BLICK PUNKT 2021 - Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf
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Editorial Inhalt Editorial Inhalt Sehr geehrte Innungsmitglieder, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben diesen BLICKPUNKT unter das Leitthema „Veränderung“ 02 ED I TORI A L gestellt, denn nicht nur die letzten 20 Monate der Corona-Pandemie haben gravierende Veränderungen im persönlichen wie beruflichen und geschäftlichen Bereich mit sich gebracht, Veränderungen begleiten uns ständig – erfreuliche wie auch schwierige und natürlich erfreuliche, die trotzdem schwierig sind. Es gibt Veränderungen, die uns von anderen aufgezwungen werden, wie beispielsweise durch ein Virus, oder die eine 04 24 CHA NGEM A NAGEM ENT LOGO natürliche Entwicklung sind, bedingt durch das Alter oder den Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Aber es gibt natürlich auch viele Bei- Neuer Look – vertrauter Service spiele, in denen die Veränderungen selbst herbeigeführt wurden, weil man das Leben selbst gestalten will. Denn in Veränderungen stecken 06 Impressum zumeist auch Chancen, wenn man bereit ist, neue Wege zu gehen und auch das Risiko des Scheiterns in Kauf nimmt. Wir haben uns in dieser Ausgabe den Wandel aus verschiedenen Blick- M ENSCHEN I M HA NDW ERK 26 herausgeber Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf Laugestraße 51 I NT ERVI EW 48431 Rheine winkeln angeschaut und mit Menschen aus dem Handwerk gesprochen, Bernd Münstermann T 05971 4003- 0 die Veränderungen in ihrem persönlichen wie auch beruflichen Bereich „Nach Lösungen suchen, www.kh-st-waf.de erlebt, eingeleitet oder angenommen haben. nicht nach Bedenken“ konzeption und gestaltung 11 medlay Eine der wichtigsten und größten Hilfen bei allen Veränderungen Interview mit Jan-Niclas Gesenhues Jörg Kersten & Miriam Benassi ist, wenn man erfährt, dass man damit nicht alleingelassen wird und Hiltruper Str. 6 48167 Münster auf Veränderungen wieder Stabilität folgt. Die Kreishandwerkerschaft www.medlay.de B ET RI EB SNACHFOLGER Steinfurt-Warendorf und die Innungen unterstützen ihre Mitglieds- unternehmen bei diesen Herausforderungen. Wir möchten in diesem BLICKPUNKT aber auch zeigen, dass Stabilität ebenso wichtig ist. Und Es bleibt in der Familie Bastian Bühlbecker hat sich entschieden 30 redaktionelle verantwortung Frank Tischner Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf NACHW U CHSGEW I NNU NG wir stehen auch dazu, dass man nicht jede Veränderung einfach so hin- texte nehmen soll. Wenn Sie diesen BLICKPUNKT lesen, werden Sie vielleicht Digital auf Augenhöhe Ingrid Krämer 14 Kreishandwerkerschaft feststellen, dass wir uns dem aktuellen Trend zum Gendern, also dem Ausgezeichnetes Social Media Marketing Steinfurt-Warendorf geschlechterbewussten Sprachgebrauch, zugunsten der besseren Les- Martina Cwojdzinski Metamerie PR, Greven barkeit entzogen haben und auf Gender-Sternchen verzichten, die Paar- M OD ERNI SI ERU NG form nicht durchgängig nutzen oder nicht krampfhaft nach Ersatz durch neutrale Formulierungen suchen. Und dennoch sind uns die Gesellin, Meisterin und Unternehmerin wichtig, denn der Anteil der Frauen im Es bewegt sich was Modernisierungsvorhaben in Rheine 32 fotos und grafiken Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf Jörg Kersten (1, 2, 18, 38) VERÄ ND ERU NG Handwerk auf allen Ebenen nimmt zu, und diese Veränderung können und Beckum kommen voran Bastian Bühlbecker (12) Maria Wirtz TMS Unternehmensberatung und werden wir nur unterstützen. Selbst Hand anlegen GmbH (13) Die Glocke 24.10.1978 (17) Handwerk schafft sichtbare Veränderung Stephan Kube (32, 34) 18 Photo by Lucas Sankey on Unsplash (4) Photo by Jana Sabeth on Unsplash (11) Photo by Tim Hüfner on Unsplash (28) 36 Photo by Karsten Würth on Unshlash (24) JU B LI L ÄU M Photo by Duncan Kidd on Unshlash (39) Franz von Ržiha - by neznámí Erfolgreiche Rückkehr in die „Heimat“ https://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Franz_von_R%C5%BEiha.jpg (25) GA LERI E Frank Tischner seit 10 Jahren Steinmetzzeichen von Franz Sickinger CC BY 4.0 Wikimedia Commons by XoMEoX Hauptgeschäftsführer https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Stein- metzzeichen_von_Franz_Sickinger.jpg (25) 38 druck Lammert-Druck Rudolf Lammert GmbH Bevergerner Straße 51 48477 Hörstel KU RZ GEMELD ET www.lammert.de Heinz-Bernd Lohmann Frank Tischner Kreishandwerksmeister Hauptgeschäftsführer 2 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 3
Chancenmanagement Chancenmanagement Nicht von heute auf morgen Doch viele Menschen – und damit auch Jede Veränderung braucht Zeit. Als Unternehmen – tun sich mit Veränderun- Change hat sie ein absehbares Ende, gen eben schwer. Dabei ist jede Verände- denn irgendwann ist eine bestimmte Ver- rung für etwas gut – und sei es nur für eine änderung, wie z. B. die Einführung eines lehrreiche Erfahrung. neuen EDV-Programms im Unternehmen, abgeschlossen. Eine Transformation läuft Vision als motivierendes Ziel jedoch immer weiter. Sie ist ein stetiger Prozess, der uns Tag für Tag aufs Neue Zum Thema Changemanagement gibt begleitet. Denken Sie nur an die Digitali- es viele Bücher mit noch mehr theoreti- sierung. Diese wird nie „fertig“ sein. Digi- schen Modellen. Kennen Sie das Drei-Pha- tale Technologien verändern sich rasant, sen-Modell für Veränderungen von Kurt und wir alle müssen immer wieder dazu- Lewin: „auftauen, ändern, stabilisieren“? lernen, wie zuletzt beim Homeoffice und Menschen müssen von Anfang an mitge- Homeschooling. Auch die Globalisierung, nommen und am Wandel beteiligt werden. die Mobilitätsfrage und der Klimawandel Schon bei den ersten Überlegungen und sind Themen, die uns die nächsten Jahr- Plänen – nicht erst, wenn es an die Umset- zehnte beschäftigen werden. Lebenslan- zung geht und alles bereits entschieden ges Lernen und ständige Anpassung sind ist. Dann treten – verständlicherweise – hier unabdingbar. Widerstände auf. Es gibt aber auch Bücher, Nur mit gelebter Authentizität, Par- die sich kritisch mit dem Veränderungs- tizipation und Integrität gelingt es, das prozess beschäftigen. „Change mich am Vertrauen aller Beteiligten zu gewinnen. Arsch“ ist eines aus dem breiten Lektüre- Transformatorische Führung heißt das angebot. Egal wie der „Change“-Prozess in der Fachliteratur. Oder anders aus- beschrieben wird, bei einem Punkt sind gedrückt: Wenn Sie als Führungsperson sich alle Autoren einig: Kommunikation offen, ehrlich und auf Augenhöhe mit Change- ist der entscheidende Faktor. Sämtliche den Menschen sprechen, stärkt dies den Fragen aller beteiligten Zielgruppen gilt Zusammenhalt und alle ziehen mit Blick es zu beantworten – im eigenen Unter- auf das gemeinsame Ziel bei der Umset- nehmen und außerhalb. zung einer Veränderung an einem Strang. Nur mit einer nachvollziehbaren Stra- Zumindest innerhalb eines Unterneh- management tegie, klaren Grundsätzen, einer offe- mens. Innerhalb unserer globalen Gesell- nen Kommunikation und einem authen- schaft stehen uns noch ganz andere Her- tischen Wirken der Verantwortlichen in ausforderungen bevor. Richtung aller Beteiligten können anste- Digitalisierung, Klimawandel, Fachkräf- hende Veränderungen erfolgreich umge- temangel – Themen, bei denen Verände- setzt werden. Die Frage „Was passiert hier rung akut erforderlich ist, gibt es viele. Viel und woran bin ich?“ muss jede beteiligte zu oft werden sie von Unternehmen mit Person während eines Veränderungspro- Begriffen wie agil, nachhaltig und inno- zesses für sich zu jedem Zeitpunkt beant- vativ „behandelt“. Wer Change betreiben Verantwortungsvoller W worten können. Auch wenn die Antwort und etwas verändern will, versteckt sich enn etwas nicht gut läuft oder in nicht in jedem Fall sehr erfreulich aus- nicht hinter wohlklingenden Phrasen auf der Zukunft noch besser laufen fällt. Wo gehobelt wird, da fallen Späne – der eigenen Unternehmenswebsite, son- Wandel für gelebte soll, macht man es halt anders. und wo organisatorische und finanzielle dern übernimmt heute Verantwortung, Eigentlich ganz einfach. „Change“ ist die Strukturen geändert werden, da fallen um für morgen etwas zu ändern. Mit der Lösung. Doch das Problem, das Ihnen ggf. Aufgaben weg oder werden neu prio- Übernahme von Verantwortung ist der Transformation sicher auch schon das ein oder andere Mal in Ihrem Leben begegnet ist, spitzt sich zu in der Aussage: „Das haben wir schon risiert. Es gibt immer Vor- und Nachteile, die gleichermaßen angesprochen werden müssen. Die wohl wichtigste Frage zum entscheidende erste Schritt in Richtung Change getan. Verantworten Sie den Wandel mit? Die Transformation läuft. immer so gemacht.“ Personen, die diese Change ist die nach dem „Warum?“. Wenn Aussage treffen, tun dies, weil es schlicht Sie keine Vision, keine Strategie als moti- bequem ist oder weil sie Angst haben. vierendes Ziel aufzeigen können, haben Man weiß ja nicht was kommt. Wenn alles Sie bereits verloren. Und der Wandel führt so bleibt wie es ist, kann nichts passieren. ins Leere. Nichts Schlimmes, aber eben auch nichts Gutes, vielleicht Besseres. 4 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 5
Menschen im Handwerk Bernd Münstermann „Wenn man ein Schiff lenken will, muss man wissen, woher der Wind weht.“ B E RND M Ü NST E RM A NN Bernd Münstermann (l.) und Sohn Frank vor dem Firmensitz in Telgte-Westbevern Kontinuität und Veränderung – das sind tragende Eckpfeiler, auf denen mittelständische Familienunternehmen aufbauen. Keine Kontinuität Und für beides steht auch Bernd Münstermann, Gesellschafter ohne Veränderung und rund vier Jahrzehnte lang Geschäftsführer der Bernd Münstermann GmbH & Co. KG in Telgte-Westbevern. 6 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 7
Menschen im Handwerk Bernd Münstermann „Kontinuität ist waren aber die Arbeitskosten in Ländern Osteuro- Man spezialisierte sich zunächst auf Trocknungs- und pas deutlich günstiger. Da konnten Fertigungsunter- Thermoprozessanlagen. Später kamen die Sparten in einem mittel nehmen wie die Firma Münstermann mit Lohnstruk- turen auf deutschem Niveau im Wettbewerb nicht Förder- und Automatisierungstechnik und zuletzt die Filtertechnik hinzu. Heute gehören zu den Kunden ständischen mithalten. Quasi über Nacht war Bernd Münstermann gezwungen, den Reset-Knopf für das Familienunter- der Bernd Münstermann GmbH & Co. KG weltweite Markt- und Technologieführer, die Lösungen von der nehmen zu drücken und ein neues Geschäftsmodell Idee bis Inbetriebnahme aus einer Hand nachfragen. Unternehmen zu entwickeln. Für die erfolgreiche Neuausrichtung des Unterneh- mens brauchte man in den neuen hinzugekomme- ohne Verän- Das Telgter Modell nen Sparten Fachleute. Diesen Bedarf deckte man kurzfristig durch den Zukauf spezialisierter Firmen derung nicht Bernd Münstermann entschloss sich, sich aus der Abhängigkeit der Ingenieurbüros zu lösen und den und die Integration der dortigen Ingenieure und Kon strukteure in das Unternehmen Münstermann. Im Bedarf der Industrie an Verfahrenstechnik als Kom- besonderen Fokus des Unternehmens steht aber die möglich ...“ plettlösung von der Konstruktion, über die Fertigung qualifizierte Ausbildung junger Menschen zu Metall- bis zur Montage anzubieten. bauern (Fachrichtung Konstruktionstechnik) und Technischen Produktdesignern. Ausbildung hat bei Münstermann Tradition. Ein großer Teil der Mitarbei- ter wurde im Unternehmen ausgebildet. Die Möglich- keit des dualen Studiums im Bereich Maschinenbau, berufsbegleitende Weiterbildungen zum Techniker und das seit 1999 kontinuierlich bestehende Angebot Bernd Münstermann in seinem Büro des fachlichen Englischunterrichts für alle Beschäf- tigten werden von dem Unternehmen gefördert. Die Vernetzung von Schule und Wirtschaft wurde durch Bernd Münstermanns Ehefrau Magdalena auch über die Grenzen des eigenen Betriebes initiiert und erhielt als „Telgter Modell“ bundesweit Bekanntheit und Anerkennung. A Krisen als Chance ls Bernd Münstermann 1978 den väterlichen Betrieb in Alverskirchen übernahm, war er bereits die fünfte Generation in der tradi- In seinem Unternehmerleben hat Bernd Münster- tionsreichen Hufschmiede, die sein Urur-Großvater mann immer wieder feststellen können: Krisen kön- Genau wie die bunten gegründet hatte. Mittlerweile wird die Firma mit Sohn zentrierte sich auf die Industrie und die Zusammen- nen auch Chancen sein. Als es in den Nachwehen der Radsportler an der Frank als Geschäftsführer in der sechsten Generation arbeit mit Ingenieurbüros in Westdeutschland. Das Wand seines Büros Wirtschafts- und Finanzkrise 2002/2003 auch bei fortgeführt, doch mit den Ursprüngen hat das heute Unternehmen Münstermann entwickelte sich zu bleibt Bernd Münster- global agierende Unternehmen im Sonderanlagen- einem hochspezialisierten Fertigungsbetrieb und mann als Unternehmer in Bewegung. bau keinerlei Ähnlichkeit mehr. „Um die Zukunft eines wurde zur verlängerten Werkbank für Ingenieurbü- so traditionsreichen Familienunternehmens wie das ros, die die Anlagen für die Industrie konstruierten. unsere zu sichern, muss man stets auch zu Verände- Das Unternehmen wuchs schnell. Waren es bei der „ ... aber rungen bereit sein. Dabei darf man nicht nur reagieren, Betriebsübernahme nur zwei Mitarbeiter, so zählte sondern sollte sie proaktiv und vorausschauend her- beiführen“, so Bernd Münstermann zu seiner Unter- man 1983 bereits 20 und 1987 schon 40 Fachkräfte. Bereits 1980 wurde der Betrieb in Alverskirchen von Veränderung nehmensphilosophie. 300 auf 850 qm erweitert. Dann gab es am alten Standort keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr, so braucht als Werdegang dass man 1988 nach Telgte-Westbevern umzog, wo 10.000 qm Fertigungsgelände Entwicklungspotenzial Anker auch Bernd Münstermann absolvierte eine klassische für die Zukunft boten. Mit dem Umzug stieg die Mit- Handwerkslehre als Karosseriebauer, machte sein Fachabitur und studierte in Gummersbach an der arbeiterzahl noch einmal sprunghaft an. 1990 waren rund 100 Frauen und Männer bei der Firma Münster- Beständigkeit. Gesamthochschule Siegen Maschinenbau. Als jun- ger Diplom-Ingenieur kehrte er zunächst für ein Jahr mann beschäftigt. Heute agiert das Unternehmen weltweit mit ca. 300 Beschäftigten am Hauptstand- Und die hat zurück in den väterlichen Betrieb, um dann für ein wei- ort Westbevern. Seit 2007 besteht auch ein Joint- teres Jahr Erfahrungen in einem weltweit tätigen, gro- Venture mit einem chinesischen Partner in Quingdao. man mit der Fa- ßen Industrieunternehmen in Münster zu sammeln. Der Fall der innerdeutschen Mauer und die Wiederver- Mit der Übernahme des Handwerksunternehmens Münstermann in 1978 setzte er dann zielstrebig die einigung in 1990 bedeuteten nicht nur für die Deut- schen eine Zäsur in ihrer Geschichte, sondern auch milie und guten Veränderung der Betriebsstruktur um, die sein Vater mit der Aufnahme von Zuliefererleistungen für einen in der Firma Münstermann. Plötzlich war der eiserne Vorhang zwischen West und Ost in ganz Europa gefal- Mitarbeitern.“ Industriekunden neben den klassischen Schmiede- len, und damit war der freie Verkehr von Waren und arbeiten eingeleitet hatte. Bernd Münstermann kon- Dienstleistungen um vieles einfacher. Vor allem 8 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 9
Menschen im Handwerk Betriebsnachfolger halbes Jahr völlige Abstinenz vom Betrieb, um seinen Sohn Zeit und Raum zu geben und für die Beschäf- tigten wie auch Kunden die Möglichkeit zu schaffen, „die Fixierung auf den ‚Alten‘ aufzugeben und sich an den neuen Chef zu gewöhnen“, erklärt Bernd Müns- termann schmunzelnd, der mittlerweile wieder ein Büro an der Lengericher Straße bezogen hat, aber sich zu seinem 65. Geburtstag aus der Geschäfts- führung zurückgezogen hat und „nur noch“ Gesell- schafter ist. Und natürlich verfolgt er immer noch mit großem Interesse, was im Unternehmen geschieht, „aber in erster Linie als Zuhörer, nicht mehr als der Ent- dem Unternehmen, das zu 70 % vom Export lebt, zu scheider“, so Münstermann. Problemen kam, steuerte Bernd Münstermann inner- „Kontinuität ist in einem mittelständischen Unter- betrieblich dagegen und änderte das im Handwerk nehmen ohne Veränderung nicht möglich“, so das übliche Führungssystem, bei dem alles auf eine Per- Fazit von Bernd Münstermann, „aber Veränderung son zugeschnitten ist. Er führte ein offenes Kommu- braucht als Anker auch Beständigkeit. Und die hat nikationssystem ein, durch das jeder Beschäftigte man mit der Familie und guten Mitarbeitern.“ Zugang zu den für sein Projekt relevanten Zahlen erhält. Die bislang nur auf dem Papier bestehenden Hierarchien im Unternehmen wurden nun mit Ver- antwortlichkeiten belegt. „Wenn man ein Schiff len- ken will, muss man wissen, woher der Wind weht“, beschreibt Bernd Münstermann den Prozess der offenen Kommunikation, den er 2003 einleitete und der eine andere Unternehmens- und Diskussions- kultur geschaffen hat. Diese offene Kommunika- Engagement für Handwerk und Wirt- tion und Transparenz in der Geschäftsentwicklung schaft wird nicht nur intern mit den Beschäftigten, sondern Es bleibt in der auch gegenüber den Kunden und externen Partnern Aufgrund der seit der kommunalen Neugliederung in gepflegt. So wurde die Bernd Münstermann GmbH NRW in 1975 noch lange bestehenden Asynchroni- & Co. KG für die bundesweit beste Finanzkommuni- tät von Innungs- und Kreisgrenzen gehörte die Bernd kation im Mittelstand 2008 mit dem Euler-Hermes- Münstermann GmbH & Co. KG mit Sitz in Alverskir- Familie Preis ausgezeichnet. chen im Kreis Warendorf zunächst der Münstera- ner Metall-Innung als Mitglied an. Erst nach einem Generationswechsel höchstrichterlichen Urteil, wurden die Innungsein- zugsbereiche den kommunalen Grenzen angegli- Die neue Führungsstruktur im Unternehmen erleich- chen. 1992 wurde deshalb das Unternehmen, das terte auch die Übergabe an die nächste Generation. jetzt seinen Sitz in Telgte-Westbevern hatte, Mit- Als er 50 Jahre alt wurde, wurde der heute 69jährige zum ersten Mal in einem Bankengespräch mit dem glied der Metall-Innung Warendorf. 1997 wurde Bernd Münstermann dann in den Bastian Bühlbecker Thema „Betriebsnachfolge“ konfrontiert. Er und seine Frau ließen sich Zeit, suchten externe Bera- Innungsvorstand gewählt, eine Amtsperiode später wurde er in 2002 stellvertretender Obermeister und hat sich entschieden D tung und überlegten intensiv das Wie und Wer und vertrat die Innung auch als Delegierter bei der Kreis- besprachen dies dann ausführlich mit ihren vier Kin- handwerkerschaft und dem Fachverband Metall. Bis ie Betriebsnachfolge im Hand- Hintergrund ist, den Schritt in die Selb- erfolgreich geregelt. Neben dem 58jäh- dern beim jährlich stattfindenden Familienrat. „Von 2012 war Bernd Münstermann in der Innung ehren- werk ist ein immer schwieriger ständigkeit zu wagen und einen etablier- rigen Firmengründer Hermann Bühlbe- der Ausbildung her wären alle in der Lage gewesen, amtlich aktiv. werdendes Thema. Mehr als ein ten Handwerksbetrieb zu übernehmen, cker gehört seit Februar 2020 auch Sohn das Unternehmen zu führen“, erklärt Bernd Münster- Aktuell ist er Vorstandsmitglied des 2018 gegrün- Drittel der in der Handwerksrolle einge- fehlen dem Handwerk Betriebsnachfol- Bastian zur Geschäftsführung. Mit ihm mann. Sohn Frank, studierter Physiker, hat schließ- deten Unternehmens- und Wirtschaftsverbandes tragenen Inhaber, Geschäftsführer oder ger und der älteren Handwerksunterneh- hat der „Blickpunkt“ über seinen Weg als lich – auch mit Unterstützung seiner Geschwister – Westfalen e. V., der die Aktivitäten der Kreishand- Betriebsleiter von Handwerksunterneh- mergeneration die Gewissheit eines auch Betriebsnachfolger im Familienunter- seine Bereitschaft zur Nachfolge erklärt, obwohl er werkerschaft Steinfurt-Warendorf als Interessens- men im Bereich der Kreishandwerker- finanziell abgesicherten Lebensabends. nehmen gesprochen. Weder wurde er zu die letzten fünf Jahre durch Studium und Tätigkeit verband und Dienstleister für die mittelständischen schaft Steinfurt-Warendorf sind 60 Jahre Auch das Gefühl, dass das selbst gegrün- diesem Beruf gedrängt, noch war es sein im Ausland nicht mehr in Westbevern und im Unter- Unternehmen in der Region ergänzt. und älter. Für sie wird die Suche nach einer dete und aufgebaute Unternehmen nicht größter Kindheitstraum, Zimmerermeis- nehmen war. Deshalb war auch seine Bedingung, die geregelten Betriebsübernahme dring- mehr fortgeführt wird oder eine über ter und Firmenchef zu werden. Bastian ersten fünf Jahre ohne Übernahmeverpflichtung in lich, denn eine erfolgreiche und nach- Generationen gehende Firmentradition Bühlbecker (Jahrgang 1996) aus Waders- führender Position das Unternehmen kennenzu- haltige Nachfolgeregelung braucht Zeit. endet, belastet viele ältere Handwerks- loh erlebte von klein auf den Betrieb einer lernen. Er brauchte nur drei Jahre bis zur Entschei- Oftmals finden heutige Familienunter- unternehmer. Zimmerei, dennoch war es für ihn keine dung. 2010 wurde er neben seinem Vater Geschäfts- nehmen den N achfolger oder die Nach- Selbstverständlichkeit, auch diesen Weg führer der Bernd Münstermann GmbH & Co. KG und folgerin nicht mehr in den Reihen des Betriebsnachfolge zu gehen. Seine Eltern sind nicht nur Vater übernahm die Vertriebsverantwortung. Senior-Chef eigenen Nachwuchses. Auch wenn dies und Mutter von drei Kindern, sondern füh- Bernd Münstermann zog sich dann 2015 aus dem eine Chance für junge Handwerksmeis- Die Zimmerei Bühlbecker GmbH in ren als Selbständige eben auch erfolg- operativen Bereich zurück und verordnete sich ein ter ohne den entsprechenden familiären Wadersloh hat die Nachfolge bereits reich den 1989 gegründeten Familienbe- 10 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 11
Es bleibt in der Familie HE RMANN BÜHL BEC K E R GMBH STICHWORT Z IMMEREI U ND TROC KENBAU gegründet Next Generation 29.03.1989 anderer Stellen angenommen. Einen Der Workshop „Next Generation” ist ein von Zimmerermeister kompletten Zeitplan für die Übergabe Angebot des der Kreishandwerkerschaft Hermann Bühlbecker des Unternehmens an den Sohn gibt es Steinfurt-Warendorf nahen Unterneh- Sitz des Unternehmens aber noch nicht. Bastian Bühlbecker fin- mens- und Wirtschaftsverbandes West- Wadersloh (Kreis Warendorf) det es dennoch wichtig, dass durch seine falen e. V., dem auch die Firma Hermann Aktuelle Mitarbeiterzahl Aufnahme in die Geschäftsführung jetzt Bühlbecker GmbH angehört. Neben 20 inkl. Firmeninhaber Hermann Bühlbecker, schon gewährleistet ist, dass in dem weiteren Betriebsnachfolgern aus ver- Ehefrau Andrea und Sohn Bastian nicht gewünschten, aber auch nicht aus- schiedenen Branchen nimmt auch Bas- sowie 3 Auszubildende zuschließenden Fall des Ausfalls seines tian Bühlbecker das Angebot wahr, sich Ausbildung insgesamt Vaters, das Unternehmen weitergeführt in einer moderierten Runde auszutau- 19 Zimmerer und 1 Ausbaufacharbeiter werden kann. Ansonsten findet er es gut, schen, um neue Denkanstöße zu bekom- dass ihm Zeit gegeben wird, sich in die men, sich auf neue Perspektiven einzu- Rolle des Chefs einzufinden. Auch wenn stellen und auch Selbstreflexion zu üben. einige Mitarbeiter ihn schon als Kleinkind Obwohl die Teilnehmer aus verschiede- kannten, sieht er das Verhältnis zu ihnen nen Bereichen kommen, gibt es gleich- ohne große Konflikte, da er die Meinung gelagerte Probleme, über die man sich Wadersloh zurückführte. Aber spätes- und die Erfahrungen der Älteren respek- austauscht und für die man gemeinsam tens jetzt stand für ihn auch fest, dass tiert, aber aufgrund seiner Ausbildung und Lösungsansätze sucht. Auch über The- er irgendwann die Zimmerei seines neuen Ideen auch von diesen akzeptiert men wie beispielsweise der Betriebs- und Vaters übernehmen will. Und um dafür wird. Auch die Zusammenarbeit mit sei- Personalführung, über Marketingstrate- die Grundlage zu schaffen, besuchte er nem Vater bewertet Bastian Bühlbecker gien, Einsatz von Social Media und – wenn Andrea, Hermann und die Meisterschule in Bielefeld und legte recht komplikationslos. „Natürlich kommt es vorkommt – auch über die Konflikte mit Bastian Bühlbecker Ende 2018 seine Prüfung als Zimmerer- es auch mal zu Meinungsverschiedenhei- der abgebenden Generation im Unter- meister ab. Am Tag als er die Meisterprü- ten, aber die sind in der Sache begrün- nehmen wird offen, aber auch vertrau- fung bestanden hatte, kaufte sich Bastian det. Und natürlich sind wir noch dabei ensvoll gesprochen. Bühlbecker aber erst einmal ein Flugticket Zuständigkeiten und Verantwortlichkei- trieb. Es war keine Berufsentscheidung um das vom ihm Gelernte anzuwenden nach Nepal und blieb dort fünf Wochen, ten zu definieren und auszutarieren.“ Das www.uww-online.de aus dem Bauch heraus, erst das Schul- und Menschen zu helfen. Mit Vermittlung um sich ein Bild zu machen, wie es den Verhältnis zwischen Vater und Sohn hat praktikum brachte die Sicherheit für die der Handwerkskammer Münster bekam Menschen drei Jahre nach den Erdbeben sich durch die neue betriebliche Kon Wahl des Berufes. Vier weitere freiwillige er Kontakt mit einer Hilfsorganisation ging und wie die selbstgebauten Häuser stellation wenig verändert. „Wir reden Unternehmensnachfolge „Ich werde auf jeden Praktika absolvierte er in verschiedenen und reiste für fünf Monate nach Nepal, in nach dieser Zeit aussahen. viel über das Geschäft und die Kunden- Die Kreishandwerkerschaft Steinfurt- Zimmereien bis für ihn feststand: „Ich Fall Zimmerer und dem kurz vorher mehrere schwere Erd- aufträge – auch privat“, erzählt Bastian Warendorf und der UWW haben mit der werde auf jeden Fall Zimmerer und weiß weiß jetzt auch, wo beben zur tödlichsten Katastrophe des Komm nach Hause Bühlbecker „Da ist eine Trennung manch- Auftaktveranstaltung "Wie organisiere jetzt auch, wo ich gerne lernen möchte.“ Landes mit knapp 8.800 Toten und mehr mal schwierig, ob ich mit dem Vater oder ich meine Nachfolge im Betrieb" eine län- ich gerne lernen Die Ausbildung absolvierte er dann in sei- als 22.000 Verletzten geführt und viele Kaum wieder zu Hause zog es den jun- dem Partner im Unternehmen spreche. gere Veranstaltungsreihe zur praktischen nem Wunschbetrieb, einer anderen Zim- möchte.“ obdachlos gemacht hatten. Der junge gen Zimmerermeister schon wieder in die Das ist eben so bei Familienbetrieben im Betriebsnachfolge für Unternehmerinnen merei im Heimatort. Für ihn wie auch für Zimmerer aus dem Münsterland wollte Ferne. Er suchte sich in Richtung Bremer- Handwerk“. und Unternehmer gestartet. Im Novem- seinen Vater war klar, dass seine Lehrzeit mit seinem Handwerk helfen und griff haven eine Anstellung. Dort blieb er aber Auf die Frage, was ihn zuversichtlich ber ist ein Unternehmertag mit individuel- nicht zuhause stattfinden und er die Aus- auch zur Eigeninitiative als die Hilfsorga- nicht einmal ein Jahr, weil ihm die Arbeit macht, dass die Betriebsnachfolge funk- len Beratungsgesprächen und in der Folge bildung nicht als Sohn des Chefs, sondern nisation selbst nicht ausreichend aktiv wenig Herausforderung bot. In einem tionieren wird, antwortet Bastian Bühl- verschiedene Workshops geplant. Inhalte als „normaler“ Azubi durchziehen sollte wurde. Zuhause in Wadersloh sammelten Telefonat mit seinem Vater, wo er seine becker: „Es ist das Vertrauen, das mein und Termine sind auf www.kh-st-waf.de – mit allen fachlichen und interpersonel- der Missionskreis, die Kirchengemeinde Unzufriedenheit äußerte, sagte dieser zu Vater mir gibt.“ und www.uww-online.de zu erfahren. len Herausforderungen, denen sich junge und die Landjugend, der Bastian Bühl- ihm: „Du musst niemanden etwas bewei- Menschen in einer Handwerkslehre stel- becker angehörte, Spenden, mit denen sen. Komm nach Hause, du bist hier jeder- len müssen. er vor Ort in Eigenleistung vier einfache zeit willkommen.“ Für Bastian Bühlbecker Häuser aus Bambus, Lehm und Steinen kam mit diesem Satz die Gewissheit, dass Auf Wanderschaft aufbaute. Vorab hatte er sich ein genaues jetzt der Zeitpunkt gekommen war, den Bild gemacht, welche Art der Häuser die nächsten Schritt zu machen und sich für Maria Wirtz von der TMS Nach der Gesellenprüfung wollte Bastian Erdbeben gut überstanden hatten. den Einstieg in das Unternehmen zu ent- Unternehmensberatung GmbH in klar und entschlossen: Köln hielt zum Auftakt einen Bühlbecker irgendwann aus Wadersloh scheiden, um es in einigen Jahren dann in Bastian Bühlbecker Impulsvortrag und steht auch für heraus – beruflich wie auch geografisch. Zurück in Deutschland eigener Verantwortung zu führen. Einzelberatungen am Unterneh- Es war nicht die zünftige Wanderschaft Die Familie Bühlbecker hat sich, seit- mertag zur Verfügung. im traditionellen Gewand, wie sie gerade Ihm schwebte nach der Lehrzeit eigent- Zurück in Deutschland arbeitete Bas- dem Bastian Bühlbecker sich zur Meis- im Zimmererhandwerk sehr lebendig ist, lich eine Work &Travel-Auszeit à la Abitu- tian Bühlbecker für ein Jahr in einer Zim- terschule angemeldet hatte, intensiv die er dann begann, aber seine Reisen rient vor, aber die Handwerkslehre hat ihn merei im Allgäu, wo er viele interessante mit der Betriebsnachfolge beschäftigt dienten gleichwohl der Sammlung fachli- geprägt. Er wollte nicht arbeiten, um rei- Anregungen für den Beruf erhielt. Er gibt und Informations- und Beratungsange- cher wie auch persönlicher Erfahrungen. sen zu können, sondern er wollte reisen, zu, dass ihn das Heimweh zurück nach bote der Handwerksorganisationen und 12 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 13
Editorial Modernisierung „Wenn wir sagen, dass die duale Ausbildung genauso wichtig wie Es bewegt die universitäre ist, dann wird das jeder unterschreiben. Das muss aber auch in den Inves- sich was titionen für eine zukunftsfeste Infrastruktur deutlich werden.“ Modernisierungsvorhaben K A RL-J O S E F L AU M A NN Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW in Rheine und Beckum anlässlich der Überreichung des Zuwendungsbescheides im März 2020 kommen voran Als Anfang August letzten Jahres der die nicht mehr durchgeführten Auftrags- offizielle Spatenstich für die beiden Bau- maßnahmen befand. Hier entsteht jetzt projekte durch Kreishandwerksmeister ein neues Gebäude, in dem zukünftig die Heinz-Bernd Lohmann, KH-Hauptge- Tischler-Auszubildenden überbetrieb- schäftsführer Frank Tischner, dem ver- lich geschult werden. Quasi auf der grü- antwortlichen Geschäftsführer Reinhard nen Wiese hat man bereits mit dem Bau Kipp und mit tatkräftiger Unterstützung eines weiteren Werkstattgebäudes ange- der beiden Landräte und der Bürgermeis- fangen. Sind die neuen Lehrwerkstätten ter der Standortkommunen erfolgte, sah für die Kfz-Mechatroniker/innen, Maler/ man von den umfangreichen Modernisie- innen und Lackierer/innen und Elektro- K rungsvorhaben vor allem erst einmal das niker/innen sowie für die Schweißtech- ommt man zu den beiden Stand- riesige, von den Zuwendungsgebern vor- nik fertiggestellt und die Friseur/innen in orten der Kreishandwerkerschaft geschriebene Bauschild, doch das sollte einen anderen Gebäudeteil umgezogen, Steinfurt-Warendorf in Rheine und sich schon bald ändern. erfolgt der Abbruch der ehemaligen Tech- Beckum, dann wird mehr oder weniger In Rheine ist dies schon von weitem nikerschule, und erst dann offenbart sich offensichtlich, da bewegt sich was: Kräne, erkennbar, denn an der Albert-Einstein- auch in Beckum, wie die Kreishandwerker- Baufahrzeuge und vor allem die Berufs- Straße entsteht im Innovationsquartier schaft ihr Gesicht verändert hat. ausbildung im Handwerk. ein komplett neues Gebäude, in dem Bedingt durch den engen Zeitrahmen Im Jahr 2020 fiel der Startschuss für die dann zukünftig vorrangig in den techni- der öffentlichen Förderungen muss die umfangreichen baulichen Modernisie- schen Berufen wie Kfz-Mechatroniker/ Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Waren- rungen. Die überbetrieblichen Berufs- in, Feinwerkmechaniker/in, Metallbauer/ dorf beide Modernisierungsmaßnahmen bildungsstätten, gefördert vom Bundes- in, Anlagenmechaniker/in für Sanitär- parallel durchführen, was ein Höchst- ministerium für Bildung und Forschung, Heizung-Klima (SHK), Elektroniker/in maß an Organisations- und Arbeitsauf- unter Federführung des Bundesinstituts sowie in der Schweißtechnik geschult wand für den für die Baumaßnahmen für Berufsbildung (BiBB) werden vollstän- wird. In Beckum hingegen sind die Ver- zuständigen Geschäftsführer der Kreis- dig erneuert. Das NRW-Landesministe- änderungen nicht so schnell ersichtlich, handwerkerschaft Reinhard Kipp und rium für Arbeit, Gesundheit und Sozia- denn hier wird im Bestand gebaut. Vom seinem Team bedeutet. Unterstützung les beteiligt sich mit Fördermitteln aus Schlenkhoffs Weg aus sieht man erst ein- erfolgt durch die Expertise des Bauaus- dem Europäischen Fonds für regionale mal nicht viel von den Werkstattgebäu- schusses, dem neben dem Kreishand- Entwicklung (EFRE). Mit einem Volumen den im abschüssigen Gelände des ehe- werksmeister Heinz-Bernd Lohmann von insgesamt 26 Millionen Euro inves- maligen Kalkabbaugebietes der Beckumer der Kreishandwerkerschaft auch wei- tiert die Kreishandwerkerschaft in die Zementindustrie. Damit der Lehrgangs- tere Ehrenamtsträger aus den baulich- Zukunft des handwerklichen Berufsnach- betrieb während der Bauphase ungestört orientierten Innungen angehören. Und wuchses in den Landkreisen und stärkt weiterlaufen kann, werden die einzelnen so konnten bislang die größten Klippen damit die duale betriebliche Ausbildung, Werkstattkomplexe sukzessive abgeris- der Bauprojekte, nämlich die europaweite denn trotz öffentlicher Förderung wird die sen und neu erstellt. Angefangen hat man Ausschreibung der Gewerke, die Entwick- Kreishandwerkerschaft immerhin rund 10 im Frühjahr 2020 mit dem Abriss eines leer lung der Bau- und Materialpreise und Millionen Euro aus eigenen Mitteln dafür stehenden Werkstattgebäudes, in dem überraschend schlechte Bodenverhält- aufwenden. sich zuletzt eine Tischler-Werkstatt für nisse bei den Baustellen umschifft werden, 14 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 15
Modernisierung Impressionen von den Baustellen in Rheine und Beckum erhält man in einer Erfahrene Handwerksunterneh- der heutigen Kreishandwerkerschaft wur- den in einer solchen „Kuhle“ gebaut, und ständig aktualisier- mer aus den baulich-orientierten Innungen unterstützen im ehren- damit wie andere ehemaligen Abbauflä- chen einer Neunutzung zugeführt. Außer amtlich besetzten Bauausschuss ten Bildergalerie auf KH-Geschäftsführer Reinhard Ohne den Ballast der Geschichte die für die Wohnbebauung und die Landwirt- Kipp (re.) bei der Baurealisierung. Zukunft bauen schaft wurden die entstandenen Löcher unter anderem auch als Mülldeponien ge- der Homepage der Dass Rheine als Garnisonsstadt, Eisen- nutzt – so auch Teile des bisher unbebau- bahnknotenpunkt und Industriestandort ten und jetzt eingeplanten Grundstücks Kreishandwerker- während des Zweiten Weltkriegs erheb- der KH, das nach dem Krieg mit Bau- lichen Luftangriffen der Alliierten ausge- schutt aus dem zerstörten Dortmund schaft Steinfurt- so dass die Kreishandwerkerschaft „dank setzt war und auch der Stadtteil Doren- kamp, in dem sich der Bahnhof befindet verfüllt wurde. Das konnte man noch aus den vorhandenen Dokumentationen Warendorf unter guter Planung weiterhin auf dem Kurs ist.“ KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tisch- und heute auch die Kreishandwerker- schaft ihren Sitz hat, stark betroffen war, entnehmen. Eine ebenso ärgerliche und wie teure Überraschung war es jedoch, www.kh-st-waf.de/ ner zeigt sich zufrieden, dass das Hand- werk damit dem Ziel, die Attraktivität der war bei der Planung der Modernisierungs- vorhaben bekannt. Die ungeheure Menge als man beim Bodenaushub feststellen musste, dass wohl auch so mancher hei- bildung/bildungs- betrieblichen Ausbildung gerade auch im Wettbewerb zu schulischen und akademi- an Bomben, die hier in den Kriegsjahren auf die Flächen rund um den Bahnhof mische Gewerbebetrieb in der Folgezeit die Senke als wilde Mülldeponie genutzt center/galerie schen Bildungsangeboten in der Region und den Gleisanlagen niedergingen, lie- haben muss - zum Glück ohne gefährliche durch die Schaffung passender Rahmen- ßen Komplikationen bei der Bebauung des Schadstoffe. Die vorher durchgeführten bedingungen zu steigern, sich nähert. Grundstücks für das neue Technologie- Kernbohrungen und Bodenanalysen hat- Das Interesse an diesen außergewöhn- zentrum der KH befürchten. Allein am 5. ten keine Hinweise darauf gegeben, aber lichen Aktivitäten der Kreishandwerker- Oktober 1944 fielen 2.500 Fliegerbomben vor Überraschungen aus der Vergangen- schaft Steinfurt-Warendorf in den beiden auf Dorenkamp und machten den Stadt- heit ist man auch bei bester Planung nicht Kreisen ist auch außerhalb des Handwerks teil dem Erdboden gleich. Und so war der gefeit. groß. Bundesbildungsministerin Anja Kampfmittelräumdienst bei dem Ausbag- Karliczek und heimische Abgeordnete gern des Baugrundstücks direkt an der Keinen Ballast, sondern eine Zeitkapsel schiedenen Erinnerungsstücke und Geld- haben sich persönlich davon überzeugt, Bahnlinie immer mit dabei – glücklicher- fand man übrigens beim Abriss des Werk- münzen in DM und Pfennig auch ein Zei- Merke dass die Mittel des Bundes und Landes weise ohne einen Bombenfund. stattgebäudes, das zuletzt als Tischler- tungsbericht aus der Lokalzeitung „Die in diese Investition für die Handwerksju- In Beckum verliefen die Kriegsjahre Werkstatt diente, aber als erster Lehr- Glocke“ zu der feierlichen Einweihung Die Zeiten ändern sich und neue Werk- gend gut angelegt sind. Die Bedeutung weitaus glimpflicher. Aufgrund falscher bauhof der Bau-Innung Warendorf bei des Lehrbauhofs am 24. Oktober 1978 stätten entstehen, aber das Engagement des Handwerks als Arbeitgeber und Aus- Karten wurden viele Bomben nicht auf der seinerzeitigen Kreishandwerkerschaft gefunden. Neben den vielen Ehrengäs- für die handwerkliche Berufsausbildung bilder, aber auch seine Rolle bei der Ver- dem Stadtgebiet abgeworfen, sondern Warendorf in Beckum errichtet wurde und ten wird hier auch der Präsident des Lan- und der Wille, Ballast und Hindernisse sorgung der Bevölkerung mit handwerk- auf den Feldern und Wiesen in der Umge- nach Errichtung des heutigen Lehrbau- desarbeitsamtes Rudolf Neumann zitiert, dafür wegzuräumen, bleiben und werden lichen Dienstleistungen und Produkten bung. Nicht dieser historische Ballast war hofs den Namen „Alter Lehrbauhof“ trug. der betonte, „dass die neue Einrichtung sicherlich auch bei der nächsten Einwei- wird von der heimischen Politik anerkannt, es also, der der KH vor Baubeginn Sorge In der Metall-Zeitkapsel, die sich einge- der Warendorfer Kreishandwerkerschaft hung bestätigt werden. weshalb die Kreise Steinfurt und Waren- machte, sondern Beckums Geschichte mauert hinter dem Grundstein an der in Beckum von bildungs- und auch sozial dorf wie auch die Stadt Rhei-ne die Kreis- als Zementrevier. So prägen immer noch Außenwand befand, wurden neben ver- politischer Verantwortung zeuge.“ handwerkerschaft bei ihren Bemühungen große Steinbrüche und ehemalige Abbau- aktiv unterstützen. flächen die Landschaft. Auch die Gebäude 16 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 17
Jubiläum 10 Jahre Hauptgeschäftsführer Frank Tischner seit 10 Jahren Am 29. März 2011 wählten die Delegierten aller der Kreis- Hauptgeschäftsführer der handwerkerschaft Steinfurt-Warendorf angeschlossenen Kreishandwerkerschaft Innungen auf ihrer Mitgliederversammlung Frank Tischner zum neuen Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerker- schaft. A m 1. September 2011 begann er rungen, gepaart mit den vielen Erlebnis- dort seine Tätigkeit, zunächst sen und Begegnungen und Herzblut für als Geschäftsführer und dann ab den Job sind für mich meine persönliche dem 1. November offiziell als Hauptge- Basis, um meiner Hauptgeschäftsführer- schäftsführer einer der größten Kreis- Tätigkeit für die Kreishandwerkerschaft handwerkerschaften in NRW. Gut fünf nachzugehen. Jahre zuvor war der Zusammenschluss der beiden bisherigen Kreishandwerker- Was war die Motivation, sich für die schaften Steinfurt und Warendorf erfolgt. Hauptgeschäftsführer-Stelle bei der Der Kreishandwerkerschaft Steinfurt- Kreishandwerkerschaft Steinfurt- Warendorf gehören heute 26 Handwerks- Warendorf zu bewerben? innungen mit rund 2.200 Mitgliedern an. Ich hatte den Wunsch, nach zehn Woh- Rund 130 Beschäftigte sind an den Stand- nungsumzügen einen Platz in meiner orten in Beckum und Rheine tätig – vor „Heimat“, dem Handwerk, zu finden. Und allem in den beiden Schwerpunktberei- dann hatte ich im ganzen Bewerbungs- chen der KH, dem Innungsservice und der prozess das Gefühl, dass man sich bei der beruflichen Bildung. KH für mich als Mensch interessierte. Ein Nicht nur sein bisheriges berufliches Gefühl, das es in Konzernstrukturen nicht Leben, sondern eben auch die Dekade gibt. Dort ist man eine Nummer, egal auf an der Spitze der Kreishandwerkerschaft welcher Position man arbeitet. Der Vor- Steinfurt-Warendorf, sind geprägt vom stand der Kreishandwerkerschaft hat mir Wandel. In einem Gespräch mit Frank seinerzeit glaubwürdig vermittelt, dass Tischner werden diese Veränderungen ich einen selbstbestimmten Job mit vie- aufgezeigt. len Gestaltungsmöglichkeiten bekom- men werde, gerade weil sich um uns Wie sah das berufliche Leben vor dem herum eine Menge verändert. Dies in Ver- Hauptgeschäftsführer-Dasein bei der bindung mit einem stabilen Mittelstand, KH aus? die Menschen, die Region und deren Phi- Erfolgreiche Mein berufliches Leben war sehr interes- losophie – das war und ist das, was mich sant, prägend und facettenreich. Begon- begeistert. nen mit zwei Ausbildungen im Handwerk, einer Meisterprüfung, Tätigkeiten im Wie haben Sie sich eingelebt? Hotel, Konditorei und einer weltweit täti- [Schmunzelnd] Ich denke sehr gut. Viele Rückkehr in die gen Confiserie. Dann kam der Betriebs- Dinge waren neu für mich, so z. B. die wirt und der Wechsel in den kaufmänni- Zusammenarbeit mit dem Ehrenamt, ins- schen Bereich, dort mit dem Schwerpunkt besondere dem ehrenamtlich tätigen KH- Marketing und Vertrieb. Hieraus entwi- Vorstand. Unvergessen für mich ist mein ckelten sich Tätigkeiten im Produktmarke- letztes Bewerbungsgespräch, wo 20 Per- „Heimat“ ting eines Süßwarenkonzerns und dann als sonen im Raum anwesend waren. Das war Großkundenverantwortlicher eines ame- schon beeindruckend. Begeisternd fand rikanischen Lebensmittelkonzerns in der ich schon damals die Offenheit und die nationalen und internationalen Großkun- Klarheit des Vorstandes und der Delegier- denbetreuung. Diese beruflichen Erfah- ten zur KH. Aber auch auf der hauptamtli- 18 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 19
Jubiläum 10 Jahre Hauptgeschäftsführer chen Schiene war es eine Menge an Arbeit, Die Kreishandwerkerschaft ist in lich verändert, und wir waren nicht mehr die Leute, meine Mitarbeiterinnen und beiden Kreisen eine gewachsene und wettbewerbsfähig. Dieses hat uns an Mitarbeiter kennenzulernen. Für viele etablierte Handwerksorganisation. den Rand der wirtschaftlichen Stabilität Jobs in der Wirtschaft wäre nun an dieser Wo sahen Sie dennoch besonderen gebracht. Daher waren wir gezwungen, Stelle Schluss. Zu der Aufgabe als Haupt- Handlungsbedarf? so schnell wie möglich und umfassend geschäftsführer kommen aber auch viele Die Fusion der beiden Kreishandwerker- aus diesem Bereich auszusteigen und andere Aufgaben hinzu, damit die Interes- schaften Steinfurt und Warendorf in 2007 uns auf die originären Aufgaben wie die sen der mittelständischen ist zunächst einmal nur auf dem Papier Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung Wirtschaft gut vertreten erfolgt. Punkt. Zu einer Fusion und zu so (ÜLU) zu konzentrieren. Das war für alle „Die Menschen, die Region sind. Ehrenamtlich bin ich einem Veränderungsprozess gehört es Beteiligten eine sehr schwere Zeit, den- in vielen Lenkungskreisen, aber, die Leute mitzunehmen. Menschen noch war es rückblickend positiv, wie her- und deren Philosophie – das Steuerungsgruppen oder mögen erst einmal keine Veränderungen, ausragend die Zusammenarbeit und das anderen Gremien, so zum denn oft sind mit Veränderungen auch Vertrauen zwischen Ehren- und Haupt- war und ist das, was mich Beispiel in den regionalen Ängste verbunden. Anfang 2012 habe ich amt war. Dies zu betonen, ist mir an die- Bildungsnetzwerken, als angefangen, die Fusion wirklich zu vollzie- ser Stelle sehr wichtig. begeistert.“ alternierender Vorsitzen- hen, das heißt Abteilungen wie der Bereich Politisch sind aus meiner Sicht in den der des Verwaltungsaus- Finanzen wurden zentralisiert, während letzten Jahren viele Fehler gemacht wor- schuss der Agentur für Arbeit Rheine und Abteilungen wie „Innungsservice“ und Das Team um Frank Tischner: den. Man hat sich zu stark auf den aka- in Gremien der Fachhochschule Münster. „Ausbildung“, die ihre Stärke in der Regio- Geschäftsführerkollegen, demischen Bereich konzentriert und ist Geschäftsführungsbüro und Dies bedeutete viel Mehrarbeit, und es nalität haben, dezentral in den jeweiligen irgendwelchen Akademikerquoten im EU- „Finanzchef“. war für mich auch neu. Es ist aber wichtig, Standorten angesiedelt sind und durch Vergleich der OECD wie beim Rattenfän- die direkte Kommunikation mit den Kom- eine interne, kreisübergreifende Zusam- ger von Hameln hinterhergelaufen. Die munen, den Institutionen, der Politik und menarbeit gestärkt werden. Dies umzu- Wir haben es mit einer hervorragenden wir nur, weil wir für eine sehr große Anzahl Auswirkungen sehen wir heute, und diese den Netzwerkpartnern zu pflegen und mit setzen war ein wahnsinnig kraftrauben- Teamleistung geschafft, dass wir diesen von Mitgliedsbetrieben sprechen. Nur werden uns auch noch zukünftig beschäf- ihnen zusammenzuarbeiten. Daher war der Prozess, da gleichzeitig die Probleme langen Prozess erfolgreich vollziehen dadurch erreichen wir die nötige Sensi- tigen. Wir müssen der dualen Ausbildung es für mich von Beginn an wichtig, dass ich im Bereich der arbeitsmarktpolitischen konnten. Wichtig für die Zukunft wird es bilität bei Politik und Gesellschaft. Des- in der Politik wieder eine andere Bedeu- in jedem Landkreis ein Büro habe, damit Maßnahmen dazukamen. Ich hatte also aber sein, dass wir sensibel bleiben und halb hört man uns bei unseren Themen zu. tung und Wertschätzung zukommen gleichberechtigt die Arbeit erfolgen kann nicht nur eine Fusion zu bearbeiten, son- uns immer wieder neu den Gegebenhei- Es ist die Mischung aus fachlicher Kom- lassen. Dies ist einer der Gründe für die und ich vor Ort präsent bin. dern gleichzeitig auch eine komplette ten, den Anforderungen und auch den petenz und starker Basis der Wirtschaft. Modernisierung unserer Bildungsstät- Restrukturierung zu vollziehen – und das Rahmenbedingungen anpassen. Dies Dies merkt man immer wieder: Man legt ten in Beckum und Rheine: ein deutliches im laufenden Prozess mit Blick auf eine geht nur in einem professionell arbei- Wert auf unseren Input und unsere Mei- Statement FÜR die duale Ausbildung, die Vielzahl von Zukunftsthemen. Das war tenden Team und der Unterstützung der nung, schätzt unsere Erfahrung und unser modern, qualitativ, sicher und zukunfts- eine Operation am offenen Herzen. Eine ehrenamtlichen Gremien. Wissen und man „hört“ auf uns. weisend ist. Krise ist für mich als verantwortliche Füh- Jetzt haben wir viel über Veränderun- Dies ist aber auch wichtig in der Gesell- rungskraft jedoch eine Aufforderung zum Die Mitgliedschaft zu einer Hand- gen gesprochen, aber auch beständige schaft zu platzieren. Und hier bin ich bei Handeln, nicht zum Wegducken. werksinnung ist freiwillig. Wie Dienstleistungen sind die DNA unserer Punkt 3. Wir müssen es schaffen, dass wir schaffen Sie es als Hauptgeschäfts- Arbeit. Zu nennen wäre hier die Zuge- auch hier eine gleichwertige Anerken- führer der KH, der 26 Innungen hörigkeit zu einem Arbeitgeberverband nung der unterschiedlichen Bildungs- angeschlossen sind und für die die KH und die dadurch resultierende Bindung wege hinbekommen. Darum betreiben die Geschäfte führt, eine Mitglied- an Tarife. Ein wichtiges Instrument bei wir als Kreishandwerkerschaft so intensiv schaft attraktiv zu machen? der Gewinnung neuer Fachkräfte und zur Öffentlichkeitsarbeit. Hier geht es nicht Meinung und Expertise von Frank Kernstück unserer Arbeit sind und blei- Fachkräftesicherung. Fazit ist: Gemein- nur darum, nette und bunte Bilder zu zei- Tischner sind auch im Ausland ben die Innungen und die den Innungen sam ist man stark – gestern und heute. gen, sondern darum, authentische Inhalte gefragt - wie hier bei einem Kongress in Südafrika. angeschlossenen Mitgliedsbetriebe. Wir und Perspektiven zu vermitteln. Vielleicht als KH werden weiterhin der Dienstleis- Die KH ist seit Jahrzehnten ein passt es an dieser Stelle auch sehr gut, auf ter Nr.1 sein, müssen aber auch hier uns wichtiger Faktor in der regionalen unser internationales Engagement hin- immer wieder selbstkritisch hinterfra- Berufsbildung. Was hat sich seit den zuweisen. Wenn wir über uns als Gesell- gen. Wie entwickeln sich Anforderungen letzten zehn Jahren geändert? schaft sprechen, dann sprechen wir auch und Märkte? Welche Dienstleistungen Es hat sich eine Menge verändert. Gesell- über Verantwortung und Solidarität. brauchen unsere Betriebe bzw. welche schaftlich, in der Politik, aber auch bei brauchen wir nicht? Welche Dienstleis- uns in der Kreishandwerkerschaft. Fan- tungen müssen wir aber vielleicht neu hin- gen wir mal mit dem letz- zunehmen? Hier möchte ich den Externen ten Punkt an. Wir haben im Datenschutz nennen. Vor 20 Jahren hätte Jahr 2012 feststellen müs- „Gemeinsam ist man stark uns jeder komisch angeschaut, wenn wir sen, dass wir in den Jahren eine solche Abteilung gegründet hätten, 2009 – 2011 einen falschen – gestern und heute.“ heute ist die Auseinandersetzung mit Schwerpunkt gesetzt hatten. diesem Thema ein Muss für jeden ver- Die KH hat viele arbeitsmarktpolitische antwortungsvoll arbeitenden Unterneh- Maßnahmen durchgeführt. Die Maßnah- mer. Aber auch das Thema der Interessen- men waren für die gedachten Zielgruppe vertretung ist enorm wichtig. Die Erfolge, gut, aber nicht mehr für uns als KH. Auf- die wir für die Betriebe erzielen, erreichen traggeber hatten die Parameter maßgeb- 20 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 21
Jubiläum 10 Jahre Hauptgeschäftsführer Wie ist Ihre Bilanz nach den ersten zehn Jahren als KH-Hauptgeschäftsführer? Rückblicke mache ich nicht gerne, ich schaue lieber in die Zukunft. Dennoch „Auf dieses einzigartige hatte ich letztens eine Situation, die sehr komisch war. Ich schaute aus mei- Team bin ich übrigens nem Büro in Beckum auf die erste neu gebaute Werkstatthalle. Hätte man mir sehr stolz.“ nach der sehr schwierigen Zeit in den Jah- ren 2012- 2017 gesagt, dass wir nun eine Regional, national, international: Modernisierung umsetzen, dass wir eine Frank Tischner bei der so gute Reputation bei den Betrieben und Beschäftigte auf aktuell 130, aber wenn Begegnung mit Bundeskanzlerin in der Öffentlichkeit haben, dass wir neue man es aus einer anderen Perspektive Angela Merkel in Berlin und bei der Einweihung der neuen Ausbil- Dienstleistungen für die Betriebe anbie- sieht: Wir haben 130 Arbeitsplätze geret- dungshalle beim südafrikani- ten, dass wir gefragter Partner der deut- tet. Daher ist es schwierig, eine Bewer- schen Berufsbildungspartner. schen Bundesregierung im Bereich der tung vorzunehmen. Das überlasse ich internationalen Bildung sind, eine eigene gerne anderen. Für mich ist es wichtig, U3-Betreuung in Form unserer kids.com- dass ich verantwortungsvoll und leiden- pany anbieten und, das Wichtigste, eine schaftlich für die KH gearbeitet habe und andere Kultur und einen anderen Zusam- arbeite. Gemeinsam mit meinem Team menhalt als Team in der KH haben – ich können wir immer nur das Beste für hätte es selbst nicht geglaubt. Unsere unsere Mitgliedsbetriebe geben. Natür- Mitarbeitenden ebenso wie die ehren- lich polarisiert man manchmal, Fakt ist amtlichen Gremien haben diese Verän- aber, dass wir nun stabile Finanzstruktu- derung mitgetragen. Darauf kann jeder ren haben und ein zukunftssicheres Kon- einzelne mit Stolz zurückblicken. Jeder zept als Interessensvertreter der mittel- Mensch strebt nach Sicherheit, oft führt ständischen Wirtschaft. Wir haben auch Mit Blick auf die geopolitischen Themen werks, aber auch mit festen und qualita- dies aber in einer Organisation wie der KH im Rahmen der Neuordnung nicht mehr ist es wichtig, auch über unseren Teller- tiv guten Ausbildungsstrukturen in unse- dazu, dass das Gewohnte auch beruhi- vier in die Jahre gekommene Standorte, rand zu blicken. Wir haben das Glück, in ren angeschlossenen Mitgliedsbetrieben. gend wirkt und Veränderungen mit Skep- sondern wir haben Ende nächsten Jah- einem Land und auf einem Kontinent Wir müssen es schaffen, das Image des sis betrachtet werden. res zwei zentrale, moderne und wichtige geboren zu sein, wo wir Startbedingun- Handwerks zu verbessern, auf die Durch- Gerade in größeren Gruppen neigen Men- Kompetenzzentren für die duale Aus- gen und Rahmenbedingungen haben, von lässigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten schen dazu, bekannte Abläufe und Verhal- bildung in Beckum und Rheine. Und dies denen Menschen in ande- im Handwerk hinzuweisen und die duale tensmuster als richtig zu bewerten – bloß wäre auch mein Wunsch für die Zukunft: „Kernstück unserer Arbeit ren Ländern nur träumen können. Solidarität ist für Ausbildung zu stärken. Das ist herausfor- dernd und auch ein langer Prozess. Es geht weil sie bekannt sind, und das ist fatal. Man muss immer auf der Hut sein und Verän- Bei allen sachlichen Diskussionen, die wir führen, sollte der Zusammenhalt und die sind und bleiben die mich der Hauptgrund, dass wir uns in den Zielländern auch nicht darum, die duale und die aka- demische Ausbildung gegenseitig auszu- derungen richtig deuten und umsetzen, das ist modernes Management und ver- Solidarität untereinander die Basis unse- rer Arbeit bleiben. Der Zusammenschluss Innungen und die den engagieren und Bildung in andere Länder exportieren. spielen, wir brauchen beide Bildungswege – aber bitte schön gleichberechtigt. Dies antwortliche Personalführung. Wich- tig war in dem Prozess der Restruktu- der Betriebe als starke Gemeinschaft ist das Differenzierungsmerkmal der Hand- Innungen angeschlossenen Bildung ist der Schlüssel zur Armutsbekämpfung in geht nur gemeinsam mit allen beteilig- ten Partnern. Es muss uns gelingen, es in rierung, dass wir mit klaren und offenen Punkten die Menschen mitgenommen werksorganisation und der Mehrwert für die Region. Dieses gilt es zu stärken. Dafür diesen Ländern. Wenn wir den Köpfen der Leute zu platzieren. Daher haben. Natürlich mussten wir einen har- setzt sich das Team der KH gerne und lei- Mitgliedsbetriebe.“ die deutsche Bundesre- gehen wir neue Wege im Zuge der Nach- ten personellen Schnitt machen, von 321 denschaftlich ein, und auf dieses einzig- gierung bei dem Vorhaben wuchsgewinnung. Wir werden als Kreis- artige Team bin ich übrigens sehr stolz. unterstützen können, dann kommen wir handwerkerschaft mittlerweile bundes- dieser Verantwortung mit Leidenschaft weit wahrgenommen, ob über Facebook, und Engagement gerne nach. Auch das Instagram oder YouTube. Unsere Ziel- ist Handwerk. gruppe bewegt sich auf diesen Kanälen, also ist es für uns selbstverständlich, dass Nicht nur die KH und ihre Berufsbil- wir hier für diese Zielgruppe für das Hand- dungsarbeit haben sich verändert, werk und die Ausbildungsberufe wer- sondern auch das Schul- und Berufs- ben. Wir können aber nur auf diese tollen wahlverhalten. Wie kann man als KH Berufe neugierig machen und als Türöff- dagegen steuern? ner arbeiten. An dieser Stelle ist die Mit- Frank Tischner mit den beiden Es kann mit einer ehrlichen und authen- wirkung der Betriebe unerlässlich. Mein damaligen Kreishandwerksmeis- tischen Öffentlichkeitsarbeit gelin- Dank gilt unseren Betrieben für die ver- ter Erika Wahlbrink und Dieter gen: Gesichter und Geschichten aus der lässliche und unkomplizierte Unterstüt- Günnewig nach seiner Wahl zum Hauptgeschäftsführer durch die Region für die Region, flankiert mit der zung bei unseren Projekten zur Nach- Innungsdelegierten am nationalen Imagekampagne des Hand- wuchssicherung. 29.03.2011. 22 k h -b l i c k p u n k t 2021 k h - b l i c k p u n k t 2021 23
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