Wege neu verbinden - Frühjahr 2021 - Alumni Netzwerk
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Weiterhin lernen mit Online-Unterricht. Virtuelle Bildung von ZEISS Bieten Sie Studierenden Zugang zu Ihren digitalen Objektträgern Sie möchten Ihre lokal gespeicherten, digitalisierten Objektträger für den Online-Unter- richt zur Verfügung stellen? Und so Ihren Studierenden die Möglichkeit bieten, mithilfe dieser Objektträger zu Hause oder in einer anderen inspirierenden Umgebung zu lernen? Alles, was Sie dazu benötigen, ist die Software ZEN Data Storage mit dem enthaltenen ZEN Data Explorer. Ein Mikroskop vor Ort ist nicht erforderlich. Testen Sie es einfach mal! zeiss.ly/fl-virtual-education Unbenannt-2 1 27.05.2021 12:19:11
Editorial Liebe Leser:innen, menschenleere Flure und verlassene Hörsäle: Wo wir sonst auf andere Studierende, Lehrende oder Mitarbeitende trafen, finden wir gähnende Leere vor. Die vier Treppen- häuser auf dem Titel stehen symbolisch dafür. Fast alles hat sich ins Netz verschoben. Gleichzeitig haben viele das Gefühl, dass es nicht voran geht. Und doch, das vergangene Jahr liefert auch einen Schatz an Erfahrungen mit sich: Lehre und Studium wurden plötzlich digital. Wie geht es uns damit? Welche Lösungen haben wir gefunden, um die Menschen und Inhalte neu zu vernetzen und anders zugänglich zu machen? Beispiele dafür haben wir in dieser Ausgabe zusammengestellt. Die Zeit mit digitalen Tools ist für viele ein Impuls, ein Weckruf: Überall an der Universität beginnen Initiativen und Menschen, neue Verbindungen zu schaffen und digitale Wege zu entdecken. Rektor Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Hoch startet mit seinem neuen Team an Prorektor- innen und Prorektoren in die zweite Amtszeit. Mit großen Erwartungen blickt er in die Zukunft (mehr auf Seite 4). Auch die forsch steht vor einem digitalen Wandel. Versand und Gestaltung werden modernisiert. Neben dem gewohnten PDF und Flipbook wird es demnächst eine digitale Umsetzung geben. Wer die forsch als Print-Ausgabe schätzt, kann sie aber weiterhin kostenfrei abonnieren. Mehr dazu demnächst auf uni-bonn.de/forsch. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen! Ihr Redaktionsteam Fotos/Montage: Gregor Hübl Titelfoto: Vier Treppenhäuser in der Uni Bonn: Wo ansonsten Menschen unterwegs sind, herrschte Leere. Fotos/Montage: Gregor Hübl forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 1
Inhaltforsch1/2021 Foto: Volker Lannert Foto: Gregor Hübl 4 16 18 8 28 Foto: Volker Lannert Foto: Volker Lannert Schlüssel zur Gesellschaft e.V. 12 Dozierende lernen Deutsch 21 Kompaktes aus der Uni Internationale Forschende erhalten Unterstützung von Anfang an 22 Zähne zeigen Illustrationen: Was können wir aus fossilen 13 Kompaktes aus der Forschung Zähnen ablesen – und welcher Zahn gehört zu welchem Tier? 14 Gemeinsam für Kinderherzen Angehende Ärztin und Pflegerin 24 Machen Menschen 4 Aufbruch mit ambitionierten Zielen lernen voneinander – für mehr Geschichte? Rektor Hoch wurde erneut zum Patientensicherheit und Verständnis Oder schafft Geschichte große „Rektor des Jahres“ gewählt. Menschen? Mit neuem Team startet er in die 16 Ein grünes Jahr nah zweite Amtszeit an der Forschung 26 Die fabelhafte Welt der Diese Erfahrungen haben zwei Franca Hoffmann 8 Ausgetretene Lehrpfade verlassen Teilnehmende bei ihrem Freiwilligen Eine Bonner Mathematikerin Neue Wege gingen Lehrende in der Ökologischen Jahr gemacht unterstützt Mathe-Projekte in Corona-Pandemie – mit digitaler afrikanischen Ländern Technik und kreativen Ideen 18 Mit Adlerdame Gigi den 10 Gruppenexkursionen Grundrechten auf der Spur Studierende haben ein preisge- 22 ohne Gruppen kröntes Kinderbuch zur Demokratie Geographen konnten nur zu zweit geschaffen das Siebengebirge entdecken Foto: Georg Oleschinski 20 Energie aus der Luft 11 Work-Life-Balance in Teilchenforscher Philipp Bechtle Corona-Zeiten jagt den Wind mit Drohnen – um Zuhause arbeiten und dabei saubere Energie zu gewinnen fit bleiben 2 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
Foto: Volker Lannert Foto: Volker Lannert 26 30 37 44 39 Foto: Michael Aust Foto: Georg Oleschinski Foto: Volker Lannert 36 Kompaktes aus den 46 120 internationale Stimmen und Exzellenzclustern der Mann im Spiegel 37 Sprache als nichts, was sicher ist 46 Wer ins Ausland will, findet hier Ulrike Almut Sandig zu Schnittstel- Tipps len zwischen Literatur und Medien 28 Körpereigene Cannabinoide 47 Jetzt zum Unifest anmelden und das Immunsystem 39 Hürden überwinden Doktorandin aus Nigeria erforscht Tagsüber studiert Franziska 47 Unterstützung beim Weg den Einfluss auf neurodegenerative Schuster, und abends überwindet in den Beruf Erkrankungen sie Hürden 48 Ausgezeichneter Nachwuchs 30 Der gesammelte Frieden 40 500 Redakteur:innen, Am Zentrum für Historische eine Website 49 Vorgestellt Friedensforschung begeben sich Die Universität Bonn hat eine neue Forschende auf Spurensuche ins Website. Das wurde beim Etappen- 52 Meldungen 17. Jahrhundert ziel erreicht 55 Impressum 33 Wirtschaft ist nicht nur Geld 42 Warum bekommen Frauen teurere Warum man nicht nur auf Finanzprodukte empfohlen? 56 Sozialwissenschaften, Unternehmen schauen sollte, Ein Fazit - Christine Laudenbach Mathematik, Kommunalpolitik wenn es um die Wirtschaft geht hat tausende Beratungsgespräche Das jüngste Mitglied des analysiert Bonner Stadtrats studiert an der 34 Erste Argelander-Professur Universität Bonn besetzt 44 Mit diesem Fossil wurden Dinosaurier zu Kunst 35 Kompaktes aus den TRAs Das Fossil des Jahres liegt im Goldfuß-Museum. forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 3
Foto: Gregor Hübl Aufbruch mit ambitionierten Zielen Rektorat startet geschlechterparitätisch in neue Amtszeit Das neue Rektorat: Jetzt hat der Kapitän es „schwarz auf weiß“: Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael haltigkeit und Digitalisierung, was sich Prof. Dr. Klaus Sandmann, Hoch hat Ende April im Ministerium für Kunst und Wissenschaft in Düsseldorf auch im neuen Zuschnitt der Resorts wi- Rektor Prof. Dr. Dr. h. c. von Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen persönlich seine Ernennungsurkunde derspiegelt. Professor Hoch hat die Uni- Michael Hoch, erhalten. Mit seinem Rektorats-Team startete er zum Mai 2021 in eine zweite versität Bonn erfolgreich durch den Ex- Prof. Dr. Birgit Ulrike Münch, Amtszeit, die von 2021 bis 2025 dauert. Dafür hat er ambitionierte Ziele zellenzwettbewerb des Bundes und der Kanzler Holger Gottschalk, gesteckt. Länder geführt, aus dem die Hochschule Prof. Dr. Irmgard Förster, 2019 mit sechs Exzellenzclustern als er- Prof. Dr. Andreas Zimmer. Im Herbst 2020 war Professor Hoch Erstmals ist das Rektorat der Uni- folgreichste Bewerberin und mit dem Prof. Dr. Annette Scheersoi, von der Hochschulwahlversammlung versität Bonn geschlechterparitätisch begehrten Exzellenzstatus hervorgegan- Prof. Dr. Maren Bennewitz für eine zweite Amtszeit von vier Jahren besetzt: Bonn ist erst die zweite Exzel- gen ist. Im Jahr 2019 wurde er vom CHE (v.l.n.r.) Dauer gewählt worden. Der Wahl war lenzuniversität in Deutschland, in deren und der Wochenzeitung Die Zeit zum ein verkürztes Verfahren ohne Aus- Leitungsgremium genauso viele Frauen „Hochschulmanager des Jahres“ sowie schreibung vorausgegangen, nachdem wie Männer tätig sind. Noch höhere Pri- im Jahr 2020 und auch in diesem Jahr Senat und Hochschulrat den Amtsinha- orität für die universitäre Gesamtent- wieder von den Mitgliedern des Deut- ber aufgefordert hatten, erneut zu kandi- wicklung erhalten die Themen Chancen- schen Hochschulverbandes zum „Rektor dieren. Komplettiert wurde das Lei- gerechtigkeit und Diversität, Nach- des Jahres“ gewählt. ANDREAS ARCHUT tungsgremium Anfang März 2021, als die Hochschulwahlversammlung die von Prof. Hoch vorgeschlagenen Prorek- torinnen und Prorektoren bestätigte. Die Prorektorinnen und Prorektoren sind nebenamtlich tätig. Prof. Dr. Maren Bennewitz ist zuständig für Digitalisie- rung und Informationsmanagement, Holger Gottschalk ist Prof. Dr. Irmgard Förster für Chancenge- Diplom-Kaufmann und rechtigkeit und Diversität, Prof. Dr. Birgit leitet die Universitäts- Ulrike Münch für Internationales, Prof. verwaltung seit 2017. Dr. Klaus Sandmann für Studium, Lehre Unter anderem kümmert und Hochschulentwicklung, Prof. Dr. er sich um die Bewirt- Annette Scheersoi für Nachhaltigkeit schaftung der Haushalts- und Prof. Dr. Andreas Zimmer für For- Foto: Volker Lannert mittel, die Personal- und schung und Wissenschaftlichen Nach- Rechtsangelegenheiten wuchs. Für Prorektorin Bennewitz und sowie das Bau- und die Prorektoren Sandmann und Zimmer Liegenschaftsmanagement. ist es bereits die zweite Amtszeit. 4 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
Prorektorin für Digitalisierung Prorektorin für Chancengerechtigkeit und Informationsmanagement und Diversität Foto: Volker Lannert Foto: Volker Lannert Prof. Dr. Maren Bennewitz erforscht Prof. Dr. Irmgard Förster ist Professorin und konstruiert Humanoide Roboter. für Immunologie und Umwelt, Sie arbeitet am Institut für Informatik Life & Medical Sciences (LIMES)-Institut Foto: Volker Lannert Prorektorin für Nachhaltigkeit Prorektorin für Internationales Foto: Gregor Hübl Prof. Dr. Annette Scheersoi Prof. Dr. Birgit Ulrike Münch ist Professorin für Fachdidaktik Biologie am ist Professorin für Kunstgeschichte Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen am Kunsthistorisches Institut Prorektor für Studium, Lehre und Prorektor für Forschung und Foto: Volker Lannert Hochschulentwicklung Wissenschaftlichen Nachwuchs Foto: Gregor Hübl Prof. Dr. Klaus Sandmann Prof. Dr. Andreas Zimmer ist Professor für Finanzmarktökonomie und arbeitet ist Professor für Molekulare Psychiatrie, am Institut für Finanzmarktökonomie und Statistik Institut für Molekulare Psychiatrie forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 5
Als erneuter „Rektor des Jahres” in die zweite Amtszeit Prof. Hoch spricht im Interview über seine Ziele Zum Beginn seiner zweiten Amtszeit haben die Mitglieder des Hochschulver- ist gemeinsam mit den Fakultäten bereits bandes Prof. Hoch erneut zum „Rektor des Jahres“ gewählt. In der Online- wichtige Schritte gegangen, nicht zuletzt Befragung erhielt er von den Bonner Mitgliedern die Bestnote und schnitt noch mit der Gründung einer neuen Stabsstel- einmal besser ab als im Vorjahr: 69 Prozent der Teilnehmenden halten ihn für le. Irmgard Förster wird diesen wichti- „die ideale Besetzung“ des Führungsamts. Wir sprachen mit ihm über seine gen Bereich mit ihrer ganzen Erfahrung Pläne für die kommenden vier Jahre. und Kompetenz weiter ausbauen. Im Übrigen war es mir wichtig, selbst vor- Sie sind nach 2020 erneut „Rektor des Eine ereignisreiche erste Amtszeit liegt anzugehen, und mein Rektorat erstmals Jahres“. Wie haben Sie das gefeiert? hinter Ihnen. Wenn Sie 2015 gewusst in der Geschichte der Universität ge- Ein bisschen gefeiert habe ich vor allem hätten, was Sie heute wissen – was hät- schlechterparitätisch zu besetzen. im Familienkreis. Die Preisverleihung ten Sie anders gemacht? selbst fand auf der digitalen „Gala der Grundsätzlich schaue ich immer lie- Neu ist auch das Prorektorat für Nach- Deutschen Wissenschaft“ statt. Der ber nach vorn und entwickle Ideen und haltigkeit. Preis ist aber eine tolle Anerkennung und Konzepte für die Zukunft. Aber selbst- Nachhaltigkeit ist ein zentrales The- spornt mich an, weiter an und für meine verständlich lernt man jeden Tag neu, ma der Gegenwart und der Zukunft, wel- exzellente Universität zu arbeiten. Dazu aus Begegnungen, im Austausch und oft- ches nahezu alle Bereiche unseres Lebens gehört: Zuzuhören, Kompromisse zu fin- mals aus ganz unerwarteten Herausfor- umfasst. Mein Rektorat hat bereits in der den und neue Ideen zu entwickeln. derungen. Ich denke etwa an die Sper- vergangenen Amtszeit erklärt: Wir wollen rung des 3. OG des Hauptgebäudes vor eine nachhaltige Universität werden, zu- Weihnachten 2018. Hieraus habe ich im mal in der deutschen Stadt der Vereinten Positiven gelernt, was wir für eine große Nationen. Hierzu haben wir unter Einbin- Kraft entwickeln können, wenn wir aus dung aller Statusgruppen eine universitäre einem wirklich massiven Problem ge- Nachhaltigkeitsstrategie 2030 entwickelt, meinsam eine Chance entwickeln. die nun im Prorektorat unter Leitung von „Das Rektorat um Michael Hoch geht mit Schwung und ambitionierten Zielen in seine neue Amtsperiode. Die Steigerung des Frauenanteils auf allen Hierarchieebenen gehört dazu. Dass unsere Hochschulleitung künftig zu Foto: Gregor Hübl den wenigen in Deutschland gehört, die geschlechterpari- tätisch besetzt sind, ist ein starkes Signal.“ PROF. DR. DIETER ENGELS, VORSITZENDER DES HOCHSCHULRATS Foto: Ronny Bittner Durch unsere konzertierte Aktion „Wir Annette Scheersoi mit der neuen Stabs- für unser Schloss“ waren wir einer Sa- stelle koordiniert umgesetzt werden wird. nierung des Schlosses denke ich noch In der Nachhaltigkeitsforschung sind wir, nie näher. zum Beispiel mit unserem Exzellenzcluster „Als Vetreter:innen der Studieren- PhenoRob und unserem Innovations-Cam- den unserer Universität sind wir Ein neues Ressort in Ihrem Rektorat pus Bonn, ohnehin sehr stark. In der Lehre über die Wiederwahl von Rektor ist das Prorektorat für Chancen- wollen wir fakultätsübergreifende Lehr- Michael Hoch sehr erfreut, da er gerechtigkeit und Diversität. Was hat module entwickeln und auch im Betrieb auch für studentische Belange und Sie dazu bewogen, diesem Thema ein werden wir, nach Meilensteinen wie dem Zielsetzungen ein offenes Ohr hat. eigenes Prorektorat zu widmen? Fairtrade-Siegel und der Umstellung auf Wir begrüßen die gute Kommunika- Unser erklärtes Ziel ist es, dass Ökostrom, noch nachhaltiger werden. tion zwischen uns und dem Rek- Chancengerechtigkeit und Diversität torat, welche bisher auf Augenhöhe an der Universität Bonn noch stärker Was sind Ihre Ziele für die kommenden stattgefunden hat und den gegen- umgesetzt und gelebt werden. Dies ist vier Jahre? Woran wollen Sie gemes- seitigen Ideenaustausch fördert. Die ein wesentlicher Teil unseres Selbstver- sen werden? paritätische Besetzung des Rektorats ständnisses. Es geht für uns als global Unser strategisches Ziel für die kom- ist ein willkommener Schritt in vernetzte Exzellenzuniversität eben auch menden Jahre ist es, die Universität Bonn Richtung Inklusion von Menschen darum, die Potentiale in der Vielfalt zu mit ihrer exzellenten Leistungsfähigkeit in mit Migrationsbiographie, Behinde- nutzen. Bei der Erhöhung des Anteils Forschung und Lehre sowie ihren großen rungen und People of Color.“ von Professorinnen haben wir eindeuti- Potentialen in der Vielfalt noch stärker zu THOMAS KORTSALIS, ge Ziele formuliert, die wir gemeinsam einem Schrittmacher der großen globa- STELLV. ASTA-VORSITZENDER erreichen müssen. Mein letztes Rektorat len Transformationsprozesse zu machen. 6 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
Hierzu brauchen wir eine adäquate Inf- rastruktur, vor allem auch digital, sowie einen starken Transfer-Bereich, den wir mit unserem neuen Zentrum enaCom etabliert haben. Wir als neues Rektorat werden gemeinsam mit allen Universi- tätsmitgliedern und unseren Partnern da- ran arbeiten, unsere sehr gute Position im weltweiten Wettbewerb weiter auszubau- en. Hierzu zählen vor allem auch unsere weltweiten Netzwerke, die Birgit Münch als neue Prorektorin weiter festigen und strategisch ausbauen wird. „Das Rekto- rat von Pro- Foto: Gregor Hübl fessor Hoch hat die Uni- versität Bonn auf Exzellenz- kurs gebracht und sie zur erfolg- reichsten Hochschule im Wett- bewerb gemacht. Nun gilt es, diesen Erfolg für die Zukunft zu sichern. Dafür ist Professor Hoch mit seinem neuen Team und den darin vorhandenen Kompetenzen bestens gerüstet.“ PROF. DR. RAINER HÜTTEMANN, VORSITZENDER DES SENATS Das Rektorat schätzt Sie als aus- gesprochenen „Teamplayer“. Was braucht man dafür? Ein Teamplayer braucht zunächst einmal ein gutes Team. Ich danke den Mitgliedern meines letzten Rektorats von Herzen für Ihre hervorragende Ar- beit und freue mich sehr auf die Zusam- menarbeit mit den neuen Kolleginnen und Kollegen. Überhaupt: Ich bin sehr stolz da- rauf, was wir als Rektorat, gemeinsam mit den Forschenden, Lehrenden, Stu- dierenden und Beschäftigten, in den letzten Jahren erreicht haben. Wir hat- ten immer einen sehr guten Ruf, aber ich glaube wir haben in der Wahrnehmung von außen, auch international, noch ein- mal entscheidend gewonnen. Als Rektor sehe ich meine Aufgabe auch weiterhin darin, die große Kreativität und das enorme Engagement der Universitäts- mitglieder zu fördern und zu vernetzen, sie alle für gemeinsame Ziele zu gewin- nen, hinter diesen zu versammeln und Foto: Jürgen Hofmann hieraus eine große Leistungsfähigkeit entstehen zu lassen. Wenn uns das weiter gemeinsam gelingt, dann stimmt mich das für die Zukunft optimistisch. ANDREAS ARCHUT forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 7
Ausgetretene Lehrpfade verlassen Wie das digitale Semester neue Wege eröffnet Lockdown und Präsenzuniversität – seit weit mehr als einem Jahr gehört dieser erfragen. Im Anschluss erhielten sie Gegensatz zum Alltag an der Universität Bonn. „Von jetzt auf gleich mussten wir Werte aus den Versuchen und mussten von analogen Veranstaltungen, auf digitale Formate umstellen“, erinnert sich sich in digitaler Gruppenarbeit mit den Prof. Dr. Karin Holm-Müller, die bis Mai Prorektorin für Studium und Lehre an Ergebnissen auseinandersetzen und Ver- der Universität Bonn gewesen ist. „Man erlebt es nicht oft, dass gewohnte suchsprotokolle erstellen. Gerahmt wur- Realitäten so drastisch in Frage gestellt werden. Das war eine unglaubliche de die Veranstaltung durch ein An- und Kraftanstrengung für alle Angehörigen unserer Universität.“ ein Abtestat auf der Lehr- und Lernplatt- form eCampus. So konnten die Dozie- renden den Lernerfolg überprüfen. „Natürlich kann ein digitales La- borpraktikum nicht das Gefühl erset- zen, mit Laborkittel, Schutzbrille und Handschuhen in einem richtigen Labor zu arbeiten.“ Dennoch habe sie von den Studierenden durchweg positive Rück- meldungen bekommen. „Das digitale Laborpraktikum hat verhindert, dass sich das Studium auf unbestimmte Zeit verlängert“, so Kopp. „Das war für uns eine große Motivation.“ Foto: Volker Lannert Im Escape Room wissenschaftlich arbeiten Auch für die Doktorandin Lotta Dr. Christina Kopp und Routinen ablegen und neue Wege Fakultät, war diese Situation Ansporn, Schencking vom Institut für Haushalts- ihre Kolleginnen und einschlagen, sich mit ungewohnter Tech- etwas Neues zu probieren: „Es ist für und Verfahrenstechnik an der Land- Kollegen setzten bei der nik und Technologie auseinandersetzen: unseren Masterstudiengang Ernäh- wirtschaftlichen Fakultät war klar, dass digitalen Lehre auf Das mussten vor allem die Lehrenden rungswissenschaften nicht denkbar, sie in dieser Situation neue Wege gehen Videotechnik. seit Beginn der Pandemie lernen. Inner- dass die Studierenden kein Laborprak- will: „Es ist zwar kein Problem, wissen- halb kurzer Zeit mussten sie Lehrange- tikum besuchen. Gleichzeitig konnten schaftliches Arbeiten mittels Manu- bote in die digitale Welt transformieren. wir im Wintersemester aber keine Prak- skripten und Videokonferenzen zu leh- „Sicherlich hat es am Anfang noch an ei- tika in Präsenz anbieten.“ Im Rahmen ren – es ist aber umso schwieriger, die nigen Stellen gehakt“, räumt Holm-Mül- des NRW-Zertifikats „Professionelle Studierenden auf diesem Weg zur Mit- ler ein. „Ich bin aber immer wieder be- Lehrkompetenz für die Hochschule“, an arbeit zu motivieren.“ Es sei, so Schen- eindruckt, mit welchem Elan meine der Kopp und weitere Lehrende der cking, gerade in dieser Situation wich- Kolleg:innen diese Hürde genommen Universität teilnahmen, hat sie daher tig, eine Abwechslung im Lernalltag zu haben.“ die Lehreinheit „Praktisch unmöglich bieten. „Da kam mir die Idee zu einem – ein Laborpraktikum wird digital“ digitalen Escape Room.“ Besonders heikel war dies bei Ver- ausgearbeitet. „Uns war es wichtig, dass anstaltungsformen, die ohne physische ein digitales Laborpraktikum genau so Bei einem Escape-Room-Abenteuer Präsenz eigentlich undenkbar sind. Dazu abläuft, wie ein analoges Praktikum – lässt sich eine Gruppe von Menschen gehören zum Beispiel Praktika in den nur eben ohne physische Anwesenheit normalerweise in aufwendig gestalteten Uni-Laboren. Erst Anfang des Jahres hat der Studierenden.“ Räumen einsperren. Ihnen bleibt eine das Land Ausnahmeregelungen erlas- vorher festgelegte Zeit, schwierige Rät- sen, wonach zumindest in einigen Aus- Kopp und ihre Kolleginnen und sel zu lösen und wieder „auf freien Fuß“ nahmefällen und unter strengen Vorkeh- Kollegen setzten auf Videotechnik. Sie zu kommen. Das Ganze lässt sich aber rungen Präsenzformate möglich wurden filmten jeden Schritt des Praktikums – auch in digitaler Form durchführen. – längst nicht genug für die große Zahl vom Versuchsaufbau bis zur Durchfüh- „Das Erlebnis, in eine andere Welt ein- an Studierenden, die auf diese Seminare rung der Versuche. „Für die zehn The- zutauchen, ist ziemlich motivierend und angewiesen sind. men des Kurses kamen da über zehn macht das Lösen der Aufgaben zu einem Stunden ungeschnittenes Videomateri- spannenden Erlebnis“, erklärt Schen- Lockdown und Laborpraktikum al zusammen“, so Kopp. Die Studieren- cking. Ihre Adaption eines Online-Esca- den sahen sich dies an, konnten sich in pe-Rooms spielt daher in einem verlas- Für Dr. Christina Kopp, Ernäh- Videokonferenzen mit den technischen senen Krankenhaus – einem unheim- rungsphysiologin am Institut für Er- Mitarbeiterinnen des Instituts unterhal- lichen und dunklen Ort. In den verfal- nährungs- und Lebensmittelwissen- ten und Details zu den Versuchsauf- lenen Räumen müssen die Studierenden schaften der Landwirtschaftlichen bauten und den verwendeten Geräten Rätsel lösen, die auf dem Lernstoff der 8 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
zugehörigen Vorlesung mit Seminar be- ruhen. „Das Abenteuer-Setting ist dabei das Vehikel, um die Lerninhalte noch- mal anders erfahrbar zu machen und die Mitarbeit zu erhöhen.“ Angelegt hat sie den virtuellen Esca- pe Room auf eCampus. Für jedes Rätsel gibt es dort einen eigenen Ordner mit stimmungsvollen Bildern der fiktiven Heilanstalt. „Nach jeder gelösten Aufga- be wird der nächste Ordner freigeschal- tet, der das Bild eines neuen Raums, die Lerninhalte und die nächste Aufgabe zeigt“, erklärt Schencking den Ablauf. „Wenn man sich die Lerninhalte ange- eignet hat, schafft man es bis in den letz- ten Ordner, der einen Sonnenaufgang zeigt und einen so aus diesem unheim- lichen Ort entlässt.“ Auch eine Urkunde habe man sich bei der erfolgreichen Teil- nahme ausdrucken können. Mehr Aufwand – positives Fazit Die beiden Wissenschaftlerinnen sind sich einig, dass der Aufwand für die digitalen Formate sehr viel höher ist. „Das bietet sich sicherlich nicht für jede Vorlesung an“, so Schencking. Das po- sitive Feedback der Studierenden habe ihr aber gezeigt, dass sich der Aufwand gelohnt habe. Die Pandemie habe den nötigen Schub gegeben, um ausgetre- tene Pfade zu verlassen und Lehre neu zu denken. Christina Kopp denkt derweil schon über die Zukunft nach: „Wir sind uns schon jetzt einig, dass wir einige digitale Formate auch für die Zeit nach der Pandemie beibehalten wollen.“ Zwar könne man den Aufwand der Vi- deos nicht jedes Semester stemmen, „aber wir wissen jetzt, wie es geht und sind mittlerweile sehr viel schneller in der Umsetzung.“ Die gewonnenen Er- fahrungen seien in jedem Fall für die Lehre der Zukunft hilfreich – ob in Prä- senz oder im Lockdown. NILS SÖNKSEN NRW-Zertifikat Neben Christina Kopp und Lotta Schencking erhielten sechs weitere Lehrende der Universität Bonn im Frühjahr das NRW-Zertifikat „Professionelle Lehr- kompetenz für die Hochschule“. Die mehrjährige Weiterbildung ermöglicht den Lehrenden eine hochschuldidaktische Qualifizierung. Weitere Informationen finden Sie unter bzh.uni-bonn.de im Bereich Foto: Volker Lannert „Zertifikatsprogramme“. Einen digitalen Escape- Room schuf Doktorandin ! Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen: Lotta Schencking für die forsch@uni-bonn.de Studierenden. forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 9
„Man muss einfach vor Ort sein” Eine geographische Exkursion in Corona-Zeiten Bodenarten bestimmen, Aufschlüsse suchen oder Talformen beobachten: und wie alles zusammenhängt. In Coro- Seit vielen Generationen zählen diese Aufgaben zu einer klassischen na-Zeiten gibt es gewöhnlich keinen Exkursion für Studierende der Geographie. In jedem Semerster erforschen Aha-Moment vor Ort. Er findet zuhause, rund 20 Studierende mit Exkursionsleitenden aus der Geographie das am Schreibtisch, statt. Siebengebirge. Dort untersuchen sie Spuren aus vergangenen vulkanischen Aktivitäten. Dieses Jahr wären wir an der Reihe gewesen. Aber die Pande- Später, auf der Suche nach einem mie stellte auch uns Bonner Geograph:innen vor neue Herausforderungen. Aufschluss, trafen wir zwei Menschen, Ein Bericht von Julia Feth und Johanna Niedick. die im Siebengebirge wohnen und sich auskennen. Wieder hatten wir Glück: Ei- Statt gemeinsam als große Gruppe wusste auch die Lösung unserer Auf- ner von beiden war selbst Geograph. Er loszuziehen, konnten wir nur zu zweit in gabe: „Wie hoch ist der Kraterrand des konnte uns den Weg zum gefragten Auf- die Exkursion starten – ohne unseren ehemaligen Vulkans?“ Es sind 196,7 schluss erklären. Und er erzählte uns, Dozenten. Er gab uns stattdessen einige Meter. Wir hatten uns bei der Frage ein dass wir hier auf den Spuren vieler Geo- Dokumente mit auf den Weg: eine Karte bisschen verschätzt. graphstudierender wandeln, die hier mit verschiedenen Stationen, die wir in häufig anzutreffen sind, zum Beispiel Bonn besuchen sollten, eine Liste der Vor allem hatten wir einen Ge- auf dem Dollendorfer Hardt. nötigen Hilfsmittel und natürlich die sprächspartner; das war sehr wertvoll. Aufgabenstellungen. Ein solcher Aha-Moment ist wichtig in Auf dem Weilberg angekommen, der Exkursion: Jener Moment, in dem wurden wir mit einem sehr beeindru- Mit dieser Ausrüstung machten wir der Dozierende uns dabei unterstützt, ckenden Steinbruch belohnt. uns auf, das Siebengebirge hinauf. An Theorie mit der Praxis zu verknüpfen. einer Weggabelung am Rodderberg wa- Exkursionen sind auch in Coro- Julia Feth und ren wir sehr unsicher: „Forschen“ wir Jetzt in der Pandemie ist das anders: na-Zeiten möglich und lehrreich – und Johanna Niedick überhaupt an der richtigen Stelle? Zum Wir sind zwar vor Ort und untersuchen im Geographie-Studium auf keinen Fall studieren im 4. Semester Glück trafen wir auf einen netten Mit- die Aufschlüsse oder Steinbrüche. Aber wegzudenken. Man muss einfach vor Geographie B. Sc. arbeiter von Gut Broichhof. Nicht nur erst nach der Exkursion beschäftigen wir Ort sein, um Geographie zu verstehen. Gemeinsam gingen sie auf konnte er uns bestätigen, dass wir den uns mit der Literatur, erst danach können Exkursion. richtigen Weg eingeschlagen hatten. Er wir überprüfen, was wir gesehen haben Foto: Julia Feth 10 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
Tipps für eine gesunde Work-Life-Balance nicht nur während Corona Gerade in Corona-Zeiten nimmt die Bildschirmzeit für uns alle massiv zu. Die gemeinsame Mensapause mit Spaziergang ist nicht machbar. Und so manch einer sitzt im Homeoffice am Esstisch - ohne ergonomischen Schreibtischstuhl und guter Beleuchtung. „Das digitale Arbeiten ist für die meisten von uns Normalität gewor- den“, so Dr. Katja Stöver von Healthy Campus Bonn (HCBN). „Was wir nicht immer auf dem Schirm haben, ist, regelmäßig Pausen zu machen und Dinge in den Ar- beitsalltag einzuplanen, die uns guttun“. Unter dem Foto: Volker Lannert Motto „Gesund studieren, lehren, forschen und arbeiten“ hat das Team des HCBN deshalb passende Angebote für Sie zusammengestellt. 1 Pausen mit Bewegung einplanen Keine Rücken-, Schulter- und Nackenschmerzen riskieren: Auch im Homeoffice ist es wichtig, lange Sitz-Zeiten zu vermeiden. Healthy Campus Bonn empfiehlt deshalb regelmäßiges Aufstehen, Positionswechsel und Arbeiten im Stehen. Besonders geeignet sind aktive Bewegungspausen: Mitarbeitende und Studierende der Uni Bonn können jede Woche beim digitalen Hochschulsport den „Pausenexpress“ oder „Studi-Pausenexpress“ buchen. Via Live-Stream wird gemeinsam mit Trainer:in trainiert. Ziele sind Mobilisation, Kräftigung, Dehnung und Entspannung. Sie wollen Ihre Pause lieber alleine verbringen? Dann ist die „Smart Break“- Anleitung und sport.uni-bonn.de/ Smartbreak via sportangebot uni-bonn.de/hcbn Videos des HCBN genau das richtige. 2 Stress lass nach – 20 Minuten Spazierengehen reichen bereits Schon 20 Minuten Bewegung täglich senken das Stresslevel enorm. Gerade jetzt, wo übliche Wege wegfallen, Anregungen, Übungen oder Tipps: uni-bonn.de/hcbn lohnt ein kurzer Spaziergang umso mehr. Überall in Bonn gibt es grüne oder ruhige Pausenparadiese: Die Poppels- dorfer Allee, den Hofgarten, das Messdorfer Feld, den Alten Friedhof, Parks wie das Baumschulwäldchen in der und regelmäßig auf Weststadt oder der Rheinaue. @healthycampusbonn 3 Rezept-Ideen zum Nachkochen Kommt die gesunde Ernährung im getakteten Arbeitsalltag zu kurz? Mit den Rezept-Ideen vom HCBN ist die ein @healthycampusbonn oder andere gesunde Mahlzeit schon mal sicher: Jede Woche gibt’s leckere Rezepte auf der HCBN-Website und den Social-Media-Kanälen. 4 Geregelter Tagesabschluss Bis in die Nacht Emails checken, am Samstag etwas erledigen: Beim flexiblen Arbeiten fehlt ein geregelter Abschluss. Legen Sie nach Arbeitseinheiten kurze Entspannungsübungen ein und schaffen Sie sich Rituale: Fahren Sie den Rechner runter, verlassen Sie bewusst Arbeitsbereich und Wohnung. 5 Guter Schlaf Abends im Bett eine Serie zu schauen ist verführerisch - aber wir schlafen dadurch schlechter. Besser ist, Sie schalten den Bildschirm eine Stunde vor Schlafenszeit aus und nutzen das Bett nicht als Arbeitsplatz. Lüften Sie noch einmal durch: Ideal sind 18 Grad im Schlafzimmer. Beruhigende Geräusche wie Meeresrauschen helfen beim sanften Einschlafen. forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 11
Unterstützung von Anfang an Individuelle Sprachcoachings erleichtern internationalen Neuberufenen den Start in Bonn Foto: COLOURBOX.de / Bildmontage: Anneliese Mason Wie gewinnt und hält man langfristig herausragende internationale Spitzen- kräfte für Forschung und Lehre? Mit ihrer Internationalisierungsstrategie 2025 will die Universität genau das für Bonn erreichen. Dabei geht es auch um optimale Rahmenbedingungen für die Arbeit. Durch eine gezielte Förderung soll der Anteil von Professor:innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden. Dazu zählt auch eine intensive sprachliche Betreuung – damit die Neuen in Bonn leichter ankommen. Eine Teilnehmerin war So wie etwa die Roboter-Ethikern Die Einzel-Sprachcoachings bot die rigschwellige Angebot erleichtere den Prof. Dr. Annaliese Mason. Prof. Dr. Aimee van Wynsberghe: „Für Universität Bonn in diesem Jahr erstmals Start enorm. „Es war für mich auch sehr Die Australierin ist seit mich war es eine echte Hilfe, dass ich an. Verantwortlich dafür ist die Abtei- wichtig, dass auch alltägliche Dinge in 2015 in Deutschland tätig. ohne großen Aufwand meine Deutsch- lung „Deutsch als Fremdsprache“ des das Coaching mit eingeflossen sind. So Der Kurs unterstützt kenntnisse verbessern konnte“, sagt die Dezernats für Internationales. „Prak- zum Beispiel Informationen zum deut- sie dabei, ihre deutschen gebürtige Kanadierin. Sie trat Anfang tisch unmittelbar ab dem Tag der Ruf- schen Kita-System“, so Robins. Sprachfähigkeiten des Jahres die mit 3,5 Millionen Euro annahme bieten wir den neuen Wissen- auszubauen. dotierte Humboldt-Professur „Applied schaftlerinnen und Wissenschaftlern „Viele Aspekte des Einlebens in Ethics of Artificial Intelligence“ an. „So maßgeschneiderte Deutschlern-Program- Bonn, von Behördengängen oder über konnte ich mich schon vor meinem Um- me an“, erklärt Abteilungsleiterin Dr. die Kontaktaufnahme zu Kitas und an- zug nach Bonn mit der Sprache vertraut Andrea Lax-Küten. „Dabei hat es uns deren Einrichtungen, sind so mit Sicher- machen und mich auf die neue Aufgabe sehr geholfen, dass Videokonferenzen heit leichter zu bewältigen“, resümiert vorbereiten“, fasst Wynsberghe zusam- mittlerweile zum Standard gehören.“ Die Lax-Küten. Für sie ist es der richtige men. Auch die neue Professorin für Deutschstunden haben so schon begin- Ansatz auch in Zukunft neuberufene Pflanzenzüchtung am Institut für Nutz- nen können, als die Neuberufenen noch Wissenschaftler:innen durch eine inten- pflanzenwissenschaften und Ressour- an ihrem alten Arbeitsort tätig waren. sive sprachliche Begleitung bei ihrem censchutz (INRES), Prof. Dr. Annalie- Start zu unterstützen. „Das ist ein wich- se Mason, nahm an dem Sprach- Unter Anleitung von erfahrenen tiger Baustein unserer Internationalisie- programm der Universität teil. Die ge- Sprachcoachs werden individuelle Lern- rungsstrategie“ NILS SÖNKSEN bürtige Australierin war zuvor für ei- ziele vereinbart und ein maßgeschnei- nige Jahre in Gießen und wollte ihre dertes Lernprogramm entwickelt. Da- Sprachkenntnisse weiter verbessern: von hat auch Dr. Scott Robins profitiert, Alle Informationen zur Internationa- „In meiner neuen Position an der Uni- der seit kurzem wissenschaftlicher Mit- lisierungsstrategie 2025: versität Bonn bin ich stärker in den arbeiter am Center for Advanced Securi- uni-bonn.de/de/international/ Vorlesungsbetrieb eingebunden. Ich ty, Strategic and Integration Studies internationales-profil/ bin daher sehr dankbar, dass man so (CASSIS) der Universität Bonn ist: „Ge- individuell auf meine konkreten Be- rade wenn man die Sprache des neuen Sie studieren, wollen Bonn kennen- dürfnisse eingehen konnte.“ Aktuell Arbeitsortes noch nicht gut genug und Deutsch lernen? Mehr Infos: halte sie schon die ersten Vorlesungen. spricht, fällt der Wechsel oft schwer.“ uni-bonn.de/de/studium/ „Das Sprachcoaching hat mir dafür Zwar bekomme man das Üben der Spra- internationale-studierende/ das nötige Rüstzeug gegeben.“ che nicht abgenommen, aber das nied- internationale-studierende 12 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
Neuer Sonderforschungsbereich zu Lebensstil und Volkskrankheiten Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ben und Gesundheit“ angesiedelt. Der SFB richtet an der Universität Bonn einen vereint die Expertise von Wissenschaft- neuen Sonderforschungsbereich (SFB) ler:innen der Medizinischen Fakultät, ein. Der SFB 1454 „Metaflammation und der Mathematisch-Naturwissenschaftli- Zelluläre Programmierung“ befasst sich chen Fakultät und der Philosophischen mit dem Zusammenhang eines westli- Fakultät. Darüber hinaus sind das Deut- chen Lebensstils und chronisch entzünd- sche Zentrum für Neurodegenerative lichen Erkrankungen – etwa, wie eine Erkrankungen (DZNE) in Bonn, das Max- übermäßige Kalorienzufuhr gepaart mit Planck-Institut für Stoffwechselforschung ungenügender Bewegung die Entwick- in Köln und das „Braunschweig Integra- lung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ted Centre of Systems Biology“ beteiligt. neurodegenerativen Krankheiten oder Um die experimentellen Daten zu mo- ein metabolisches Syndrom begünsti- dellieren und bioinformatisch zu analy- Foto: Volker Lannert gen. Sprecher des Verbunds ist Prof. Dr. sieren, sind Mitglieder des Transdiszipli- Eicke Latz. nären Forschungsbereichs „Mathematik, Der neue Wissenschaftsverbund ist im Modellierung und Simulation komplexer Transdisziplinären Forschungsbereich „Le- Systeme“ im Einsatz. Prof. Dr. Eicke Latz ULF-G. MEISSNER ERHÄLT EINEN ERC 11,1 MILLIONEN EURO FÜR vom Institut für ADVANCED GRANT ERFORSCHUNG SYNAPTISCHER Angeborene Immunität. Was passiert, wenn seltsame Quarks in MIKRONETZWERKE Atomkerne eingefügt werden? Welche Das Säugetiergehirn ist komplex – schät- “bewohnbaren” Universen sind theore- zungsweise besteht es aus rund 100 Mil- tisch möglich? Unter anderem diese liarden Nervenzellen. Jede dieser Zellen Fragen will Prof. Dr. Ulf-G. Meißner vom ist über Synapsen mit Zehntausenden Helmholtz-Institut für Strahlen- und anderen Gehirnzellen verknüpft. Wie ar- Kernphysik der Universität Bonn erfor- beiten die Elemente eines solchen kom- schen. Für dieses Projekt erhält der plexen Netzwerks zusammen, um Ver- Wissenschaftler einen begehrten Ad- halten zu erzeugen? Wie verändern sich vanced Grant des Europäischen For- die Netzwerke durch Erkrankungen? schungsrats (ERC). Meißner ist auch Wissenschaftler:innen gehen seit acht Foto: Barbara Frommann Mitglied in den Transdisziplinären For- Jahren im SFB 1089 „Synaptische Mikro- schungsbereichen „Mathematik, Mo- netzwerke in Gesundheit und Krankheit“ dellierung und Simulation komplexer der Universität Bonn solchen Fragen Systeme“ sowie „Bausteine der Materie nach. Mit Erfolg: Die Deutsche For- und fundamentale Wechselwirkungen“. schungsgemeinschaft fördert den inter- Prof. Dr. Elvira Mass Die Förderung des Vorhabens, an dem disziplinären Verbund über weitere vier vom LIMES-Institut. das Forschungszentrum Jülich beteiligt Jahre mit rund 11,1 Millionen Euro. Part- ist, beträgt rund 2,3 Millionen Euro. PAUL EHRLICH- UND LUDWIG ner sind das Forschungszentrum caesar DARMSTÄDTER-NACHWUCHSPREIS in der Max-Planck-Gesellschaft und das FÜR ELVIRA MASS Deutsche Zentrum für Neurodegenerati- Die Weichen für die Gesundheit der Or- ve Erkrankungen in Bonn. gane werden offensichtlich schon im frühen Embryo gestellt. Für diese Er- Nervenzellen im kenntnis erhält Prof. Dr. Elvira Mass, lebenden Mäusegehirn. Wissenschaftlerin am LIMES-Institut, den mit 60.000 Euro dotierten Paul Ehr- lich- und Ludwig Darmstaedter-Nach- wuchspreis. In ihren Forschungen zeig- te sie, dass spezialisierte Immunzellen KOMPAKT aus dem Dottersack die Entwicklung der Organe begleiten und zeitlebens zur Gesunderhaltung beitragen. Sie ist Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster „ImmunoSensation2“ und Bonner Fo- Prof. Dr. Dr. h.c. Foto: Volker Lannert Foto: Tobias Rose rum Biomedizin sowie Mitglied im Ulf-G. Meißner Transdisziplinären Forschungsbereich vom Helmholtz-Institut „Leben und Gesundheit“ der Universität für Strahlen- und Bonn. Kernphysik. forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 13
Gemeinsam üben und handeln Patientensicherheit hat eine hohe Bedeutung auf der „Kinderherzstation“: So findet für die IPSTA- Berufsübergreifendes Lernen im Alltag einer „Kinderherzstation“ Teilnehmer dazu ein Einführungstag statt – mit direktem Feedback inklusive Simulations- Auf der Interprofessionellen Ausbildungsstation „Kinder IPSTA Bonn“ am tätsklinikum Bonn. Sie ist deutschland- training und Notfall- Zentrum für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums Bonn übernehmen weit die einzige, die direkt an eine "Kin- management. Hier das angehende Ärztinnen und Ärzte sowie Gesundheits- und Kinderkranken- derherzstation" angeschlossen ist. IPSTA-Tandem bei einer pflegeauszubildende eigenverantwortlich die Betreuung von bis zu vier Reanimationsübung. herzkranken Kindern. Dabei werden sie intensiv durch erfahrene ärztliche Blick über den Tellerrand des und pflegerische Lernbegleitende unterstützt. Durch die stetige Kommuni- eigenen Berufs kation und die gemeinsame Arbeit in interprofessionellen Zweier-Teams steigt das gegenseitige Verständnis der Berufe füreinander. Vor mehr als zwei Jahren startete das innovative Modell nach schwe- Campus Venusberg, 6:15 Uhr mor- weiß die intensivere Betreuung zu dischem Vorbild, gefördert von der Ro- gens: Gleich beginnt für Isabelle Claus schätzen: „Dank IPSTA gibt es mehr bert-Bosch-Stiftung. Aufgrund des und Melina Schütz ihre Frühschicht auf Kontakt und wir fühlen uns sehr gut großen Erfolgs hat es sich jetzt im drit- Station I im 3. Stock des Eltern-Kind- aufgehoben.“ ten Jahr am ELKI fest etabliert. So be- Zentrums (ELKI). Gemeinsam betreu- treuen das ganze Jahr über zwei Tan- en die 26-jährige Medizinstudentin und Krankengeschichte ermitteln, Dia- dems aus Medizinstudierenden und die 20-jährige Gesundheits- und Kin- gnose stellen, Behandlung planen und Auszubildenden der Kinderkranken- derkrankenpflegeschülerin zwei kleine durchführen: All das, was normalerwei- pflege jeweils für drei bis vier Wochen Patientinnen der Kinderkardiologie. se erfahrene ärztliche und pflegerische eigenverantwortlich bis zu vier herz- Eine davon ist die acht Monate alte Teams im Stationsalltag machen, über- kranke Kinder in der Früh- und Spät- Lina. Sie lacht herzlich, als das Duo nehmen seit zwei Wochen Claus und schicht – außer an Wochenenden und jetzt frühmorgens an ihr Bettchen tritt. Schütz im Tandem. Möglich ist das im Feiertagen. Zur Seite stehen ihnen da- „Lina freut sich immer, wenn die Mä- Rahmen der neuen Interprofessionellen bei erfahrene ärztliche und pflegerische dels reinschauen“, sagt ihre Mutter. Sie Ausbildungsstation IPSTA am Universi- Lernbegleitende. 14 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
„Interprofessionelle Arbeit ist deutschlandweit bisher nicht regulärer Bestandteil der universitären oder beruf- lichen Ausbildung. Das Projekt IPSTA ermöglicht Fortgeschrittenen dagegen gemeinsames Lernen in der Praxis. In- haltlich fokussieren wir uns auf Selbst- management, Verantwortung und inter- professionelle Zusammenarbeit“, sagt Rebecca Maria Knecht. Sie ist die koor- dinatorische und konzeptionelle Leiterin des IPSTA-Projektes am Dekanat der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn. Aufeinander achten und die Arbeit des anderen schätzen Claus ist im Praktischen Jahr, kurz PJ, also in ihrem letzten Studienjahr. Im November steht das dritte Staatsexamen an. Da sie sich sehr gut vorstellen kann, später mit Kindern zu arbeiten, hat die treffen Entscheidungen – im Tandem. Um 14 Uhr ist die Frühschicht zu Das IPSTA-Tandem 26-Jährige als Wahlfach Pädiatrie ge- Und das ist auch ein Vorteil für die Fami- Ende. Die angehende Ärztin sowie die bespricht sich vor dem nommen. „IPSTA bietet eine privilegier- lien. Sie haben uns vier und unsere Lern- zukünftige Kinderkrankenpflegerin sind Simulationstraining zum te Lernsituation. Wir werden sehr eng begleitung als feste Ansprechpartner. wieder um einige Erfahrungen reicher. Thema „Kindernotfall und betreut und bekommen ein schnelles Dieses Arrangement ist im üblichen „Man lernt sich selbst besser zu struktu- Reanimation“. persönliches Feedback. Es sind sehr kur- Wechseldienst nicht möglich“, sagt rieren und zu organisieren“, sieht Claus ze Wege, auf denen wir eine Rückmel- Claus. Jetzt hat sie zusammen mit ihrer einen zusätzlichen Effekt des IP- dung erhalten“, sagt die Medizinstuden- Mitstreiterin die Chance, Patient:innen STA-Konzepts. Schütz ergänzt: „Das „Kinder IPSTA Bonn“ tin. Auch Schütz ist fast fertig. Die bis zur Entlassung zu begleiten. „Lina Eingehen auf die andere Berufsgruppe auf der „Kinderherzstation“: 20-Jährige ist im dritten Lehrjahr ihrer geht es für ihre Krankheit seit ihrer Ein- macht das Arbeiten auf Station auch Studentin Isabelle Claus (li.) Ausbildung zur Gesundheits- und Kin- lieferung besser. Wir sehen das, weil wir leichter.“ Prof. Dr. Johannes Breuer, Di- und Pflegeschülerin Melina derkrankenpflegerin. Gemeinsam lernt sie ganz eng betreuen“, bringt es Schütz rektor der Kinderkardiologie, ist über- Schütz (re.) lernen zusammen das Duo die Abläufe auf der „Kinder- auf den Punkt. zeugt, dass durch das moderne Ausbil- berufsübergreifend, und herzstation“ kennen, bespricht alles und dungskonzept gerade der Pflegeberuf an versorgen als Tandem zwei trifft Entscheidungen. „Wir sehen direkt „Lina ist unser Sonnenschein!“ Attraktivität gewinnt: „Es ist mehr als herzkranke Kinder in was der andere macht und bekommen das Erledigen ärztlicher Aufträge. Es Eigenverantwortung mit eine Vorstellung vom anderen Beruf. So 11:50 Uhr: Die Frühschicht ist bald geht um Teamspirit.“ INKA VÄTH Feedback. finden wir Kompromisse und treffen zu Ende. Im IPSTA-Raum auf der „Kin- bessere Absprachen“, betont Schütz ei- derherzstation“ fassen Claus und Schütz nen Vorteil der interprofessionellen Aus- die Befunde ihrer beiden kleinen Patien- bildung, der auch einen hohen Nutzen tinnen und alle ärztlichen und pflege- für die Patientensicherheit birgt. rischen Maßnahmen des Vormittags zu- sammen. Gleich um 12:15 Uhr findet die Fest für Herzkind und Übergabe an das IPSTA-Tandem der dessen Familie da sein Spätschicht statt. Die Lernbegleiterinnen halten sich weiterhin im Hintergrund. Langsam rücken die Zeiger der Uhr Über Lina kann beispielsweise berichtet auf 9:15 Uhr vor. Es ist Zeit für die Visi- werden, dass es ihr von Tag zu Tag bes- te. Mit Herzschwäche, Gedeihstörung, sergeht und sie seit gestern 40 Gramm Trinkschwäche und Schwitzen ist Lina zugenommen hat. Für die geplante Ope- vor sechs Tagen als Notfall ins ELKI ein- ration, wegen der sich Linas Mutter doch geliefert worden. Seitdem kümmern sich etwas Sorgen macht, muss unter ande- die beiden aktuellen IPSTA-Tandems rem noch ein „Echo“, also eine Ul- intensiv um das kleine Mädchen, das mit traschalluntersuchung des Herzens, ge- einem Herzfehler auf die Welt gekom- macht werden. Linas Mutter weiß ihre men ist. Eigentlich sollte Lina erst im Tochter in guten Händen: „Beide Tan- Sommer operiert werden. Doch der Ein- dems sind sehr kompetent, harmonieren griff wird vorgezogen und ist in zwei untereinander, haben Interesse an der Fotos: Johann Saba Tagen. Bis dahin muss die kleine Patien- Kinderkardiologie und Spaß an der Ar- tin mit ärztlicher und pflegerischer Un- beit. Sie machen auf mich einen super terstützung fit genug dafür werden. „In Eindruck, aber auch alle anderen. Das IPSTA arbeiten wir sehr selbständig und ganze Team ist toll.“ forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 15
Ein Jahr für die Umwelt „Eigentlich wollte ich nach meinem Schulabschluss erst einmal ein Jahr ins Ausland, aber dann kam Corona.“ So Gelungener Start des Freiwilligen Ökologischen Jahres oder so ähnlich begannen die meisten an der Universität Bonn Bewerbungsgespräche, die mit vielen FÖJ-Bewerbenden im letzten Jahr leider nur virtuell geführt werden konnten, er- Seit letztem Jahr können erstmalig Interessierte zwischen 16 und 26 Jahren ein Freiwilliges innert sich Dr. Martin Berg, Leiter der Ökologisches Jahr (FÖJ) an den Lehr- und Forschungsstationen Wiesengut oder Frankenforst Lehr- und Forschungsstation für Orga- der Universität Bonn absolvieren. Sie unterstützen Forschende unter anderem bei der nischen Landbau Wiesengut. Anlage und Durchführung ihrer Feldversuche sowie bei unterschiedlichen agrarökologischen Projekten. Aufgrund der positiven Rückmeldungen aller Beteiligten werden auch in diesem „Die Idee, ein Freiwilliges Ökolo- Jahr wieder FÖJ-Stellen angeboten. gisches Jahr anzubieten, stand innerhalb der Professur Agrarökologie und Orga- nischer Landbau (AOL) schon seit Lan- gem im Raum“, so Berg weiter. Trotz widriger Corona-Umstände konnte sie dann im ersten Halbjahr 2020 in Koope- ration mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) und der Personalver- waltung der Universität Bonn tatsächlich verwirklicht werden. „Wir sind beide sehr froh, dass wir hier sein können. Die Erfahrungen, die wir machen, sind genau das, was wir uns vorgestellt haben“, berichtet Lea Kamps, bevor ihr Mitstreiter Maximilian Weit- kemper ergänzt: „Vor allem während der Vegetationsperiode sind wir jeden Tag draußen.“ Seit August sind sie nun schon im FÖJ-Einsatz und assistieren bei den viel- fältigen Versuchs- und Forschungsakti- vitäten des Lehrstuhls. Das Tätigkeits- spektrum ist enorm und reicht von der Assistenz bei der Anlage, Betreuung und Beerntung wissenschaftlicher Feldver- suche über die Entnahme und Aufarbei- tung entnommener Boden-, Pflanzen- und Tierproben bis hin zur Pflege wertvoller zoologischer Sammlungsbe- stände. Die beiden FÖJ‘ler wirken ferner bei der sogenannten Landschaftspflege tatkräftig mit. Dazu gehört, dass die Freiwilligen unter anderem Hecken und Streuobstbäume schneiden. Außerdem helfen sie in der Versuchsimkerei und bei Forschungsprojekten zum Insekten- monitoring und Insektenschutz mit. Da- bei bekommen die Beiden neben einem ersten Einblick ins Berufsleben auch ei- nen umfassenden Überblick über ein Forschungsfeld, das passgenau den Bil- dungsauftrag des FÖJ trifft. „Für uns ist die von der UNESCO skizzierte Bildung für nachhaltige Ent- wicklung vorrangiges Ziel nicht nur der Foto: Gregor Hübl universitären Lehre“, bekräftigt Prof. Maximilian Weitkemper übernimmt die Feinsteuerung der Hacke im Mohnfeld. 16 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
Dr. Thomas Döring, Leiter der Arbeits- schaften noch zwei weitere FÖJ-Plätze gangen, wie eine ökologische und sozial gruppe Agrarökologie und Organischer auf der Lehr- und Forschungsstation gerechte Welt von morgen aussehen Lea Kamps prüft, ob Landbau. Sich selbst zu finden und den Frankenforst eingerichtet. Seit nunmehr kann, in der die Ressourcen auch für die Kartoffeln ausreichend Fragen nachzugehen, welchen Einfluss 25 Jahren engagieren sich im Rheinland nachfolgende Generationen reichen gekeimt haben, bevor sie man lokal und global auf die Welt habe, mittlerweile über 300 Freiwillige in 80 werden. gepflanzt werden. seien Themen, die Jugendliche heute Einsatzstellen für den Natur- und Um- drängender denn je beschäftigen. Das weltschutz. Die FÖJ-Zentralstelle des Für Maximilian Weitkemper steht Anlage eines Bio- FÖJ als Bildungs- und Orientierungs- LVR-Landesjugendamtes begleitet jun- fest: „Die Entscheidung für ein Freiwilli- diversitätsschutzstreifens: jahr könne bei der Beantwortung dieser ge Menschen beim Übergang von der ges Ökologisches Jahr würde ich jeder- Lea Kamps steuert die Fragen hervorragende Unterstützung Schule in den Beruf und führt während zeit wieder treffen.“ Lea Kamps bekräf- Saatmaschine und bieten. der Tätigkeit in der Einsatzstelle Bil- tigt: „Ich würde mich auch ohne corona- Maximilian Weitkemper dungsseminare etwa zu den Themen bedingte Auslandsreisebeschränkungen füllt das Saatgut nach. Neben den beiden Stellen am Wie- Wasser, Energie und Klima sowie zu nochmal dafür entscheiden.“ sengut wurden durch die Universität Globalisierung und Konsum durch. Bonn und das Institut für Tierwissen- Hier wird vor allem der Frage nachge- Wer sich für das Freiwillige Ökolo- gische Jahr an der Universität Bonn inte- ressiert, kann sich mit den Lehr- und Lea Kamps bestimmt Forschungsstationen Wiesengut oder mit einer Lupe einen Käfer. Frankenforst in Verbindung setzen. Eine wichtige Forschungs- ALEXANDER MERTES frage auf dem Wiesengut ist, wie durch die Bewirt- schaftung der Felder die Infos zum Bewerbungsverfahren Biodiversität der Insekten und Anforderungen: foej.lvr.de/de/ beeinflusst wird. nav_main/bewerbung/bewerbung_ 1.html Wiesengut: foej-bewerbung.lvr.de/ einsatzstelle/12-wiesengut-lehr-und- forschungsstation-der-universitat- bonn Frankenforst: foej-bewerbung.lvr.de/ einsatzstelle/12-lehr-und-forschungs- station-frankenforst Lea Kamps und Maximilian Weitkemper beim Einbau von Bodenfallen zum Insektenmonitoring Fotos: Gregor Hübl forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN 17
Mit Adlerdame Gigi den Grundrechten auf der Spur Studierende entwickeln ein Kinderbuch, das mit dem Starterpreis der Studienstiftung des Deutschen Volkes und dem Leuchtturm- preis der Friedrich-Naumann-Stiftung ausgezeichnet wurde Bundesadlerin Gigi ist auf der Suche nach ihren Jungen. Der stolze Vogel ist jedoch nicht allein, sondern hat Hilfe von den Kindern Ben und Mia. Auf den Seiten eines neuen, von Studierenden entwickelten Buches lesen Grundschulkinder eine Abenteuergeschichte und lernen nebenbei die deutschen Grundrechte kennen. Um zu verstehen, wie es zu dem Kinderbuch kam, lohnt es sich, drei Jahre zurückzublicken. Sein Freund Julian Krauskopf, Student der Universitäten Bonn und Köln, der der RWTH Aachen, fügt hinzu: „Wir RWTH Aachen und der HSBA Hamburg waren schockiert über so viel Hass – in wollen etwas bewirken. „Uns ist es wich- Chemnitz im August 2018: Der einer toleranten Gesellschaft mit den tig, dass wir alle Gesellschaftsschichten Bonner Student Marcel Müller und sei- richtigen Grundwerten.“ erreichen und vor allem die nächste Ge- ne Freund:innen verfolgen, wie rechts- neration mit unseren Grundwerten ver- extreme Gruppen gewaltsam gegen tat- traut machen“, sagt Krauskopf. sächliche oder vermeintliche Migran- t:innen, Polizist:innen, Pressevertre- So entsteht die Idee. Die Studieren- ter:innen und Gegendemonstrant:innen den aus den Bereichen Chemie, Human- vorgehen. Sie nehmen am Protestkon- medizin, Agrarwissenschaften, Wirt- zert teil, aber fühlen, dass das nicht schaftsingenieurwesen, Rechtswissen- reicht. „Die Hetzjagd in Chemnitz und schaften und International Business die Reaktionen anderer radikaler Grup- Administration wollen ein Kinderbuch pierungen haben uns klargemacht, wie entwickeln. „Ein Buch, das den Kindern überrepräsentiert die Ränder unserer auf spielerische Weise die Grundrechte Gesellschaft in der Öffentlichkeit sind“, näherbringt, gab es noch nicht“, erzählt sagt Müller von der Universität Bonn. Leah Eitelberg, Alumna der Universität Bonn. „Wir wussten nicht, wie ein Kin- Zurück zu Hause in Bonn und Aa- derbuch produziert wird. Deswegen war chen: Die Freund:innen schauen Nach- es uns wichtig, dass ein professioneller richten, lesen Artikel und diskutieren. Lektor das Buch begleitet. Die Ge- Wie konnte es zu den Ausschreitungen schichte sollte nicht nur uns gefallen.“ in Chemnitz kommen? Was zeichnet Die Freund:innen finden einen Lektor die Mitte der Gesellschaft aus? Und über die sozialen Medien. An einen Ver- was kann sie verbinden? lag verkaufen wollen sie das Buch nicht: „Uns geht es nicht um den wirtschaft- „Die Mitte der Gesell- lichen Erfolg, sondern um die Wirkung schaft hat kein Erken- des Buches. Durch Spenden- und Preis- nungszeichen, sie ist plu- gelder war es uns möglich, das kom- ralistisch, aber sie vertritt plette Projekt wirt- gemeinsame Werte“, sagt schaftlich unab- Krauskopf. „Deutschland hängig zu ver- hat eine der besten Verfassungen der wirklichen“, sagt Welt, die für viele andere Länder als Müller. Vorbild gilt.“ Für die 20- bis 25-Jäh- rigen steht fest, dass sie die Werte der Gesellschaft stärken wollen. Nächste Generation mit den Grundwerten vertraut machen Ein halbes Jahr später im Februar 2019: Die Studierenden gründen den ge- meinnützigen Verein „Schlüssel zur Ge- sellschaft e.V.“. Marcel Müller, Julian Krauskopf und fünf weitere Freund:innen 18 forsch 1/2021 UNIVERSITÄT BONN
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