VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN

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vm               Ve r b a nd s M a g a z i n
                                   Themen, Trends und Fakten der Wohnungs- und
                                   Immobilienwirtschaft – VdW Rheinland Westfalen
                                                                                    #1 0
                                                                                     2019

22   RUHR ACADEMY ON SMART                   28      STUZUBI: RECRUITING-TAG
     METROPOLITAN TRANSFORMATION                     FÜR DEN BRANCHENNACHWUCHS

                                                 4   SCHWERPUNKT – MOBILITÄT
                                                     UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT
                                                     Hin und weg –
                                                     unterwegs im Quartier
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Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Personen­
bezeichnung gewählt. Die Angaben beziehen sich jedoch auf beide Geschlechter.
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EDITORIAL 1

                           Etablierung der Elektromobilität
                           für Wirtschaft und Gesellschaft –
                           große Herausforderungen

                           D
                                     ie Diskussionen über verkehrs-        allgemeingültiges Konzept konnte bislang
Foto: VIVAWEST

                                     bedingte Schadstoffbelastungen        jedoch nicht entwickelt werden.
                                     in den Städten nehmen immer
                           weiter zu. Durch Elektromobilität können        Neben den Installationskosten sind die Be-
                           Luftverschmutzungen reduziert, techno-          reitstellungskapazitäten in der vorgelagerten
                           logische Innovationen gefördert und neue        Netzinfrastruktur und die Dimensionierung
                           Geschäftsmodelle ermöglicht werden. Aus         des jeweiligen Hausanschlusses ein begren-
                           diesen Gründen wurde durch die Bundes-          zendes Element. Oft werden hohe Leistungs-
                           regierung das Ziel verabschiedet, dass bis      bezüge von 11 kW oder 22 kW von Installa-
                           zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeu-      teuren von Ladeinfrastruktur gefordert. Dabei
                           ge in Deutschland zugelassen sein sollen.       können auch geringe Leistungsabnahmen
                           Dieses Ziel wurde zwischenzeitlich auf das      von 3,7 kW oder 4,6 kW für die Ladung von
                           Jahr 2022 verschoben und entsprechende          Elektro- oder Hybridfahrzeugen vollkommen
                           Fördermittel bereitgestellt. Dies verdeut-      ausreichend sein. Zudem ließe sich auf diese
                           licht, dass die Etablierung der Elektromo-      Weise die potenzielle Gefahr einer künftigen
                           bilität politisch gewünscht, allerdings für     Überlastung des Stromnetzes reduzieren. Des
                           Wirtschaft und Gesellschaft mit großen          Weiteren existieren derzeit viele unterschied-
                           Herausforderungen verbunden ist.                liche Ansätze bezüglich der Abrechnungsart
                                                                           und der benötigten Hardware. Gesetzliche
„Die aktuellen Heraus­     In Deutschland ist derzeit kein flächende-      Grundlagen sind teilweise undurchsichtig
forderungen können         ckendes Netz an Ladeinfrastruktur vorhan-       oder nicht vorhanden. Aus diesen Gründen
                           den, sodass Fahrtwege mit Elektro- oder         ist in der Regel jede nachträgliche Installati-
nur gemeinsam durch        Hybridfahrzeugen auf vorhandene Lade-           on von Ladeinfrastruktur an Wohngebäuden
Politik, Verteilnetz­      möglichkeiten auszurichten sind und teil-       insgesamt mit einem hohen Aufwand ver-
                           weise erhebliche Umwege in Kauf genom-          bunden.
betreiber, Dienstleister   men werden müssen. Zudem ist das Laden
und letztendlich durch     „unterwegs“ aufgrund der benötigten Lade-       Das Thema Elektromobilität polarisiert. Woh-
die Gesellschaft gelöst    zeit nicht sonderlich alltagstauglich, sofern   nungsunternehmen möchten ihren Kunden,
                           das entsprechende Elektro- oder Hybrid-         bei Bedarf auch durch Elektromobilität, einen
werden“                    fahrzeug über keine Schnelllademöglichkeit      Mehrwert zum Grundbedürfnis Wohnen
                           verfügt. Aus privater Sicht scheint daher das   bieten. Dies aber nicht um jeden Preis. Die
                           Laden tagsüber an der Arbeitsstelle, insbe-     aktuellen Herausforderungen können nur ge-
                           sondere jedoch über Nacht am Wohnsitz           meinsam durch Politik, Verteilnetzbetreiber,
                           ein zielführender Lösungsansatz zu sein. An     Dienstleister und letztendlich durch die Ge-
                           dieser Stelle erhält die Wohnungswirtschaft     sellschaft gelöst werden. Die Wohnungswirt-
                           eine wichtige Rolle.                            schaft kann hier ihren Teil beitragen – aber
                                                                           nur dann, wenn dies auch mit der notwen-
                           Bei Neubaumaßnahmen sollten durch               digen Zahlungsbereitschaft der Endkunden
                           Wohnungsunternehmen mit Blick auf               verbunden und damit für Wohnungsunter-
                           Artikel 8 der EU-Richtlinie 2018/844 zur        nehmen wirtschaftlich darstellbar ist.
                           Gebäudeeffizienz bereits entsprechende
                           Lademöglichkeiten geschaffen bzw. ge-
                                                                           Dr. Rainer Fuchs
                           plant werden. Im Rahmen von Modernisie-
                           rungsmaßnahmen wird Ladeinfrastruktur           Bereichsleiter Strategie
                           oftmals nur bei konkretem Bedarf oder           Vivawest Wohnen GmbH und
                           bei entsprechenden Parkplatzsituationen         Vorsitzender des VdW-Arbeitskreises
                           installiert. Ein für die Wohnungswirtschaft     „Neue Mobilität“

                                                                                  10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
2       INHALT

4                                                       16                                          22
Hin und weg –                                           13. Bundeskongress Nationale                Ruhr Academy on Smart
Unterwegs im Quartier                                   Stadtentwicklungspolitik 2019               Metropolitan Transformation

        SCHWERPUNKT                                          AKTUELLES

    4   Hin und weg –
                                                        16   13. Bundeskongress Nationale           26   Denkmäler mit Leben füllen
        Unterwegs im Quartier                                Stadtentwicklungspolitik 2019               Tag des offenen Denkmals 2019
        Schwerpunkt                                          Smart, solidarisch, resilient:
                                                             Wie gestalten wir die Zukunft in       27   Wohnungsbau braucht
  6     Bausteine einer intelligenten
                                                             Stadt und Land?
                                                                                                         bürgerschaftliche Akzeptanz
        Mobilität am Wohnort                                                                             Regionalgespräch Allianz für mehr

  8     „Die Elektromobilität ist bei                   17   Wohn- und Mietenpaket                       Wohnungsbau NRW
                                                             Beschluss der Bundesregierung
        den Menschen angekommen“
        Interview mit Prof. Dr. Andreas
                                                             vom 18. August 2019                    28   Junge Azubis über Karrieremöglich-
                                                                                                         keiten in der Wohnungswirtschaft
        Pinkwart, Minister für Wirtschaft,
        Innovation, Digitalisierung und
                                                        18   Sommerfest der Landesvertretung             Recruiting-Tag für den
                                                             NRW in Berlin                               Branchennachwuchs
        Energie des Landes Nordrhein-                        Ein Stück nordrhein-westfälische
        Westfalen                                            Heimat in der Bundeshauptstadt
                                                                                                         AKTUELLES RLP
  9     „Mobilität ist ein Faktor,                      19   Kampagne für bezahlbares Wohnen
        ob man sich für oder gegen                           Wohnwende-Kampagne der
        eine Wohnung entscheidet“                            Wohnungswirtschaft                     30   Gründung kommunaler Wohnungs-
                                                                                                         baugesellschaften – Kooperation von
        Interview mit Hendrik Wüst,                                                                      Kommunen und Wohnungswirtschaft
        Minister für Verkehr des Landes                                                                  Renaissance des kommunalen
        Nordrhein-Westfalen                                  AKTUELLES NRW
                                                                                                         Wohnungsbaus auch in Rheinland-Pfalz

10      „Der Autobesitz wird faktisch
                                                        20   Sommerstimmung statt Schreibtisch      31   Bauforum Rheinland-Pfalz tagte in
        zur Norm erhoben“                                    Sommerfest der Wohnungswirtschaft           Ludwigshafen
        Interview mit Prof. Dr.-Ing. Volker                                                              Gesellschafterversammlung
        Blees, Fachbereich Architektur und              22   Ruhr Academy on Smart
        Bauingenieurwesen, Hochschule                        Metropolitan Transformation
        RheinMain                                            Gemeinsamer Letter of Intent:
                                                             Landesregierung, Wohnungs- und
                                                                                                         VdW-ARBEITSKREISE
11      Gestaltungschancen aktiv nutzen                      Immobilienwirtschaft, Wissenschaft
        Regelungen zu den Stellplätzen in                    und Kommunen bündeln ihre Kräfte
        Nordrhein-Westfalen                                                                         32   Lübecker Lehrstücke
                                                        24   Gut vernetzt für die Zukunft montan-        Verbandsübergreifender AK Marketing
12      Steuerliche Aspekte neuer Mobilität                  industriell geprägter Quartiere im
        Einkommens- und                                      Ruhrgebiet                             33   Arbeitskreis Wohnungswirtschaft 4.0
        Körperschaftsteuer                                                                               tagt in Berlin
                                                             Bereisung und Workshop des
                                                                                                         Fragen und Antworten zur
                                                             Projektes „Wohnen auf Kohle“
14      Immer in Bewegung                                                                                Digitalisierung
        Praxisbericht:
        Mobilität bei der Allbau GmbH

10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
INHALT 3

30                                       36                                         46
Renaissance des kommunalen               125 Jahre gemeinnützige                    IFA 2019: Künstliche Intelligenz,
Wohnungsbaus auch in                     Baugemeinschaft eG Bad Kreuznach           5G-Netzausbau und Sprachsteue-
Rheinland-Pfalz                                                                     rung auf dem Vormarsch

                                              TERMINE 2019                               TECHNIK UND MULTIMEDIA

34   Arbeitskreis „Generationen-         37   Termine 2019                          44   Neue Sanierungslösungen:
     gerechtes Wohnen“ in Köln                                                           klimaneutral zu erschwinglichen
     Zweite Sitzung des Arbeitskreises                                                   Kosten
     „Generationengerechtes Wohnen“           STEUERN                                    Energiesprong-Initiative in
                                                                                         Deutschland
                                         38   Abgabesatz bleibt 2020 bei
                                                                                         Bundesministerium für Verkehr und
     VERBAND UND GREMIEN                      4,2 Prozent (BMAS)
                                                                                         digitale Infrastruktur startet vierten
                                              Künstlersozialversicherung
                                                                                         Förderaufruf Ladeinfrastruktur
34   Ulrich Küppers verstorben                Kaufpreisaufteilung für ein                Neue Mobilität
     Nachruf                                  bebautes Grundstück
                                              Einkommensteuer                       45   Bezahlbarer und klimagerechter
                                                                                         Wohnraum
     ARBEITSGEMEINSCHAFTEN               39   Die Wohnungseigentumsgemein-               KlimaDiskurs.NRW e. V.
                                              schaft (WEG) im Steuerrecht
                                              Umsatzsteuer                          46   IFA 2019: Künstliche Intelligenz,
35   Wer bezahlbar bauen soll,                                                           5G-Netzausbau und Sprachsteue-
     braucht Grundstücke                      Ergebnisabführungsvertrag                  rung auf dem Vormarsch
     Wohnungspolitisches                      Vermietungsgenossenschaft                  Trends greifen und erleben
     Gespräch Trier
                                         40   Verdeckte Gewinnausschüttung
                                              bei Mietenstopp
                                                                                         FÜR SIE GELESEN
     JUBILÄEN                                 Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer

                                                                                    47   Neues Wohnen und Mobilität
36   Mit Tradition und Verantwortung
                                              RECHT
                                                                                         Trendwende in der Fortbewegung?
     in die Zukunft
     125 Jahre Gemeinnützige Bau-
     gemeinschaft eG Bad Kreuznach       41   Herbstveranstaltung des
                                                                                         SEMINARE
                                              Deutschen Mietgerichtstags
     UKBS ehrt „Helden der                    Neues aus Berlin
     Wohnungswirtschaft“                                                            47   Seminare im Oktober
     Ehrennadel an Dirk Grünewald        42   Kappungsgrenze: Berechnung                 und November 2019
     vergeben                                 nach geminderter Miete?
                                              Mietrecht

                                         43   Zuständigkeit für die Kündigung
                                              eines Vorstandsanstellungsvertrages
                                              Genossenschaftsrecht

                                                                                          10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
4        SCHWERPUNKT – MOBILITÄT UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT –

HIN UND WEG

Unterwegs im Quartier
F
       rüher war es irgendwie einfacher:
       Das eigene Auto war das gesellschaft-
       lich anerkannte und legitimierte Ver-
kehrsmittel der Wahl, abgestellt wurde es in
der Garage, auf dem Stellplatz oder im öf-
fentlichen Raum – auf jeden Fall aber gleich
vor der Haustür.

                                                                                                                                                                                                                                Foto: scusi – stock.adobe.com
Aber gerade dort sieht die Realität heute
anders aus. Veränderte Mobilitätsbedürf-
nisse, insbesondere jüngerer Generationen,
Anforderungen aus dem Klimaschutz, sen-
sibler Umgang mit Flächenversiegelung und
-nutzung sowie die Forderung nach Entlas-
tungsquartieren jenseits der großen Metro-
polen tragen zunehmend zur Diskussion von
Mobilitätsfragen in der Wohnungswirtschaft                                            Gaspedal für die E-Mobilität
bei. Politik, Gesellschaft, Mieter und Mit-                                           Mit besonderem Nachdruck wird derzeit die                          Mängel bei Ladeinfrastruktur und Ladedauer
glieder konfrontieren die Branche mit dem                                             Elektromobilität vorangetrieben, vor allem                         sind die Hauptgründe, die bei Befragungen
Wunsch, gesamte Quartiere mobil zu halten                                             das NRW-Wirtschaftsministerium lockt mit                           gegen die Anschaffung eines E-Autos ins
oder zumindest an den Voraussetzungen                                                 attraktiven Förderprogrammen. Da Lade-                             Feld geführt werden. Verbreitet ist zudem
für eine klimafreundliche, alltagstaugliche                                           vorgänge für E-Autos besonders praktikabel                         die Skepsis gegenüber dem technologischen
und multimodale Mobilität von Mietern und                                             erscheinen, wenn sie über Nacht im Um-                             Reifegrad und der Umweltbilanz.
Mitgliedern aktiv mitzuwirken.                                                        feld der eigenen Wohnung vorgenommen
                                                                                      werden können, verwundert es kaum, dass                            Durchwachsenes Fazit
Eine ungewöhnliche und ungewohnte                                                     die Wohnungswirtschaft hier als attrakti-                          Mit Blick auf diese zurückhaltende Akzep-
Aufgabe für Wohnungsunternehmen und                                                   ver Partner erscheint. Doch trotz massi-                           tanz und den bislang geringen Durchdrin-
-genossenschaften, deren Kernkompetenz                                                ver Förderung und einem grundsätzlichen                            gungsgrad von E-Autos in Deutschland – bis
traditionell in der Errichtung und der Be-                                            Optimismus, was die Entwicklung der E-                             zum Jahr 2020 sollte eine Million Elektrofahr-
wirtschaftung von Wohngebäuden liegt. Wie                                             Mobilität angeht: Die Vorbehalte der poten-                        zeuge in Deutschland zugelassen sein, im
können geeignete Lösungen aussehen?                                                   ziellen Nutzer sind derzeit noch groß. Hohe                        Januar 2019 waren es 83.200 – erklärt sich die
                                                                                      Anschaffungskosten, geringe Reichweite und                         bislang eher verhaltene Reaktion der Woh-

    Ein Fünftel ist für den Kauf eines E-Autos                                                                     Derzeitige Vorbehalte gegen den Erwerb von
    aufgeschlossen                                                                                                 Elektrofahrzeugen
    Frage: „Käme es für Sie infrage, in den nächsten Jahren ein Elektroauto zu kaufen,                             Frage: „Einmal unabhängig davon, ob ein Elektroauto für Sie infrage käme: Was von
    oder käme es für Sie nicht infrage?“                                                                           dieser Liste spricht in Ihren Augen dagegen, sich zurzeit ein Elektroauto zu kaufen?“

                                                                                                                                                                                           Bevölkerung         Potenzial für
    Unentschieden                                                                                                                                                                           insgesamt        Elektrofahrzeuge
                                                           Käme infrage               Altersgruppen                Die Kosten für die Anschaffung eines Elektroautos sind zu hoch                74 %               76 %
                                                                                                                   Die Reichweite von Elektroautos ist zu gering                                 66 %               66 %
                                                                                      16- bis 29-Jährige
    1%                18 %              21 %                                                                       Es gibt zu wenig Ladestationen für Elektroautos                               60 %               66 %
                                                                                       23 %
                                                                                                                   Das Aufladen von Elektroautos dauert zu lange                                 54 %               53 %
                                                                                      30- bis 44-Jährige           Die Antriebstechnik von Elektroautos ist noch nicht ausgereift                49 %               52 %
                                                              Käme nicht
                                                                                       22 %                        Es ist fraglich, ob Elektroautos wirklich umweltfreundlicher sind             48 %               39 %
                                                                 infrage
                                                                                                                   Die Ladestationen liegen oft ungeschickt bzw. sind nicht gut                  31 %               33 %
                               60 %                                                   45- bis 59-Jährige           erreichbar
                                                                                       29 %
                                                                                                                   Die Ladestationen sind oft schwierig zu bedienen                              13 %               12 %
                                                                                                                   Das Bezahlsystem an den Ladestationen ist nicht einheitlich                   12 %               15 %
                                                                                      60-Jährige und Ältere
                                                                                       14 %
                                                                                                                   Bei Elektroautos kommt kein typisches Fahrgefühl auf,                         10 %                6%
      Habe bereits                                                                                                 z. B. keine Motorengeräusche
      ein Elektroauto
                                                                                                                   Nichts davon                                                                   9%                 3%

    Basis: Bundesrepulik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre / Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 12.000   Basis: Bundesrepulik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre / Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 12.000

10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
MEHR ALS E-MOBILITÄT 5

nungsunternehmen und -genossenschaften                                              Voraussetzungen zu berücksichtigen. Nicht                           zur Verfügung stehen und nutzerfreundlich
wenn es um die großflächige Verlegung von                                           jede Mobilitätsform passt in Quantität und                          kommuniziert und angeboten werden.
Leerrohren, die Installation von Ladesäulen                                         Qualität zu jedem Quartier. Manchmal kön-
oder die Anschaffung und Bereitstellung                                             nen schon einige niedrigschwellige Lösun-                           Die Erreichbarkeit von Angeboten des Öf-
von E-Fahrzeugen geht. Nicht zuletzt weil                                           gen, die jedes Wohnungsunternehmen und                              fentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
der Betrieb für Mieter und Vermieter auch                                           jede Wohnungsgenossenschaft in Eigenregie                           spielt hier eine entscheidende Rolle. Im
wirtschaftlich und zukunftsfähig darstellbar                                        umsetzen kann, zu deutlichen Optimierun-                            zugigen Wartehäuschen auf den zweimal pro
sein muss. In der Bewertung des künftigen                                           gen führen.                                                         Tag verkehrenden Bus zu warten, wird passi-
Potenzials von Elektromobilität ist außer-                                                                                                              onierte Autofahrer ebenso wenig locken wie
dem zu berücksichtigen, dass der Umstieg                                            So kann beispielsweise eine verbesserte                             der Gedanke an überfüllte Straßenbahnen,
von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor                                                Fußverkehrsfreundlichkeit zu mehr Aufent-                           deren Abfahrtszeiten allenfalls als Nähe-
auf solche mit alternativen Antrieben zwar                                          haltsqualität und Sicherheit beitragen. Dazu                        rungswerte zu betrachten sind.
einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann,                                         zählt die Zugänglichkeit der Wohngebäude
aber nicht auf die Reduzierung von Autover-                                         ebenso wie Abstellflächen für Rollatoren und                        Ist der Zug abgefahren?
kehr generell einzahlt. Hier liegt jedoch der                                       Kinderwagen. Saubere und beleuchtete We-                            Bestehende und eingefahrene Mobilitäts-
Schlüssel zu einer höheren Aufenthalts- und                                         ge und Eingangsbereiche vermitteln ebenso                           muster zu durchbrechen und zu verändern
Lebensqualität in Quartieren, die sich auch                                         Sicherheit wie die Trennung zwischen Geh-                           ist ein langwieriger Prozess, der stark von
an Reisezeiten beispielsweise zum Arbeits-                                          und Radwegen. Sitzbänke und Begrünung                               individuellen Komfortbedürfnissen und ho-
platz oder alternativen Nutzungen bisheriger                                        erhöhen Aufenthaltsqualität und Komfort.                            hem Kostenbewusstsein geprägt ist. Bei den
Parkräume bemisst.                                                                                                                                      aktuell genutzten Verkehrsmitteln dominiert
                                                                                    Fahrradfreundliche Wohnquartiere können                             immer noch mit großem Abstand der PKW,
Jenseits der E-Mobilität                                                            die Verwendung von Autos und Motorrädern                            gefolgt von Fahrrad und öffentlichem Nah-
Eine attraktive und zukunftsfähige Mobilität                                        positiv beeinflussen, belastende Emissio-                           verkehr. Dabei gibt es gravierende Unter-
am Wohnort muss demnach auf mehreren                                                nen reduzieren und schlussendlich auch                              schiede zwischen Stadt und Land. Diesen
Säulen fußen, die zusammengenommen zu                                               die Baukosten senken. Das Abstellen von                             Rahmenbedingungen sind auch Wohnungs-
einer multimodalen und nachhaltigen Mobi-                                           Fahrrädern sollte witterungsgeschützt und                           unternehmen und -genossenschaften ausge-
litätskultur für alle Bewohnergruppen in al-                                        diebstahlsicher möglich sein, ebenso sollte                         setzt, wenn sie Mobilitätslösungen entwi-
len Phasen des Wohnlebenszyklus beitragen                                           ausreichend Platz zur Verfügung stehen.                             ckeln und umsetzen – sei es aus eigener
können. Sie besteht im besten Fall aus meh-                                         Zum Thema Stellplätze sind allerdings die                           Überzeugungstäterschaft oder als Reaktion
reren Bausteinen, die sich gegenseitig er-                                          Kommunen gefragt. Mit der Ausgestaltung                             auf sich verändernde politische und gesell-
gänzen und als integriertes Gesamtkonzept                                           der Stellplatzsatzung steht ihnen ein flexibles                     schaftliche Willensbildung. Alleine können
angelegt sind. Zielgröße sollte eine attraktive,                                    Instrument zur verkehrlichen Ausgestaltung                          sie die viel beschworene „Verkehrswende“
verkehrliche Multimodalität sein, die eine                                          bis auf Quartiersebene zur Verfügung (vgl. S.                       jedoch nicht schaffen. Verkehrliche Visionen
Auflösung der gelernten PKW-Zentrierung                                             11). Hierbei sollte allerdings darauf geachtet                      auf kommunaler, Landes- und Bundesebene
ermöglicht, das Auto als eine von mehreren                                          werden, dass eine Reduzierung von PKW-                              gehören in den entsprechenden Ressorts
Optionen zur Fortbewegung akzeptiert, aber                                          Stellplätzen aber nur dann zum Erfolg führt,                        entwickelt und umgesetzt – unter Beteiligung
ebenso gleichwertige Alternativen etabliert                                         wenn ausreichende und für die Bewohner-                             der Wohnungswirtschaft.                  KS
und anbietet. Dabei sind die individuellen                                          struktur gleichwertige Mobilitätsalternativen

  Prioritäten der individuellen Mobilität                                                                         Hemmnisse für die Veränderung des eigenen
  Frage: „Wenn es um Ihre eigene Mobilität geht, was ist Ihnen da besonders wichtig?                              Mobilitätsverhaltens
  Was von dieser Liste würden Sie nennen?“
                                                                                                                  Frage: „Und woran liegt es, dass Sie Ihre Mobilität nicht so gestalten können, wie Sie
                                                                                                                  wollen? Was von dieser Liste würden Sie nennen?“
   Mir ist besonders wichtig,                                                                                                                                                              Personen, die etwas an der Art,
                                                                                                                                                                                           wie sie unterwegs sind, ändern
   dass ich möglichst flexibel und unabhängig bin                        82 %                                                                                                                          wollen
   dass ich verlässlich bzw. planbar untwergs bin                        71 %                                                                                                               insgesamt          Berufstätige
                                                                                                                  Es ist einfach am bequemsten, das Auto zu benutzen                            54 %               58 %
   dass ich möglichst sicher unterwegs bin                               68 %
                                                                                                                  Andere Möglichkeiten würden mich deutlich mehr Zeit kosten                    36 %               43 %
   dass ich möglichst schnell ankomme                                    66 %                                     Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist schlecht                     34 %               34 %
                                                                                                                  Ich wohne auf dem Land, die Wege sind sehr weit                               31 %               30 %
   dass es möglichst wenig kostet                                        54 %
                                                                                                                  Andere Möglichkeiten sind mir zu teuer                                        28 %               28 %
   dass ich möglichst angenehm, komfortabel unterwegs bin                45 %
                                                                                                                  Mein Arbeitsplatz ist weit von meinem Wohnort entfernt bzw.                   28 %               39 %
                                                                                                                  liegt ungünstig
   dass ich mich bewege bzw. an der frischen Luft bin                    40 %
                                                                                                                  Ich bin gesundheitlich eingeschränkt                                          15 %                6%
   dass es nicht voll ist, ich nicht unter vielen Menschen bin           31 %                                     Andere Leute sind darauf angwiesen, dass ich sie fahre                        12 %               12 %

   dass ich möglichst umweltfreundlich unterwegs bin                     30 %                                     Ich bin beruflich viel unterwegs, muss viel reisen                            10 %               15 %
                                                                                                                  Ich führe eine Fernbeziehung bzw. Familie oder Freunde wohnen                  8%                 7%
   dass ich etwas nebenher machen kann, z. B. arbeiten oder lesen             11 %                                weit weg

   Basis: Bundesrepulik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre / Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 12.000   Basis: Bundesrepulik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre / Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 12.000

                                                                                                                                                                   10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
6      SCHWERPUNKT – MOBILITÄT UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT –

Bausteine einer intelligenten
Mobilität am Wohnort
Ein intelligentes Mobilitätskonzept am Wohnstandort braucht eine gelungene Mischung aus den
richtigen Maßnahmen. Die wichtigsten Handlungsfelder, die dabei zu beachten sind und gleich-
zeitig zu einer höheren Lebens- und Aufenthaltsqualität im Wohnumfeld beitragen, werden auf
den folgenden Seiten veranschaulicht.

Die Bausteine „Fußverkehrsfreundlichkeit“, „Fahrradfreundlichkeit“, „Öffentlicher Personennahverkehr“,
„Autoreduziertes Wohnen“ sowie „Service & Kommunikation“ zeigen, an welchen Stellschrauben – von
niederschwellig bis anspruchsvoll – Wohnungsunternehmen drehen können, um attraktive Mobilitätsange-
bote für ihre Mieterinnen und Mieter zu schaffen – zugeschnitten auf die jeweils individuellen Rahmenbe-
dingungen vor Ort. Dabei sollen die Bausteine nicht getrennt voneinander gedacht werden, sondern tragen
gerade in ihrem Zusammenspiel zu einer multimodalen, nachhaltigen Mobilitätskultur bei.

Quelle: VCD-Themenkompass –
Intelligent mobil im Wohnquartier (S. 18 – 19)

10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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MEHR ALS E-MOBILITÄT 7

      10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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8      SCHWERPUNKT – MOBILITÄT UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT –

    INTERVIEW MIT >> Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

    „Die Elektromobilität ist bei den Menschen angekommen“
    Prof. Dr. Andreas Pinkwart ist seit dem 30. Juni 2017 im Amt. Er sieht Nordrhein-Westfalen auf
    gutem Weg, zum führenden Standort der Elektromobilität aufzusteigen. Das Ministerium für
    Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen hat daher
    ein Förderpaket geschaffen, das von der Beratung über die Anschaffung und Finanzierung von
    Fahrzeugen bis hin zum Aufbau der Ladeinfrastruktur reicht und das Fördervolumen für emissi-
    onsarme Mobilität auf 40 Millionen Euro im Jahr 2019 verdoppelt. Das Angebot ist breit aufgestellt
    und richtet sich sowohl an kleine Handwerksbetriebe als auch an große Flottenbetreiber, Kom-
    munen oder Privatpersonen.

    VM: Unter der Dachmarke „Elek-

                                                                                                                                              Foto: MWIDE NRW / F. Wiedemeier
    tromobilität.NRW“ und mit einem
    kontinuierlichen Ausbau der
    Förderkulisse treibt das NRW-Wirt-
    schaftsministerium die Entwicklung der
    E-Mobilität im Land voran. Wie lässt
    sich aus Ihrer Sicht die Entwicklung der
    E-Mobilität in NRW in den vergangenen
    Jahren beschreiben?

    Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Die Elektro-
    mobilität ist bei den Menschen angekom-
    men. Was vor einigen Jahren noch als Ni-
    schenprodukt von wenigen Interessierten
    wahrgenommen wurde, hat sich mittler-               einen die Modellvielfalt der Hersteller, zum   VM: Welche Rolle spielen die
    weile zu einem eigenen Wirtschaftszweig             anderen berichten uns Unternehmen und          Wohnungsunternehmen und -genos-
    entwickelt. In jedem deutschen Auto ste-            Kommunen von sehr langen Lieferfristen.        senschaften im Land für den Erfolg der
    cken 30 Prozent Nordrhein-Westfalen                 Das stellt insbesondere Flottenbetreiber,      E-Mobilität?
    – die Elektromobilität trägt einen großen           die mit ihrer hohen Sichtbarkeit für die
    Teil dazu bei, dass diese herausragende             Elektromobilität sehr wichtig sind, vor Pro-   Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Dem woh-
    Stellung unseres Landes für die Automo-             bleme.                                         nungsnahen Laden kommt eine zentrale
    bilindustrie noch weiter zunimmt.                                                                  Rolle zu – und damit auch der Wohnungs-
                                                        Eine weitere Herausforderung ist der Aus-      wirtschaft. Als unmittelbare Schnittstelle
    Schon heute sind Elektrofahrzeuge eine              bau der Ladeinfrastruktur. Dem begegnen        ermöglicht sie ihren Mietern den Ein-
    echte Alternative. Mit seiner hohen Bevöl-          wir mit der Förderung von Ladesäulen und       stieg in eine emissionsfreie Mobilität.
    kerungszahl, seiner Infrastruktur und der           Wallboxen – im öffentlichen Raum, zu Hause     Verknüpft mit innovativen Mobilitäts-
    Vielfalt an Hochschulen und forschenden             und beim Arbeitgeber. Denn klar ist: Elek-     konzepten wie Carsharing, können die
    Unternehmen bietet Nordrhein-Westfa-                tromobilität kann nur dann überzeugen,         Wohnungsunternehmen zukunftsfähige
    len optimale Voraussetzungen, die Tech-             wenn jeder schnell und einfach sein Fahr-      Quartiere gestalten. Dicht besiedelten Ge-
    nologie weiterzuentwickeln und neue                 zeug laden kann.                               bieten mit Mehrfamilienhäusern müssen
    Anwendungen zu testen.                                                                             wir in diesem Zusammenhang mehr Auf-
                                                        Dazu zählt natürlich auch das Laden in         merksamkeit schenken. Denn die techni-
    VM: Welchen Herausforderungen und                   Wohnquartieren. Hier arbeiten wir daran,       schen Voraussetzungen, eine ausreichen-
    Hemmnissen steht die E-Mobilität in                 die technischen und rechtlichen Rahmen-        de Ladeinfrastruktur zu schaffen, sind hier
    NRW derzeit gegenüber?                              bedingungen zu verbessern. Neben Lade-         schwieriger als bei Einfamilienhäusern.
                                                        möglichkeiten etwa in Tiefgaragen sehen        Die professionelle Wohnungswirtschaft
    Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Die größte              wir aber auch in neuen, intelligenten La-      sollte daher mit den Stadtwerken und
    Herausforderung zurzeit ist die Verfüg-             dehubs eine Lösung, die wir voranbringen       Netzbetreibern gemeinsam attraktive An-
    barkeit von Fahrzeugen. Dies betrifft zum           möchten.                                       gebote für ihre Mieter entwickeln.

10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
MEHR ALS E-MOBILITÄT 9

INTERVIEW MIT >> Hendrik Wüst, Minister für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen

 „Mobilität ist ein Faktor, ob man sich für oder
 gegen eine Wohnung entscheidet“
 Seit dem 30. Juni 2019 ist Hendrik Wüst Minister für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen.
 Ziel der Landesregierung ist es, die Infrastrukturen in NRW zu sanieren, zu modernisieren und
 bedarfsgerecht auszubauen. Vernetzte Mobilität ist erklärtes Ziel des Landes. Um die anste-
 henden Aufgaben anzugehen, hat das Verkehrsministerium eine neue Abteilung eingerichtet:
 Sie rückt Zukunftsfragen der Mobilität in den Fokus, arbeitet daran mit, dass NRW zur Modell-
 region Mobilität 4.0 wird und hier zukunftsweisende Technologien erforscht, getestet und am
 besten auch produziert werden.

VM: „Mobil in der Stadt“ ist eine             Wohnung entscheidet. Wer gut wegkommt,

                                                                                                Foto: Mark Keppler
von sechs Projektideen für bessere            bleibt da. Also, komme ich gut zur Arbeit?
Mobilität im Ruhrgebiet, die das NRW-         Dazu gehören eine gute Anbindung an den
Verkehrsministerium im Rahmen der             ÖPNV, Sharing-Angebote, sichere Radab-
„Ruhr-Konferenz“ entwickelt hat.              stellanlagen und gut ausgebaute Fuß- und
U. a. soll es dabei auch um „Quartiers-       Radwege.
erschließung“ gehen. Was beinhaltet
dieses Themenfeld genau?                      VM: Jeder Weg beginnt und endet i. d. R.
                                              vor der eigenen Haustür. Dort steht
Hendrik Wüst: Die Maßnahmen des Pro-          heute in den meisten Fällen immer noch
jektvorschlags „Mobil in der Stadt“ erhö-     der eigene Pkw. Wenn Sie Ihren Blick
hen die Lebensqualität in den Städten.        in die Zukunft richten: Wie wird sich
Sie sollen das Ruhrgebiet mobiler, kli-       die Mobilität entwickeln und welche
mafreundlicher und attraktiver machen.        Anbieter und Akteure werden daran
Wir brauchen Mobilität, die flexibel, be-     beteiligt sein?
darfsgerecht und von allen nutzbar ist:
mit einer guten ÖPNV-Anbindung und            Hendrik Wüst: Den einen Verkehrsträger
Sharing-Angeboten, gut ausgebauten Fuß-       gibt es nicht mehr. Die Zukunft der Mobi-
und Radwegen sowie ausreichend Fahr-          lität vernetzt die Verkehrsträger auf Straße
radstellplätzen. Intelligente Citylogistik-   und Schiene. Der Nutzer entscheidet selbst,
Konzepte sind ein weiterer Baustein zum       welches für ihn das jeweils beste Angebot ist.
lebenswerten Quartier. Depots im Stadtteil    Er will eine leistungsstarke Mobilitätskette,    Darüber hinaus nutzen wir auch die Chan-
machen es möglich, dass Pakete zentral        die seinen jeweiligen Bedarf schnell, kom-       cen der Digitalisierung für einen besseren
gesammelt und z. B. mit E-Lastenrädern        fortabel und zuverlässig abdeckt. Deswegen       ÖPNV. Die Leute steigen nur auf Bus und
zugestellt werden. Dadurch sinkt die Ver-     fördern wir z. B. Mobilstationen, die das Au-    Bahn um, wenn das Angebot attraktiv
kehrsdichte in den Wohnvierteln.              to, die Bahn, das Rad und Sharing-Angebote       ist. Das fängt schon beim Ticketkauf an.
                                              verknüpfen.                                      Gerade die junge Generation lässt uns
VM: Welchen Beitrag können die im                                                              die Unübersichtlichkeit bei den Tarifen
VdW Rheinland Westfalen organisierten         Ein Verkehrsträger ist in den letzten Jahren     und Tickets nicht mehr durchgehen. Sie
Wohnungsunternehmen und -genos-               schon zur Hochkonjunktur aufgelaufen: Das        können heutzutage zwar online eine Welt-
senschaften mit ihren Quartieren zu           Fahrrad ist heute nicht mehr wegzudenken –       reise inklusive Flug, Hotel und Mietwagen
diesem Themenfeld leisten?                    als eigenständiges Verkehrsmittel und als        buchen. Aber versuchen Sie mal, am Auto-
                                              Teil von Mobilitätsketten. Pedelecs und E-       maten ein Ticket von hier nach Euskirchen
Hendrik Wüst: Die Bereitschaft, Mobilität     Bikes führen heute dazu, dass Radverkehr         zu buchen – dann wird’s interessant. Des-
bei der Quartierserschließung von Anfang      zum Pendlerverkehr wird, weil auch längere       wegen wird es eine App für alle Tickets in
an mitzudenken. Das kann auch im In-          Strecken zurückgelegt werden können. Die         NRW geben. Zum ersten Mal werden alle
teresse der Wohnungsunternehmen und           Landesregierung unterstützt diese Entwick-       Tickets der Verbünde zusammen mit allen
-genossenschaften sein. Mobilität ist ein     lung. In diesem Jahr stehen 47 Millionen         Varianten des NRW-Tarifs in einer App
Faktor, ob man sich für oder gegen eine       Euro für Radwege zur Verfügung.                  buchbar sein.

                                                                                                                     10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
10       SCHWERPUNKT – MOBILITÄT UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT –

    INTERVIEW MIT >> Prof. Dr.-Ing. Volker Blees, Fachbereich Architektur und Bauingenieurwesen, Hochschule RheinMain

    „Der Autobesitz wird faktisch zur Norm erhoben“
    Prof. Dr.-Ing. Volker Blees hat seit Mitte 2014 die Professur „Verkehrswesen“ im Fachbereich
    Architektur und Bauingenieurwesen an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden inne. Blees’
    Schwerpunkte in Lehre, Forschung und Transfer sind innovative strategische Verkehrsplanun-
    gen auf kommunaler und regionaler Ebene, umwelt- und klimabezogene Mobilitätskonzepte,
    Mobilitätsmanagement in Schulen, Unternehmen und in der Stadtentwicklung sowie die Orga-
    nisation und Koordination von komplexen Planungsprozessen.
   VM: Verstopfte Straßen durch                         besagt im Grundsatz, dass zu jeder Wohnung

                                                                                                           Foto: Andreas Schlote
   ruhenden und fließenden Verkehr,                     auch ein eigener Stellplatz gehören muss.
   schlechte Luft und Parkplatzkampf                    Der Autobesitz wird so faktisch zur Norm
   sorgen für eingeschränkte Lebens-                    erhoben, und das prägt natürlich auch die
   qualität in Städten und Quartieren:                  gesellschaftliche Wahrnehmung. Kaum je-
   Alle klagen – und machen weiter wie                  mand realisiert daher, dass in Deutschland
   bisher. Warum fällt das Umdenken und                 22 Prozent der Haushalte, in den Metropolen
   die Abkehr vom Auto so schwer?                       sogar 42 Prozent, kein Auto besitzen.

   Prof. Dr.-Ing. Volker Blees: Das Auto                VM: Was muss passieren, damit sich wirk-
   war lange Zeit und ist auch heute noch               lich etwas ändert? Welche Instrumente
   für Großteile der Bevölkerung ein Wohl-              und Akteure sehen Sie in der Pflicht,
   standssymbol. Es transportiert ein Frei-             wenn es um lebenswerte Städte und
   heitsversprechen, und nicht wenige Men-              Quartiere geht?
   schen haben sich vollständig von ihm
   abhängig gemacht. Wer beispielsweise                 Prof. Dr.-Ing. Volker Blees: Wir müssen an        VM: Welche Rolle spielen verkehrliche
   „ins Grüne“ oder auch nur in die Periphe-            zwei großen Rädern drehen: am Verkehrs-           Fragen für die Wohnungswirtschaft
   rie der Ballungsräume zieht, organisiert             angebot und an der Mobilitätskultur. Das          bei der Neuerrichtung von Quartieren
   sein Leben häufig ausschließlich auto-               Verkehrsangebot muss so ausgebaut werden,         aber auch im Bestand? Was sind
   mobil: Arbeitsplatz und Einkaufsstätten              dass es auf möglichst vielen Wegen leichtfällt,   Ansatzpunkte für eine zukunftsfähige
   sind faktisch nur mit dem Auto erreichbar            das Auto stehen zu lassen. Das kann aber nur      Mobilität?
   und die Kinder werden zu Schule und                  mit einem Mix der Verkehrsmittel gelingen:
   Hobby gefahren. Fällt das Auto – aus wel-            Busse und Bahnen, Fahrrad, Carsharing,            Prof. Dr.-Ing. Volker Blees: Der Woh-
   chen Gründen auch immer – aus, ist eine              E-Tretroller usw. müssen so miteinander           nungswirtschaft kommt eine bedeutende
   Teilnahme am gesellschaftlichen Leben                vernetzt sein, dass man sie – wie das Auto        Rolle bei der Mobilitätswende zu, da sechs
   kaum mehr möglich. Zur Verankerung                   – bequem, einfach und ohne groß nachzu-           Siebtel aller Wege an der Wohnung begin-
   des Autos in der deutschen Rechtspraxis              denken nutzen kann. Hier muss vor allem die       nen oder enden und daher die Mobilitäts-
   möchte ich zwei Beispiele nennen, die                öffentliche Hand zielorientiert und gestaltend    ausstattung an der Wohnung prägend und
   auch die Wohnungswirtschaft betreffen.               wirken. Kommunen müssen mehr Mut an               bestimmend für das Mobilitätsverhalten
   Da ist zum ersten das Baugesetzbuch,                 den Tag legen, die Privilegien des Autos wie      ist. Hier kann die Wohnungswirtschaft
   das – richtigerweise – vorschreibt, dass ein         kostenlosen Parkraum anzutasten. Und an           durch entsprechende Angebote zu einem
   Grundstück nur bebaut werden darf, wenn              Bund und Ländern ist es zu prüfen, ob der         Wandel der Mobilitätskultur beitragen.
   es verkehrlich erschlossen ist. In der Pra-          bestehende gesetzliche Rahmen den Zielen          Praktische Beispiele zur Nachahmung fin-
   xis wird dieser Erschließungsbegriff aber            einer nachhaltigen Mobilität genügt. Die          den sich aktuell in der Ergebnisdokumen-
   meist allein mit der Erreichbarkeit mit dem          Mobilitätskultur zu verändern erfordert – wie     tation des Projekts „Wohnen leitet Mobili-
   Auto gleichgesetzt – mit der Folge, dass             jegliche kulturelle Entwicklung – Zeit und        tät“ des Verkehrsclubs Deutschland (VCD).
   Wohngebiete ohne ÖPNV-Anbindung und                  einen langen Atem. Hier müssen öffentliche        Zentral ist in diesem Zusammenhang die
   auch ohne sichere Fuß- und Radverkehrs-              Hand und Verkehrsdienstleister noch besser        Stellplatzfrage. Hier sollte die Wohnungs-
   anbindung entstehen, deren Bewohner                  verstehen, dass es mit der Bereitstellung eines   wirtschaft darauf hinwirken, dass die Kom-
   faktisch zum Autofahren verurteilt sind.             guten Verkehrsangebotes allein nicht getan        munen die in der neuen Bauordnung NRW
   Ein zweites Beispiel ist die Stellplatzbau-          ist, sondern das Angebot auch offensiv ver-       gegebenen Möglichkeiten zur Reduzierung
   pflicht, die seit der Reichsgaragenordnung           marktet werden muss. Und das bitte so, dass       von Stellplatzbaupflichten auch tatsächlich
   von 1939 im Kern unverändert im deut-                nicht nur die Ratio, das Hirn, angesprochen       in ihre Satzungen aufnehmen, und diese
   schen Bauordnungsrecht verankert ist. Sie            wird, sondern auch Bauch und Herz.                dann auch selbst nutzen.

10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
MEHR ALS E-MOBILITÄT 11

REGELUNGEN ZU DEN STELLPLÄTZEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN

Gestaltungschancen aktiv nutzen

M
            it der Rechtsverordnung und

                                                                                                                                                        Foto: VdW
            Stellplatzsatzung halten Länder
            und Kommunen ein machtvolles
Gestaltungsinstrument für die mobile Zu-
kunft von Quartieren und ganzen Kommu-
nen in der Hand. Denn die Rechtsverordnung
und Stellplatzsatzungen regeln nicht nur die
Anzahl der Stellplätze, sondern zeigen auch
das Verständnis oder den Wunsch des Mi-
nisteriums und der jeweiligen Kommune,
wie sich Mobilität in Zukunft entwickelt oder
entwickeln soll. Müssen tatsächlich für jeden
Haushalt ein oder zwei Stellplätze vorgese-
hen werden oder sollen besser Anreize ge-
schaffen werden, vermehrt den öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV), das Fahrrad
oder Carsharing-Angebote zu nutzen? Kann         In vielen Quartieren dominiert ruhender Verkehr das Straßenbild
das Lastenrad eine Alternative zum Auto in
der Stadt sein? Welche Angebote könnten          Stellplatzsatzung müssen daher zunächst          nen Stellplatzsatzungen unterscheiden sich
entwickelt oder ausgebaut werden, um Ver-        alle maßgeblichen Faktoren erhoben und           und sind vielfältig. Zwar folgen die Kommu-
kehrsbelastungen zu reduzieren und werden        bewertet werden. Sowohl die Länder als auch      nen einem ähnlichen Grundkonzept, indem
diese Angebote angenommen werden?                die Kommunen gehen das Thema Stellplätze         sie bei der Festsetzung der notwendigen Stell-
                                                 unterschiedlich an.                              plätze auch weitere Mobilitätsfaktoren wie
Stellplatzverordnung vom Land und                                                                 beispielsweise die Versorgung mit ÖPNV,
Gestaltungsspielraum für Kommunen                Entwurf der Stellplatzverordnung                 Lage, Vorhandensein von Carsharing-An-
Das für Bauen zuständige Ministerium regelt      für Nordrhein-Westfalen in Arbeit                geboten und Ähnliches berücksichtigen.
gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW (Lan-          Das Ministerium für Heimat, Kommunales,          Im Detail unterscheiden sich die einzelnen
desbauordnung) durch Rechtsverordnung            Bau und Gleichstellung des Landes Nord-          Satzungen jedoch. So weichen die Anzahl
die Zahl der notwendigen Stellplätze und         rhein-Westfalen (MHKBG NRW) arbeitet             der festgesetzten notwendigen Stellplätze,
Näheres über Zahl, Größe und Lage von            aktuell an einem Entwurf der Stellplatzver-      die Bezugsgrößen (Wohnfläche/Bruttoge-
Stellplätzen für Menschen mit Behinderun-        ordnung, der anschließend in der Baukos-         schossfläche/Anzahl Wohnungen), Höhe
gen. Die Gemeinden können gemäß § 48             tensenkungskommission beraten werden             der Anrechnung der einzelnen Mobilitäts-
Abs. 3 BauO NRW unter Berücksichtigung           soll. Der VdW Rheinland Westfalen wird sich      faktoren voneinander ab. Teilweise wird zwi-
der örtlichen Verkehrsverhältnisse in ei-        in der Beratung für flexible Stellplatzschlüs-   schen frei finanziert und öffentlich gefördert
ner Stellplatzsatzung festlegen, ob und in       sel einsetzen, die lediglich das Minimum         differenziert. Einige Satzungen setzen allein
welchem Umfang und in welcher Beschaf-           erforderlicher Stellplätze festsetzen, weitere   die Anzahl notwendiger Pkw-Stellplätze fest,
fenheit bei der Errichtung, Änderung oder        Mobilitätsangebote vor Ort berücksichtigen       andere regeln zudem die Anzahl notwendiger
Nutzungsänderung von Anlagen, bei denen          und zwischen frei finanziertem und öffent-       Fahrradabstellplätze.
ein Zu- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist,     lich gefördertem Wohnraum differenzieren.
geeignete Garagen oder Stellplätze für Kraft-                                                     Ausblick
fahrzeuge und Fahrradabstellplätze errichtet     Verschiedene Lösungsansätze                      Nun bleibt abzuwarten, welchen Inhalt der
werden müssen, um den Erfordernissen des         auf kommunaler Ebene                             Entwurf der Stellplatzverordnung des
ruhenden Verkehrs zu genügen. Die He-            Manche Kommunen in Nordrhein-Westfalen           MHKBG NRW haben wird und ob sich die-
rausforderung dabei ist zunächst, ein Mobili-    haben bereits eine Stellplatzsatzung erlassen.   ser als auch die Stellplatzsatzungen der
tätskonzept vorzudenken und anschließend         In Stellplatzsatzungen können gemäß § 48         Kommunen in der Praxis bewähren werden.
dieses umzusetzen. Sicherlich unterscheiden      BauO NRW beispielsweise auch Regelungen          Das Land Nordrhein-Westfalen und auch
sich die Anforderungen im städtischen und        zur Herstellungspflicht, zum vollständigen       die einzelnen Kommunen haben nun die
im ländlichen Raum voneinander. Häufig ist       oder teilweisen Verzicht auf die Herstellung,    Chance, nicht nur Einfluss auf die Ausge-
jedoch auch zusätzlich innerhalb der einzel-     die Ablösung der Herstellungspflicht und die     staltung von Bauvorhaben, sondern auch
nen Kommunen nach Zonen oder Bereichen           Anzahl notwendiger Stellplätze, die mit einer    auf die verkehrliche Entwicklung zu neh-
zu differenzieren. Beispielsweise ist die Tak-   Vorbereitung der Stromleitung für die Ladung     men, wobei die einzelnen Kommunen dif-
tung des ÖPNV im Kernbereich einer Kom-          von Elektrofahrzeugen versehen werden            ferenziert auf örtliche Gegebenheiten und
mune eine andere als in den Randbereichen.       müssen, geregelt werden. Die konzeptionelle      kommunale Entwicklungsstrategien einge-
Vor Erlass der Rechtsverordnung oder einer       Herangehensweise und Detailtiefe der einzel-     hen können.                           ES

                                                                                                        10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
12       SCHWERPUNKT – MOBILITÄT UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT –

EINKOMMENS- UND KÖRPERSCHAFTSTEUER

Steuerliche Aspekte neuer Mobilität
Die Förderung umweltfreundlicher Mobilität – insbesondere der E-Mobilität – ist ein wesentliches
Ziel der Bundesregierung. Zur Senkung des Energieverbrauchs und Erreichung der erklärten Klima-
schutzziele bis zum Jahr 2020 bzw. 2050 ist es unabdingbar, die richtigen Anreize für ein Umdenken
im Individualverkehr zu setzen – auch in steuerlicher Hinsicht. Ein Überblick über bestehende und
angedachte steuerliche Regelungen.

   Ticket für den ÖPNV (Jobticket)

                                                                                                                                                 Foto: Halfpoint – stock.adobe.com
   Leistungen des Arbeitgebers für Fahrten des Arbeitnehmers zur ersten Tätigkeitsstätte mit öffent-
   lichen Verkehrsmitteln können gem. § 3 Nr. 15 EStG lohnsteuerfrei gewährt werden. Dies gilt für
   Fahrten im Linienverkehr und öffentlichen Personennahverkehr. Die Leistungen können in Form
   eines Zuschusses des Arbeitgebers zu Aufwendungen des Arbeitnehmers (Geldleistung) oder in
   Form von Sachbezügen (Übernahme der Kosten eines Job-Tickets) erfolgen. Auch hier gilt, dass
   Steuerfreiheit nicht im Fall einer Gehaltsumwandlung gewährt wird, sondern vielmehr eine zusätzli-
   che Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer neben dem vereinbarten Lohn erbracht werden
   muss. Gewährte Geld- oder Sachleistungen sind vom Arbeitnehmer auf die Entfernungspauschale
   anzurechnen.

                                                                                            (Elektro-)Fahrräder
                                                        Foto: Halfpoint – stock.adobe.com

                                                                                            Gemäß BMF-Schreiben vom 13.03.2019 fällt die Nutzungsüberlassung eines betrieblichen (Elekt-
                                                                                            ro-)Fahrrades an Arbeitnehmer unter die Einkommensteuerbefreiung des § 3 Nr. 37 EStG, sodass
                                                                                            keine Lohnsteuer für die Nutzung zu entrichten ist. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die
                                                                                            erstmalige Nutzung nach dem 31.12.2018 stattgefunden hat und die Überlassung keine Gehalts-
                                                                                            umwandlung darstellt. Ebenfalls darf das überlassene Fahrrad verkehrsrechtlich kein Kfz darstellen
                                                                                            (elektrisch unterstützte Geschwindigkeit max. 25 km/h). Die dann greifende Steuerbefreiung des
                                                                                            § 3 Nr. 37 EStG gilt jedoch nur für die laufende Nutzungsüberlassung; die (anschließende) Veräu-
                                                                                            ßerung von E-Fahrrädern an Arbeitnehmer ist nach den allgemeinen lohnsteuerlichen Grundsätzen
                                                                                            zu würdigen. Aktuell ist die Anwendung der Steuerbefreiung befristet bis zum 31.12.2021, eine
                                                                                            Verlängerung der Regelung ist jedoch geplant (siehe Ausblick).

   Steuerfreiheit für das elektrische Aufladen
   Ebenfalls lohnsteuersteuerbefreit ist gem. § 3 Nr. 46 EStG das elektrische Aufladen eines privaten
   und betrieblichen Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung
   des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG). Dies schließt die gesamte
   Ladeinfrastruktur einschließlich Zubehör und hierzu erbrachter Dienstleistungen (z. B. Installation
   oder Inbetriebnahme) ein. Auch in diesem Fall muss die Leistung zusätzlich zum Arbeitslohn erfol-
                                                                                                                                                                                         Foto: janifest – stock.adobe.com

   gen; Gehaltsumwandlungen sind von der Befreiung ausgenommen. Für Dienstfahrzeuge entsteht
   weder bei Anwendung der pauschalen 1-Prozent-Methode noch bei der Bewertung nach der sog.
   Fahrtenbuchmethode ein zusätzlicher geldwerter Vorteil für lohnsteuerfreie Leistungen (§ 3 Nr. 46
   EStG) beim Arbeitnehmer.

   Die Befreiung gilt für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2020 – allerdings nur für Fahrzeuge
   und Pedelecs, die verkehrsrechtlich als Fahrzeuge eingestuft werden.

10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
MEHR ALS E-MOBILITÄT 13

                                                                                                                                                Grafik: Trueffelpix – stock.adobe.com
  Elektrofahrzeuge
  Um den Umstieg auf umweltfreundlichere         schen Listenpreis ein pauschaler Abzug (kWh-     bestimmter Kosten für das Batteriesystem
  E-Fahrzeuge zu fördern, wurde der für die      Wert Minderungsbetrag) vorgenommen, sofern       aus der Bemessungsgrundlage nun gem. § 6
  Dienstwagenbesteuerung von E-Fahrzeugen        der Listenpreis Kosten für ein Batteriesystem    Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG vor, dass die
  (Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuge) maß-    enthielt. Diese Regelung war bei Zulassungen     1 %-Regelung halbiert wird, also statt 1 % nur
  gebliche pauschale Lohnsteuersatz von zuvor    vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2018     0,5 % vom Listenpreis eines Elektrofahrzeugs
  1 % auf 0,5 % abgesenkt.                       anzuwenden.                                      angesetzt wird. Erreicht wird dies durch eine
                                                                                                  Halbierung der Bemessungsgrundlage.
  Nach der bisherigen Regelung wurde bei         Die Änderung bei der Förderung der Elek-
  E-Fahrzeugen vom maßgeblichen inländi-         tromobilität sieht statt der Herausrechnung      Wird die Fahrtenbuchregelung angewandt,
                                                                                                  führt die Neuregelung dazu, dass bei der
                                                                                                  Ermittlung der Gesamtkosten die Anschaf-
                                                                                                  fungskosten nur zur Hälfte angesetzt wer-
                                                                                                  den, sodass sich die Absetzung für Abnut-
                                                                                                  zung für das Fahrzeug halbiert. Wird das
                                                                                                  Fahrzeug angemietet oder geleast, fließen in
   Foto: gstockstudio – stock.adobe.com

                                                                                                  diesen Fällen nur die Hälfte der Miet- bzw.
                                                                                                  Leasingkosten in die Gesamtkosten ein.

                                                                                                  Die Neuregelung gilt aktuell noch für Anschaf-
                                                                                                  fungen nach dem 31. Dezember 2018 und vor
                                                                                                  dem 1. Januar 2022.

Ausblick
Die Bundesregierung hat am 31.07.2019            len demnach bis einschließlich 2030 verlängert   Möglichkeit einer Sonderabschreibung von E-
den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren          werden. Von der Verlängerung gleichermaßen       Lieferfahrzeugen i. H. v. maximal 50 % bis 2030
steuerlichen Förderung der Elektromobili-        betroffen ist auch die Steuerfreiheit für das    geschaffen werden.
tät und zur Änderung weiterer steuerlicher       elektrische Aufladen von Fahrzeugen.
Vorschriften veröffentlicht. Das Gesetz                                                           Es wird erwartet, dass der vorliegende Regie-
fasst mehrere Anpassungen bereits beste-         Daneben ist eine alternative Möglichkeit zur     rungsentwurf zu den Gesetzesänderungen auch
hender Vorschriften sowie weiterführende         Steuerfreiheit von Jobtickets vorgesehen, die    in dieser Form verabschiedet wird. In der Regel
Regelungen u. a. zur Attraktivitätssteige-       Lohnsteuer ab 2020 pauschal i. H. v. 25 % zu     gelten diese dann ab dem Jahr 2020.        CO
rung von E-Mobilität zusammen.                   erheben, jedoch die Anrechnung auf die Entfer-
                                                 nungspauschale entfallen zu lassen.
Sowohl die Steuerbefreiung von (Elektro-)Fahr-
rädern als auch die Anwendung der halbierten     Flankierend soll auch die gewerbesteuerliche
Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung        Hinzurechnung von Leasingraten für E-Fahr-
dienstlicher E-Fahrzeuge (0,5 %-Regelung) sol-   zeuge halbiert werden und mit § 7c EStG-E die

                                                                                                        10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
14       SCHWERPUNKT – MOBILITÄT UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT –

PRAXISBERICHT: MOBILITÄT BEI DER ALLBAU GMBH

Immer in Bewegung

M
           ehr Umweltschutz in der Mobili-
           tät lautet das Ziel im „Masterplan
           Verkehr 2018“ der Stadt Essen.
Die Anteile der umweltfreundlichen Verkeh-
re per Rad, zu Fuß, Bus und Bahn sollen bis
2035 auf jeweils 25 Prozent steigen. Als kom-
munales Wohnungsunternehmen hat sich
der Allbau, Essens größter Wohnungsanbie-
ter, diesem „4 x 25-Prozent-Ziel“ verpflichtet.

Neben Digitalisierung und Integration hat
bei der Allbau GmbH, kurz „Allbau“, auch
das Thema Mobilität Fahrt aufgenommen –
so wurde Anfang 2018 die Agenda „All-
bauMobil“ ins Leben gerufen. Sie berück-
sichtigt insbesondere veränderte Mobilitäts-
bedürfnisse der Mieter, sie zeigt aber auch
Strategien für Mitarbeiter zur Lösung von
Mobilitätsfragen auf. Bisher wurden rd. 80
Prozent der Vorhaben umgesetzt.                         Auszeichnung der Allbau GmbH als „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“
                                                        beim 1. AllbauMobilitätstag am 8. Mai 2019
AllbauMobil
Der Allbau beobachtet die Trends sehr                   der reinen Wohnqualität, sondern auch           Nutzen statt besitzen: Carsharing
genau und setzt sich mit mieterseitigen                 anhand bedarfsgerechter, nachhaltiger und       Laut des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und
Mobilitätswünschen und -anforderungen                   zukunftsorientierter Mobilitätsstrukturen       Raumforschung pendeln in Deutschland
auseinander; auch im Zuge der Moder-                    über das Quartier hinaus.                       mehr als 18 Millionen Menschen (rd. 60 Pro-
nisierungs- und Neubauvorhaben. Zum                                                                     zent der Beschäftigten). Die durchschnittli-
Verständnis des Allbau zählt: Die Qualität              Elektroladestationen                            che Pendel-Entfernung beträgt rd. 17 Kilo-
von Quartieren bemisst sich nicht nur an                für E-Autos und E-Bikes                         meter, doch jeder Zweite fährt weniger als
                                                        Hierzu zählt auch die Schaffung einer Lade-     zehn Kilometer mit dem Pkw. Auch unsere
                                                        Infrastruktur für Autos mit Elektroantrieb in   übrigen täglichen Wege fahren wir in einem
                                                        den AllbauQuartieren. Diese stoßen weni-        Radius von maximal sieben Kilometern. So
         ALLBAU GMBH                                    ger CO₂-Emissionen sowie Abgase aus und         steht das Privatauto meistens ungenutzt he-
                                                        die Zahl der in Deutschland zugelassenen        rum, nur rd. eine Stunde nutzen wir es täglich
   Die Allbau GmbH bietet seit 1919 die                 E-Fahrzeuge wächst kontinuierlich. Die          im Schnitt, meist allein. Zahlen müssen wir
   größte Auswahl an Mietwohnungen in Es-               Installation von rd. 20 Elektroladesäulen       trotzdem: Parkgebühren, Steuern, Versiche-
   sen und ist ein erfahrener und kompetenter           auf Allbau-Grundstücken im Rahmen eines         rung, Benzin und Reparaturen. Günstiger
   Bauträger und Stadtentwickler. In seinen             Kooperationsmodells dieses Pilotprojektes       und umweltfreundlicher fährt man nach
   rd. 18.000 Wohnungen zwischen Kettwig                befindet sich bereits in der Planungsphase.     dem Motto „nutzen statt besitzen“ mit einem
   und Karnap, Freisenbruch und Frintrop                Bei einem positiven Verlauf ist es Ziel, die    Carsharing-Auto. Es ersetzt bis zu 20 private
   sind rd. 40.000 Menschen zu Hause. Ob                Elektroladeinfrastruktur in den nächsten        Pkw und gezahlt werden nur die gefahrenen
   Familien, Singles, Studenten oder Senioren,          Jahren auf bis zu 100 Stationen auszubau-       Kilometer sowie die Dauer der Fahrzeugnut-
   ob Dienstleistungen rund ums Wohnen,                 en. Bei jedem Neubauprojekt rüstet der          zung. Dennoch gibt es vergleichsweise noch
   besondere Angebote für ältere Mieter,                Allbau vor – auch im öffentlich geförderten     wenige Angebote in Essen.
   kinderfreundliche Hausordnungen oder die             Wohnungsbau. Im Bestand hat der Allbau
   Allbau-Kinderbeauftragten: Allbau hilft ger-         in einem Pilotprojekt mit einer Mietpartei      Allbau holt Carsharing aus der Nische
   ne, Wohn- und Lebens(t)räume zu verwirkli-           für das „Auftanken“ die kompakte Strom-         Um Carsharing in Essen aus der Nische zu
   chen. Und dies schon seit über 100 Jahren!           Ladestation Wallbox in der Klimaschutz-         holen, hat der Allbau Carsharing in den
                                                        siedlung Dilldorfer Höhe gestiftet. Dies soll   öffentlichen Raum gerückt und Ausleih-
                                                        Erfahrungswerte bringen, die der Allbau bei     stationen gegenüber der Allbau-Immobilie
                                                        der Anschaffung einer eigenen Ladestation       Schulte-Pelkum-Straße 2/4 in Huttrop und
                                                        für alle seine Mieter gern weitergibt – auch    gegenüber der Hölderlinstraße 2 in Hols-
                                                        in Bezug auf Landes- und Bundesförde-           terhausen eingerichtet. In den nächsten
                                                        rungen.                                         Monaten wird eine weitere Station in den

10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
MEHR ALS E-MOBILITÄT 15

Holsterhauser Cranachhöfen installiert.
Allbau-Mieter fahren die Carsharing-Autos
des Anbieters „stadtmobil“ zu vergünstig-
ten Konditionen. stadtmobil ist der einzige
Anbieter der Region, der mit dem Umwelt-
zeichen „Blauer Engel“ für eine umweltscho-
nende Verkehrsdienstleistung ausgezeichnet
ist. Die stadtmobil-Flotte besteht zu mehr
als 30 Prozent aus Elektro- und Hybridfahr-
zeugen.
                                                Die Allbau GmbH schafft wettergeschützte                     Sichere und wettergeschützte Abstellplätze
Mobil mit Rad                                   Rollatoren-Abstellplätze für ihre Mieter                     für Mieter-Fahrräder
Die Menschen nutzen das Rad immer öfter
auch alltags. Dafür hat die Stadt Essen bei-    Umgebung – mit sicheren Abstellanlagen,                      Mobilitätstrends im Blick
spielsweise mehr als die Hälfte der Essener     Umkleidekabinen und Duschen, Zuschüssen                      Der Allbau wird die Mobilitätstrends weiter-
Einbahnstraßen, rd. 300, gegenläufig für        bei der Anschaffung eines neuen Rads sowie                   hin im Blick behalten, offen sein für Mitarbei-
Radler geöffnet. Außerdem beruhigen 40          Elektrorädern zur Ausleihe für Dienstwege.                   ter- und Mieterwünsche und die Angebote
Fahrradstraßen den Verkehr, Autos dürfen        Dafür wurde der Allbau beim 1. Allbau-                       regelmäßig erweitern – auch gemeinsam
nur mit mäßiger Geschwindigkeit fahren.         Mobilitätstag am 8. Mai 2019 als „Fahrrad-                   mit der Stadt Essen sowie diversen Koope-
Signale pro Radverkehr setzt der Allbau z. B.   freundlicher Arbeitgeber“ des Allgemeinen                    rationspartnern wie stadtmobil, Ruhrbahn,
im Radfahrerquartier Altendorf mit der          Deutschen Fahrrad-Clubs ausgezeichnet.                       E.ON oder metropolradruhr.
„Zweiradstation“, der besonders beliebten       Daneben wird der Allbau-Carpool sukzessi-
Gastronomie „Radmosphäre“, dem mit dem          ve auf Elektrofahrzeuge umgestellt. Bereits                  Vorläufige Schlussfolgerung des Allbau
Deutschen Fahrradpreis ausgezeichneten          heute sind schon gut 30 E-Autos des Allbau                   Strukturiert an Mobilitätsfragen heranzuge-
Spazierfahr-Service „Radeln ohne Alter“         für Dienstfahrten im Einsatz. Hierfür wur-                   hen und diese im Rahmen einer Agenda
oder im Radler-Hostel am Niederfeldsee.         den bereits rd. 40 Elektroladestationen in                   präsent zu machen, schafft den notwendigen
Zudem bietet er in seinen Quartieren neben      der Tiefgarage der Allbau-Hauptverwaltung                    Druck, die Themen neben dem Tagesge-
Abstellanlagen für Rollatoren und Kinder-       installiert. Seit wenigen Wochen steht der                   schäft anzugehen. Wir müssen für unsere
wagen auch abschließbare Parkboxen für          Allbau-Carpool seinen Mitarbeitern gegen                     Kunden und Mitarbeiter Mehrwerte auch im
Fahrräder und E-Bikes.                          Entgelt auch zur privaten Nutzung in den                     Bereich der Mobilität schaffen, um für beide
                                                Abendstunden und am Wochenende zur                           attraktiv zu bleiben.                    ES
Fahrradfreundlicher Arbeitgeber                 Verfügung. Die Nutzungsmöglichkeiten ori-
Auch betriebsintern schafft der Allbau für      entieren sich dabei an den steuerlichen
seine Mitarbeiter eine fahrradfreundliche       Rahmenbedingungen.

                                                                                                                    ÜBER DEN AUTOR
                                                                                        Fotos: Allbau GmbH

                                                                                                               Thomas Kemmann: Seit dem 1. Januar
                                                                                                               2014 Stabsleiter Geschäftsführerangelegen-
                                                                                                               heiten, Gremienbetreuung und übergeord-
AllbauMieter fahren die mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ ausgezeichneten                                   nete Koordinierungsaufgaben
Carsharing-Autos des Anbieters „stadtmobil“ zu vergünstigten Konditionen

                                                                                                                   10/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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