Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - November 2016 Jahrgang 68 www.tjv.at - Tiroler Jägerverband
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Mitgliederaktion! Windschutzjacke Jagdhemd Daunen-Weste Wind-Protect-Jacke langarm superleicht & geschmeidig • atmungsaktive • robuste Doppelnähte • hochwertige Gänsedaunen-Füllung Klimamembrane • 2 Brusttaschen • superleicht (nur ca. 480 Gramm) • winddicht • Kentkragen • Velourslederbesätze • wasserdicht • Krempelärmel mit • jede Menge Taschen! Befestigungslasche 6 Außentaschen Material: 2 Innentaschen 100 % Polyester Material: 2 prakt. Beckentaschen Antipilling 100 % Baumwolle an der Rückseite Microfleece bügelleichte • Stehkragen Größen: Twill-Qualität • Frontverschluss: S-XXL Größen: S-XXXL Reißverschluss 49,90 Euro 32,90 Euro & Knopfleiste • gerade Passform Material: Futter: 80 % Polo-Shirt T-Shirt Kurzarm Gänsedaunen, für sie & ihn Rundhals, 20 % Federn für sie & ihn Oberstoff: Material: 100 % Nylon 100 % gekämmte Material: Größen: Baumwolle 100 % Baumwolle M-XXL Größen: Größen: S-XXL S-XXXL 16,90 Euro 14,90 Euro 79,90 Euro Softshell-Weste Fleece-Schal Sweatjacke ärmellos Reißverschluss • wärmend und weich • Material: pflegeleichtes • mit TJV-Logo bestickt • klassische, leichte Softshell Sweatjacke • 3 Lagen Funktionsmaterial Größen: Einheitsgröße • Ripp-Bündchen • winddicht, atmungsaktiv • Doppelnähte an und wasserdicht 9,90 Euro Hals, Ärmeln • Innenseite aus Microfleece, und Bund Netzfutter im Vorderteil • 2 Eingrifftaschen • 2 Seitentaschen Material: Material: 95 % Polyester, 100 % reine 5 % Elasthan Baumwolle Größen: S-XXL Größen: S-XXL 39,90 Euro 29,90 Euro Bestellungen bitte an: Tiroler Jägerverband (auch per E-Mail) Meinhardstraße 9 • A-6020 Innsbruck • Tel.: +43 (0) 512 / 57 10 93 • Fax: +43 (0) 512 / 57 10 93 - 15 E-Mail: info@tjv.at • www.tjv.at • Preise inkl. gesetzl. MwSt. und zzgl. Versandkosten
Zum Geleit Eine Frage des Anstandes! D er Herbst ist die Zeit der Ernte, die Zeit, in der man das Geleistete sichtet und eine erste Bilanz über das auslaufende Jagdjahr zieht. Jeder macht das auf seine eigene Art und Weise. Manch einer still und leise, andere im Kreise der Jagdkameraden und Freunde! Immer mehr verwenden dazu das Internet und die unterschiedlichen sozialen Medien! Einige wenige verlassen dabei den Boden der Weidgerechtigkeit und des Anstandes. So geschehen erst vor kurzem, als der Ti- roler Jägerverband von einem großen Medium auf zwei Videos auf der Plattform „YouTube“ aufmerksam gemacht wurde. In einem der beiden wurde der Abschuss mehrerer Murmeltiere auf penibelste Art und Weise inkl. Meterangabe, Kaliber und Geschoss-Wirkung gezeigt. Dass Bilder, wie es ein Murmeltier zerreißt, auf viele Menschen durchaus verstörend wirken, ist klar. Dabei wissen wir Jägerinnen und Jäger durchaus, dass ein jagdliches Geschoss wirkungsvoll und seiner Funk- tion entsprechend wirken muss. Aber die „Zurschaustellung“ eines Abschusses dient nur dem Voyeurismus einiger Betrachter und der Prahlerei jener, die diese nutzlosen Filmchen ins Netz stellen. Noch schlimmer sind jene, die eine kleine Kamera bei Riegeljagden auf ihrer Büchse montiert haben und die Abschuss-Vi- deos auch per Mausklick ins weltweite Netz stellen. Wer Freude am Töten hat, der hat unsere Grundwerte noch nicht verstanden, und wer Filme davon macht, um damit anzugeben, der ist kein Vertreter der klassischen alpenländischen Jagdtra- dition. Ja, wir erlegen Wild. Ja, wir machen Beute! Aber immer mit dem Fokus auf die Tatsache, dass wir es mit Kreaturen zu tun haben und nicht mit Zielscheiben. Voyeurismus, Prahlerei und Exhibitionismus sind fehl am Platz und schaden dem Image der Jagd als Ganzem! Daher rate ich all jenen, die meinen, Jagd ist die Fortsetzung eines der vielen dumpfen Videospiele, bei der Spielkonsole zu bleiben und die Jagd jenen zu überlassen, die den nötigen Respekt vor der Natur haben! Mit einem nachdenklichen Weidmannsheil ❙ Anton Larcher Landesjägermeister von Tirol Foto: Rudigier (1) Jagd in Tirol 11 06 | 2016 2015 3
16 Siebenschläfer: Kobolde im Ausnahmezustand 21 Pflanzenserie: Gewöhnliche Rosskastanie Luchs: Heimlicher Geis t weiter Wälder 10 3 zum geleit 16 Siebenschläfer: Kobolde im 34 Jägerwissen auf dem Prüfstand: Ausnahmezustand Testen Sie Ihr Wissen 6 Foto des Monats ■ JAGD & GESCHICHTE ■ Forschung & Praxis ■ Wald & Lebensraum 36 Kunst: Sankt Hubertus 08 Internationaler Bartgeierzähltag in den Alpen 21 Pflanzenserie: Gewöhnliche Rosskastanie 39 Nostalgische Fundgrube 08 Österreich forscht: Citizen Science (Aesculus hippocastanum L.) 08 Parasiten? Nicht mit den Darwinfinken 09 Ausgestorben und wiederentdeckt 09 Erfolg im Artenschutz – Riesenpanda nicht ■ Info & Service mehr vom Aussterben bedroht ■ Jäger & Revier 40 Mitteilungen der Geschäftsstelle 09 Reviere: Doppeltes Jagdglück 23 Leseprobe: Wilddichten und 48 Jubilare im November 2016 Bestandsdynamik 49 TJV-Akademie ■ Wild & Ökologie 28 Wildbret: Aus der Decke Schlagen 52 Aus den Bezirken und Zerwirken 61 Veranstaltungen 10 Luchs: Heimlicher Geist weiter Wälder 32 Kommentar: Geht das Gspür verloren? 62 Vereine 4 Jagd in Tirol 11 | 2016 Fotos: Fotolia (1), reptiles4all/shutterstock (1), Volker Rauch/shutterstock (1)
INHALT Wild| Impressum & Ökologie Leseprobe: Wilddichten und Bestandesdynamik 23 68 Krankheiten: Geschlechtsorgane Hündin Impressum Herausgeber Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-57 10 93, 0800-244 177 Fax: 0512-57 10 93-15, E-Mail: info@tjv.at Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV) Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter) 63 Jagdkultur Hersteller und Anzeigenverwaltung: 64 Kulinarium – Teil 2 des Weihnachtsmenüs: Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-320 4111, Geräucherte Entenbrust Fax: 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com 66 Autotest: Mercedes-Benz GLC Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes November 2016 • Jahrgang 68 www.tjv.at Redaktion: TJV (Martin Schwärzler, Martina Just, Christine Lettl, Miriam Traube, Anja Waldburger), ■ JAgDHUNDE Bezirksblätter Tirol 68 Krankheiten: Geschlechtsorgane Hündin Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder 70 Krankheiten: Vergiftungen „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver- bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, welche die behördlichen Kundmachungen und Verlaut- barungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund- ■ Humorvolles sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist 72 Klavinius der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich Das Titelbild dieser Ausgabe stammt oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbe- 73 Jagdmarkt-Anzeigen von Josef Kirchmair dingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Fotos: Stähli (1), Haaser (1) Jagd in Tirol 11 06 | 2016 2015 5
Sonnenaufgang Die abgebildeten Schneehähne flogen in den Pragser Dolomiten ins Licht der ersten Sonnenstrahlen. Ein wunderschöner Moment für einen Naturfotografen. Das Foto des Monats wurde von Reinhard Arnold aus Südtirol aufgenommen. 6 Jagd in Tirol 11 | 2016
November Haselwild 2016 FOTO WildDES & Ökologie MONATS Wir suchen: IHR FOTO DES MONATS Fotografiebegeisterte Leser der „Jagd in Tirol“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“ an die Redaktion (foto@tjv.at) einzusenden. Die Aufnahme sollte ein interessantes Motiv aus Natur, Wald und Wild, Jagd, Forst oder Revier- betreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und den näheren Umständen der Aufnahme wäre wünschenswert. Als Gewinn winken die Veröffentlichung als „Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen in der JiT, die Aufnahme in die TJV-Bildergalerie sowie ein Gutschein im Wert von 50 Euro für den TJV-Shop. Einsendeschluss: 07. des Vormonats an foto@tjv.at Die Bilder sollten eine Dateigröße von ca. 5 MB haben. Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos sämtliche Rechte uneingeschränkt besitzen und keine Rechte Dritter berühren. Insbesondere bei der Darstellung von Personen versichern die Teilnehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die abgebildeten Personen mit einer Veröffentlichung ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein, übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nut- zen und zu veröffentlichen. Jagd in Tirol 11 | 2016 7
Forschung & Praxis Aktuelles Internationaler Bartgeier- zähltag in den Alpen A m 8. Oktober 2016 fand wieder der alpenweit durchgeführte, internationale Bartgeierzähltag statt. Wie die letzten Jahre war zumindest in Österreich die Witterung leider wieder schlecht und der Großteil der Gebirgsketten in Wolken. Dennoch konnten am Zähltag selbst neun verschiedene Bartgeier gezählt werden. Da- zu kommt noch, dass im Fall das Paares Katschberg der heurige Jungvogel bestätigt werden konnte, die territorialen Altvögel aber nicht gesichtet wurden. Weiters könnte sich im Bereich des Paares Gschlöß in Tirol ein dritter Altvogel aufgehalten haben. Somit kann man von 11 bis 12 Bartgeiern am Zähltag ausgehen. Betrachtet man die Örtlichkeiten und das Alter der während des gesamten Jahres gemeldeten Bartgeier, dürften sich in Österreich nach wie vor um Österreich forscht: die 20 bis 25 Tiere aufhalten. Das alpenweite Ergebnis lag zu Redak- tionsschluss leider noch nicht vor. ❙ Citizen Science Dr. Gunther Greßmann C itizen Science bezeichnet eine Arbeitsmethode, bei der wis- senschaftliche Projekte partizipativ mit interessierten Ama- teurInnen durchgeführt werden. Die beteiligten Citizen Scientists melden dabei Beobachtungen, führen Messungen durch oder wer- ten Daten unter Anleitung der WissenschaftlerInnen aus. Diese Form der Wissenschaft ist vor allem im angelsächsischen Raum sehr modern und wird nun auch in Europa vermehrt durchgeführt. Auch in Österreich ist diese Strömung bereits angekommen und es werden mehrere Citizen Science Projekte in verschiedensten Wissensgebieten durchgeführt. Doch sehen Sie selbst, unter: www.citizen-science.at. ❙ Arbeitsgruppe Citizen Science Parasiten? Nicht mit den Darwinfinken I mmer wieder kommt es vor, dass nicht einheimische Arten auf die Galapagos- inseln eingeschleppt werden und dort die einheimische Biodiversität bedrängen. So auch bei den Larven der eingeführten und parasitären Fliege Philornis downsi, welche sich von Blut und Gewebeteilen von Nest- lingen ernähren. Durch den Blutverlust und die verursachten Wunden wird der Bruter- folg der heimischen Vögel deutlich einge- schränkt, bei gewissen Vogelarten bis zu 95 Prozent. Forscher der Uni Wien haben nun beobachtet, wie sich verschiedene Arten der höchst seltenen Darwinfinken mit Blät- tern der Galapagos-Guave das Gefieder ein- reiben. Laut ersten Laboruntersuchungen fungieren die Sekrete dieser Pflanzen als natürliches Insektenmittel – ein schlauer Schachzug der bedrohten Darwinfinken. ❙ Bettina Erne Die Darwinfinken auf den Galapagosinseln nutzen eine Pflanze als natürliches Insektenmittel. 8 Jagd in Tirol 11 | 2016 Fotos: NPHT (1), Spotteron Citizen Science (1), Natursports/shutterstock (1)
Aktuelles | Reviere Forschung & Praxis Ökologie Ausgestorben und wiederentdeckt Doppeltes Jagdglück Am 10. September 2016 konnte die Jagd- pächterin der GJ Gnadenwald, Natascha Mader, eine ca. 12-jährige, gehörnte Reh- geiß sowie am 23. September 2016 ein ca. 10-jähriges, gehörntes Muffelschaf erlegen. Beide Tiere waren schon seit längerer Zeit nicht mehr führend und wiesen extremen Zahnausfall (vor allem im Oberkieferbereich) auf. Ein kräftiges Weidmannsheil! Hubert Wildauer, Jagdleiter Doch nicht ausgestorben – Forscher haben im Bodensee einige Exemplare des ausgestorben geglaubten Tiefseesaiblings gefunden. I m groß angelegten «Projet Lac» unter- suchte die Eawag von 2010 bis 2015 zu- sammen mit einigen Partnern die Fisch- seesaiblings (Salvelinus profundus) wieder- entdeckt. Diese Art, bis in die 1960er Jahre von den Bodenseefischern noch häufig ge- vielfalt in den alpennahen Seen. Über 70 fangen, wurde 2008 von der Naturschutz- Fischarten konnten dabei nachgewiesen union IUCN für ausgestorben erklärt. Der werden. Im größten Teil der Seen sind al- Tiefseesaibling kam in Tiefen um 80 Meter lerdings die ehemaligen Tiefwasserfisch- vor und ernährte sich von Strudelwürmern, arten verloren gegangen. Aber speziell für Kleinkrebschen und Muscheln. Wie groß eine Tiefwasserfischart brachte das «Projet die Population noch ist, aus denen die jetzt Lac» auch gute Nachrichten: Im Bodensee gefundenen Exemplare stammen, sollte in wurden dank einer gezielten Suche mehrere Zukunft untersucht werden. ❙ Exemplare des nur dort heimischen Tief- Abgeänderte Pressemitteilung Eawag Erfolg im Artenschutz – Riesenpanda nicht mehr vom Aussterben bedroht C hina kann in puncto Artenschutz er- freuliche Nachrichten bekanntgeben. Die Riesenpanda-Population hat sich dank eines intensiven Zuchtprogrammes und der Aufforstung von Bambuswäldern in China erholt. Der schwarz-weiße Bär, wel- cher sich zum Symbolbild des Artenschut- zes (WWF) entwickelt hat, wird auf der Roten Liste nicht mehr als bedroht, aller- dings immer noch als gefährdet eingestuft. Laut Schätzungen gibt es derzeit weltweit ca. 1.864 freilebende, ausgewachsene Pan- dabären, zusammen mit den Jungtieren beläuft sich die Zahl auf ungefähr 2.060 Tiere, welche in sechs Bergregionen von Der Riesenpanda hat den Sprung von der Liste der vom China umherstreifen. ❙ Aussterben bedrohten Tiere geschafft. TJV Fotos: Eawag (1), Alexandra Giese/shutterstock (1), Wildauer (2) Jagd in Tirol 11 | 2016 9
Luchs Wild & Ökologie Autoren: Miriam Traube und Martina Just E inst war er fester Bestandteil großer Waldflächen Mitteleuropas. Seine Spuren verschwanden jedoch aus unseren Wäldern, denn der Mensch sah ihn als Konkurrent und seine Verfolgung ging in vielen Gebieten bis zu seiner Ausrottung. Zudem wurde an seinem Le- bensraum Raubbau betrieben, sei es aufgrund massiver Holzschlägerungen oder der intensiven Bejagung seiner Beutetiere. Die Zeit wandelte jedoch diese Gegebenheiten. Die Waldfläche steigt heute noch ständig an und auch die Schalenwildbestände sind in vielen Gebieten Österreichs auf dem Höchststand. Trotz dieser positiven Lebensrau- mentwicklung ist der Luchs ein seltener Gast in Tirol. Im- mer mal wieder gibt es einzelne Nachweise, doch von einer gesicherten Population wie in der angrenzenden Schweiz sind wir hier meilenweit entfernt. INFORMATIONEN: Bezeichnung: ➠Weibchen: Katze ➠Männchen: Kuder Gewicht: ➠Katze: 15-22 kg ➠Kuder: 22-32 kg Aussehen: ➠Schulterhöhe 50-70 cm ➠graues bis rötliches, geflecktes Fell ➠Ohrpinsel (4 cm), Backenbart ➠Stummelrute mit schwarzem Ende (20-25 cm) Spur: ➠Trittsiegel: rund, meist ohne Krallenabdrücke, 6-9 cm Durchmesser ➠Schrittlänge: 40-100 cm Fortpflanzung: ➠Ranzzeit: Februar-April ➠Tragzeit: 63-74 Tage ➠Wurfzeit: Mai-Juni, 2 (1-4) Jungtiere ➠Säugezeit: 6-8 Wochen Lebensraum: ➠ausgedehnte Waldgebiete, mit ständigem Wechsel verschiedener Habitattypen ➠deckungsreiches Gelände ➠ausreichende Beutetierdichte Reviergröße in Mitteleuropa: ➠Katze: 50-150 km2 ➠Kuder: 100-300 km2 Sozialverhalten: ➠einzelgängerisch ➠Jungtiere bleiben ca. 1 Jahr bei der Katze Nahrung: ➠ca. 2 kg Fleisch/Tag ➠Reh, Gams, Rothirsch, Hase, Füchse, Kleinsäuger Foto: Stanislav Duben/shutterstock (1) Jagd in Tirol 11 | 2016 11
Wild & Ökologie Luchs Auf der Pirsch Luchse sind Einzelgänger, die reviertreu ihren Lebensraum durchstreifen. Dabei nutzen sie in Mitteleuropa Gebiete von 50 bis 300 km² und dulden in diesem Kern- lebensraum keine gleichgeschlechtlichen Artgenossen. Die Reviere von Katze (w) und Kuder (m) überlappen sich jedoch und ihre Streifzüge können dabei auch weit über die Grenzen ihres eigenen Territoriums hi- nausgehen. Kuder besitzen in der Regel die größeren Kernlebensräume, wobei das Re- vier eines Männchens meist ein bis mehrere Katzenreviere überlagert. Die Jugendsterblichkeit ist beim Luchs sehr hoch und nur etwa 40 % der Jungtiere über- leben das erste Lebensjahr. mer wieder die gleichen Grenzverläufe vor- geben. Die meisten Luchse sind allerdings nicht von Anfang an resident (sesshaft, d. h. stehen nicht auf der Liste der bevorzugten im Besitz eines Revieres). Nachdem sie das Lebensräume. Vor allem für die Weibchen Muttertier ca. 1 Jahr lang, also bis zur näch- ist das Vorhandensein von ausreichend Schematische Darstellung der Kernlebensräume von sten Ranzzeit, begleitet haben, um für das Deckung und Wurf- bzw. Aufzuchtplätzen drei Kudern und vier Katzen. Die einzelgängerischen Leben auf eigenen Pfoten gerüstet zu sein, sowie genügend Nahrung für die Jungen- Luchse dulden in ihrem Kernlebensraum keine gleich- geschlechtlichen Artgenossen. In Mitteleuropa liegen streifen sie meist, mal länger und mal kür- aufzucht essentiell. Die Definition von ge- die Streifgebietsgrößen im Bereich von 50-300 km2. zer, eine gewisse Zeit umher. Sie sind sozu- eignetem und ungeeignetem Lebensraum sagen ohne festen Wohnsitz und auf Woh- verschwimmt jedoch bei vielen Tierarten, nungssuche. Ferner gibt es immer wieder denn Wildtiere sind oft in der Lage, sich adulte Luchse (älter als zwei Jahre), die ein an die Gegebenheiten der vom Menschen Vor allem zur Ranzzeit sind die Tiere be- Vagabundenleben führen, d. h. sie konnten geschaffenen Kulturlandschaft anzupassen sonders wanderfreudig und auch hier ma- bis jetzt noch kein Revier besetzen. und sie zu ihren Vorteilen zu nutzen. chen die Männchen des Öfteren die wei- teren Ausflüge. Die Größe der Reviere ist im Wesentlichen von dem Nahrungsange- Das geeignete Wohnzimmer Der Luchs in der bot, dem Gelände bzw. dem Lebensraum Doch was macht nun eigentlich ein Luchs- Kulturlandschaft an sich sowie dem Vorkommen weiterer habitat aus? Sieht man das Ganze aus den Einige Beutetiere des Luchses haben es Luchse abhängig. Untersuchungen in der Augen eines Jägers, dann fällt diese Defini- bereits geschafft, sich an die vom Men- Schweiz haben gezeigt, dass Kuder aktiver tion um ein Vielfaches leichter, wenn wir schen geschaffenen Bedingungen der sind, kleiner der Kernlebensraum ist. Kat- darüber nachdenken, was die Pirschjagd Kulturlandschaft anzupassen. Der Fuchs zen sind im Gegensatz zu ihren männlichen einfach und angenehm gestaltet. Mono- veranschaulicht sehr schön, dass auch un- Artgenossen nicht so mobil und die Größe tone gleichförmige Wälder wie auch an- ser Raubwild zu den sehr lernfähigen und des Kernlebensraumes hat bei ihnen auch dere eintönige Landschaftstypen scheinen somit auch anpassungsfähigen Wildtieren keinen signifikanten Einfluss auf die Akti- hier eher ungeeignet. Tatsächlich bevor- gehört. Er hat gelernt, mit dem Menschen vität im Kernlebensraum. Bei den Revier- zugt er in unseren Breiten ausgedehnte umzugehen und ist ein Opportunist in grenzen handelt es sich keinesfalls um ein Waldgebiete, dennoch sollten diese einen allen Lebenslagen. Also warum sollte der statisches System, denn genauso wie die ständigen Wechsel verschiedener Habi- Luchs nicht in der Lage sein, den Lebens- Beutetiere oder auch die Struktur des Le- tattypen aufweisen. Allerdings genügt raum Kulturlandschaft zurückzuerobern? bensraumes bestimmten Veränderungen ein deckungsreiches Gelände oberhalb Urs Breitenmoser und Christine Breiten- bzw. Schwankungen unterliegen, so verän- geschlossener Waldgebiete mit einer aus- moser-Würsten bringen diesen Sachver- dert sich die Lage und Größe der Reviere reichenden Beutetieranzahl durchaus aus, halt in ihrem Buch „Der Luchs“ sehr schön einzelner Luchse über die Jahre betrachtet. um vom Luchs, der bei der Jagd vom Über- auf den Punkt: „Luchse brauchen zum In vielen Luchslebensräumen existieren raschungseffekt profitiert, besiedelt zu Leben keine unberührte Wildnis; sie brau- jedoch gewisse Geländeformen oder auch werden. Hochalpine Gebiete werden da- chen Nahrung und Deckung, um sich zu Infrastruktureinrichtungen des Menschen, hingegen eher selten aufgesucht und auch verbergen. Beides finden sie oft auch dort, welche über Luchsgenerationen hinweg im- vom Menschen intensiv genutzte Bereiche wo Menschen leben.“ 12 Jagd in Tirol 11 | 2016 Foto: Bildagentur Zoonar GmbH/shutterstock (1)
Luchs Wild & Ökologie Damit ein Gebiet als Lebensraum geeignet ist, ist ein ausreichendes Angebot an Nahrung und Deckung notwendig. In unserer Gegend finden Luchse dies meist in ausgedehnten Waldgebieten mit einem vielseitigen Wechsel an Habitattypen. Mahlzeit! sondern er geht aktiv auf die Jagd. Langsam Gourmetküche Das Nahrungsspektrum des Luchses reicht und leise pirscht er sich in Deckung sehr Als Feinschmecker frisst der Luchs das von Fuchs über Hase, Gams und Reh bis hin nahe an seine potentielle Beute heran, um reine Muskelfleisch, verschmäht aber auch zum Rothirsch, wobei in vielen Gebieten diese letztendlich mit ein paar schnellen Herz und Nieren nicht. Der Verdauungs- Mitteleuropas das Reh die wichtigste Beute und weiten Sprüngen zu erreichen und mit trakt bleibt dahingegen unangetastet. Un- darstellt. Aber auch Kleinsäuger und Nutz- einem gezielten Kehlbiss zu erwürgen. Die tersuchungen zum Nahrungsbedarf haben tiere wie Schafe stehen in manchen Gebieten Nase scheint bei dieser Jagdart kaum eine gezeigt, dass die aufgenommene Nah- mal mehr und mal weniger auf dem Speise- Rolle zu spielen, vielmehr verlässt sich der rungsmenge je nach Gebiet und Jahreszeit plan. Als Pirschjäger ist der Luchs auf den Überraschungsjäger auf sein Gehör und sei- schwankt. Zudem haben Luchsfamilien Überraschungseffekt seines Angriffes ange- ne Augen. Dabei bleibt er auch von Misser- (Weibchen plus Jungtiere) einen höheren wiesen. Residente Luchse nutzen dabei ihr folgen nicht verschont und braucht, je nach Nahrungsbedarf als einzelne Kuder/Kat- Wissen über die Verteilung der Beutetiere Jagderfahrung und Nahrungsverfügbarkeit, zen. Im Mittel liegt die benötigte tägliche in ihrem Lebensraum. Entgegen alter Schil- z. T. mehrere Anläufe bis sein Jagdversuch Nahrungsmenge bei ca. 2 kg. Nun steht derungen sitzt der Luchs nicht auf Bäumen mit Erfolg gekrönt wird. Dafür nutzt er sei- natürlich sofort die Frage im Raum, was und springt seine Beute von oben herab an, ne Beute sehr effizient. mit dem Rest des erbeuteten Wildtieres passiert, denn Reh, Gams wie auch der Rothirsch liegen mit ihren Durchschnitts- gewichten weit über dem Tagesbedarf des Luchses. Die Antwort liegt bei der mehr- maligen Nutzung des Risses durch den Luchs selbst. Er kehrt in den darauffol- genden Nächten oder zur Dämmerungs- zeit immer wieder an seinen Riss zurück, bis dieser fast vollständig genutzt ist. Diese Nutzung kann sich je nach Größe der Beutetiere bis zu einer Woche in die Länge ziehen. Knochen, Verdauungstrakt und das Fell verschmäht das Pinselohr, diese werden meist durch Zweitnutzer wie Fuchs oder Wildschwein verwertet bzw. Das Muskelfleisch wird vom Luchs vollends genutzt. Knochen können mit Hilfe der rauen Zunge säuberlich geputzt werden. Der im oberen Teil des Bildes zu erkennende Magen-Darm- Trakt findet letztendlich andere Nutznießer. Die Art der Riss- nutzung kann uns schon einiges über den Täter verraten. Fotos: Rudigier (1), NP Kalkalpen/Fuxjäger (1) Jagd in Tirol 11 | 2016 13
Wild & Ökologie Luchs Für den Luchs ist es kein Problem, seine Beute, in diesem Fall ein Reh, an einen sicheren Platz zu (ver)bringen. Dabei werden jedoch nur kurze Stre- cken wie z. B. in die nächste Dickung zurückgelegt. derjenige, der am längsten unentdeckt bleibt. Dabei zeigt er eigentlich selten ein scheues Verhalten, er bewegt sich eher klammheimlich, still und leise durch seinen Lebensraum und ist sich seiner perfekten Tarnung stets bewusst. Eine gefleckte Fell- zeichnung, die mal mehr und mal weniger ausgeprägt ist, lässt den Luchs mit seinem Lebensraum Wald verschwimmen. Das Fle- ckenmuster macht jedes Luchsindividuum einzigartig, denn es ist wie der Fingerab- druck des Menschen immer nur einmal vorhanden. Ein großer Vorteil für Forscher und Wildbiologen, denn eine individuelle Erkennung bzw. auch Wiedererkennung der einzelnen Luchse ist somit auch ohne genetische Untersuchungen oder zusätz- liche Markierung der Tiere möglich. verschleppt. Um seine Beute vor Insekten ckungsreichere Bereiche. Schlussendlich be- Bitte lächeln… wie auch anderen Mitessern zu schützen deckt er ihn mit Naturmaterialien wie Laub Das Monitoring großer Beutegreifer ist ein oder vielleicht auch, um diese besser zu kon- oder Schnee, wodurch sein Nahrungsvorrat wesentlicher Bestandteil der Management- servieren, versucht der Luchs in den mei- auch visuell gegen Nutznießer geschützt ist. pläne. Ein umfangreiches Wissen über den sten Fällen seinen, Riss zu bedecken, wenn Status Quo der Populationsdichte und er seinen Hunger gestillt hat. Dafür zieht er des genutzten Lebensraumes der Tiere ist ihn z. T. von offenen Landschaftsteilen in de- Meister der Tarnung Grundvoraussetzung für ein konfliktfreies Der Luchs ist von den in den Alpen vor- Zusammenleben von Mensch und Luchs kommenden großen Beutegreifern meist unter Berücksichtigung der Interessen von Durch ihre eher heimliche Verhaltensweise Natur- und Artenschutz sowie der ver- und perfekte Tarnung bekommt man Luch- schiedenen Landnutzer. Eine mittlerweile se nur selten zu Gesicht. Ihre Anwesenheit macht sich meist erst durch das zufällige weit verbreitete Methode zum Monitoring Auffinden von Rissen bemerkbar. von Luchsen ist der Einsatz von soge- nannten Fotofallen. Dabei werden je zwei Wildkameras an bekannten Luchswech- seln bzw. in geeignetem und potentiellem Luchslebensraum im Raster über eine Flä- che verteilt. Die Kameras stehen sich dabei so gegenüber, dass der Luchs bzw. seine Fellzeichnung von beiden Seiten fotogra- fiert wird. Anhand der einzigartigen Fell- zeichnung, welche durch die Anordnung der Flecken individualisiert wird, können die fotografierten Luchse voneinander un- terschieden werden. Durch ein systema- tisches Fotofallenmonitoring ist es eben- falls möglich, zum einen die Reproduktion von residenten Weibchen nachzuweisen, zum anderen eine Bestandesdichte sowie dessen Trend zu ermitteln. Durch das Fo- tografieren einzelner Individuen an unter- schiedlichen Fotofallenstandorten und die von den Luchsen praktizierte Reviertreue 14 Jagd in Tirol 11 | 2016 Fotos: Rostislav Stach/shutterstock (1), Karel Bartik/shutterstock (1)
Luchs Wild & Ökologie Anhand der individuellen Fellzeichnung können die Luchse wiedererkannt werden. So auch die Katze Rosa, welche im Nationalpark Kalkalpen zuhause ist. Jäger, Naturliebhaber oder Wanderer, denn das Finden von z. B. Rissen ist meist ein reines Zufallsprodukt. Eine Ausnahme stel- len hier natürlich Luchse mit Telemetrie- Halsband dar. Wird ein gerissenes Wildtier gefunden, ist allerdings meist unklar, wer der Täter ist. War es Luchs, Fuchs, Bär oder Wolf? Oder doch ein wildernder Hund? Da- her ist es wichtig, die Spuren vor Ort genau zu untersuchen, denn die Verdächtigen hin- terlassen unterschiedliche Spuren am Tatort. Anschließend können dann gegebenenfalls weitere Schritte in die Wege geleitet werden. Sollten Sie Hinweise auf große Beutegreifer in Ihrem Revier oder bei einer Wanderung finden, ist der Tiroler Jägerverband für Ihre Kontaktaufnahme dankbar und steht auch für weitere Fragen jederzeit gerne zur Ver- fügung. ❙ können die genutzten Lebensräume der einzelnen Luchse sehr gut voneinander abgegrenzt werden. SMS vom Luchs Eine weitere Methode zur Untersuchung des Raum-Zeit-Verhaltens der Luchse ist die sogenannte Radiotelemetrie. Hierfür werden die Tiere gefangen und narkotisiert, um ihnen ein Senderhalsband anzulegen. Mit Hilfe von GPS-GSM-Technologie und Bewegungssensoren wird in bestimmten Zeitintervallen die Position bestimmt und die Aktivität der Tiere aufgezeichnet. Die vorgegebenen Zeitintervalle hängen dabei immer von der zu bearbeitenden Frage- stellung ab. Die Positionsdaten können per SMS an die Forscher geschickt werden und liefern somit wertvolle Erkenntnisse über die Raumnutzung und Aktivitätsrhythmik. Wer war es? Ebenso wichtig für ein erfolgreiches Moni- toring sind die zufälligen Nachweise durch Für die Anbringung der Senderhalsbänder müssen die Luchse gefangen und narkotisiert werden. Die Luchse sind durch die Halsbänder in ihrer natürlichen Lebensweise nicht beeinträchtigt. Fotos: NP Kalkalpen/Fuxjäger (2), Traube (1), Signer (1) Jagd in Tirol 11 | 2016 15
Wild & Ökologie Siebenschläfer Kobolde im Ausnahmezustand Autorin: PD Dr. Claudia Bieber nächtlichen Eskapaden keinerlei Rücksicht für einige Monate endlich wieder an einen auf menschliche Schlafgewohnheiten und erholsamen und ungestörten Schlaf zu den- das rege Getrappel lässt einen vermuten, ken. Wohin hat sich aber der Siebenschlä- B ewohner eines Hauses in Waldes- dass ganze Horden der kleinen Nager un- fer zurückgezogen, um den kommenden nähe wissen um die Last, wenn der terwegs sind. Aber ein Ende der Ruhestö- Winter unbeschadet zu überstehen? Von Siebenschläfer als Untermieter auf rung ist absehbar. Das Jahr neigt sich dem dem sogenannten Winterschlaf hat man dem Dachboden einzieht und dort nachts Ende entgegen und die Siebenschläfer ver- schon gehört, aber was genau ist das ei- sein Unwesen treibt. Er nimmt bei seinen schwinden in den Winterschlaf. Damit ist gentlich? 16 Jagd in Tirol 10 | 11 | 2016 2016
Siebenschläfer Wild & Ökologie Auf Sparflamme ben. Die Sieben in seinem Namen steht der Winterschläfer daher in regelmäßigen Der Winterschlaf, oder im Fachenglisch eher sinngemäß für einen langen Zeit- Abständen seine „innere Heizung“, den auch „Hibernation“ genannt, hat mit dem, raum und nicht für die exakte Dauer des Stoffwechsel, immer wieder kurz anwerfen. was wir unter Schlaf verstehen, überhaupt Winterschlafs. Allgemein bekannt ist, dass Während dieser sogenannten „Arousal“- nichts zu tun. Im Gegenteil, Wissenschaft- der Winterschlaf dazu dient, kalte und Phasen ist die Stoffwechselrate enorm hoch ler gehen davon aus, dass Tiere im Win- nahrungsarme Zeiten unbeschadet zu und die Körpertemperatur erreicht für 4 terschlaf sogar unter einem Schlafmangel überstehen. Bei einer Körpertemperatur bis 6 Stunden annähernd normale Wer- leiden, da sie in den Phasen tiefer Kör- von nur 5-7 °C, die annähernd der Um- te (siehe Abbildung 1, Seite 18). Bis heute pertemperatur gar nicht schlafen können. gebungstemperatur entspricht, sind alle ist es noch nicht geklärt, warum genau die Am Forschungsinstitut für Wildtierkun- Körperfunktionen extrem reduziert. So Tiere diese Arousals durchführen. Es wird de und Ökologie der Veterinärmedizi- senken Siebenschläfer ihre Herzfrequenz vermutet, dass diese kurzen Warmphasen nischen Universität Wien beschäftigen von ca. 350 auf 8 Schläge pro Minute ab. für verschiedene Körperfunktionen be- wir uns schon seit einigen Jahren damit, Auf so niedriger Sparflamme verbrauchen nötigt werden, wie z. B. das Abbauen von das Geheimnis des Winterschlafs zu ent- die Tiere sehr wenig Energie und die an- Stoffwechselprodukten oder auch, wie rätseln. Als Modellorganismus dient uns gefressenen Fettvorräte sichern das Über- oben schon beschrieben, für eine kleine dazu u. a. der heimische Siebenschläfer, leben für viele Monate. Tatsächlich neh- Schlafphase. Damit die Winterschläfer das der sehr regelmäßig seinen Winterschlaf men Siebenschläfer in dieser Zeit keinerlei nächste Frühjahr nicht verpassen, läuft den von September bis in den Mai hinein hält. Nahrung oder Flüssigkeit auf. Bei extrem ganzen Winter hindurch eine innere Uhr, Im Durchschnitt verbringt er in unseren kalten Umgebungstemperaturen kann die die es den Tieren ermöglicht, auch unter Breiten acht Monate im Winterschlaf und Körpertemperatur sogar auf den Gefrier- der Erde im Dauerdunkel den Jahresrhyth- nicht, wie sein Name vermuten lässt, sie- punkt absinken. Mit rapiden Tempera- mus nicht komplett zu verlieren. turstürzen unter 0 °C kommen die Tiere allerdings nicht gut zurecht, deshalb su- chen sich Siebenschläfer auch ein gut iso- Vor Feinden sicher? liertes Versteck, im Normalfall ca. 60-80 Im Winterschlaf zeigen die Tiere keinerlei cm tief in der Erde. In diesem frostfreien Abwehr oder Fluchtreaktionen. Sie sind so- Bereich überdauern sie den Winterschlaf zusagen starr vor Kälte und wären ein leich- unbeschadet. Manchmal allerdings suchen tes Opfer für eventuelle Fressfeinde. Das ist sich die Tiere auch ein scheinbar gutes tatsächlich aber erstaunlich selten der Fall. Versteck in einem Wohnhaus als Winter- Unsere Untersuchungen zeigen, dass Sieben- schlafquartier aus. So wurde uns berichtet, schläfer und auch alle anderen Winterschlä- dass ein Siebenschläfer in einem Ofen in fer den Winter sehr gut überleben und so- einer Berghütte gefunden wurde. Er war gar eine deutlich höhere Lebenserwartung kalt und steif und wurde glücklicherwei- haben als Nicht-Winterschläfer der gleichen se entdeckt, bevor der Besitzer den Ofen Körpergröße. In wissenschaftlichen Un- einheizte. Schon nach einigen Minuten tersuchungen konnte gezeigt werden, dass erwachte der gestörte Winterschläfer aller- Tiere im Winterschlaf für Fressfeinde schwer dings aus seiner Starre, wurde warm und zu finden sind. Sie geben keinen Geruch ab aktiv. Auf den Dachboden entlassen hat er und sind so kalt wie ihre Umgebung. Selbst sich ein neues Versteck gesucht und seinen für feine Räubernasen sind sie in diesem Winterschlaf fortgesetzt. Zustand nicht auszumachen. Wenn sie dann noch in einem guten Versteck überwintern, haben Fressfeinde keine Chance, diese Tiere Streng reguliert zu finden. Am Beispiel des Siebenschläfers Im Zustand des tiefen Winterschlafs schei- konnten wir sogar zeigen, dass diese Tiere nen die Tiere tatsächlich dem Tod näher nicht nur die nahrungsarme Zeit im Winter- als dem Leben. Allerdings trügt der Schein, schlaf sind, sondern in manchen Jahren fast dieser Energiesparmodus ist streng regu- ein ganzes Jahr im Winterschlaf verbringen liert und präzise kontrolliert. Keinesfalls ist können (Abbildung 1). Diese Daten wurden es ein „Entgleisen“ der Körperfunktionen im Wienerwald erhoben und zeigten uns oder eine Unfähigkeit zur Wärmeproduk- zum ersten Mal, dass Siebenschläfer den tion. Bei Eintritt des Winterschlafs wird die Winterschlaf in freier Wildbahn weit mehr Stoffwechselrate gezielt gedrosselt und im nutzen als bisher vermutet. Aber warum Zuge dessen fällt die Körpertemperatur des verbringen die Tiere so viel Zeit unter der Tieres auf die Umgebungstemperatur ab. Erde, wenn es oberirdisch warm und son- Allerdings kann es sich kein winterschla- nig ist? Dies hängt mit dem Angebot der fendes Tier erlauben, seinen Stoffwech- Hauptnahrungsquelle des Siebenschläfers sel über mehrere Monate durchgehend zusammen. Bevorzugt fressen die kleinen abzuschalten, das Maximum sind 7 Wo- Nager Bucheckern und Eicheln. Diese Sa- chen. Um am Leben zu bleiben, muss je- men haben einen hohen Energiegehalt und Foto: Bieber (1) Jagd in Tirol 11 09 | 2016 17
Wild & Ökologie Siebenschläfer Nur wenn genügend energiereiches Futter vorhanden ist, also in Mastjahren, kann sich der Siebenschläfer fortpflanzen. In Ausfalljahren reicht die Nahrung nur zum Überleben und ausreichend Fettreserven anlegen. men als wichtige Nahrungsquelle. In Mast- ausfalljahren müssen die Tiere auf andere Nahrungsquellen wie z. B. Früchte und Bee- ren ausweichen. Diese Nahrung reicht zum Überleben, aber nicht, um Jungtiere aufzu- ziehen. Dies gilt besonders für Wälder, in denen Buchenbestände dominierend sind. Entscheiden sich die Siebenschläfer gegen die Aufzucht von Jungtieren, verschwinden Tiere mit noch hohen Fettreserven aus dem Vorjahr schon gleich im Frühsommer wie- der in den Winterschlaf. Tief unter der Erde bei einer Temperatur von ca. 15 °C gehen die Tiere schon zur Sommerzeit in den an- sonsten für den Winter typischen Energie- sparmodus. Mehr als 11 Monate kann ein Siebenschläfer dann Winterschlaf halten. Das ist im Tierreich einzigartig und wird erlauben es den Tieren, in nur vier Monaten schlecht aus. Fortpflanzung ist nicht mög- selbst von Winterschläfern in arktischen Aktivitätszeit zum einen ihre Jungen groß- lich, da Jung und Alt in diesen Jahren nicht Gebieten nicht erreicht. Unsere Vermutung zuziehen und zum anderen die Fettvorräte genügend energiereiches Futter finden kön- ist, dass die Siebenschläfer mit diesem Ver- für den nächsten Winterschlaf anzulegen. nen. Da Siebenschläfer Baumbewohner mit halten den Winterschlaf als Strategie zur Nicht in allen Jahren kommen Buche oder hervorragenden Kletterfähigkeiten sind, Fressfeindvermeidung weiter ausgebaut Eiche zur sogenannten Mast. In Ausfall- bekommen sie schon früh im Sommer mit, haben. Als Kleinsäuger auf Nahrungssuche jahren fehlt diese Nahrungsquelle und das ob energiereiche Samenknospen wachsen. ist man leichte Beute für Eulen, Käuze, Futterangebot sieht für den Siebenschläfer Schon ab Juni zählen die wachsenden Sa- Marder und Co., unter der Erde entkommt man dieser Gefahr. Es scheint also die be- ste Lösung, einfach ein Jahr zu verschlafen, bis die Bedingungen wieder optimal für die Jungenaufzucht sind. Nicht alle Tiere einer Population können sich allerdings diesen frühen Start in den Winterschlaf leisten. Sind die Fettvorräte knapp, verbinden die Tiere kurze Phasen der Energieeinsparung (Short Torpor) mit nächtlicher Futtersuche. Nur tagsüber für 6-12 Stunden gehen sie in den sogenannten Torpor und senken da- bei kurzfristig die Stoffwechselrate und die Körpertemperatur ab (in Abbildung 1 oben ist diese Strategie zu sehen). So schaffen es die Tiere auch bei eher knappem Futteran- gebot neue Fettreserven anzulegen. Es ver- bleibt für diese Tiere natürlich die Gefahr, auf der Futtersuche von einem Feind über- rascht zu werden. Eine fette Delikatesse Die Fähigkeit des Siebenschläfers, sich sei- Abbildung 1: In beiden Graphen ist in rot die Körpertemperatur von einem Siebenschläfer (Tb) und in blau die Umge- ne Fettvorräte nicht nur für einen Winter, bungstemperatur (Ts), gemessen 60 cm tief in der Erde, aufgetragen. Im oberen Graphen sieht man ein Tier, das fast sondern sogar noch für das folgende Jahr neun Monate Winterschlaf gehalten hat und auch in der Aktivitätsperiode immer wieder tiefe Körpertemperaturen zeigt (Short Torpor). Im unteren Graphen sieht man einen Siebenschläfer, der über 11 Monate Winterschlaf gehalten hat. Beide anzufressen, macht ihn zu einem einzigart- Tiere wurden unter natürlichen Bedingungen im Wienerwald gemessen. igen Schwergewicht. In Menschenobhut, 18 Jagd in Tirol 11 | 2016 Fotos: Bieber (3), Grafik: Bieber (1)
Siebenschläfer Wild & Ökologie Wenn noch nicht ausreichend Fettreserven angefressen wurden, wechseln die Tiere zwischen einer kurzen Phase des Energieeinsparens und der bei sehr guter Nahrung, kann der um die Krügen, wurden die Siebenschläfer gehal- nächtlichen Futtersuche. 100 g kleine Säuger schon mal 300 g auf die ten und mit bestem Futter, wie Nüssen und Waage bringen. Ist Futter vorhanden, kennt Esskastanien versorgt. Nach alten Über- er kein Maß. Durch unsere Forschungser- lieferungen gab es sogar spezielle Rezepte Jungbrunnen gebnisse wissen wir jetzt, dass dies keine für die Zubereitung des Siebenschläfers, Aus evolutionsbiologischer Sicht ist der Sie- unbegründete Fresslust ist, sondern eine so gab es z. B. den honigbestrichenen und benschläfer spannend, da er ein sehr kleines weise Strategie, die schon für Jahre voraus- mit Mohn bestreuten Braten. Sogar Wett- Säugetier ist, aber in manchen Jahren kom- plant. Schon die alten Römer machten sich kämpfe wurden ausgetragen, bei denen der plett auf die Aufzucht von Jungtieren ver- die Fähigkeit des Siebenschläfers, Fett zu schwerste Siebenschläfer prämiert wurde. zichtet. Im Vergleich zu einer Maus oder speichern, zu Nutze. Bereits der römische Diese Zeiten sind aber lange vorbei und Ratte, die viele Würfe pro Jahr aufziehen Feldherr Lucullus (117-57 v. Chr.) be- lediglich der englische Name des Sieben- können, ist der Siebenschläfer damit deut- schrieb den Siebenschläfer als Delikatesse. schläfers „edible“ dormouse verweist noch lich im Nachteil. Dass Siebenschläfer noch In sogenannten Dolien, großen irdenen auf diese historischen Überlieferungen. nicht ausgestorben sind, sondern auch heute
Wild & Ökologie Siebenschläfer Ist ausreichend Futter vorhanden, kennt der Sieben- schläfer kein Maß und futtert sich, in weiser Voraussicht, Fettreserven an, die für mehr als ein Jahr ausreichen. und Funktionsweisen von Lebewesen und ihrer Umwelt zu erfahren. Dies ist auch ein wichtiger Aspekt, um mögliche Einflüsse des Klimawandels auf unsere belebte Umwelt abschätzen zu können. Besonders Lang- zeitstudien, wie unsere über eine Populati- on des Siebenschläfers im Wienerwald, die bereits seit 2006 läuft, tragen dazu bei, zu erkennen, wie sich z. B. Klimaänderungen auf eine Tierpopulation auswirken. Im Bereich der Grundlagenforschung geht es darüber hinaus, aber auch um weitere große Fragen unserer Zeit. Warum können Siebenschläfer sich so fett fressen, ohne Nachteile wie Diabetes oder Bluthochdruck zu haben? Kann man vielleicht eines Tages Menschen in den Winterschlaf versetzen und dadurch zu entfernten Galaxien reisen? Eine Frage, der wir am Forschungsinstitut direkt nachgehen, ist, wie Siebenschläfer es schaffen, so alt zu werden und dabei gesund und munter zu bleiben. Hierfür untersu- chen wir auf Zellebene, wie Reparaturme- chanismen funktionieren. Damit hoffen wir, einen Teil zur Erforschung von allge- meinen Alterungsprozessen beizutragen. Wer weiß, vielleicht wird der Siebenschlä- fer doch noch einmal zum Jungbrunnen – nämlich dann, wenn wir sein Geheimnis für ein langes Leben entdeckt haben. ❙ Literatur: noch unsere Wälder bevölkern, liegt daran, Jungbrunnen ist. Im Gegenteil, der Körper ➠ Bieber, C., et al. (2014). „Body dass sie viel länger leben als z. B. Mäuse. Auf scheint unter der Winterschlaf-Situation mass dependent use of hibernation: die Lebenszeit gesehen ist die Anzahl der eher zu leiden. Wenn es die Fettvorräte er- why not prolong the active season, Nachkommen beim Siebenschläfer also mit lauben, vermeiden die Tiere zu tiefe Tem- if they can?“ Functional Ecology 28(1): der Maus vergleichbar, er hat nur, im Gegen- peraturen und zeigen auch mehr Arousals. 167-177. satz zur Maus, eine sogenannte „langsame“ Vielmehr scheinen die Siebenschläfer wäh- ➠ Hoelzl, F., et al. (2015). „How to Lebenszyklusstrategie. Tatsächlich können rend der sommerlichen Aktivitätssaison ihre spend the summer? Free-living Siebenschläfer bis zu 13 Jahre alt werden, Zellen zu reparieren und gesund zu erhalten. dormice (Glis glis) can hibernate for 11 months in non-reproductive years.“ was durch eine Freilandstudie belegt wur- Wie genau diese Vorgänge auf Zellebene ab- Journal of Comparative Physiology B de. Das ist für so ein kleines Tier natürlich laufen, ist noch unklar und Gegenstand wei- 185(8): 931-939. enorm und man fragt sich, wie diese Tiere terer Grundlagenforschung am Forschungs- ➠ Vietinghoff-Riesch, A. F. v. (1960). das schaffen. Zum einen liegt es sicher da- institut für Wildtierkunde und Ökologie. Der Siebenschläfer. Jena, Gustav ran, dass sie lange Winterschlaf halten und Fischer Verlag. dadurch ihren Fressfeinden ausweichen. Ge- ➠ Wilz, M. and G. Heldmaier (2000). fressen zu werden ist immerhin Todesursa- Nutzen für den Menschen? „Comparison of hibernation, estivation che Nr. 1 für einen kleinen Säuger. Trotzdem, Immer wieder werden wir gefragt, wofür and daily torpor in the edible dormouse, auch die Körperfunktionen müssen mitspie- man das alles wissen muss und was der Glis glis.“ Journal of Comparative len. Neueste Ergebnisse zeigen uns, dass der Mensch von dieser Forschung hat. Natür- Physiology B 170(7): 511-521. Winterschlaf allerdings nicht der körperliche lich geht es uns darum, die Zusammenhänge 20 Jagd in Tirol 11 | 2016 Fotos: Bieber (1)
✃ Auss chne und iden (Aesculus hippocastanum L.) sam meln Gewöhnliche ! Rosskastanie Familie: Rosskastaniengewächse (Hippocastanaceae) Wenn der Herbst ins Land zieht, die Nächte kühler werden und die Brunft des Rotwildes fast schon wieder vorbei ist, freuen sich viele über den Duft gerösteter Kastanien. Die leckeren Maroni sehen den Samen der Rosskasta- nien unserer Wälder zwar etwas ähnlich, doch die beiden Baumarten sind botanisch nicht näher miteinander ver- wandt. Trotzdem lohnt sich gerade aus jagdlicher Sicht ein Blick auf diese Baumart. Autor: Thomas Gerl Merkmale Standort Die Gewöhnliche Rosskastanie erreicht in ihrem Lebensalter von bis Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet zu 300 Jahren maximale Wuchshöhen von bis zu 30 m bei einer der Gewöhnlichen Rosskastanie liegt im Stammdicke von ca. einem Meter. Das beste Erkennungsmerkmal Balkangebiet in den Mittelgebirgen Grie- sind die fünf- bis siebenzählig gefingerten Laubblätter, die beacht- chenlands, Bulgariens und Albaniens. In liche Größen erreichen. An einem bis zu 20 cm langen Blattstiel Mitteleuropa war die Baumart zunächst sitzen die verkehrt-eiförmigen bis zu 20 cm langen Einzelfiedern. nicht zu finden und kam erst 1576 nach Die Ränder dieser Fiederblätter sind doppelt gesägt und laufen in Wien. Dort wurde die Art zunächst wegen eine auffällige Spitze aus. Die bei jungen Bäumen noch bräunliche- ihrer schönen Blüten und vor allem wegen glatte Borke vergraut mit zunehmendem Alter und bildet vielfach ihrer schattenspendenden Krone in der Risse aus, von denen größere Rindenstücke in Form von Platten Nähe von Siedlungen und den immer be- liebter werdenden Landschaftsgärten an- gepflanzt. Bald verwilderte sie von dort aus auch in unsere Wälder. Noch heute findet man die Gewöhnliche Rosskastanie in Tirol am ehesten im Siedlungsbereich und den Wäldern der unteren Tallagen. Die Baumart ist sehr lichtbedürftig und bevorzugt nähr- stoffreiche, frische Böden, die sie mit ihrem weit verzweigten Wurzelsystem erschließt. Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts beobachtet man in ganz Österreich einen starken Befall von Rosskastanien durch die Rosskastanienminiermotte. Durch die Aktivitäten dieser Schmetterlingsraupen werden die Blätter bereits im August braun MERKMALE DER GEWÖHNLICHEN ROSSKASTANIE: fünf- bis siebenzählig und fallen ab, was die Bäume schwächt gefingerte Laubblätter von beachtlicher Größe, die doppelt gesägt sind und und für weitere Infektionen durch Pilze prächtige Blütenstände, die wie große Kerzen emporragen oder Bakterien anfällig macht. Fotos: Manfred Ruckszio/shutterstock (1), Gerl (1), Aleksey Sagitov/shutterstock (1)
Wild & Ökologie XXXXX ✃ Graubraune Borke mit grobrissigen Platten Bestachelte Kapselfrüchte (Kastanien) Gegenständig sitzende Knospen abblättern. Im Winter lässt sich der Baum an den auffallend großen, sehr klebrigen Knospen am Ende der Zweige erkennen. Besonders prächtig sind die Blütenstände der Rosskastanie, die Ende April bis Anfang Mai wie große Ker- zen die Bäume schmücken. Viele weiße Einzelblüten bilden eine Rispe, wobei jedes der 5 Kronblätter unbefruchteter Blüten einen gelben Fleck trägt. Nach der Befruchtung stellt die Blüte die Nektarproduktion ein und der anfangs gelbe Fleck verfärbt sich rot. Dies nutzen Bestäuber als Signal, dass sie diese Blüte nicht mehr anfliegen müssen. Aus den befruchteten Blüten entwickeln sich die charakteristischen Früchte, die in einer bestachelten Hülle den braun glän- zenden, recht großen Samen umschließen. Im reifen Zustand fallen die Früchte im Herbst von den Bäumen, wobei der stachelige Mantel aufplatzt und die Samen freisetzt. Rosskastanien sind bereits in einem für Bäume sehr jungen Alter von nur 15 Jahren “mannbar”, d. h. ab dieser Zeit können sie sich geschlechtlich fortpflanzen und Früchte bilden. Wissenswertes Das Holz der Rosskastanie lässt sich für Furnierarbeiten und Schnitze- reien nutzen. Weit wichtiger ist die Art aber noch immer als beliebter Zier- und Schmuckbaum in Gärten, Parks und Alleen. Mittlerweile exis- tieren auch zahlreiche Kreuzungen und Sorten, die unterschiedliche Blütenfarben zeigen. Wegen ihrer bereits erwähnten dichten Krone pflanzten die Brauer früherer Zeiten Rosskastanien über ihren Bierkellern an, damit die möglichst lang im küh- len Schatten liegen. Noch heute findet sich manch einer dieser Bäume in lauschigen Biergärten. Die „Kasta- nien“ selbst enthalten Saponine, die als natürliches Waschmittel genutzt werden können. Für Menschen sind die Samen schwach giftig und sollten im Gegensatz zu den wohlschmeckenden Maroni auf keinen Fall verzehrt werden. Für Rot- und Rehwild stellen die Samen eine Bereicherung des Winternahrungsangebots dar, das sie gerne annehmen. Im Gegensatz dazu werden Rosskastanien vom Schwarzwild gemieden. Ganz besonders beliebt sind die Rosskastanien bei kleinen Kindern, die mit ihren Eltern und Großeltern im Herbst nach den braunen Samen suchen, um daraus mit viel Freude „Kastanienmännchen“ oder Schmuck- stücke aus Naturmaterialien zu basteln und so spielerisch ihre Kreativität und Feinmotorik schulen. 22 Jagd in Tirol 11 | 2016 Fotos: Whiteaster/shutterstock (2), Gerl (1), haraldmuc/shutterstock Foto: (1)Thomas Kranabitl
Leseprobe Jäger & Revier Wilddichten und Bestandesdynamik Foto: Stähli (1) Jagd in Tirol 11| 2016 23
Jäger & Revier Leseprobe Buchauszug aus dem Buch „Fuchs“ von Hubert Zeiler, erschienen im Österreichischen Jagd- und Fischerei-Verlag, Wien. E in Großteil der Jungfüchse überlebt gefährdet. Sie müssen auch mit schlechteren den mit etwa 4,8 Kilometer/Monat aus und das erste Jahr nicht. Ältere Studien aus Revieren vorliebnehmen. Das Geschlech- verringerte die Fuchsbestände massiv – lo- Ostdeutschland haben gezeigt, dass terverhältnis beim Zuwachs ist nach der kal erloschen auch Fuchsbestände. In vielen sich dort der Fuchsbestand alljährlich im Geburt noch ausgeglichen, verschiebt sich Ländern erreichte die Seuche zwei Gipfel, Frühjahr verdreifachte. Im Durchschnitt fiel dann aber rasch zugunsten der Rüden. Die während derer besonders viele Füchse ver- ein Junges während der ersten vier Wochen Auswertung von Jagdstrecken legt immer endeten. Aufgrund von Impfaktionen ist aus. Die durchschnittliche Lebenserwartung wieder nahe, dass unter erwachsenen Füch- diese gefährliche Krankheit dann schließ- lag wegen der hohen Jungensterblichkeit bei sen die Rüden überwiegen. In Polen weist lich aus den meisten Ländern verschwun- zwölf bis fünfzehn Monaten. Nur wenige man in dem Zusammenhang jedoch auf ei- den, und die Fuchsbestände haben sich seit Füchse wurden älter als sechs Jahre. In je- nen selektiven Effekt der Jagd am Luderplatz Anfang der 1990er-Jahre wieder rasch er- dem Jahr wurden rund zwei Drittel des Be- hin: Die Rüden sind angeblich mehr aktiv, holt. Der Anstieg der Jagdstrecken war da- standes ersetzt. Dabei sprechen wir aber von und sie stecken weniger häufig in Bauen. nach innerhalb kurzer Zeit oft enorm. Zeiten, in denen die Tollwut noch ein aktu- Besonders im Winter zur Ranzzeit und wäh- In Österreich wurden die Fuchsstrecken in- elles Thema war. Man nimmt an, dass Re- rend der Wanderphase trifft dies sicherlich nerhalb weniger Jahre von rund 30.000 auf vierbesitzer länger leben. Füchse, die wan- zu. Nicht nur Jagdstrecken, auch andere Er- knapp 50.000 angehoben. Derzeit pendelt dern, sind durch Verkehr und Jagd stärker hebungsmethoden führen zu dem Schluss, hier die jährliche Strecke zwischen 55.000 dass die Rotfuchsbestände in Mitteleuropa und 60.000 Füchsen jährlich. Vor der letz- während der letzten drei Jahrzehnte um ten Tollwutepidemie wurden im Durch- ein Vielfaches zugenommen haben. Dabei schnitt etwa 40.000 Füchse erlegt; wir lie- Kurz & bündig gab es die stärkste Zunahme in den meisten gen also heute deutlich darüber. Aus der Ländern Anfang der 1990er-Jahre. Schweiz wird berichtet, dass die Strecken ➠ Füchse lassen sich in ihrem Sozialver- Meist wird dies in Zusammenhang mit der nach der Impfaktion um das Fünffache (!) halten nicht auf ein einfaches Schema reduzieren. Ein Grundmuster gibt es Impfung gegen die Tollwut gebracht: Mitte angestiegen sind. In Deutschland gab es jedoch schon: Rüde, Fähe und Welpen der 1970er- bis Ende der 1980er-Jahre konn- Streckenzunahmen um 300 Prozent. Aus bewohnen ein gemeinsames Revier. te man um das Thema Tollwut in Mitteleu- Belgien wird für den Zeitraum nach der Der Rüde ist jedenfalls Teil der Familie! ropa nicht herum, wenn es um die Bestan- Tollwutimpfung gemeldet, dass die Anzahl ➠ Der Fuchsbau steht vor allem zur Zeit desdynamik beim Rotfuchs ging. Die Epi- der Füchse je Quadratkilometer um 300 der Welpenaufzucht im Mittelpunkt demie breitete sich Ende der 1930er-Jahre, Prozent zugenommen hat. Doch ist dies des Fuchslebens, dann erst wieder in ausgehend von Polen, nach Westen und Sü- alles nur auf die erfolgreiche Bekämpfung der Ranzzeit. ➠ Die Fuchswelpen werden meist zwischen Ende März und Mitte April geboren. Sie sind Nesthocker und kommen blind zur Welt. Nach zehn Tagen öffnen sie die Augen, bald darauf erscheinen sie vor dem Bau. Bis etwa Ende Juni bleiben sie in der Umgebung des Baues. Mit rund einem halben Jahr sind sie erwachsen, und im Herbst geht ein Großteil von ihnen auf Wanderschaft. Vor allem die jungen Rüden wandern ab und machen sich auf die Suche nach einem eigenen Revier. ➠ Jungfüchse erreichen in ihrem ersten Herbst die Geschlechtsreife. Die Ranz geht von Anfang Jänner bis Ende Februar. Die Fähe wölft nach ungefähr 50 Tagen drei bis sechs Junge. ➠ Die höchsten Dichten erreichen Füchse heute in Stadtgebieten. Hier sind Reviere von Fuchsfamilien oft nur knapp 30 Hektar groß. ➠ Es gibt heute kaum eine größere Stadt in Mitteleuropa, in der Füchse nicht vorkommen. 24 Jagd in Tirol 11 | 2016 Foto: Stähli (1)
Sie können auch lesen