5/2017 Die Zeitschrift des BA YERISCHEN GEMEINDET AGS
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
" "&"" " '%$!&%' $'%'%&#!#' B 6015 E %#'& $!&''$!'$& % '% #&!' &'$#'$&'# Bayerischer Gemeindetag 5/2017 European Eu urop pean n Energy Ene ergy y Award A ard – die Aw e strahlenden stra ahle enden n Gewinner Ge ewin nner aus aus Bayern Bay yern gemeinsam gem meins sam mit ihren ihre en Laudatoren La auda atore en BAYERISCHEN GEMEINDETAGS Die Zeitschrift des BayGT-mobil App: http://www.bay- gemeindetag.de baygt@bay-gemeindetag.de
Bayerischer Gemeindetag Inhaltsverzeichnis QuintEssenz Editorial Roland Wiedemann und Martin Sambale: Der European Energy Award in Bayern – Managementsystem mit Auszeichnung Interview mit StM Ulrike Scharf: Die Jugend ist der wichtigste „Nachwachsende Rohstoff“ – Nachhaltige Kommunalentwicklung bleibt zentrales Zukunftsthema Dr. Andreas Gaß: Erleichterungen bei der interkommunalen Zusammenarbeit Hardy Loy und Dr. Juliane Thimet: DWA-Sondernachbarschaften „Kleine Kläranlagen“ – Fortbildung und Erfahrungsaustausch für das Betriebspersonal Prof. Dr.-Ing. Karsten Kerres: Rückblick – 30. Lindauer Seminar – Die wasserwirt- schaftliche Verantwortung in Politik und Technik (( ((# #$''(!$("'((((((((((((((((((((((((((((((((((((( '%&!"!&'#'( "(%#!"'%#'"%&&'&($&(%#!"'%#'"(%&('&( $&!'"!#$&'&(%($&%($&($%( Dokumentation: BayGT-Presseinfo 20/2017 vom 20.04.2017: Flüchtlingskrise – Freistaat Bayern und Gemeinden Hand in Hand auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum für anerkannte Asylbewerber(((((((((((((((((((((((((( BayGT-Presseinfo 21/2017 vom 21.04.2017: Bauen muss bezahlbar bleiben! Deponien nehmen kaum noch Bauschutt und Bodenaushub an((((((((((((((((((( Übersendung von Gerichtsentscheidungen an die Geschäftsstelle Die Auskunfts- und Beratungstätigkeit der Geschäftsstelle hängt in einem hohen Maße davon ab, wie gut der Informationsfluss zwischen Mitgliedskörperschaften und der Geschäftsstelle ist. Wir bitten deshalb unsere Mitglieder dringend, uns gerichtliche Entscheidungen umgehend zu überlassen und uns über anhängige Verfahren bei den Verwaltungsgerichten oder bei den obersten Bundesgerichten zu informieren, damit andere Mitglieder schnell und zeitnah von diesen Erfahrun- gen profitieren können. BAYERISCHER Verantwortlich für Erscheinungsweise monatlich; Anzeigenverwaltung: Redaktion und Anzeigen: Bezugspreis EUR 33,– jährl.; Bayerischer Gemeindetag GEMEINDETAG Jessica Hövelborn, bei Mitgliedern im Beitrag enthalten Katrin Zimmermann, Tel. 0 89 / 36 00 09-43 Herausgeber und Verlag: Bayerischer Gemeindetag © Bilder: BayGT Druck, Herstellung und Versand: Bayerischer Gemeindetag, Dreschstraße 8, 80805 München © Titelbild: eza!/Hermann Rupp Druckerei Schmerbeck GmbH Körperschaft des öffentlichen Rechts; Tel. 0 89 / 36 00 09-38 Gutenbergstraße 12 Geschäftsführendes Präsidialmitglied E-Mail: baygt@bay-gemeindetag.de 84184 Tiefenbach b. Landshut Direktor Dr. Franz Dirnberger
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz Wichtiges in Kürze 197 Titelthema Nachhaltige Kommunal- Interkommunale Klimaschutz entwicklung Zusammenarbeit Der European Energy Umweltministerin im Erleichterungen und Award in Bayern BayGT-Interview Klarstellungen Mehr als 23 Millionen Menschen in „Jede Kommune in Bayern kann Über die Chancen, Möglichkeiten Deutschland wohnen eigentlich durch nachhaltige Entwicklung ei- und rechtlichen Hürden bei inter- schon in „Klimaschutzkommunen“: nen wichtigen Beitrag zum Klima- kommunalen Zusammenarbeiten, Denn 266 Städte und Gemeinden und Ressourcenschutz leisten“, sagt insbesondere im Hinblick auf sowie 46 Kreise bzw. Landkreise neh- Staatsministerin Ulrike Scharf. Denn • das Vergaberecht, men derzeit am European Energy sie investiere damit vor allem in ihre • das Umsatzsteuerrecht und Award teil und sorgen für mehr „Zukunftsfähigkeit“. Auch die Ju- • das Recht der Arbeitnehmerüber- Klimaschutz und Energieeffizienz gend sei ein wichtiger Standortfak- lassung (www.european-energy-award.de). tor. Welche thematischen Schwer- haben wir in der Augustausgabe Grund genug, das Titelthema des punkte durch das bayerische Um- 2014 des „Bayerischen Gemeinde- Mai-Heftes 2017 dem großen klima- weltministerium, das das feder- tag“ hingewiesen. und umweltpolitischen Engagement führende Ministerium für die Baye- Zwischenzeitlich sind in diesen bayerischer Kommunen zu widmen. rische Nachhaltigkeitsstrategie ist, Rechtsbereichen einige Erleichte- Klimaschutz ist jedoch keine kom- aktuell gesetzt werden und welche rungen in Kraft getreten bzw. – zu- munale Pflichtaufgabe, obwohl die Rolle die bayerischen Gemeinden mindest teilweise – Klarstellungen Kommunen mit dem Thema dabei spielen können, erläutert die erfolgt, über die Dr. Andreas Gaß, „Energieeffizienz“ durchaus punk- Bayerische Umweltministerin im Referent für Kommunalverfassungs- ten können, wie dies die aktuellen Interview ab Seite 210. In jedem recht und kommunales Wirtschafts- European Energy Award-Preisträger Fall erhalten die Kommunen eine recht beim Bayerischen Gemeinde- aus Bayern tun. Ab Seite 200 wer- gute Unterstützung vom Zentrum tag, ab Seite 214 informiert. den diese von Roland Wiedemann für nachhaltige Kommunalentwick- und Martin Sambale vom eza!, dem lung in Bayern (www.kommunal- Energie- und Umweltzentrum All- nachhaltig.de). gäu vorgestellt. Das Interview führte Jessica Hövel- born, Bayerischer Gemeindetag. Sicht des BayGT Klimaschutz und Energieeffizienz in den gemeindlichen Liegenschaften BayGT-Pressegespräch und Anlagen haben zwar Bezug zu- einander. Aber eine wirkungsvolle kommunale Klimaschutzpolitik muss sich im Klaren darüber sein, dass die gemeindlichen Liegenschaften und Anlagen im Druchschnitt mit nur 2 bis 3 Prozent zum CO2-Ausstoß in einer Gemeinde beitragen, während den Löwenanteil die Privaten und das Gewerbe ausmachen. „Im Sinne der Pariser Klimaschutzziele sollte daher eine effiziente kommunale Klimaschutzpolitik viel stärker den CO2-Ausstoß der Gemeindebürger im Fokus haben,“ sagt Stefan Graf, Energiereferent des Bayerischen Ge- „Aktuelle kommunalpolitische Herausforderungen“ standen auf dem Programm der meindetags. Antworten auf die Fra- Versammlung des Bezirksverbands Oberbayern des Bayerischen Gemeindetags am 5. und 6. April 2017 in Unterneukirchen (Landkreis Altötting) (s. Seite 228). ge, inwieweit der European Energy Im Pressegespräch (s. Bild) nahmen der Chef der Bayerischen Staatskanzlei, Award ein Managementinstrument Staatsminister Dr. Marcel Huber (Mitte), Bezirksverbandsvorsitzender Erster Bürger- ist, das ähnlich dem Energienut- meister Josef Steigenberger (rechts) und das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Franz Dirnberger (links), ausführlich Stellung zungsplan jeder Gemeinde empfoh- zur Flüchtlingsthematik, zum E-Government, zu den Herausforderungen des Hoch- len werden könne, gibt Graf auf wasserschutzes bis hin zu Altlastenproblemen. An der Bezirksversammlung hatte Seite 208. auch Regierungspräsidentin Brigitta Brunner teilgenommen. © BayGT
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz 198 Wasserwirtschaft Rückblick Ausblick DWA-Sondernachbar- 30. Lindauer Seminar 47. Führungskräftetagung schaften „Kleine Klär- Die Zukunftsfähigkeit der Siedlungs- der Wasserwirtschaft anlagen“ entwässerung ist nicht nur ein tech- Vom 16. bis 19. Mai 2017 hatte der Was für das technische Personal der nisches Thema, sondern vor allem Bayerische Gemeindetag nach Ro- Wasserversorger die Wasserwerks- auch ein Thema von äußerst hoher thenburg ob der Tauber zur Füh- nachbarschaften Bayern e.V. sind gesellschaftlicher Relevanz. Auf dem rungskräftetagung der Wasserwirt- (www.wwn-bayern.de), das sind für 30. Lindauer Seminar standen diese schaft eingeladen. Im Laufe der Jah- das technische Personal der Abwas- wasserwirtschaftlichen Herausfor- re hat sich die Tagung zu einer be- serentsorger die Kanal- und Kläran- derungen auf dem Programm. Die deutenden Informationsplattform lagen-Nachbarschaften (www.dwa- thematischen Zusammenhänge entwickelt. Programm und weitere bayern.de). Beide haben den Zweck wurden aus Sicht der Gesetzgebung, Informationen unter: www.baygt- der ständigen Weiterbildung des Be- der Betreiber, der Planer und der kommunal-gmbh.de. Ein Nachbe- triebspersonals der Anlagen und Anwender vorgestellt und von den richt erscheint in Kürze im „Bayeri- bieten viele Möglichkeiten für den rund 480 Teilnehmern und 26 Re- schen Gemeindetag“. Erfahrungsaustausch und die Ver- ferenten angeregt diskutiert. Dr. Ju- netzung vor Ort. liane Thimet formulierte in ihrem 31. Lindauer Seminar Hardy Loy, DWA-Landesverband Vortrag Forderungen und Empfeh- Am 8. und 9. März 2018 findet das Bayern, und Dr. Juliane Thimet, lungen des Bayerischen Gemeinde- nächste Lindauer Seminar statt. Auf Bayerischer Gemeindetag – sie ist tags zu aktuellen Herausforderun- dem Programm stehen wieder die u.a. Mitglied im DWA-Beirat der gen an den Kanalbetrieb aus Sicht relevanten Themen zur praktischen Kanal- und Kläranlagen-Nachbar- der Betreiber. Die Tagung wurde in Kanalisationstechnik und zur In- schaften – stellen ab Seite 220 die bewährter Weise von Prof. Max standhaltung von Kanalisationen. DWA-Sondernachbarschaften „Klei- Dohmann, Aachen, und Prof. F. Wolf- Highlights werden ein neues Ausstel- ne Kläranlagen“ vor und erläutern gang Günthert, DWA-Landesver- lungskonzept und die modernisierte ausführlich die Möglichkeiten der band Bayern, geleitet. Prof. Karsten sowie erweiterte Lindauer Insel- Fortbildung und des Erfahrungsaus- Kerres, Aachen, fasst die Ergebnisse halle sein. Informationen unter: tausches für das Betriebspersonal. der Tagung ab Seite 223 zusammen. www.jt-elektronik.de Zu Gast beim Bayerischen Gemeindetag Eine Delegation des tunesischen Verbands der Verwaltungsrichter informierte sich bei einer von der Hanns-Seidel-Stiftung organi- sierten Informationsreise u.a. über die kommunale Selbstverwaltung in Bayern. Auch für die Referenten der Geschäftsstelle, Kerstin Stuber (4.v.l.) und Dr. Andreas Gaß (6.v.l.), war das Treffen ein fruchtbarer Austausch. ©BayGT
5/2017 Bayerischer Gemeindetag 199 Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum! Aber wie? „Die Förderung des Baues billiger Volks- für zuständige Bund zuckt nur mit den wohnungen ist Aufgabe des Staates und Schultern. Im Übrigen ebenso bei der seit der Gemeinden.“ So formuliert es Art. 106 Jahren vom Bayerischen Gemeindetag er- Abs. 2 der Bayerischen Verfassung in einer hobenen Forderung nach einer erhöhten zwar etwas altertümlich anmutenden, nichts- Grundsteuer für unbebaute, aber bebau- destotrotz aber klaren Weise. Die Gemein- bare Grundstücke. Aber zu einer solchen den sind also in einer besonderen Pflichten- Steuererhöhung kann sich die Bundespoli- stellung, wenn es darum geht, Bevölke- tik einfach nicht durchringen. rungsschichten, die sich das auf dem frei Es geht weiter mit der Baurechtsschaffung. finanzierten Wohnungsmarkt nicht leisten Immerhin wird in Kürze ein erleichtertes können, mit Wohnraum zu versorgen. Planungsverfahren für Wohngebiete an Diese Aufgabe wird in den nächsten Jahren den Ortsrändern gelten, das es im Übrigen immer herausfordernder werden. Das liegt ohne das Engagement des Bayerischen nicht nur daran, dass wir in Bayern Wohnun- Gemeindetags und der Obersten Baube- gen für viele Tausende Flüchtlinge und an- hörde nicht gegeben hätte. Aber das ist viel erkannte Asylbewerber brauchen, sondern zu wenig! Wenn weiterhin durch vielfältige hat auch damit zu tun, dass gerade jetzt – teilweise weit überhöhte – Forderungen viele Sozialwohnungen aus der Bindung der Fachbehörden Baulandausweisungen fallen und gleichzeitig der Kreis der prinzi- blockiert werden, erlischt die entsprechen- piell Berechtigten steigt. Die Wohnungsnot de Motivation bei den Gemeinden rasch. nicht nur im Ballungsraum München, son- Wir brauchen gerade in der Bauleitplanung dern auch in vielen anderen Teilen Bayerns eine Kultur der Lösung und nicht der Ver- ist groß. hinderung. Landratsämter und Regierungen müssen sich noch stärker als Partner der Spricht man mit staatlichen Verantwortungs- Gemeinden verstehen, die nicht ständig da- trägern über dieses Thema, wird gerade in rüber nachdenken, warum etwas nicht letzter Zeit doch recht unverhohlen darauf geht, sondern überlegen, wie man das Ziel hingewiesen, dass die Gemeinden durch- erreicht. aus mehr tun könnten und sich jedenfalls zum Teil nicht hinreichend engagieren wür- Und schließlich die Umsetzung des Bau- den. Bei den großzügigen Hilfestellungen, rechts. Auch hier Hürden über Hürden. Das die der Freistaat vor allem in der 2. Säule reicht vom europarechtlich ausgelösten seines Wohnungsbauprogramms gewähre, Ausschluss gemeindlicher Wohnungsbau- sei es fast unverständlich, dass die Nach- gesellschaften von der 2. Säule über kom- frage nach dieser Förderung so schleppend plizierte Ausschreibungsverfahren bis hin verlaufe. zur teuren Deponierung von einfachem Bodenaushub als Abfall. Das sind nur Bei- Ein solcher Vorwurf greift viel zu kurz. Viele spiele, die aber schlaglichtartig verdeut- Gemeinden würden sich liebend gern der lichen, wie es nicht sein sollte. Aufgabe des Wohnungsbaus widmen, sehen Wohnungsbau ist eine gemeinsame Aufga- sich aber immer höheren Hürden gegen- be der Gemeinden und des Staates. Es gäbe über. viele Stellschrauben, die vom Land und Das beginnt bei der Grundstücksverfügbar- vom Bund gedreht werden könnten, damit keit. Welcher Landwirt ist heutzutage noch man wirklich vorankommt. Die Gemeinden bereit, einer Kommune ein Grundstück zu werden jedenfalls das Ihre leisten! einem angemessenen Preis zu verkaufen? Abgesehen davon, dass er für den Kaufpreis seiner Bank eventuell noch Strafzinsen be- zahlen muss, ist die steuerliche Belastung bei der Entnahme der Flächen aus dem Betriebsvermögen extrem hoch. Hier könn- ten durch Steuerentlastungen bzw. verbes- Dr. Franz Dirnberger serte Reinvestitionsmöglichkeiten echte Geschäftsführendes Präsidialmitglied Fortschritte erreicht werden. Doch der hier- des Bayerischen Gemeindetags
200 Bayerischer Gemeindetag 5/2017 Der European Energy Award in Bayern Managementsystem Mehr als 23 Millionen Menschen „Die Kommunen sind am nächs- in Deutschland wohnen in Kli- mit Auszeichnung ten an den Menschen dran“, so maschutzkommunen: 266 Städ- hat es der Bundesminister für te und Gemeinden sowie 46 Roland Wiedemann und wirtschaftliche Zusammenar- Kreise bzw. Landkreise nehmen beit und Entwicklung Dr. Gerd Martin Sambale* derzeit am European Energy Müller unlängst formuliert. Und Award teil und sorgen für mehr bei dieser Gelegenheit gleich Klimaschutz und Energieeffizienz, so Trump per Dekret der amerikani- noch daran erinnert, was passiert, lautet die frohe Botschaft auf der schen Kohleindustrie mehr Freiheiten wenn die Klimaerwärmung nicht in offiziellen Homepage des European gewährt. Selbst Deutschland, das sich einer gemeinsamen Kraftanstrengung Energy Awards, www.european-energy- gerne als Vorbild in Sachen Klima- gestoppt werden kann: „Dann ma- award.de. schutz sieht, muss eingestehen, dass chen sich bis zu 200 Millionen Men- Groß waren auch die Freude und die es die selbstgesteckten Ziele wohl schen auf den Weg Richtung Norden, Hoffnungen, als sich im Dezember nicht erreichen wird. weil sie ihre Lebensgrundlagen ver- 2015 in Paris 196 Vertreter der Staa- Am mangelnden Willen seitens der loren haben.“ tengemeinschaft auf einen Klimaver- Kommunen liegt das sicher nicht. Wie trag zur Eindämmung der Erderwär- auf vielen Politikfeldern werden auch Keine kommunale Pflichtaufgabe – mung geeinigt hatten. „Ein Tag für die beim Thema Energie und Klimaschutz Kommunen punkten aber mit Geschichtsbücher“,„Meilenstein“,„his- die wichtigsten Entscheidungen auf Energieeffizenz torisches Ereignis“ hieß es damals. Bundes- oder Landesebene getroffen Es war die Verleihung des European Knapp eineinhalb Jahre später ist die und die Kommunen müssen das Be- Energy Award (eea) an fünf baye- anfängliche Euphorie für Energieeffi- ste aus oft schwierigen Rahmenbe- rische Städte und Gemeinden im Ja- zienz und Klimaschutz einer gewissen dingungen machen. Und dennoch nuar 2017 in Kempten, deren Projekte Ernüchterung gewichen. Nicht erst spielen auch hier die Gemeinden, Städ- im Folgenden vorgestellt werden. Bei seit der neue US-Präsident Donald te und Landkreise eine zentrale Rolle. der Preisverleihung hielt Bundes- minister Müller ein flammendes Plä- doyer für mehr Energieeffizienz und die stärkere Nutzung von erneuer- barer Energie – zum Wohle aller Men- schen auf dem Erdball. Nach Ansicht von Martin Sambale vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!), das für den Verein Bayerische Energie- agenturen e.V. die Landesgeschäfts- stelle für den European Energy Award führt, ist Klimaschutz zwar keine kom- munale Pflichtaufgabe, allerdings wür- den Aktivitäten in diesem Bereich für die Kommunen viele Chancen bieten. Der eza!-Geschäftsführer wies darauf hin, dass damit beispielsweise ein at- traktives Lebensumfeld gestaltet wer- den könne und auch positive wirt- Stolze eea-Preisträger und Laudatoren: die Bürgermeister und Energieteam-Mitglieder schaftliche Effekte mit dem Klima- der ausgezeichneten Kommunen zusammen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, dem eza!-Geschäftsführer Martin Sambale schutz verbunden wären, beispiels- und dem Vertreter der Bundesgeschäftsstelle des European Energy Award Leonhard Meyer. © eza! / Hermann Rupp * Roland Wiedemann und Martin Sambale, eza! Energie- und Umweltzentrum Allgäu gemeinnützige GmbH
5/2017 Bayerischer Gemeindetag 201 weise bei den kommunalen Liegen- schaften und Anlagen. Einen Beleg dafür liefert auch die Stadt Lindau. Dort wurde im Rahmen der eea-Teilnahme unter anderem ein klimafreundliches Mobilitätskonzept („KliMo“) entwickelt, mit dessen Hilfe der motorisierte Individualverkehr auf der Insel reduziert werden soll (s. S. 205). Das lässt nicht nur die Bewoh- ner aufatmen, sondern macht auch die Stadt am Bodensee für Touristen noch attraktiver – zum Vorteil der ört- lichen Tourismusbranche und des Einzelhandels. Das Mobilitätskonzept und viele andere vorbildliche Maß- nahmen sorgten letztlich dafür, dass Die bayerischen Gewinner des European Energy Award 2017 – (von links) Josef Wölfle Lindau in Rekordzeit die nötigen (1. Bürgermeister von Haldenwang), Walter Schnell (1. Bürgermeister von Kammerstein), Leonard Meyer (Bundesgeschäftsstelle European Energy Award), Reinhard Junginger Punkte für die European Energy (Stellvertreter von Neu-Ulms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg), Martin Sambale Award-Wertung gesammelt hatte. (Geschäftsführer Energie- und Umweltzentrum Allgäu), Dr. Gerd Müller (Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), Thomas Kiechle (Oberbürgermeister der Stadt Kempten), Gerhard Hock (1. Bürgermeister von Durach) und Matthias Kaiser eea – energie- und klimaschutz- (Stadtrat in Lindau in Vertretung von Oberbürgermeister Dr. Gerhard Ecker). politische Beratung inklusive © eza! / Hermann Rupp Der European Energy Award ist aber weit mehr als nur ein schöner Titel, Kommune und sorgt auch für einen Award ist beim Thema Klimaschutz in mit dem sich eine Kommune schmü- Austausch und die Vernetzung mit Kempten viel passiert,“ so Kemptens cken darf. Der European Energy Award anderen Landkreisen, Städten und Oberbürgermeister. bietet vor allem Begleitung und Bera- Gemeinden im Rahmen des eea-Pro- tung für Städte, Gemeinden und gramms. Am Ende wird dann in Pro- Weitere Informationen: Landkreise bei der Planung und Reali- zentpunkten bewertet, wieviel eine European Energy Award in Bayern sierung von energie- und klima- Kommune umgesetzt hat im Verhält- www.european-energy-award.bayern schutzpolitischen Zielen und Maß- nis zu den Aktivitäten, die bei der je- eza! nahmen. „Man muss sich die eea-Teil- weiligen Struktur der Kommune Energie- und Umweltzentrum Allgäu nahme wie einen Managementpro- machbar sind. Wenn dann ein exter- gemeinnützige GmbH zess vorstellen“, erklärte eza!-Geschäfts- ner Auditor dies überprüft und fest- Burgstraße 26 gestellt hat, dass ein Landkreis, eine 87435 Kempten (Allgäu) führer Martin Sambale. „Ziele werden www.eza.eu gesetzt, Projekte gestartet und der Stadt oder eine Gemeinde minde- Erfolg überwacht. Bei Bedarf wird auf stens 50 Prozent der für sie mögli- Martin Sambale chen Punkte erreicht hat, ist der Weg sambale@eza.eu Abweichungen reagiert, beziehungs- weise die Projekte werden an ge- zur Auszeichnung mit dem European Roland Wiedemann änderte Rahmenbedingungen ange- Energy Award frei. wiedemann@eza.eu passt.“ Kemptens Oberbürgermeister Thomas Bei diesem Prozess arbeitet ein Ener- Kiechle, der als Gastgeber der Feier- gieteam, bestehend aus Mitgliedern stunde den European Energy Award Auf den folgenden Seiten werden die des Stadt- oder Gemeinderats, Mit- in Gold aus Bundesminister Müllers bayerischen eea-Gewinner vorgestellt. arbeitern der Verwaltung und weite- Hand entgegennehmen durfte, be- Diese sind: ren Akteuren aus der Kommune an zeichnete den eea als „hervorragen- • Gemeinde Durach der Auswahl und der Umsetzung der des Instrument, mit dem es einer • Gemeinde Haldenwang Klimaschutzprojekte. Unterstützt wird Kommune gelingt, ausdauernd und • Gemeinde Kammerstein das Team dabei von einem externen zielgerichtet am Thema Klimaschutz • Stadt Lindau im Bodensee European Energy Award-Berater, der zu arbeiten“. Was auch an der Beglei- meist von einer regionalen Energie- tung durch externe Fachleute wie • Stadt Neu-Ulm agentur, beispielsweise von eza!, von eza! liege, die es dringend nach • Stadt Kempten kommt. Dieser Berater bringt Fach- Ansicht von Kiechle brauche. „Durch Im Anschluss nimmt der Energierefe- kompetenz und neue Impulse in die die Teilnahme am European Energy rent des Bayerischen Gemeindetags,
202 Bayerischer Gemeindetag 5/2017 Stefan Graf, zum European Energy mitglieder gaben in diesem Rahmen Award Stellung, s. S. 208. bereits die Tipps für die Hauseigen- tümer. Durach Zudem gelang es dem Energieteam Im schwäbischen Landkreis Oberall- durch eine gute Vorbereitung und gäu kann sich die Gemeinde Durach zahlreiche Gespräche mit Bedenken- über die Auszeichnung mit dem Euro- trägern im Gemeinderat einen positi- pean Energy Award freuen. In der ven Beschluss für die Errichtung einer Gemeinde wurde schon vor Jahren großen Photovoltaik-Anlage auf dem ein integriertes Klimaschutzkonzept Schulzentrum auf den Weg zu brin- erstellt. Schon damals hat sich ein gen, die die Gemeinde selbst be- engagiertes Energieteam gebildet, treibt. das auch heute als Motor bei der Um- Für ein Neubaugebiet entwickelten setzung des Klimaschutzkonzepts mit Vertreter des Energieteams ein Bau- dem European Energy Award fun- herren-Bonussystem für eine beson- giert. In dem örtlichen Energieteam ders energieeffiziente Bauweise und engagieren sich Bürger und Unter- den Einsatz erneuerbarer Energien. nehmer, Gemeinderäte und Vertreter Um auch laufend Impulse für die der Gemeindeverwaltung. Öffentlichkeit zu setzen wurde mit viel Herzblut ein Stromsparwettbe- So organisiert das Energieteam in werb durchgeführt. Nun wird in jeder Durach regelmäßig u.a. Energietage. Ausgabe des Wochenblatts vom Ener- Dazu werden Aussteller eingeladen, gieteam ein Energietipp veröffentlicht. die an Ständen die Bürger zu Energie- Um für die Energieteamarbeit laufend effizienzmaßnahmen informieren, auf neue Anregungen zu erhalten, trifft einem Fitnessfahrrad kann man tes- sich das Energieteam auch regel- ten, wie mühevoll Stromerzeugung mäßig mit Vertretern anderer Ge- ist, und weitere Aktionen motivieren meinden zum Erfahrungsaustausch. zum Mitmachen. 2013 führte das Energieteam zudem kostenlose Vor- Weitere Informationen: Ort-Energieberatungen für interes- Gemeinde Durach sierte Bürger durch. Zwei als Energie- Uschi Kempin berater qualifizierte Energieteam- kempin@durach-allgaeu.de Das Energieteam aus der Gemeinde Durach im schwäbischen Landkreis Oberallgäu. © Gemeinde Durach
5/2017 Bayerischer Gemeindetag 203 meinde Haldenwang hat den priva- ten Betreiber der Anlage umfassend unterstützt, damit diese Anlage reali- siert werden konnte. Bis zum Jahr 2015 ist es dadurch gelungen, die Stromerzeugung aus Photovoltaik- Anlagen auf ca. 13 Mio. kWh anzuhe- ben. Da durch effizienzsteigernde Maß- nahmen der Gesamtstromverbrauch der Gemeinde etwas reduziert wurde, beträgt im Jahr 2015 die bilanzierte Deckungsrate aus erneuerbaren Ener- gien 117 Prozent des Verbrauchs aller Haushalte, Unternehmen und kom- munalen Verbraucher. In der Gemein- de wird damit pro Jahr mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt als verbraucht wird. Weitere Informationen: Gemeinde Haldenwang Freiflächen-Photovoltaik-Anlage Unterwengen entlang der Autobahn A 7. In der Gemeinde Josef Wölfle Haldenwang wird pro Jahr mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt als verbraucht buergermeister@haldenwang.de wird. © Ralf Lienert Haldenwang neren Biogas- und Wasserkraftanla- Damit ein aufwändig erstelltes Kon- gen wird der weitaus größte Anteil zept nicht wie bei vielen anderen des erneuerbaren Stroms aus Photo- Kommunen in der Schublade ver- voltaik erzeugt (86 Prozent). Wesent- schwindet, beschloss der Haldenwan- lichen Anteil daran hat der Bau einer ger Gemeinderat 2013 die Teilnahme privaten Freiflächenanlage beidseits am Qualitätsmanagement- und Zerti- der Autobahn A 7. Die Freiflächenan- fizierungsinstrument European Ener- lage kann bilanziert etwa den Bedarf gy Award. von 1.500 Haushalten decken. Die Ge- Mit der jetzigen Auszeichnung konn- te Haldenwang, ebenfalls im schwäbi- schen Landkreis Oberallgäu gelegen, damit seine systematische Arbeit be- stätigen. Ihre größten Erfolge konnte die Gemeinde dabei im Bereich der erneuerbaren Energien erzielen. Hal- denwang gilt als Vorreiter in der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Unter den 28 Kommunen des Landkreises Oberallgäu wies die Gemeinde 2014 die dritthöchste bi- lanzierte Deckungsrate mit erneuer- barem Strom auf und trägt damit nicht nur zur Erreichung der eigenen Zielsetzungen, sondern auch zu de- nen des Landkreises in erheblichem Maße bei. Bereits seit dem Jahr 2001 betreibt die kommunale Erneuerbare Energien Freiflächen-PV-Anlage Unterwengen © Ralf Lienert GmbH ein Windkraftwerk. Neben klei-
204 Bayerischer Gemeindetag 5/2017 Kammerstein Bereits zum zweiten Mal nach 2012 ist die mittelfränkische Gemeinde Kam- merstein im Landkreis Roth mit dem European Energy Award ausgezeich- net worden. In der Zwischenzeit hat die Gemeinde mehrere Projekte und Maßnahmen umgesetzt sowie ein energiepolitisches Leitbild formuliert. So wurden Schul- und Kindergarten- projekte durchgeführt (s. Bild unten). Die Kindertagesstätte erhielt vom Bayerischen Umweltministerium die Auszeichnung „Ökokids“. Auch die Bürger des Ortes wurden durch eine Thermographie-Aktion (s. Bild rechts), eine LED-Tauschaktion sowie eine Wanderausstellung zum Thema Strom- versorgung auf die Themen Klima- schutz und Energiesparen aufmerk- sam gemacht. Sensibilisierung für das Thema Energieeffizienz – Thermografieaufnahme im Rahmen Zu den Highlights zählt das 2012 rea- einer Aktion der Gemeinde Kammerstein. © ENA Roth, Gerhard Felbinger lisierte Projekt „Nahwärmeversor- gung Rathausplatz“. Dabei wurden munalen Gebäude, die über ver- das Rathaus, die Kindertagesstätte, gleichsweise hohe Energiestandards der Bauhof, der Bürgersaal und das verfügen. Auf den Dachflächen der Feuerwehrhaus an ein Nahwärme- Liegenschaften wurden außerdem netz angeschlossen. Ausgangspunkt Photovoltaikanlagen zur regenerati- war die Frage gewesen, wie Heizkes- ven Stromerzeugung installiert. Seit selsanierungen in den kommunalen Inbetriebnahme des Nahwärmenet- Liegenschaften langfristig vermieden zes konnten 170 Tonnen CO2 einge- werden können. So entschied sich die spart werden. Kommune für den Bau eines Heiz- werks, das mit Hackschnitzeln be- Weitere Informationen: feuert wird. Anstatt Erdöl dient seither Gemeinde Kammerstein regional erzeugtes Holz als Rohstoff Stefan Barthel für die Wärmeerzeugung für die kom- Stefan.Barthel@Kammerstein.de Klimaschutz und Energiesparen stehen in der Gemeinde Kammerstein bereits in Schulen und Kindergärten auf dem Programm. © Gemeinde Kammerstein
5/2017 Bayerischer Gemeindetag 205 Lindau im Bodensee Lindau hat sich in Rekordtempo den European Energy Award gesichert. Die Stadt im Bodensee war erst 2016 ins eea-Programm eingestiegen und hat noch im selben Jahr das externe Audit erfolgreich bestanden. Überzeugt hat die Auditoren unter anderem das klimafreundliche Mobi- litätskonzept „KliMo“, mit dem der motorisierte Individualverkehr auf der Insel reduziert werden soll (s. Karte rechts). Durch die geographische Lage der Stadt Lindau entlang des Bodenseeufers und die besondere Bedeutung des touristischen Haupt- ziels der historischen Insel Lindau gibt es immer wieder Verkehrsüber- lastungen. Ziel ist es, den motorisier- ten Individualverkehr auf der Insel Das klimafreundliche Lindauer Mobilitätskonzept KLiMo – Die Karte zeigt die geplanten und in der Gesamtstadt bei Gewähr- Maßnahmen zur Verkehrspolitik in Lindau am Bodensee. © Stadt Lindau (B) leistung der Erreichbarkeit der Insel und unter Berücksichtigung der The- men Parkierung, öffentlicher Perso- Ein weiterer wichtiger Schritt war die ten Gemeinden – auch über die Gren- nennahverkehr, Bahnhöfe, Inselhalle, Verabschiedung eines energiepoliti- zen hinweg rund um den Bodensee – Einzelhandel und Gastronomie zu re- schen Leitbilds mit quantifizierbaren sowie der nachhaltige Reiseführer mit duzieren. Im Rahmen eines integrier- Zielen, die im unmittelbaren Bereich dem Untertitel „Umweltschonend ten Stadtentwicklungskonzepts wur- der Kommune liegen, aber auch die reisen. Regional speisen. Nachhaltig de zudem ein Wettbewerb für die Bürger ansprechen. genießen“. zukünftige Bebauung der hinteren Ebenfalls vorbildlich sind die enge Insel gestartet. Zusammenarbeit mit den benachbar- Weitere Informationen: Stadt Lindau im Bodensee Danielle Eichler danielle.eichler@lindau.de Hohes Engagement – Arbeitsgruppen mit Bürgerbeteiligung bei der Erstellung des Farbenfroh – das Logo für das KLiMo-Konzepts. © Stadt Lindau (B) KLiMo-Konzept. © Stadt Lindau (B)
206 Bayerischer Gemeindetag 5/2017 Neu-Ulm Die 60.000-Einwohner-Stadt Neu-Ulm liegt im bayerischen Regierungsbe- zirk Schwaben und erhielt 2017 den European Energy Award. Um diese Auszeichnung zu erreichen, wurde neben der Erarbeitung von energie- politischen Leitsätzen ein Energie- management für die kommunalen Liegenschaften aufgebaut. Ebenso ent- schied sich die Stadt zum Anschluss der Liegenschaften an ein Fernwär- menetz. Die Wärme wird durch das nahegelegene Holzgas-Heizkraftwerk bereitgestellt, das vorwiegend mit Holz aus der Region beliefert wird und dank moderner Holzgastechno- logie einen hohen Wirkungsgrad von 80 Prozent aufweist. Auf den Dach- flächen städtischer Gebäude wurden Von Anfang an energetisch konzipiert – KfW-Effizienzhaus 40-Standard, Fernwärmeanschluss, zudem zahlreiche Photovoltaikanla- Photovoltaikanlagen, Südausrichtung der Gebäude und vieles mehr. Der Bauplatz für das gen installiert. nun gebaute vorbildliche Wohngebiet „An den Pfleggärten“ in Neu-Ulm. © Luftbild-Service.com Hervorzuheben ist auch das zukunfts- weisende Neubaugebiet„An den Pfleg- gärten“. Dafür wurde eine umfang- liche Beschattung, während die Bäu- lagen ein Großteil der benötigten reiche energetische Untersuchung me im Sommer für ein angenehmes elektrischen Energie selbst erzeugt durchgeführt, aus der sich Vorschrif- Stadtklima sorgen. Die Wärmeversor- werden. Zudem wurde der KfW-Effi- ten für Art und Höhe der Bebauung gung wird durch den Anschluss- zienzhaus 40-Standard für die Gebäu- ableiten ließen, um die gegenseitige zwang an das nahe gelegene Fern- de als energetischer Mindeststandard Verschattung der Häuser auf ein Mini- wärmenetz gewährleistet. Durch die vorgeschrieben. mum zu reduzieren. Das Bepflanzen Vorschrift zur Südausrichtung der Ge- der Siedlung mit Laubbäumen redu- bäude in Verbindung mit Flachdach- Weitere Informationen: ziert dank Laubabwurf die winter- formen kann mittels Photovoltaikan- Stadt Neu-Ulm Günther Baumgärtner g.baumgaertner@neu-ulm.de Zukunftsweisendes Neubaugebiet „An den Pfleggärten“ in Neu-Ulm – Schon im Bebauungsplan werden spätere energetische Maßnahmen berücksichtigt. © GIS
5/2017 Bayerischer Gemeindetag 207 Kempten – eea in Gold Kempten beteiligt sich seit 2011 am eea-Programm. Jetzt wurde Kempten als erste Stadt in Bayern überhaupt mit dem European Energy Award in Gold ausgezeichnet. Diese Auszeich- nung hat Kempten einer jahrelangen und zielgerichteten Energie- und Klimaschutzpolitik zu verdanken. Ein Baustein davon ist der städtische Energieversorger, die Allgäuer Über- landwerk GmbH, die mit ihrem Ange- bot und ihren Energiedienstleistun- gen als einer der innovativsten Ener- gieversorger Deutschlands gilt, unter anderem auch wegen des kontinuier- lichen Ausbaus von Solarstromnut- zung, Wind- und Wasserkraft in der Region. Ein weiterer wichtiger Baustein der Politik der Stadt Kempten ist der Be- trieb der kommunalen Liegenschaf- ten. Die Energieleitlinien der Stadt Kempten für deren Bau und Betrieb wurden im Rahmen des Energie- managements, das seit dem Jahr Die Grundschule Kottern-Eich in Kempten energetisch modernisiert – eine Sanierung mit 2000 konsequent läuft, erarbeitet und Passivhauskomponenten und ein Anbau im Passivhausstandard (F 64 Architekten). verabschiedet. Sie regeln beispiels- © Rainer Retzlaff weise Energiestandards bei Neubau und Sanierung und verlangen die tet und betreut werden muss. Derzeit den jährlich Energieberatungskam- grundsätzliche Realisierung von Pas- werden durch das Energiemanage- pagnen für Hauseigentümer mit kos- sivhäusern beim Neubau öffentlicher ment und die Umsetzung der Leit- tenlosen Gebäudechecks und Hei- Gebäude sowie die Verwendung von linien jährlich über 8.000 Tonnen CO2 zungsvisiten statt, in Neubaugebieten Passivhauskomponenten bei Sanie- im kommunalen Betrieb der Stadt ein- wird energieeffizientes Bauen geför- rungen. Für den Betrieb der Liegen- gespart (gegenüber dem Jahr 2000). dert und mit Schul- und Kindergar- schaften gibt die Leitlinie genaue Auch die Bürger werden von der tenprojekten werden auch die Jüngs- Hinweise wie beispielsweise die Ge- Stadt durch zahlreiche Aktivitäten ten angesprochen. bäudetechnik energieeffizient gewar- und Angebote eingebunden. So fin- Zudem positionieren zahlreiche inno- vative Projekte auf nationaler und internationaler Ebene die Stadt Kemp- ten und das Allgäu als fortschrittliche Pilotregion. Das Projekt AlpStore hat beispielsweise das Ziel herauszufin- den, wie viel der selbst produzierten Sonnenenergie von Haushalten mit Batteriespeichern übers ganze Jahr gesehen auch direkt verbraucht werden kann. Weitere Informationen: Stadt Kempten Thomas Weiß thomas.weiss@kempten.de Das Wasserkraftwerk an der Keselstraße – ein ausgezeichnetes Projekt der Allgäuer Überlandwerk GmbH (AÜW), das moderne Architektur mit der Nutzung erneuerbarer Energien verbindet. © AÜW, Bruno Maul
208 Bayerischer Gemeindetag 5/2017 Aus der Sicht des Gemeindetags ken. Hier ist tatsächlich ein – freiwilli- angereizt würde. Zum anderen kann Der European Energy Award ist eine ges – Aktionsfeld für Gemeinden. es nicht dem Zufall überlassen blei- Möglichkeit, der Tatsache Rechnung Neben Bewusstseinsbildung hat die ben, wer etwa für die Landwirtschaft zu tragen, dass die gemeindlichen Gemeinde über z.B. klimafreundlichen oder das Gewerbe im Energieteam Liegenschaften und Anlagen im Durch- ÖPNV, Stadt der kurzen Wege, Nah- sitzt. Nicht ein engagierter Jungöko- schnitt mit nur 2 bis 3 Prozent zum wärmenetze, etc. viele unmittelbare landwirt sollte für die Bauern spre- CO2-Ausstoß in der Gemeinde beitra- Einflussmöglichkeiten. Und warum chen, sondern ein Gesandter des gen. Den Löwenanteil machen die sich dann nicht damit rühmen, dass BBV-Ortsverbands. Sichtbares Zei- Privaten und das Gewerbe aus. Im wer in dem Dorf lebt, ohne Verzicht chen dafür, dass noch kein Werkzeug Sinne der Pariser Klimaschutzziele auf Lebensqualität wesentlich klima- die „Serienreife“ hat, ist der Umstand, sollte eine effiziente kommunale Kli- bewusster als der durchschnittliche dass es weder für den eea noch ein maschutzpolitik daher den CO2-Aus- Bayer sein kann? anderes umfassendes Management- stoß der Gemeindebürger im Fokus Inwieweit der eea, der europaweit instrument derzeit eine Regelförde- haben. Und hier ist wichtig zu wissen, angeboten wird, dafür das Manage- rung gibt. Hier könnten die bayeri- dass der Einzelne auch unabhängig mentinstrument ist, das ähnlich dem schen Energieagenturen gemeinsam von den Rahmenbedingungen – ins- Energienutzungsplan jeder Gemein- einen überzeugenden Vorschlag an besondere der Klimafreundlichkeit/ de empfohlen werden kann, ist noch die Politik herantragen. -schädlichkeit der Energieerzeugung, nicht ausgemacht. Zum Beispiel ist den noch wenig klimafreundlichen wenig transparent, nach welchem Weitere Informationen: Bayerischer Gemeindetag Lösungen im Individualverkehr und Maßstab die Einsparmaßnahmen aus- Stefan Graf dem CO2-Fußabdruck der Verbrauchs- gewählt werden, die Punkte bringen. Energiereferent güter – viel Spielraum hat. Alleine So hielten wir es aus Sicht des Bayeri- stefan.graf@bay-gemeindetag.de unterschiedliches Verhalten lässt die schen Gemeindetags für verfehlt, wenn CO2-Emissionen zwischen 5 und 15 über Klimapunkte das Betreiben ge- Tonnen pro Bürger und Jahr schwan- meindlicher E-Ladesäulen vehement ANZEIGE Wird hier das Start-up von morgen gegründet? Damit das so kommt, brauchen wir Ihre Ideen! Kommen Sie zu unseren Zukunftswerkstätten und gestalten Sie gemeinsam mit uns die Zukunft der ländlichen Räume. Melden Sie sich jetzt an: www.bmel.de/zukunftswerkstatt Zukunftswerkstätten für die ländlichen Räume 8. Mai Hochsauerlandkreis (NRW) 16. Juni Werra-Meißner-Kreis (Hessen) 3. Juli Landkreis Elbe-Elster (Brandenburg) 14. Juli Landkreis Tirschenreuth (Bayern)
ANZEIGE Mit Ihrem Firmenl ogo individualisierba r! Der aktuelle Werbeartikel-Katalog ist da! Bestellen Sie jetzt Ihr kostenloses Exemplar! Tel.: 0228 9191-40 oder unter shop.wvgw.de
210 Bayerischer Gemeindetag 5/2017 Die Jugend ist der wichtigste „Nachwachsende Rohstoff“ Nachhaltige Kommunalentwicklung „Jugend auf dem Land“ – die- sequenzen ist dabei ein Schlüs- ses Thema stand im Mittel- bleibt zentrales Zukunftsthema selthema. Die Bevölkerung ver- punkt der Tagung des Kom- ändert sich – in ihrer Zusam- munalzirkels „Veränderungs- mensetzung, in ihren Bedürfnis- prozesse in der Bevölkerungs- Interview mit Staatsministerin sen und vor allem auch zahlen- struktur aktiv gestalten“ am Ulrike Scharf mäßig. Am prägnantesten und 17. März 2017 in Fraunberg. am unmittelbarsten spüren das Die Tagung haben Sie mit einem se einen wichtigen Beitrag zum Kli- die Kommunen als kleinste Einheit in Grußwort eröffnet. Wie kommt es, ma- und Ressourcenschutz leisten. unserem politischen System und als dass Sie sich als Bayerische Um- Dies muss vor allem von den Men- direkte Lebenswelt unserer Bürgerin- weltministerin mit Fragen zur Be- schen vor Ort angestoßen und gelebt nen und Bürger. Gemeinden, die sich völkerungsentwicklung und im Be- werden. Die Einbindung der Jugend rechtzeitig mit dieser Thematik aus- sonderen mit der „Jugend auf dem in die jeweiligen Entwicklungspro- einandersetzen, können ihre Zukunft Land“ befassen? zesse ist dabei entscheidend. aktiv gestalten. Ulrike Scharf: Das Umweltministe- rium ist das federführende Ministe- Welchen thematischen Schwerpunkt Viele soziale Maßnahmenprogram- rium für die Bayerische Nachhaltig- setzen Sie und welche Rolle kommt me fokussieren sich aktuell darauf, keitsstrategie. Unser Ziel ist es, das dabei den bayerischen Gemeinden dass unsere Gesellschaft immer Thema Nachhaltigkeit in den Alltag zu? älter wird. Sie haben auf der Ver- der Menschen zu bringen. Nachhal- Ulrike Scharf: Die Kommunen brau- anstaltung vor allem die jungen tige Entwicklung ist das übergeord- chen maßgeschneiderte Konzepte für Leute in den Mittelpunkt gestellt. nete Leitprinzip, das Ökologie, Öko- eine nachhaltige Entwicklung, um die Warum? nomie und soziale Verantwortung Lebensqualität vor Ort langfristig zu Ulrike Scharf: Wenn es um Zukunfts- verzahnt. sichern. Die Frage nach dem Umgang themen geht, muss die junge Genera- Jede Kommune in Bayern kann durch mit der demografischen Entwicklung tion im Mittelpunkt stehen. Oftmals nachhaltige Entwicklung beispielswei- und den sich daraus ergebenden Kon- geraten aber gerade junge Menschen und ihre Bedürfnisse in den Hinter- grund, vor allem auch bei kommuna- len Planungen. Dabei ist die Jugend der wichtigste „Nachwachsende Roh- stoff“, den wir in unserem Land ha- ben. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Zukunft für die junge Generation im ländlichen Raum noch attraktiver gestalten. Dazu haben wir zum Beispiel gerade ein Modellprojekt zum Thema „Halte- faktoren“ auf den Weg gebracht. Denn Tatsache ist, dass in Bayern viele Kommunen außerhalb von Ballungs- gebieten große Probleme damit ha- ben, dass ihre Bürgerinnen und Bür- ger wegziehen. Mit dem Projekt wol- len wir empirisch abgesicherte Er- kenntnisse über die Motive junger Ulrike Scharf, Bayerische Umweltministerin, eröffnete mit einem Grußwort die Tagung des Kommunalzirkels „Jugend auf dem Land“. © StMUV Menschen zum Bleibe- und Rückkehr- verhalten in ländlichen Kommunen
5/2017 Bayerischer Gemeindetag 211 gewinnen. Finanziell fördern wir die- ses Projekt mit rund 80.000 Euro. Es freut mich sehr, dass der Präsident des Bayerischen Gemeindetags Dr. Uwe Brandl, bereits geäußert hat, dass die Erkenntnisse aus diesem Projekt für die bayerischen Städte, Märkte und Gemeinden von sehr großem Interes- se sein werden. Stichwort „Nachhaltigkeit“ – welche Herausforderungen gibt es? Ulrike Scharf: Wir wollen Nachhaltig- keit als Grundsatz in allen Lebens- bereichen verankern. Kommunen kön- nen dabei wertvolle Unterstützung geben. Viele Kommunen haben bereits er- finanziellen Fragen sind den Ge- Besonders hilfreich für uns ist, dass kannt, wie wichtig es ist, langfristig meinden Grenzen gesetzt. der Bayerische Gemeindetag das Zen- zu planen und dabei umfassend die trum für nachhaltige Kommunalent- Konsequenzen dieser Planungen Ulrike Scharf: Die Investition in eine wicklung seit langem ideell unter- auch für nachfolgende Generationen nachhaltige Entwicklung ist bestens stützt und dieses ebenfalls im regen abzuwägen. angelegtes Kapital. Damit lässt sich Austausch mit dem Bayerischen Ge- Wenn es um die nachhaltige Entwick- eine Rendite erzielen, die man am meindetag steht. So konnte der Ge- lung unseres Landes geht, sind Kom- Markt nirgendwo bekommt: Zukunfts- meindetag bislang viele Städte, Märk- munen für uns wichtige Ansprech- fähigkeit. te und Gemeinden zur Mitwirkung in partner. Sie haben den direkten Kon- unserem Kommunalzirkel gewinnen. Der Freistaat unterstützt seine Kom- Das ist für uns sehr wertvoll. takt zu den Bürgerinnen und Bürgern munen beim Thema Nachhaltigkeit und wissen oftmals genau, wo der 2014 haben wir zudem eine neue För- und Ressourcenschonung mit ver- Schuh drückt. derrichtlinie verabschiedet, die ge- schiedenen Maßnahmen. Mit dem Darüber hinaus gestalten Kommunen Zentrum für nachhaltige Kommunal- zielt bei der Erstellung von Energie- das Lebensumfeld der Menschen ent- entwicklung unterstützen und moti- sparkonzepten in öffentlichen Ge- scheidend mit und haben damit vieren wir die bayerischen Gemein- bäuden oder bei einzelnen Baumaß- großen Einfluss, ob sie sich an ihrem den, ihre Chancen zu erkennen und nahmen auch finanziell unterstützt. Wohnort wohlfühlen. die Entwicklung in die eigenen Hän- Bislang wurden über 400 Maßnah- Und nicht zuletzt haben Kommunen de zu nehmen. Es wird in den kom- men mit rund 7 Millionen Euro geför- auch eine Vorbildfunktion. So können menden Jahren Entwicklungsmög- dert. Darüber hinaus wurde ein Leit- sie zum Beispiel mit einer nachhalti- lichkeiten bayerischer Kommunen faden zur Abfallvermeidung für Kom- gen Beschaffung einen Beitrag zur praxisnah darstellen und den Kom- munen entwickelt, der die Effektivität Einhaltung von Sozial- und Umwelt- munen angepasst an ihre jeweiligen verschiedener Maßnahmen zur Ab- standards beitragen, bringen bei Bedürfnisse beispielsweise zeigen, fallvermeidung bewertet. öffentlichen Gebäuden erneuerbare, wie sie selbst tätig werden können, Klar ist aber auch: Eine nachhaltige klimafreundliche Energieträger zum um Ressourcen zu schonen. Die Ver- Entwicklung kann nicht von heute Einsatz und führen energetische Sa- anstaltungen, die das Zentrum anbie- auf morgen stattfinden. Zahlreiche nierungen durch oder engagieren tet, geben praxistaugliche Anregun- Gemeinden haben bereits prima Ideen sich für die Elektromobilität. gen für kommunale Entscheiderin- und vor allem auch einen enormen nen und Entscheider sowie engagier- Gestaltungswillen. Leider ist dieser Über die Grundidee einer nachhal- te Bürgerinnen und Bürger, die sich Weg kurz- und mittelfristig häufig tigen Entwicklung besteht kommu- intensiver mit diesem wirklich vielsei- nicht immer der leichteste. Daher bie- naler Konsens, mit einer Einschrän- tigen Thema einer nachhaltigen Ent- ten Treffen, wie der Kommunalzirkel kung: Aus kommunaler Sicht ist das wicklung befassen wollen. Zudem am 17. März 2017 in Fraunberg, Gele- Thema eine gesamtgesellschaftlich bietet es ein umfangreiches digitales genheiten, um sich mit Gleichgesinn- zu lösende Aufgabe, bei der vor Informationsangebot auf der Home- ten zu vernetzen, Ideen zu entwickeln allem der Staat in Vorleistung ge- page www.kommunal-nachhaltig.de und Motivation für das eigene Han- hen sollte. Denn spätestens bei den und in Form eines Newsletters. deln zu sammeln.
212 Bayerischer Gemeindetag 5/2017 Nochmal zurück zum Stichwort „Jugend auf dem Land“ – welche Herausforderungen sind hier hin- sichtlich Nachhaltigkeit zu meis- tern? Ulrike Scharf: Eine wichtige Aufgabe ist die Umweltbildung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung, die wir mit einer Vielzahl von Angeboten ins- besondere für Kinder und Jugend- liche unterstützen. Generell gilt für das Thema Nachhal- tigkeit: Jugendliche sind aufgrund der demografischen Entwicklung in vielen ländlichen Gemeinden sozu- sagen ein harter Standortfaktor. Die Einbindung von jungen Menschen in das Gemeindeleben und in die Zu- ben, dass sie ernst genommen wer- Die Jugendarbeit hat sich in den kunftsgestaltung vor Ort sind The- den. Wir müssen junge Menschen letzten Jahren stark diversifiziert, men, die aktiv angegangen werden noch stärker einbinden, wenn wir auch auf dem Feld der politischen müssen. Beispielsweise mit einem Konzepte für die Zukunftsfähigkeit Bildung. In vielen Kommunen gibt Jugendleitbild, an dessen Erstellung unserer Kommunen entwickeln. Denn es bereits seit langem Jugendge- sie aktiv beteiligt sind und ausrei- das betrifft ja gerade ihre Zukunft, meinderäte. Auch die Kommunika- chend Gelegenheit haben, sich selbst sprich die Zukunft der nächsten Er- tionswege von Jugendlichen müs- einzubringen. Das ist etwas anderes wachsenengeneration. sen verstärkt genutzt werden, wie als ein von den Erwachsenen vorge- z.B. Michael Bergrab, Bayerns jüngs- gebenes Leitbild für die Jugendli- Bezüglich der Angebote für Jugend- ter Bürgermeister aus der Gemein- chen. liche kann es sinnvoll sein, interkom- de Lisberg auf der Tagung des Kom- munal zusammenzuarbeiten, wie es munalzirkels betonte. Beides kann Was empfehlen Sie Kommunen zur viele Gemeinden bereits machen. Die hilfreich sein, um Jugendliche dafür nachhaltigen Gestaltung ihrer Ju- Angebote sollten vielfältig sein und zu gewinnen, kommunale Verant- gendarbeit? vor allem auch für alle konzipiert wortung zu übernehmen. Ulrike Scharf: Nach meiner Erfah- werden. Insbesondere die klassischen rung sind Jugendliche an Zukunfts- Vereine auf dem Land sprechen bei- Ulrike Scharf: Ja, das stimmt. Ju- fragen ihrer Heimatgemeinde sehr spielsweise oftmals eher Jungen an gendgemeinderäte sind meiner Mei- interessiert und engagieren sich gern. als Mädchen. Hier besteht noch Hand- nung nach eine sehr gute Entwick- Allerdings müssen sie das Gefühl ha- lungsbedarf. lung. Und sie sind sehr wichtig, wenn es darum geht, dass junge Leute in ihrer Gemeinde Verantwortung über- nehmen, sei es in einer Funktion in einem Verein oder eben auch in der Kommunalpolitik. Wesentlich dabei ist, dass wir die jun- gen Menschen auch tatsächlich errei- chen. Dazu brauchen wir moderne Kommunikationsmittel wie Twitter oder Facebook. Auch dies haben wir in den Fokus unserer Planungen gerückt: So steht bereits am 29. Juni 2017 in Dingolshausen im Landkreis Schweinfurt in einem weiteren Tref- fen des Kommunalzirkels das Thema „Jugend, Gemeinde und der Umgang mit neuen Medien“ auf dem Pro- gramm.
5/2017 Bayerischer Gemeindetag 213 Aber im Grunde genommen geht es Auf dem Programm steht zum Bei- auch um das Kommunikationsver- spiel das Thema „Das Land verändert halten der Erwachsenengeneration. sich, und mit ihm das Ehrenamt“ .*) Auch das wurde auf der Tagung deut- Und unter dem Motto „Globale lich. Wir müssen uns abgewöhnen, als Nachhaltigkeitsziele und kommunale Erwachsene über die Jugendlichen zu Handlungsmöglichkeiten“ wird in sprechen. Vielmehr gilt es, dass wir den nächsten Monaten auch die in- das Gespräch mit ihnen suchen. Oft- ternationale Agenda 2030 themati- mals fehlt es an Gelegenheiten, bei siert und diskutiert. denen mal die Jugendlichen spre- Die nachhaltige Kommunalentwick- chen und wir Erwachsenen zuhören lung bleibt ein zentrales Zukunftsthe- und uns auf die Gespräche einlassen. ma. Und die „Jugend auf dem Land“ Ein gutes Beispiel hat hierzu der Refe- spielt dabei eine ganz zentrale Rolle. rent Christoph Schattleitner in seinem Ich freue mich darauf, die gute Zu- Impulsvortrag eindrücklich geschil- sammenarbeit mit den Gemeinden in dert. Er hat in Österreich Podiums- Bayern auch auf diesem Themenfeld diskussionen organisiert, bei denen fortzusetzen. ausschließlich Jugendliche diskutier- ten und Vertreter aus Politik und Wirt- Die Fragen stellte: schaft nur zum Zuhören eingeladen Jessica Hövelborn, M.A. waren. Aus dieser Vertauschung der Bayerischer Gemeindetag jessica.hoevelborn@bay-gemeindetag.de Rollen ergaben sich für alle Beteilig- ten zahlreiche Aha-Effekte. Weitere Informationen: Zentrum für nachhaltige Kommunal- Was plant das Zentrum für nach- entwicklung in Bayern haltige Kommunalentwicklung in c/o Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (LBE) e.V. Bayern für die Kommunen in den Sandstraße 7 nächsten Monaten? 90443 Nürnberg Ulrike Scharf: Auf den Treffen des info@kommunal-nachhaltig.de Kommunalzirkels werden weiterhin www.kommunal-nachhaltig.de wichtige und aktuelle kommunale Fragestellungen aufgegriffen. Somit können wir Kommunen stets einen * Für den Kommunalzirkel „Das Land verändert sich, und mit ihm das Ehrenamt“ können sich Kommunen noch bayernweiten Austausch zu unter- bis zum 23. Juni 2017 anmelden. Weitere Informatio- schiedlichen Fragestellungen bieten. nen s. Seite 236. Großes Engagement und viele gute Ideen brachten die Teilnehmer des Kommunalzirkels „Jugend auf dem Land“ in die Diskussionen mit ein. In der 1. Reihe Ulrike Scharf, Bayerische Umweltministerin (2.v.r.) und Johann Wiesmaier, Erster Bürgermeister der Gemeinde Fraunberg (3.v.r.). © StMUV
Sie können auch lesen