgliedern positiv beeinflusst.
sehr wichtig für die TeilnehmerInnen ist. Für
viele war allerdings zunächst ein Umdenken er- Schließlich haben sich im Projektverlauf drei
forderlich, weil sie mit einem eher vortrags-ori- unterschiedliche, teilweise aufeinander aufbau-
entierten Workshop gerechnet hatten. Trotzdem ende Formate für die Workshops herauskristal-
ließen sie sich von den eingesetzten Methoden lisiert:
inspirieren und zeigten hohes Interesse, diese in • Die „One Day Workshops“ für jeweils eine
ihren Arbeitsfeldern einzusetzen. Zielgruppe (MultiplikatorInnen/JournalistIn-
Ein weiterer Erfahrungswert ergibt sich aus der nen) erweisen sich als geeignetes Format,
Frage nach der Akzeptanz des „Peace Counts on um viele Personen im Verlauf einer Station
Tour Teams“ durch die TeilnehmerInnen. Hier anzusprechen und für die Thematik und den
wurde die Notwendigkeit eines geschlechtlich Ansatz von Peace Counts zu sensibilisieren.
gemischten Teams bestätigt. Es hat sich zusätz- • Die „Training of Trainers Workshops (ToT)“
lich gezeigt, dass die Zusammenarbeit jüngerer eignen sich zur Vertiefung und sind hin-
und älterer KollegInnen große Vorteile bei der sichtlich der gemeinsamen Weiterarbeit
Ansprache der TeilnehmerInnen bringt und besonders nachhaltig. Dafür stehen die18 Zwischenbilanz
beiden Beispiele Sri Lanka und Indien. Der der Vorbereitungsphase die Rücksprachen mit
fünftägiger ToT in Delhi hat zum Beispiel den Partnern vor Ort zu Adaption der Module
einen enormen und nicht vorhersehbaren und Bausteine des Workshops. So wurde zum
Schneeballeffekt und die Bildung eines Beispiel in Mazedonien besonders der Umgang
„Peace Counts Teams India“ ausgelöst (siehe mit den Materialien hervorgehoben, die im neu
Seite 47ff ). etablierten Unterrichtsbereich „Civic Education“
• Die vertiefte Zusammenarbeit mit Journa- eingesetzt werden können. Auf den Philippinen
listInnen schließlich zielt auf die Erarbeitung wiederum wurde das „Storytelling“ als bewährte
eigener Reportagen über FriedensstifterIn- Kommunikationsmethode aufgegriffen und
nen im Heimatland ab und wurde erstmals zum festen Bestandteil der Workshops.
erfolgreich in Côte d´Ivoire nach Ende von
„Peace Counts on Tour“ als eigenständiges Konfliktanalysen tragen auch mit zur Wahl
Projekt praktiziert (siehe Seite 41). von Ort und Zeitpunkt der Maßnahme bei. So
wurden zum Beispiel einige Stationen gezielt
Die Wahl des Workshopformates hängt stark im Vorfeld von konfliktträchtigen Ereignissen
von den Interessen, Wünschen und natürlich durchgeführt (Côte d´Ivoire: Vorwahlzeit).
den Kapazitäten der Partnerorganisationen
vor Ort ab. Ein Konzept bestünde darin, eine 4. Prozess- und Dialogcharakter
Station mit „One Day Workshops“ zu starten Das zu Recht von Projekten wie „Peace Counts
und bei Zuspruch mit einem (oder mit beiden) on Tour“ geforderte „Ownership“ durch die
Vertiefungsworkshops fortzufahren. Partner vor Ort hängt nach allen bisherigen
Erfahrungen vom Prozess- und Dialogcharakter
3. Kontextualisierung des Unternehmens ab und bezieht sich auf alle
Einerseits hat sich herausgestellt, dass die drei Phasen, die jede Station von „Peace Counts
beschriebenen Lernmedien und Lernarrange- on Tour“ durchläuft: Vorbereitungsphase, Um-
ments von „Peace Counts on Tour“ gerade setzungsphase und Auswertungsphase. Dabei
dadurch bestechen, dass sie in ihrem Kerngehalt hat sich die Vorbereitungsphase als entschei-
unverändert in allen Stationen eingesetzt wer- dend für den weiteren konstruktiven Verlauf
den konnten und von bislang allen Partneror- im Sinne von „Ownership“ erwiesen: Nachdem
ganisationen und den TeilnehmerInnen als sehr die Entscheidung für ein Land gefallen ist, geht
wertvoll eingeschätzt wurden. Andererseits ist es in dieser Phase darum, gemeinsam mit den
trotzdem eine gewisse Kontextualisierung der Partnern die Maßnahme konkret zu planen
einzelnen Stationen unabdingbar. Grundlage ist sowie weitere Allianzen mit weiteren Partnern
eine umfassende und aktuelle Konfliktanalyse, zu etablieren. Dabei übernehmen die Partner
um die Rahmenbedingungen, Probleme und vor Ort rasch eine tragende Rolle: Sie bestim-
Handlungsoptionen vor Ort präzise einschätzen men den Ort der Maßnahme (Ausstellungs- und
und den diesbezüglichen Dialog mit den Workshopräume), laden Gäste (Ausstellungs-
Partnern vor Ort führen zu können. Darüber eröffnung) und die TeilnehmerInnen für die
hinaus hängt von der Konfliktanalyse auch die Workshops ein, geben Hinweise für die inhalt-
Auswahl derjenigen Best Practice-Beispiele liche Vorbereitung, organisieren Verpflegung,
ab, welche im Workshop vertiefend behandelt Unterkunft und Medienarbeit. Vielfach lässt
werden sollen. Immer wieder führen während sich diese große Herausforderung nur durch dieZwischenbilanz 19
gemeinsam in den Workshops diskutiert werden
kann:
• Vermittlung in ethnopolitischen Konflikten
• Sport als Ansatz für Konfliktbearbeitung
• Interkulturelle Bildung
• Kommunale Friedensarbeit
• Friedenszonen in Kriegsgebieten
• Ausstieg aus Gewaltspirale und Reintegration
• Verbindung von Frieden und Entwicklung
• Dialogmodell für Konfliktparteien
• Empowerment in Konfliktgebieten
• Konflikttraining im Gefängnis
• Jugendarbeit in geteilter Gesellschaft
• Friedenserziehung
Wie beurteilen die Partner vor Ort und die
TeilnehmerInnen der Workshops diesen Ansatz?
In einer Nachbetrachtung der Station Colombo
schreiben die Verantwortlichen der Partner-
organisation FLICT: „The participants of the
Tischkarten bei Eröffnungsveranstaltung, Colombo, 2007.
training workshops found the pictures and the
stories behind them fascinating and inspiring. It
was interesting that each different group related
Bildung neuer Kooperationen und Allianzen vor more closely to one or another of the pictures
Ort schultern. Ob in Davao City (Philippinen) whose context was similar to their lives and
oder in Bogota (Kolumbien): Je größer der Prob- work. Thus, school teachers related to the story
lemdruck und je ungewöhnlicher die Koopera- related to the school linking Palestinians and
tionen desto intensiver die Vorbereitungsphase Israelis. Those working with communities found
und desto rascher übernahmen die Partner the story from South Africa most interesting and
vor Ort einen großen Teil der Verantwortung participants coming directly from the conflict
und machten sich „Peace Counts on Tour“ zum areas were inspired by the story from the Philip-
eigenen Projekt. pines. Many felt akin to the situation in the
country approximating the long drawn conflict
5. Best Practice-Ansatz in the Philippines, lessons from there had direct
„Journalistisch und didaktisch aufbereitet sind relevance. The most popular was the story from
Best Practice-Beispiele eine bisher noch wenig Colombia. Many felt that sports in Sri Lanka of-
genutzte Quelle der Inspiration für die Konflikt- fers an excellent entry point for peacebuilding.
parteien in den Krisenregionen dieser Erde“ so In times where political discussions and state-
lautet ein Credo von „Peace Counts on Tour“. ments get more and more difficult and danger-
Ein Blick auf die Inhalte der Ausstellung zeigt ous, we need to urgently find less political, less
die Vielfalt der Ansätze für Friedensstiftung, controversial ways and alternative safe spaces
über deren kontextbezogene Anwendbarkeit for people to stay connected across the divide.“Sie können auch lesen