61-2 online mitteilungenMit den - Energiemarkt - Kommunen in NRW
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1-2 70. JAHRGANG • JANUAR - FEBRUAR 2016 HERAUSGEBER STÄDTE- UND GEMEINDEBUND NORDRHEIN-WESTFALEN online Mit den mitteilungen StGB NRW · Kaiserswerther Str. 199-201 · 40474 Düsseldorf G 20 167 PVSt · Deutsche Post AG · „Entgelt bezahlt“ · Energiemarkt Jahresausblick 2016
Die Fachzeitschrift für Kommunal-und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen STÄDTE- UND GEMEINDERAT ist die einzige unabhängige und ebenso die meistgelesene Fachzeitschrift für Kom- munal- und landespolitik in Nordrhein-Westfalen. Sie führt kommunale Wissenschaft und Praxis, Kommunal- recht und Kommunalpolitik zusammen. Die Zeitschrift hat sich als Diskussionsforum für neue Entwicklungen in der kommunalen Welt einen Namen gemacht. Die 1946 erstmals verlegte Fachzeitschrift Städte- und Gemeinderat ist das offizielle Organ des Städte- und Ge- meindebundes Nordrhein-Westfalen. Als Spitzenverband kreisangehöriger Städte und Gemeinden repräsentiert dieser rund 9 Mio. Bürger und Bürgerinnen sowie 86 Prozent der Ratsmitglieder in Nordrhein-Westfalen. Städte- und Gemeinderat enthält monatlich aktuelle Informationen aus den zentralen Interessengebieten der Kommunalpolitiker und Verwaltungsbeamten: • Finanzen, Wirtschaft, Soziales, Schule und Kultur • Verwaltungsfragen und Neue Steuerung • Kommunalrecht • Kommunale Wirtschaftsunternehmen • Tourismus und Freizeit Darüber hinaus enthält Städte- und Gemeinderat Sonder- Q Ja, ich möchte Städte- und Gemeinderat (inkl. Online-MITTEIlUNGEN) kennenlernen! seiten, die überregional über Produkte und Neuheiten für Bitte senden Sie mir die nächsten drei Ausgaben zum Vorzugspreis von nur € 10,25 (inkl. MwSt. und Versand). Die lieferung endet mit Zustellung des dritten Heftes und den kommunalen Markt informieren. Der leser erhält so- geht nicht automatisch in ein Jahresabonnement über. mit einen Überblick über Aktuelles aus den Bereichen: Q Ja, ich kenne Städte- und Gemeinderat bereits und möchte die Zeitschrift (10 Ausgaben) • Bürokommunikation im günstigen Jahresabonnement (€ 78,- inkl. MwSt. und Versand) bestellen. • Umweltschutz • Nutzfahrzeuge im öffentlichen Dienst Name/ Vorname/Firma • Müll- und Abfallbeseitigung • Verkehrswesen • landschaftspflege Straße • Wohnungswesen, Städtebau • Freizeitanlagen, öffentliche Schwimmbäder Postleitzahl/Ort • Kommunale Energieversorgung • Kreditwesen Telefon/Fax • Raumplanung • Krankenhausbedarf E-Mail Mit Städte- und Gemeinderat sind Sie Ich bezahle Q per Bankabbuchung Q gegen Rechnung abonniert auf Branchen-Information. IBAN Schicken Sie den ausgefüllten Antwortcoupon an Frau Becker, Städte- und Gemeindebund NRW, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf BIC Kreditinstitut Wenn es schneller gehen soll, faxen Sie uns den Datum/Unterschrift unterschriebenen Coupon: Vertrauens-Garantie: Das Abo können Sie innerhalb von 10 Tagen nach Absendung des Bestellcoupons FAX: 02 11/45 87-292 schriftlich bei Frau Becker, Städte- und Gemeindebund NRW, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf, widerrufen. Rechtzeitige Absendung genügt!
EDITORIAL Die Fachzeitschrift für Kommunal- und Landespolitik in Nordrhein-Westfalen Auf die Spitze Wer gehofft hatte, über die Weihnachtszeit würde Frieden an der Flüchtlingsfront einkehren, sah sich spätestens an Silvester eines Besseren belehrt. Junge Ausländer in Köln, Hamburg und anderswo begrapschten und beklauten massenhaft Passantinnen, die einfach nur den Beginn eines neuen Jahres feiern wollten. öffentlichen Raum von der Polizei bewachen lassen. Und Die Polizei - zumindest in Köln - wurde dem nicht Herr. selbst wenn wir es könnten, wäre dies das Ende der Über die Gründe ist viel spekuliert worden, Schuld- offenen, freiheitlichen Gesellschaft, auf die wir zu Recht Zuweisungen gingen hin und her, ein Polizeichef musste stolz sind. den Hut nehmen. Nach und nach kam aber heraus: Wir Wenn wir Flüchtlingen und Asylsuchende ein humanes alle tragen eine Mitschuld. Jahrelang wurden die Leben in Deutschland bieten wollen, müssen wir deren Sicherheitskräfte kritisch beäugt, und jede Schramme Zustrom begrenzen. Sonst lässt die Überfüllung und eines Demonstranten wurde als brutale Verletzung Überforderung der Kommunen hierzulande genau die bürgerlicher Freiheit gegeißelt. Gleichzeitig sind die Gewalt-Szenarien entstehen, vor denen die Menschen Aufgaben der Polizei ständig gewachsen, ohne dass die geflohen sind. Hier muss der Bund handeln. Ein blauäugig Ausstattung damit Schritt gehalten hätte. -naives „Wir schaffen das“ hilft uns nicht mehr weiter. Ein anderer Teil des Wegschauens betraf die Täter. Tagelang Gleichwohl müssen wir jetzt schon den Blick auf die wurde herumgedruckst, bis schließlich herauskam, dass Jahrhundertaufgabe Integration richten. Wenn wir auch in es sich um junge Männer aus dem nordafrikanisch- kommenden Jahrzehnten ein friedliches Zusammenleben arabischen Raum handelte. Wir sind Opfer unserer eigenen wollen, müssen wir den Neuankömmlingen Brücken politischen Korrektheit. bauen in unsere Gesellschaft. Die nordrhein-westfälischen Aber ein Ausblenden der Tatsachen hilft nicht weiter. Städte und Gemeinden verfügen über große Erfahrung Unsere Flüchtlings- und Asylpraxis ist an einem kritischen in der Integration ausländischer Menschen. Daran kann Punkt angelangt. Die Gefahr für die Sicherheit tritt immer angeknüpft werden. Allerdings werden die Aufgaben offener zutage. Wir können nicht den gesamten angesichts der schieren Anzahl von Zuwandernden gewaltig sein. Hier braucht es eine deutliche Unterstützung durch Bund und Land - in der Höhe angemessen und auf Dauer angelegt. Dr. Bernd Jürgen Schneider Hauptgeschäftsführer StGB NRW STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016 3
BÜCHER UND MEDIEN / INHALT Archäologie in Westfalen-Lippe 2014 Hrsg. v. d. LWL-Archäologie für Westfalen und der LWL-Altertumskommission für Westfalen, A 4, 324 S., 19,50 Euro, Beier und Beran, Langen- Inhalt 70. Jahrgang Januar • Februar 2016 weißbach, 2015, ISBN 3-95741-040-5 Nachrichten 5 In dem Band berichten fast 100 Autor(inn)en von den interessantesten Ausgrabungen und Funden, den spannendsten Forschungs- Thema Energiemarkt ergebnissen und den größten Ausstellun- gen in Westfalen im Jahr 2014. Die vorge- Annette Brandt-Schwabedissen stellten Funde reichen von einem fast voll- Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes aus ständig erhaltenen Skelett eines Schwimm- kommunaler Sicht 6 sauriers bis zum Papstsiegel aus dem Mittel- alter. Ausführlich behandelt wird auch die Verleihung des Weltkulturerbestatus an das karolingische Westwerk Roland Schäfer der Klosterkirche und der Civitas Corvey, an dem auch LWL-Archäo- log(inn)en maßgeblich beteiligt waren. Alle Beiträge sind reich bebil- Bedeutung der Stadtwerke bei der Energiewende 10 dert. Michael Wübbels Jahrbuch der Rheinischen Das Strommarktgesetz aus Sicht kommunaler Denkmalpflege 45 Unternehmen 13 Landschaftsverband Rheinland (LVR), LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Band 45, For- Tobias Illbruck schungen und Berichte inkl. Amtsbericht über die Jahre 2013 und 2014, hrsg. v. Landeskonser- Der energieautarke Baubetriebshof der vatorin Dr. Andrea Pufke, 17,5 x 25,4 cm, 310 S., Stadt Beckum und des Kreises Warendorf 16 Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 45 Euro, ISBN 3-88462-360-2 Timm Fuchs Das Jahrbuch beleuchtet Themen, welche das Fachamt für Denkmal- pflege des Landschaftsverbandes Rheinland in den Jahren 2013 und Neue Entwicklungen im Energieleitungsausbaugesetz 18 2014 beschäftigt haben. Das Spektrum reicht von Myriametersteinen, die als Zeugnisse eines historischen Vermessungssystems ein Kurio- Sven-Joachim Otto sum in der rheinischen Denkmallandschaft darstellen, über die Be- deutung von Siedlungsgrün für die Denkmalpflege bis hin zur Frage, Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes 21 was das Mauerwerk des Frauenklosters in Bürvenich über das Leben der Nonnen im Mittelalter aussagt. Das Cover des reich bebilderten Bandes zeigt ein Mosaik aus der Kölner Kirche St. Gereon, welches aus Jan Dobertin wenigen original erhaltenen Resten rekonstruiert werden konnte. Ausschreibungen für die Windenergie an Land 23 Das Landesarchiv Matthias Koch, Jürgen Dobler Nordrhein-Westfalen Weiterentwicklung der Anreizregulierung 26 2013/2014 Interview mit StGB NRW-Hauptgeschäftsführer Hrsg. v. Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Ver- öffentlichung 56, A 4, 52 S., kostenlos herunter- Dr. Bernd Jürgen Schneider zu zuladen unter www.lav.nrw.de Flüchtlingsunterbringung und -integration 28 In der Broschüre wird dargestellt, was sich in den Jahren 2013 und 2014 in den unterschied- Bücher 30 lichen Abteilungen des Landesarchivs getan hat - von der Behördenberatung und Archi- Europa-News 32 vierung elektronischer Unterlagen bis hin zu Veranstaltungen der Be- Gericht in Kürze 33 hörde. Weitere Themen sind die Neufassung des Archivgesetzes NRW sowie der Umzug der Abteilung Rheinland und des Personenstands- Titelfoto: Lisa Spreckelmeyer / pixelio.de archivs Rheinland nach Duisburg in das neue Archivgebäude. 4 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016
NACHRICHTEN kohletagebaue im rheinischen Revier und deren Auswirkungen. Gewinner der City-Offensive Dazu gehören Hinweise zu Bodenbewegungen, Grundwasser- „Ab in die Mitte!“ in NRW ständen Hinweise zu Geologie und Tektonik sowie Links zu beste- henden Informationsplattformen, über die weitere Daten abgeru- Die Städte Beckum und Wesel teilen sich den ersten Platz im Lan- fen oder angefordert werden können. Mithilfe des Informations- deswettbewerb „Ab in die Mitte! Die City-Offensive NRW 2015“. dienstes, der stufenweise weiterentwickelt wird, soll die Position NRW-Stadtentwicklungsminister Michael Groschek zeichnete eventueller Bergbaugeschädigter bei der Prüfung und Geltend- insgesamt sieben NRW-Kommunen aus, die mit unterschiedli- machung von Ersatzansprüchen verbessert werden. Das Portal chen Konzepten ihre Stadtviertel und Innenstädte aufgewertet ist auch für Kommunen von Bedeutung. haben. Hinter Beckum und Wesel belegte Arnsberg den zweiten Platz. Bocholt, Herford, Lippstadt und Radevormwald landeten gemeinsam auf dem dritten Platz. Alle sieben Städte erhielten für Finanzielle Hilfe für Jüdisches ihre Ideen eine Förderung für Stadtentwicklungsprojekte in Höhe Museum Westfalen von insgesamt 165.000 Euro. Beim Wettbewerb 2015 wurden erst- mals nicht mehr geplante Aktivitäten der Städte ausgezeichnet, Das Jüdische Museum Westfalen in der Stadt Dorsten erhält fi- sondern ausschließlich Projekte, die bereits durchgeführt sind. nanzielle Hilfe. Die Landeszentrale für politische Bildung NRW will ihre Förderung für das Museum auf 100.000 Euro erhöhen. Immer mehr Pendler/innen zwischen Bisher belief sich die jährliche Unterstützung auf 35.000 Euro. Museumsleiter Dr. Norbert Reichling sprach von einer „guten Rhein und Weser Nachricht“ für das notleidende Museum, das in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, nachdem einige Förderprogramme Leben und arbeiten am selben Ort ist für immer weniger Men- ausgelaufen sind. Der jährliche Etat des Museums beläuft sich schen in Nordrhein-Westfalen Realität. Wie das statistische Lan- laut Reichling auf 300.000 bis 400.000 Euro. In dem 1992 im Zen- desamt Information und Technik NRW mitteilte, pendelten 4,46 trum von Dorsten eröffneten Museum informieren sich jedes Jahr der insgesamt 8,87 Mio. Erwerbstätigen in NRW 2014 über die rund 8.000 Besucher/innen über jüdische Geschichte in West- Grenze ihres Wohnortes zur Arbeit. Innerhalb der eigenen Stadt falen. oder Gemeinde arbeiteten 4,4 Mio. Berufstätige. Von allen 396 Kommunen des Landes hatte die Stadt Münster mit 24,9 Prozent die niedrigste und die Gemeinde Rheurdt mit 83,7 Prozent die Neuer Besucherrekord in den höchste Auspendlerquote. Die höchste Einpendlerquote von allen Museen des LWL Städten und Gemeinden verzeichnete die Gemeinde Holzwicke- de mit 83,7 Prozent. Die niedrigste Quote ermittelten die Statisti- Fast 1,4 Mio. Menschen besuchten 2015 die 17 Museen des Land- ker hier für die Stadt Marsberg mit 27,8 Prozent. schaftsverbandes Westfalen-Lippe. Wie der Verband mitteilte, wa- ren das knapp 30.000 Besucher/innen mehr als ein Jahr zuvor. Be- Weiterer Naturpark für sonders groß war der Andrang mit 240.000 Gästen auf das erst im September 2014 nach langem Umbau wiedereröffnete Muse- Nordrhein-Westfalen um für Kunst und Kultur in Münster. Einen leichten Rückgang bei den Besucherzahlen meldeten dagegen die meisten Industrie- Der neue Naturpark Sauerland-Rothaargebirge gehört nun offi- museen. Mit rund 421.400 Gästen an den acht Standorten lockte ziell zur Familie der Naturparke Deutschlands. Der 3.826 Quadrat- nur die Glashütte Gernheim in der Stadt Petershagen mehr Inte- kilometer große Naturpark ist der größte in NRW und nach dem ressierte an als 2014. Weniger Besucher/innen musste auch das Naturpark Südschwarzwald der zweitgrößte in Deutschland. Er Archäologie-Museum in Herne hinnehmen. Dort sei 2015 keine entstand durch Zusammenschluss der früheren Naturparke Ho- große neue Ausstellung eröffnet worden, hieß es zur Erklärung. mert, Ebbegebirge und Rothaargebirge sowie Bereichen der Krei- se Olpe, Siegen-Wittgenstein, dem Märkischen Kreis und dem Hochsauerlandkreis. Touristische Höhepunkte sind unter ande- rem der Rothaarsteig, die Ruhrquelle, die Attahöhle und das Fel- Leichter Rückgang des senmeer bei der Stadt Hemer. Naturparke sind eine Schutzge- Trinkwasserverbrauchs in NRW bietskategorie nach dem Bundesnaturschutzgesetz und verbin- den den Schutz sowie die Nutzung von Natur und Landschaft. In Pro Kopf und Tag verbrauchten die Menschen in Nordrhein-West- Deutschland gibt es 104 Naturparke. falen im Jahr 2013 durchschnittlich 133,4 Liter Trinkwasser. Wie das statistische Landesamt Information und Technik NRW mitteilte, verringerte sich der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch seit Mitte der Online-Bürgerinformationsdienst 1990er-Jahre damit um 13,7 Liter. Es gab allerdings erhebliche re- Braunkohle gionale Schwankungen: Während die Bürger/innen in Düsseldorf täglich 167,6 Liter Wasser verbrauchten, waren es im Kreis Siegen- Das für den Bergbau zuständige nordrhein-westfälische Wirt- Wittgenstein gerade einmal 107,1 Liter. Schätzungen zufolge wer- schaftsministerium hat einen Online-Informationsdienst zur den allerdings nur rund vier Prozent des Trinkwassers tatsächlich Braunkohle gestartet. Unter www.bid-braunkohle.nrw.de erhal- getrunken oder zum Kochen genutzt. Der Großteil wird beim ten Interessierte im Internet Informationen rund um die Braun- Waschen, Duschen und Saubermachen verbraucht. STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016 5
FOTO: RAINER STURM / PIXELIO.DE eigener Akzent? ▲ Die Vergabe von Nutzungsrechten an Übertragungs- und Verteilnetzen für Strom und Gas soll rechtssicher und kommunalfreundlich werden tungsregelungen zu einigen. Bislang galt Kommunale Position zur Novelle für die Bewertung des Netzes die „ange- messene wirtschaftliche Vergütung“. des Energiewirtschaftsrechts • Auswahlkriterien: Die Kommune ist bei der Auswahl des Unternehmens den Zielen Die geplanten Gesetzesänderungen zum Abschluss von des § 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verpflichtet - möglichst sichere, preisgüns- Konzessionsverträgen zur Energieversorgung bringen einige tige, verbraucherfreundliche, effiziente Verbesserungen, lassen aber wesentliche Fragen offen und umweltverträgliche leitungsgebunde- ne Versorgung der Allgemeinheit mit Strom und Gas. Dabei kann sie unter Wah- D as Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 02.12.2015 den seit geraumer Zeit erwarteten Entwurf den, das Bewertungsverfahren bei Neuver- gabe der Verteilnetze - etwa bei Rekommu- nalisierung - eindeutig und rechtssicher zu rung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz, auch Angelegen- eines „Gesetzes zur Änderung der Vorschrif- regeln sowie die Rechtssicherheit im Netz- heiten der örtlichen Gemeinschaft berück- ten zur Vergabe von Wegenutzungsrechten übergang zu erhöhen. Der Referentenent- sichtigen. Bei der Gewichtung der Aus- zur leitungsgebundenen Energieversor- wurf enthält folgende aus kommunaler wahlkriterien ist die Kommune berechtigt, gung“ vorgelegt. Damit soll die Vereinba- Sicht relevante Änderungen: den Anforderungen des jeweiligen Netz- rung im Koalitionsvertrag umgesetzt wer- gebietes Rechnung zu tragen. • Netzkaufpreis: Die Berechnungsmethode DIE AUTORIN zur Ermittlung des wirtschaftlich ange- • Bekanntmachung: Für die Kommunen gel- messenen Netzkaufpreises wird konkreti- ten neue Bekanntmachungspflichten. So Annette Brandt- Schwabedissen siert. Dazu wird nun ausdrücklich festge- hat die Kommune jedem Unternehmen, das ist Hauptreferentin für schrieben, dass die mit dem Netz zu erzie- ab Bekanntmachung des Vertragsendes ein kommunale Wirtschaft lenden Erlöse nach dem objektiven Er- Interesse an den öffentlichen Verkehrswe- beim Städte- und tragswertverfahren maßgeblich sind. Da- gen bekundet, die Auswahlkriterien und de- Gemeindebund NRW von unberührt bleiben soll die Freiheit der ren Gewichtung in Textform - so genanntes Vertragsparteien, sich auf andere Vergü- indikatives Angebot - mitzuteilen. 6 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016
THEMA ENERGIEMARKT • Rügen/Nachprüfungsverfahren: Zur Ver- Licht- und Schattenseiten. So enthält der Prioritäten fehlen Im Ergebnis bleibt besserung der Rechtssicherheit bei Kon- Entwurf Verbesserungen, die den kommu- weiterhin offen, welches Gewicht den ein- zessionsvergaben ist in Anlehnung an die nalen Forderungen entsprechen - etwa die zelnen Kriterien des § 1 EnWG beizumessen Rügepflichten des Gesetzes gegen Wett- Verpflichtung zur Weiterzahlung der Kon- ist. Zusätzlich wird neue Rechtsunsicherheit bewerbsbeschränkungen (GWB) eine zeit- zessionsabgabe bis zur Übertragung der mit dem Hinweis in der Gesetzesbegrün- lich abgestufte Möglichkeit der Rüge vor- Verteilungsanlagen auf den Neukonzessio- dung geschaffen, dass im Hinblick auf die gesehen. Bietende sind berechtigt, er- när, die Konkretisierung der Herausgabe Konkretisierung der einzelnen Ziele des § 1 kennbare Verfahrensfehler bei der Be- der Netzdaten, die Festschreibung des Er- EnWG die Entwicklung in der Praxis und die kanntmachung des Auslaufens des bishe- tragswertverfahrens für die Bewertung des Auslegung durch die Rechtsprechung abge- rigen Konzessionsvertrages oder der Mit- Netzes sowie die Präklusionsregelungen. wartet werden sollen. Im Klartext haben die teilung über die Auswahlkriterien inner- In anderen zentralen kommunalen Fragen Kommunen darunter zu leiden, dass der Ge- halb einer bestimmten Frist - drei Kalen- bringt der Entwurf keine Verbesserungen - setzgeber sich scheut, eine Präzisierung und dermonate - geltend zu machen. Für Ver- etwa in der Gewichtung und Konkretisie- Hierarchisierung der einzelnen Ziele des § 1 fahrensfehler bei der Mitteilung der Aus- rung der einzelnen Ziele des § 1 EnWG, der EnWG vorzunehmen. Zahlreiche Rechts- wahlentscheidung des neuen Vertrags- Berücksichtigung kommunaler Interessen streitigkeiten sind also vorprogrammiert. partners beträgt die Frist 30 Kalendertage. bei der Auswahlentscheidung, der Inhouse- Die Ergänzung, dass bei der Auswahlent- Wird nicht innerhalb dieser Fristen gerügt, Vergabe, der Ausgestaltung des Nachprü- scheidung auch Angelegenheiten der örtli- sind die unterlegenen Bewerber/innen fungsverfahrens sowie der Anpassung der chen Gemeinschaft berücksichtigt werden mit ihren Angriffen gegen die Vergabe Konzessionsabgabenordnung (KAV). Viel- können, stellt keine nennenswerte Verbes- ausgeschlossen (Präklusion). mehr lässt er die Kommunen mit den bis- serung gegenüber der bisherigen Rechtsla- • Hilft die Kommune den Rügen nicht ab, herigen Problemen weitgehend allein. ge dar. Die entsprechende Erläuterung in kann der oder die unterlegene Bietende in- Im Einzelnen ist dazu Folgendes festzustel- der Begründung des Referentenentwurfs, nerhalb von 15 Tagen Rechtsschutz suchen. len: Bei der Auswahlentscheidung des Un- was unter solchen berücksichtigungsfähi- Das zur Vorbereitung von Rügen vorgesehe- ternehmens sind die Kommunen nach wie gen kommunalen Interessen zu verstehen ne Akteneinsichtsrecht ist eingeschränkt, vor den Zielen des § 1 EnWG verpflichtet. ist, zählt nur bereits anerkannte Aspekte soweit dies zur Wahrung von Betriebs- oder Diese Ziele stehen in keinem klaren hierar- wie Laufzeit, Zahlung der höchstmöglichen Geschäftsgeheimnissen geboten ist. Im Ge- chischen Verhältnis zueinander. Der Refe- Konzessionsabgabe oder bessere Koordi- genzug hat die Kommune die Unterneh- rentenentwurf versäumt es, für klare Ge- nierung von Baumaßnahmen auf. Weiter- men, deren Angebote nicht angenommen wichtung zu sorgen, indem er lediglich die hin bleibt offen, wie die eigenen kommuna- werden sollen, über die Gründe der Ableh- Versorgungssicherheit und die Kosteneffi- len Kriterien zu gewichten sind und in wel- nung und den frühesten Zeitpunkt des be- zienz sowie die Wahrung netzwirtschaft- chem Verhältnis diese zu den Zielen des § 1 absichtigten Konzessionsvertragsabschlus- licher Anforderungen anspricht. Mit den EnWG stehen. ses zu informieren. beiden letzten Umschreibungen werden zu- Im Gesetz sollte festgelegt werden, dass bei dem neue Begriffe von unklarer Bedeutung der Auswahlentscheidung die kommuna- • Netzinformation: Es wird klargestellt, wel- einführt. len Belange zumindest gleichrangig neben che Informationen über das Netz der bis- herige Netzbetreiber der Kommune drei FOTO: VKU / REGENTAUCHER.COM Jahre vor Auslaufen des Konzessionsver- trages zur Verfügung stellen muss. Davon erfasst sind nunmehr die erstmaligen An- schaffungs- und Herstellungskosten, die betriebsübliche Nutzungsdauer sowie die kalkulatorischen Restwerte und Nut- zungsdauern laut den Bescheiden der Re- gulierungsbehörde. • Weiterzahlung: Der Altkonzessionär ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Konzessionsabgabe bis zur Übertragung der Verteilungsanlagen auf den Neukon- zessionär weiterzuzahlen. Dies gilt nicht, wenn es die Kommune unterlassen hat, ein Konzessionsverfahren durchzuführen. Bislang war die Fortzahlung der Konzessi- onsabgabe auf ein Jahr beschränkt. Licht und Schatten Der Referentenent- wurf ist aus kommunaler Sicht eine Novel- ▲ Viele Städte und Gemeinden schreiben demnächst ihre Konzessionen für Strom und Gas aus lierung des Energiewirtschaftsrechtes mit und wollen bevorzugt kommunale Gesellschaften beauftragen STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016 7
THEMA ENERGIEMARKT den netzbezogenen Kriterien zu berück- landesgericht in zweiter Instanz. vollziehbar, warum die Unterstützung und sichtigen sind. Ansonsten tritt keine Verbes- Eine solche Vorgehensweise hätte einen Mitwirkung an entsprechenden Konzepten serung der Rechtslage ein. Deshalb sollte in weiteren Vorteil. Das im Referentenentwurf im Zusammenhang mit der Vergabe eines § 46 EnWG wie folgt formuliert werden: „Bei zur Vorbereitung von Rügen vorgesehene Wegerechts für eine Strom- oder Gasnetz- der Auswahl des Unternehmens hat die Ge- Akteneinsichtsrecht ist eingeschränkt, so- konzession nicht berücksichtigt werden meinde neben den Zielen und Interessen weit dies zur Wahrung von Betriebs- oder darf. Um Rechtssicherheit und -klarheit her- der örtlichen Gemeinschaft auch die Ziele Geschäftsgeheimnissen geboten ist. Dies zustellen, sollte das derzeitige Verbot in ei- des § 1 zu berücksichtigen.“ wälzt die Frage, welche Betriebs- oder Ge- nen Erlaubnistatbestand in § 3 KAV umge- schäftsgeheimnisse schützenswert sind, wandelt werden. Misstrauen gegen Inhouse Ein von der auf die Kommunen ab. Das Akteneinsichts- kommunalen Seite mehrfach vorgetrage- recht würde dann durch § 111 GWB dahinge- Konzessionsabgabe Gas Daneben wird nes Anliegen ist die Zulässigkeit der so ge- hend ersetzt, dass die Entscheidung darü- seitens der Kommunen eine Regelung ge- nannten Inhouse-Vergabe - sprich: die Zu- ber, welche Betriebs- oder Geschäftsge- fordert, die den Erhalt der Konzessionsabga- weisung der Wegenutzungsrechte an einen heimnisse schützenswert sind, den Verga- be Gas sicherstellt. Hintergrund ist die kommunalen Eigenbetrieb ohne vergabe- bekammern obliegt. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, ähnliches Verfahren. Dies wird im Referen- wonach für Lieferungen von Drittversor- tenentwurf mit der Begründung abgelehnt, Zulässigkeit von Nebenleistungen gern im Konzessionsgebiet nur die geringe- dass der in § 46 EnWG verankerte Wettbe- Obergerichtliche Rechtsprechung hat Klau- re Konzessionsabgabe Gas für Sonderver- werb um das Netz nicht zur Disposition ge- seln in Konzessionsverträgen für unzuläs- tragskund/innen zu zahlen ist. Die höhere stellt werden darf. Der Referentenentwurf sig erklärt, die eine Unterstützung der Ge- Konzessionsabgabe Gas für Tarifkund/in- geht also davon aus, dass mit einem diskri- meinden bei der Aufstellung von Energie- nen darf hingegen nur vom Grundversor- minierungsfreien Wettbewerb um die Kon- konzepten vorsehen. Dies sei ein Verstoß ger erhoben werden. zessionen dem Wohl der Allgemeinheit am gegen das Nebenleistungsverbot im Sinne Dadurch sinkt im Bereich der Haushalts- besten gedient sei. von § 3 KAV und könne zur Nichtigkeit des kund/innen seit Jahren das Aufkommen der Sollte insoweit ein Misstrauen durchschim- gesamten Konzessionsvertrages führen. Im Konzessionsabgabe im Gasbereich, wenn es mern, die Kommunen hätten bei Inhouse- Ergebnis hat diese Rechtsprechung eine er- zu einem Wechsel zu einem Versorger, der Vergabe nur das eigene finanzielle Wohl und hebliche Einschränkung der kommunalen nicht der örtliche Grundversorger ist, nicht die Bedürfnisse der Endkunden und Gestaltungs- und Organisationsfreiheit zur kommt. Dann muss lediglich die geringere -kundinnen im Auge, ist dem entgegenzu- Folge und verschärft die Unsicherheit, wie Konzessionsabgabe für Sondervertrags- halten, dass die Städte und Gemeinden seit eine Konzessionsvergabe rechtssicher aus- kund/innen gezahlt werden. Im Strombe- Jahrzehnten - auch im leitungsgebundenen gestaltet werden kann. reich gibt es dagegen eine gesetzliche Men- Bereich - zum Wohl der Bevölkerung sowie in In Anbetracht der Energiewende und des gengrenze, bis zu der die Lieferungen kon- hochwertiger Form mit großer Versorgungs- gesamtgesellschaftlichen Konsens, den An- zessionsabgabenrechtlich stets als Liefe- sicherheit die für ein Gemeinwesen erforder- teil erneuerbarer Energien auszubauen so- rungen an Tarifkund/innen behandelt wer- lichen Grunddienstleistungen Wasserversor- wie ressourcen- und klimaschonend und den. Eine entsprechende Regelung ist auch gung, Abwasserbehandlung, Abfallentsor- energieeffizient zu agieren, ist nicht nach- für den Gasbereich erforderlich. b gung, ÖPNV und Ähnliches bereitstellen. BUCHTIPP Nachprüfungsverfahren Nach den vor- DIE GESCHICHTE NORDRHEIN-WESTFALENS geschlagenen Regelungen haben sich die beteiligten Parteien des Konzessionsverga- v. Ulrich Kröll, 17,9 x 24,9 cm, 622 S., zahlrei- beverfahrens - die Kommune und der/die che Abbild., 34 Euro, agenda Verlag Münster, Bietende - wegen möglicher Verfahrensfeh- ISBN 3-89688-518-0 ler auseinanderzusetzen, sofern der/die un- Dieses Werk ist, wie man sich alle Geschichts- terlegene Bewerber/in mit Blick auf die Fris- bücher wünscht: verständlich geschrieben, ten nicht präkludiert - sprich: ausgeschlos- reich bebildert und in viele Themenbausteine sen - ist. Dabei wird den Kommunen das gegliedert. Chronologie dient eher als locke- Nachprüfungsverfahren selbst auferlegt. re Klammer. Besonders zu loben ist der An- Dies ist kritisch zu sehen, da es nicht der satz, sich nicht auf die kurze Geschichte des Verfahrensbeschleunigung dient, sondern Landes NRW zu beschränken, sondern den die rechtliche Auseinandersetzung auf ei- geografischen Raum des Landes von den An- nen späteren Zeitpunkt verlagert. fängen der Überlieferung an abzudecken. Aus diesem Grund sollte das Nachprüfungs- Die mitunter komplizierte politische Ord- verfahren entsprechend der §§ 104 ff. des nung vergangener Jahrhunderte wird dabei Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkun- gut verständlich gemacht. Man merkt dem gen (GWB) wie im allgemeinen Vergabe- Buch an, dass der Autor Dr. Ulrich Kröll frü- recht durch unabhängige Instanzen durch- her als Geschichtsdidaktiker an der Univer- geführt werden. Zuständig sind die Verga- sität Münster tätig war. bekammern in erster Instanz oder das Ober- 8 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016
„Mit Interamt ist die Suche nach den Besten einfach und effizient. Das passt zu Lohmar.“ GABRIELE WILLSCHEID Amtsleiterin Haupt- und Rechtsamt der Stadt Lohmar MODERNE PERSONALBESCHAFFUNG – EINFACH, FLEXIBEL, EFFIZIENT Das bedarfsgerecht angelegte E-Recruiting von Interamt automatisiert Standardprozesse, beschleunigt das Bewerbermanagement und macht Ihre Stellenbesetzung nachhaltig und komfortabel. EFFIZIENZ GEWINNEN UND RESSOURCEN SPAREN: WWW.INTERAMT.DE
FOTOS (3): GSW GEMEINSCHAFTSSTADTWERKE KAMEN, BÖNEN, BERGKAMEN kein Ruhekissen ▲ Die GSW Gemeinschaftsstadtwerke sind seit mehr als 20 Jahren als Energieversorger für Kamen, Bönen und Bergkamen tätig Energiewende erfolgreich nur mit Stadtwerken Durch die rasante Entwicklung der erneuerbaren Energien und die die Volkswirtschaft überlebenswichtige Ver- sorgungssicherheit. Anforderungen der Energiewende entsteht Modernisierungsdruck Seit Jahren sinkt allerdings der Preis, zu dem für kommunale Unternehmen, was aber auch Chancen eröffnet die Kilowattstunde Strom an der Strombör- se gehandelt wird. Die Förderung der erneu- erbaren Energien ist in vielerlei Hinsicht ei- D ie Stadtwerke - und damit die sie tra- genden Kommunen - stehen heute vor besonderen Herausforderungen. Der und Planungssicherheit. Konkret werden vor allem bessere Rahmenbedingungen für bereits getätigte und künftige Investitionen ne Erfolgsgeschichte. Ihre Auswirkungen auf viele Kraftwerke bisweilen nicht: Wäh- rend im Jahr 2010 der Verkauf einer Mega- europäische und der deutsche Gesetzgeber gefordert. wattstunde Strom noch rund 60 Euro erziel- machen zahlreiche Vorgaben, die sich auf te, ist der Preis derzeit auf weniger als 35 den wirtschaftlichen Erfolg der Stadtwerke Investitionen in Gefahr Insbesondere Euro gefallen. Damit kann man moderne und ihr Geschäftsmodell zum Teil gravie- kommunale Investitionen in moderne und Kraftwerke nicht mehr wirtschaftlich be- rend auswirken. effiziente Kraftwerke rentieren sich unter treiben. In Deutschland sind dies vor allem Vorga- den derzeitigen Rahmenbedingungen kaum Die wirtschaftliche Lage vieler kommunaler ben zur weiteren Ausgestaltung der Ener- noch. Dabei werden in Zukunft gerade diese Unternehmen in ganz Deutschland hat sich giewende: ein neues nationales Marktde- flexiblen Anlagen benötigt. Denn sie ergän- aufgrund dieser Problemstellung in den sign, die Novelle des Kraft-Wärme-Koppe- zen die fluktuierende Erzeugung aus erneu- zurückliegenden zwei Jahren zunehmend lungs-Gesetzes, der Regelungsvorschlag zur erbaren Energien und gewährleisten die für verschlechtert. Dies betrifft auch die Stadt Einsparung von weiteren 22 Millionen Ton- Bergkamen und ihre 1995 mit den Nachbar- nen CO2 durch die konventionelle Erzeu- DER AUTOR kommunen Kamen und Bönen gegründeten gung, Regelungsvorschläge zur Steigerung Gemeinschaftsstadtwerke GSW Kamen-Bö- der Energieeffizienz sowie die Novelle der nen-Bergkamen. Das in Hamm-Westfalen Roland Schäfer ist Anreizregulierungsverordnung im Bereich 2007 als bundesweit erstes Gemeinschafts- Bürgermeister der der Energieverteilnetze. kraftwerk ans Netz gegangene hochmoder- Stadt Bergkamen Um den neuen Herausforderungen gerecht ne Gas- und Dampfkraftwerk der Trianel, an zu werden, benötigen kommunale Unter- dem die Stadt Bergkamen durch ihre Ge- nehmen einen zuverlässigen Rechtsrahmen meinschaftsstadtwerke mit zehn Millionen 10 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016
THEMA ENERGIEMARKT Euro beteiligt ist, leidet unter starken finan- tive Umspannwerken der Stadtwerke zu angebote für die Kunden und Kundinnen. ziellen Einbußen. den Haushalten und den Gewerbekunden Abgesehen von den wenigen Großprojek- zu leiten. Inzwischen hat jedoch die Anzahl ten wie den Offshore-Windparks wird sich Rückstellung nötig Das Kraftwerk war der dezentralen privaten und professionel- der Ausbau der erneuerbaren Energien de- 2014 weniger als die Hälfte des Jahres in Be- len Stromerzeugungsanlagen in den Ver- zentral vollziehen. Klassische Kraft-Wärme- trieb. Selbst eine komplette Stilllegung ist sorgungsgebieten - Photovoltaik, Wind- Kopplung, Windkrafträder, Photovoltaikan- zurzeit im Gespräch. In die GSW-Stadtwerk- kraft und Biomasse - drastisch zugenom- lagen auf Dächern oder Freiflächen, Geo- ebilanz musste eine erhebliche Rückstel- men. Darauf sind die Ortsnetze nicht aus- thermie sowie die Erzeugung von Strom lung für drohende Verluste aufgenommen gelegt. und Wärme auf der Basis von Biomasse be- werden, die den wirtschaftlichen Erfolg der Die notwendigen Investitionen zum Um- deuten kleinere Investitionen, die vielfach Stadtwerke deutlich gemindert hat. und Ausbau erfordern freie Mittel der gerade im ländlichen Bereich getätigt wer- In anderen Städten haben die Stadtwerke Stadtwerke, die aber durch die vielfach ver- den. Stadtwerke sind gemeinsam mit der bereits ihre von den Kämmereien fest ein- schlechterte Finanzsituation nur schwer zu Kommunalpolitik gefordert, um Akzeptanz geplante Gewinnausschüttung an die mobilisieren sind. Jedoch nimmt die Bun- für die Infrastrukturvorhaben zu werben Kommune gekürzt oder komplett einge- desnetzagentur bei der Festlegung der und die Bürger/innen für den neuen Kurs stellt. In Duisburg, Ulm und Darmstadt Netzentgelte im Rahmen der Anreizregu- zu gewinnen. müssen die Städte ihren Stadtwerken so- lierung auf dieses - im Rahmen der Energie- gar mit Kapitalaufstockung in Millionen- wende zwingend notwendige - Investiti- Identifikation und Akzeptanz Die ak- höhe unter die Arme greifen. Damit entste- onserfordernis kaum Rücksicht. tive Teilhabe von Bürgern und Bürgerinnen, hen nicht nur Verluste und die Gefährdung aber auch von privaten Akteuren wie Wirt- von Arbeitsplätzen bei den Unternehmen. Unternehmerische Chance Anderer- schaft und Handel kann eine stärkere Iden- Vielmehr sind damit auch unabsehbare seits bringt die Energiewende auch neue tifikation, Akzeptanz und Durchsetzung Folgen für die beteiligten Kommunen und Chancen für die kommunalen Stadtwerke. von Entscheidungen fördern. Hierzu gehö- deren Haushalte verbunden. In Zeiten zunehmenden Wettbewerbs auf ren auch finanzielle Beteiligungsmodelle, den Endkundenmärkten und sinkender die möglichst viele zu ökonomischen Ge- Problem Netzausbau Probleme gibt es Margen in den regulierten Netzen gewinnt winnern machen. Bürgerwindparks und auch im Bereich der erneuerbaren Energien die Entwicklung neuer Geschäftsfelder ent- Energiegenossenschaften sind dabei ein und des Netzausbaus. So führt der stocken- lang der klassischen Wertschöpfung zu- sinnvoller Ansatz, um die Bürger/innen in de Ausbau der Höchstspannungsleitungen nehmend an Bedeutung. Wer erfolgreich dem Prozess mitzunehmen und zu beteili- dazu, dass der Strom aus alternativen Ener- bleiben will, setzt verstärkt auf dezentrale, gen. Damit kann gleichzeitig das Bewusst- gien nicht überallhin weitergeleitet und nachhaltige Erzeugungskonzepte sowie in- sein für die Themen Energieeinsparung genutzt werden kann. novative und individuelle Dienstleistungs- und Nachhaltigkeit geschärft werden. Neue So sind die Gemeinschaftsstadtwerke in Bergkamen mit einem Leistungsanteil von fünf Megawatt und einem Investment von 7,45 Mio. Euro an dem Offshore-Windpark Borkum II vor der Küste der Nordseeinsel Borkum beteiligt, dessen Inbetriebnahme sich aufgrund des fehlenden Netzanschlus- ses um zwei Jahre verzögert hat. Die Scha- densersatzansprüche gegen die Netzbe- treiber belaufen sich auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Hinzu kommt, dass die Windräder bis zur Fertigstellung des Netzes mit schadstoffe- mittierenden Dieselgeneratoren zum Lau- fen gebracht werden mussten, um Schäden an der Technik zu verhindern. Das ist sicher- lich nicht im Interesse einer sauberen, um- weltfreundlichen Energieversorgung, wie sie im Rahmen der Energiewende ange- strebt wird. ◀ Als erstes kommu- Ortsnetz Engpass Ein weiteres Problem nales Gemeinschafts- stellt sich für jedes Stadtwerk mit der Not- kraftwerk produziert wendigkeit, die örtlichen Verteilnetze zu er- das Trianel Gas- und tüchtigen. Ursprünglich waren diese als rei- Dampfkraftwerk ne „Einbahnstraße“ konzipiert, um den Hamm-Uentrop seit Strom von den Erzeugungsanlagen respek- 2007 Strom STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016 11
THEMA ENERGIEMARKT BUCHTIPP Dienstleistungsangebote erstrecken sich ligenten Komplettdienstleistungen ange- von Energieaudits mit Beratung und Infor- boten werden - von der intelligenten MOBILE mation bis hin zu Energiecontracting und Stromversorgung über die Mediennut- Energiemanagement. Interessant sind ins- zung bis zum E-Mobil oder Sharing-Fahr- PARTIZIPATION besondere Contractingmodelle, bei denen zeug. Gegenüber den weltweit agierenden Wie Bürger mit dem Smartphone die Anlagen durch die Stadtwerke gebaut Konzernen haben sie den Vorteil, dass sie Stadtplanung mitgestalten, v. Stefan und im Auftrag der Kund/innen betrieben aufgrund ihrer kommunalen Verwurze- Hoeffken, 15,5 x 24 cm, 213 S., 34 werden. lung und der örtlich bekannten Marke ei- Euro, Verlag Dorothea Rohn, Lemgo, Zunehmend fragen Kunden und Kundinnen nen Vertrauensvorschuss bei den Kund/in- ISBN 3-939486-87-9 auch nach Komplettangeboten - vom Strom- nen genießen. tarif bis hin zu nachhaltigen Mobilitätslö- Mobiles Web, Geo-Lokalisierung und sungen. Zwar ist Elektromobilität derzeit Unternehmerisches Handeln Die integrierte Sensoren ermöglichen noch ein Nischenprodukt. Allerdings bietet kommunalen Stadtwerke werden künftig gemeinschaftliche Datenerfassung, sie über den Mobilitätsaspekt hinaus das Po- nur erfolgreich sein, wenn sie nicht bei ih- spontane Kommunikation sowie neue Formen der Planungskommunikation und führen zu einer Partizipation un- ter veränderten Vorzeichen. Transpa- rente Verfahren, frühe Einbeziehung der Öffentlichkeit und mehr Möglich- keit der Mitsprache werden zuneh- mend eingefordert. Zugleich entwi- ckelt sich eine Vielzahl so genannter Bottom up-Bewegungen, die das In- ternet als Ort der Teilhabe und kon- struktiven Mitwirkung an Stadtpla- nung begreifen und sich auf vielfälti- ge Weise einbringen. In der Publika- tion werden nach Definition des Phä- nomens mobile Partizipation und Nennung von Beispielen auch neue ▲ Die Angebote der GSW Gemeinschaftsstadt- rem klassischen Geschäft stehen bleiben, werke orientieren sich an den Bedürfnissen der Entwicklungen und Chancen sowie sondern auf ihren Unternehmergeist set- Kund(inn)en, denen wohnortnah Beratung zur zen und kreative Antworten auf die aktuel- Herausforderungen und Hemmnisse Verfügung steht len Herausforderungen im Energiebereich für die Stadtplanung beschrieben. entwickeln. Richtschnur sollte bei allem tenzial zur Weiterentwicklung der Nutzung Streben nach wirtschaftlichem Erfolg die - erneuerbarer Energien durch Speicherung für die Kommunalwirtschaft stets notwen- und Steuerung des Verbrauchs. dige - Orientierung an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger sein. Mehr Kommunikation Stadtwerke ent- Es ist aber auch der Gesetzgeber gefordert wickeln zunehmend neue Informations- - europäisch wie national -, hierfür einen und Kommunikationstechnologien für Rechtsrahmen zu schaffen, der das Span- Netze und innovative Speichertechnolo- nungsverhältnis zwischen kommunaler gien wie „smart grids“ und „smart meter“, Daseinsvorsorge und wirtschaftlichem Er- um die schwankende Stromerzeugung aus folg für alle Wettbewerber/innen fair aus- erneuerbaren Energien besser ausgleichen tariert. Dazu gehört vor allem, dass die Un- zu können. Über ein so genanntes Netzma- ternehmen und ihre kommunalen Eigentü- nagement können zukünftig unterschiedli- mer einen sicheren Rechtsrahmen für ihre che Anlagen wie beispielsweise Kühlhäuser Investitionen erhalten und kommunales oder Elektrofahrzeuge als „virtuelle Strom- Vermögen nicht entwertet wird. speicher“ genutzt werden, um die Last- Dies ist eine lohnende Zukunftsinvestition schwankungen der dezentralen, virtuellen in Wirtschaft und Gesellschaft. Denn was Kraftwerke auszugleichen. die Kommunalwirtschaft vor Ort schafft, Als Netzbetreiber und Systemdienstleister kommt der örtlichen Gemeinschaft, den können die Stadtwerke zugleich die wichti- Bürgerinnen und Bürgern zugute. Sie fördert ge Schnittstelle zu den Kund/innen beset- damit das Gemeinwohl sowie den Zusam- zen, über die künftig die smarten und intel- menhalt in den Städten und Gemeinden. b 12 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016
FOTO: ERICH WESTENDARP / PIXELIO.DE dreifach und teuer ▲ Der Strommarkt der Zukunft wird vor allem aus erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie gespeist effiziente Kraftwerke wie insbesondere Das Strommarktgesetz aus Sicht Gaskraftwerke, um die letzten Versorgungs- lücken zu füllen. Gleichzeitig muss die Ener- kommunaler Unternehmen gieversorgung bezahlbar bleiben. Gefahr für Versorgungssicherheit Um Das Vorhaben der Bundesregierung, Kapazitätsreserven in der diesen Ansprüchen gerecht zu werden, brauchen nicht nur kommunale Unterneh- Stromproduktion allein aus Stromverkauf zu finanzieren, setzt beim men eine kalkulierbare Refinanzierung und ökologischen Umbau der Energieversorgung falsche Akzente langfristig verlässliche Rahmenbedingun- gen. Zentrales Element des vom BMWi favo- risierten Strommarktes 2.0 ist das Preissig- D as Bundeskabinett hat am 04.11.2015 mit der Verabschiedung des Strom- marktgesetzes (StrommarktG) und der Ka- nationalen Klimaschutzziele zu erreichen, sollen zusätzlich 2,7 Gigawatt Braunkohle- kraftwerke stillgelegt und in eine Sicher- nal - sprich: die Information an die Verbrau- cher/innen, wieviel der Strom im Augen- blick kostet. Erzeugungskapazitäten und pazitätsreserveverordnung (KapResV) das heitsbereitschaft überführt werden. Flexibilitätsoptionen - die Möglichkeit, Ende einer mehr als zwei Jahre andauern- Aus Sicht kommunaler Unternehmen be- rasch die eigene Stromeinspeisung oder den Diskussion eingeläutet. Während zahl- steht das Fundament des Strommarktes der den Stromverbrauch zu ändern - sollen sich reiche Akteure der Energiewirtschaft - auch Zukunft aus Erneuerbaren Energien wie über Preisspitzen refinanzieren. der VKU - für einen dezentralen Kapazitäts- Windenergie und Photovoltaik. Speicher Der VKU sieht hier zahlreiche Probleme. markt plädierten, hat das Bundeswirt- oder Lastmanagement gleichen die Denn der Strommarkt der Zukunft ist von schaftsministerium (BMWi) entschieden, schwankende Einspeisung aus. Zusätzlich einem steigenden Anteil Erneuerbarer den Strommarkt zum so genannten Strom- braucht es aber auch in Zukunft flexible und Energien mit Grenzkosten nahe Null ge- markt 2.0 weiterzuentwickeln. prägt. Reservekapazitäten wie Flexibilitäts- Der so genannte Kapazitätsmarkt vergütet DER AUTOR optionen und Gaskraftwerke mit höheren Technologien, die gesicherte Kraftwerksleis- Grenzkosten werden immer seltener benö- tung bereitstellen können. Im Strommarkt Michael Wübbels ist tigt, müssen sich aber weiterhin auf Basis 2.0 müssen sich diese Technologien vor al- stellvertretender der verkauften Kilowattstunde refinanzie- lem über Preisspitzen refinanzieren. Als Hauptgeschäftsführer ren. „Hosenträger zum Gürtel“ wird für die Ver- des Verbandes kommu- Jedoch sind Preisspitzen alles andere als sorgungssicherheit eine Kapazitätsreserve naler Unternehmen kalkulierbar. Es ist unsicher, wann und wie von bis zu 4,4 Gigawatt geschaffen. Um die lange sie entstehen und wie hoch sie aus- STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016 13
Regulierter Teil des Strommarktes wächst denen noch nicht abzusehen ist, wie sie in den Markt hineinwirken, steht dieser Be- SCHAUBILD: VKU Kapazitätsreserve hauptung jedoch diametral entgegen. Klimareserve” Sicherheitsbereitschaft “ Die Kapazitätsreserve und auch die so ge- nannte Klimareserve entziehen dem Markt Kraftwerke. Allein durch diese Reserven ent- steht ein Sockel von 7,1 Gigawatt Leistung, der dem Markt nicht zur Verfügung steht. Die Kapazitätsreserveverordnung (Ka- pResV) lässt offen, wie das Zusammenspiel der Kapazitätsreserve mit anderen techni- schen Maßnahmen wie etwa der Regel- energie zur Stabilisierung der Netzspan- nung erfolgen soll. Einwirkung auf Marktgeschehen Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Ka- pazitätsreserve keinesfalls außerhalb des Marktes steht, sondern in ihn hineinwirkt. Kraftwerke müssen rechtzeitig angefahren werden, damit sie im Notfall einsatzbereit sind. Dabei produzieren diese Anlagen Strom, den sie in das Netz einspeisen. Die ▲ Die Kapazitätsreserve und die so genannte Klimareserve entziehen dem Markt Kraftwerke KapResV sieht vor, dass Kraftwerke, die noch im Markt tätig sind, gegebenenfalls abgeregelt werden. Diese Konstruktion er- Systemmehrkosten im Vergleich schwert es Marktteilnehmenden, sich auf Preisspitzen und hohe Preise optimal ein- zustellen. Schließlich passt die Kapazitätsreserve nicht in den Strommarkt der Zukunft. Sie ist vor allem für flexible, schnell anfahrbare Anlagen wie Gaskraftwerke geeignet. Nun dürfen Kraftwerke in der Kapazitätsreserve nach den derzeitigen Regeln nicht in den Markt zurückkehren. Aber diese Kraftwerke braucht der Strommarkt der Zukunft. Es ist nicht nachvollziehbar, warum flexible Kraft- SCHAUBILD: VKU werke dem Markt langfristig entzogen wer- den, während gleichzeitig keine Anreize ge- setzt werden, neue flexible Erzeugungska- pazitäten aufzubauen. ▲ Nach Berechnungen des VKU ist der dezentrale Leistungsmarkt (DLM) im Vergleich zum reformierten Energy-only-Markt (EOM 2.0) erheblich günstiger Kosten steigen Der Strommarkt 2.0 mit der Kapazitätsreserve wird deutlich teurer fallen. Treten Preisspitzen sehr häufig oder und hohen Betriebskosten wie Gasturbinen als vom BMWi prognostiziert. Das trifft vor sehr lang auf, ist fraglich, ob die Politik dies und Dieselaggregate. Ökonomisch nachhal- allem private Haushalte sowie kleine und akzeptiert. Die Festlegung im Energiewirt- tige und klimafreundliche Technologien wie mittlere Unternehmen. Das BMWi hatte schaftsgesetz (EnWG), Preise regulatorisch Kraft-Wärme-Kopplung, Speicher oder an- Mehrkosten für das System von 80 Mio. nicht zu beschränken, bietet keine Garan- dere moderne Kraftwerke haben in diesem Euro pro Jahr angenommen.1 Allerdings lie- tie. Schließlich ist das EnWG nicht das Markt keine Chance. gen die Mehrkosten für die System- und Grundgesetz und kann jederzeit geändert Das Hin und Her um die Kapazitätsreserve Versorgungssicherheit mit 345 Mio. Euro werden. für die Versorgungssicherheit trägt eben- pro Jahr schon jetzt weit über dieser Prog- falls nicht zu stabilen Rahmenbedingungen nose. Dazu kommen jährliche Kosten von Anreiz zu hohen Betriebskosten Aus bei. Das Bundeswirtschaftsministerium hat 230 Mio. Euro dafür, dass Braunkohlekraft- Sicht des VKU setzt ein auf Preisspitzen ba- einen Kapazitätsmechanismus unter ande- werke stillgelegt werden.2 sierender Markt - wenn überhaupt - ledig- rem mit der Begründung abgelehnt, dass er lich Anreize für schnell abschreibbare Erzeu- zu regulierungsintensiv und zu komplex sei. 1 Grünbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ (2014) gungskapazitäten mit geringen Fixkosten Ein Strommarkt 2.0 mit drei Reserven, bei 2 Strommarktgesetz Kabinettsentwurf 14 STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016
THEMA ENERGIEMARKT GLOSSAR Die Kosten für fast alle Maßnahmen im STROMMARKTDESIGN - KERNBEGRIFFE Rahmen des Strommarktes 2.0 sollen über die Netzentgelte auf die Endkund/innen ab- Dezentraler Leistungsmarkt Kapazitätsreserve gewälzt werden. Dabei profitiert die Indus- Konzept des BDEW und des VKU zu einer Bereithaltung älterer Kraftwerke, die nor- trie von weit reichenden Ausnahmerege- Ausgestaltung des Strommarktes, bei dem malerweise nicht in Betrieb sind und nur lungen. Jedoch haben alle Marktteilneh- neben dem Strom auch die Bereitstellung anlaufen, wenn kurzfristig die Stromnach- menden einen Vorteil von der Versorgungs- gesicherter Leistung mittels konventionel- frage das Angebot übersteigt sicherheit. Entsprechend müssten die Kos- ten für die Versorgungssicherheit gerecht ler Reservekraftwerke vergütet wird und gleichmäßig auf alle Marktteilnehmen- Klimareserve den umgelegt werden. Positionspapier: Acht Braunkohlekraftwerke im Rheinland, Der VKU sieht außerdem einen Wider- https://www.bdew.de/ in Mitteldeutschland und Brandenburg mit spruch zu dem Vorgehen, Preissignale un- internet.nsf/res/60B01 einer Kapazität von 2,7 Gigawatt werden mittelbar an die Kund/innen weiterzuge- CBFB0577416C1257BF im Herbst 2016 in Sicherheitsbereitschaft ben und auf diese Weise Flexibilisierungs- 200 3FE4E5/$file/Positi- für extreme Wetterlagen umgeschaltet und potenzial zu heben. Der staatlich festge- onspapier_Ausgestaltung_eines_dezen- sollen 2020 endgültig stillgelegt werden. setzte Preisbestandteil ist schon heute der tralen_Leistungsmarkts_180913_final.pdf Ziel ist die Vermeidung eines Kohlendioxid- größte Kostenblock in den Strompreisen Ausstoßes von 11 bis 12,5 Mio. Tonnen, und steigt nochmals mit der Abwälzung Video: um dem deutschlandweiten CO2-Reduzie- fast aller Kosten über die Netzentgelte. https://www.rwe-video rungsziel von 40 Prozent bis 2020 gegen- archiv.com/player/ über 1990 näherzukommen. Versorgungssicherheit fraglich Kurz- popup/logo=1&clip= fristig funktioniert der Strommarkt 2.0. 37760957 &titel= Netzreserve Langfristig könnten allerdings - so die Ver- Animationsfilm% 20dezentraler%20 Kraftwerke in Regionen, die stark vom mutung des VKU - Risiken für die Versor- Leistungsmarkt&h=360&b=640& Stromimportabhängig sind (Süddeutsch- gungssicherheit entstehen. Denn sobald die play=auto land), die ähnlich wie Kraftwerke der Kapa- Überkapazitäten abgebaut und die „low zitätsreserve nur bei Bedarf anlaufen und hanging fruits“ beim Lastmanagement in Energy-only-Markt (EOM) Strom produzieren Gestalt großer Industrieanlagen und Not- Vergütung nur der tatsächlich gelieferten stromaggregate geerntet sind, wird es Menge Strom - der derzeitige Zustand am Preissignal schwierig. deutschen Strommarkt Die Möglichkeit, dass Strompreise für die Der Strommarkt 2.0 bietet keine Rahmen- Produzierenden und die Endverbrauchen- bedingungen für Investitionen in eine Flexibilitätsoptionen den je nach Angebot und Nachfrage nachhaltige und kosteneffiziente Energie- Möglichkeit, die eigene Stromproduktion schwanken und diese darauf reagieren, in- versorgung. Die Unternehmen müssen je- rasch zu steigern oder zurückzufahren, dem sie Produktionsanlagen und Geräte doch mittelfristig Entscheidungen über In- oder im Gegenzug den eigenen Stromver- zu- oder abschalten, um ihre Stromeinnah- vestitionen treffen, damit langfristig ge- brauch rasch zu steigern oder zurückzu- men respektive -ausgaben zu optimieren nug gesicherte Leistung verfügbar ist. fahren. Ziel ist ein ausgeglichenes Verhält- Kraftwerke und Erneuerbare Energien-An- Preisspitzen lagen wie Windparks können nicht von nis von Angebot und Nachfrage. heute auf morgen gebaut werden. Sie Baustein im Energy-Only-Markt (EOM) 2.0: brauchen Vorlauf - nicht nur für den Bau, Grenzkosten Zulassung von Preisspitzen von bis zu meh- sondern beispielsweise auch für Genehmi- Kosten, die durch die Produktion einer zu- reren Tausend Euro im Stromhandel als An- gungen. sätzlichen Mengeneinheit eines Produk- reiz für Investitionen in Erzeugungskapazi- Alles in allem ist der Strommarkt 2.0 mit sei- tes entstehen. Sind z.B. bei Windkraftanla- täten nen drei Reserven eine teure und unsichere gen die Fixkosten etwa für den Bau hoch Lösung für die Ziele Versorgungssicherheit und die Kosten für den laufenden Betrieb Strommarkt 2.0 und Klimaschutz. Der VKU fordert daher ei- gering (keine Kraftstoffe erforderlich), ge- Neugestaltung der Regeln des Strommark- nen integrierten Ansatz und hat mit dem de- hen die Grenzkosten gegen Null. tes in Deutschland mit dem Ziel, durch fi- zentralen Leistungsmarkt ein Marktmodell nanzielle Anreize gleichzeitig den Ausbau entwickelt, das Erzeugungskapazitäten ho- Kapazitätsmarkt der erneuerbaren Energien zu fördern, die noriert, die gesicherte Leistung bereitstellen Vergütung der Bereitstellung von Stromer- Stromversorgung zu sichern und möglichst können. Der dezentrale Leistungsmarkt bie- zeugungskapazität (Leistung) mit dem günstige Preise für die Endverbraucher/in- tet diesen Technologien einen sicheren Erlös Ziel, in Zeiten geringer Wind- und Solar- nen zu erzielen. Dazu sollen Angebot und zusätzlich zu jeder verkauften Kilowattstun- stromeinspeisung die Spitzenlast zu de- Nachfrage flexibler werden und sich ver- de Strom. Am dezentralen Leistungsmarkt cken - derzeit nicht Praxis am deutschen stärkt an der schwankenden Erzeugung aus können alle Technologien teilnehmen, die Strommarkt Wind- und Solarenergie ausrichten. langfristig gesicherte Leistung bereitzustel- len in der Lage sind. b STÄDTE- UND GEMEINDERAT 1-2/2016 15
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