Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen

 
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Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport
                    Januar 2019

            Titelthema:
            Der Handel
            im Wandel
Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
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Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport         Jan 19             1

                                                          Editorial
                                                            Den Mehltau beseitigen!
Alles in allem war 2018 ein in wirtschaftlicher Hinsicht gutes Jahr. Gut 17 Mrd. €       schlechter Ratgeber. Und ein nüchterner Blick darauf, wie wir seit Jahrzehnten
Umsatz erzielte die heimische Wirtschaft, rund 3 % mehr als 2017. Der Export­            als Staat und Wirtschaft unterwegs sind, hilft gelegentlich auch. Zum Jammern
anteil lag bei circa 46 %. 172.000 Menschen sind in Siegen, Wittgenstein und             jedenfalls besteht kein hinreichender Anlass. Wir leben in einem Rechtsstaat. Seit
Olpe sozialversichert beschäftigt. So viele wie nie zuvor! Die Inflationsrate ist        über 73 Jahren genießen wir Frieden und Freiheit. Wir erleben einen Aufschwung,
nach wie vor verhältnismäßig niedrig. Die Kaufkraft stieg abermals an. Bei einer         der bereits acht Jahre währt. Es sind mehr Menschen in Lohn und Brot als jemals
Arbeitslosenquote von 4 % nähern wir uns im IHK­Bezirk der Vollbeschäftigung.            zuvor in diesem Land. Erstmals seit den 1960er Jahren erwirtschaftet der Staat
In Olpe und Wittgenstein herrschen auf dem Arbeitsmarkt „oberbayerische Ver­             wieder Überschüsse. Dies alles gilt nicht nur für das Land insgesamt, es gilt ins­
hältnisse“. Junge Leute haben bessere Perspektiven denn je, in leistungsfähigen          besondere auch für die heimische Region, aus der es auch im vergangenen Jahr
Unternehmen dauerhaft Beschäftigung zu finden und Aufstieg sicherzustellen.              zahlreiche positive Nachrichten zu berichten gab:
Grund genug also, optimistisch ins neue Jahr zu gehen.
                                                                                            • Die 18 Städte und Gemeinden sind dabei, ein abgestimmtes Gewerbeflä­
So positiv sich jedoch die Rahmendaten lesen: Es liegt eine mulmige Gesamtstim­               chenkonzept auf den Weg zu bringen.
mung fast wie Mehltau über dem Land. Obwohl es den allermeisten Menschen                    • Über 2.300 Lehrverträge verdeutlichen den großen Stellenwert, den die
besser geht als vor Jahresfrist, ist die Stimmung zum Jahreswechsel schlechter als            heimischen Unternehmen der betrieblichen Erstausbildung beimessen.
die Lage. Viele reden die Zustände im Land schlechter als sie tatsächlich sind. Aber        • Die Arbeitslosenquote in Olpe und in Wittgenstein liegt mittlerweile bei 3 %.
es gilt eben auch: Viele Menschen fühlen sich unsicher, zuweilen vielleicht auch            • Die Universität Siegen trieb ihren Umzug in die Innenstadt weiter voran.
entgrenzt. Die Zuwächse an den Rändern des politischen Systems deuten dies                  • In Olpe wird eine Internationale Schule errichtet – als Gemeinschaftswerk
jedenfalls an. Früher entzündete sich politischer Protest vor allem dann, wenn                der dortigen Kommunalpolitik, der Siegener Universität sowie der heimi­
sich die wirtschaftliche Lage deutlich verschlechterte. Heute wachsen Unzufrie­               schen Wirtschaft.
denheit und schlechte Stimmung offenbar auch bei passablen ökonomischen                     • Auch in der heimischen Verkehrsinfrastruktur gab es viele, wenn auch
Rahmendaten. Hinzu kommt, dass die technologischen Revolutionen, die sich                     manchmal kaum messbare Verbesserungen.
nahezu gleichzeitig etwa in der Genetik, der Künstlichen Intelligenz oder der               • Die grundlegende Renovierung der A45 als „Mega­Thema“ schreitet voran;
Robotik in atemberaubendem Tempo vollziehen, sehr vielen Menschen offenbar                    sichtbar für jeden, der sich von Hagen in Richtung hessische Grenze bewegt.
Angst machen. Dies umso mehr, als die internationalen Krisenherde weiter zu­
nehmen: Die täglichen Twitterlosungen aus dem Weißen Haus nimmt man nach                 Sicher besteht an etlichen Ecken unverändert Handlungsbedarf; bei den „Schwer­
wie vor staunend zur Kenntnis, weil man eine Staatsführung mit einem solchen             lastrouten“ ebenso wie bei Breitband, 5G oder der nach wie vor zu hohen Steuer­
Niveau im „zivilisierten Westen“ nicht für denkbar hielt. Zugleich sind im Osten,        und Abgabenlast. Kein einziges dieser und anderer Strukturprobleme soll klein­
vor allem auch in Asien, etliche autokratisch herrschende Machtpolitiker am              geredet werden. Dennoch sind wir sicher, dass die heimische Wirtschaft gut
Werk. Kaum ist Griechenland „gerettet“, fängt Italien an zu schwanken. Was aus           aufgestellt ist. Ein klein wenig mehr Zuversicht würde uns daher sicher sehr gut
dem Brexit wird, vermag nach wie vor kein Mensch sicher zu prognostizieren. Die          tun. Vom ewigen Nörgeln jedenfalls wurde noch nichts besser. Und im Übrigen
Europäische Union erodiert. In Süd­ und Mittelamerika gibt es Staaten, die sich          gilt: Nur wer an sich selbst glaubt, kann auch andere von sich begeistern.
trotz erheblicher Rohstoffvorkommen nahe der Zahlungsunfähigkeit bewegen.
Von der Lage in Afrika ganz zu schweigen.                                                Wir wissen nicht, wie 2019 wird. Sicher sind wir jedoch, dass die heimische Wirt­
                                                                                         schaftsregion beste Voraussetzungen besitzt, auch in den nächsten Jahren erfolg­
Dass es in Wirtschaft und Gesellschaft viele Menschen gibt, denen dies alles             reich zu sein. Wenn nicht wir in Südwestfalen, wer sonst in unserem Bundesland?
Sorgen bereitet, ist mehr als nachvollziehbar. Und dass man in Berlin ein halbes         Hinter jedem Problem steckt eine Lösung. Vertrauen wir doch darauf, dass unsere
Jahr brauchte, um nach endlosen politischen Ränkespielen eine handlungsfähige            heimische Wirtschaft schon immer gut darin war, bei den Problemlösungen etwas
Regierung in den Sattel zu heben, die sich dann bis weit in den Herbst eher mit          schneller als andere zu sein. Verbreitet sich diese Gewissheit, könnte auch 2019
sich selbst beschäftigte, als die wirklich drängenden Strukturprobleme anzufas­          ein sehr gutes Jahr werden. Beseitigen wir also den Mehltau. Die Möglichkeiten
sen, machte das Ganze nicht wirklich besser
                                        besser. Dennoch gilt: Angst ist seit jeher ein                wir !
                                                                                         hierzu haben wir.

                                                                               In diesem
                                                                             Sinne grüßen
                                                                              Sie herzlich

         Felix G. Hensel                                                                                                                 Klaus Gräbener
         Präsident                                                                                                                       Hauptgeschäftsführer
Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
2             Jan 19      Wirtschaftsreport

                           Inhaltsverzeichnis
                                                                                                                                                     Titelthema

                                                                                                                                                            4
                                                                                                                                          Der Handel im Wandel
                                                                                                                                              Digitalisierung
                                                                                                                                         als Überlebensstrategie
                                                                                                                                Der Online­Handel in Deutschland boomt,
                                                                                                                                       und kaum etwas bereitet den
                                                                                                                                regionalen Einzelhändlern mehr Sorge als
                                                                                                                                      das Bewusstsein, dass sich die
                                                                                                                                   virtuellen Marktführer noch stärker
                                                                                                                                          ausbreiten als bisher ...

24          G­TEC Ingenieure
            Gebäudeausrüstung                                    32          DAV­Kletterzentrum
                                                                             Ein Gewinn für alle                                38          Waldhotel Einstein
                                                                                                                                            Idylle und Herzlichkeit
            mit Freude und Erfolg

Impressum
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist das offizielle Organ der IHK Siegen    Herausgeber                                                    Layout
und wird den kammerzugehörigen Unternehmen im Rahmen             Industrie­ und Handelskammer Siegen,                           Manfred Jung, Christian Reeh
ihrer beitragspflichtigen Mitgliedschaft ohne besonderes Be­     Hauptgeschäftsstelle,                                          Druck, Anzeigen und Verlag
zugsentgelt geliefert. Im freien Verkauf jährlich EURO 25,20     Postfach 10 04 51, 57069 Siegen,                               Vorländer GmbH & Co. KG
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Druckauflage: 22 300 Exemplare                                   Geschäftsstelle Olpe, Postfach 14 46, 57444 Olpe,              Telefon 0271 5940­338, Telefax 0271 5940­373
Quartal 3/2018                                                   In der Trift 11, 57462 Olpe                                    E­Mail: wirtschaftsreport@vorlaender.de
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des Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der IHK Siegen       Redaktion: Marco Butz, 0271 3302­222                           bitte an zustellung@siegen.ihk.de oder 0271 3302­273.
wieder. Nachdruck mit Genehmigung des Herausgebers und           E­Mail: presse@siegen.ihk.de
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te Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.           Marco Butz, Patrick Kohlberger, Franziska Menn,
                                                                                                                                57074 Siegen, bei.
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist keine auf Erwerb ausgerichtete         Jan Micha Solms, Sonja Schweisfurth, Ann­Kristin Spies,
Veröffentlichung.                                                Katja Sponholz, Brigitte Wambsganß, Monika Werthebach          Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 58
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» 4 Titelthema                                  11 | Nachrichten                                   » 53 Jubiläen/Bücher
24 | Berichte                                   » 11 IHK­Vollversammlung                           53 | Börsen
» 24 Gebäudeausrüstung                          » 14 Positive Erkenntnisse                         » 53 Recyclingbörse
     mit Freude und Erfolg                           beim IHK­Wirtschaftsgespräch
                                                                                                   » 54 Unternehmensnachfolgebörse
» 28 Neuer Standort,                            » 16 Energie­Scouts ausgezeichnet
     gewohnte Qualität                                                                             » 55 Handels­ und Genossenschafts­
                                                » 42 Roundtable USA in Olpe
                                                                                                        register
» 32 Ein Gewinn für alle                        » 46 Trauer um Dr. h. c.
» 36 Neue Wege                                       Friedrich Schadeberg                          62 | Kultur
     der Mitarbeiterführung                                                                        » 62 Ein Blick in Museumsmagazine
                                                » 51 Wirtschaftsjunioren
» 38 Idylle und Herzlichkeit                         mit neuem Vorstand                            » 64 Veranstaltungskalender

                                                  0/59#171 #31 /83*4* (*46,#-&1/8'     ! +-&8*99#'"*#1 /83*4 ./)145' ! $4)5&4/8' /83*4* +174"*2
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Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
4         Jan 19   Wirtschaftsreport

                                             Der Handel im Wandel

 Digitalisierung als
Überlebensstrategie
     Der Online­Handel in Deutschland boomt, und kaum etwas bereitet den regionalen Einzelhändlern
      mehr Sorge als das Bewusstsein, dass sich die virtuellen Marktführer noch stärker ausbreiten als
    bisher. Diese steigern ihre Umsätze von Jahr zu Jahr in Milliardenhöhe und machen dem stationären
     Handel mit Öffnungszeiten rund um die Uhr sowie bequemer Lieferung bis vor die Haustür immer
     mehr Kunden abspenstig. Ganz klar, dass auch die hiesigen Geschäftsleute nach Lösungen suchen,
        um vom großen Kuchen des E­Commerce­Umsatzes ein Stück abzubekommen. Muss sich der
                                    stationäre Handel dazu neu erfinden?

                                Text: Monika Werthebach   |   Fotos: Carsten Schmale (5), Werkfoto (1)
Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
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                                                                                                           Wirtschaftsreport      Jan 19   5

    Ob auf die Schnelle dringend benötigtes Büromaterial be­       ten, Preis oder Lieferzeiten. Die Kaufentscheidung verlagert
    stellen, gemütlich mit dem Tablet auf dem Sofa ein neues       sich vom Ladenlokal auf die heimische Couch, denn das
    Outfit finden oder die Funktionen technischer Produkte         Internet ist das primäre Informationsmedium. Durch die zu­
    gründlich vergleichen – online einkaufen ist vor allem eins:   nehmende Digitalisierung verändern sich die Lebensge­
    bequem. Statt einer zeitintensiven Einkaufstour mit lästiger   wohnheiten. Auch ältere Menschen finden Gefallen am On­
    Parkplatzsuche wählt der Käufer aus unzähligen Angeboten       line­Shopping: In der Käufergruppe der über 60­Jährigen ist
    das beste oder günstigste aus, legt es in den Warenkorb und    die Nachfrage sogar bedeutend gestiegen. Die in vielen
    bezahlt ganz einfach per Mausklick. Im besten Fall erhält er   Shops veröffentlichten Bewertungen anderer Käufer neh­
    die bestellte Ware innerhalb weniger Stunden oder Tage.        men großen Einfluss auf die Kaufentscheidung und treten
    Vorbereitete Rücksendedokumente erleichtern dem Ver­           oftmals an die Stelle einer persönlichen Beratung.
    braucher zudem eine eventuelle Retoure.
                                                                   Laut dem Online­Monitor 2018 des Handelsverbands Deutsch­
    Da verwundert es nicht, dass sich die Einkaufsgewohnheiten     land e.V. (HDE) beträgt das Wachstum im Online­Handel
    in Richtung Online­Handel verschieben. Nahezu jeder Haus­      rund 4,7 Mrd. €. Das durchschnittliche Wachstum pro Jahr
    halt verfügt inzwischen über Internet, und drei von vier       lag zwischen 2009 und 2017 bei 15,3 %, wobei die Elektro­
    Bundesbürgern besitzen ein Smartphone, das zum Dreh­           branche einschließlich der sogenannten „Consumer Electro­
    und Angelpunkt im Alltag geworden ist und überall jederzeit    nics“ die Nase vorne hatte, knapp gefolgt von der Mode­
    den Zugang zum weltweiten Marktplatz ermöglicht. Deutsch­      branche.
    landweit tätigen nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft
    Verbrauchs­ und Medienanalyse (VuMA) 64 % der Bevölke­         Es sind aber nicht unbedingt die reinen Online­Händler, die
    rung im Alter über 14 Jahren Online­Einkäufe. Durch­           den Umsatz im E­Commerce generieren: Im Kammerbezirk
    schnittlich investieren diese Personen jährlich 1227 € pro     der IHK Siegen spielt das Geschäftsmodell des reinen Online­
    Kopf im Non­Food­Sektor. Immer öfter beginnt der Kunde         handels mit nur 0,04 % aller Einzelhandelsbetriebe derzeit
    seinen Einkauf online, recherchiert und vergleicht im Netz     nur eine untergeordnete Rolle. Viele Händler kombinieren
    Informationen wie Produkteigenschaften, Produktvarian­         in ihrer Verkaufsstrategie analoge und digitale Vertriebs­
                                                                   kanäle. Und wenn ein eigener Online­Shop zunächst nicht
                                                                   auf der Agenda steht, trägt die Digitalisierung zumindest
                                                                   einzelner Geschäftsprozesse dazu bei, auf die veränderten
                                                                   Bedürfnisse der Konsumenten einzugehen und in der zu­
                                                                   nehmend digitalen Welt präsent zu sein.

                                                                   Doch was bedeutet das für den Einzelhandel in der Region?
                                                                   Es wäre sicher ein wenig blauäugig, sich auf den Lokalpat­
                                                                   riotismus der Kunden zu verlassen und darauf zu vertrauen,
                                                                   dass die in vielen Jahren mühsam aufgebaute Stammkund­
                                                                   schaft dem stationären Handel nur um der guten Freund­
                                                                   schaft willen treu bleibt. Es sei denn, das
                                                                   Sortiment ist ein großartiges Nischenpro­
                                                                                                                     Konsumverhalten
                                                                   dukt – und der Service herausragend. Den
                                                                   modernen Konsumenten sind andere Wer­             ändert sich
                                                                   te wichtig. Sie kaufen oft dort, wo es am
                                                                   billigsten ist. Oder dort, wo das Einkaufserlebnis den besten
                                                                   Eventcharakter hat, den der vernetzte Käufer umgehend mit
                                                                   seinem virtuellen Umfeld teilen kann. An der Digitalisierung
                                                                   kommt langfristig niemand mehr vorbei. Denn der Fort­
                                                                   schritt wird sich nicht aufhalten lassen.

                                                                   Ein Pionier in Sachen Digitalisierung ist Martin Achatzi,
                                                                   dessen Vater Jakob Achatzi einst in Bad Laasphe ein klassi­
                                                                   sches Fotostudio eröffnete. Im Laufe der Jahrzehnte nahm
                                                                   das Familienunternehmen eine rasante Entwicklung, denn
                                                                   bereits Mitte der 90er Jahre, als eBay in Deutschland noch
                                                                   gar nicht präsent war, entdeckte der damalige Junior das
                                                                   Internet als weiteres Geschäftsfeld. Ursprünglich suchte er
                                                                   nach Möglichkeiten, den umfangreichen Lagerbestand an
                                                                   Fotoapparaten und Zubehör ein wenig zu reduzieren und
                                                                   dafür einen größeren Interessentenkreis über die Bad Laas­
                                                                   pher Stammkundschaft hinaus zu erreichen. „Der Online­
Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
6             Jan 19      Wirtschaftsreport

     Martin und Sohn
    Peter Achatzi sind
    Pioniere in Sachen
       Digitalisierung.

                           Handel steckte noch in den Kinderschuhen, als ich auf einer     Peter Achatzi sukzessive einen eigenen Online­Shop auf, der
                           der ersten Versteigerungsplattformen, die damals von            sich heute aufgrund der großen Artikelanzahl „Europas
                           Yahoo betrieben wurde, einige Artikel eingestellt habe“, er­    Canon Shop Nr. 1“ nennen darf. Etwa 90 % des Gesamt­
                           innert sich Martin Achatzi. „Die Resonanz war überwälti­        umsatzes generiert das Unternehmen inzwischen aus dem
                           gend, und ich erkannte bald, dass das zu dieser Zeit noch       eigenen Online­Shop. „Den Auftragseingang müssen wir
                           neue Medium ‚Internet‘ enormes Potenzial für den Handel         zeitnah abwickeln. Das ist sehr arbeitsintensiv, denn die
                           haben würde.“ Seitdem ist das Fachgeschäft, das inzwischen      Kunden erwarten eine schnelle Lieferung. Einen Online­Shop
                           Sohn Peter Achatzi in der dritten Generation führt, stets mit   professionell zu betreiben, erfordert vollen Einsatz“, stellt
                           der Zeit gegangen. Es war schon sehr früh mit einer eigenen     Peter Achatzi klar. Die Erfolgsfaktoren seien letztlich ähn­
                           Website im Internet vertreten. „Allein von der Kundschaft       lich wie beim analogen Verkaufen: Man müsse eine Marke
                           im Ladenlokal könnten wir schon lange nicht mehr existie­       schaffen und eine Fangemeinde aufbauen. Außerdem müsse
                           ren“, schätzt Martin Achatzi.                                   das Empfehlungsmanagement funktionieren – nur der Weg
                                                                                           dahin, die praktische Umsetzung, mache den Unterschied.
                  Auch für Ulli Baldus, Inhaber des Outdoor­Labels „Fifty­Five“
                  mit Standort in Netphen, ist die Digitalisierung nicht mehr              „Der Online­Handel ist mindestens so arbeitsintensiv wie
                  wegzudenken. Der Bekleidungshersteller betreibt bereits                  der stationäre Handel, beinhaltet jedoch eine völlig andere
                  seit etwa 25 Jahren einen eigenen Webshop und verkauft                   Aufgabenstellung. Die Pflege der Produktseiten und die Op­
                                    seine Ware inzwischen hauptsächlich auf                timierung der Texte für die Suchmaschinen erfordern ganz
                                    den großen Internet­Marktplätzen wie                   anderes Expertenwissen“, weiß auch Stefan Franzen, Ver­
               Fokus auf
                                    Amazon oder Otto an Endverbraucher. Das                triebsleiter bei Fifty­Five. Als Franzen vor etwa zehn Jahren
           Online-Handel            frühere Ladenlokal an der Siegener Sand­               ins Unternehmen eintrat, hatte er ursprünglich die Aufgabe,
                                    straße, damals bestand das Sortiment noch              die noch wenig bekannte Outdoor­Marke im stationären
                  hauptsächlich aus Jeans, hat er längst aufgegeben. „Es geht              Handel zu positionieren, den analogen Vertrieb mithilfe von
                  eben nicht alles gleichzeitig“, erklärt Baldus. „Dem Online­             Handelsvertretern aufzubauen und die Ware auf Messen zu
                  handel gehört die Zukunft. Darauf fokussieren wir unsere                 präsentieren. Trotz der anfänglichen Skepsis seines Chefs
                  Aktivitäten.“                                                            ging Franzen neue Wege und stellte probeweise einige Ar­
                                                                                           tikel bei Amazon ein. Gleich am ersten Tag gingen mehrere
                           Etwa zeitgleich mit der Entscheidung, sich ausschließlich       Bestellungen ein. Deutliche Umsatzsteigerungen in der Fol­
                           auf die Marke Canon zu konzentrieren, bauten Martin und         gezeit räumten die letzten Zweifel aus.
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Zweifel am Online­Handel haben auch Dr. Stefan Reißner       Kommunikation, die die Vorteile der Digitalisierung allen
und Thomas Fentrup nicht. Sie gründeten 2011 das in Olpe     Beteiligten begreiflich mache. Praxisnahe Einweisungen
ansässige Handelsunternehmen Abanico. Es vertreibt inno­     stärkten zudem die Kooperationsbereitschaft der eigenen
vative Eigenmarken aus den sehr unterschiedlichen Sparten    Mitarbeiter.
„Körperliches Wohlbefinden“ und „Spielwaren“, aber auch
weitere Marken, für die exklusive Vertriebsrechte im         Martin Achatzi berichtet zudem vom bürokratischen Auf­
deutschsprachigen Raum bestehen. Reißner geht davon aus,     wand, der mit dem Internethandel gestiegen sei: „AGBs und
„dass etwa jedes dritte von uns in Verkehr gebrachte Pro­    Datenschutzerklärungen sind nur mit juristischer Hilfe auf
dukt über einen Online­Kauf zum Endverbraucher gelangt“.     dem sich ständig ändernden rechtsgültigen Stand zu hal­
                                                             ten.“
Betrachtet man also den Verlauf der Umsatzzahlen im
E­Commerce, so scheinen die Geschäfte hier sehr gut zu       Laut Einschätzung von Stefan Franzen kommen jährlich et­
laufen. Dennoch wird das Klima für einzelne Online­Händler   wa 20.000 bis 30.000 neue Händler allein bei Amazon dazu.
rauer. Und um den analogen Vertrieb erfolgreich auf E­       Inzwischen weiß er: „Rund 80 % des Umsatzes werden auf
Commerce auszuweiten, ist eine sorgfältige Planungsphase     der zuerst angezeigten Seite der Suchergebnisse getätigt.“
erforderlich. Neben der – unter Umständen kostspieligen –    Um hier auf Dauer ganz oben dabei zu
technologischen Aufrüstung ist vor allem Know­how ge­        bleiben, seien immense finanzielle und per­
                                                                                                            Positionierung ist
fragt.                                                       sonelle Ressourcen erforderlich. Der Preis
                                                             und die Anzahl positiver Bewertungen           eminent wichtig
Der wohl entscheidende Punkt: „Wer mit den großen Han­       spielten eine entscheidende Rolle. Zudem
delspartnern zusammenarbeiten möchte, braucht ein intak­     wechselten beinahe täglich die Algorithmen bei Google oder
tes Warenwirtschaftssystem und muss sich vor allem den       Amazon – also die Parameter, die bestimmen, wann welches
umfangreichen und zeitraubenden Anforderungen im Hin­        Produkt in den Suchergebnissen auf welcher Position an­
blick auf das Stammdaten­Management stellen“, erklärt        gezeigt wird.
Reißner. Das könne vor allem für viele KMU eine enorme
Herausforderung bedeuten. Die erfolgreiche Einführung und    Auch bei Abanico weiß man um den Preiskampf auf den
die nutzbringende Anwendung der Digitalisierung im Tages­    virtuellen Marktplätzen: „Das Internet sorgt für erheblich
geschäft funktionierten nur durch transparente interne       mehr Transparenz im Hinblick auf das Produktangebot all­

                                                                                                                          Für Ulli Baldus (l.)
                                                                                                                          und Stefan Franzen
                                                                                                                          ist ein eigener
                                                                                                                          Online­Shop nicht
                                                                                                                          mehr wegzudenken.
Wirtschaftsreport Januar 2019 - Der Handel im Wandel - IHK-Siegen
8             Jan 19      Wirtschaftsreport

                                                                                        Auch Familie Achatzi hat sich bewusst dafür entschieden,
                                                                                        das Ladenlokal in der Bad Laaspher Lahnstraße zu behalten
                                                                                        – wegen der Reputation, wie Martin Achatzi erläutert: „Die
                                                                                        Online­Kunden informieren sich über den Händler und wol­
                                                                                        len wissen, woher die Ware kommt. Es sind inzwischen so
                                                                                        viele ‚Garagenhändler‘ im Netz unterwegs. Da stechen wir
                                                                                        mit unserem alteingesessenen Geschäft im Hintergrund po­
                                                                                        sitiv aus dem riesigen Markt heraus.“ Überhaupt sei Seriosi­
                                                                                        tät im Internet die Grundlage des dauerhaften Erfolges, ist
                                                                                        sich Achatzi sicher: „Die guten alten Tugenden eines ehr­
                                                                                        baren Kaufmanns wie Fleiß, Ehrlichkeit und ständige Aktivi­
                                                                                        tät haben nichts an Gültigkeit verloren.“

                                                                                        Als Fachleute auf dem Gebiet der Fototechnik punkten die
                                                                                        Achatzis zudem mit professioneller Beratung sowohl per
                                                                                        E­Mail und Telefon als auch persönlich: „Vor allem samstags
                                                                                        ist viel Betrieb im Laden. Kunden, die im Internet auf uns
                                                                                        aufmerksam geworden sind, kommen teilweise aus ganz
                                                                                        Deutschland, um sich persönlich beraten zu lassen, um vor
                                                                                        Ort verschiedene Modelle zu vergleichen oder um einfach
                                                                                        ein wenig zu fachsimpeln.“

                                                                                        Auch im Online­Handel wird langfristig derjenige die Nase
                                                                                        vorn haben, der mit Service punktet. Ein Webshop hat 24
                                                                                        Stunden geöffnet. Die Kunden erwarten daher auch einen
                                                                                        verfügbaren Support oder einen Ansprechpartner im Chat.
                                                                                        Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, sei beispiels­
                                                                                        weise ein wechselnder Bereitschaftsdienst erforderlich, er­
                                                                                        klärt Stefan Franzen. Die Kundenpflege, der Ausbau der
                                                                                        Kundenbeziehungen und die Bindung der Kunden an den
                                                                                        Online­Shop sind entscheidend für die langfristige Existenz
                                                                                        des Unternehmens. Newsletter, Blogs und die Kommunika­
                                                                                        tion mit den Kunden auf den gängigen Social­Media­Kanälen
    Dr. Stefan Reißner                                                                  gehören zum Online­Handel unbedingt dazu, weiß Franzen:
     setzt bei Abanico                                                                  „Neue Kunden zu gewinnen, ist aufwendig – bestehende
auf unterschiedliche       gemein, vor allem aber in Bezug auf die Preise. Die großen   Kunden zu verlieren, hingegen ganz leicht.“
 Vertriebswege und         Verkaufsplattformen fordern die Händler nahezu täglich
    ein vielschichtiges    auf, sich durch attraktivere Verbraucherpreise weitere Um­   Ob digital oder analog: Nach wie vor ist es das Einkaufser­
    Netzwerk an Part­      satzpotenziale zu erschließen.“ Die daraus resultierende     lebnis als Gesamtpaket, das den Konsumenten erst zum
nern im stationären        Abwärtsspirale mag zwar den Konsumenten erfreuen, macht      treuen Stammkunden macht. Je nach persönlichen Wert­
               Handel.     aber den Händlern mitunter das Leben schwer.                 vorstellungen spielen der Preis, ein reibungsloser Ablauf
                                                                                        oder eben auch die Beziehungsebene eine große Rolle.
                   Stefan Reißner und sein Team setzen daher auf mehrere
                   unterschiedliche Vertriebswege: Für jedes Produkt gibt es            Der persönliche Kontakt ist, gepaart mit einem zuvorkom­
                   eine separate Website, auf der sich Verbraucher gezielt mit          menden Service und einem zielgruppengerechten Sortiment,
                   ausführlichen Informationen versorgen können. Bei Interes­           das Erfolgsgeheimnis von Thomas Baumgarten, Inhaber des
                   se können sie aber auch im integrierten Webshop sofort               Modehauses Geisweid. Konsequent verzichtet er auf jegliche
                                     bestellen. „Da unser Sortiment vielen              Digitalisierung. Er konzentriert sich entgegen des Main­
                                     Menschen noch gar nicht bekannt ist,               streams auf seine Kernkompetenz, nämlich die fachkundige
              Kombiniertes
                                     können wir uns ohnehin nicht allein auf            und ehrliche Beratung der Kunden. In seinem angestamm­
                 Angebot             den Online­Handel verlassen. Denn ohne             ten Geschäft an der Geisweider Marktstraße führt er seit
                                     konkrete Suchanfrage findet man unsere             fast 25 Jahren qualitativ hochwertige Oberbekleidung, die
                   Produkte nicht.“ Aus diesem Grund haben die beiden Unter­            aufgrund der meist klassischen und bequemen Schnitte so­
                   nehmer seit der Gründung ein vielschichtiges Netzwerk an             wie der Größenvielfalt vor allem bei Senioren gefragt ist.
                   Partnern im stationären Handel aufgebaut, um ihre Artikel            Thomas Baumgarten führt sein Geschäft mit sehr viel per­
                   in Fachgeschäften zu platzieren. Der Fokus liegt dabei auf           sönlichem Einsatz, steht immer selbst im Laden als An­
                   Handelspartnern, die Interesse an einer nachhaltigen Ge­             sprechpartner zur Verfügung und begrüßt die meisten seiner
                   schäftsbeziehung zu fairen Konditionen haben.                        Kunden mit Namen. Die Stammkunden schätzen es, dass
Wirtschaftsreport    Jan 19   9

Interview
Univ.-Professor Dr. Hanna Schramm-Klein, Universität Siegen
Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing und Handel

Der Online-Handel boomt. Welche Zukunft sehen Sie für            virtuellen Markplatz wie Amazon
den stationären Handel?                                          oder eBay ist kein Geschäft, das
Auch wenn die Zahlen zur aktuellen Entwicklung im On­            „nebenher“ oder in der Mittags­
line­Handel eine klare Sprache sprechen: Der stationäre          pause funktioniert. Es ist längst
Handel hat seine Berechtigung und wird auch weiterhin ge­        nicht damit getan, hübsche Fo­
braucht. Attraktive Innenstädte leben von einem vielfältigen     tos hochzuladen und ein paar
Angebot, zum Einkauf inspirierenden (Fach­) Geschäften           Päckchen auf den Weg zu brin­
und einer lebhaften Gastronomie­Szene – eben dem ganz­           gen. Wer erfolgreich sein Ge­
heitlichen Einkaufserlebnis, das das Online­Shopping seinen      schäft im Internet aufbauen
Kunden nicht in der gleichen Form bieten kann. Um lang­          möchte, benötigt dazu eine um­
fristig zu überleben, wird es für die Einzelhändler allerdings   fassende Vorbereitung, ein handfestes Konzept und neben
unumgänglich sein, das bisherige Geschäftsmodell kritisch        den technischen Voraussetzungen und dem nötigen Know­
zu prüfen und den eigenen Service den veränderten Erwar­         how vor allem ein funktionierendes Warenwirtschaftssys­
tungen und Bedürfnissen der Käufer anzupassen.                   tem. Denn wer die Lieferfähigkeit nach dem Zufallsprinzip
                                                                 plant oder nur gelegentlich den E­Mail­Eingang prüft, wird
Wie kann sich der stationäre Einzelhandel gegen die              bald am riesigen Wettbewerb und an der Austauschbarkeit
Online-Konkurrenz behaupten?                                     im Netz scheitern. Wer aber sein strategisches Handeln ge­
Ganz wichtig ist es, dass sich die Händler vor Ort auf ihre      zielt auf das Internetgeschäft ausrichtet, Parameter wie
Kernkompetenzen fokussieren und die ursprünglichen Funk­         Zahlungsmöglichkeiten, AGBs und Datenschutzbestimmun­
tionen des Handels im Auge behalten. Dazu gehört zum             gen im Vorfeld ordentlich plant und bei der Umsetzung pro­
einen die Sortimentsfunktion, also das Zusammenstellen der       fessionell vorgeht, kann sein Geschäftsfeld auch regional
für die Zielgruppe der Händler geeigneten Waren. Zum an­         erheblich erweitern, sich online neue Märkte erschließen
deren die logistische Funktion, also die Zurverfügungstel­       und sich so für die Zukunft neu positionieren.
lung der richtigen Ware zum richtigen Zeitpunkt in der
richtigen Menge am richtigen Ort. Händler können einen           Viele regionale Händler tun sich schwer mit der Digita-
Vorteil dadurch aufbauen, dass sie die räumliche Nähe zum        lisierung – was ist Ihr Tipp?
Verbraucher nutzen. Mit einem ansprechenden Ladenlokal,          An der zunehmenden Digitalisierung unseres Alltags wird
in dem der potenzielle Käufer das gewünschte Produkt an­         niemand vollständig vorbeikommen. Warum also sollten die
schauen, anprobieren und gegebenenfalls auch testen kann,        Geschäftsleute diese Tatsache nicht für ihre Zwecke nutzen?
können Erfolgsfaktoren aufgebaut werden. Dazu gehört es          Fast jeder nutzt heutzutage ein Smartphone und informiert
vor allem auch, dass man die tatsächlichen Bedürfnisse des       sich zu vielen Themen im Internet. Und wer als Gewerbe­
Kunden erkennt und ihm unter Umständen alternative Lö­           treibender dort nicht präsent ist, wird schnell übersehen.
sungen anbietet, auf die er ohne kompetente Beratung viel­       Eine benutzerfreundliche und informative Website, die in
leicht nicht gekommen wäre. Die Grundlage einer solchen          den gängigen Suchmaschinen gut platziert ist, macht zu­
Beratung mit Mehrwert für den Konsumenten ist motivier­          mindest auf das eigene Sortiment bzw. die angebotene
tes Personal mit deutlichem Wissensvorsprung. Denn der so        Dienstleistung aufmerksam und animiert im besten Fall
oft beklagte „Beratungsklau“ findet längst nicht mehr im         potenzielle Kunden zu einem Besuch im Geschäft. Wenn
Fachgeschäft vor Ort statt, sondern hat sich ins Internet        man die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen möchte,
verlagert. Zu beinahe jeder im Handel erhältlichen Ware gibt     bedeutet das nicht immer, dass ein Online­Shop eröffnet
es online inzwischen eine Fülle von Informationen zu Pro­        oder der stationäre Laden mit Technologien „vollgestopft“
dukteigenschaften, technischen Details oder der genauen          werden muss. Zum Beispiel im Servicebereich bieten sich oft
Funktionsweise. Spezielle Portale vergleichen Preise unter­      recht einfache Möglichkeiten – seien es ein Angebot der
schiedlicher Anbieter und die Vor­ und Nachteile gegenüber       Händler für Abos zur regelmäßigen Belieferung der Kunden
ähnlichen Produkten anderer Hersteller. Produkttests und         mit Verbrauchsgütern wie beispielsweise Büromaterialien,
Käuferbewertungen decken Schwachstellen auf oder stellen         Kaffee oder Kopierpapier oder die Möglichkeit, per Whats­
besondere Features heraus. Niemals zuvor hatten die Kun­         App Produkte zu bestellen, Beratungstermine zu reservieren
den beim Betreten des Ladens mehr Informationen.                 bzw. auf besondere Angebote hinzuweisen. Ich kann nur
                                                                 jedem Händler vor Ort raten, sich mit den vielfältigen Mög­
Ist der Einstieg in den Online-Handel eine tragfähige            lichkeiten, die die Digitalisierung inzwischen bietet, zu be­
Überlebensstrategie?                                             schäftigen, um auf einfache Art und Weise mit den Kunden
Eines vorweg: Der Einstieg in den Online­Handel mit einem        in Interaktion zu treten – und sich damit Wettbewerbsvor­
eigenen Webshop oder der Platzierung der Ware in einem           teile zu sichern.
10           Jan 19     Wirtschaftsreport

                 Baumgarten ihre Konfektionsgröße und sogar ihren indivi­             einem ansprechenden Ambiente den Kunden auf nützliches
                 duellen Geschmack im Kopf hat. „Mit meinen Vorschlägen               Zubehör oder das passende Accessoire aufmerksam zu ma­
                 liege ich in den meisten Fällen goldrichtig, und deshalb             chen und ihn so zu Spontankäufen von sofort verfügbaren
                 kommen die Leute auch immer gerne wieder. Eine so indi­              Artikeln zu veranlassen.
                                   viduelle und typgerechte Beratung kann
                                   ein Online­Shop doch gar nicht leisten“,           In Zukunft erfolgreich könnten die Unternehmen sein, die
             Individuell
                                   erklärt Baumgarten seine Philosophie.              ihren Kunden nicht nur ein Produkt, sondern ein Einkaufs­
          und persönlich           „Die Menschen mögen das Beständige.                erlebnis bieten – ob digital oder online. Dabei ist es uner­
                                   Daher hat sich unsere Lieferantentreue             lässlich, die Digitalisierung als neue Chance für den Vertrieb
                 sehr bewährt – aber auch die Beibehaltung der Anordnung              zu sehen. Digitalisierungsoptionen bieten sich entlang der
                 bei der Warenpräsentation, also beispielsweise Herrenhosen           gesamten Wertschöpfungskette und nicht nur in der reinen
                 immer an der gleichen Stelle im Geschäft zu belassen, damit          Form eines Online­Handels. Ein Großteil des Digitalisie­
                 sich der Käufer zurechtfindet.“                                      rungs­Charmes entfaltet sich sogar erst bei einer intelligen­
                                                                                      ten Verzahnung über verschiedene Wertschöpfungsstufen
                         Den Bedürfnissen seiner Kundschaft kommt der Geisweider      hinweg, beispielsweise durch die Nutzung von Apps oder
                         Geschäftsmann sogar noch weiter entgegen: Wer nicht          Push­Mitteilungen für eine serviceorientierte Interaktion
                         mehr mobil genug ist, selbst in den Laden zu gehen, den      mit den Kunden. Digitalisierung ist aber kein Selbstläufer
                         besucht Thomas Baumgarten – völlig analog – mit einer        und funktioniert nicht nach dem Zufallsprinzip. Für den sta­
                         Auswahl an Kleidungsstücken zu Hause: „Da kann es durch­     tionären Handel mag die Digitalisierung die vielleicht größ­
                         aus auch mal vorkommen, dass ich beim Anprobieren helfen     te Herausforderung aller Zeiten darstellen, doch „Cross
                         muss“, erzählt er. Bei so guter Betreuung stört die Käufer   Channel“ lautet heute die Zauberformel, also das Vermark­
                         die fehlende Internet­Präsenz offensichtlich nicht. „Mein    ten von Produkten über verschiedene Kanäle, mit der Einzel­
                         Geschäft lebt von den Empfehlungen zufriedener Kunden“,      händler ihre Kunden auf mehreren Kanälen mit herausra­
                         unterstreicht Baumgarten.                                    gendem Service überzeugen können. Es könnte sich
                                                                                      auszahlen, die vermeintliche Komfortzone zu verlassen –
                         Denn zwei Dinge kann der Online­Handel nur begrenzt: ein     denn der Wettbewerb lauert bekanntlich nur einen Klick
                         Einkaufserlebnis schaffen und den persönlichen Kontakt       weit entfernt. !
                         pflegen. Den Unterschied machen immer noch die Men­
                         schen. Erst das persönliche Gespräch ermöglicht es, in       Diesen Bericht finden Sie auch unter www.ihk­siegen.de, Seiten­ID 2753.

Thomas Baumgarten
      verzichtet beim
 Modehaus Geisweid
  auf Digitalisierung
und konzentriert sich
 auf die fachkundige
  und ehrliche Bera­
     tung der Kunden.
Wirtschaftsreport          Jan 19            11

IHK­Vollversammlung
Der Zentrumsmonitor war einer der Schwerpunkte
Mit Freude betrachtete IHK­Präsident Felix G. Hen­                                                                          es: ‚Hier gibt es auch nichts Individuelles!‘“ Als ty­
sel, wie die Mitglieder der Vollversammlung der                                                                             pisch für diese Region habe sich herausgestellt,
IHK Siegen in dem gut 100 Seiten starken, druck­                                                                            dass alle Aspekte, die mit dem Auto zu tun haben,
frischen „Zentrumsmonitor 2018 für die Kreise                                                                               hoch bewertet werden. „Die wichtigsten Kriterien
Siegen­Wittgenstein und Olpe“ blätterten: „Mit                                                                              sind Erreichbarkeit, Sicherheit und Sauberkeit“,
dieser richtungsweisenden Studie haben wir nun                                                                              zählte Hanna Schramm­Klein auf. „Wenn das nicht
eine strukturpolitisch für die gesamte Region be­                                                                           erfüllt ist, haben die Städte große Probleme.“ Den­
deutende Handreichung, aus der wir in den kom­                                                                              noch seien nicht diese Faktoren prägend für die
menden zwei, drei Jahren Honig für den Handel in                                                                            Zentren, sondern vor allem Attraktivität und Le­
unseren Zentren saugen können.“ Wie die Studie                                                                              bendigkeit. Mit einem Irrglauben räumte Prof.
bzw. deren Auswertung zu lesen sind, das erläuter­                                                                          Schramm­Klein abschließend noch auf: „Wir be­
te Prof. Dr. Hanna Schramm­Klein dem „Parlament                                                                             kommen oft zu hören, dass die Gastronomie der

                                                                                                          Carsten Schmale
der Wirtschaft“. Ihre Strategieberatung hatte die                                                                           neue Handel in den Zentren sei. Das wird durch die
Studie verfasst. Die IHK finanzierte die Studie ge­                                                                         Studie nicht belegt. Die Menschen kaufen nach wie
meinsam mit den Sparkassen und Volksbanken in                                                                               vor gern in den Zentren und kommen wegen des
den Kreisen Siegen­Wittgenstein und Olpe. „Dafür        Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein stellte den Mitgliedern               Einzelhandelsangebots.“ Was also ist zu tun, um
noch einmal ganz herzlichen Dank“, betonte Felix        der IHK-Vollversammlung die Ergebnisse des Zent-                    einem Zentrum einen Wettbewerbsvorteil zu ver­
G. Hensel, „das ist nicht selbstverständlich.“          rumsmonitors vor.                                                   schaffen? „Die Attraktivität des Zentrenumfelds
                                                                                                                            und des Angebots stärken, um die Kunden mög­
„Jedes der 23 untersuchten Zentren ist individu­        darfs. Diese kaufe man nicht nur im Internet, son­                  lichst davon abzuhalten, in anderen Zentren ein­
ell“, fasste Hanna Schramm­Klein die Ergebnisse         dern häufig auch in einem anderen, attraktiveren                    zukaufen“, resümierte sie. „Das hat aber keinen
zusammen. „In jedem dieser Zentren ist das Kauf­        Zentrum. Auch hier sei der dominierende Einkaufs­                   Einfluss darauf, dass die Kunden online kaufen. Die
verhalten der Kunden unterschiedlich. Und jedes         grund nicht zwingend ein Mangel an Attraktivität                    Attraktivität der Zentren verhindert lediglich eine
von ihnen kann in irgendeinem Bereich als Bench­        vor Ort, sondern die Produktvielfalt. Hanna                         Abwanderung der Kunden in ein anderes Zentrum.“
mark für diese Region stehen.“ So gebe es bei­          Schramm­Klein: „Das ist eine Bedrohung für ein­                     Ihre Empfehlung: Da es „sehr, sehr lange“ dauere,
spielsweise in Kirchhundem oder in Siegen­Mitte         zelne Branchen, z.B. die Reisebürobranche.“ Die                     bis Änderungen in den Kommunen bei den Kunden
nahezu gleich große Gruppen stark onlineaffiner         größten Defizite hätten die Kunden indes im Be­                     ankämen, müssten die Städte und Gemeinden
Markenkäufer, onlineaffiner Standardkäufer, ser­        reich der Mode ausgemacht. „Lässt sich das durch                    schon heute die Ergebnisse der Studie in Aktionen
viceorientierter Markenkäufer und onlineaverser         die Ansiedlung der großen Ketten kompensieren?“,                    umsetzen. Und damit seien nicht „kleine Strohfeu­
Regionalkäufer, während in Wenden und Freuden­          erkundigte sich Hendrik Enders. Die Professorin                     er an vielen Stellen“ gemeint. Um den Kommunen
berg die onlineaffinen Käufer deutlich in der Über­     schüttelte den Kopf: Die Frage sei schwierig zu be­                 im Kammerbezirk dabei unter die Arme zu greifen,
zahl seien. Aus diesen unter gut 4600 Kunden            antworten, da man es mit einem durchaus schizo­                     beschloss die Vollversammlung, im kommenden
erhobenen Daten könne man ableiten, dass sich           phrenen Konsumentenverhalten zu tun habe. „Erst                     Jahr weitere 40.000 Euro für einzelhandelsrelevan­
das Kaufverhalten zwischen Stadt und Land quasi         rufen sie nach den großen Ketten, und dann heißt                    te Projekte bereitzustellen. !
nicht unterscheide, erläuterte sie. „Die Landbevöl­
kerung ist sogar noch einen Tick onlineaffiner als
die Stadtbevölkerung in einer ohnehin eher als
ländlich zu bezeichnenden Region.“ Und so dürfe
sich das einzige Oberzentrum der Region auch
nicht mit anderen Städten der Region messen,
sondern mit nahen Oberzentren.

Das Kaufverhalten an sich werde sich in den kom­
menden Jahren weiter stark verändern, prognosti­
zierte die Professorin. Die Zahl der online­, vor al­
lem die der smartphoneaffinen Kunden nehme
dabei stetig zu. Und: „Die jüngeren Generationen
sind kritischer, wenn es darum geht, das Zentren­
und insbesondere das Einzelhandelsangebot zu
beurteilen.“ Warum? „Das Internet bietet einen
breiten und großen Zugang zum Angebot in nahe­
zu allen Kategorien. Es weist die höchste Zentrali­
tät auf. Zumindest teilweise werden Käufe ins Netz
verlagert, weil es Dinge vor Ort nicht gibt.“ Aus­
nahmen seien Produkte des längerfristigen Be­
12           Jan 19      Wirtschaftsreport

Gewerbliche Wirtschaft
Sonderprogramm zur Unterstützung von Unternehmen aufgelegt
Die Industrie­ und Handelskammern in NRW                 aufgestellt und aufgrund ihrer geringen Gewin­                        bis zu 25.000 ¤ Eigenkapital, beträgt die Be­
haben in Kooperation mit der Kapitalbeteili­             ne für potenzielle Nachfolger nicht interessant                       teiligung aus dem Sonderprogramm ebenfalls
gungsgesellschaft NRW (KBG) ein Sonderpro­               sind. Sie haben somit nur eine Chance, wenn sie                       25.000 ¤. Bei 50.000 ¤, 100.000 ¤ oder 200.000 ¤
gramm für die gewerbliche Wirtschaft aus Han­            die nächsten Jahre nutzen und den Grundstein                          Eigenkapital gewährt die KBG eine stille Betei­
del, Dienstleistung und Industrie aufgelegt.             für eine Zukunftsfähigkeit und ausreichende                           ligung in gleicher Höhe (Eigenkapitalparität).
Damit sollen Unternehmen unterstützt werden,             wirtschaftliche Tragfähigkeit ihres Unterneh­                         Durch das Sonderprogramm verbessert sich
sich für die Zukunft aufzustellen und ihre Nach­         mens legen. Das Programm soll zudem gewerb­                           nicht nur die Eigenkapitalausstattung des Un­
folge zu regeln. Bereits die „IHK­Studie zum             liche Unternehmen in NRW unterstützen, die                            ternehmens. Die Kreditfinanzierung wird er­
Nachfolgegeschehen in NRW“ hat deutlich ge­              Zukunftsinvestitionen tätigen möchten. Viele                          gänzt und macht viele Finanzierungen erst
zeigt: In den nächsten zehn Jahren werden die            notwendige Investitionen sind aber nur dann                           möglich. Anders als bei privaten Beteiligungs­
Inhaber von rund 282.000 Unternehmen in NRW              realisierbar, wenn die Finanzierung mit ausrei­                       gesellschaften hält die KBG als stille Gesell­
in den Ruhestand gehen und eine Nachfolge                chend Eigenkapital untermauert ist.                                   schafterin keine Anteile am Unternehmen und
suchen. Viele dieser Unternehmen sind dann                                                                                     nimmt auch keinen Einfluss auf die laufende
zwar übergabereif, aber längst nicht übernah­            Mithilfe des Sonderprogramms wird das vorhan­                         Geschäftsführung. Der Unternehmer bleibt der
mefähig. Fachleute gehen davon aus, dass etwa            dene wirtschaftliche Eigenkapital des Unterneh­                       alleinige Inhaber und Gesellschafter. Ansprech­
drei Viertel der Unternehmen keinen Nachfolger           mens aufgestockt. Dabei richtet sich die Höhe                         partnerin in der IHK Siegen ist Sabine Bechheim,
finden werden. Das liegt vor allem daran, dass           der Beteiligung nach dem vorhandenen wirt­                            Tel.: 0271 3302305, E­Mail: sabine.bechheim@
die Firmen in der Regel nicht wettbewerbsfähig           schaftlichen Eigenkapital. Hat ein Unternehmen                        siegen.ihk.de. !

Landesbestenehrung
Vier Auszubildende aus dem Siegerland geehrt
                                                                                                                               fen mit dem exzellenten Berufsabschluss das
                                                                                                                               Fundament für eine gute Zukunft – persönlich,
                                                                                                                               aber auch für unser Land.“ Gemeinsam mit Ulf
                                                                                                                               Reichardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln,
                                                                                                                               übergab der Ministerpräsident die Ehrenurkun­
                                                                                                                               den. IHK­Geschäftsführer Klaus Fenster beglei­
                                                                                                                               tete die erfolgreichen Prüflinge nach Köln. Er
                                                                                                                               gratulierte den Landesbesten im Namen der IHK
                                                                                                                               Siegen und hob ihren Vorbildcharakter hervor.
                                                                                                                               Diese herausragenden Leistungen seien nur
                                                                                                                               möglich, wenn Ausbildungsbetrieb und Berufs­
                                                                                                                               schule vertrauensvoll zusammenarbeiteten. Zu­
                                                                                                                               gleich müssten die jungen Menschen mit gro­
                                                                                                                               ßem Engagement bei der Sache sein, und das
                                                                                                            Nickel, IHK Köln

                                                                                                                               über die gesamte Lehrzeit hinweg. Fenster er­
                                                                                                                               mutigte die Preisträger, zukünftig die vor ihnen
                                                                                                                               liegenden beruflichen Herausforderungen mit
Bestens gelaunt bei der Feierstunde: die vier erfolgreichen Auszubildenden des Kammerbezirks mit IHK-Geschäfts-                derselben Zielstrebigkeit anzugehen, mit der sie
führer Klaus Fenster (links).                                                                                                  bereits ihre Lehre absolviert hätten. Sie hätten
                                                                                                                               ihr Talent sowie ihre Motivation nachhaltig
Zwei junge Damen und zwei junge Herren aus               rhein­Westfalen, die ihre Ausbildung im Prü­                          unter Beweis und damit die Weichen für ihre
Siegen gehören zu den erfolgreichen Teilneh­             fungsjahr 2017/2018 in 136 verschiedenen                              weitere berufliche Entwicklung gestellt. Aus der
mern des diesjährigen Landeswettbewerbs in               IHK­Berufen jeweils als Beste abgeschlossen                           Region wurden folgende Nachwuchskräfte aus­
der beruflichen Bildung. In diesem Jahr richtete         hatten. Sie alle erreichten mindestens 92 von                         gezeichnet: Patrick Heinze (Metallwerker, Deut­
die Industrie­ und Handelskammer Köln (IHK)              100 Punkten, also ein „Sehr gut“, in der Winter­                      sche Edelstahlwerke Specialty Steel GmbH & Co.
die Festveranstaltung in der Motorworld am               und Sommerprüfung dieses Jahres. Ehrengast                            KG in Siegen, Nadja Köbernik (Brauerin und Mäl­
Butzweiler Hof aus. Zu den Gästen gehörten               der diesjährigen Feierstunde war NRW­Minis­                           zerin, Krombacher Brauerei Bernhard Schade­
neben den Jugendlichen auch deren Familien               terpräsident Armin Laschet. Er gratulierte den                        berg GmbH & Co. KG in Kreuztal), Anna Muc­
sowie Vertreter aus den Berufskollegs und Aus­           Prüfungsbesten: „Die besten Azubis des Landes                         zinski (Bankkauffrau, Volksbank in Südwestfalen
bildungsbetrieben. Im Mittelpunkt standen 253            auszeichnen zu dürfen, ist mir eine besondere                         eG, Siegen) und Kim Dirk Pieck (Fachlagerist,
Auszubildende aus 233 Betrieben in Nord­                 Ehre, und erfüllt mich mit Stolz. Denn sie schaf­                     Rudolf Flender Rohr GmbH in Siegen). !
Wirtschaftsreport        Jan 19          13

Personalie
Franz Becker feierte 85. Geburtstag
Am 31. Dezember feierte IHK­Ehrenpräsident                                                                  wurde Franz Becker mit dem Caritaskreuz in Gold
Franz Becker seinen 85. Geburtstag. Franz Becker                                                            des Deutschen Caritasverbands ausgezeichnet.
gehörte von 1990 bis 2008 der IHK­Vollver­                                                                  Sein kirchlich­caritatives Engagement fand seine
sammlung an, war ab 1994 Vizepräsident und                                                                  Würdigung im Jahre 2007, als ihm der kirchliche
nahm ­ als erster Unternehmer aus dem Kreis                                                                 Orden „Pro ecclesia et pontifice“ verliehen wurde.
Olpe überhaupt – von 2002 bis 2008 das Amt des                                                              Von 1975 bis 2004 engagierte er sich zudem als
Präsidenten der IHK Siegen wahr. Bis 2008 enga­                                                             Mitglied des Kreistags Olpe und erhielt 1989 den
gierte er sich über Jahrzehnte hinweg im Ver­                                                               goldenen Siegelring des Kreises Olpe. Darüber
kehrs­ und Strukturpolitikausschuss der Kammer.                                                             hinaus war er von 1992 bis 2002 als Handels­
Auch überregional war sein Rat gefragt. Von                                                                 richter tätig. Auch beim Seminar für Staatsbür­
2005 bis 2008 war er Vizepräsident der nord­                                                                gerkunde e. V. Olpe sowie dem Trägerverein der
rhein­westfälischen Kammervereinigung. Dem in                                                               Politischen Akademie Biggesee in Attendorn
Alsdorf bei Aachen geborenen Franz Becker lagen                                                             brachte er sich ein. Über Jahrzehnte hinweg ist
besonders die infrastrukturellen Verbesserungen                                                             er dort bis zum heutigen Tage als Vorstandsvor­

                                                                                                 Werkfoto
im IHK­Bezirk am Herzen. Während seiner Präsi­                                                              sitzender aktiv. Zudem wirkt er im Stiftungsrat
dentschaft setzte er sich daher massiv für die                                                              der Apollo­Stiftung mit. Im Jahre 1996 wurde
Umsetzung des „Regionalplans“ ein, der für                                                                  Franz Becker für sein großes Engagement in so­
die regionale Gewerbeflächenentwicklung einen       Wirtschaft bereits im November 2002 mit der             zialen, kirchlichen, politischen und wirtschaftli­
Meilenstein darstellte. Des Weiteren stiftete er    Verleihung der Ehrenplakette. Aber auch auf             chen Ehrenämtern eine besondere Ehre zuteil: Er
1999 und 2018 den IHK­Preis zur Auszeichnung        zahlreichen anderen Feldern war Franz Becker            bekam vom damaligen Bundespräsidenten Ro­
junger Wissenschaftler an der Universität Siegen    ehrenamtlich unterwegs. 33 Jahre lang gehörte           man Herzog das Verdienstkreuz am Bande des
und im Jahr 2010 das Preisgeld für den Ober­        er dem Vorstand im Caritas­Verband für den Kreis        Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
stufenpreis. Die IHK Siegen würdigte seine lang­    Olpe (1973 – 2006) an, davon 18 Jahre lang als          verliehen. Im Jahr 2007 erhielt er zudem den Ver­
jährige ehrenamtliche Tätigkeit für die heimische   Vorsitzender des Vorstands (1988 – 2006). 1998          dienstorden des Landes NRW. !

                                                                                                                                    Hochbau
                                                                                                                                    Tiefbau
                                                                                                                                    Leitungsbau
                                                                                                                                    Schlüsselfertigbau
                                                                                                                                    Projektentwicklung
                                                                                                                                    Immobilien

Wir versetzen Berge für gutes Handwerk
                                                                                                     Berge-Bau GmbH & Co. KG
                                                          Leimstruther Weg 7 - 9 | 57339 Erndtebrück | Fon 0 27 53 - 59 49 - 0
                                                          Fax 0 27 53 - 59 49 39 | mail info@berge-bau.de | www.berge-bau.de
14          Jan 19    Wirtschaftsreport

Gemeinde Wenden mit „Top­Beschäftigungswerten“
Positive Erkenntnisse beim IHK-Wirtschaftsgespräch
„Die Gemeinde Wenden zeichnet sich durch be­
merkenswert gute Strukturdaten aus – daran
lassen die vorliegenden Zahlen keinen Zweifel.
Offenbar wurde und wird hier vieles richtig ge­
macht.“ IHK­Hauptgeschäftsführer Klaus Grä­
bener sparte anlässlich des IHK­Wirtschaftsge­
sprächs bei der TSUBAKI KABELSCHLEPP GmbH
in Gerlingen nicht mit Anerkennung. Kein Wun­
der: Die Gesamtbeschäftigung wuchs in Wen­

                                                                                                                                                                        Carsten Schmale
den seit dem Jahr 2000 um 44,3 %. Das ist der
höchste Wert im Bezirk der IHK Siegen: Im ge­
samten Kreis Olpe legte die Beschäftigung im
selben Zeitraum um durchschnittlich 21,5 %, im        Diskutierten unter anderem die Beschäftigungsentwicklung der Gemeinde Wenden: (v.l.) Oliver Obermeier (Pro-
Kreis Siegen­Wittgenstein um 7,6 % zu. Die Zahl       kurist der TSUBAKI KABELSCHLEPP GmbH), Klaus Gräbener (IHK-Hauptgeschäftsführer), Bürgermeister Bernd
der Industriebeschäftigten stieg in Wenden in         Clemens und Hermann-Josef Droege (stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer).
den letzten 18 Jahren um 38,3 % – Platz drei im
Kammerbezirk. „Nicht nur die Nähe zur A4 und          fähige Kommunalverwaltung, die sehr auf die                       so etwas geht“, erläuterte Klaus Gräbener den
zur A45 sowie die gut angebundenen Gewerbe­           ansässigen Betriebe zugeht. Es reicht eben                        gut 60 anwesenden Unternehmensvertretern.
gebiete trugen zur erfolgreichen Entwicklung          nicht, Chancen zu haben. Man muss sie auch                        Die komplette Meldung finden Sie im Internet
der Gemeinde bei, sondern auch eine leistungs­        wahrnehmen. In Wenden kann man sehen, wie                         unter www.ihk­siegen.de, Seiten­ID 2728. !

„Grenzen, wer was bis wann und wo macht“
IHK beleuchtet Praxis-Erfahrungen zu Unternehmensnachfolgen
                                                                                                                        Durch die anschließende Tätigkeit in einem
                                                                                                                        großen mittelständischen Modehaus konnte er
                                                                                                                        hautnah erleben, wie ein Familienunternehmen
                                                                                                                        mit mehreren Filialen tickt. 2004 startete Henrik
                                                                                                                        Enders dann bei Maiworm Mode. „Positiv war,
                                                                                                                        dass ich vor dem Eintritt viel gesehen und viele
                                                                                                                        Erfahrungen gemacht habe. Beim Start in Olpe
                                                                                                                        haben wir gemeinsam besprochen, dass wir ex­
                                                                                                                        pandieren wollten“, berichtete Henrik Enders. So
                                                                                                                        wurden noch 2004 je eine Filiale in Attendorn
                                                                                                                        und Plettenberg eröffnet, weitere Filialen in der
                                                                                                      Carsten Schmale

                                                                                                                        Region folgten. Mit seinen Eltern pflegt der Junior
                                                                                                                        einen fairen, respektvollen und authentischen
                                                                                                                        Umgang. Alle ziehen an einem Strang: „Wenn es
„Das Thema Nachfolge ist facettenreich und anspruchsvoll“, unterstrich Teresa Mason-Hermann, Gesellschaf-               irgendwo hakt, hilft es nur, miteinander zu re­
terin und Personalleiterin der KRAH Unternehmensgruppe.                                                                 den. Wir haben die Aufgaben so verteilt, dass wir
                                                                                                                        uns möglichst wenig ins Gehege kommen. Das
Erfahrungen im Umgang mit der Unternehmens­           ihre persönlichen Erfahrungen. Der Einstieg in                    ist unser Erfolg.“ Weiter führte Henrik Enders
nachfolge und Einblicke in die erforderlichen         das Familienunternehmen Maiworm Mode KG                           aus: „Es war gut, dass mein Vater frühzeitig das
Unternehmensentscheidungen sowie das Ver­             hatte für Henrik Enders zu Beginn seiner Berufs­                  Thema Nachfolge angesprochen hat. Ich bin sehr
hältnis zu Familie und Mitarbeitern bot die Ver­      laufbahn absolut keine Priorität. In der Wahl des                 schnell geschäftsführender Gesellschafter ge­
anstaltung „Nachfolge zielgerichtet planen – Wie      Berufes konnte er frei entscheiden. Die Eltern                    worden, und wir haben gemeinsam mit Beratern
Unternehmen den Übergang meistern“ in der IHK         sagten nur: „Mach, was du möchtest.“ Henrik                       die schrittweise Übernahme eingeleitet. In den
Siegen. Henrik Enders (Maiworm Mode KG), Pe­          Enders durchlief eine Ausbildung zum Energie­                     letzten Jahren hat sich mein Vater schon teil­
ter W. Schauerte (ARIANE Aluminium­Systeme            elektroniker und plante, Elektroingenieurwesen                    weise zurückgezogen. In den Sommermonaten
GmbH & Co. KG) und Teresa Mason­Hermann               zu studieren. Dann kam eine Umorientierung.                       ist er regelmäßig länger zum Segeln unterwegs,
(KRAH Unternehmensgruppe) berichteten den             Nach einer Ausbildung zum Einzelhandelskauf­                      und er engagiert sich im Stadtmarketing sowie
mehr als 30 Gästen unter der Moderation von           mann in einem Modekonzern folgte ein dua­                         im Vereinsleben.“ Die komplette Meldung finden
IHK­Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener über          les Studium an der Textilfachschule in Nagold.                    Sie unter www.ihk­siegen.de, Seiten­ID 2743. !
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