Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009

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Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
Peace Counts on Tour
Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des
Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-
forschung 2009
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
Dank                                                          Inhalt
Ohne Fördereinrichtungen ist vieles nicht
machbar. Das Institut für Auslandsbeziehun-
gen mit seinem Förderprogramm zivik ist eine                  Einleitung                               1
besonders innovative Einrichtung. Für die
Förderung von „Peace Counts on Tour“ sowie                    Dieter Senghaas
der vorliegenden Broschüre, vor allem aber                    Peace Counts on Tour – Laudatio          3
auch für die konstruktive Kritik in den zurück-
liegenden Jahren gilt dem Team von zivik ein                  Uli Jäger
großer Dank.                                                  Peace Counts on Tour – Zwischenbilanz   11
                                                              Stationen 2007 bis 2009                 26

                                                              Info: Peace Support Network             40

                                                              Tilman Wörtz
                                                              Côte d‘Ivoire                           41

                                                              Nadine Heptner
Impressum                                                     Indien                                  47

Peace Counts on Tour.                                         Anne Romund
Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-
Preises 2009.
                                                              Kolumbien                               57

Redaktion: Uli Jäger                                          Jasna Bastic
© 2010, Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V.
                                                              Interview                               69
Corrensstr. 12, 72076 Tübingen
Tel: 07071 920510                                             Michael Gleich
Email: kontakt@friedenspaedagogik.de
www.friedenspaedagogik.de
                                                              Wie man Frieden macht: 10 Thesen        71

Satz und Layout: 8421medien.de, Rottenburg a.N.               Materialien                             73
Druck: Deile, Tübingen

Bildnachweise: Die Peace Counts-Fotografen Frieder Blickle,
Paul Hahn, Lukas Koch und Uli Reinhardt sowie Günther
Gugel, Nadine Heptner, Uli Jäger, Thoralf Plath.

ISBN: 978-3-932444-49-4
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
Einleitung                                                                                          1

Einleitung                                         Peace Counts on Tour

Im Mai 2009 wurde dem Projekt „Peace Counts        „Peace Counts on Tour“ ist Teil des Partner-
on Tour“ in Marburg der Peter-Becker Preis für     netzwerkes „Peace Counts“. Es wird getragen
Friedens- und Konfliktforschung 2008/09 der        von der Culture Counts Foundation, dessen
Philipps-Universität Marburg verliehen. Die        Geschäftsführer Michael Gleich das Vorhaben
Verleihung dieses Preises ist eine großartige      initiiert hat, von der Agentur Zeitenspiegel,
Bestätigung für eine siebenjährige, intensive      deren JournalistInnen und Fotografen die
Projektarbeit in Deutschland und in Konflikt-      Reportagen über die Best Practice-Beispiele
und Kriegsregionen dieser Erde. Die Vergabe        weltweiter Friedensstiftung erstellt und
dieses Preises ist darüber hinaus ein Ausrufe-     veröffentlicht haben und schließlich vom
zeichen, um die öffentliche Aufmerksamkeit für     Institut für Friedenspädagogik Tübingen,
Friedensprozesse zu erhöhen und um erfolgre-       welches für die Konzeption und Durch-
iche Friedensstiftung auch im Mikrokosmos der      führung eines vertiefenden Lernarrange-
Konfliktherde zu identifizieren und zu unter-      ments verantwortlich ist.
stützen.                                           Gefördert wird das Projekt vom Institut für
                                                   Auslandsbeziehungen mit seinem Förder-
„Peace Counts on Tour“ ist Teil des Partnernetz-   programm zivik, ausgestattet mit Mitteln des
werkes „Peace Counts“, in dem JournalistInnen,     Auswärtigen Amtes. Kooperationspartner
PädagogInnen und WissenschaftlerInnen auf          sind die Gesellschaft für Technische Zusam-
bislang einzigartige Weise zusammenarbeiten.       men- arbeit (GTZ),  die Organisation „Brot für
                                                   die Welt“ oder weitere Einrichtungen (z. B.
Das Partnernetzwerk „Peace Counts“                 Goethe Institute).
• recherchiert und publiziert Dokumenta-
  tionen vorbildlicher Friedensprojekte und        Kernelemente sind die Ausstellung „Peace-
  erfolgreicher FriedensmacherInnen;               builders Around the World“ sowie ein den
• konzipiert und erprobt auf dieser Grundlage      unterschiedlichen Kontexten angepasstes
  Lernprozesse, wie man Frieden macht;             Begleitprogramm, das aus Workshops für
• produziert eigene Medien wie Ausstellungen,      Multi-plikatorInnen und JournalistInnen
  CD-ROMs, DVDs, Broschüren und Poster;            besteht.
• arbeitet in Konfliktregionen mit JournalistIn-   Hauptziel ist die Schaffung von Lern- und
  nen und MultiplikatorInnen;                      Begegnungsplattformen um gemeinsam er-
• unterstützt Friedensprojekte und Friedens-       arbeiten zu können, wie man Frieden macht.
  macherInnen.                                     Durchgeführt wird „Peace Counts on Tour“
                                                   von einem ExpertInnenteam der Projekt-
                                                   träger, in enger Zusammenarbeit und Ab-
Die Auszeichnung mit dem Peter-Becker-Preis        stimmung mit Partnerorganisationen vor Ort.
war Anlass für eine Zwischenbilanz des bis-
lang Geleisteten und für die Erstellung dieser     Stationen 2007-2009: Sri Lanka, Mazedonien,
Publikation.                                       Côte d’Ivoire, Philippinen, Russland, Indien,
                                                   Kolumbien.
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
2                                                                                      Einleitung

    Vor- und Rückseite einer Tafel der Ausstellung „Peacebuilders Arount the World“.
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
Laudatio                                                                                              3

Peace Counts on Tour:
Laudatio
Dieter Senghaas

Laudatio aus Anlass der Verleihung des Peter-
Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-
forschung 2008/09 der Philipps-Universität Mar-
burg an das Projekt „Peace Counts on Tour“
29. Mai 2009
                                                    Prof. Dr. Dieter Senghaas in Marburg, Mai 2009.
I
In der in den meisten deutschen Apotheken           Gewaltlastigkeit der journalistischen Berichter-
monatlich neu ausliegenden Zeitschrift für die      stattung über das Weltgeschehen im großen
älteren Menschen unter uns, dem Senioren-           und im kleinen las: seine Klage über die
Ratgeber, findet sich im April 2009 ein Interview   inhaltliche Orientierung der Massenmedien
mit dem allenthalben bekannten Schauspieler         – über eine Berichterstattung, die gewisser-
Mario Adorf, der im kommenden Jahr 2010             maßen unter dem Motto steht: „If it bleeds, it
seinen 80. Geburtstag feiern kann. An einer         leads.“ – frei übersetzt: „Wo Blut fließt, da sind
Stelle bemerkt der Interviewer folgendes:           die Schlagzeilen sicher.“ Oder anders formuliert:
„Ihren Durchbruch hatten Sie in der Rolle eines     „Good news, no news!“
psychopathischen Frauenmörders. Danach
waren Sie lange auf Bösewichter festgelegt…“        Was Michael Gleich und seine Kollegen von
Daraufhin Mario Adorf:                              Peace Counts im Hinblick auf Journalismus
„Das stimmt nicht. Schon diese Rolle hatte ich      diagnostiziert haben – die Ferne des Friedens
nur unter der Bedingung gespielt, daß ich in        –, das zeigt sich auch in anderen Bereichen. So
der nächsten Produktion einen guten Charakter       haben vor wenigen Jahren Kollegen und Kol-
spiele. Und so habe ich das eigentlich immer        leginnen aus der Geschichts- und Kulturwissen-
gemacht. Gut, durch den Karl-May-Film Win-          schaft, die sich mit der Darstellung des Friedens
netou I war ich dann etwas auf die Schurken         in der bildenden Kunst, also der Ikonographie
festgelegt. Aber auch danach habe ich immer         des Friedens, beschäftigten, einen „Verlust der
wieder andere Charaktere gespielt.“                 Friedensbildlichkeit in der Moderne“ diagnosti-
Dann aber setzt der Interviewer nach und stellt     ziert. Und in der Tat, zeitgenössische Darstellun-
fest:                                               gen des Friedens à la Picasso, so seine ein-
„Aber die Schurkenrollen sind die, die beim         drucksvolle Ausgestaltung einer Kapelle aus
Publikum hängenbleiben.“                            dem 14. Jahrhundert in der Stadt Vallauris als
Woraufhin Mario Adorf antwortet:                    „Temple de la Paix“, sind eine Seltenheit.
„Ja, das ist auch im Theater so. Die Bösen sind     Auch erinnere ich mich selbst an eine Rund-
die erfolgreicheren Rollen.“                        funksendung, in der ich mit Musikbeispielen die
Ich war an dieses Interview erinnert, als ich       Friedensproblematik in aller Breite erläuterte
Michael Gleichs Klage über die Kriegs- und          und hörbar werden lassen wollte. Damals war
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
4                                                                                            Laudatio

in den USA gerade ein Buch von Robert Kagan,           wir Themenvorschläge gemacht hatten, in der
einem Stichwortgeber für die Bush-Adminis-             Hoffnung, sie würden unsere Reportagen über
tration, erschienen. In diesem Buch charak-            Friedensmacher in ihren Magazinen veröffentli-
terisierte er die USA als marshaft und Europa          chen. Wir ließen uns nicht entmutigen. Peace
als venushaft. Mars: das war die Identifikation        Counts-Reporter und –Fotografen reisten
einer Weltpolitik mit militärisch abgesicherten        dennoch in die Krisenregionen der Welt, immer
Machtmitteln (realistisch!), und Venus, das war        auf der Suche nach Menschen, die erfolgreich
der Inbegriff für die verweichlichten Europäer,        Konflikte mit friedlichen Mitteln lösen.“
die unfähig seien, sich auf der Höhe weltpoli-         Peace Counts war und ist somit der Versuch,
tischer Realitäten zu bewegen. Diese Kontrastfo-       Fälle gelingenden Friedens aufzuspüren und zu
lie, von Kagan bitter ernst gemeint, konnte nun        dokumentieren, wobei nicht die sogenannte
in der Musik illustriert werden mit Hilfe der er-      große Politik im Vordergrund steht, sondern ein
sten beiden Sätze aus Gustav Holsts The Planets:       vielfältiger Mikrokosmos der Friedensmacher in
Satz 1 ist überschrieben: „Mars, The Bringer of        vielen Teilen der Welt.
War“ – ein Satz mit den typischen martialischen
Instrumenten wie Trompeten, Posaunen und           Die Friedensmacher, das sind einzelne Personen,
einer dröhnenden Percussion; ein Satz, der         die eine konkrete Vision darüber haben, wie in
markig, holzschnitthaft, ostinat-hämmernd und      einem zunächst begrenzten Umfeld der Nei-
konturenscharf verfährt. Demgegenüber ist          gung zu Gewalt und Gewalthandlungen entge-
der zweite Satz: „Venus, The Bringer of Peace“     gengewirkt werden kann – und darüber hinaus:
                                                   wie sich friedliches Zusammenleben trotz be-
durch ein lyrisch helles, feinsinnig-vielgliedriges,
überdies ausladend-episches und dialogisches       stehender Interessen- und Identitätskonflikte in
Klangbild charakterisiert, wobei nunmehr Holz-     der Folge langwieriger und mühsamer, klug auf-
bläser, Hörner, Harfen, das Glockenspiel und die   bereiteter kollektiver Lernprozesse inszenieren
Solovioline den Ton angeben.                       läßt. Ja, die Prozesse, die in den Materialien von
                                                   Peace Counts dokumentiert sind, sind in der Tat
Am Ende der kurzen kontrastierenden Einspie-       langwierig und mühsam. Dabei zeigt sich, daß
lungen bemerkte danach die Moderatorin,            Umsicht, Klugheit, insbesondere Einfühlungs-
Friedensmusik sei doch eigentlich langweilig;      vermögen, aber auch Zielgerichtetheit uner-
die wirkliche Virtuosität von Komponisten und      läßliche Aktivposten derjenigen sind, die sich als
Komponistinnen käme in deren Darstellungen         Friedensmacher bewährt haben. Ihre Aktivität
von Kampf und Streit, von Konflikt und Antago- könnte man als „therapeutische Konfliktinter-
nismen, auch von Krieg zum Ausdruck.               vention“ beschreiben: Hermeneutische Fähig-
                                                   keiten sind dabei besonders gefragt, im übrigen
                                                   auch die Ausrichtung solcher umsichtiger
II                                                 Intervention auf die Sicherung und Entfaltung
Nun lese ich in einer die eigenen Aktivitäten erk- einiger zentraler Grundbedürfnisse von Men-
lärenden Broschüre des Journalistennetzwerkes schen wie Sicherheit, Anerkennung, Fairness,
Peace Counts Project folgendes:                    Gerechtigkeit, Selbstbestimmung – d. h. von
„’Frieden ist doch langweilig’. Diesen Satz        Bedürfnissen, deren dramatische Missachtung
hörten wir zu Beginn des Projekts Peace Counts in aller Regel die Ursache für Konflikte und ihre
immer wieder. Redakteure sagten ihn, denen         Eskalation ist.
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
Laudatio                                                                                                5

                                                        die Mißachtung von Grundbedürfnissen, die
Peace Counts hat auf der Grundlage von                  Zementierung von krasser sozialer Ungleichheit
25 Dokumentationen, z.B. über Szenen der                sowie der Ausschluß von politischer Teilhabe:
Straßengewalt zwischen Jugendlichen und der             Sachverhalte, die in einer alltäglich als sozial
Polizei in Brasilien, über den Konflikt zwischen        ungerecht erlebten Diskriminierung bewußt
christlichen Regierungstruppen und der islam-           werden. Solche Erfahrung initiiert im Laufe der
ischen Befreiungsfront auf Mindanao, über die           Zeit meist unausweichlich die Eskalation eines
Auseinandersetzung zwischen Nomadenvölk-                Konfliktes, wenn keine Aussicht auf eine kon-
ern (Clans) um Wasserrechte und andere Fälle,           struktive Konfliktbearbeitung besteht, also kein
induktiv Kenntnisse über Konfliktursachen,              Licht am Ende des Tunnels aufscheint.
Konflikteskalationen, aber vor allem auch über
Wege und Modalitäten einer konstruktiven                Und auch hier zeigt sich in einzelnen doku-
Konflikttransformation erarbeitet. Für den              mentierten Beispielen Bekanntes: nämlich
Erfahrungswissenschaftler sind diese mikroana-          die Übersetzung einer Konfliktdynamik, die
lytisch gewonnenen Kenntnisse von Interesse,            in eigentlich prinzipiell konstruktiv bearbeit-
selbst dann, wenn sie nicht umstürzend neu              baren Positionen ihren Ausgang nimmt, in eine
sind, sondern bewährte, auf anderen Ebenen              autistisch werdende und als solche zu bezeich-
und mit anderen methodischen Zugängen                   nende Feindschaft. D.h. die Eskalation resultiert
gewonnene Erkenntnisse bestätigen.                      aus einer wachsenden Selbstbezogenheit der
                                                        Konfliktparteien, welche die Bereitschaft zu
So sehen sich Friedensmacher nach Michael               einer wirklichkeitsnahen Selbsterkenntnis und
Gleich in der Regel mit politisch virulenten Situ-      folglich auch zu Selbstkritik untergräbt. Unter-
ationen konfrontiert, die er auf eine 6-P-Formel        graben wird auch die Fähigkeit, die jeweilige
bringt: Profitgier, Panik, Profilierung, Propa-         Gegenseite einigermaßen wirklichkeitsnah zu
ganda, Politkalkül, Primitivität. Profitgier, sie ist   erkennen, von empathischem Verständnis ganz
definiert durch die Beobachtung „Jenseits des           zu schweigen. In einer solchen Situation kommt
Gartenzauns ist das Gras immer grüner…“; Pan-           paradoxerweise in propangandistischer Rede
ik, das meint tiefliegende Ängste vor anderen           Sprachlosigkeit zum Ausdruck; letztlich wird
und Fremden; Profilierung, definiert sich durch         Gewalt zu einem Medium der Kommunikation.
die Tatsache, dass Kriege und potentielle oder
tatsächliche Gewalthandlungen auch Karrieren            Ein- bzw. zweipolige Autismen nicht entstehen
ermöglichen und neue Eliten schaffen („Kriegs-          zu lassen, der Gefahr einer „Verbiesterung“ des
herren“); Propaganda, worüber einseitige                Konfliktes frühzeitig entgegenzuwirken, dazu
Informationen die tatsächliche Interessenlage           beizutragen, daß frühzeitig Selbsterkennt-
verzerren; Politkalkül, vermittels dessen Partei-       nis Raum gewinnt und eine nicht projektive,
funktionäre Konflikte für strategische Vorteile         sondern wirklichkeitsnahe Realitätsprüfung
anheizen; schließlich sind Friedensmacher mit           stattfindet und Gravamina offengelegt werden,
Primitivität konfrontiert, d.h. mit Dummheit.           um Konfliktstreitpunkte potentiell handhabbar
                                                        zu machen – diese und andere Bemühungen
Und natürlich sind den Friedensmachern                  in ganz unterschiedlichen Kontexten zeich-
auch die tieferliegenden Ursachen militant              nen Friedensmacher aus, motiviert durch eine
werdender sozialer Konflikte wohlvertraut:              jeweils auf die Ortsumstände ausgerichtete
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
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Prof. Dr. Volker Nienhaus (Präsident der Philipps-Universität Marburg) und Peter Becker, Stifter des Preises für
Friedens- und Konfliktforschung der Universität Marburg.

Vision, daß hic et nunc Frieden möglich ist. Dazu             die hermeneutischen Fähigkeiten, um jene
gehören offensichtlich, wie in den dokumen-                   Handlungen und Symbole, die in aller Regel bei
tierten Beispielen in Wort und Bild erläutert,                einer drohenden oder tatsächlichen Eskalation
ein gewisses Charisma der Akteure, die intel-                 als bedrohlich oder gar provokativ empfunden
lektuelle Fähigkeit, die jeweiligen spezifischen              werden, zu verstehen und ihnen, sagen wir,
Konflikthintergründe zu verstehen, eine                       verständnisvoll entgegenzuwirken.
Einfühlungsgabe und nicht zuletzt die Fähig-
keit, situationsangemessen zu handeln, auch                   Solche Fähigkeiten in einer von Dialektik durch-
die Fähigkeit, die Macht des Wortes ins Spiel zu              setzten Konstellation sind auch erforderlich, um
bringen, also ein Redetalent.                                 das zu schmieden, was in der neueren Diskus-
                                                              sion unter dem Stichwort Friedensallianzen
Man verwechsle solche Begabungen nicht                        avisiert wird: also der Aufbau von Netzwerken,
mit technokratischen Fertigkeiten! Wissen ist                 in denen sich ganz unterschiedliche Akteure
erforderlich, sicherlich auch manche Tricks aus               zusammenfinden: frühere Kombattanten,
den Rezeptbüchern der Konfliktlösung, so die                  Friedensbewegte, Entwicklungshelfer, Un-
elementare Devise im Hinblick auf drohende                    ternehmer, Nichtregierungsorganisationen,
Konflikte: „Catch them young!“ Entscheidend                   lokale Behörden, Regierungsmitglieder, auch
jedoch sind, es sei wiederholt, neben Ver-                    multinationale Organisationen. Die Idee dabei
handlungsgeschick, Geduld und Ausdauer                        ist, Wege aus den potentiellen und akuten
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
Laudatio                                                                                          7

Sackgassen eines pathologischen, d.h. eines zur      che Grundlage einer sich aktivierenden Nach-
„Verschlimmbesserung“ beitragenden Lernens           denklichkeit beizutragen bzw. um über wissbare
zu finden und entsprechende „Gehversuche“            positive Beispiele den gewaltgeneigten Affekten
nachhaltig zu stabilisieren.                         entgegenzuwirken.

                                                     Um eine solche Wirkung zu erreichen, hat sich
III                                                  Peace Counts on Tour ein vielfältiges Instru-
Dies waren einige Schlaglichter auf Peace            mentarium ausgedacht: Ausstellungen, die
Counts, ohne die Peace Counts on Tour – der          gelungene Fälle von Friedenmachen dokumen-
eigentliche Preisträger des Peter-Becker-Preises     tieren, Diskussionsrunden unter Nutzung der
2008 – nicht zu verstehen ist. Der Übergang von      aus solchen Fällen aufbereiteten Materialien,
Peace Counts zu Peace Counts on Tour war und         Lernzirkel; besonders wichtig: Seminare mit
ist folgerichtig: Wenn man in 25 Fällen je einzeln   Journalisten, die in einem Konfliktgebiet aktiv
und für sich genommen beobachten konnte,             sind; weiterhin: die Nutzung von CD-ROMs und
warum trotz abträglicher örtlicher Bedingun-         anderen modernen Medien, die nach einer
gen aufgrund der Aktivitäten der jeweiligen          Ausstellung sowie nach den Lernzirkeln und
Friedensmacher die drohende bzw. tatsächliche        Seminaren eine Weiterarbeit vor Ort ermögli-
Gewaltszenerie mehr oder minder überwunden           chen. Von besonderer Bedeutung ist natür-
werden konnte, also ein Weg zu einer konstruk-       lich die Inszenierung von Friedensallianzen,
tiven Konfliktbearbeitung, ggf. zu friedlichem       anknüpfend an ggf. vor Ort bereits vorhandene
Ausgleich tatsächlich gelungen ist, der gelun-       institutionelle Knotenpunkte entsprechender
gene Friede also nicht nur ein Stück Utopie,         Aktivitäten, d.h. von bestehenden oder im
sondern im jeweiligen Umfeld Realität wurde,         Aufbau befindlichen, möglicherweise sich selbst
da liegt es nahe, diese je spezifischen Erkennt-     schon locker vernetzenden lokalen Partnern.
nisse systematisch auszuwerten, zu dokumen-
tieren und sie multimedial zu visualisieren, um
sie andernorts in immer noch gewaltgeneigten     IV
oder durch Gewalt gekennzeichneten Problem-      Man hat einmal gesagt, der Vergleich sei der
situationen als Quelle der Inspiration zu nutzen.Königsweg der Sozialwissenschaften, und ange-
                                                 sichts der Heterogenität der Welt ist eine solche
Wiederum: Peace Counts on Tour füttert nicht     Aussage nur nachdrücklich zu unterstreichen.
technokratisch aufbereitetes Wissen in fremde    In unserem Zusammenhang hier zeigt sich nun,
Situationen ein, sondern stimuliert die Sinne    daß der Vergleich, in diesem Fall: die sogenann-
und das Denken vermittels multimedial auf-       te best practice-Orientierung, zum Ausgangs-
bereiteter Fälle gelungenen Friedens, die alle   punkt friedenspolitischer Hebammendienste,
auch in eine Aufschaukelung von Gewalt und       nicht also von benchmarking!, wird – bench-
folglich in menschliche und gesellschaftliche    marking: das wäre technokratisch-abwegig. Daß
Katastrophen hätten münden können. D.h.          Peace Counts on Tour die Aktivitäten von Peace
Peace Counts on Tour wuchert mit dem lehr-       Counts mit Erfolg in diese Richtung erweitern
reichen, dem guten Beispiel, also mit bewährten konnte, verdankt sich nicht zuletzt der nunmehr
Fällen gelungenen Friedens, um an n-ter Stelle   über knapp vier Jahrzehnte akkumulierten
zu einer Deeskalation der Affekte als unerläßli- friedenspädagogischen Expertise des Tübinger
Peace Counts on Tour Zwischenbilanz anlässlich der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konflikt-forschung 2009
8                                                                                         Laudatio

Instituts für Friedenspädagogik, dessen Beginn,    Gugel vom Tübinger Institut verfügten über
Wachstum und einen nicht enden wollenden           eine breite Expertise über eine akademisch
Reifeprozeß ich als Mitglied im Stiftungsrat       zwar leicht zu formulierende, aber hinsichtlich
der Berghof Stiftung für Konfliktforschung         einer aussichtsreichen praktischen, didaktisch-
seit mehr als dreißig Jahren mit wachsender        operativen Übersetzung schwierige Problema-
Bewunderung begleiten durfte. Peace Counts         tik, nämlich Menschen unterschiedlichen Alters
hat durch die Kooperation mit dem Tübinger In-     und Bildungsgrads sowie einer unterschiedli-
stitut – und das heißt durch die Kooperation mit   chen Sozialisationserfahrung so in Projekten
Uli Jäger und Günther Gugel – die in der Bun-      zu begegnen, daß die Friedensproblematik für
desrepublik derzeit bestmögliche friedenspäda-     Menschen ganz unterschiedlicher Erfahrung
gogische und didaktische Expertise für ein in      und Prägung nicht nur bewußt, sondern zu
der Tendenz jetzt weltweit ausgelegtes Projekt     einer neuen Lebensaufgabe wird. Genau dieses
gewonnen. Die Tatsache, daß das Tübinger           Können war nun in den Projektvorhaben von
Institut friedenspädagogisch für Schulen und       Peace Counts on Tour erneut gefragt.
in Schulen gearbeitet hat, daß es Erfahrung in
der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung
kumuliert hat, daß es der Friedensarbeit sehr      V
frühzeitig multimediale didaktische Angebote       Nachhaltigkeit ist ein Stichwort unserer Zeit
verfügbar gemacht hat, garantiert, daß auch die    – und dies völlig zu Recht. Auch das Projekt,
Erweiterung der eigenen Tübinger Aktivitäten       das hier zu würdigen ist, bemüht sich um eine
im Kontext von Peace Counts on Tour, wenn ich      solche Orientierung: um dauerhaften Frieden
so sagen darf, erdverhaftet bleibt, so wie die     – eine Orientierung, die sich weder von selbst
in Sri Lanka, der Elfenbeinküste, in Mindanao      einstellt, noch in jedem Einzelfall wirklich
auf den Philippinen oder jüngst in Kaliningrad     garantiert werden kann. Dabei stellen sich
gemachten Erfahrungen in bisher fremdem            immer einige Kernfragen: Lassen sich vor Ort
Umfeld den in diesem Institut nimmermüden,         in Problemgebieten Menschen finden, die die
gewissermaßen mit schwäbischer Beharrlichkeit      Fähigkeit haben, Friedensmacher zu werden?
verfolgten Lernprozeß selbst noch einmal in-       Gibt es Ansatzpunkte, aus schon bestehenden
spirieren. Im übrigen: Eine der wichtigen Aktiv-   punktuellen Initiativen verläßliche Friedensal-
itäten der Tübinger ist auch das pädagogische      lianzen zu schmieden? Finden sich wirklich Jour-
Begleitprogramm zur Ausstellung über die           nalisten, die die Friedensberichterstattung zu
Erfolge von Friedensmachern, das für Schulklas-    einer Herzensangelegenheit machen und den-
sen hierzulande erarbeitet wurde.                  noch einen Zugang zu den Medien vor Ort und
Es ist also ein glücklicher Umstand, daß Peace     im weiteren Umkreis haben? Gibt es Freiräume
Counts und die Tübinger zu Peace Counts on         in Schulen und andernorts, um die multimedial
Tour zusammengefunden haben. Damit haben           aufbereiteten Materialien mit nachhaltiger
sich Friedensaktivisten mit jeweils spezifischen   Wirkung erfolgreich einsetzen zu können? Und
Expertisen, die Synergien entstehen ließen,        letztlich die schwierigste Problematik: Gibt es
zusammengetan: Peace Counts hatte für das          über den Mikrobereich des jeweiligen Projektes
gemeinsame Projekt einen Fundus von posi-          hinaus ein politisches Umfeld, das zumindest
tiven Erfahrungen, wie Frieden zu machen ist,      Projekte dieser Art toleriert, möglicherweise
zusammengetragen, und Uli Jäger und Günther        fördert und weiterträgt, wenigstens solche
Laudatio                                                                                                      9

                                                              versucht werden, sind heutzutage in aller
                                                              Regel zum Scheitern verurteilt, selbst wenn sie,
                                                              vordergründig betrachtet, kurzfristig erfolg-
                                                              reich zu sein scheinen. Die Gesellschaften dieser
                                                              Welt sind zu politisiert und nicht mehr wie z.B.
                                                              zu Zeiten des Imperialismus eine leichte und
                                                              kostengünstige Beute solcher Politik. In welch
                                                              katastrophale Situation eine solche Politik
                                                              führt, wo sie dennoch versucht wird, das zeigt
                                                              geradezu paradigmatisch die Entwicklung in Sri
                                                              Lanka in den vergangenen Wochen.
Verteter der Universität, Laudator, Preisstifter und Preis-
träger.                                                       Manchmal erschöpfen sich die Konfliktpartei-
                                                              en, und es entsteht eine Patt-Situation, zu der
Projekte nicht konterkariert oder gar regelrecht              es kräftemäßig keine Alternative gibt. Solche
bekämpft?                                                     Umstände haben schon im England des 13.
                                                              Jahrhunderts dazu beigetragen, daß es zur
Je mehr Projekte Peace Counts on Tour auf-                    berühmten Magna Charta von 1215, letztend-
grund der Unterstützung hiesiger Förderer                     lich einem Dokument wider Willen, gekommen
durchzuführen imstande ist – als Förderer zu                  ist. Die Umstände, die zum sogenannten Karfrei-
nennen sind das Auswärtige Amt, das Institut                  tagsabkommen in Nordirland geführt haben,
für Auslandbeziehungen, die Gesellschaft für                  waren keine prinzipiell anderen: Erschöpfte
Technische Zusammenarbeit, Brot für die Welt,                 Konfliktparteien bei schwindendem Resonanz-
im Hintergrund auch die Berghof Stiftung für                  boden in der jeweiligen Klientel sind ggf., wenn
Konfliktforschung –, umso mehr werden diese                   auch oft erst nach Jahrzehnten, zu einem poli-
Fragen sich stellen. Sie beziehen sich auf das                tischen Arrangement bereit, das sie eigentlich
Problem der Vermittlung von Mikro-, Meso- und                 unter allen Bedingungen vermeiden wollten:
Makroebene – eine Problematik, die sich der                   also auch hier eine Bereitschaft nur wider Willen.
akademischen Wissenschaft in analytischer
und potentiell praktischer Hinsicht immer auch                Manchmal gibt es auf der Makroebene Um-
schon gestellt hat: Den Frieden denken und                    bruchsituationen, die dadurch stabilisiert
schon gar Frieden machen – ernsthaft und das                  werden, daß die Streitfragen, die zur Konflikt-
heißt nicht schmalspurig verfolgt – glich immer               eskalation, im Grenzfall zum Bürgerkrieg, bei-
schon einem denkerisch und praxeologisch                      getragen haben, bewußt auf Zeit verdrängt
schwer einlösbaren Komplexprogramm, gleich-                   werden; man also nicht Wahrheits- und Versöh-
gültig, ob man sich top down oder bottom up                   nungskommissionen einsetzt, sondern einen
dieser politischen Herausforderung stellt.                    Mantel des Beschweigens, des Nicht-Erinnerns
Dabei ist folgendes zu bedenken:                              über die oft grausame unmittelbare Vergan-
                                                              genheit ausbreitet. Dieser Vorgang war in der
Reine top down-Strategien, vor allem, wenn                    Geschichte z.T. sogar das Ergebnis eines Diktats,
sie mit militärisch abgestützter, jakobinisch                 wie im Falle von Heinrich IV. und dem Edikt
inspirierter Assimilationspolitik durchzusetzen               von Nantes (1598), wo es zu Beginn des Ediktes
10                                                                                                        Laudatio

heißt: „Wir verbieten allen unseren Untertanen,      bin sicher, daß mit dem Preisgeld eine weitere
wes Standes sie auch seien, die Erinnerung auf-      friedenspolitische Aktivität dieses ungewöhn-
zufrischen.“ Gemeint war die Erinnerung an die       lichen Unternehmens – der nicht alltäglichen
fast 50 Jahre währenden Konfessionskriege im         Zusammenarbeit von Friedensjournalismus,
Frankreich der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun-       Friedensfotographie, Friedenspädagogik und
derts. Im postfrancistischen Spanien fanden sich     Friedenswissenschaft – ermöglicht wird.
zu einem solchen Arrangement des Beschwei-
gens die politischen Kräfte, die siegreich aus       Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Senghaas; bis 2005 Professor für inter-
dem Umbruch hervorgingen, zusammen. Dabei            nationale Politik und internationale Gesellschaft, insbeson-
war die Idee, daß sich die brisante Problematik      dere Friedens-, Konflikt- und Entwicklungsforschung am
einer Vergangenheitsbewältigung (Bürgerkrieg!        Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS)
Francos Diktatur!) nach zwei oder drei Jahrzehn-     an der Universität Bremen; seit 2005 Senior Fellow am InIIS.
ten allein schon aus biologischen Gründen
werde abfedern lassen und die eigentliche Aus-
einandersetzung mit der Vergangenheit dann
ein Gegenstand für die Geschichtswissenschaft
würde, den öffentlichen Diskurs also entlaste.
Natürlich bleibt auch diese Art der vertagten
Bewältigung ein Wagnis.

Als glücklich sind demgegenüber jene Fälle zu
bezeichnen, in denen das Neue aus freiwilliger
Einsicht als Resultat eines sich allmählich aus-
breitenden und sich durchsetzenden aufge-
klärten Selbstinteresses top down und bottom
up zustande kommt. Heute ist es die Aufgabe
von international orientierter Friedenspolitik,
durch umsichtiges Einwirken in Konfliktgebie-
ten das Entstehen einer derartigen politischen
Konstellation zu fördern – einer Konstellation, in
der sich auf allen Ebenen ein solches Umfeld für
eine konstruktive Konfliktbearbeitung entwick-
elt. Peace Counts on Tour mobilisiert hierfür
seinen Beitrag in einem diesem Projekt jeweils
kongenial erscheinenden Umfeld. Andere
haben in vielen Fällen ihren Beitrag erst noch
auf den Weg zu bringen.
Lassen Sie mich abschließend die Jury zur
diesjährigen Wahl des Preisträgers beglückwün-
schen: Ich freue mich, daß Peace Counts on Tour
als dritter Preisträger den Peter-Becker-Preis
erhält. Dieser Preis ist eine Ermutigung. Und ich
Zwischenbilanz                                                                                              11

Peace Counts on Tour –
Eine Zwischenbilanz
Uli Jäger

Ob in Sri Lanka, Côte d‘Ivoire oder Kolumbien:
Das Projekt „Peace Counts on Tour“ hat sich
anspruchsvollen Zielsetzungen verschrieben,
die in den jeweiligen Konflikt- und Kriegsregio-
                                                   Uli Jäger mit der russischen Übersetzerin Elena Plath,
nen („Stationen“)  unter gänzlich unterschied-
                                                   Kaliningrad, 2008.
lichen Voraussetzungen umgesetzt werden
sollen. Es geht um den Anspruch, innerhalb der     „Peace Counts on Tour“ ist Teil des Partner-
dreimonatigen Projektlaufzeiten Plattformen        netzwerkes „Peace Counts“, in dem JournalistIn-
für Begegnung und Dialoge zu schaffen um           nen, PädagogInnen und WissenschaftlerInnen
gemeinsam mit JournalistInnen, mit Mitarbei-       seit dem Jahr 2005 auf bislang einzigartige
terInnen von Nichtregierungsorganisationen         Weise zusammenarbeiten. Ohne die journalis-
und lokalen Friedenskräften, mit Studierenden      tischen Vorarbeiten wäre die Umsetzung von
und mit Lehrpersonal sowie gelegentlich auch       „Peace Counts on Tour“ nicht möglich gewesen.
mit ParlamentarierInnen und Angehörigen von        Denn die von Peace Counts recherchierten und
Sicherheitskräften neue Wege zur Förderung         publizierten Dokumentationen vorbildlicher
der Konflikttransformation im eigenen Land zu      Friedensprojekte und erfolgreicher Friedens-
erkunden und erste Schritte für die Umsetzung      macherInnen bilden den Bezugpunkt für die
zu erörtern. Damit verbindet sich im Hinter-       Lernmedien und die Lernarrangement sowie
grund die friedenspraxeologisch relevante Hoff-    den Best Practice-Ansatz von „Peace Counts on
nung, dass das Projekt nicht nur Anstöße und       Tour“.
Inspirationen für Einzelpersonen gibt sondern
auf gesellschaftlicher Ebene auch zur Stärkung     Ende des Jahres 2009 konnte das „Peace Counts
von etablierten oder neuen Friedensallianzen       on Tour Team“ auf Erfahrungen mit sieben
vor Ort führt.                                     Stationen zurückblicken: Sri Lanka, Mazedonien,
                                                   Côte d‘Ivoire, Philippinen, Russland, Indien, Ko-
Kernstück des Projektes sind ein- oder mehr-       lumbien. Konzipiert als ein „project in process“
tägige Workshops, die von MitarbeiterInnen des     wurde von Station zu Station hinzu gelernt. Ma-
„Peace Counts on Tour Teams“ in enger Zusam-       terialien mussten angepasst, Abläufe geändert
menarbeit mit Partnerorganisationen vor Ort        und neue Workshopformate entwickelt werden.
angeboten werden. Erprobte Lernmedien und          Ermutigt durch die über alle Stationen hinweg
-arrangements bilden die Grundpfei-ler der         festzustellenden positiven Rückmeldungen der
Workshops. Sie tragen dazu bei, den zentralen      Partner vor Ort und aufgrund der überwältigen-
Ansatz von „Peace Counts on Tour“ umzusetzen:      den Zustimmung vieler TeilnehmerInnen der
die gemeinsame Auseinandersetzung mit Best         Workshops sind auch für die kommenden Jahre
Practice-Beispielen erfolgreicher Friedensstif-    weitere Stationen geplant. Wie aber sieht vor
tung.                                              dem beschriebenen Erfahrungshintergrund und
12                                                                             Zwischenbilanz

 Peacebuilders Around the World: Die Best Practice Beispiele
 Region / Titel          Konflikte             Akteure                Ansatz / Themen

 1. Macedonia            Spannungen            Elena Gulmadova und Vermittlung in ethno-
 Elena mediates          zwischen Minderheit   die OSZE            politischen Konflikten
                         und Mehrheit

 2. Columbia             Gewaltkulturen und    John Jairo und         Sport als Ansatz für
 Peace through           Jugendgewalt          Straßenfußball-        Konfliktbearbeitung
 Soccer                                        NGOs

 3. Japan                Konfliktregionen      Jasna Bastic, das      Interkulturelle
 Open Minds on the       der Erde              Peaceboat und eine     Bildung
 Open Sea                                      japanischen NGO

 4. Brazil               Organisierte          Organisation           Kommunale
 Viva Rio!               Alltagsgewalt         „Viva Rio“             Friedensarbeit

 5. Philippines          Ethnische Konflikte   Pater Bert und         Friedenszonen in
 Islands of Peace in a   und Separations-      bäuerliche             Kriegsgebieten
 War-Torn Land           bestrebungen          Dorfgemeinschaften

 6. Northern Ireland Tief verwurzelte Konf-    Joe Doherty und        Ausstieg aus Gewalt-
 From Prison to Youth likte und Paramilitärs   Peter McGuirre         spirale und Reintegra-
 Center                                                               tion

 7. Mali                 Ressourcenkonflikte   Yehia Ag               Verbindung von
 Ambassador                                    Mohammed Ali mit       Frieden und Entwick-
 in Indigo                                     Hilfe von außen        lung

 8. Israel              Identitätskonflikte    Nava Sonnenschein      Dialogmodell für Konf-
 Talking Beats Fighting                        und School for Peace   liktparteien

 9. Sri Lanka            Staatsgewalt und      Rohini Narasingham     Empowerment in
 Reconstructing          Separations-          und die Organisation   Konfliktgebieten
 the North               bestrebung            SEED

 10. South Africa        Gewalt im Gefängnis   Victoria Maloka und    Konflikttraining für
 Gentle Words for                              das Centre for         Gefängnisinsassen und
 Tough Guys                                    Conflict Resolution    -personal
Zwischenbilanz                                                                                13

 11. Bosnia-          Ethnopolitische            Organisation Mladi      Jugendarbeit in geteil-
 Herzegovina          Konflikte; Mehrheit-       Most Youth Center       ter Gesellschaft
 A Bridge for         Minderheit
 Schizopoliss

 12. India         Religiös motivierte           Jagdish Gandhi und die Friedenserziehung
 Room for everyone Gewalt und                    City Montessori School
                   Intoleranz

nach der Auswertung mehrerer hundert Evalu-        trät der FriedensmacherInnen, veranschaulichen
ationsbögen sowie zahlreichen Auswertungs-         die Konfliktkonstellation sowie die Methode
gesprächen mit Partnerorganisationen in den        für Konfliktbearbeitung und die Vision für eine
genannten Regionen die Zwischenbilanz aus?         friedliche Zukunft.
Was lässt sich sagen über Voraussetzungen und
Kriterien für eine erfolgversprechende Weiter-    In den von „Peace Counts on Tour“ im Be-
führung von „Peace Counts on Tour“? Wo liegen     gleitprogramm zur Ausstellung angebotenen
die Chancen, wo die Grenzen?                      friedenspädagogischen Workshops kommen
                                                  weitere Bildungsmedien zum Einsatz, deren
1. Attraktive Lernmedien                          gemeinsames Merkmal in der Visualisierung
Grundlage für eine erfolgversprechende Durch- komplexer Sachverhalte besteht. Dazu gehört
führung von „Peace Counts on Tour“ ist die Ver-   das in mehreren Sprachen vorliegende Mate-
fügbarkeit erprobter und attraktiver Lernmedi-    rial „Streitkultur“ mit Bildkarten, Postern und
en. Als Leitmedium steht die Ausstellung „Peace Texten zu den Themen „Konflikteskalation“,
Builders Around the World“ zur Verfügung. Sie     „Konfliktlösung“ und „Versöhnung“. Ein weiteres
bietet Einblicke in zwölf Friedensprojekte in     Hauptmedium in den Workshops stellt eine in
unterschiedlichen Konfliktregionen und –kon-      englischer Sprache vorliegende multimediale
texten. Die Beispiele porträtieren die friedens-  CD-ROM mit vertiefenden Informationen zu den
stiftende Arbeit von Menschen und Organisatio- Best Practice-Beispielen erfolgreicher Friedens-
nen in unterschiedlichen Konfliktregionen und     stiftung dar. Das Materialienpaket wird durch
zeigen Ansätze für konstruktive Konfliktbearbei- die in fünf Sprachen vorliegende Posterserie zur
tung in Nachkriegsgesellschaften (siehe Seite     Ausstellung abgerundet (siehe Seite 19). Alle
12). Dabei handelt es sich um Thementafeln,       genannten Materialien stehen den Partneror-
die in englischer Sprache präsentiert werden.     ganisationen sowie den TeilnehmerInnen für
Das Konzept der Ausstellung orientiert sich       die Weiterarbeit nach Ende der Workshops zur
an der Aufmachung eines Magazinartikels:          Verfügung. Dieses Angebot wird sehr geschätzt
Die Vorderseite jeder „Thementafel“ zeigt ein     und es hat sich gezeigt, dass die gemeinsam
großformatiges „Aufmacherfoto“, die Rückseite     erprobten Bildungsmedien tatsächlich umfas-
des Aufstellers enthält vier kleinformatige Fotos send eingesetzt und zum festen Bestandteil der
mit Bildunterschriften bzw. Erklärungen zum       Friedenspädagogik und -arbeit vor Ort werden.
Projekt. Diese Fotos zeigen in der Regel ein Por- So haben zum Beispiel die MitarbeiterInnen der
14                                                                                        Zwischenbilanz

                                                      Bausteine kommen in jedem der Workshops
                                                      zum Einsatz. Je nach Konfliktregion, Konflikt-
                                                      analyse, Zielgruppe, Interesse und gegebe-
                                                      nem Zeitrahmen besteht die Möglichkeit,
                                                      spezifische Programme zusammenzustellen.
                                                      Um ein Beispiel zu nennen: Für Lehrpersonal
                                                      können eher curriculare Fragen oder praktische
                                                      Umsetzungshinweise für den Unterricht in den
                                                      Mittelpunkt gerückt werden, für MitarbeiterIn-
                                                      nen von NGOs eher theoretische und praktische
„Mein Friedensfoto“: Workshop in Kaliningrad, 2008.   Fragen des Friedensmachens.

Partnerorganisation in Sri Lanka auch zwei Jahre      Die friedenspädagogischen Workshops beste-
nach Ende des Projektes mitten im umkämpften          hen aus einem Grundgerüst von vier Modulen
Norden des Landes Workshops mit den genann-           mit jeweils mehreren Bausteinen (siehe Seite
ten Materialien durchgeführt. In Davao City           16). Die Module nutzen die Inhalte und die visu-
(Philippinen) wurde sogar eine Peace Counts           elle Attraktivität der Ausstellung und schließen
Hall etabliert und in Indien die Ausstellung          die bereits beschriebenen Lernmedien mit ein.
mehrfach nachproduziert.                              Der Ablauf eines Workshops orientiert sich ent-
                                                      lang der Module an vier Schritten:
Entgegen den ursprünglichen Befürchtungen
hat sich herausgestellt, dass die Materialien         1. Nach der Begrüßung steht am Beginn der
prinzipiell in allen Regionen und Konfliktkon-        Workshops zunächst ein Rundgang durch
stellationen sinnvoll eingesetzt werden können.       die Ausstellung. Zuvor bekommen die Teil-
Dies lässt sich einerseits auf die Visualität der     nehmerInnen ein Handout mit allen Texten
Materialien zurückführen, andererseits aber           der Ausstellung in Landessprache bzw.
auch darauf, dass die Lernmedien als thema-           Landessprachen (so z. B. Sinhala/Tamil in Sri
tische Einstiegsmedien konzipiert sind und als        Lanka oder Mazedonisch/Albanisch in Maz-
solche von den TeilnehmerInnen wahrgenom-             edonien) sowie ein Arbeitsblatt mit Leitfragen
men werden. Mit zunehmender inhaltlicher
Vertiefung steigt allerdings die Notwendigkeit
zur Adaption (zum Beispiel bei der Frage nach
spezifischen Konfliktlösungsstrategien).  Diese
Notwendigkeit kann in den Workshops auf-
gegriffen werden.

2. Workshops als Lernarrangements
Die Workshops mit den genannten Zielgruppen
bilden den Kern von „Peace Counts on Tour“. Die
modulare Konzeption mit einzelnen Bausteinen
erlaubt eine kontextbezogene Anwendung und            Ankunft von Workshop-TeilnehmerInnen in Kaliningrad,
die offene Gestaltung der Workshops. Nicht alle       2008.
Zwischenbilanz                                                                                    15

an die Ausstellung ausgehändigt. Die erste
Frage lautet: „Welches Foto drückt für Sie be-
sonders das Motto ,Frieden machen!‘ aus?“
Dieser visuelle Zugriff wird von den Gruppen
mit großer Intensität aufgenommen und die
TeilnehmerInnen begründen ihre jeweilige Wahl
sehr ernsthaft und reflektiert. Die ausgewählten
Fotos legen bereits vielfältige Assoziationen
zum Thema frei. In der anschließenden Diskuss-
ion werden unterschiedliche Friedensvorstel-
lungen und Verständnisse des Friedensbegriffes Was ist Frieden? Workshop in Colombo, 2007.
aufgegriffen, diskutiert und vertieft.

2. Erfahrungen mit der Eskalation und Deeska-       Kernbereich. Dazu wird unter anderem die
lation von Konflikten stehen im Zentrum des         Multimedia-CD-ROM verwendet, die eine
zweiten Moduls. Zentrales Medium ist das            ausführliche Präsentation der Reportagen als
Material „Streitkultur“, u. a. mit einer Visuali-   Ton-Bild-Anwendung ermöglicht. Häufig geht
sierung der „Neun Stufen der Konflikteskala-        es um die Frage, wie Menschen aus Gewaltspi-
tion“  (Friedrich Glasl). Bei den Workshops         ralen ausbrechen bzw. sich diesen widersetzen
gelingt es, mit Hilfe dieses Mediums Konflikte      können und welche Rolle dabei der jeweiligen
aus der Erfahrungswelt der TeilnehmerInnen          (gesellschaftlichen) Umgebung zu kommt.
zu besprechen und zu erhellen. Dabei geht es        Gerade in Post-Konfliktgesellschaften ist dies ein
jedoch nicht nur um das individuelle Konflikt-      Thema von herausragender Bedeutung.
potenzial im eigenen Umfeld. So übertrug eine
der Arbeitsgruppen in Abidjan die Situation auf     4. Das Modul „Wie man Frieden macht“ rundet
die von Eskalation geprägte Arbeit der aktuellen    den Workshop ab und sieht unter anderem eine
Wahlkommissionen in der Côte d’Ivoire und ent-      Auseinandersetzung und Weiterentwicklung
wickelte Schritte für die Deeskalation. In Davao    der von Peace Counts entwickelten Thesen
City ging es um Konfliktmanagement hinsicht-        „Wie man Frieden macht“ vor (siehe Seite 71).
lich der Zusammenarbeit im eigenen Netzwerk         Die Auseinandersetzung mit diesen Thesen ist
oder in Indien um den Umgang mit Angehöri-          wechselseitig befruchtend: Zum einen eröffnet
gen unterschiedlicher ethnischer / religiöser       sie für die Teilnehmenden einen neuen Blick
Gruppen. Das Modul stößt bei allen Gruppen          auf eigene Stärken und Schwächen in Bezug
auf reges Interesse und führt zu Diskussionen, in   auf Friedensfähigkeit und –kompetenzen und
welcher Konfliktphase mit welchen Methoden          lässt das Bewusstsein wachsen, sich selbst als
FriedensstifterInnen in einen Konflikt eingreifen   FriedensstifterInnen wahrzunehmen. Dies war
können – und wann ihr Eingreifen nicht mehr         bei z. B. der Arbeit mit einer internationalen
Erfolg versprechend zu sein scheint.                Polizistengruppe (Skopje) und mit Sozialar-
3. Für das Modul „Best Practice-Beispiele für       beiterInnen (Kaliningrad) eindrücklich. Zum
Friedensstiftung“ sind unterschiedliche, kon-       anderen hat die Auseinandersetzung genau vor
textbezogene Pfade möglich: Die Vertiefung          diesem Hintergrund neue Erkenntnisse für die
einzelner Peace Counts-Reportagen ist ein           Fortschreibung der Thesen ergeben.
16                                                                                   Zwischenbilanz

 Friedenspädagogik: Die Workshop-Module
 Module          Ziele                             Methoden                          Medien

 Modul_1:        Auseinandersetzung mit            Rundgang durch die Ausstel-       Ausstellung;
                 unterschiedlichen Friedens-       lung; Visueller Zugang: Wahl      Fotokarten
 Visions of      vorstellungen, -visionen und      eines Fotos („Welches Foto        aller Fotos
 Peace           konzepten. Auswertung vor         drückt für Sie am eindrucks-      der Ausstel-
                 dem Hintergrund individueller     vollsten Ihre Vorstellung von     lung in A 4;
                 Erfahrungen in Ergänzung mit      Frieden aus?“); Erarbeitung       Handout;
                 Definitionen aus der Friedens-    einer Definition; Präsentation,
                 und Konfliktforschung.            Auswertung und Input im
                                                   Plenum.

 Modul_2:        Sensibilisierung für Konflikte;   Arbeit in Kleingruppen mit      Bilderbox
                 Anregungen zur Wahrneh-           Zeichnungen (Neun Stufen der „Streitkultur“
 Conflict and    mung, Beurteilung und             Konflikteskalation; Regeln für  des ift;
 violence: es-   Interpretation von Konflikt-      Konfliktbearbeitung); Präsenta-
 calation and    situationen. Diskussion von       tion, Auswertung und Input im
 deescalation    Handlungsmöglichkeiten in         Plenum.
                 Konfliktsituationen.

 Modul_3:        Auseinandersetzung mit den        Multimedia-Präsentationen;         CD-ROM
                 Best Practice-Beispielen und      „Aneignung“ durch Eigen-          „Peace
 Best Practice   Diskussion der Transfermög-       präsentation; Kleingruppen,       Counts.
 of Peace-       lichkeiten auf die spezifische    Präsentation, Auswertung und      Best reports.“
 building        Konfliktsituation.                Input im Plenum.

 Modul_ 4:    Identifizierung und Diskussion       Multimedia-Präsentation,          CD-ROM
              möglicher Fähigkeiten und            Diskussion in Kleingruppen,       (s.o.);
 How to be a Kompetenzen von Friedens-             Präsentation, Auswertung und      Zehn Thesen
 peacebuilder stifterInnen; Kritische Ausein-      Input im Plenum.                  „How to be a
              andersetzung mit den zehn                                              Peacebuilder“
              Thesen „How to be a Peace-
              builder“; Diskussion der Situa-                                        DVD „Peace
              tion vor Ort. Abschluss.                                               Counts on
                                                                                     Tour“
Zwischenbilanz                                                                                   17

 Peace Education Package:
 Die Materialien
 Für die Durchführung der jeweiligen Stationen      3. CD-ROM „Peace Counts. Best Reports“
 von Peace Counts on Tour stehen neben der          Mit Fotos, Videos und Hörsequenzen;
 im Zentrum stehenden Wanderausstellung             verfügbar in deutsch und englisch.
 „Peacebuilders Around the World“ eine Reihe
 von didaktischen Materialien zur Verfügung.        4. DVD „Peace Counts on Tour. On the traces of
 Sie sind vor allem für TeilnehmerInnen der         an international peace project“
 friedenspädagogischen Workshops konzipiert         Dauer 16 Minuten, verfügbar in deutsch und
 und können in begrenzter Stückzahl für die         englisch.
 Weiterarbeit vor Ort zur Verfügung gestellt
 werden.                                            5. Ausstellungskatalog
                                                    Katalog zur Ausstellung „Peacebuilders Around
 1. Posterserie „Peacebuilders Around the World“    the World“ in der jeweiligen Landessprache.
 14 vierfarbige Poster im Format DIN A 1;
 verfügbar in deutsch, englisch, französisch,       6. Handout
 spanisch, russisch.                                Ein Handout in der jeweiligen Landessprache
                                                    enthält für die TeilnehmerInnen der Work-
 2. Posterserie „Culture of Conflict“               shops alle eingesetzten Arbeitsmaterialien
 3 vierfarbige Poster im Format DIN A 1;            und -texte.
 verfügbar in deutsch, englisch, spanisch und
 russisch.

Insgesamt hat sich gezeigt, dass das Angebot        die Intensität der Kommunikation zu einzelnen
partizipativer und dialogorientierter Methoden      Gruppenmitgliedern positiv beeinflusst.
sehr wichtig für die TeilnehmerInnen ist. Für
viele war allerdings zunächst ein Umdenken er-      Schließlich haben sich im Projektverlauf drei
forderlich, weil sie mit einem eher vortrags-ori-   unterschiedliche, teilweise aufeinander aufbau-
entierten Workshop gerechnet hatten. Trotzdem       ende Formate für die Workshops herauskristal-
ließen sie sich von den eingesetzten Methoden       lisiert:
inspirieren und zeigten hohes Interesse, diese in   • Die „One Day Workshops“ für jeweils eine
ihren Arbeitsfeldern einzusetzen.                       Zielgruppe (MultiplikatorInnen/JournalistIn-
Ein weiterer Erfahrungswert ergibt sich aus der         nen) erweisen sich als geeignetes Format,
Frage nach der Akzeptanz des „Peace Counts on           um viele Personen im Verlauf einer Station
Tour Teams“ durch die TeilnehmerInnen. Hier             anzusprechen und für die Thematik und den
wurde die Notwendigkeit eines geschlechtlich            Ansatz von Peace Counts zu sensibilisieren.
gemischten Teams bestätigt. Es hat sich zusätz-     • Die „Training of Trainers Workshops (ToT)“
lich gezeigt, dass die Zusammenarbeit jüngerer          eignen sich zur Vertiefung und sind hin-
und älterer KollegInnen große Vorteile bei der          sichtlich der gemeinsamen Weiterarbeit
Ansprache der TeilnehmerInnen bringt und                besonders nachhaltig. Dafür stehen die
18                                                                                  Zwischenbilanz

  beiden Beispiele Sri Lanka und Indien. Der        der Vorbereitungsphase die Rücksprachen mit
  fünftägiger ToT in Delhi hat zum Beispiel         den Partnern vor Ort zu Adaption der Module
  einen enormen und nicht vorhersehbaren            und Bausteine des Workshops. So wurde zum
  Schneeballeffekt und die Bildung eines            Beispiel in Mazedonien besonders der Umgang
  „Peace Counts Teams India“ ausgelöst (siehe       mit den Materialien hervorgehoben, die im neu
  Seite 47ff ).                                     etablierten Unterrichtsbereich „Civic Education“
• Die vertiefte Zusammenarbeit mit Journa-          eingesetzt werden können. Auf den Philippinen
  listInnen schließlich zielt auf die Erarbeitung   wiederum wurde das „Storytelling“ als bewährte
  eigener Reportagen über FriedensstifterIn-        Kommunikationsmethode aufgegriffen und
  nen im Heimatland ab und wurde erstmals           zum festen Bestandteil der Workshops.
  erfolgreich in Côte d´Ivoire nach Ende von
  „Peace Counts on Tour“ als eigenständiges         Konfliktanalysen tragen auch mit zur Wahl
  Projekt praktiziert (siehe Seite 41).             von Ort und Zeitpunkt der Maßnahme bei. So
                                                    wurden zum Beispiel einige Stationen gezielt
Die Wahl des Workshopformates hängt stark           im Vorfeld von konfliktträchtigen Ereignissen
von den Interessen, Wünschen und natürlich          durchgeführt (Côte d´Ivoire: Vorwahlzeit).
den Kapazitäten der Partnerorganisationen
vor Ort ab. Ein Konzept bestünde darin, eine        4. Prozess- und Dialogcharakter
Station mit „One Day Workshops“ zu starten      Das zu Recht von Projekten wie „Peace Counts
und bei Zuspruch mit einem (oder mit beiden)    on Tour“ geforderte „Ownership“ durch die
Vertiefungsworkshops fortzufahren.              Partner vor Ort hängt nach allen bisherigen
                                                Erfahrungen vom Prozess- und Dialogcharakter
3. Kontextualisierung                           des Unternehmens ab und bezieht sich auf alle
Einerseits hat sich herausgestellt, dass die    drei Phasen, die jede Station von „Peace Counts
beschriebenen Lernmedien und Lernarrange-       on Tour“ durchläuft: Vorbereitungsphase, Um-
ments von „Peace Counts on Tour“ gerade         setzungsphase und Auswertungsphase. Dabei
dadurch bestechen, dass sie in ihrem Kerngehalt hat sich die Vorbereitungsphase als entschei-
unverändert in allen Stationen eingesetzt wer-  dend für den weiteren konstruktiven Verlauf
den konnten und von bislang allen Partneror-    im Sinne von „Ownership“ erwiesen: Nachdem
ganisationen und den TeilnehmerInnen als sehr die Entscheidung für ein Land gefallen ist, geht
wertvoll eingeschätzt wurden. Andererseits ist  es in dieser Phase darum, gemeinsam mit den
trotzdem eine gewisse Kontextualisierung der    Partnern die Maßnahme konkret zu planen
einzelnen Stationen unabdingbar. Grundlage ist sowie weitere Allianzen mit weiteren Partnern
eine umfassende und aktuelle Konfliktanalyse,   zu etablieren. Dabei übernehmen die Partner
um die Rahmenbedingungen, Probleme und          vor Ort rasch eine tragende Rolle: Sie bestim-
Handlungsoptionen vor Ort präzise einschätzen men den Ort der Maßnahme (Ausstellungs- und
und den diesbezüglichen Dialog mit den          Workshopräume), laden Gäste (Ausstellungs-
Partnern vor Ort führen zu können. Darüber      eröffnung) und die TeilnehmerInnen für die
hinaus hängt von der Konfliktanalyse auch die   Workshops ein, geben Hinweise für die inhalt-
Auswahl derjenigen Best Practice-Beispiele      liche Vorbereitung, organisieren Verpflegung,
ab, welche im Workshop vertiefend behandelt     Unterkunft und Medienarbeit. Vielfach lässt
werden sollen. Immer wieder führen während      sich diese große Herausforderung nur durch die
Zwischenbilanz                                                                                        19

                                                      gemeinsam in den Workshops diskutiert werden
                                                      kann:
                                                      • Vermittlung in ethnopolitischen Konflikten
                                                      • Sport als Ansatz für Konfliktbearbeitung
                                                      • Interkulturelle Bildung
                                                      • Kommunale Friedensarbeit
                                                      • Friedenszonen in Kriegsgebieten
                                                      • Ausstieg aus Gewaltspirale und Reintegration
                                                      • Verbindung von Frieden und Entwicklung
                                                      • Dialogmodell für Konfliktparteien
                                                      • Empowerment in Konfliktgebieten
                                                      • Konflikttraining im Gefängnis
                                                      • Jugendarbeit in geteilter Gesellschaft
                                                      • Friedenserziehung

                                                        Wie beurteilen die Partner vor Ort und die
                                                        TeilnehmerInnen der Workshops diesen Ansatz?
                                                        In einer Nachbetrachtung der Station Colombo
                                                        schreiben die Verantwortlichen der Partner-
                                                        organisation FLICT: „The participants of the
Tischkarten bei Eröffnungsveranstaltung, Colombo, 2007.
                                                        training workshops found the pictures and the
                                                        stories behind them fascinating and inspiring. It
                                                        was interesting that each different group related
Bildung neuer Kooperationen und Allianzen vor more closely to one or another of the pictures
Ort schultern. Ob in Davao City (Philippinen)           whose context was similar to their lives and
oder in Bogota (Kolumbien): Je größer der Prob- work. Thus, school teachers related to the story
lemdruck und je ungewöhnlicher die Koopera-             related to the school linking Palestinians and
tionen desto intensiver die Vorbereitungsphase Israelis. Those working with communities found
und desto rascher übernahmen die Partner                the story from South Africa most interesting and
vor Ort einen großen Teil der Verantwortung             participants coming directly from the conflict
und machten sich „Peace Counts on Tour“ zum             areas were inspired by the story from the Philip-
eigenen Projekt.                                        pines. Many felt akin to the situation in the
                                                        country approximating the long drawn conflict
5. Best Practice-Ansatz                                 in the Philippines, lessons from there had direct
„Journalistisch und didaktisch aufbereitet sind         relevance. The most popular was the story from
Best Practice-Beispiele eine bisher noch wenig          Colombia. Many felt that sports in Sri Lanka of-
genutzte Quelle der Inspiration für die Konflikt- fers an excellent entry point for peacebuilding.
parteien in den Krisenregionen dieser Erde“ so          In times where political discussions and state-
lautet ein Credo von „Peace Counts on Tour“.            ments get more and more difficult and danger-
Ein Blick auf die Inhalte der Ausstellung zeigt         ous, we need to urgently find less political, less
die Vielfalt der Ansätze für Friedensstiftung,          controversial ways and alternative safe spaces
über deren kontextbezogene Anwendbarkeit                for people to stay connected across the divide.“
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