Im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit - Land- und Forstwirtschaft bietet Verlässlichkeit im Ausnahmejahr 2020
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Im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit Land- und Forstwirtschaft bietet Verlässlichkeit im Ausnahmejahr 2020
Im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit Land- und Forstwirtschaft bietet Verlässlichkeit im Ausnahmejahr 2020
Sehr geehrte Damen und Herren, Das Thema Tierwohl ist eine besondere Herausforderung im Diskurs mit der Gesellschaft. Mit liebe Bäuerinnen und Bauern sowie dem Tierwohl-Pakt konnten Anreize für die Bäuerinnen und Bauern geschaffen haben. Ent- Vorwort Interessierte an der österreichischen Land- und Forstwirtschaft! scheidend werden aber nicht emotional geführte Diskussionen sein, sondern dass es gelingt, auf den Märkten für höhere Produktionsstandards auch höhere Erzeugerpreise zu erzielen. Das Jahr 2020 war mit der Corona-Krise eine besondere Herausforderung, die unser gesam- Damit das möglich ist, braucht es neben einem entsprechenden Angebot und der Kaufbereit- tes Leben verändert hat. Die österreichische Land- und Forstwirtschaft hatte durch den mo- schaft der Bevölkerung vor allem echte Wahlmöglichkeit mittels verpflichtender Herkunfts- JOSEF MOOSBRUGGER natelangen Wegfall von Gastronomie und Tourismus im In- und Ausland in nahezu allen Berei- kennzeichnung, die wir mit Nachdruck fordern. PRÄSIDENT LK ÖSTERREICH chen mit massiven Marktverwerfungen zu kämpfen. Diese haben auch uns als bäuerliche Interessenvertretung enorm gefordert. Den großen Rahmen für alle Bestrebungen auf nationaler Ebene bilden die Regelungen auf EU-Ebene. Für die Bäuerinnen und Bauern ist es ein großer Erfolg, dass es gelungen ist, das Foto: LKÖ/APA/Schedl Prioritär galt es, für die betroffenen Sektoren bzw. Betriebe geeignete Hilfsmaßnahmen zu EU-Agrarbudget entgegen den ursprünglich vorgesehenen Kürzungen abzusichern bzw. so- erarbeiten. Mit Entlastungs- und Steuerpaket, Härte- und Hilfsfonds und einem Verluster- gar eine Steigerung zu erreichen. Die Gemeinsame Agrarpolitik soll in Summe umwelt- satz für indirekt betroffene, pauschalierte Betriebe konnten wir wichtige Unterstützungen zur und klimafreundlicher werden. Die umfangreichen Vorleistungen der heimischen Land- und Überbrückung finanzieller Engpässe erreichen. Forstwirtschaft, vor allem in Gestalt des Österreichischen Agrarumweltprogramms, müssen dabei angerechnet werden. Die GAP-Weiterentwicklung findet im Lichte des „Green Deal“ Darüber hinaus haben wir mit der Regierung ein Forstpaket bzw. einen Waldfonds in noch statt, der mit „Fark2Fork-„ und „Biodiversitätsstrategie“ zwar einen Ausbau der Versorgungs- FERDINAND LEMBACHER nie dagewesener Höhe von 350 Mio. Euro geschaffen, um massiv vom Borkenkäfer geschä- sicherheit, gleichzeitig aber auch Betriebsmittel-Reduktionen und Außer-Nutzung-Stellungen GENERALSEKRETÄR LK ÖSTERREICH digte Betriebe wieder zu motivieren, ihre Wälder zu bewirtschaften und in ihrer Leistungsviel- vorsieht. Das steht für uns in krassem Widerspruch und wird uns 2021 ebenso weiter fordern falt zu erhalten. Wirtschaftsbelebung und Klimaschutz gehen dabei Hand in Hand, und das wie die vorgegebenen Anpassungen in der Biolandwirtschaft auf europäischer und dadurch Forstpaket ist somit eine Win-Win-Situation nicht nur für die Forstbetriebe, sondern für unser auch nationaler Ebene. gesamtes Land und die kommenden Generationen. Wenn wir den Klimasünder Nr. 1, die fos- silen Energieträger, durch erneuerbare ersetzen, schützen wir dadurch nicht nur unsere Res- Die Agrar- und Forstbranche und die Landwirtschaftskammer Österreich als deren Interes- sourcen, sondern die gesamte Lebensvielfalt. senvertretung mussten 2020 ein breites Spektrum an Themen bewältigen. Gleiches gilt für den Bildungs- und Beratungsbereich. Durch die notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen Neben all den Hilfsmaßnahmen gilt es in Corona- und Klimakrise auch, die Chancen zu er- waren wir gefordert, ein umfangreiches Präsenzangebot noch stärker ins Netz zu verlagern kennen und zu nützen. Eine zentrale Antwort dazu lautet Regionalität. Wie schon lange nicht und die Online-Möglichkeiten zu forcieren. Wir werden in Zukunft darauf aufbauen können. mehr ist den Menschen bewusst geworden, dass die heimische Versorgung mit Qualitäts- lebensmitteln, nachhaltigen Rohstoffen und Energie ein entscheidender Sicherheitsfaktor für Wir hoffen, dass dieser Jahresbericht einen interessanten Einblick in die vielfältige Tätig- die Zukunft ist. Diese wiederaufgeflammte Wertschätzung konnten wir mit einer WIFO-Stu- keit unseres Hauses bietet und bedanken uns bei allen Partnerorganisationen für die gute die untermauern. Diese belegt, dass viele Arbeitsplätze und hohe Wertschöpfung entstehen, Zusammenarbeit. wenn importierte Lebensmittel durch regionale ersetzt werden. Als Landwirtschaftskammer Österreich werden wir jedenfalls auch 2021 unser Bestes geben, Wir stehen nicht nur in Kontakt mit der Regierung und führen einen verstärkten Dialog mit um den österreichischen Bäuerinnen und Bauern sowie den Forstwirtinnen und Forstwirten der Bevölkerung, wir führen auch intensive Gespräche mit dem Handel unter dem Motto verlässliche Wegbereiter und -begleiter zu sein! „mehr Regal für Regional“. Wir fordern verlässliche Partnerschaften, einen kostengerechten Wertschöpfungsanteil und faire Geschäftsbedingungen. Der Erfolg der Direktvermarktung Eine interessante Lektüre wünschen bzw. anderer, innovativer Absatzwege zeigt, dass der direkte Kontakt mit den Verbrauchern höhere Wertschöpfung ermöglicht. Wir wollen bäuerliche Betriebe und Organisationen dabei unterstützen, den Markt wieder eigenverantwortlich zu bearbeiten. Mehr bäuerliche Selbst- Josef Moosbrugger Ferdinand Lembacher bestimmung ist gefragt. Präsident LK Österreich Generalsekretär LK Österreich
3 1 LK Österreich Schwerpunkt & Kampagnen Österreichs Land- und Forstwirtschaft 1 EU und Internationale Beziehungen 48 Österreichs Land- und Forstwirtschaft Leistungen & Produkte GAP-Reform und Green Deal Ländliche Entwicklung MFA 50 52 Leistungen und Produkte Bildung und Beratung 54 Innovation und Digitalisierung 56 Agrarmärkte in Zeiten der Covid-19-Pandemie 8 Österreichs Bäuerinnen und Bauern sorgen Tag für Tag für Digitale Bildung 60 Feldfruchternte 12 einen reichlich gedeckten Tisch. Sie garantieren Qualität, Österreichische Bäuerinnen 62 Obstbau 16 Studie „Bedarf an Bildungsinhalten zu Genuss, Sicherheit und Vielfalt. Sie liefern aber auch verläss- Gemüsebau 18 Lebensmitteln, Ernährung und Konsum“ 64 lich Wärme aus erneuerbaren, regionalen Energieträgern. Gärtnereien und Baumschulen 22 Landjugend 66 Im Ausnahmejahr 2020 wurden diese wichtigen Weinbau 24 Rechts- und Umweltpolitik 68 Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft Direktvermarktung 26 Sozial- und Steuerpolitik 73 unter besonders schwierigen Bedingungen erbracht: Almwirtschaft 27 Webportal lk-online 79 Nicht nur die Corona-Krise stellte eine extreme Forstwirtschaft 28 Gut zu Wissen – Herkunftsinitiative 80 Herausforderung dar, auch der Klimawandel sorgte Waldfonds – Zukunftsinvestitionen in Wald und Klima 30 Öffentlichkeitsarbeit 81 für Probleme, vor allem im Pflanzenbau und in der Energie 32 Forstwirtschaft. 2 Österreichs Land- und Forstwirtschaft Daten & Fakten 4 LK Österreich Aufgaben & Mitglieder Struktur, Aufgaben und Ziele der Kammerorganisation Mitglieder 86 88 Agrarstrukturerhebung 2020 36 Präsidium 89 Bedeutung der Landwirtschaft in Österreich 38 Landwirtschaftskammer Österreich 89 Corona verändert das Einkaufsverhalten 38 Fachorganisationen 89 Agrar- und Lebensmittelexporte 39 Organigramm der LK Österreich 91 Wertschöpfungskette von Agrargütern und Lebensmitteln 39 Impressum 92 Tierhaltung 40 Selbstversorgungsgrad 42 Forst- und Holzwirtschaft 44 Anteil der landwirtschaftlichen Rohstoffkosten 46 7
Der erste Ansturm auf die Lebensmittelregale führ- vom Lebensmittelhandel zu alternativen Quellen bis Agrarmärkte von Covid19- te bei vielen Produkten in den ersten drei Tagen zu hin zur Direktvermarktung (Steigerung um geschätz- Pandemie stark betroffen leeren Regalen bei einer Reihe von Produkten – aller- dings eher logistisch- und nachschlichtungsbedingt te 20%), die Aktionsanteile wurden weniger. Trotz- dem ist der Diskont leicht gewachsen zulasten der als von der generellen Verfügbarkeit her. Das Perso- Supermärkte; Handelsmarken haben tendenziell wei- Der am Freitag, 13. März 2020, verkündete erste nal kam schlicht mit dem Nachlegen oft nicht nach. ter zugelegt - um zwei Prozentpunkte. Lockdown war in vielfacher Hinsicht prägend für Die gute Nachricht: Der von der Bundesregierung viele agrarische Erzeugnisse und Märkte und brachte eingesetzte Krisenstab gemäß Lebensmittelbewirt- Zu wenig Germ ein paar Überraschungen, die so nicht vorhersehbar schaftungsgesetz zeigte anhand der Versorgungsla- Absatz von Bioprodukten erreicht Zu wenig Hefe für die Herstellung von Gebäck oder Brot, war waren. Erstmals und schlagartig nach Jahrzehnten ge für interne Zwecke klar, dass es in Österreich in neue Höchstwerte eines der sichtbaren Zeichen dafür, dass sich die Koch- und fast allen Bereichen der Wertschöpfungskette aus- war wieder ein mehrtägiger bis wöchentlicher Essgewohnheiten bis ins Jahr 2021 verschoben haben: reichende Versorgungssicherheit zu jedem Zeitpunkt Im Jahr 2020 wurde auch erstmals die Schallmauer ■ 39% arbeiten nicht, sondern sind immer zuhause Lebensmittelvorrat im Haushalt gefragt. Auch wenn gegeben hat. Die Vervielfachung des kurzfristigen von 10% Bio-Marktanteil an den gesamten Lebens- (Pensionisten) Basisversorger wie Lebensmittelhandel, Apotheken Toilettenpapier-Absatzes mag als Anekdote in die Ge- mitteleinkäufen im LEH durchbrochen. Auch die On- ■ 40% haben coronabedingt zuhause gearbeitet, 44% von und Drogerien oder Wasser- und Energieversorger schichte eingehen und ist wohl darauf zurückzufüh- line-Einkäufe sind gestiegen, aber bei weitem nicht diesen wollen weiterhin zuhause arbeiten nicht von Schließungen betroffen waren, die Angst ren, dass eine moderne Zivilgesellschaft den Um- so dramatisch – man schätzt ein Wertwachstum von ■ berufstätig/nicht-berufstätig bestimmt das Kochverhal- um die tägliche Nahrungsversorgung ist als mensch- gang mit Krisen in so individueller Betroffenheit erst 27% im 1. Halbjahr, zum Teil gab es begrenzte Lie- ten, Zuwächse gibt es vor allem bei Fleisch, Gemüse und wieder erlernen muss. So stieg der H-Milch-Absatz ferkapazitäten und Zuwächse vor allem bei Frische. Sterilprodukten licher Urinstinkt noch nicht erloschen. (bei ca. einem Fünftel Marktanteil) um 61% im März, ■ viele Menschen wollen das Kochen beibehalten. war dann aber rasch wieder rückläufig (im 1. Halbjahr: + 17%), bei zusätzlich deutlich höherer Käuferreich- Herkunft und Regionalität gewinnen weite von 36 auf 44%. Frischmilch dagegen zeigte an Bedeutung einen weiteren Absatzrückgang, während die Milch- glasflasche in den letzten zwei Jahren überhaupt ein Die Konsumtrends zeigen aber auch: Herkunft und Revival erlebte. Das stärkste Wachstum war bei Piz- Regionalität sowie Österreichqualität sind bis heute za-Käse (+60%) festzustellen, vor allem durch die viel wichtiger geworden, auch Konsumenten aus un- größere Käuferreichweite und eine Steigerung der teren Einkommensschichten achten auf das Kleinge- Verwendungsintensität. druckte auf Lebensmitteln. Die Befragungen zeigen durchaus langfristige Absichten: der Begriff „Nach- Der Absatz von Frischeprodukten im Lebensmittel- haltigkeit“ wurde wichtiger, 20 bis 30% achten mehr handel allgemein stieg im 1. Halbjahr 2020 laut Key- auf Herkunft, regional, bio, GVO-frei. Quest mengenmäßig um 21% und wertmäßig um 17%. Vor allem haltbare Produkte waren gefragt, ein geändertes Einkaufsverhalten v.a. bei jüngeren Haus- halten (weil keine Gastro), eine leichte Verschiebung 8
Des einen Freud, des andern Leid Milch stabil in schwierigem Umfeld Die Unsicherheiten auf den Agrarmärkten rund um Brexit und die Handelsbeziehungen mit Großbritan- Der Gastro-Großhandel ist anhaltend geprägt durch Die Milchanlieferung an die Molkereien ist im Kalen- nien mögen zwar nicht förderlich für eine stabile bis extremen Schaden aufgrund der Corona-Krise, wo- derjahr 2020 um 0,38% gesunken, gerade Molkerei- gute Preisentwicklung in einigen Sektoren gewesen Rindfleisch bei etwa Rindfleisch stärker davon betroffen war – en, die im Gastro- oder Tourismusbereich stark ver- sein – immerhin ist das Vereinigte Königreich Net- war einer der leidtragenden hier sind die Verbrauchsanteile in den Bereichen Gas- wurzelt waren, führten daher vorübergehend Milchlie- toimporteur in wichtigen Agrarbereichen; der be- Sektoren 2020, vor allem bedingt tronomie, Tourismus und Gemeinschaftsverpflegung ferreduktions-Modelle ein. Die Zahl der Milchlieferan- fürchtete Crash ist jedenfalls ausgeblieben. Das Jahr dadurch, dass die Verzehr- wesentlich stärker gesunken, da der Verkaufszu- ten ging 2020 um 3,8% zurück, der durchschnittliche 2021 startete sogar mit festeren Preisen bei Acker- gewohnheiten in Normalzeiten wachs im Lebensmitteleinzelhandel bei Rindfleisch Erzeugermilchpreis betrug 37,74 Cent/kg. Die Einfüh- kulturen und Schweinefleisch. anders sind als in Homeoffice- nicht wettgemacht werden konnte im Vergleich zu rung der privaten Lagerhaltung im 2. Halbjahr trug zur Zeiten: Statt Rindfleisch wird Geflü- Eiern und Geflügel. Stabilisierung des Marktes bei und hielt sich EU-weit gelfleisch gekocht oder es werden auf insgesamt niedrigem Niveau, die stabile Konstan- Einige Sektoren negativ betroffen Convenience-Waren aufgewärmt. Das ist mit einer der te war auch in diesem Bereich der Exportmarkt. Gründe, warum jetzt stärker in die Produktion von Qualitäts- rindfleisch- und -kalbfleisch investiert wird. Schweinesektor in extrem Eine ähnliche Situation zeigte sich bei Frischeiern aus schwierigem Umfeld Bodenhaltung, Speisekartoffeln oder Wein: Der Aus- Internationale Agrarmärkte profitieren fall von Gastronomie und Tourismus führte zu Nach- Der Schweinesektor hatte 2020 mit Mehrfachbelas- von Corona-Pandemie frageverschiebungen und -rückgängen gleicherma- tungen zu kämpfen: Eine EU-weit steigende Erzeu- ßen, daher ergab sich die Notwendigkeit von Son- gung wurde durch akuten Nachfrageeinbruch co- Auf den internationalen Agrarmärkten und Börsen dermaßnahmen für einzelne besonders betroffene ronabedingt preismäßig zurückgeworfen. Ab Herbst gab es im Zuge der Corona-Pandemie mehrere un- Bereiche im Zeitraum 4. Quartal 2020 bis 1. Quartal 2020 wurde die Branche durch rund 300 Fälle von terschiedliche Reaktionswellen: Eine Reihe von gro- 2021. Afrikanischer Schweinepest in Deutschland und die ßen Importstaaten in Asien, im Nahen Osten oder in Das Problem dabei waren Nachfragerückgänge damit verbundenen Exportstopps in Drittstaaten und Russland deckten sich sicherheitshalber mit Agrar- aus Industrie, Gastronomie, Tourismus und Absatz- das daraus resultierende Überangebot in ein extre- rohstoffen ein oder verhängten sogar Exportsteuern. schwächen im Handel, wobei vorrangig Direktbeihil- mes Preistief gestoßen – von 1,80 auf 1,20 Euro/ Dem zugrunde lag primär der staatliche Interventi- fen als Lösungsansatz 2021 im Vordergrund standen. kg Schlachtgewicht, in mehreren Stufen zwischen onsgedanke, in Zeiten einer im Jahresverlauf 2020 Zum Schluss die positive Nachricht: Die österrei- dem 1. und 4. Quartal 2020 absteigend. Bei stabilen noch nicht abschätzbaren Entwicklung der Pandemie chische Geflügelwirtschaft ist 2020 um fast 9% ge- Schlachtungsziffern von 5 Mio. Stück waren die Ein- zumindest ausreichend Vorsorge für die Ernährung wachsen – mit der Strategie „Wachstum mit Regio- fuhren von Schweinefleisch um rund 10% rückläufig, der jeweils eigenen Bevölkerung zu treffen. Umge- nalität und Qualität aus Österreich“. während die Ausfuhren mit rund 127.000 t relativ sta- legt auf die EU- und nationalen Märkte hat sich die bil blieben. EU-weit erreichten die Schweinefleisch- stabile bis gute Entwicklung der internationalen No- exporte in Drittstaaten sogar ein neues Rekordniveau tierungen zumindest stabilisierend ausgewirkt. von 5,4 Mio. t (+19%) – wohl auch eine Folge des niedrigen EU-Preisniveaus. 10 11
Weitere Flächenverschiebungen Wintergerste konnte auf 103.473 ha zulegen, die auf- Feldfruchternte unter bei Getreide grund der besseren Möglichkeit zur Nutzung der Win- schwierigen Verhältnissen Die größten Auswirkungen auf die Verschiebungen terfeuchte besser mit Trockenheit zurechtkommt. Die Roggenfläche nahm um 1.096 ha auf 26.887 ha ab, in der Getreideproduktion haben sich bereits beim Triticale verzeichnete ebenfalls ein Minus, es wurden Gedteideversorgung sicher Bäuerinnen und Bauern sorgen auch in Krisenzeiten Anbau ergeben. Die Veränderungen der Klima- und 41.786 ha angebaut. Die Körnermaisfläche reduzier- Die COVID19-Krise bestätigte die hohe Resilienz des öster- für eine sichere Ernte, ein Faktum das selten so Witterungsbedingen veranlassten die Landwirte, sich te sich im Vergleich zum Vorjahr - nach einer stetigen reichischen Getreidesektors entlang der gesamten Wert- deutlich wurde wie im Jahr 2020. Die Getreideernte beim Anbau für solche Kulturen zu entscheiden, die Zunahme in den letzten Jahren. Körnermais war auch schöpfungskette. Die Versorgung mit Getreide(erzeugnissen) stellte die Bauernfamilien vor besonders große mit diesen Bedingungen besser zurechtkommen. In jene Kultur, für die die Witterung 2020 am besten ge- war während der deutlich gesteigerten Haushaltseinkäufe Herausforderungen. Notwendige Arbeiten mussten Summe konnte nach der Getreide- und Maisernte passt hatte, so konnte ein Rekord-Durchschnittser- zu jedem Zeitpunkt sichergestellt. Entscheidend war auch eine positive Bilanz gezogen werden, die Produktion trag von 11,65 t/ha verzeichnet werden. die Aufrechterhaltung des Personen- und Transportverkehrs. trotz Corona-Pandemie zeitgerecht erledigt werden, erhöhte sich auf 5,55 Mio. t. Manche Bereiche waren stärker betroffen, wie der Markt für aber auch die klimatischen Veränderungen forderten Speisekartoffeln, wo Nachfrageverschiebungen und Verantwortlich für die Produktionssteigerungen wa- die Landwirte sehr, allen voran eine ungünstige ren vor allem die trotz geringerer Fläche gesteigerte Gewinner und Verlierer bei Öl- und -rückgange den Ausfall von Gastronomie und Niederschlagsverteilung und lange Trockenperioden. Tourismus nicht durch den Privatkonsum Maisernte von 2,37 Mio. t, die auf 1,59 Mio. t erhöhte Eiweißpflanzen ausgleichen konnten. Die ausgiebigen Niederschläge und gemäßigten Weizenproduktion und auch die mit 716.000 t höhere Sommertemperaturen im Juni konnten die prekäre Wintergerstenernte. Die flächenmäßig großen Gewinner waren vor allem Die Weizenfläche folgte dem Trend der letzten Jah- Ölkürbis und Sonnenblume. Sonnenblume profitier- Niederschlagssituation bis Mitte Mai jedoch in re und nahm um weitere 2.119 ha auf 246.106 ha ab. te einerseits vom Umbruch der Zuckerrübe als auch vielen Gebieten ausgleichen. Der Sommer verlief Anteilsmäßig stärker betroffen war die Sommergers- von guten Erfahrungen aus 2019, es wurden 23.525 wechselhaft, bis im Herbst anhaltende Niederschläge te. Wie schon im letzten Jahr ist die Anbaufläche mit ha, um 2.323 ha mehr als im Vorjahr vor allem im die Herbsternte und den Anbau vieler Winterkulturen 31.308 ha auf einem neuen historischen Tiefstand an- niederösterreichischen Trockengebiet angebaut. Die erschwerten. gelangt. Die Sommergerste kam schon in den letz- Wachstumsbedingungen waren aber für die Son- ten Jahren nur schwer mit der Trockenheit im Früh- nenblume weniger optimal und der Durchschnittser- jahr zurecht, die Qualitätsansprüche für Braugerste trag lag mit 2,39 t deutlich unter dem Vorjahr. Am werden teilweise nur auf den besten Böden erreicht, deutlichsten aber, mit +41,1% mehr Anbaufläche als aber die ersten Ergebnisse der im Herbst angebauten 2019 und insgesamt 35.584 ha, konnte Ölkürbis vor Sommergerste sind vielversprechend, es wird auch allem in den Hauptanbaugebieten Niederösterreich hier an Lösungen gearbeitet. und der Steiermark zulegen. 12 13
Die Sojabohne litt ebenfalls unter den teils widrigen setzten die Landwirte ein deutliches Signal hinsicht- Im Spannungsfeld zwischen Bedingungen (z.B. Regenfälle während der Blüte) lich der Bedeutung der Zuckerrübe in der Fruchtfolge. Wunsch und Wirklichkeit und lag ertragsmäßig mit 29,6 dt/ha unter dem Vor- Aufgrund der Witterung gab es 2020 größere Erdäp- Im Jahr 2020 sorgte nicht nur die Corona-Krise dafür, dass die jahr. Vor allem im Hauptanbaugebiet Burgenland gab fel als üblich. Darüber hinaus machte das verstärk- zahlreichen bestehenden Spannungsfelder zwischen den Er- es Mindererträge, während Niederösterreich leicht te Auftreten von Drahtwurmbefall erneut zu schaf- wartungen von NGOs, Umwelt- und Tierschützern, politischen über dem schwachen Vorjahresergebnis lag. fen. Der wesentlichste Schädling war auch 2020 Parteien, Konsumentenschützern einerseits und der Realität Die Rapsfläche hat auch 2020 stark abgenommen auf wieder der Drahtwurm. Dessen Bekämpfung ist eine der bäuerlichen Betriebe andererseits noch offensichtlicher zu- 31.732 ha. Eine der wesentlichsten Eiweißpflanzen sehr komplexe Herausforderung, durch den Wegfall tage traten. Die folgenden Beispiele sollen dieses Auseinan- verlor somit weiter an Boden, was im Hinblick auf die von wirksamen Pflanzenschutzmitteln werden Alter- derklaffen von Wunsch und Wirklichkeit aufzeigen. heimische Eiweißversorgung schmerzt. Körnererb- nativen gesucht, die bisher nur sehr unzuverlässig se konnte gegenüber 2019 flächenmäßig auf niedri- wirken. gem Niveau auf 5.648 ha leicht zulegen, der Durch- Wunsch Wirklichkeit schnittsertrag war jedoch wieder niedriger zum Vor- Keine Pflanzenschutzmittel Solange es tierische Schädlinge und Pilzkrankheiten gibt, braucht es jahr, Ackerbohne ging auch flächenmäßig etwas zu- Marktentwicklung unter Covid-Einfluss mehr einsetzen auch Pflanzenschutz, wenn Qualität und Quantität stimmen sollen rück auf 5.531 ha. Mit beginnender Covid19-Pandemie waren vor allem Die Landwirtschaft zur Gänze Der Anteil von Biolebensmitteln im Handel beträgt 10%, während- aufgrund von Panik-, Hamster- und Vorziehkäufen auf Bio umstellen dessen die Erzeugung in Österreich bereits auf ca. 26% der Flä- che stattfindet. Der Markt entscheidet, ob in Zukunft ein weiteres Schädlingsdruck steigt durch und der hohen Nachfrage im Privatsektor kurzfristig Wachstum überhaupt sinnvoll und notwendig ist. Klimaänderung weiter an Engpässe zu befürchten. Um die Märkte zu beobach- ten, wurden diverse Krisenstäbe von öffentlicher Sei- Glyphosat in Österreich Österreich hat Glyphosat bereits teilweise in der Lebens- und Futter- Vom erhöhten Schädlingsdruck war 2020 vor allem te eingerichtet. Im Fokus stand dabei die Situation in verbieten mittelproduktion verboten, in Importprodukten aus Europa und Über- wieder die Zuckerrübe schwer betroffen - durch die den Bundesländern und in den einzelnen Branchen. see ist das nicht der Fall Frühjahrstrockenheit und vor allem durch das da- Vor allem ging es auch um die Erhebung der Lager- Tiertransporte stoppen Österreich exportiert seit mehr als einem Jahrzehnt keine Schlacht- mit verbundene Auftreten von Rübenderbrüsselkä- bestände, um die Versorgung sicherzustellen. Durch tiere mehr in Drittstaaten. Und Zuchtrinder werden immer so scho- fer, Erdfloh und Blattläusen. Große Teile der Zucker- den Wegfall des Gastro- und Tourismusbereiches er- nend transportiert, dass sie wohlbehalten am Zielort ankommen – im rübenflächen mussten aufgrund von Schädlingsfraß gab sich auch eine geänderte Nachfrage, was teilwei- beiderseitigen Interesse. umgebrochen werden, 2020 waren es fast 8.000 ha, se zu Engpässen vor allem bei Verpackungsmateriali- Gentechnikfreiheit in die GVO-Freiheit ist in Österreich in den meisten Produktionssparten der die bereits angebaut waren, abgefressen wurden en für die im Privatbereich erforderliche Produktgrö- Verfassung Landwirtschaft die Norm – bei bestimmten Produkten (Sojafutter- und wo dann anstatt Zuckerrübe andere Kulturen an- ßen und -einheiten führte. mittel) ist sie jedoch teurer oder gar nicht machbar. Wo geht es nicht gebaut wurden. Mitte September wurde der „Pakt mehr ohne Gentechnik: Medizin, Impfstoffe, Vitaminproduktion usw. zur Rettung des heimischen Zuckers“ unterzeichnet, Nur mehr höchste Tierwohlstan- Hohe Standards bedeuten meist höhere Kosten, die Produkte wer- mit dem Ziel, die Zuckerproduktion in Österreich ab- dards in Österreich den dann aus anderen Ländern importiert, wenn die Tierhaltung im zusichern und die Zuckerfabrik Leopoldsdorf zu er- Inland verschwindet. Bestes Beispiel wo das schon so ist: Kalbfleisch halten. Mit mehr als 38.000 ha kontrahierter Fläche Verpflichtende Herkunftskenn- Das EU-Recht lässt derzeit nur einen begrenzten Spielraum für eine zeichnung der Rohstoffe für alle verpflichtende Kennzeichnung zu. Gerade Österreich ist aber eines Lebensmittel der besten Beispiele, wie freiwillig – z.B. mit dem AMA-Gütesiegel – Herkunft und Qualität ausgezeichnet werden. 14 15
Die Corona-Pandemie hat ein ausgeprägteres Ge- Hauptproblem Personalverfügbarkeit Obstbau sundheitsbewusstsein bei den Konsumenten er- zeugt, was teilweise zu hohen Abnahmemengen Die ausreichende Verfügbarkeit von Saisonarbeitern Nach dem bereits angebotsschwachen Jahr 2019 führte. Im Vergleich mit den Vorwochen wurde Mit- beziehungsweise Erntehelfern war wegen der zwi- gab es 2020 in der EU durch Frühjahrsfröste und te März 2020 bei Äpfeln - hervorgerufen durch star- schenstaatlichen Reise-Restriktionen das befürchte- ke Einlagerungsaktivitäten der Konsumenten - um te Hauptproblem. Durch den frühen Zeitpunkt des alternierende Erträge wieder eine unterdurchschnitt- etwa 50% mehr Ware abgesetzt. Alles in allem wur- Auftretens der Krise im Berichtsjahr war der Obstbau liche Apfelernte von 10,7 Mio. t, welche aber gut der den im März um 33% mehr Tafeläpfel verkauft als aber in den ersten Wochen der Pandemie noch nicht Markt-Nachfrage entspricht. Geräumte Lagerbestän- im korrespondierenden Vorjahreszeitraum. National so stark von diesem Problem der Krise betroffen wie de der Saison 2019/20 und überschaubare Zufuhren und international zeigte der Nachfrage- und Preis- etwa der Gemüsebau. aus Übersee ermöglichten einen guten Start der trend eine positive Entwicklung. Die Versorgungsla- Apfelbranche und lassen insgesamt auf eine ge bei den Äpfeln war anhaltend gut, Engpässe nicht Situation bei der Obstverarbeitung zu befürchten. zufriedenstellende Apfel-Saison 2020/2021 hoffen. Die Gastronomie und Hotellerie als starker Abneh- Spätfröste führten auch beim Steinobst in Österreich mer von Obstverarbeitungsprodukten ist weitge- und in der EU zu größeren Ausfällen, was sich güns- hend ausgefallen. Ab Hof-Läden wurden unter ge- tig auf die Preissituation auswirkte. Beim Beeren- wissen Voraussetzungen wie z.B. gute Verkehrslage, obst war die Nachfrage vor allem nach regionaler ein umfangreiches Angebot, eine schon bestehen- Ware sehr gut, was die Preise festigte. de gute Kundenbindung (Stammkunden) und Selbst- bedienungsmöglichkeit (regionales und kontaktlo- ses Einkaufen) sehr gut angenommen und konnten so zu sehr gefragten Nahversorgern werden. Die Di- rektvermarkter sind verstärkt auf Bestellmöglichkeit im Internet und Abholung oder auch Lieferservice umgestiegen. 16 17
Daneben kann die Marktsituation für die heimische Viele Betriebe haben mit familieneigenen Arbeitskräf- Gemüsebau Gemüseproduktion als insgesamt positiv betrachtet ten, mit Nachbarschaftshilfe, mit Personen, die auf- werden. Pandemie und Lockdown erzeugten ein hö- grund von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit zur Verfü- Der Saisonstart im Freiland-Gemüsebau und die heres Gesundheitsbewusstsein, mehr Interesse am gung standen und Hilfe angeboten haben, Lösungen Thema Regionalität und forcierten den Absatz vieler erzielt. Die intensiven Bemühungen um Kooperation Generierung österreichischer zunehmenden Grenzschließungen in Europa und der in den letzten Jahren in Vergessenheit geratener Pro- mit Landwirtschafts- und Außenministerium, den ös- Arbeitskräfte mittels Arbeitskräfte- Welt fielen 2020 exakt zusammen. Der Sektor war dukte. Der langjährige positive Trend der Flächenzu- terreichischen Botschaften vor Ort, dem Innen- und Vermittlungsplattform: und ist dominiert vom Thema der Verfügbarkeit und nahme auf inzwischen mehr als 19.500 ha und einer dem Gesundheitsressort haben die Situation auf ein Die Bereitschaft der österreichischen Bevölkerung, hier kurzfris- den Einreisebedingungen für Mitarbeiter. Jahresproduktion von ca. 645.000 t Gemüse hält an. Fehlen von nur etwas mehr als 4% an Arbeitskräften tig zu unterstützen, zeigt das große Interesse und das Verständ- Die Versorgungssicherheit mit heimischen Gemüse- im 2. Quartal 2020 reduzieren können. nis für die Abhängigkeit in der Produktion von arbeitsintensi- produkten war durchgehend gegeben. ven Kulturen. Insbesondere für Betriebe mit begrenztem Bedarf Dennoch hat die Schließung der Gastronomie für ei- konnte hierbei ein wichtiger Nutzen erzielt werden. Bei größe- nige Produkte zu intensiven Verwerfungen geführt. Schlechte Verfügbarkeit rer Mitarbeiteranzahl ist insbesondere die Einarbeitungsphase Trotz Ausbau von Ab-Hof-Vermarktung, Abo-Ange- und die Kurzfristigkeit für diese Form der Vermittlung boten und zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften hat sich in den an Grenzen gestoßen. Insgesamt konnten einige konnten einige Produkte wie etwa Spargel, Frisch- letzten Jahren zunehmend verschärft. Das Anwerben Hundert Mitarbeiter auf Betriebe vermittelt werden. kräuterproduktion oder auch spezielle Gastroproduk- in den neuen Mitgliedsstaaten, als wichtige Herkünf- te (und Vermarktungsgrößen) nicht alle Ausfälle der te von Arbeitskräften, wird aus Gründen des wirt- Gastronomie am Frischmarkt wettmachen. schaftlichen Aufschwungs und der starken Lohnstei- gerungen vor Ort schwieriger und der Wettbewerb um Arbeitskräfte nimmt zu. Hohe Lohnnebenkosten Covid-19 sorgt für Mangel an Arbeitskräften und niedrige Netto-Löhne der Arbeitskräfte verschär- fen die Situation zusätzlich. Insbesondere birgt die Mit Einsetzen der Verunsicherung im Frühjahr 2020 hohe Abhängigkeit von Mitarbeitern ein hohes Risi- im Umgang mit der Pandemie haben alle Länder in kopotenzial, die erschwerten Covid-Reisebedingun- Europa und darüber hinaus Schutzmaßnahmen ent- gen für Einreisende und Pendler machen die Abhän- wickelt. Diese führten unter anderem zu einer Ver- gigkeit, unter anderem vom Saisonkontingent, deut- hinderung bzw. Einschränkung der Reisemöglichkeit lich (siehe auch Sozial- und Steuerrecht) von Arbeitskräften, unter anderem in der Landwirt- schaft. Im April 2020 haben in den Bundesländern un- terschiedlich, aber bis zu 20% an geplanten Arbeits- kräften für den Zeitraum noch gefehlt. Dies mach- te eine Risikoabschätzung der Betriebe hinsichtlich Produktionsstart, Kulturwechsel oder auch Ausdeh- nung der Bemühungen um Arbeitskräfte notwendig. 18 19
Einreisesituation für Fremdarbeitskräfte konnte durch Projekte wie Plattform oder Flugeinrei- Landwirtschaftliche Quarantäne sen unterstützt werden und das letzte Drittel konnte 80% aller Fremdarbeitskräfte in der Landwirtschaft mittels Einreiseberatung die Einreise ihrer Mitarbei- Insbesondere im Zusammenhang mit der Einreise kommen, in absteigender Reihenfolge, aus Rumäni- ter ermöglichen. von Fremdarbeitskräften konnte schon im April 2020 en, Ungarn, Polen, Slowakei, Slowenien und der Uk- Die zusätzliche Suche nach Arbeitskräften, die Or- die Information von BMLRT, BMGSPK und LKÖ zur Screenings raine. Hierbei handelt es sich um Pendler mit regel- ganisation der Einreise und die Umsetzung von Co- Erfüllung von Quarantäneauflagen am Betrieb kom- Darüber hinaus konnte schon im Sommer landwirtschaftlichen mäßiger Grenzüberschreitung oder Mitarbeiter mit vid-Maßnahmen hat insbesondere bei mitarbeiterab- muniziert und damit die Vorgaben der landwirtschaft- Betrieben Zugang zum kostenlosen Screening-Programm der längerfristigen Beschäftigungsverhältnissen. hängigen Betriebsstrukturen zu einer deutlichen Auf- lichen (Arbeits-)quarantäne umgesetzt werden. AGES hinsichtlich eigener Absicherung des Betriebes und der Covid-bedingte Reisebeschränkungen und damit ein- wandserhöhung geführt. Die Raschlebigkeit der je- Mitarbeiter allen Landeskammern angeboten werden. hergehenden Quarantäneauflagen im Transit- und weils aktuellen Rechtslage in den Herkunftsländern Mit der Klarstellung, dass landwirtschaftliche Betriebe und ihre Einreiseland machten eine rasche und lösungsori- sowie in Österreich hat die Verunsicherung maßgeb- Ausblick 2021 Mitarbeiter an allgemeinen Teststraßen und in Apotheken entierte Zusammenarbeit zwischen Ministerien und lich intensiviert. Waren es zunächst Sondergeneh- Zugang zu Covid-19-Testmöglichkeiten finden, war ein weiterer den Landeskammern notwendig. Rasch veränder- migungen zur Einreise, im Laufe des vergangenen Die aktuelle Covid-19-Situation und die damit bedingt wichtiger Schritt in der Gewährleistung der beruflichen Mobilität liche Anforderungen an die Ausreise von Mitarbei- Jahres unterschiedlichste Konstellationen an zu er- anhaltenden Reisebeschränkungen, machen voraus- gegeben. tern aus den Herkunftsländern, Vorgaben entlang der füllenden Bedingungen und Bestätigungen, so sind sichtlich auch im 1. und 2. Quartal 2021 weitere in- Transitroute und die geänderten österreichischen Ein- es heute weitgehend einheitliche Vorgaben mit elek- tensive Bemühungen notwendig. Neben praktikablen reisebedingungen wurden in ihrer Gesamtheit durch tronischer Registrierung einer Einreise mittels Attest Bedingungen für Pendler und Einreisende, sind Test- eigens eingerichtete Landeskoordinationsstellen der oder Testergebnis. Sind diese nicht vorlegbar, be- möglichkeiten und Hygienestandards in der Produkti- Landeskammern bearbeitet. steht eine Quarantäneauflage mit Abbruchmöglich- on unter der Berücksichtigung der jeweils geltenden Einerseits wurden koordinierte Flugeinreisen für keit. Für grenzüberschreitende landwirtschaftliche Maßnahmen-Verordnungen maßgeblich für den Er- mehr als 1.000 Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit Tätigkeiten konnten weitgehend Regelungen mit den folg der Obst- und Gemüsebetriebe relevant. den regionalen Verbänden aus Rumänien, der Ukraine Nachbarländern erreicht werden. und dem Kosovo möglich gemacht und andererseits Beratungsinformationen für Betriebe mit Mitarbeiter- bedarf laufend bereitgestellt. Schätzungen der Obst- und Gemüsebranche gehen von eigenständigen Lö- sungen bei etwa einem Drittel der Betriebe mittels familieneigenen Arbeitskräften, Nachbarschaftshil- fe und weiteren Lösungen aus. Ein weiteres Drittel 20 21
Die verschiedenen Maßnahmen (Lockdowns, Öff- Sorgenkind: Eventfloristik und Gärtnereien und Baumschulen nungsschritte) führten zu unterschiedlichen Situati- Einzelhandel im Krisenmodus onen je nach Produktionszweig, Vertriebsweg und Kundengruppe. Es wurde im normalen Umfang pro- Besonders schwierig war das Jahr für die Produzen- duziert, da zu Saisonbeginn nie klar war, welche Ver- ten von Schnittblumen, da der Absatz aufgrund feh- Das Jahr der Gärtnereien und Baumschulen kaufsbedingungen mehrere Wochen oder Mona- lender Events (Hochzeiten, Feiern, Veranstaltungen war durch die gesetzlichen Maßnahmen zur te später herrschen und welche Mengen benötigt usw.) mit stark reduzierter Personenanzahl sehr ein- Eindämmung der COVID-19-Pandemie geprägt. Der werden. geschränkt war. Positiv ist zu vermerken, dass der „Gartenbaubetrieb“ gehörte während des ganzen Blumenhandel stärker österreichische Schnittblumen Jahres zu den Ausnahmen der verschiedenen Gewinner: Gartenpflanzen und nachgefragt hat. Da Blumenhändler und Floristen ihre Geschäfte während der Lockdowns geschlossen hal- Corona-Notmaßnahmen-Verordnungen und damit Selbstversorgung ten mussten und im Herbst auch click & collect nicht konnten die Gärtnereien und Baumschulen geöffnet Geschlossene Baumärkte, Homeoffice und einge- erlaubt war, brach der Absatz über diese Vertriebs- bleiben. Durch die sich laufend ändernden Rahmen- schränkter Bewegungsradius führten im Frühjahr schiene ein. Schwierig war die Situation für alle gro- bedingungen war zeitgerechte Information durch die 2020 zu sehr guten Verkäufen in Gärtnereien. Ob- ßen Produzenten, die an Baumärkte und Gartencen- Interessenvertretung unerlässlich und wurde durch wohl die Betriebe geöffnet haben durften, wurden terketten liefern, da aufgrund der Lockdowns zwi- die Branche sehr positiv vermerkt. kontaktlose Selbstbedienungszonen eingerichtet schenzeitlich keine Lieferungen möglich waren und und die Zustellung stark ausgeweitet. Viele Online- nicht für die gesamte Produktion andere Vertriebs- shops wurden innerhalb kürzester Zeit gestartet. In wege gefunden werden konnten. Die Kundengrup- einer Befragung von ca. 15% der Betriebe wurde die pe Hotellerie/Gastronomie für Lieferung von Blumen Note 1,7 für die Hauptsaison (April-Juni) vergeben. und Pflanzen für Tischdekorationen etc. brach kom- Auch wenn der Umsatz im März im Vergleich zum plett weg. Vorjahr um 18,4% einbrach, konnten im April und Mai Steigerungen um 32,9% beziehungsweise 21,1% er- reicht werden. Besonders gefragt waren Gemüse- jungpflanzen, Obstgehölze und Stauden. Der Han- del mit Blumenerde erreichte aufgrund geschlosse- ner Baumärkte ungeahnte Höhen. Durch reduzierte Urlaubsreisen und mehr Zeit im Haus herrschte eine starke Nachfrage nach Gartengestaltung, was wiede- rum zu gutem Absatz der Baumschulen und Stauden- gärtnereien führte. Die gute Lage dauerte bis Herbst an, wobei die steigenden Infektionszahlen zu einem schlechten Allerheiligen-Geschäft führten. Der Ab- satz erholte sich im Advent jedoch wieder. Beson- ders gefragt waren DIY-Sets mit gebunden Reisig- kränzen, Dekomaterial und Kerzen. 22 23
Weinland Österreich 46.500 Hektar Rebfläche 2,3 Mio. Hektoliter Ernte 2019 Auswirkungen der Pandemie Nachhaltig Austria 64 Mio. Liter Export 2019 Weinbau Die Covid-19-Pandemie sorgt seit Mitte März 2020 Auch im Bereich der biologischen Wirtschaftsweise 33% rot 14% Zweigelt 6,5% Blaufränkisch Österreichischer Wein ist nicht nur im Inland ein für gravierende Einbußen bei Österreichs Winzern. ist der österreichische Weinbau sehr engagiert. Rund geschätztes Konsumgut, mittlerweile wird er in Die einzelnen Absatzkanäle im In- und Ausland sind 15% der österreichischen Rebfläche werden biolo- 67% weiß 31% Grüner Veltliner immer mehr Länder weltweit exportiert. Der Anbau dabei sehr unterschiedlich betroffen. Während der gisch bewirtschaftet. 7% Welschriesling Lebensmitteleinzelhandel große Umsatzzuwächse Daneben hat der Österreichische Weinbauverband von Weinreben konzentriert sich auf gemäßigte, klimatisch begünstigte Regionen, vor allem im Osten verzeichnen konnte, wurde die Gastronomie von der vor einigen Jahren ein Programm in Form eines On- 4.000 Flaschenabfüller Corona-Krise besonders hart getroffen line-Tools für nachhaltig produzierten Wein erstellt. des Landes. Auf rund 46.500 ha Rebfläche werden Rund 320 Betriebe, das entspricht 12,4% der ge- durchschnittlich 2,3 Mio.hl Wein erzeugt. 80% des Erwartungsgemäß verzeichnete der Heimkonsum samten Weinbaufläche, haben sich bereits im Rah- Weines, der in Österreich konsumiert wird, stammen von Jänner bis Mai gute Zuwachsraten (+23,7%), ba- men dieses Programmes durch unabhängige Kont- sierend auf Steigerungen im Lebensmitteleinzelhan- rollfirmen mit dem Label „Nachhaltig Austria“ zerti- Wein-Heimkonsum Jänner-Mai aus heimischer Produktion. Ein in den letzten Jahren 2020 verglichen mit 2019 in Liter del und Online-Handel. Österreichischer Wein stieg fizieren lassen. steigender Anteil der österreichischen Weinpro- dazu sogar überproportional (+ 30,7%). Wein gesamt duktion wird exportiert. 67% der österreichischen Details und die teilnehmenden Betriebe sind auf der 2020 36.673 +23,7 % Rebfläche sind mit weißen Rebsorten bestockt. Der Die Schließung der Gastronomie, gepaart mit Unsi- Webseite www.nachhaltigaustria.at zu finden. +7.023 Liter 2019 29.650 Rotweinanteil ist in den letzten Jahren auf 33% cherheit über das restliche Jahr hinweg, resultierte angewachsen.. in einer Verminderung des Absatzes österreichischen Weins im Gastronomie-Großhandel von Jänner Österreichischer Wein bis September 2020: -22,2% mengen- und -17,5% 2020 25.930 +30,7 % +6.089 Liter wertmäßig. 2019 19.842 Quelle: GfK Corona-Hilfsmaßnahmen Neben den allgemeinen Hilfsmaßnahmen wurde zur Heimischer Wein in Gastronomie Reduzierung der großen Weinlager, die ihren Grund 2020 verglichen mit 2019 im zusammengebrochenen Corona-Markt, aber auch in den großen Weinernten 2018 und davor hatten, 2020 in Liter Veränderung 2020 in Euro Veränderung eine Destillation von Wein durchgeführt. Insgesamt Jänner 366.129 +0,6% 1.874.103 0,0% Februar 359.320 +2,6% 1.853.726 +5,0% wurden rund 7,7 Mio. Liter Wein des Jahrganges März 183.391 -46,8% 1.007.660 -43,9% 2018 und älter, die am Markt nicht mehr benötigt April 79.506 -74,5% 516.827 -67,6% wurden, weiterverarbeitet. Der dabei gewonnene Al- Mai 171.049 -54,6% 1.041.394 -48,0% kohol wurde vorzugsweise zur Herstellung von drin- Juni 286.368 -21,6% 1.596.363 -10,7% gend benötigten Desinfektionsmitteln verwendet. Juli 384.402 +0,1% 2.013.597 +7,2% August 345.049 -5,4% 1.814.664 +1,8% September 322.253 -7,9% 1.648.127 -4,6% Wein Inland 2.497.466 -22,2% 13.366.461 -17,5% Quelle: Gastrodata, Gastropanel 24 25
Der Trend nach Direktvermarktungsprodukten wurde Das alles überschattende Thema des Jahres 2020, Direktvermarkter als 2020 besonders bestärkt. Rund 10% der Verbraucher Almwirtschaft die Corona-Krise, stellte auch die Almbewirtschaf- Aushängeschild in der sagen, sie kaufen seit der Corona-Krise mehr Ab Hof und direkt beim Bauern ein. Im ersten Halbjahr 2020 Im Jahr 2020 wurden österreichweit auf einer ter vor große Herausforderungen. Die Unterstützung der Interessenvertretung bei Einreiseschwierigkeiten Corona-Krise stieg der Einkaufswert um mehr als 30%. Nettofläche von rund 311.000 ha, verteilt auf von teils dringend benötigten ausländischem Almper- knapp 8.100 Almen mehr als 302.000 Rinder, sonal und bei Fragen rund um die Bewirtschaftung Durch die Corona-Krise wurde vielen Konsumen- Jedoch erlebten Direktvermarkter Höhen und Tie- von Almhütten hat dazu beigetragen, dass es trotz 110.000 Schafe sowie 12.000 Ziegen gehalten. tinnen und Konsumenten bewusst, wie wichtig die fen gleichzeitig. Während des ersten Lockdowns ha- der Umstände für die meisten Betriebe ein guter ben Gemeinden Bauernmärkte untersagt, während Die Tiere stammen von rund 25.000 Betrieben. Die Almsommer wurde. Landwirtschaft für die Lebensmittelversorgung ist. Supermärkte selbstverständlich geöffnet waren. Di- Almwirtschaft als das „oberste Stockwerk“ der Wesentlich mehr heimische Gäste und nach Öffnung Auf die Frage (AMA-Studie) nach der Bedeutung rektvermarkter wussten nicht, wo sie die für Os- österreichischen Landwirtschaft ist multifunktional, der Grenzen dann auch wieder zahlreiche Touristen der Versorgungsleistung sehen 78% die heimische tern vorbereiteten Spezialitäten vermarkten können. aus dem Ausland sorgten vielerorts für eine über das wobei der gesamtgesellschaftliche Nutzen weit über Landwirtschaft als wichtig an, 75% die Gewerbe- Schulmilchbauern und Betrieben mit Gastro- und Tou- übliche Maß hinausgehende Anzahl an Erholungssu- die reine Produktions-Komponente hinausgeht. betriebe, 68% den Lebensmitteleinzelhandel, 66% rismuskunden ist der Absatz weggebrochen. Der Ab- chenden auf den Almen. Das führte wiederum zu In- die Lebensmittelindustrie und 61% die bäuerlichen Hof Verkauf, Lieferdienste und Online-Plattformen er- teressenkonflikten und war der Grund, warum Bun- lebten einen Höhenflug, wobei einige Lieferdienste desministerin Elisabeth Köstinger zu einem „Almgip- Direktvermarkter. Das Vertrauen in die Landwirt- vorübergehend Neukunden ablehnen mussten. fel“ lud, wo Vertreter von Almwirtschaft und Frei- schaft ist groß, überproportional hoch ist es in die zeitwirtschaft darüber diskutierten, wie ein besseres Direktvermarktung (Marktanteil rund 5%). Für Direktvermarkter ist entscheidend, was selbst Miteinander auf den Almen funktionieren kann. machbar ist und wo Partnerschaften wirtschaftlich Seit einiger Zeit verfolgt die Interessenvertretung in sinnvoll sind. Ob der aktuelle Trend den Betrieben Zusammenarbeit mit der AMA Marketing das Ziel, für nützt, hängt von der Kürze der Wertschöpfungsket- hochqualitative und qualitätsgesicherte Almproduk- te und von fairen Beziehungen ab. Die Marke „Gutes te höhere Erzeugerpreise zu ermöglichen. Die Ende vom Bauernhof“ ist jedenfalls ein unverwechselba- 2020 in der Landesagrarreferenten-Konferenz be- res Zeichen für bäuerliche Produkte. schlossene „Vermarktungsinitiative für Almproduk- te“ ermöglicht nun den Start einer österreichweiten Direktvermarktung in Zahlen: Kampagne zur Bekanntmachung und dem Marktein- tritt der Marken „Von der Alm“ und „Alm“. n 36.000 Betriebe mit Direktvermarktung (27% der landwirtschaftlichen Betriebe) Das Thema „Große Beutegreifer“ war in der Almwirt- n 31.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaft auch 2020 vielerorts präsent, wobei Risse an n 5.000 Mitglieder in 8 Verbänden Nutztieren vorwiegend in Westösterreich stattgefun- n 1.800 Gutes vom Bauernhof-Betriebe – den haben. Ende des Jahres wurde vom „Österreich- Im Schnitt 34% Einkommensanteil durch zentrum Bär, Wolf, Luchs“ mit Unterstützung der Direktvermarktung Landwirtschaftskammern ein umfassendes Rechts- n 17.000 Direktvermarkter mit Einkommensan- gutachten in Auftrag gegeben. Dieses soll im We- teil von über 50% aus diesem Betriebszweig sentlichen mehr Klarheit über die Ausnahmen beim strengen Schutze der großen Beutegreifer bringen. 26 27
In den vergangenen Jahren war insbesondere im Begleitet wird dies durch Maßnahmen zur Entlastung Forstwirtschaft Wald- und Mühlviertel zu beobachten, dass der Wald der Betroffenen, wie die Reduktion des Einheitswer- selbst von der Klimakrise massiv negativ betroffen tes für stark vom Borkenkäfer betroffene Betriebe Rund 140.000 Familien bewirtschaften in Österreich ist. Rekordtemperaturen und ausgeprägte Dürreperi- und die Erhöhung der Pauschalierungsgrenze. Zu- ihren Wald seit Generationen nachhaltig in dem oden setzen allen Baumarten zu. Zunehmende Schä- dem muss die Politik den Aufbau neuer Ökosys- Sinne, dass auch alle Waldwirkungen zur Geltung den durch Borkenkäfer, Stürme und Schnee sind Fol- tem-Dienstleistungen unterstützen, wie dies etwa geerscheinungen der Klimakrise. Klimaschutzmaßnahmen im Wald sein könnten. kommen. Allein aus den zahlreichen unterschied- Als Reaktion darauf Wälder großflächig außer Nut- lichen Waldbauverfahren und Zielsetzungen zung zu stellen, wäre daher eine Hochrisiko-Strate- resultiert eine großartige Biodiversität. Durch die gie mit fatalem Ausgang. Vielmehr muss danach ge- Bewirtschaftung und den persönlichen Schutz durch trachtet werden, die Widerstandsfähigkeit des Wal- die Waldbesitzer sind jene Waldbilder und Strukturen des durch Pflege- und Verjüngungsmaßnahmen ak- Wunsch Wirklichkeit tiv zu steigern. Denn nur ein Wald, der möglichst entstanden, die aus Sicht mancher Umweltkonzerne Mehr Kohlenstoff (=Holz) im Wald als Wälder verlieren Vitalität aufgrund der Klimakrise viel CO2 aus der Atmosphäre aufnimmt, leistet auch nun „unberührt“ bleiben sollen. den besten Beitrag zum Klimaschutz. Die Treiber der Klimaschutzmaßnahme und setzen verstärkt CO2 frei Klimaverschlechterung sind fossile Rohstoffe und Ausstieg aus fossilen Rohstoffen und Ersatz durch Holzerntemengen sollen reduziert bzw. Wälder Doch in der Natur gibt es keinen Stillstand, ganz im CO2-intensive Materialien. Diese müssen ehestmög- nachwachsende Rohstoffe außer Nutzung gestellt werden Gegenteil. Die Natur ist dynamisch. Veränderungen lich durch nachwachsende Produkte ersetzt werden, Steigerung der Wald-Biodiversität Klimaverschlechterung ist der Treiber für Bio- aufgrund der Klimakrise sind mittlerweile für jeder- damit ein biogener Kohlenstoffkreislauf begonnen diversitätsverlust im Wald werden kann. mann bemerkbar. Teilweise laufen diese negativen Verzicht auf fremdländische, klimafitte Baumarten Aufgrund der Klimaverschlechterung wird mit der Die Natur, die Wälder vertragen keine zusätzlichen Entwicklungen schneller ab, als sich die Natur selbst heimischen Baumartenpalette nicht das Auslangen fossilen Emissionen. Die Studie CareForParis zeigt gefunden werden und Wald verloren gehen darauf einstellen kann. Die Forstwirtschaft bemüht auch eindeutig, dass dieser „Substitutionseffekt“ ei- sich seit Jahrzehnten, den Wald durch aktives nen weit größeren Klimaschutzeffekt bewirkt, als das Unberührte Natur Kulturlandschaft seit Jahrhunderten Management, etwa durch unterstützende Migration Belassen von Kohlenstoff (=Holz) im Wald. Denn der Holznutzung zum Schutz der Biodiversität Steigende Waldfläche, steigender Holzvorrat, Wald wird auch bei Nichtbewirtschaftung mittelfristig verringern steigender Mischwaldanteil und Anzahl bio- von Baumarten, klimafit zu machen und so zum Erhalt zu einer CO2-Quelle werden. diversitätsrelevanter Strukturen trotz höherer der Wälder für die Gesellschaft beizutragen. Holznutzungsmengen Seit Jahren steigende Betriebsmittelkosten und sin- Strenge Nachhaltigkeitskriterien bei der Nutzung Nachhaltige Holznutzung ist implementiert. Für kende Holzerlöse führen dazu, dass immer öfter die von Holz-Biomasse Förderung fossiler Rohstoffe gibt es hingegen kei- Mittel fehlen, um in den Wald ausreichend reinvestie- nerlei Mindestkriterien in Bezug auf Umweltschutz ren zu können. Bisher de facto zum Nulltarif erbrach- und sozialen Aspekten. te Leistungen für die Gesellschaft werden auf Dau- „Entwaldungsfreie“ Produkte Handel nach Europa und Konsum von Billigproduk- er nicht aus den Holzerlösen finanziert werden kön- ten wird forciert (z.B. Mercosur) nen. Der von der LK Österreich initiierte Waldfonds ist eine erste Reaktion auf diese Entwicklungen. 28 29
Zahlreiche Betriebe haben nicht mehr die not- schwerpunkte sowie Maßnahmen zur alternativen wendigen finanziellen Mittel, um in den Wald zu Verwendung von Holz, um klimaschädliches Erdöl Waldfonds – reinvestieren. Es ist eine immense Herausforde- und Erdgas zu ersetzen. Zukunftsinvestitionen rung, die Waldwirkungen auch in der Zukunft für die Gesellschaft zu sichern. Dazu zählen insbeson- Der Waldfonds ist nicht nur eine kurzfristige Un- in Wald und Klima dere die ausreichende Versorgung mit dem Roh- terstützung für die Waldbewirtschafter, sondern stoff Holz zur Umsetzung der Bioökonomie und eine langfristige Investition in Klimaschutz und Spätestens seit dem Jahr 2017 wurden wegen die bestmögliche Aufnahme von CO2 durch vita- Umwelt, die auch noch nachfolgenden Generatio- anhaltender Dürreperioden und nachfolgen- le und gepflegte Wälder. Der Schutz der Wälder nen zugutekommen wird. Weitere Informationen dem Borkenkäferbefall auch im Wald die vor weiterem Schädlingsbefall, die Anpassung dazu sind unter www.waldfonds.at verfügbar. der Bestände an den Klimawandel und alterna- Folgeschäden der Klimaverschlechterung tive Verwertungsmöglichkeiten von Kalamitäts- deutlich sichtbar. Der durch die Corona-Krise und Laubholz müssen daher im Zentrum forstpo- verursachte Übernahmestopp von bereits litischer Betrachtungen stehen. In diesem Zusam- erzeugtem Rundholz hat die bereits bedenkliche menhang gilt es auch, die Arbeitsplätze der Wert- Situation für die österreichische Forstwirtschaft schöpfungsketten im ländlichen Raum zu erhalten und weiter auszubauen. Mit diesem Hintergrund im Frühjahr 2020 massiv verschärft. Aufgrund initiierte die LK Österreich einen „Fonds zur Ret- des hohen Anfalls an Schadholz (Borkenkäfer, tung des Waldes“, dessen Ziele, Maßnahmen und Stürme und Schneebrüche) und des dadurch Dotierung am 7. Juni 2020 im Waldfondsgesetz bedingten Holzpreisverfalles sind Betriebe in durch den Nationalrat beschlossen wurde. existenzielle Notlage geraten. Für insgesamt zehn Maßnahmen stehen 350 Mio. Euro zur Verfügung. Sie reichen von der Wieder- aufforstung von Katastrophenflächen mit klima- fitten Baumarten, über Maßnahmen zur Steige- rung der Vitalität der Waldbestände, Schutzmaß- nahmen vor weiterem Borkenkäferbefall bis hin zur Stärkung der Artenvielfalt im Wald. Von be- sonderer Bedeutung sind aber auch Forschungs- 30 31
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