Wissensplatz - Fachhochschule Graubünden
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Ausgabe 01/2018 Wissensplatz Das Magazin der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur «Gerne gebe ich mein Wissen und meine Erfahrungen an die Studierenden weiter, zum Beispiel wenn es um neue touristische Beherbergungskonzepte für den Schweizer Alpenraum geht.» Daniel Renggli, CEO, Revier Hospitality Group
2 INHALT//WISSENSPLATZ Inhaltsverzeichnis Fach- und Führungskräfte Nachhaltige Entwicklung Unternehmertum Erlebnisqualität Produktivität Infrastruktur Innovation 3 Wichtigkeit der Interdisziplinarität für den Tourismus aus Sicht eines Hoteliers 4 Varia 6 HTW Chur bereit für Umsetzung des Bündner Tourismus-Weissbuchs 7 Tourismus an der HTW Chur 8 Tourismus ist kein wirtschaftlicher Sonderfall 10 Augmented, Virtual und Mixed Reality im Tourismus 12 Tourismus 4.0 – Führungskräfte sind gefordert! 16 Der beste Standortfaktor? – Die Besinnung auf eigene Werte! 18 Ökonomisch standortgerechte Beherbergungskonzepte 20 Erfolgreiche Tourismuszukunft mit der HTW Chur 22 Dienstleistungen sind die Produkte von morgen 24 Service Innovation im «Age of Customer» 26 Agrotouristische Netzwerke zur Vermarktung lokaler Lebensmittel: eine soziale Netzwerkanalyse im Valposchiavo 28 Dank Sharing Economy zu einem neuen Arbeitsmodell 30 Zusammenarbeit mit Studierenden als Wettbewerbsvorteil 32 InfraTour – Gemeinden als Tourismusunternehmen 34 Tourismusstudierende erweitern ihre Horizonte 36 «Das, was die Leute wollen, verändert sich laufend und schnell.» 38 Die Praktikerin mit Herzblut Touristische Erfolgsfaktoren (Seiten 20–21) Impressum Wissensplatz, das Magazin der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur – Nummer 1/2018, Februar 2018 – Erscheint halbjähr- lich – Auflage: 6000 Exemplare – Redaktionsleitung: Flurina Simeon – Redaktion: Michael Forster, Marc Herter, Yvonne Herzig Gainsford, Tamara Kühne, Paul Ruschetti, Maria Simmen-Blischke, Florian Sorg, Daniel Walser – Infografik: Mind – Bild Titelseite: Yvonne Bollhal- der – Herstellung: Somedia Production, CH -7007 Chur – Anzeigenverkauf Schweiz: Somedia Promotion, Zwinglistrasse 6, 8750 Glarus, Telefon: 055 645 38 88, E-Mail: glarus.inserate@somedia.ch, www.somedia-promotion.ch – Anzeigenverkauf Graubünden: Somedia Promotion, Chur, Telefon: 081 255 58 58, promotion@somedia.ch – Weitere Exemplare können kostenlos bei der HTW Chur bezogen werden: htwchur.ch/magazin – Alle Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nicht reproduziert oder wiederverwendet wer- den. Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung der HTW Chur. Alle Rechte vorbehalten. – (Print) ISSN 1663-9596, (Online) ISSN 1663-9596
EDITORIAL//WISSENSPLATZ 3 Wichtigkeit der Inter disziplinarität für den Tourismus aus Sicht eines Hoteliers wissensplatz.htwchur.ch/interdisziplinaerer-tourismus Text: Guglielmo L. Brentel / Bild: Yvonne Bollhalder Essen, Trinken und Schlafen sind out. Kein und die dem potenziellen Gast einen Mehrwert Mensch reist, um auswärts zu essen, zu trinken vermitteln. Dazu braucht es Innovationskraft oder zu schlafen. Ob geschäftlich oder privat: und Interdisziplinarität. Die Reisegründe sind andere. Diese gilt es als Touristische Angebote in der Schweiz müssen Touristikerin respektive Touristiker zu kennen. künftig das Erlebnis für den Gast im Fokus ha- Im Freizeittourismus geht es künftig darum, ben. Nur so können wir den hohen Preis recht- Erlebnisse zu schaffen – und zwar reale und fertigen. digitale. Und um einem Gast ein Erlebnis zu bieten, müssen verschiedene Angebote – oder eben Disziplinen – zu einem Gesamterlebnis arrangiert werden. Guglielmo L. Brentel Die Konzeption eines touristischen Angebots Präsident Gastgeber 3.0 AG, Hochschulrat der entspricht einem Plan für das Gesamterleb- HTW Chur nis. Dieses beinhaltet Leistungen ganz unter- schiedlicher Art: Naturerlebnisse, Architektur, Kultur, Anlässe, Sportangebote oder Transport gehören zum Beispiel dazu. Um dem Gast das Gesamterlebnis zu vermitteln, braucht es vor allem Menschen, braucht es ein Team, das aus verschiedenen Charakteren besteht. Vermittel- te Emotionalität spielt dabei eine zunehmend wichtigere Rolle. Und zwar in der realen und der digitalen Welt. Bilder – und zunehmend bewegte Bilder – eig- nen sich ganz besonders, um die Emotionen eines touristischen Angebots digital zu vermit- teln. Und wer heute nicht digital ist, existiert nicht. Aus Gästen Fans zu machen, hilft, um im Hochpreisland Schweiz Angebote zu offe- rieren, die aus Sicht des Gastes (und nur das zählt) ihren Preis wert sind. Und in den sozialen Medien braucht es Geschichten, die auffallen
4 VARIA//WISSENSPLATZ VariaText: Tanja Bügler, Prof. Dr. Andreas Deuber, Christopher Jacobson / Bild: Prof. Dr. Andreas Deuber, Christian Ehrbar, HTW Chur NEUER MAJOR «SUSTAINABLE die Notwendigkeit einer Tourismustransforma- TOURISM AND INTERNATIONAL tion. Die HTW Chur ist als einzige Bildungsinsti- DEVELOPMENT» tution offizielle Partnerin. wissensplatz.htwchur.ch/ Im Rahmen des Bachelorstudiums Tourismus major-sustainable-tourism thematisiert der Major « Sustainable Tourism Der Tourismus zählt zu den grössten Wirt- and International Development » die Rolle und schaftszweigen weltweit – Tendenz steigend. Bedeutung des Tourismus als Instrument der Dieses Wachstum generiert Arbeitsplätze und nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung. Der steigert den Export, belastet aber auch die Um- Abschluss eröffnet Perspektiven im Nachhal- welt und schafft soziale Ungleichheiten. Die im tigkeitsbereich nationaler und internationaler Jahr 2015 verabschiedete «Agenda 2030» für Unternehmen bzw. als Social Entrepreneur und nachhaltige Entwicklung nimmt erstmals in 3 öffnet Türen in der Entwicklungszusammenar- der 17 Sustainable Development Goals explizit beit oder im Nachhaltigkeitsmanagement. Bezug auf den Tourismus. Das «2017 Internati- onal Year of Sustainable Tourism» unterstreicht htwchur.ch/tourismus SUMMER SCHOOL den, und vertiefen ihr Wissen anhand von Ex- wissensplatz.htwchur.ch/summer-school kursionen und Case Studies. Nach erfolgreichem Abschluss der Summer Die Summer School ist ein Bildungsangebot School besteht die Möglichkeit, in das dritte der HTW Chur für Absolventinnen und Absol- Studienjahr des Bachelorstudiums Tourismus venten sowie Studierende höherer Fachschu- oder das 6. Semester des Bachelorangebots len im Bereich Tourismus und Hotellerie, das Service Design (ab Frühling 2020) an der HTW ab Sommer 2018 auf dem Campus der Höhe- Chur überzutreten und einen anwendungs- ren Fachschule für Tourismus (HFT) Graubün- orientierten Hochschulabschluss mit einer den in englischer Sprache durchgeführt wird. berufsbefähigenden Vertiefungsrichtung zu Die Ausbildung vermittelt ein vertiefendes Wis- erwerben. sen sowie erweiterte Kompetenzen in den Be- reichen Tourismus und Management. Die Stu- htwchur.ch/summerschool dierenden lernen während der insgesamt acht Wochen unter anderem, wie Destinationen, Der Piz Terz ermöglicht das Erklimmen Bergbahnen und weitere touristische Dienst- von Hochschulbildungsrouten in Graubünden leistungsunternehmen erfolgreich geführt wer- ZUTRITT FÜR MASTER- Der verantwortliche Dozent der Vorlesung STUDIERENDE WILLKOMMEN «Finance and Investment: Tourism Infrastruc- wissensplatz.htwchur.ch/zutritt-fuer-master ture» und Leiter des Instituts für Tourismus und Freizeit (ITF), Prof. Dr. Andreas Deuber, Tourismusdestinationen sind komplexe Netz- betont die Wichtigkeit des Austauschs zwi- werke, in denen verschiedene Unternehmen schen Unternehmen und Studierenden. «Die und Organisationen zusammenarbeiten, um Nähe zum Tourismus und zu Tourismusunter- auf effiziente Weise attraktive touristische An- nehmen – seien diese nun in Graubünden, im gebote zu entwickeln und zu erbringen. Wie Mittelland oder international angesiedelt – ist das aus Infrastrukturoptik aussieht, haben die grosse Stärke der HTW Chur und diese Masterstudierende in der Tourismusvertiefung Nähe ermöglicht eine praxisnahe Herange- an einer zweitägigen Exkursion nach Scuol im hensweise an aktuelle Herausforderungen im Unterengadin erfahren. Sie waren alles andere Tourismus, von der Klimaerwärmung über die als «unbefugt» und hatten Gelegenheit, sich Digitalisierung bis zum Innovationsmanage- mit dem Management der Bergbahnen, der ment.» Die Tourismusstudierenden auf Belvedere-Hotels und des Mineralbads Bogn Masterstufe erhalten auch Zutritt hinter Engiadina auf gleicher Augenhöhe zu unterhal- ten und sich mit den infrastrukturbezogenen die Kulissen, wie hier in den Herausforderungen zu befassen. htwchur.ch/tourismmaster Technikbereich des Bogn Engiadina.
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6 FOKUS//WISSENSPLATZ HTW Chur bereit für Umsetzungen aus dem Bündner Tourismus Weissbuch wissensplatz.htwchur.ch/buendner-tourismus-weissbuch Die HTW Chur ist auf die strategischen Leitlinien des Kantons Graubünden als deren Träger ausgerichtet. Dieses strategische Prinzip wird im folgenden Artikel exemplarisch anhand des zen tralen Themas «Tourismus» dargestellt. Autor: Prof. Jürg Kessler / Bild: Yvonne Bollhalder Die Vision im Wirtschaftsleitbild des Kantons nicht alles, aber vieles abdecken. Die Fach- Erfahrungen entscheidend. So hat die Fach- legt fest, dass Graubünden «auch in Zukunft hochschule zeichnet sich durch die strategi- hochschule aus Graubünden in den vergange- ein attraktiver und eigenständig handlungsfä- schen Initiativen «Digitalisierung», «Innovation» nen sechs Jahren knapp 300 Forschungs- und higer Wirtschafts- und Lebensraum» ist. Wei- und «Nachhaltigkeit» aus. Alle profilierten Stu- Dienstleistungsprojekte mit Tourismusbezug tere Grundlagen sind beispielsweise die Neue dienangebote und Forschungsfelder werden bearbeitet. Damit kann sie Wissen und Erfah- Regionalpolitik (NRP) mit dem Wirkungsmodell künftig verstärkt interdisziplinär durch diese rungen in den Kanton Graubünden übertra- «Wertschöpfungssystem Tourismus», das Ge- Schwerpunkte ergänzt. So kann die HTW Chur gen – ganz im Sinne ihrer Antennenfunktion, setz über Hochschulen und Forschung, das in Kooperation mit der Tourismusbranche in- die ihr dabei zukommt. Tourismusprogramm Graubünden 2014 – 2021 novative, anwendungsorientierte Lösungen Die HTW Chur ist als Bildungs- und For- sowie die Hochschul- und Forschungsstrategie aufzeigen. Mit ihren vielfältigen Studienange- schungspartnerin bereit, sich für die Umset- mit dem Profilfeld 1 «Tourismus & Wirtschaft». boten bietet sie eine breite Kompetenzpalette zung des «Weissbuchs – Für den Bündner Als wichtiger Kompass für die Lösungsfindung zugunsten der Tourismusbranche an. Tourismus» zu engagieren. Sie freut sich, wenn wird zudem das «Weissbuch – Für den Bündner Mit ihrem Departement Lebensraum schafft sie künftig vermehrt partnerschaftliche Projek- Tourismus» beigezogen. Wie ein roter Faden die HTW Chur – im Einklang mit der Vision im te im Kanton Graubünden umsetzen kann. Als durchziehen verschiedene Lösungsansätze Wirtschaftsleitbild des Kantons – einen star- Hochschulbildungs- und Forschungsinstitution diese Vorlagen. Dazu gehören die Innovation, ken Fokus: Hier sind zentrale Disziplinen des trägt die HTW Chur zu einem Brain Gain für den die Digitalisierung im Tourismus (der soge- Kantons in Form von Organisationseinheiten Kanton Graubünden bei. Und als Rektor setze nannte «Tourismus 4.0»), der Schlüsselfaktor angesiedelt, namentlich Tourismus, Bauinge- ich mich dafür ein, dass «ünschi Hochschual» «Qualität der Fachleute», die Zweitwohnungs- nieurwesen, Architektur, Wirtschaftspolitik und ihre Position im Tourismus im Kanton Grau- besitzenden als Key Accounts, Netzwerke, mul- Energieökonomie. Das Institut für Tourismus bünden stärken kann. timediales Smart Marketing sowie Leadership und Freizeit (ITF) ist Flaggenträger des The- im Tourismus. mas und bindet technische und wirtschaftliche Prof. Jürg Kessler Die HTW Chur setzt diese Richtlinien als Hoch- Kompetenzen der ganzen HTW Chur mit ein. T + 41 81 286 24 25 schulbildungs- und -forschungsinstitution mit Damit die HTW Chur in der Region wirksam juerg.kessler@htwchur.ch all ihren Kompetenzen um. Dabei kann sie agieren kann, sind nationale und internationale Rektor, Vorsitzender der Hochschulleitung Die nationalen und internationalen Erfahrungen der HTW Chur sind ein entscheidender Faktor für ihre Wirksamkeit in der Region.
ZAHLEN//WISSENSPLATZ 7 TOURISMUS AN DER HTW CHUR 294 Von 150 Dozierenden und Forschenden (Vollzeitäquivalente, VZÄ) beschäftigen sich 33 VZÄ mit Tourismus. 33 VZÄ Forschungs- und Dienstleistungsprojekte mit Tourismusbezug wurden seit 2012 von der HTW Chur bearbeitet. Absolventinnen und Absolventen eines Tourismusangebots Campus Tourismus 978 Graubünden im Bachelorstudium (seit 2004) 66 197 Mittels dieser Initiative werden die Tourismus- im Masterstudium in Weiterbildungen angebote auf Tertiärstufe in Graubünden weiter optimiert und aufeinander abgestimmt, (seit 2008) (seit 2012) damit die Absolventinnen und Absolventen 108 noch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten. So fördern die Partnerinstitutionen Lehrbeauftragte die Übertrittsmöglichkeiten für Studierende der Höheren Fachschule für Tourismus Grau- bünden und der SSTH Swiss School of Tourism and Hospitality an die HTW Chur. Zudem unterrichteten im Rahmen der Tourismus- werden gemeinsame Weiterbildungsangebote studienangebote (Bachelor, Master, Weiterbildung) realisiert. Graubünden wird dadurch als im Jahr 2017 an der HTW Chur. wichtiger Tertiärbildungs- und -forschungsplatz der Branche gemeinsam und synergetisch gefördert. 128 Derzeit nehmen 128 Studierende der Shanghai 38 Absolventinnen und Absolventen University of Engineering Science an einem der Höheren Fachschule für Tourismus Graubünden haben seit 2009 Partnerschaftsprogramm der HTW Chur teil. die Übertrittsmöglichkeit genutzt und ein Bachelorstudium Tourismus Die Besten werden erstmalig im Herbstsemester an der HTW Chur in Angriff genommen. 2018 in das Bachelorstudium Tourismus an der HTW Chur einsteigen. ɼ323 ɿ193 Seit 2006 haben 323 Tourismusstudierende der HTW Chur ein Austauschsemester absolviert. Im Gegenzug belegten 193 «Incomings» ein Semester als Tourismusstudierende an der Fachhochschule in Graubünden. Aus 35 Ländern stammten bisher Tourismusstudierende mit ausländischem Wohnsitz. Die bisher 148 Tourismusstudierenden mit Wohnsitz im Ausland stammen aus Brasilien, Bulgarien, China, Dänemark, Deutschland, Ecuador, Estland, Griechenland, Grossbritannien, Hongkong, Indien, Indonesien, Italien, Kanada, Kasachstan, Kenia, Kroatien, Liechtenstein, Litauen, Malta, Moldawien, Nigeria, Österreich, den Philippinen, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, Slowenien, Spanien, Taiwan, der Tschechischen Republik, der Ukraine, Ungarn und Vietnam.
8 STANDPUNKT//WISSENSPLATZ Tourismus ist kein wirtschaftlicher Sonderfall wissensplatz.htwchur.ch/kein-wirtschaftlicher-sonderfall Text: Prof. Dr. Andreas Deuber / Bild: Yvonne Bollhalder Die EMS-Gruppe beschäftigt in Domat/Ems Die Devise muss lauten: An das unternehmeri- etwa 1000 Mitarbeitende. Die Firma ist markt- sche Prinzip glauben und alles dafür tun, dass führend und verkauft erfolgreich ihre Produkte – die Erfolgreichen noch besser werden, um mehrheitlich ins Ausland. Dahinter stecken möglichst viele andere mitzuziehen. Spitzenleistungen in der Produktentwicklung, den Supportprozessen und im Management, das durch ein kleines Führungsteam verant- htwchur.ch/tourismus/uebersicht.html wortet wird und eine Strategie konsequent um- setzt. Gemessen an den Arbeitsplätzen ist der Prof. Dr. Andreas Deuber Bündner Tourismus 25-mal grösser als EMS. T + 41 81 286 39 60 Trotzdem ist dieser nicht unternehmerisch andreas.deuber@htwchur.ch aufgestellt, sondern wird durch Vereine, Genos- Dozent, Leiter Forschung und Dienstleistung, senschaften und die öffentliche Hand organi- Institutsleiter, Institut für Tourismus siert. Das ist etwa so, wie wenn man EMS in und Freizeit (ITF) basisdemokratische Teams und Abteilungen zerlegen und diese nach dem Milizsystem au- tonom führen würde. Wer käme denn auf die- se Idee ? Im Tourismus kommen – umgekehrt herum – viele nicht auf die Idee, eine gewisse Konzentration und Professionalisierung zuzu- lassen. So wollen etwa Gemeinden ihre Touris- musabgaben autonom einsetzen, selbst wenn die Wirkungsschwelle nicht erreicht wird. Auch die erodierenden Erträge bei den Bergbahnen sind nicht Anlass zur Konsolidierung, sondern zur Unterstützung mit öffentlichen Geldern, häufig mit der Begründung der Systemrele- vanz. Das treiben wir so weit, bis wir im interna- tionalen Tourismussystem nicht mehr relevant sind. Der Tourismus ist kein Industriekonzern und kann es auch nicht sein. Aber genauso we- nig kann er nach sozialstaatlichen Ausgleichs- grundsätzen im Milizsystem betrieben werden.
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10 ANGEWANDTE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN//WISSENSPLATZ Augmented, Virtual und Mixed Reality im Tourismus wissensplatz.htwchur.ch/augmented-virtual-mixed-reality Es vergeht keine Woche, in der die Medien nicht über Augmented, Virtual und Mixed Reality berichten. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wo wir heute in Bezug auf die Inhalte und die markt reifen Technologien stehen. Obiges Zitat zeigt, dass die Idee virtueller Umgebungen nicht neu ist. Die Umsetzung scheiterte bis vor Kurzem lediglich an den fehlenden Technologien. Mit dem Einstieg von Microsoft, Apple und Google in die virtuelle Welt hat sich die Ausgangslage stark verändert. Text: Prof. Martin Vollenweider / Bild: Dan Führer, Antoine Lienhard, Aline Räss, Simon Sägesser, Prof. Martin Vollenweider Die MMP-Studierenden A. Lienhard, A. Räss, S. Sägesser und D. Führer entwickelten die Idee eines Panoramabusses, in welchem auf transparenten Bildschirmen zusätzliche Inhalte zu den Sehenswürdigkeiten eingeblendet werden. Mit der Hololens sichtbar, fungieren Gian und Giachen als Tourguides.
ANGEWANDTE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN//WISSENSPLATZ 11 WIE WERDEN AUGMENTED REALITY (AR) UND VIRTUAL REALITY (VR) IM TOURISMUS EINGESETZT? Obwohl heute noch zwischen Augmented und Virtual Reality unterschieden wird, fliessen die beiden Technologien zunehmend zusammen und können nicht mehr voneinander unter- schieden werden. Aus diesem Grunde spricht Microsoft nur noch von Mixed Reality. AUGMENTED REALITY Augmented Reality (AR) überlagert digital er- zeugte Inhalte mit der realen Welt der Benutze- rin bzw. des Benutzers. Beim Betrachten eines Gegenstands mit dem Tablet oder Smartpho- ne werden digitale Objekte (wie Bilder, Videos, Texte etc.) eingeblendet. Auf dem Gerät muss für jede Anwendung vorgängig eine spezielle Applikation (App) installiert werden. AR-Lösungen werden häufig in Museen oder Ausstellungen eingesetzt. Das Institut für Multimedia Production (IMP) erarbeitet zur- zeit ein Inhalts- und Umsetzungskonzept für die «Erlebniswelt Bunker Alvaneu», wo vor Ort mithilfe von Augmented Reality das Leben im Kommandobunker während des Kalten Kriegs anschaulich aufgezeigt wird. Mit AR-Brillen oder Smartphones erkundet man die Bunkeranlage Alvaneu. VIRTUAL REALITY Virtual Reality (VR) schafft eine digitale Umge- Die Kamera des Tablets erkennt bung, welche die reale Welt der Benutzerin bzw. reale Objekte und blendet digitale Inhalte ein. des Benutzers vollständig ersetzt. Die virtuelle Welt lässt sich nur mit einer VR-Brille oder dem Google Cardboard betrachten. VR gibt es in zwei Varianten: Im Tourismus lassen sich z. B. Destinationen während der Inspirationsphase An den Fenstern sind transparente Bildschirme Hotelzimmer, Restaurants, Kreuzfahrtschiffe, anschaulich präsentieren. Mit der VR-Brille las- angebracht, welche spezifische Informationen Landschaften etc. mittels 360°-Videos reali- sen sich Wunschziele im Reisebüro erkunden zu den Sehenswürdigkeiten einblenden. Reise- tätsnah abbilden. Die Betrachter werden in eine und miteinander vergleichen. Mittlerweile gibt begleiter sind die bekannten Steinböcke Gian reale Umgebung versetzt und können den Ort es für VR-Geräte genügend spannende Inhalte. und Giachen. erforschen. Die zweite Variante bildet rein vir- tuelle, fantastische Welten ab. Diese Art von VR ZUKÜNFTIGE VISION FÜR DIE ZUKUNFT wird bei Spielen eingesetzt. ANWENDUNGSGEBIETE Die AR- und VR-Anwendungen für den Touris- Reisen mit dem Zug, Schiff oder Flugzeug eig- musbereich benötigen eine eigene App. Für die MIXED REALITY nen sich gut für AR-Anwendungen. 2015 lan- Gäste ist das Handling dadurch etwas kompli- Bei Mixed Reality (MR) verschmelzen die re- cierte die Deutsche Bahn anlässlich des Starts ziert. Prof. Roland Köppel und der Autor dieses ale Welt und die digital erzeugten Inhalte im ihrer «DB 4.0»-Digital-Offensive einen Ideen- Beitrags planen für 2018 das Projekt «Augmen- Raum und interagieren miteinander. Für das wettbewerb zum Thema «digitales Reisen». Als ted Erlebnis und Kommunikation Graubün- Betrachten von MR-Anwendungen ist eine Bril- einer der drei besten Vorschläge wurde ein Rei- den», welches den Gemeinden und Regionen le mit speziellen Gläsern erforderlich. Die Ob- seführer erkoren, welcher Sehenswürdigkeiten den Weg in die digitale Tourismuszukunft des jekte werden auf transparenten Bildschirmen während der Reise per «Sprachansagen aus Kantons Graubünden weist und praxisnahe in den Gläsern dargestellt (z. B. in Form von Kopfhörern, per App oder im Faltblatt» vorstellt! Umsetzungsmöglichkeiten aufzeigt. Hauptziel Hologrammen). Die Brillen sind mit rund 1500 Diese Lösung greift im 21. Jahrhundert zu kurz. wird sein, Dienstleistungen und Angebote von Franken noch relativ teuer. Eine Gruppe von visionären MMP-Studierenden Hotellerie, Gastronomie, Gewerbe, Industrie Die oben beschriebenen Technologien eignen entwickelte im Herbstsemester 2017 für Chur und Gemeinden auf virtuellen Anschlagbret- sich als verkaufsfördernde Massnahmen. Mit- Tourismus den Prototyp einer AR-Stadtrund- tern im ganzen Kanton Graubünden zu präsen- hilfe von 360°-Videos können Reiseanbieter die fahrt mit einem selbstfahrenden Panoramabus. tieren. Prof. Martin Vollenweider «I give you the Character Marker. It consists of this pair T + 41 81 286 37 54 of spectacles. While you wear them, every one martin.vollenweider@htwchur.ch Dozent, verantwortlich für das Modul Interakti- you meet will be marked upon the forehead with a letter ve Medien und Vertiefungsleiter Media Appli- indicating his or her character.» cations im Bachelorstudium Multimedia Production, Institut für Multimedia Production The Master Key: An Electrical Fairy Tale by L. Frank Baum (1901) (IMP)
12 LEBENSRAUM//WISSENSPLATZ Tourismus 4.0 – Führungskräfte sind gefordert ! wissensplatz.htwchur.ch/tourismus-4-0-fuehrungskraefte Die einen sehen in der Digitalisierung die gros Digitalisierung als technologischer Treiber se Chance für den Tourismus. Andere fühlen sich von der nicht aufzuhaltenden Digitalisie und Enabler ist ein Kernaspekt von rung überrollt und ohnmächtig. Dabei ist Digita lisierung nicht die erste technologische Revolu Tourismus 4.0. Gleichzeitig ist Tourismus tion, die die Arbeitswelt erlebt. Aus den Erfahrungen im Zuge der industriellen 4.0 jedoch multidimensional und Revolution weiss man, dass die Produktivität durch den Einsatz von Technologien gestei umf asst nebst der Technik auch den Men gert werden kann, aber auch, dass schlecht gestaltete Arbeit zu Demotivation, schlechter schen sowie zukunftsorientierte Orga Qualität, Fluktuation, Krankheit, Stress u. a. m. führen kann. Es ist bekannt, wie eine effiziente nisationsformen. Welche Gestaltungs Arbeitsorganisation zu mehr Produktivität, Qua lität, Motivation, Gesundheit und Wohlbefinden möglichkeiten sich für Führungskräfte im sowie zu persönlicher Weiterentwicklung führt (Ulich, 2011). Diese Erkenntnisse sind auch für Zuge der digitalen Transformation – durch die digitale Transformation im Tourismus von Relevanz. humane Arbeitsgestaltung, «Digital Lea WAS BEDEUTET TOURISMUS 4. 0? dership» und nachhaltige Führung – erge Der Titel lehnt sich an den Begriff Industrie 4.0 an. Im Vergleich zur Industrie werden im Tou ben, wird in diesem Artikel aufgezeigt. rismus primär keine Güter, sondern Dienstleis tungen «produziert». Die Branche ist dadurch Text: Prof. Dr. Sylvia Manchen Spörri / Illustration: @sketsch_personas
LEBENSRAUM//WISSENSPLATZ 13 besonders personalintensiv, die Arbeitsproduk- tivität hingegen eher unterdurchschnittlich. Die «Dieser Transformationsprozess ist eine strategische Konsumentinnen und Konsumenten sind oft- Managementaufgabe: Die Digitalisierung mals Co-Produzierende. Die Branche ist eher klein- und mittelständisch geprägt. Dies sind erfordert neben IT-Kompetenz, Expertise in der Transformation Gründe für eine langsamere Industrialisierung der Organisation, der Unternehmenskultur der Tourismusbranche. Eine analoge Entwicklung zur Industrie 4.0 und der Qualifikation des Personals.» ist auch im Tourismus zu erwarten. «Touris- Armin Brysch, Professor, Hochschule Kempten mus 4.0 bedeutet (…) sowohl eine vernetzte Produktion der Leistungsträger als auch die Co-Produktion mit dem potenziellen Gast, um sierung und neue Organisationsformen zu stei- den bei. Für die Entscheidungen zur Organisati- smarte Reiseleistungen zu entwickeln, zu ver- gern, sind entsprechend unterschiedlich. onsentwicklung stehen arbeitspsychologische treiben und zu konsumieren» (Brysch, 2017). Die Arbeitsprozesse rund um die touristischen Gestaltungsprinzipien und Bewertungskriterien Mithilfe von intelligenten, digital vernetzten Aufgaben verändern sich im Zuge der Digitali- zur Verfügung. Systemen sollen Gäste, Mitarbeitende, Orga- sierung: Es gilt, die Aufgabenteilung zwischen Solche partizipativen Ansätze der Organisati- nisationen und Gegenstände direkt mitein- Mensch und Maschine neu zu definieren und onsentwicklung sind auch mit aktuellen Kon- ander kommunizieren und kooperieren. Da- die Customer Journey in der Dienstleistungs- zepten zur Entwicklung von Dienstleistungen durch können Unternehmen leichter als bisher kette informationstechnisch zusammenzufüh- wie dem Design Thinking kompatibel. Die Be- personalisierte Angebote nach individuellen ren. Dabei entstehen gleichzeitig neue Orga- dürfnisse des Gasts und der Mitarbeitenden Kundenwünschen produzieren. Die Zukunfts- nisations- und Kooperationsformen wie neue können bei der Integration von arbeitspsycho- vision besteht darin, die gesamte Customer Formen der Teamarbeit und Zusammenarbeit logischem Wissen berücksichtigt werden und Journey hinsichtlich Qualität, Preis und Fle- in Netzwerken und virtuellen Organisationen. so zu internen und externen Mehrwerten füh- xibilität zu optimieren und dadurch die wirt- Die Menschen, die die touristischen Dienstleis- ren. schaftliche Ertragslage zu verbessern. Dieser tungen bisher erbracht haben, müssen für die Transformationsprozess ist eine strategische neuen Aufgaben qualifiziert werden. Die Be- NEUE TECHNOLOGIEN UND ARBEIT Managementaufgabe: Die Digitalisierung er- wältigung der Veränderungsprozesse erfordert IN TEAMS fordert neben IT-Kompetenz, Expertise in der Kommunikation und Führung. Um die Produktivität und Qualität unter Einsatz Transformation der Organisation, der Unter- Ansätze für die Einführung neuer Technologien von neuen Technologien zu erhöhen, wendet nehmenskultur und der Qualifikation des Per- in Organisationen finden sich im MTO-Konzept die Industrie verschiedene Ansätze zur Arbeit sonals (Brysch, 2017). (Mensch, Technik, Organisation) von Ulich et al. im Team an, die auch im Tourismus aufgegrif- (2011). Es basiert auf dem soziotechnischen fen werden. Lean Management verfolgt die DAS ZUSAMMENSPIEL VON Systemansatz und geht vom Primat der Auf- Delegation von Verantwortung an die untere MENSCH, DIGITALISIERUNG UND gabe aus. Die Arbeitsaufgabe «verknüpft das Führungsebene, die Teamarbeit, die Vereinfa- ORGANISATION soziale mit dem technischen Teilsystem und chung von Arbeitsabläufen sowie die kontinu- Die Arbeitsaufgaben im Tourismus sind vielfäl- verbindet den Menschen mit den organisatio ierliche Verbesserung der Qualität. Konzepte tig. Sie umfassen zum einen stark standardi- nalen Strukturen» (Ulich, 2011). Basierend auf zur teilautonomen Gruppenarbeit betonen sierbare Tätigkeiten wie die Arbeit in Selbstbe- einem Mehrebenenansatz werden das Indi- dienungsrestaurants oder Liftbetrieben, die mit viduum, das Team, die Organisation und die Polyvalente Mitarbeitende organisieren neuen Technologien rationalisierbar sind, und Umwelt mit einem differenzierten Instrumenta- zum anderen stärker subjektivierte Aufgaben, rium analysiert. Auf Basis dieser Analyse kön- sich selbstständig im Team und die einen höheren formalen Bildungsabschluss nen neue Technologien in einem partizipativen integrieren digitale Technologien in ihre voraussetzen wie Angebots- und Produktent- Prozess in die Organisation eingeführt werden. Arbeit, bspw. in der Planung, wicklung, Reiseleitung oder Managementfunk- Die gemeinsame Interpretation der Daten und tionen, die weniger substituierbar sind. Die die Ableitung von Gestaltungsbedarf tragen zur in der Aufgabenteilung, am Empfang, im Potenziale, die Produktivität durch Automati- Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeiten- Housekeeping und in der Küche.
14 LEBENSRAUM//WISSENSPLATZ darüber hinaus die Möglichkeit, vollständige Die Entwicklungs- und Managementtätigkeiten Kontakt zum Gast persönlich pflegen», «auto- Aufgaben – von der Planung über die Umset- können dank der Unterstützung der Kollabo- matisieren, um mehr Zeit für den Gast zu ha- zung bis zur Kontrolle und Verbesserung – zu ration durch digitale Technologien «anytime» ben» oder «totaler Automatisierung, um eine bearbeiten sowie mehr Verantwortung, funkti- und «anyplace» in verteilten Teams umgesetzt möglichst hohe Produktivität zu erzielen». Wie onsübergreifende und Selbstorganisationsauf- werden. Methoden und Kultur agiler Teams aus unsicher sich Führungskräfte in Bezug auf die gaben im Team zu übernehmen. Integriert man der Softwareentwicklung, die auf flache Hierar- Digitalisierung und Arbeitsteilung zwischen bei der Einführung von neuen Technologien chien, Zielorientierung und Flexibilität setzen, Mensch und Maschine sind, zeigte sich an- und Teamarbeit Gestaltungsprinzipien wie Job werden dabei immer stärker integriert. Damit hand einer Befragung von Führungskräften in Rotation, Job Enlargement und Enrichment so- verbessern sich Motivation, Work-Life-Balance der Hotellerie in Graubünden (Ruschetti & Aebli, wie die Erweiterung von Gestaltungs- und Ent- und Zugang zu Fachkräften. 2017). Alle Gastgeber erachteten den direkten scheidungsspielräumen der Gruppe, entsteht Im Rahmen der Digitalisierung werden auch Kontakt weiterhin als sehr wichtig. Jedoch die Chance, die Polyvalenz und das Empow- kritische politische Fragen adressiert, die den ist ihnen unklar, was ein gutes Verhältnis zwi- erment der Mitarbeitenden zu erhöhen, diese Wegfall von Arbeitsplätzen betreffen. Welche schen der Online- und Offline-Kommunikation flexibler einzusetzen, Schwankungen zu bewäl- Aufgaben im Tourismus werden zukünftig ist. Selbst diejenigen, die sich intensiv und ge- tigen und Entscheidungen schnell und situati- durch die Digitalisierung entfallen? Braucht es zielt mit ihrer digitalen Strategie befassen, sind onsangemessen zu treffen (siehe Illustration weniger angelernte sowie allgemein ausge- unsicher, ob eine ausgeprägte digitale Interakti- @sketch_personas). bildete Tourismusfachkräfte und stattdessen on bei den Gästen nicht auch gewissermassen Teamarbeitsmodelle haben sich dement- mehr spezialisierte Fachleute? Wer ist von der als «Belästigung» ankommen könnte. sprechend in Betrieben bewährt, deren Arbeit Veränderung besonders betroffen? Gehören Alle Varianten haben Konsequenzen für den saisonal gesteuert ist und die saisonale Aus- dazu z. B. Frauen, einheimische und angelern- Gast, die zukünftigen Arbeitsinstrumente und lastungsschwankungen mit ihren Teams be- te Saisonkräfte, die vor allem automatisierbare die Aufgaben sowie für die Qualifikationserfor- wältigen müssen. Die Ausgestaltung der Rollen Tätigkeiten ausführen? Eine bewusste Gestal- dernisse der Arbeitnehmenden. im Team muss dabei immer wieder aktualisiert tung der Digitalisierung unter Einbezug um- Vielen Führungskräften ist bewusst, dass sie werden. fassender Gestaltungskonzepte, die Mensch, mit der Einführung und Nutzung von Informa- Angelernte Mitarbeitende, oft mit unterschied- Digitalisierungstechnologie und Organisation tions- und Kommunikationstechnologien in der lichen sprachlichen und kulturellen Herkünften berücksichtigen, kann neben Rationalisierung Dienstleistungsbranche nicht nur die Angebote sowie Berufserfahrungen, können im Zuge der auch zu attraktiven Arbeitsplätzen und persön- für ihre Kundinnen und Kunden verändern, son- Automatisierung dank teilautonomer Grup- lichen Entwicklungsmöglichkeiten führen! dern auch die Aufgaben und Arbeitsabläufe, penarbeit interessante Aufgabenportfolios die Zusammenarbeit ihrer Mitarbeitenden, die und Entwicklungsmöglichkeiten erhalten und DIGITALE TRANSFORMATION DES Arbeit ihrer Teams sowie die Kommunikations- gleichzeitig zur Flexibilität und Produktivität SOZIOTECHNISCHEN SYSTEMS ALS und Arbeitskultur. Meist handelt es sich bei den der Gruppe beitragen. Digitale, multimediale FÜHRUNGSAUFGABE Dienstleistern nicht um Einzelunternehmen, Lernmöglichkeiten wie kurze Lernvideos zu Nur wenige Leistungsträger im Tourismus ver- sondern um Dienstleistungsnetzwerke. Dies er- Aufgaben, Sicherheit und Hygiene unterstützen fügen bereits über eine klare Digitalisierungs- fordert zusätzlich auch Kooperationsfähigkeit die schnelle Einarbeitung ins Team (siehe Illus- strategie. Die Diskussionspole bewegen sich und ein gemeinsames Vorgehen bei der Ein- tration @sketch_personas). zwischen «gar nicht automatisieren und den führung der I & K-Technologien. Eine Vision für die Digitalisierung im eigenen Unternehmen, eine Digitalisierungsstrategie und einen Plan Natürliche und soziale Umwelt für die Transformation sind deshalb nötig. Die Herausforderungen der digitalen Transformati- on sind durch bewusste Führung zu gestalten. Führungskräfte vermitteln Orientierung in unsi- Markt cheren Zeiten, stossen Innovation und Change- Prozesse an und legen den Boden für die Zu- sammenarbeit in lokalen und verteilten Teams und für die Nutzung von Technologien. In Be- Mensch zug auf die Technologienutzung sind Kommu- nikations- und Kooperationstechnologien so- wie soziale Medien inner- und ausserhalb des Unternehmens konsequent anzuwenden und als Führungskraft – ganz im Sinne eines Vor- bilds – glaubwürdig zu kommunizieren. Touristische Dienstleistung DIGITAL LEADERSHIP IST GEFRAGT Digitalisierung Organisation Die digitale Transformation im Tourismus braucht «Digital Leaders», die die digitale Transformation im Unternehmen vorantreiben, selbst digitale Tools im Arbeitsalltag nutzen, die neusten Trends kennen und ihre Teams digital steuern. In der heutigen Führungspra- xis verschiedener Branchen zeigen sich mehr Selbstführung bei den Mitarbeitenden, mehr Führung auf räumliche Distanz und Nutzen di- gitaler Kanäle, Führung über Identifikation und Abb. 1: Touristische Dienstleistungen aus der Perspektive Zielsetzungen sowie flachere Hierarchien (Gen- des MTO-Ansatzes (in Anlehnung an Ulich, 2011). ner et al., 2017).
LEBENSRAUM//WISSENSPLATZ 15 Expert Leader Digital Leader Nutzung digitaler Technologien Treibt die digitale Transformation Treibt die digitale Transformation im Unternehmen nicht voran, nutzt im Unternehmen voran, nutzt digi- selbst viele digitale Tools im Ar- tale Tools im Arbeitsalltag, kennt beitsalltag, z.B. zur Teamführung neuste Trends, steuert Teams mit und Selbstvermarktung. digitalen Tools, versucht, Mitarbei- tende sowie Kolleginnen und Kol- legen für das Thema zu gewinnen. Conservative Leader Change Leader Treibt die digitale Transformation Treibt die digitale Transformation im Unternehmen nicht voran, nutzt im Unternehmen voran, nutzt digi- selbst keine digitalen Tools. tale Tools im Arbeitsalltag jedoch zu wenig. Abb. 2: Digital Leadership macht verändertes Führungsverhalten sowie technisches Know-how notwendig (Grafik angelehnt an Crummenerl & Leadership in Transformation Kimmer, 2015). Die IT-Branche ist im Bereich der digitalen Füh- tion aufgebaut. Durch die Teilung und Erweite- – Eggenberger, J. (2017). Gute Führung im rung schon weit fortgeschritten. Es konnte ge- rung von Wissen wird das Humankapital eines Kontext flexibilisierter Arbeit. In M. Zölch, M. zeigt werden, dass die meisten Führungskräfte Unternehmens in Kooperationsbeziehungen er- Oertig & V. Calabro (Hrsg.). Flexible Work- bewusst aufgabenangemessene Medien für weitert, durch den guten Umgang mit den Mit- force – Fit für die Herausforderungen der ihre Führungskommunikation wählen. Diese arbeitenden und durch Kooperationsbeziehun- modernen Arbeitswelt. Strategien, Modelle, setzten sich zusammen aus computervermit- gen die Attraktivität als Arbeitgeber gestärkt. Best Cases (125 – 152). Bern: Haupt Verlag. telter und unvermittelter Face-to-Face-Kommu- Auch das Teilen von Wissen und Erfahrungen – Genner, S., Probst, L., Huber, R., Werkmann- nikation. Ein grösserer Grad an geografischer mit der digitalen Transformation zwischen Füh- Karcher, B., Gundrum, E. & Majkovic, A.-L. und organisationaler Verteiltheit der Teams rungskräften verschiedener Leistungsträger (2017). IAP Studie 2017. Der Mensch in der und vermittelter Kommunikation wirkte sich bei persönlichen Begegnungen, durch Weiter- Arbeitswelt 4.0. Zürich: IAP Institut für An- dabei nicht negativ auf die Kommunikations- bildung und Coaching sowie auf elektronischen gewandte Psychologie der ZHAW Zürcher qualität aus. Eine bewusste Meta-Kommunika- Plattformen kann den Tourismus voranbringen Hochschule für Angewandte Wissenschaft. tion mit den Teams über die Medienwahl fehlte und eine Grundlage für den Wandel bilden. – Manchen Spörri, S. (2011). «Und dann greif hingegen (Manchen Spörri, 2011). Dies hilft dem Tourismus als Netzwerk von ich doch schnell zum Telefon». Möglich- autonomen Akteuren zu definieren, wie die keiten und Grenzen Computervermittelter NACHHALTIGE FÜHRUNG IN ZEITEN gestaltende Führungsarbeit aussehen soll, um Kommunikation. In C. Steinmann (Hrsg). DER VERÄNDERUNG nachhaltig wirtschaften zu können. Die Digitali- Evolution der Informationsgesellschaft. Mar- Nachhaltige Unternehmensführung bedeutet, sierung kann der Treiber und die Plattform sein, kenkommunikation im Spannungsfeld der dass Unternehmen nicht nur ökonomische, diese ohnehin in Dienstleistungsnetzwerken neuen Medien (155 – 179). VS Research. sondern auch ökologische und soziale Ziele offenliegende Frage zu beantworten. – Ruschetti, P. & Aebli, A. (2017). Weniger «Off- verfolgen. Einen wichtigen Erfolgsfaktor für line-Zeit» für den Hotelgast durch Digitalisie- den Tourismus stellt die Erhöhung der Pro- QUELLEN rung? Präsentation am 10. Tourismus Trend- duktivität dar. Deshalb werden im Rahmen von – Brysch, A. (2017). Tourismus 4.0. Herausfor- forum. 30. 11. 2017. Hochschule für Technik Tourismus 4.0 die Flexibilität und Effizienz von derungen für die Reisebranche. In M. Land- und Wirtschaft, Chur. Organisationen und ihren Mitarbeitenden ge- vogt, A. A. Brysch & M. A. Gardini (Hrsg.). – Ulich, E. (2011). Arbeitspsychologie (7. Aufl.). steigert. Dabei können Effizienzziele in Konflikt Tourismus – E-Tourismus – M-Tourismus. Zürich: VDF. mit Humanzielen geraten (Eggenberger, 2017). Herausforderungen und Trends der Digitali- Neben den zuvor beschriebenen Gestaltungs- sierung im Tourismus. Schriften zu Touris- aufgaben der Führungskräfte kommen in Zei- mus und Freizeit, Band 20 (35 – 42). Berlin: ten der beständigen Veränderung und Effizien- Erich Schmidt Verlag. zerhöhung auch die Stärkung der persönlichen – Crummenerl, C. & Kemmer, K. (2015). Digi- Resilienz und Gesundheit sowie die persönli- tal Leadership – Führungskräfteentwicklung Prof. Dr. Sylvia Manchen Spörri che Entwicklung der Mitarbeitenden als wich- im digitalen Zeitalter. Capgemini Consulting. T + 41 (0)81 286 24 44 tige soziale Ressource hinzu. https://www.de.capgemini-consulting.com/ sylvia.manchen@htwchur.ch Die Wirtschaft basiert auf einer wachsenden resource-file-access/resource/pdf/14-10- Arbeits- und Organisationspsychologin, Wissensgesellschaft. Gemeinsames Wissen 16_digital_leadership_v11_web_17102016. Leiterin des Departements Lebensraum, wird im Tourismus immer stärker in Koopera- pdf (gefunden am 11.9.2017). Mitglied der Hochschulleitung
16 LEBENSRAUM//WISSENSPLATZ Der beste Standort faktor? – Die Besinnung auf eigene Werte! wissensplatz.htwchur.ch/standortfaktor-eigene-werte Jeder wünscht sich ein attraktives Lebensumfeld, insbesondere für den Urlaub. In Graubünden ist die Landschafts- und Siedlungsqualität somit ein wichtiger Standortfaktor für die Wirt- schaft und den Tourismus. Wie die historisch wichtigen Dorfkerne in den meist noch ländlich wirkenden Gemeinden trotz Globalisierung der Bautätigkeit, trotz Baulandstopp und innerer Verdichtung erhalten bleiben können, zeigt das Bündner Dorf Scha- rans. Mit starker Partizipation der Bevölkerung werden die vorhandenen Obstwiesen im Siedlungsgebiet durch Auszonung geschützt; diese Fläche wird im Landumlegungsverfahren im Weiler St. Agatha, wo eine verdichtete Bauweise zulässig ist, wieder hinzugefügt. Text: Sandra Bühler-Krebs, Prof. Christian Wagner / Bild: Sandra Bühler-Krebs, Maria Rota Hohe Berge, gepflegte Landschaften und idyl- lische Dörfer prägen das weithin bekannte Bild Graubündens. Doch dieses Image bröckelt. Baulandflächen-Nutzungsstopp und Innen- verdichtung sind aktuelle Zielsetzungen der Schweizer Raumplanung. Was in der Agglome- ration unbestritten Sinn macht, beschert vielen ländlichen Gemeinden berechtigte Sorgen. Oft stehen locker bebaute historische Dorfkerne mit denkmalgeschützten Wohn- und Stallbau- ten und innerdörflichen Gärten für die Identität eines Orts, sie sind jedoch im übergeordneten Flächennutzungsplan als Baugebiet vermerkt. War dies vor zwei Jahrzehnten noch durchaus nachvollziehbar, hat sich die Problematik der Globalisierung in der Architektur seit einigen Jahren derart verschärft, dass sich lokale Wer- Neubauten in «globaler» Architektur (Visualisierung rechts) würden te und ortsspezifische Identitäten als touristi- das heutige charakteristische Dorfbild (Foto links) schlagartig zerstören.
LEBENSRAUM//WISSENSPLATZ 17 scher Faktor – und somit immer wertvollerer tangiert genau dieses Handeln die Gesellschaft pumera» verdeutlicht diese Tradition. Die Be- wirtschaftlicher Faktor – herauskristallisieren. besonders stark und prägt ihren Lebensraum. deutung für die heimische Wirtschaft und die Eine Gästebefragung des Instituts für Touris- Baukultur, und damit verknüpft das Ortsbild, ist Erinnerung an diese jahrhundertealte Tradition mus und Freizeit (ITF) der HTW Chur aus dem folglich der gebaute Spiegel der gesellschaft- sind noch heute in den Obstwiesen innerhalb Jahr 2013 hat dies bestätigt: 51 Prozent der lichen und moralischen Wertvorstellungen im des Dorfgefüges sichtbar. Im neuen Verständ- Befragten gaben das Ortsbild als wichtiges politisch-wirtschaftlichen Gefüge. nis der Baulandpolitik gelten diese Flächen als Entscheidungskriterium bei der Wahl des Rei- Bauvorhaben führen immer zu Veränderungen gehortetes Bauland und können bzw. sollen seziels an und für 96 Prozent ist es von grosser des Dorfbilds. Das Wiederfinden von vertrau- zugunsten einer kompakten Siedlungsstruktur Relevanz, um sich am Ferienort wohlzufühlen. ten Bildern – also sich trotz Weiterentwicklung bebaut werden. Fachleute der HTW Chur wie- Wichtige Faktoren sind dabei die Aufenthalts- noch «zu Hause» zu fühlen – ist ein zentraler sen auf die drohende Gefahr hin, dass durch qualität im öffentlichen Raum, die Mischung Aspekt und ist Aufgabe der Kommunen. Sind das Verschwinden dieser Wiesenflächen und von traditionellen und neuen, authentischen sich die Gemeinden dieser Verantwortung be- den Bau von mittelmässigen Neubauten das Bauformen, die Beziehung zur Landschaft wusst, so entsteht grosse Unsicherheit insbe- ursprüngliche Dorf und seine vorhandene und die einheimische Baukultur. Nicht kitschi- sondere bei der Umsetzung des kommunalen «Schönheit» zerstört würden. ge Landhauskulissen sind gefragt, sondern räumlichen Leitbilds. Wird die Vision in der Nut- Die Planung in Scharans zeigt eine ortsspezifi- ein Einblick ins «echte» Leben in den Bergen. zungsplanung konkretisiert, agiert die Gemein- sche Interpretation von baulicher Verdichtung Naheliegend ist daher die These, dass sich die de meist auf privatem Grund. Die moralisch im ländlichen Raum. Die Wiesenflächen im Gäste dann wohlfühlen, wenn sich auch die lo- geprägten Forderungen des Leitbilds sind nur Siedlungsgebiet wurden durch Auszonung ge- kalen Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrem dann zu erfüllen, wenn die geplante Änderung schützt. Im Landumlegungsverfahren wurde Lebensumfeld identifizieren. Wir sprechen hier ein positives Ergebnis an der Urne erzielt. Des Bauland an anderer Stelle, wo eine zusätzlich von Authentizität und meinen die Lebens- und Menschen ureigenes Streben nach persönli- verdichtete Bauweise Potenzial hat, eingefügt. Arbeitsweise vor Ort, die sich in direkter Weise chem Wohlstand – wie auch der gegenseitige Nur durch die Offenheit von Behörden und Be- auf die gebaute Umwelt überträgt. Neid – lässt diese Projekte oftmals scheitern. völkerung für eine «ethische» Reflexion, das Folglich ist es, nebst den Vorteilen für das Dorf, daraus resultierende Verständnis für Baukultur BAUKULTUR IN ZEITEN von elementarer Bedeutung, dass jede / jeder und die Bereitschaft, sich auf einen entspre- DES WANDELS direkt betroffene Eigentümerin / Eigentümer chenden Diskurs einzulassen, wurden Abwei- Doch was bedeutet «Baukultur» in den sich ver- auch einen persönlichen wirtschaftlichen Vor- chungen vom üblichen Verfahren überhaupt ändernden Dörfern? Der berühmt-berüchtigte teil in dieser Planung sieht. erst möglich. Eine umfassende Partizipation Satz «Architektur ist Geschmackssache» würgt Ein konkretes Beispiel aus Graubünden kann an aller Interessengruppen, die Einverständniser- bereits jede inhaltliche Diskussion über un- dieser Stelle möglicherweise dazu beitragen, klärung der Eigentümerinnen und Eigentümer sere gebaute Umwelt im Keim ab. Dabei geht die Gemeinden zu ermutigen, neue Wege in nach dem Aufzeigen von individuellen Vorzü- gerne vergessen, dass der «Geschmack» gar der Raumplanung zu gehen und eine Zukunfts gen und die Mehrheitsfähigkeit der vorgeschla- nicht der springende Punkt ist. Fakt ist, dass vision zu erarbeiten, die sowohl für die Einhei- genen Massnahmen bildeten die basis-demo- Bauen und Gestalten Akte des öffentlichen In- mischen wie auch für die Gäste gleicherma- kratisch notwendige Voraussetzung für die teresses sind und uns alle als Gemeinschaft ssen sinnstiftend ist. umfassenden Veränderungen in der Nutzungs- betreffen. Oft fehlt das Bewusstsein in der planung. Diese ermöglicht schlussendlich den Bevölkerung, dass die Planung und die Reali- ERFOLGREICHES LANDUMLE- Erhalt von architektonischen, siedlungspla- sierung eines Bauwerks als gesellschaftliche GUNGSVERFAHREN AN DER URNE nerischen und denkmalpflegerischen Werten, Handlung – und der Architekturdiskurs als die Das Dorf Scharans liegt im Bündnerischen einen baukulturellen Umgang mit Bauland und damit verknüpfte Reflexion – in einem moral- Domleschg, das durch Obstwiesen geprägt ist. Baubestand sowie die Stärkung eines Dorfteils philosophischen Kontext stehen. Schliesslich Der touristisch wirksame Wanderweg «Veia da zu einem eigenständig funktionierenden Weiler mit den erforderlichen Entwicklungsflächen für die kommende Generation. Die entsprechen- den raumplanerischen Verfahren und die poli- tische Vorgehensweise innerhalb der direkten Demokratie sind wenig erprobt und faktisch Neuland. Die Belohnung für solch neuartige Prozesse ist praktisch immer eine weitreichen- de, auch touristische Beachtung – der Stolz auf das eigene Dorf. Die Scharanser Bevölkerung hat diesen Schritt gewagt und im Oktober 2017 mit grosser Mehrheit dem Landumlegungsver- fahren an der Urne zugestimmt. Sandra Bühler-Krebs T +41 81 286 37 07 sandra.buehler@htwchur.ch Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Bauen im alpinen Raum (IBAR) Prof. Christian Wagner T +41 81 286 24 76 christian.wagner@htwchur.ch Professor für Architektur, Institut für Bauen im alpinen Raum (IBAR)
18 LEBENSRAUM//WISSENSPLATZ Ökonomisch stand ortgerechte Beherber gungskonzepte wissensplatz.htwchur.ch/standortgerechte-beherbergungskonzepte Dem traditionellen Hotelkonzept müssen dringend neue Formen der Beherbergung und neue Geschäftsmodelle an die Seite gestellt werden, die die anspruchsvollen Rahmenbedingungen besser erfüllen können. Das Projekt «Design to Cost: Öko- nomisch standortgerechte Beherbergungskonzepte für Graubün- den und den Schweizer Alpenraum» vermittelt einen Über- blick zu den aktuellen Entwicklungen und analysiert diese in finanzieller Hinsicht. Text: Prof. Dr. Andreas Deuber, Norbert Hörburger, Fabienne Schläppi / Bild: PRIVÀ Alpine Lodge Lenzerheide AUSGANGSLAGE Viele ferientouristische Hotelbetriebe im Schweizer Alpenraum sind infolge der hohen Bau- und Betriebskosten und der generell schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedin- gungen im (saisonalen) Tourismus nicht in der Lage, auf Vollkostenbasis ausgeglichene Ergebnisse oder gar Gewinne zu erzielen und weisen wegen der fehlenden ökonomischen Anreize einen Investitions- und Innovations- rückstand auf. Aus denselben Gründen ist auch die Zahl der neuen Projekte für eine dynamische Entwicklung der Branche zu tief. Während im Luxussegment manchmal ideelle Investoren in die Bresche springen, fehlen im unteren und mittleren Segment die erforder- lichen Ersatz- und Neuinvestitionen, weshalb dieses Angebotssegment laufend an Konkur- renzfähigkeit einbüsst. Diese Situation wurde durch die Annahme der Zweitwohnungsinitia tive noch verschärft. Investitionen in die saiso- nale Ferienhotellerie sind durch den Wegfall der Quersubventionierungsmöglichkeiten durch Zweitwohnungsprojekte noch schwieriger und riskanter geworden, weshalb ein zusätzlicher Kollektivunterkünfte und bewirtschaftete Appartements sind Investitionsrückgang zu verzeichnen ist. Erfolg versprechende Beherbergungsformen im alpinen Tourismus.
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