75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
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75 Jahre – Festschrift zum Jubiläum Ansprachen, Grußworte, Festvortrag und Gastbeiträge anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach
Inhalt Der Festtag am 5. Juli 2019........................................................................................6 Begrüßung Prof. Dr. Gerhard Huisken (MFO)........................................................................ 12 Grußworte und -botschaften Theresia Bauer (Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg) ........................................................................ 18 Dr. Michael Meister (Bundesministerium für Bildung und Forschung)........................ 19 Prof. Dr. Friedrich Götze (Gesellschaft für Mathematische Forschung)...................... 24 Dr. Wilhelm Krull (VolkswagenStiftung)............................................................... 30 Beate Spiegel (Klaus Tschira Stiftung)................................................................. 33 Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Gather (Oberwolfach Stiftung) ......................................... 36 Prof. Dr. Cédric Villani (Député à l‘Assemblée Nationale)........................................ 38 Prof. Dr. Klaus Hulek (Deutsche Mathematiker-Vereinigung)................................... 40 Prof. Dr. Günter M. Ziegler (Freie Universität Berlin) . ........................................... 42 Matthias Bauernfeind (Bürgermeister Oberwolfach)............................................... 46 Festvortrag Prof. Dr. Stefan Müller (Universität Bonn)............................................................ 50 Beitrag zur Geschichte des Instituts „Retter” von Oberwolfach (1945): Szolem Mandelbrojt und John Todd Prof. Dr. Volker Remmert (Bergische Universität Wuppertal) . ................................ 66 Entwicklung des MFO 2004-2019............................................................................... 77 3
Der Festtag am 5. Juli 2019 terium für Bildung und Forschung, an. Er lob- te insbesondere die intensive Nachwuchsför- Im Jahr 2019 feierte das MFO sein 75-jähriges derung und die Projekte der Öffentlichkeits- Bestehen. Bei der Festveranstaltung am 5. Juli arbeit des Instituts. begrüßte Direktor Prof. Dr. Gerhard Huisken knapp 70 Gäste aus Wissenschaft, Politik und Als Vertreter der Leibniz-Gemeinschaft erläu- Wirtschaft. terte Prof. Dr. Albert Sickmann (Sprecher der Sektion D) die besondere Rolle des Instituts Theresia Bauer, Landesministerin für Wissen- als eine von zwei exzellenten „sozialen For- schaft, Forschung und Kunst in Baden-Würt- schungsinfrastrukturen” innerhalb der Leib- temberg, gratulierte dem MFO zu „75 Jahren niz-Gemeinschaft. Die Ruhe und Abgeschie- wissenschaftlicher Exzellenz”. In ihrem per- denheit des Instituts sowie die Beibehaltung sönlichen Grußwort bei der Jubiläumsfeier von Kreide und Tafel trotz Zeiten des digitalen betonte sie die große Bedeutung internatio- Wandels seien gerade das Erfolgsgeheimnis naler Zusammenarbeit bei der Gestaltung des von Oberwolfach. technologischen Wandels und der Bewältigung damit einhergehender Schwierigkeiten. Ba- Prof. Dr. Friedrich Götze (Vorstandsvorsitzen- den-Württemberg zähle dabei auf Oberwol- der der Gesellschaft für Mathematische For- fach mit seinen jährlich nahezu 3000 Gästen schung) erläuterte in seinem Grußwort die aus der ganzen Welt. Möglicherweise könne besondere Rolle der GMF für das MFO und be- die Mathematik helfen, dort Brücken zu bau- schrieb anhand entscheidender Stationen den en, wo die Politik alleine nicht weiterkomme. Weg des Instituts von seiner Gründung bis zur Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft. Den Glückwünschen schloss sich Dr. Michael Meister, Mitglied des Bundestags und Parla- mentarischer Staatssekretär im Bundesminis- Foto: Gerd Fischer Theresia Bauer (Foto: MFO) 6
Dr. Wilhelm Krull (Generalsekretär der Volks- und in Vertretung von Dr. Detlef Schneidawind wagenStiftung) knüpfte daran an und legte auch die Glückwünsche der Oberwolfach Stif- dar, wie viel besser manches in der Entwick- tung. Als besonderes Präsent zum Jubiläums- lung des MFO gelaufen sei, als es ursprünglich jahr kündigte sie die Bereitstellung von zu- geplant war. Die VolkswagenStiftung, die als sätzlichen 10.000 € für das neu geschaffene Förderin an wichtigen Stationen dieser Ent- Programm der „Oberwolfach Foundation Fel- wicklung beteiligt war, sei darüber immer wie- lows” durch die Oberwolfach Stiftung an. der überrascht und erfreut gewesen. Prof. Dr. Cédric Villani (Député à l‘Assemblée Auch die Klaus Tschira Stiftung hat das Institut Nationale) sandte aus Paris eine Videobot- entscheidend unterstützt und unter anderem schaft mit seinen Glückwünschen. Oberwol- gemeinsam mit der VolkswagenStiftung den fach sei ein Ort wie kein anderer, den man Ausbau der Bibliothek finanziert. Beate Spiegel wertschätzen, schützen und stetig weiterent- (Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung) wickeln müsse. betonte in ihrem Grußwort die große Bedeu- tung der Bibliothek für das MFO. Mit Oberwol- Im Anschluss daran hielt Prof. Dr. Stefan fach verbinde sie das Interesse für Bücher, die Müller (Universität Bonn) einen Festvortrag, inspirierten und zum Austausch mit anderen in dem er aus einer sehr persönlichen Per- Menschen anregten. Die Bibliothek in Ober- spektive heraus anschaulich darlegte, wie wolfach sei dafür der ideale Ort. Oberwolfach Forscherinnen und Forscher in der Mathematik inspirieren und prägen kann. Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Gather (Vorsitzende Er wählte als Beispiel dazu die Entwicklungen des Vereins zur Förderung des Mathemati- in der Forschung zu partiellen Differentialglei- schen Forschungsinstituts Oberwolfach e.V.) chungen in der Materialwissenschaft von ca. überbrachte die Gratulation des Fördervereins Ende der 1990er Jahre bis ca. Ende der 2000er Albert Sickmann (Foto: MFO) Michael Meister (Foto: MFO) 7
Jahre. Während dieses Zeitraums wurde die Forschung in diesem Gebiet mehrfach durch Tagungen in Oberwolfach entscheidend voran- getrieben. Es ergaben sich sowohl wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung neuer Mate- rialien als auch fruchtbare Rückwirkungen für die Weiterentwicklung anderer, rein mathema- tischer Forschungsbereiche, wie Stefan Müller eindrücklich aufzeigte. Der Festakt wurde musikalisch von dem Klari- Friedrich Götze (Foto: Gerd Fischer) netten-Quartett „Clarisonos” umrahmt. Gegen Abend verlagerten sich die Feierlich- keiten ins Gasthaus Hirschen in Oberwolfach. Dem Sektempfang im Garten des Gasthauses folgte ein gemeinsames Abendessen, begleitet von Tischreden von Freunden und Förderern des Instituts. Prof. Dr. Klaus Hulek überbrachte die Glück- wünsche der Deutschen Mathematiker-Verei- nigung. Erna Armbruster sprach in Vertretung des Bürgermeisters Matthias Bauernfeind die Wilhelm Krull (Foto: Gerd Fischer) Beate Spiegel (Foto: Gerd Fischer) Ursula Gather (Foto: MFO) 8
Gratulation der Gemeinde Oberwolfach aus. Prof. Dr. Willi Jäger, der lange Jahre Vorstands- vorsitzender der GMF und Mitglied im Verwal- tungsrat des MFO war, gratulierte ebenfalls und erinnerte an manch besondere Begeben- heit aus früheren Tagen. Für das MFO endete ein rundum gelungener Tag, an dem viele Menschen, auf deren Unter- stützung der langjährige Erfolg des Instituts baut, ihre Verbundenheit zu Oberwolfach zum Ausdruck brachten. Klaus Hulek (Foto: MFO) Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Per- sonen, die dem Institut persönlich oder durch das Übersenden einer Grußbotschaft zum 75. Jubiläum gratulierten. Die uns schriftlich vorliegenden Ansprachen, Grußbotschaften, Glückwünsche sowie weitere Textbeiträge sind auf den nachfolgenden Seiten dargestellt. Erna Armbruster (Foto: MFO) Stefan Müller (Foto: MFO) Willi Jäger (Foto: MFO) 9
Das Klarinetten-Quartett „Clarisonos” umrahmte die Festveranstaltung musikalisch (Foto: MFO) 10
Empfang im Garten des Gasthauses „Hirschen” (Foto: MFO) 11
Forschung und Kunst in Baden-Württemberg, Theresia Bauer! Ein ebenso herzliches Will- kommen dem Parlamentarischen Staatsse- kretär im BMBF Herrn Michael Meister. Aus dem Deutschen Bundestag begrüße ich Herrn Thorsten Frei und aus dem Landtag Baden- Württemberg Frau Sandra Boser. Als das Institut 1944 gegründet wurde, herrschte Krieg. Auf unserer Webseite finden Sie Forschungsartikel zur Anfangszeit des In- stituts, z.B. von Volker Remmert zur Grün- Foto: Gerd Fischer dung eines „Reichsinstitutes Mathematik”, von Begrüßung dem sich die Nazi-Regierung Unterstützung für Krieg und Wirtschaft versprach, aber auch zur Verstrickung der damals handelnden Per- Prof. Dr. Gerhard Huisken sonen, die teilweise daran mitgewirkt haben, Direktor des Mathematischen jüdische Mathematiker aus der Deutschen Forschungsinstituts Oberwolfach Mathematiker-Vereinigung zu drängen1. Trotz seiner Belastung aus dieser Zeit ist es dem Gründungsdirektor Wilhelm Süss in den Jahren Liebe Festversammlung, nach 1945 gelungen, das Institut an die inter- nationale Gemeinschaft heranzuführen, unter auch im Namen von Friedrich Götze begrüße ganz entscheidender Beteiligung und Hilfe ich Sie herzlich zu unserer Feier von 75 Jahren französischer Mathematiker wie H. Cartan, „Mathematisches Forschungsinstitut Oberwol- J. Dieudonné und J. P. Serre, der das MFO die- fach” – oder „MFO”, wie es liebevoll genannt ses Jahr noch einmal besucht hat. In dieser wird. Tradition hatten wir Cédric Villani für heute eingeladen – leider musste er seine persön- A warm welcome to our international guests – liche Teilnahme kurzfristig absagen, wird aber I ask for your understanding that most of my in einer Grußbotschaft zu uns sprechen. Umso remarks will be in German. mehr freue ich mich, mit Jean-Pierre Bourgu- Pünktlich zur Feier gab es vor wenigen Wo- ignon einen langjährigen Freund des Instituts, chen ein besonderes Geburtstagsgeschenk der außerdem Mitglied in unserem Verwal- von Bund und Ländern, als die Fortsetzung tungsrat ist, begrüßen zu können! des Paktes für Forschung und Innovation be- schlossen wurde, die uns Planungssicherheit bis 2029 erwarten lässt – ein ganz herzliches 1 In der vorliegenden Festschrift ist der Artikel „Retter” von Oberwolfach (1945): Szolem Mandelbrojt und John Todd von Willkommen der Ministerin für Wissenschaft, Volker Remmert erstmals veröffentlicht worden. 12
Über die Gesellschaft für Mathematische For- lich damals – von Förderverein und Oberwol- schung (GMF), die 1959 die Geschicke des fach Stiftung durchgeführt hat. Ich freue mich MFO in die Hand nahm, wird Friedrich Götze sehr, dass Ursula Gather als Vorsitzende des in seinem Grußwort berichten. Ich springe di- Fördervereins und Mitglied des Stiftungsrates rekt nach 1968 und 1973, als zur Zeit Martin trotz ihrer vielfältigen Verpflichtungen heute Barners die VolkswagenStiftung der GMF die ein Grußwort sprechen wird angesichts der heutigen Gebäude des Instituts schenkte. Ein kurzfristigen Erkrankung von Herrn Schneida- herzliches Willkommen an Wilhelm Krull, Ge- wind, dem Vorsitzenden der Oberwolfach Stif- neralsekretär der VolkswagenStiftung! tung – herzlich willkommen liebe Frau Gather! Die zentrale Weichenstellung in jüngerer Zeit Es ist eine große Freude, dass Förderverein war für das MFO der Eintritt in die Leibniz-Ge- und Stiftung heute so zahlreich durch Vor- meinschaft im Jahre 2005, der das MFO als stand und Stiftungsrat vertreten sind, ich be- „soziale Forschungsinfrastruktur” in die deut- grüße Michael Baake, Folkmar Bornemann, sche Forschungslandschaft einbettete und eine Peter Gritzmann, Joachim Heinze, Klaus Hulek stabile Finanzierung sicherte, gekoppelt an all- und Thomas Peternell, die dort ihren breiten seits anerkannte regelmäßigen Evaluierungen, Erfahrungsschatz aus der Welt der Mathema- in denen das MFO sich beweisen kann. tik einbringen. Ganz besonders wertvoll ist uns die Präsenz von drei Gästen aus dem Stif- Ich begrüße ganz herzlich Herrn Albert Sick- tungsrat, die nicht jeden Tag mit mathemati- mann aus dem Präsidium der Leibniz-Gemein- scher Forschung zu tun haben: Ich begrüße schaft! Die nötigen Strukturen und Verträge den ehemaligen Präsidenten der ETH Zürich, wurden damals ganz wesentlich ausgehandelt Ralph Eichler, den früheren Aufsichtsratsvor- von meinem Vorgänger Gert-Martin Greuel sitzenden von Hochtief, Manfred Wennemer und dem damaligen Vorsitzenden der GMF und den Vorstandsvorsitzenden der Allianz- Willi Jäger, die ich hiermit auch ganz herzlich Lebensversicherung Markus Faulhaber. begrüße! Es wurde am MFO jedoch nicht nur renoviert, Das MFO als Mitglied der Leibniz-Gemein- es wurde auch gebaut. Die Bibliothekserweite- schaft hat die Rechtsform einer gemeinnützi- rung 2007 haben die VolkswagenStiftung und gen GmbH. Ich begrüße die langjährige Vor- die Klaus Tschira Stiftung gemeinsam finan- sitzende unseres Verwaltungsrates aus dem ziert. Klaus Tschira hat das MFO bis zu seinem Ministerium in Stuttgart Tanja Bolius und den Tod mit seiner Stiftung und persönlich im Ver- stellvertretenden Vorsitzenden aus dem BMBF waltungsrat unterstützt. Ich bin sehr dankbar, in Berlin Jan Neitzke. dass Frau Beate Spiegel als Geschäftsführe- In der neuen Struktur war eine der ersten rin der Klaus Tschira Stiftung seine Stellung Aufgaben die Renovierung und Sanierung des in unserem Verwaltungsrat eingenommen hat. Gästehauses, die mein Vorgänger mit verein- Herzlich willkommen Frau Spiegel! ter Hilfe von Bund, Land und – ganz wesent- 13
Die Bibliothek hat auch in der Folge von vie- Herausforderungen für die Zukunft – len Seiten Unterstützung erfahren, zum einen Challenges for the future durch die Finanzierung von Büchern durch die Carl Friedrich von Siemens Stiftung, die auch An erster Stelle steht die Bewahrung der unsere Oberwolfach Seminare seit vielen Jah- Grundlagen – Gästehaus und Hörsaalgebäude ren fördert, und zum anderen vor drei Jah- mit Bibliothek sind grundlegend saniert – heu- ren bei einer grundlegenden Renovierung und te profitieren wir zum Beispiel von der neuen Kapazitätserweiterung durch die Volkswagen- Lüftung hier im Hörsaalgebäude. Von nun an Stiftung mit Hilfe von Förderverein und Ober- liegt das Augenmerk ganz auf turnusmäßiger wolfach Stiftung. Ich danke den anwesenden sorgfältiger Wartung, Pflege und Anpassung Architekten Ludwig Harter und Ingolf Kanzler an neue technische Standards. Für die wissen- für die gelungene Gestaltung! Die Bibliothek schaftlichen Herausforderungen wechsle ich in ist für die Herausforderungen des sich rasch die englische Sprache: wandelnden Publikationswesens nun gewapp- Just as important as the regular maintenance net! of our buildings are the transparent, fair and Die Klaus Tschira Stiftung hat dem Institut professional selection procedures for the sci- noch an anderer Stelle wesentlich geholfen – entific programs and visitors of the Institute. bei der Öffentlichkeitsarbeit, oder dem „Out- The Scientific Committee of the GMF ensures reach”: Dies begann mit dem IMAGINARY the scientific standing of the MFO through its Projekt 2008 unter meinem Vorgänger Gert- thorough evaluations of all applications and Martin Greuel, das inzwischen von Andreas continuous monitoring of new hot develop- Matt mit Hilfe von Mitteln aus dem Leibniz- ments in mathematical research. Some of Wettbewerb in eine erfolgreiche Ausgründung these hot developments will be highlighted by überführt wurde, und schließt die Anschub- Stefan Müller in his lecture, welcome to you! finanzierung für das neue Projekt „Snapshots The honorary work of the Scientific Commit- of modern Mathematics from Oberwolfach” tee and the Scientific Advisory Board is quite mit ein, in dem moderne Forschungsentwick- demanding in view of the many activities and lungen am MFO für ein anspruchsvolles breite- applications and invaluable to the MFO, which res Publikum dargestellt werden. benefits so much from the dedication and IMAGINARY hilft uns bei der Verbreitung der commitment of its members. As a representa- „Snapshots” und bei der Betreuung des Mu- tive of all current and former members pres- seums „MiMa” für Mineralien und Mathematik ent today I greet Felix Otto, the chair of the in Oberwolfach, das gemeinsam vom Minera- Scientific Committee. lienverein, vom MFO und von der Gemeinde The program selected by the Scientific Com- Oberwolfach betrieben wird. Ein herzliches mittee includes forty Workshops each year, Willkommen an die stellvertretende Bürger- twelve Mini-Workshops, six “Oberwolfach Se- meisterin von Oberwolfach, Erna Armbruster. minars” for graduate students, two “Arbeits- 14
gemeinschaften” for senior mathematicians countries with a weaker research infrastruc- and postdocs, plus many individual visits in ture that enables their participation in our the “Research in Pairs” and “Oberwolfach programs by covering part of their travel ex- Leibniz Fellows” programs that are overseen penses. No highly talented young researcher by Vice-Director Dietmar Kröner. who is strongly recommended for one of our programs should be prevented from attend- We try very hard to make the work of the Sci- ing due to lack of travel support. I feel greatly entific Committee as smooth and efficient as encouraged as many colleagues and the Ober- possible. Its twenty-five members come from wolfach Foundation have already expressed all over Europe, the eight members of the Sci- support for this initiative. entific Advisory Board come from all over the world, showing the deep embedding of the MFO An dieser Stelle möchte ich mich besonders in the international community. Here I send a bei den Mitarbeitern des Institutes bedank- special welcome to our guests from other Eu- en, stellvertretend nenne ich Stephan Klaus, ropean research institutes that are part of the Susanne Riester und Tatjana Ruf. Unsere Mi- ERCOM section of the European Mathematical tarbeiterinnen und Mitarbeiter spielen eine Society and to our visitors from Fraunhofer In- entscheidende Rolle, um am MFO diese wun- stitutes, Max Planck Institutes and the Deut- derbare Atmosphäre zu schaffen, in der Gäste sche Forschungsgemeinschaft DFG. aus aller Welt Forschung auf höchstem Niveau betreiben und in ihren Gesprächen Brücken During the last few years we have increased bauen zwischen Ländern und Kulturen, die the participation of female mathematicians heute wichtiger sind als je. from 15% to 20% in the workshops. We will continue to address this issue in the wider Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! context of diversity by making the Institute as welcoming as possible, in particular to female participants and organizers. It will be crucial for the future of the Institute to attract the best young researchers world- wide to our programs and thereby to make them as enthusiastic about Obewolfach as we are. In this regard we already have support from the Carl Friedrich von Siemens Founda- tion for our graduate seminars as well as oth- er support from the Leibniz Association, the American National Science Foundation and from the Simons Foundation for which we are very grateful. At this moment I am trying to find support for young mathematicians from 15
Das Institut im Frühjahr 2014 (Foto: Gerd Fischer)
rasch thematisch neue Akzente zu setzen und aktuelle Forschungsfragen mit herausragen- den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- lern zu bearbeiten. Oberwolfach trägt damit wesentlich dazu bei, die Disziplin ständig weiterzuentwickeln und innovative Themen wie etwa die Künstliche In- telligenz aufzugreifen. Dabei wird auch – ganz traditionell – Wert gelegt auf die direkte Be- gegnung und analoge Debatte zwischen den Wissenschaftspersönlichkeiten. Nicht immer werden die Beiträge der Mathematik dabei für Foto: Sabine Arndt, Quelle: MWK Baden-Württemberg die Öffentlichkeit auch sichtbar – aber sie sind unverzichtbar in vielen Zusammenhängen und Anwendungen. Grußwort Ich gratuliere allen, die Oberwolfach immer Theresia Bauer wieder zum Erfolg verhelfen, zu diesem be- sonderen Jubiläum. Dabei möchte ich auch Ministerin für Wissenschaft, Forschung und die Gesellschaft für Mathematische Forschung Kunst in Baden-Württemberg einschließen, die dieses Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feiert. Ihnen allen wünsche ich wei- terhin gutes Gelingen und inspirierende Dis- 75 Jahre Oberwolfach, 75 Jahre wissenschaft- kussionen in Oberwolfach! liche Exzellenz, 75 Jahre internationaler Aus- tausch auf höchstem Niveau – eine starke Leistung, zu der ich herzlich gratuliere! Oberwolfach ist zu einem Ort geworden, dem ein besonderer wissenschaftlicher Zauber in- newohnt. Am MFO findet exzellente Forschung in besonderen Formaten und Begegnungen statt. Seine Erfolgsgeschichte versuchen in- zwischen manche zu kopieren. Die verschie- denen Programme und Workshops sind ganz spezifisch auf die besondere Arbeitsweise in der Mathematik zugeschnitten und laden die Besten weltweit zu einem kreativen Austausch ein. Damit ist das Institut in der Lage, sehr 18
Grußwort Dr. Michael Meister Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Mitglied des Bundestags Sehr geehrter Herr Professor Huisken, Foto: MFO ich gratuliere Ihnen und Ihren Mitarbeitern die ausgezeichnete Mathematikbibliothek, die ganz herzlich – auch im Namen von Ministe- als eine der besten weltweit gilt. rin Karliczek – zum 75-jährigen Jubiläum des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwol- Jährlich besuchen rund 2.500 Wissenschaft- fach. ler das MFO. 70 Prozent der Wissenschaft- ler stammen aus dem Ausland, davon etwa Ebenso gratuliere ich Ihnen, Herr Professor 40 Prozent aus Europa und rund 30 Prozent Götze, von der Gesellschaft für Mathematische aus dem außereuropäischen Raum. Unzählige Forschung, dem Trägerverein des MFO, zum Kontakte haben sich so über die Kontinente 60-jährigen Jubiläum. hinweg entwickelt und dauern noch heute an. Dies macht das MFO zu einem wichtigen Treff- Liebe Ehrengäste, meine sehr geehrten Da- punkt der internationalen mathematischen men und Herren, Forschung, einer Denkfabrik und einer Einrich- es fühlt sich ein bisschen wie Urlaub an, hier tung von Weltruf. im Schwarzwald in der idyllischen Gemeinde Meine Damen und Herren, Oberwolfach. Durch das MFO ist dieser Ort aber weit mehr als eine Stätte der Ruhe und die Anfänge des Mathematischen Forschungs- Erholung. instituts Oberwolfach sind eng mit Wilhelm Süss verknüpft, einem deutschen Mathemati- Es ist ein Ort, an dem exzellente Mathematike- ker. Er gründete die wissenschaftliche Einrich- rinnen und Mathematiker aus der ganzen Welt tung während der dunklen NS-Zeit. Trotzdem neueste Ideen und Resultate austauschen. Ein gelang es Süss, ein mathematisches Institut Ort, an dem Forschung auf höchstem Niveau zu schaffen, welches weitgehend unabhängig betrieben wird. und geleitet durch wissenschaftliche Grund- Die Abgeschiedenheit gehört zum Konzept und sätze agierte. erlaubt Forschung frei von jeglicher Ablen- kung. Eine wesentliche Funktion erfüllt auch 19
Mit der Unterstützung einflussreicher Persön- lichkeiten wie dem Mathematiker John Todd sicherte Süss nach Kriegsende das Überle- ben des MFO. Er entwickelte das einzigartige Grundkonzept des intensiven Gedankenaus- tauschs international renommierter Mathema- tiker. So nahm Oberwolfach für europäische Forschende sehr frühzeitig die Rolle eines Fensters zur Welt ein. Ich möchte an dieser Stelle auch bewusst ei- nige wesentliche Entwicklungen der jüngeren Geschichte ansprechen: Beispielsweise die Auf- nahme des Mathematischen Forschungsinsti- tuts Oberwolfach in die Leibniz-Gemeinschaft im Jahr 2005. Diese hat die Rolle und den Stel- lenwert des MFO innerhalb der Forschungs- landschaft weiter gefestigt und gestärkt – und sorgt seit 2006 auch für finanzielle Sicherheit. 2010 konnte außerdem ein langwieriges und wichtiges Projekt abgeschlossen werden: Die Das erfolgreiche Grundkonzept des MFO be- dringend erforderliche Generalsanierung des steht in seiner modernisierten Form weiter MFO. Das Bundesforschungsministerium stell- und prägt die Landschaft der mathematischen te mit rund 1,75 Millionen Euro einen wesent- Forschung. Ich beziehe mich auf die tragenden lichen Anteil der Mittel bereit. Säulen wie Selbstbestimmung, wissenschaft- liche Unabhängigkeit und hohe internationale Sie, Herr Professor Huisken, führen mit Ihrem Programmstandards. Engagement die erfolgreiche Arbeit des inter- national renommierten Instituts, als Hüter des Das Themenspektrum ist vielfältig: Es er- „heiligen Grals der Mathematik”, weiter. Die- streckt sich über alle Disziplinen – von reiner se Bezeichnung für das Mathematische For- Mathematik bis hin zur Anwendung. schungsinstitut Oberwohlfach ist mir kürzlich Und das MFO-Konzept kombiniert verschie- zu Ohren gekommen. denste Veranstaltungsformate: Dazu zählen Doch der Fokus soll an dieser Stelle nicht pri- Workshops, Arbeitsgemeinschaften, die Ober- mär auf der Vergangenheit liegen. Vor uns wolfach-Seminare speziell für Promovierende liegen Herausforderungen und Chancen, bei und Postdoktoranden sowie das „Research in denen das Mathematische Forschungsinstitut Pairs” Programm. eine Schlüsselrolle spielt. 20
Meine Damen und Herren, die Mathematik ist nicht nur eine abstrakte Sprache – die Mathematik bildet die Grund- lage für technologischen Fortschritt und Wohl- stand. Ich will Ihnen gerne „Mathematik für Innova- tionen” als eines der erfolgreichen Förderins- trumente des Bundesforschungsministeriums vorstellen. Jährlich stellen wir dafür rund 5 Millionen Euro bereit. Im Kern verfolgen wir mit „Mathematik für In- novationen” drei zentrale Ziele: • erstens, die anwendungsorientierte mathe- matische Forschung zu fördern, • zweitens, Wissenschaft und Wirtschaft zu vernetzen, Foto: MFO • und drittens exzellenten mathematischen Nachwuchs weiter zu qualifizieren. Und seit 2007 gibt es mit dem Postdoktoran- denprogramm „Oberwolfach-Leibniz Fellows” Wie lassen sich diese unterschiedlichen Ziele ein Angebot für besonders qualifizierte Nach- vereinen? wuchswissenschaftler. Mit dem Förderschwerpunkt unterstützen wir Im Bundesforschungsministerium begrüßen gezielt Forschungsprojekte in zukunftswei- wir die intensive Nachwuchsförderung des MFO senden Feldern der anwendungsorientierten sehr. Sie adressiert wichtige BMBF-Ziele: Spit- Mathematik, wie es der Energie-, Mobilitäts-, zenforschung zu ermöglichen und dem Fach- Medizin- oder etwa der Informationstechnolo- kräftemangel entgegenzuwirken. gie-Sektor sind. Auch Sie, sehr geehrter Herr Professor Villani, In den Projekten arbeiten Hochschulmathe- oder Ihr sehr verehrter Kollege Herr Profes- matiker eng mit Industrie- und Dienstleis- sor Scholze, haben durch den Besuch von Ver- tungsunternehmen zusammen. So wird ein anstaltungen des MFO sicherlich wichtige Im- unmittelbarer Wissens- und Technologietrans- pulse für die persönliche Entwicklung und den fer gewährleistet. weiteren Karriereweg erhalten. Ein Konzept, von dem Wissenschaft und Wirt- schaft gleichermaßen profitieren, auch durch eine bessere Vernetzung. Und ein Konzept, 21
das der Gesellschaft zugutekommt, durch Mathematikvermittlung entwickelt. Seit 2016 neue Produkte und Methoden. ist IMAGINARY eine selbständige gemeinnützi- ge GmbH, deren Teilhaber das MFO ist. Meine Damen und Herren, Seit 2010 ist das Mathematische Forschungs- die Bedeutung moderner mathematischer Me- institut Oberwolfach außerdem Mitbetreiber thoden ist für uns Mathematiker offenkundig. des „MiMa – Museum für Mineralien und Ma- Doch wer bringt zum Beispiel Zahlen- oder thematik”. Das MiMa bringt über interaktive Graphentheorie mit alltäglichen Dingen wie mathematische Installationen den Besuchern dem Handy oder der Kreditkarte in Verbin- kristalline Formen und Symmetrien der im Mu- dung? Wer bringt Neuerungen im Flug- und seum präsentierten Mineralien näher. Fahrzeugbau, in der Medizin oder in der In- formationstechnologie in Zusammenhang mit Ein weiteres erfolgreiches Beispiel sind die der Mathematik? „Schnappschüsse moderner Mathematik aus Oberwolfach”. Sie vermitteln mathematische Daher, meine Damen und Herren, braucht es Ideen und Probleme auf verständliche Art und intensive und kontinuierliche Öffentlichkeits- Weise und adressieren ein breites Publikum, arbeit. Diese muss wesentliche Zusammen- bestehend aus Mathematiklehrern, Wissen- hänge vermitteln und die Schlüsselrolle der schaftsjournalisten, Studierenden sowie fort- Mathematik als Querschnittswissenschaft ver- geschrittenen Schülern. deutlichen. Vor allem aber muss sie auf an- schauliche Weise die Menschen in diese fas- Meine Damen und Herren, zinierende Welt der Mathematik mit ihren vielfältigen Ausdrucksformen und Facetten wir wollen die breite Gesellschaft ansprechen mitnehmen. – und wir wollen vor allem die junge Generati- on erreichen. Denn was der MINT-Nachwuchs Genannt seien einige sehr erfolgreiche Bei- von heute ist, sind die Fachkräfte von morgen. spiele Ihrer Öffentlichkeitsarbeit, Herr Profes- sor Huisken: Der Bedarf an gut ausgebildeten Mathemati- kern in Wissenschaft und Wirtschaft wird in Da ist zum einen die Wanderausstellung IMA- den nächsten Jahren noch weiter steigen. Und GINARY, die vor mehr als 10 Jahren von Ihrem das in allen Bereichen unserer Gesellschaft: Institut anlässlich des vom Bundesministeri- Im Energie- und Mobilitätssektor, in der me- um für Bildung und Forschung ausgerufenen dizinischen Versorgung und in der sich weiter Jahrs der Mathematik 2008 entwickelt wurde. entwickelnden Industrie 4.0 mit einer um- Diese Ausstellung hatte zum Ziel, Spitzenfor- fassenden Digitalisierung und Systemen wie schung an eine interessierte Öffentlichkeit zu künstlicher Intelligenz. vermitteln. Im Bundesforschungsministerium fördern wir IMAGINARY hat sich über die Jahre zu einer daher mit verschiedenen Programmen und offenen und interaktiven Online-Plattform für Formaten – von der KITA bis zum Erwachse- 22
nenalter – gezielt das Interesse für MINT-The- Ein weiterer wichtiger Baustein ist außerdem men. eine umfassende Kommunikationsstrategie mit Online- sowie Social-Media-Formaten, er- Vor wenigen Monaten hat das Bundesministe- gänzt durch Mobilisierungs- und Mitmachan- rium für Bildung und Forschung den MINT-Ak- gebote. tionsplan veröffentlicht. Er fungiert als strate- gischer Handlungsrahmen für die Förderung Erfolgreiche Beispiele der BMBF-Förderung der MINT-Bildung. Unter dem Dach des Ak- sind das „Haus der kleinen Forscher”, das Wis- tionsplans ist die bisherige MINT-Förderung senschaftsfestival „Highlights der Physik” und gebündelt. Er stellt aber auch den Startschuss Bundeswettbewerbe wie „Jugend forscht”. für neue Initiativen dar. Speziell für die Mathematik gibt es Talentwett- Zusätzlich zu den bisherigen Mitteln und er- bewerbe wie die Mathematik-Olympiade oder folgreich laufenden Maßnahmen nehmen wir den Bundeswettbewerb Mathematik. mit dem Aktionsplan neues Geld in die Hand, um der MINT-Bildung in Deutschland einen Meine Damen und Herren, kraftvollen Schub zu verleihen. Bei den neuen Wettbewerbe, Programme und Ausstellungen Initiativen handelt es sich um: sind nur so ansteckend, wie die Menschen, • MINT-Angebote für Jugendliche (vor Ort, in die sie mit Leben füllen. Tragen Sie die eigene regionalen Clustern), Faszination nach außen und teilen Sie diese • eine MINT-Plattform, genauer gesagt eine mit anderen Menschen. Vernetzungsstelle und MINT-E-Plattform, Versetzen Sie Ihre Umwelt regelrecht in kind- • MINT-Forschungsvorhaben. Mit diesen möch- liches Staunen darüber, welche mathemati- ten wir den Fragen nachgehen, was gute schen Finessen hinter den Rätseln unserer MINT-Bildung ausmacht, unter welchen Be- Welt stecken und wie sie die Welt von morgen dingungen sie gelingen kann und was wir besser machen können. aus dem Ausland lernen können. Mathematik fasziniert, sie fordert heraus, sie Wesentlich sind dabei für uns Vernetzung und schafft innovative Lösungen. Sie sind Träger Transfer. Die Maßnahmen greifen ineinander. dieser Begeisterung für Mathematik, ihrer Sie können noch wirksamer sein, wenn sie zahlreichen Facetten und Chancen für unsere miteinander vernetzt werden, Forschungser- Welt von morgen! gebnisse aufgreifen oder empirische Erkennt- nisse liefern. Vielen Dank! Übergreifend wollen wir Mädchen und Frauen stärken, damit sie ihre MINT-Interessen ver- tiefen können und sich selbst mehr in diesen Bereichen zutrauen. 23
rium des Landes Baden-Württemberg u.a. zu schaffen. Erster Direktor nach Gründung der GMF war Theodor Schneider und sein Stellvertreter Helmuth Gericke. Der Wissenschaftliche Bei- rat, heute Wissenschaftliche Kommission ge- nannt, bestand aus 15 Mathematikern unter dem Vorsitz von Helmuth Kneser. Auf dem Bild sehen sie die Gründungsurkunde und an den Wänden des Vortragsraumes die Portraits der Foto: MFO Gründungsmitglieder. Grußwort Prof. Dr. Friedrich Götze Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Mathematische Forschung Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie im Namen der Gesellschaft für Mathematische Forschung (GMF), die hier heute durch meinen Stellvertreter Felix Otto und den Schatzmeister Joachim Schwermer sowie zahlreiche Mitglieder vertreten ist. Zunächst etwas zur Geschichte der GMF. Da vielleicht nicht alle Gäste hier mit den Einzel- heiten vertraut sind, erlauben Sie mir eine kur- ze historische Exkursion zu den Anfängen der GMF in den 50er Jahren. Nach dem Tod des langjährigen Direktors des Instituts Wilhelm Süss im Jahre 1958 erfolgte die Gründung der GMF am 14. Juli 1959, d.h. vor fast genau 60 Jahren, mit dem Ziel, eine Trägerschaft für die Finanzierung des Mathematischen Forschungs- instituts Oberwolfach durch den Bund (damals das Innenministerium) und das Kultusministe- Gründungsurkunde der GMF 24
Im Fokus stand damals die Fortführung des Instituts als Tagungsstätte aber auch als For- schungsinstitut mit einem Gebäude nahe der Universität Freiburg. Hintergrund war der Wunsch, eine Institution nach dem Vorbild des Institute of Advanced Study in Princeton zu schaffen, das in den fünfziger Jahren zu einem Zentrum der Forschung und des internationa- len wissenschaftlichen Austauschs in der Ma- thematik geworden war. Dies war insbesondere ein Anliegen, welches das Gründungsmitglied Friedrich Hirzebruch bewegte, der die inspirie- rende wissenschaftliche Umgebung in Prince- ton als entscheidend für die Fortentwicklung der Mathematik (nicht zuletzt aus persönlicher Erfahrung) ansah und versuchte, etwas Ver- gleichbares in Deutschland zu realisieren. Kurz und gut, es gab neben anderen Ideen auch Pläne für ein Max-Planck-Institut in der Mathematik in Oberwolfach, die sich aber nicht realisierten. Jedoch lagen derartige Ideen da- mals in Europa in der Luft: So wurde das In- stitut des Hautes Études Scientifiques (IHES) nahe Paris im Jahre 1958 mit explizitem Ver- weis auf das Vorbild von Princeton gegründet. Das alte „Schlössle” (Foto: MFO) Antrag an die VolkswagenStiftung, 1963 25
Ich freue mich deshalb sehr, hier heute einen eindruckende Ensemble des jetzigen MFO ver- engen Freund des Instituts, Jean-Pierre Bour- wandelt, welches von der VolkswagenStiftung guignon, unter unseren Gästen begrüßen zu samt Grundstück der GMF übereignet wurde. können, langjähriger Direktor des IHES und Die preisgekrönte Erweiterung der Bibliothek danach auch des European Research Councils. wurde 2007 von den Architekten Harter und Kanzler in stimmiger Fortführung dieser ein- Mit dem Betrieb, finanziert durch das Land drucksvollen Gesamtanlage gestaltet. Baden-Württemberg, wagte der damalige Di- rektor Martin Barner den baulichen Neubeginn Diese Anschubfinanzierung der Volkswagen- des Instituts 1963 mit einem Antrag an die Stiftung zusammen mit der anschließenden Stiftung Volkswagenwerk (heute Volkswagen- Landes-Finanzierung hat die Erfolgsgeschichte Stiftung). Offensichtlich war diese Zeit noch des MFO mit seinem überragenden internatio- nicht durch viel bürokratischen Aufwand be- nalen Renommee möglich gemacht. Weltweit lastet. hat dies zu zahlreichen Versuchen geführt, etwas Vergleichbares nach dem Vorbild von Dieser Antrag war erfolgreich und so entstand „Oberwolfach” einzurichten. Hierfür sind wir, dann 1967 erst das Gästehaus und dann er- die mathematische Gemeinschaft, Ihnen, Herr setzte schließlich 1974 das Tagungsgebäude Dr. Krull, und dem Land Baden-Württemberg, mit Bibliothek das alte „Schlössle” (das manch- Frau Ministerin Bauer und Frau Bolius, zu gro- mal mit dem „Lorenzenhof” verwechselt wird, ßem Dank verpflichtet. Die VolkswagenStiftung einem alten Bauernhof unten auf den Wolf- und die Klaus Tschira Stiftung, heute vertreten wiesen, der heute im Freilichtmuseum Gutach durch Frau Beate Spiegel, haben uns auch wei- bewundert werden kann). Dadurch wurde das terhin beim Ausbau der Bibliothek 2007 und „Schlössle” in das vom damaligen Architekten letztere auch bei dem Projekt Imaginary tat- Prof. Rossmann konzipierte architektonisch be- kräftig unterstützt, das vom damaligen Direk- Der bauliche Neubeginn (Foto: Archiv Stif- Das Gästehaus (Foto: Friedrich Götze) tung Volkswagenwerk Wolfsburg) 26
Im Erweiterungsbau der Bibliothek (Foto: MFO) Das Hörsaalgebäude (Foto: MFO) tor Gert-Martin Greuel im Jahr der Mathematik Science Foundation der USA, die Simons Foun- 2008 gestartet wurde und in der ganzem Welt dation und vielen anderen ablesen, was ange- viele Menschen für die Mathematik begeistern sichts des internationalen Teilnehmerkreises konnte. Weitere langjährige Unterstützung er- der Tagungen auch nicht verwundern sollte. hielten wir von der Carl Friedrich von Siemens Oberwolfach ist eine der begehrtesten inter- Stiftung, die die Mathematik in Oberwolfach nationalen Tagungsstätten in der Mathematik mit großem Engagement unterstützte, ins- (mit Teilnahme nur auf Einladung), wo viele besondere für den Bestandsausbau der Bi- bekannte Mathematikerinnen und Mathemati- bliothek und bei der Nachwuchsförderung in ker in jungen Jahren die entscheidende Moti- den Oberwolfach-Seminaren. Hierfür danken vation für ihre Forschung und die Berufung zur wir Heinz Gumin und Heinrich Meier, damals Wissenschaft erfahren haben. bzw. heute Geschäftsführer der Stiftung. Dies ist, denke ich, eines der leuchtenden Beispiele In der finanziell schwierigen Periode Anfang für den Erfolg einer Stiftungskultur, von der der neunziger Jahre konnte das Institut dann unser Land unter noch etwas günstigeren fis- wiederum auf die Unterstützung der mathe- kalischen Rahmenbedingungen vielleicht noch matischen Gemeinschaft und der deutschen viel mehr profitieren könnte. Wirtschaft durch den damals gegründeten Förderverein Oberwolfach und darin einge- Was ist nun die Rolle des privaten Träger- bettet die Oberwolfach Stiftung sowie den vereins der GMF in all diesen Jahren? Sie ist Horst Tietz Fund zählen, die von den Kollegen Ausdruck für das Engagement der mathema- Remmert, Kraft, Preuss und anderen ins Le- tischen Gemeinschaft an diesem Forschungs- ben gerufen wurden. Diese Institutionen stan- institut. Dass ein großes Interesse auch der in- den dem Institut tatkräftig zur Seite, wenn ternationalen Mathematiker-Gemeinschaft an kurzfristige Hilfe für dringende Aufgaben ge- Oberwolfach besteht, lässt sich unschwer an braucht wurde und waren eine ermutigende den Drittmittel-Beiträgen durch die National Unterstützung in finanziell schwierigen Zeiten 27
hen somit Oberwolfach auch nach ihrer Amts- zeit in der Wissenschaftlichen Kommission mit ihrer Fachkompetenz zur Seite. Ferner sind auch eine Reihe von mathemati- schen Fachgesellschaften, wie die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV), die Gesell- schaft für Angewandte Mathematik und Me- chanik (GAMM) und die European Mathema- tical Society (EMS) institutionelle Mitglieder der GMF. Einen ihrer Repräsentanten, meinen Der Musikraum (Foto: Friedrich Götze) Kollegen Klaus Hulek, Vizepräsident der DMV, möchte ich hier herzlich begrüßen. für Matthias Kreck, den Nachfolger von Martin Im Prozess des Übergangs in die Förderung Barner ab 1994 im Amt des Direktors. Hier- als Leibniz-Institut seit 2005 wurden sämtliche für gilt mein herzlicher Dank im Namen der Gebäude auf den neuesten Stand gebracht, GMF an den Förderverein des MFO und an die wofür wir dem Land, Bund, Förderverein und Oberwolfach Stiftung, vertreten heute unter der Stiftung sehr dankbar sind. anderem durch Frau Ursula Gather, Rektorin der TU Dortmund, und die Kollegen Folkmar Das MFO hat als Leibniz-Institut die Struktur Borneman und Michael Baake. Ich freue mich, einer gemeinnützigen GmbH, mit Direktor, zu dem heutigen Anlass auch eine Reihe von Stellvertreter, einem Verwaltungsrat (in dem weiteren Mitgliedern der Oberwolfach Stiftung die Zuwendungsgeber vertreten sind) sowie und des Fördervereins begrüßen zu können. einem Wissenschaftlichen Beirat, der die Ar- beit des Instituts beratend begleitet. Dieser ist Seit Gründung der GMF ist die Wissenschaftli- ganz separat zu sehen zu der schon dargestell- che Kommission, welche die wissenschaftliche ten Wissenschaftlichen Kommission der GMF, Ausrichtung des Tagungsprogramms mit der die aus etwa 25 renommierten Wissenschaft- Auswahl der Tagungsleiter und Themen be- lerinnen und Wissenschaftlern aus allen Berei- stimmt, einer der wichtigsten Bausteine des chen der Mathematik besteht, und unter dem Erfolgs. In der Wissenschaftlichen Kommission Vorsitz des stellvertretenden Vorsitzenden der engagieren sich mit begrenzter Amtszeit die GMF, d.h. Felix Otto, tagt. Entsprechend sieht führenden Mathematikerinnen und Mathema- der damals mit Bund und Land ausgehandelte tiker Europas, treffen die Programm-Entschei- GmbH-Vertrag, welcher vom damaligen Direk- dungen für die kleinen und großen Workshops tor Gert-Martin Greuel und meinem Vorgänger und übernehmen die Begutachtung der Re- Willi Jäger im Amt des Vorsitzenden der GMF search in Pairs und Oberwolfach-Leibniz-Fel- geschlossen wurde, die GMF als alleinigen Ge- low Programme. Sie werden zu diesem Zweck sellschafter vor und setzt in dieser Form damit auf Dauer Mitglieder der Gesellschaft und ste- die nunmehr 60-jährige Tradition des Engage- 28
ments der mathematischen Gemeinschaft für die durch erfolgreiche Initiativen im Rahmen Oberwolfach fort. des Leibniz-Wettbewerbs, eindrucksvolle Dritt- mitteleinwerbung, bauliche Weiterentwicklung In der Leibniz-Gemeinschaft ordnet sich Ober- bis hin zur Klimatisierung des Vortragsgebäu- wolfach ganz natürlich als eine „soziale For- des charakterisiert wird, die vom Direktor de- schungsinfrastruktur” ein. Wir sind, so denke taillierter beschrieben wurden. Diese struktu- ich, nunmehr in einer für das Institut optima- relle, aber vor allem auch wissenschaftliche len, stabilen Finanzsituation in der Bund-Län- Erfolgsbilanz fand ihren Niederschlag in der derfinanzierung eines Leibniz-Instituts ange- extrem positiven Begutachtung im Jahre 2016, kommen, und können deshalb optimistisch an der auch Gutachter aus Einrichtungen mit- in die Zukunft sehen. Dank dafür an Sie alle, wirkten, die sich an unserem Vorbild orientiert Herr Dr. Meister und Herr Neitzke als Vertre- hatten. Hierzu möchte ich Gerhard Huisken, ter des BMBF, Frau Ministerin Bauer und Frau seinem Stellvertreter Dietmar Kröner, Stephan Bolius und an Herrn Kollegen Sickmann als Klaus, Susanne Riester und allen Mitarbeitern Vertreter der Leibniz-Gemeinschaft. des Instituts im Namen der GMF unseren al- An Zeugnissen für die Begeisterung der Kol- lerherzlichsten Dank für ihre großartige Arbeit legen aus dem Ausland über das Besondere aussprechen und dem Geburtstagskind viele dieses Ortes ist wahrhaft kein Mangel: So for- Jahre erfolgreichen Wirkens und Ihnen noch mulierte Ronald Graham, Präsident der Ame- eine Geburtags-Party mit vielen interessanten rican Mathematical Society, anläßlich des 50- Gesprächen wünschen. jährigen Bestehens von Oberwolfach – ich zi- tiere: For it is clearly here at Oberwolfach that the flame of mathematics burns brightest, with a tradition of meetings and mathe- matical communication that is unequaled anywhere else in the world. The fond me- mories shared by my many colleagues of the idyllic surroundings, superb library, ef- ficient organization and the broad spectrum of wonderful programs have enriched all of our mathematical lives. We can only hope to see that such a treasure will continue to serve mathematicians and mathematics for all future generations as well. Zu guter Letzt möchte ich nicht versäumen auf die jüngste Entwicklung des MFO einzugehen, 29
thematiker-Vereinigung, gelang, trotz des Krieges noch Ressourcen für mathematische Forschung in Deutschland zu ergattern. Dem britisch-amerikanischen Mathematiker und Offizier John Todd, dem „Retter von Ober- wolfach”, der sich 1945 zu einer Bestandsauf- nahme der deutschen Mathematik in Oberwol- fach aufhielt, ist es zu verdanken, dass das Institut nicht von französisch-marokkanischen Truppen beschlagnahmt und dann wohl auch Foto: MFO wieder hätte geschlossen werden müssen. Im rechten Moment stellte er sich den Truppen Grußwort entgegen und konnte die Franzosen von der Ausnahmestellung des Instituts überzeugen. Was für eine glückliche Fügung, dass in die- Dr. Wilhelm Krull sem Moment mathematischer Sachverstand Generalsekretär der VolkswagenStiftung und militärischer Einfluss aufeinandergetrof- fen sind. Man würde sich in der heutigen Zeit „What has happened is not exactly what I plan- mehr davon wünschen. „What has happened ned but is much better than I planned.” – mit is not exactly what I planned”, mag sich Todd diesem Satz schaute Abraham Flexner auf die nach dieser außergewöhnlichen Begebenheit Entwicklung des von ihm ins Leben gerufenen, gedacht haben. auf dem Prinzip des selbstbestimmten Mit- einanders beruhenden Institute of Advanced Wirklich Fahrt aufnehmen konnte die Ent- Studies in Princeton zurück. Und dieser Satz wicklung von „Oberwolfach” aber erst nach gilt wohl auch für die beeindruckende Entwick- Kriegsende. Mit „Oberwolfach” waren vor allen lung, die das Mathematische Forschungsinsti- Dingen zwei forschungs- und förderpolitische tut Oberwolfach – oder schlicht „Oberwolfach” Ziele verknüpft: Zum einen die Reintegration – in den 75 Jahren seines Bestehens genom- deutscher Mathematiker in die internationale men hat. Mathematikergemeinschaft und zum anderen die Entwicklung des MFO zu einem weltweit an- In den Wirren des Zweiten Weltkriegs als ein erkannten Tagungs- und Forschungszentrum. kriegswichtiges Reichsinstitut für Mathema- Diese Ziele konnten mit dem in den 1950er tik gegründet und noch wenige Monate vor Jahren einsetzenden intensiven Tagungsbe- Kriegsende im September 1944 eröffnet, war trieb erreicht werden. Dieser hatte zunächst das Institut zunächst ein geschickter wissen- zum Ziel, mathematische Entwicklungen aus schaftspolitischer Zug, mit dem es Wilhelm dem Ausland aufzugreifen und in Deutsch- Süss, dem damaligen Rektor der Universität land bekannt zu machen und zu verbreiten. Freiburg und Präsidenten der Deutschen Ma- 30
Dass dies gelingen konnte ist den Kontakten mindestens ebenso vom Austausch jenseits ins Ausland zu verdanken, die einige deutsche der innerfachlichen Spezialisierungen über Mathematiker trotz des Krieges aufrechterhal- neue Forschungsfelder, Hypothesen und Re- ten und über „Oberwolfach” weiter pflegen sultate. Hierzu heißt es in der Antragsbegrün- konnten. Es ist besonders schön, dass dieser dung: „Die Weitergabe und das Reifen mathe- Plan aufgegangen ist, obwohl man von den matischer Ideen bedürfen einer besonderen ausländischen Kooperationspartnern eine sol- Atmosphäre. Die Aufnahme neuer Gedanken che Aufgeschlossenheit nicht hätte erwarten kann nicht spontan erfolgen; das einem Vor- können. trag nachfolgende, sich oft über Tage hinzie- hende Gespräch ist von größter Bedeutung.” Und weil es mit dem Tagungsbetrieb tatsäch- lich deutlich besser lief als erwartet, wurde es Der heute etablierte Tagungsrhythmus mit 51 auf dem Lorenzenhof bald zu eng. Und hier einwöchigen Tagungen pro Jahr mit jeweils ca. kommt nun die Förderung der seinerzeit gera- 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist sicht- de gegründeten VolkswagenStiftung ins Spiel: barer Ausdruck dieses enormen Entwicklungs- Schon auf seiner siebten Sitzung beschloss tempos, das die Mathematik in Deutschland das Kuratorium, die Weiterentwicklung von mit „Oberwolfach” aufgenommen hat. „Oberwolfach” mit einem Betrag von rund 1,5 Millionen DM zu fördern. Damit sollte im We- So überrascht es nicht, dass dem Vorbild sentlichen ein den modernen Bedürfnissen „Oberwolfach” bald auch Institutsgründungen entsprechendes Gästehaus gebaut werden. in anderen Ländern gefolgt sind. Hier nenne Herausgekommen ist aber – und somit aber- ich nur das „Centre International de Rencon- mals deutlich besser als geplant – ein wichti- tres Mathématiques”, das 1981 in Luminy bei ger Beitrag zur Verbesserung der Infrastruktur Marseille gegründet worden ist, das 1988 in für die mathematische Forschung in Deutsch- St. Petersburg errichtete „Euler-Internatio- land. Dass 1989, ebenfalls mit Unterstützung nal Mathematical Institute” und das „Mathe- der VolkswagenStiftung, ein Erweiterungsbau matical Research Conference Center”, 2001 eingeweiht werden konnte, ist ein Beleg dafür, in Będlewo bei Posen eingerichtet. Auch von dass es abermals deutlich besser lief als ge- dieser Entwicklung kann man mit Flexner sa- plant. gen: „What has happened is not exactly what I planned but is much better than I planned”. Neben der Ermöglichung und Erleichterung der Pflege von Kontakten ins Ausland erwies Heute ist das Mathematische Forschungsin- es sich nämlich immer mehr als der richtige stitut Oberwolfach ein fester Bestandteil der Weg, den Wissensaustausch im Rahmen von Leibniz-Gemeinschaft und eine etablierte In- hochkarätigen internationalen Fachtagungen stitution in der deutschen und internationalen voranzubringen. Denn die Mathematik lebt Wissenschaftslandschaft. Es ist schön zu se- nicht nur von der individuellen Tiefenbohrung hen, dass die VolkswagenStiftung an wichti- einzelner Forscherpersönlichkeiten, sondern gen Stationen dieser Entwicklung als Förde- rin beteiligt war. Das Institut hat die Stiftung 31
immer wieder überrascht und erfreut, weil und auch weiterhin die Quelle von vielen gu- vieles eben deutlich besser gelaufen ist als ten Ideen, Anstößen und Impulsen für die geplant. Ein Phänomen, das in der heute ein- Mathematik bleiben wird. Und wenn sich von gespielten, vor Exzellenzbekundungen und manchem hier in Oberwolfach gefassten Plan Superlativen strotzenden Antragsrhetorik im- zeigen sollte, dass er zunächst nicht so läuft mer seltener zu beobachten ist. Dem Institut wie gedacht, dann soll er wenigstens – wie in wünsche ich zu seinem 75. Geburtstag, dass Princeton – am Ende besser laufen als geplant. es seine Strahlkraft noch lange behalten möge Spatenstich zum Erweiterungsbau der Bibliothek am 22.5.2006. Von links: Klaus Tschira (Klaus Tschira Stiftung), Franz Dettenwanger (VolkswagenStiftung), Architekt Ludwig Harter, Gert-Martin Greuel (damaliger Direktor des MFO), Matthias Schenek (MWK Baden-Württemberg), Willi Jäger (GMF), Oberwolfachs damaliger Bürgermeister Jürgen Nowak, Markus Huber (Baufirma Doll), Jürgen Lehn und Joachim Heinze (Oberwolfach Stiftung). Foto: MFO 32
Grußwort Beate Spiegel Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung Liebe Festgäste, ich hoffe, Sie sehen mir nach, dass ich Sie nach der gemeinsamen Pause nun etwas in- formeller begrüße. Foto: MFO Ich sehe heute viele Menschen im Publikum, leihe. Ich würde tatsächlich sagen: Viele mei- die mit der Klaus Tschira Stiftung verbunden ner Bücher sind gute Freunde von mir. sind und die ich im Laufe meiner über 20jäh- rigen Tätigkeit für die Stiftung kennen gelernt Und Freunde verleiht man ja auch nicht. Man habe. Gemeinsam ist allen, dass wir – mehr „spricht” mit ihnen, man hört auf Ihren Rat, oder weniger – über die Mathematik miteinan- man lässt sich von ihnen inspirieren. Genau- der in Kontakt kamen. so ist es mit guten Büchern. Über das, was ich in Büchern gelesen habe, komme ich ins Sei es über die Zusammenarbeit beim Heidel- Gespräch mit anderen Menschen. Ich tausche berg Laureate Forum, zu dem die Klaus Tschi- mich mit anderen über ein Thema oder das ra Stiftung Ende September zum siebten Mal Buch selbst aus, nehme teil an der Gedanken- die weltbesten Mathematiker und Informatiker welt meines Gegenüber und überwinde Gren- einlädt. Sei es im Rahmen von Forschungspro- zen. jekten, die wir gefördert haben oder fördern. Oder auch im Zusammenhang mit unserem Und eben dies passiert im MFO, wenn sich Ma- KlarText-Preis für Wissenschaftskommunika- thematiker in die Bücher der Bibliothek ver- tion, bei dem einer von sieben Preisen für die tiefen: Das Gelesene inspiriert sie, regt zum anschauliche Beschreibung der eigenen Dok- Weiterdenken an und auch zum Austausch mit torarbeit im Fach Mathematik ausgeschrieben anderen Menschen. Und weil es so wichtig ist, ist. dass Bücher und Menschen gemeinsam einen guten Ort haben, hat die Klaus Tschira Stif- Mit dem Mathematischen Forschungsinstitut tung gemeinsam mit der VolkswagenStiftung Oberwolfach verbindet mich unter anderem die Bibliothek des MFO ausgebaut, wie schon die Liebe zu Büchern. Damit habe ich sicher mehrfach erwähnt wurde. mit vielen von Ihnen etwas gemeinsam. Bü- cher sind mir immer so wichtig gewesen, dass „Wir freuen uns, unseren Gästen eine der welt- ich meine Bücher bis heute auch ungern ver- weit besten mathematischen Bibliotheken zu 33
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