Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
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Der Markt I N M I T T E L D E U T S C H L A N D Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer Magdeburg 4 /2018 Junge Gründer und ihre Ideen
O b Kongress, Event, Meeting oder Seminar, Weihnachtsfeier oder Bankett – das Tagungshotel Grand La Strada in Kassel bietet Großes! O zentral in Deutschland – bestens erreichbar O 10 Minuten zum ICE-Bahnhof Kassel Wilhelmshöhe O 5 Minuten zur Autobahn und Stadtmitte O 850 Parkplätze O zentrale und ruhige Lage nahe dem „Staatspark Karlsaue“ O schickes Ambiente E ines der größten privat geführten Tagungshotels ist zugleich Kassels vielseitigste Hotelwelt: O 1.000 Betten in 484 modernen Zimmern, Suiten und Appartements (komplett renoviert in 2017) O 40 Tagungsräume O Exklusiver Kongress- und Event-Saal „Palazzo“ für bis zu 1.000 Personen mit neun Metern Deckenhöhe, geschwungenen Galerien und imposanten Freitreppen rechts und links der Bühne O vier Restaurants und Bars O täglich Livemusik in der Lobby O Wellness-Spa mit Sauna, Pool und Fitness O Bowlingcenter mit vier Bahnen und eigener Bowling-Bar Wir freuen uns auf Sie! Ihr Team vom Grand La Strada Raiffeisenstr. 10 . 34121 Kassel . Tel.: 05 61 / 2 09 00 . E-Mail: info@lastrada.de . www.lastrada.de
EDITORIAL Foto: Wirtschaftsministerium / Andreas Lander Sie werden mir sicher zustimmen: Unterneh- Kommunikation und Kooperation erkannt noch stärker in das Bewusstsein zu rücken. mergeist in der Gesellschaft ist eine wichti- und gemeinsam mit den Unternehmen dar- Sie als Unternehmerinnen und Unternehmer ge Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften an gearbeitet. So ist auch die IHK Magdeburg wissen: Das Verständnis für wirtschaftliche und schafft damit die Voraussetzungen für als Interessenvertretung der regionalen Wirt- Zusammenhänge und die Grundlagen un- ein auskömmliches Zusammenleben. schaft ein ideales Bindeglied zwischen dem ternehmerischen Handelns sind nicht nur Das Gründungsgeschehen in unserem Land ist Innovationsbedarf ihrer Mitgliedsunterneh- wichtig für Existenzgründer und Unterneh- deshalb ein wichtiger Aspekt der wirtschaftli- men und dem Kreativpotenzial an Universi- mensnachfolger, sondern auch für die stark chen Entwicklung in Sachsen-Anhalt. Insbe- täten und Hochschulen. nachgefragten Fachkräfte, die sich dann als sondere die Start-ups, also junge, innovative engagierte Beschäftigte in Ihren Unterneh- Unternehmen mit einer hohen Wachstumsdy- men einbringen können. namik, sind hier ein wesentlicher Impulsgeber. Unternehmergeist in der Gesellschaft Unser Land bietet dafür sehr gute Voraus- heißt auch, die Idee einer setzungen. Es hat sich zu einem attraktiven selbständigen Tätigkeit noch stärker Hochschulstandort entwickelt, und wenn man in das Bewusstsein zu rücken betrachtet, was in den letzten Jahren im Um- feld der Universitäten und Hochschulen ent- Die Rahmenbedingungen dafür wurden durch standen ist, wie sich die Bedingungen vor Ort das Land Sachsen-Anhalt geschaffen und re- verbessert haben, sind wir absolut auf dem gelmäßig weiterentwickelt. Auf dieser Basis richtigen Weg. Die Verknüpfung zwischen gilt es nun, in der konkreten betrieblichen Wissenschaft und Wirtschaft noch stärker zu und akademischen Praxis Beispiele für ge- entwickeln, ist erklärtes Ziel der Landesregie- lungene Kooperationen zu schaffen. Es sind rung und so messen wir diesem Thema eine bereits neue Formate entstanden, um inno- große Bedeutung zu. vative Gründungsprojekte und klassische Be- Die Aktivitäten der gewerblichen Kammern standsunternehmen zusammenzubringen. Ei- unterstützen das in hervorragender Weise. nige Beispiele werden Sie in der vorliegenden Dr. Jürgen Ude Hier wurde frühzeitig der Bedarf der regi- Ausgabe finden. Staatssekretär im Ministerium für onalen Wirtschaft an neuen Ideen und An- Unternehmergeist in der Gesellschaft heißt Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung sätzen bei Technologie und Organisation, auch, die Idee einer selbständigen Tätigkeit Sachsen-Anhalt DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 3
TITELTHEMA IHK-INTERNATIONAL 6 28 Gründer stellen ihre Geschäftsideen vor Optimismus trotz Sie hatten sich in die »Höhle der Löwen« gewagt. Vier Gründerteams präsentierten im ver- gangenen Jahr im Technikmuseum in Magdeburg einer vierköpfigen Expertenrunde ihre Ge- Sorge um NAFTA schäftsidee. Was ist in der Zwischenzeit aus den jungen Gründern geworden? Konnten Sie Trotz Sorge vor dem Aus des Freihandels- ihre Geschäftsideen erfolgreich weiterentwickeln? Wir haben nachgefragt und ihre Geschich- abkommens NAFTA halten deutsche Firmen te aufgeschrieben. am Engagement in Mexiko fest, sagt Johan- nes Hauser, Chef der AHK Mexiko. TITELTHEMA IHK-REGIONAL IHK-INTERNATIONAL 6 24 Integration von 30 »Licht und Schatten Flüchtlingen in Betriebe in Kuba« Vor gut zwei Jahren hat die IHK- Kuba hat sich wirtschaftlich in den Organisation das Aktionsprogramm letzten Jahren anderen Staaten »Ankommen in Deutschland – gegenüber geöffnet. Diese Chance Gemeinsam unterstützen wir zu nutzen, war das Ziel einer Integration!« beschlossen. Jetzt zieht Geschäftsreise zur Messe »informatica« Elisabeth Bartke vom DIHK Bilanz. nach Havanna. 25 10 Jahre 32 Zusammen für mehr »Die Altmark kocht« Verkehrssicherheit Zum 10. Mal organisierten die Die Zusammenarbeit zwischen der Titelbild: kpv DEHOGA-Kreisverbände in der Altmark Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt in Kooperation mit der Geschäftsstelle und ihren Kollegen im polnischen Salzwedel der IHK Magdeburg das Verband SEPERD wird intensiviert. Schaukochevent »Die Altmark kocht«. In Magdeburg wurde gemeinsam der 18 Unternehmensnachfolge erste Workshop zur Unfallprävention braucht klaren Fahrplan durchgeführt. Immer mehr Unternehmen berichten ihrer IHK von Schwierigkeiten MELDUNGEN bei der Suche nach einem Nachfolger. Der DIHK-Report 26 Neuigkeiten »Unternehmensnachfolge« aus Wirtschaft, Politik und der Region. wirft ein Schlaglicht auf diese existenzielle Herausforderung für den Mittelstand. Ein Interview mit Dr. Marc Evers, DIHK-Experte für Unternehmensnachfolge. 4 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
BERUFSBILDUNG IHK-AKTIV IHK-SERVICE 34 44 48 Berufsfindungsmesse Was wird mit Pracht und Mythos mit Besucherrekord dem Diesel? in Sachsen-Anhalt So viele Besucher wie noch nie fanden Das mögliche Fahrverbot für Dieselfahrzeuge Die Kulturmacher an der Straße der Romanik den Weg in die IHK Magdeburg zur bestimmte die Exkursion des IHK-Regional- haben ein abwechslungsreiches Programm Berufsfindungsmesse, um dort die Angebote ausschusses Harz ins BMW-Werk Leipzig und zusammengestellt. Höhepunkt ist die der Unternehmen zu erkunden. zum Energieversorger enviaM. Festwoche vom 6. bis 13. Mai. BERUFSBILDUNG IHK-AKTIV IHK-SERVICE 36 Neuer Ausbildungsberuf 42 »Digitalisierung: Aus der 49 Wirtschaftsrechtliches Kaufmann im E-Commerce Praxis — Für die Praxis« im Koalitionsvertrag Ab 1. August 2018 soll es einen Zum dritten Mal in Folge fand Im Hinblick auf wirtschaftsrechtliche neuen Ausbildungsberuf »Kaufmann/- das Regionalforum Digitale Themen werden auf den insgesamt frau im E-Commerce« geben. Als Wirtschaft der IHK Magdeburg statt. 177 Seiten des Koalitionsvertrags der Ausbildungsbetriebe kommen Kooperationspartner waren sowohl das Bundesregierung unter dem Titel Unternehmen aus den Bereichen Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentrum »starker Staat« viele Ziele formuliert. Einzel-, Groß- und Außenhandel, Magdeburg als auch die Mittelstand Die konkrete Zielerreichung und deren Tourismus, Versicherungen, Finanzen, 4.0 – Agentur Prozesse. Instrumente sind jedoch oft unklar. Logistik, Mobilität und auch der Immobilienwirtschaft infrage. 46 IHK-Handelsausschuss 50 »Das ist doch nichts berät zur Sonntagsöffnung für mein Unternehmen!?« 38 Zum 5. Mal Der IHK-Handelsausschuss wird der Medienberichte über Hedgefonds oder »Haus der kleinen Forscher« Vollversammlung der IHK Magdeburg spektakuläre Übernahmen werfen Als erste Einrichtung im Bezirk der empfehlen, einen Beschluss zu mitunter ein schlechtes Licht auf IHK Magdeburg ist die Kita Kuhfelde fassen, sich für die Nutzung der Unternehmensbeteiligungen. Vier mit der 5. Plakette »Haus der kleinen gesetzgeberischen Spielräume bei der Mythen und vier Fakten. Forscher« ausgezeichnet worden. Regelung von Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen im Interesse von 60 Amtliche Bekanntmachung Gewerbetreibenden und Verbrauchern einzusetzen. DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 5
1 | Filterize 2 | Flexist 3 | Waver 4 | VRsafe S von TORSTEN SCHEER ie hatten sich in die »Höhle der Löwen« gewagt. Vier Was ist in der Zwischenzeit Gründerteams präsentier- ten im vergangenen Jahr aus den jungen Gründern im Technikmuseum Mag- geworden? deburg einer vierköpfigen Expertenrunde ihre Ge- schäftsidee. Einer jeweils Konnten Sie ihre zehnminütigen Präsenta- tion folgen 20 Minuten Geschäftsideen Diskussion mit Jury und Publikum. Dahin- weiterentwickeln? ter steht ein neues Konzept für Sachsen-An- halt. »TRIALOG«, so der offizielle Name der Veranstaltung, möchte Türöffner in die Wirt- Wir haben nachgefragt und auf den schaftswelt sein und Gründer mit potenziel- folgenden acht Seiten ihre Geschichte len Kunden, Geldgebern und mit Multiplika- aufgeschrieben. toren zusammenbringen. Jury und Publikum verfolgten im Technikmuseum die Präsentation der Gründer. Foto: IHK Magdeburg Fotos: kpv DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 7
TITELTHEMA Filterize Die besondere »Sekretärin« Wollen ihr eigenes Unternehmen gründen: Sandra und Pascal Held 8 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
Z von KLAUS-PETER VOIGT wei junge Leute haben »Filterize«. Die cloudbasierende Anwendung sich bewusst für eine von Evernote bekommt damit einen entschei- berufliche Perspektive denden Mehrwert. Nahezu automatisch sortiert |1 in Sachsen-Anhalt ent- das »Helferlein« alles so, wie es der Anwender schieden. Vorurteile ge- vorgibt. Das spart erhebliche Zeit, sorgt für gen das Bundesland, die mehr Komfort bei der Bedienung. Eine solche es ab und an zu hören Erweiterung bringt vor allem für kleine und gibt, sind ihnen fremd. mittelständische Unternehmen, die Evernote Ganz im Gegenteil lo- auf einer Vielzahl von Geräten einsetzen, ein ben Sandra und Pascal echtes Plus. Die automatische Notizverarbei- Held Magdeburg, wo die beiden Erfurter in- tung funktioniert für die Anwender nahezu zwischen heimisch sind. Es ist nicht nur das kinderleicht, hilft allen beteiligten Mitarbeitern, wissenschaftliche Umfeld der Otto-von-Gue- immer auf aktuelle und übersichtliche Daten ricke-Universität, das sie in ihrem Entschluss gemeinsam zugreifen zu können. »Suchfunk- bestärkte. Die Landeshauptstadt beweise Po- tionen und Mailarchivierung gehören dazu«, tenzial. In den vergangenen Jahren hat sich sagt Sandra Held. Sie ergänzt: »Sich wiederho- eine Menge getan, die vielen grünen Oasen lende Aufgaben laufen quasi im Hintergrund, schaffen zudem ein besonderes Flair, bekräf- Prozessfehler sind vermeidbar und Zeit wird tigen die Jungunternehmer. gespart«. Ehemann Pascal lacht. Er nennt Fil- Von dem profitieren sie selbst. Eine Woh- terize gern »eine Sekretärin«, die sich um ein- nung in der Nähe des Nordparks mit uralten mal festgelegte Aufgaben kümmert. Der Er- Bäumen und damit nur ein paar Schritte vom folg gibt seiner Grundidee recht. Ende 2016 Unicampus entfernt, steht für Lebensqualität. begann er, das Programm zu vermarkten. Die Man profitiert von kurzen Wegen. Während Nachfrage bestärkte ihn, im Internet fand es Pascal Held seinen Master im Studiengang In- schnell seine Interessenten, wird gegenwärtig formatik bereits in der Tasche hat, legt sich bereits in 50 Ländern der Erde eingesetzt. Vor Ehefrau Sandra gerade ins Zeug, um die glei- allem aus Brasilien kamen Nachfragen, nach- che Fachrichtung bis Anfang kommenden Jah- dem es dort jemand entdeckt und via Podcast res abzuschließen. Die Zukunftsplanung läuft dafür Werbung gemacht hatte. auf Hochtouren. Unternehmer wolle man wer- Pascal Helds »Informatikerkrankheit«, Pro- den, mit einer eigenen Firma den Schritt in die gramme anzupassen, zahlt sich aus. Gegen- Selbstständigkeit wagen. Und nicht nur das. wärtig gibt es ihr Produkt mit deutscher und Gleichzeitig geht es darum, ein eigenes Soft- englischer Benutzeroberfläche, die sich bei Be- wareprodukt möglichst weltweit zu etablieren. darf beispielsweise auch in Portugiesisch aus- »Eigentlich war alles mehr eine Idee, die mir führen lässt. An weiteren Verbesserungen wird das Arbeiten am Computer erleichtern sollte«, ständig gewerkelt. Mit Fördermitteln von Land erzählt Pascal Held. Mit dem Programm Ever- und EU soll in den kommenden eineinhalb note, für das er sich entschieden hatte, können Jahren die Produktidee weiter optimiert wer- Notizen jederzeit und überall erstellt, organi- den. In der Experimentellen Fabrik von Mag- siert und geteilt werden. Diese lassen sich mit deburg hat das Start-up-Unternehmen mehre- Links, Checklisten, Tabellen und Anhängen er- re Plätze in einem Gemeinschaftsbüro belegt, weitern, mit der Ablage von E-Mails kombinie- einen Teilzeit-Mitarbeiter eingestellt und be- ren. Einzig das Ablagesystem fordert noch ein kommt in dieser Gründungsphase Unterstüt- manuelles Eingreifen. Ihm sei das zu umständ- zung vom Transfer- und Gründerzentrum der Foto: kpv lich gewesen. So schlug die Geburtsstunde von Universität. DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 9
TITELTHEMA FLEXIST Die dritte Hand des Arztes Wollen mit ihren Erzeugnissen Ärzten Assistenzgeräte an die Hand geben: Sinja Lagotzki und Juan Sebastián Sánchez López 10 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
D von KLAUS-PETER VOIGT er Raum ist angefüllt dieser Assistenzvorrichtung bei minimalinva- mit modernsten Gerä- siven Eingriffen, die sich quasi als dritte Hand ten. Bildschirme und versteht, vereinfacht sich die Entnahme einer eine Operationsliege Gewebeprobe von Patienten in allen gängi- ergänzen die Ausstat- gen Bildgebungssystemen wie MRT und CT. |2 tung des Simulations- Mit dem Haltearm hat sich Sánchez López am OP auf dem Gelän- menschlichen Arm orientiert, um die komplette de des Magdeburger Flexibilität zu garantieren und jede gewünsch- Uniklinikums. Seit te Position zu erreichen. Die Spitze des Hal- Ende vergangenen tearms wurde austauschbar gestaltet, so dass Jahres können dort Lösungsideen beispiels- eine individuelle Anpassung an den jeweili- weise für Prototypen in der Medizintechnik gen medizinischen Eingriff möglich wird. »Als getestet und evaluiert werden. Eingebunden entscheidenden Vorteil sehen wir, dass unsere in das Forschungsprojekt INKA - Institut für Entwicklung deutlich preiswerter als roboter- intelligente Katheter steht es auch jungen Fir- gesteuerte Lösungen ist. Damit kann es gelin- mengründern zur Verfügung. gen, eine Marktnische zu erobern«, erklärt La- Sinja Lagotzki und Juan Sebastián Sánchez gotzki. Zwei Partner habe man bereits ins Boot López loben die optimalen Arbeitsbedingungen geholt, den Leiter des Instituts INKA, Prof. Dr. in der Elbestadt. Das kleine Team, das inzwi- Michael Friebe und einen Medizintechnikher- schen auch eine Freundschaft verbindet, arbei- steller aus Österreich. tet seit zwei Jahren an gemeinsamen Projekten. Zudem haben die beiden Techniker inzwi- Es hatte sich in der Ausbildung ganz bewusst schen ein ergänzendes Produkt entwickelt. Mit für die Magdeburger Uni mit ihrem guten Ruf der Einwegnadelführung FLEXLINE lasse sich auf diesem Fachgebiet entschieden. Dort er- die Präzision bei Biopsien weiter erhöhen. Auch warben sie zudem den Master in der Medizin- bei ihr spielen Kunststoffe als Ausgangsmate- technik. Sánchez López studierte zuerst in Ko- rial eine entscheidende Rolle, denn stets zähle lumbien Maschinenbau, die Kielerin Lagotzki der Einsatz in der Magnetresonanztomographie an der Otto-von-Guericke-Universität Elektro- (MRT), da dort keine metallischen Elemente und Informationstechnik. Jetzt soll auf dieser zugelassen sind. stabilen Basis der Weg in die Selbstständigkeit »Unser Ziel ist es, Probleme aufzuspüren gewagt werden. und dafür dann medizintechnische Lösun- Das erste Produkt FLEXIST der künftigen Fir- gen zu entwickeln«, sagen Sinja Lagotzki und ma »In-Line« beschäftigte den jungen Mann Juan Sebastián Sánchez López. Die Erfahrun- aus Südamerika bereits geraume Zeit, war auch gen mit den ersten Erzeugnissen machen ih- Thema seiner Masterarbeit. »Allein in Deutsch- nen Mut. Jedoch erfordere gerade die klini- land werden im Jahr etwa 1,5 Millionen Biop- sche Zulassung einen hohen finanziellen und sien zur Entnahme von Gewebeproben durch- logistischen Aufwand. Ein Gründerstipendium geführt«, erläutert er. So entstand die Idee, hilft, die Produkte marktreif zu machen und dass Ärzte mit einem mechanischen Haltearm für die Zertifizierung vorzubereiten. So sind ohne großen Aufwand jeden Eintrittswinkel weitere Geldgeber für das Start-up-Unterneh- Foto: kpv der Biopsienadel präzise erreichen können. Mit men erforderlich. DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 11
TITELTHEMA WAVER Sauberes Wasser im Katastrophenfall Martina Findling und Martin Drewes vor dem Modell von WAVER, mit dessen Hilfe sich klares, sauberes Wasser erzeugen lässt. 12 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
D von KLAUS-PETER VOIGT er griechische Philo- mit Druck die richtige Technologie. Die wurde soph Thales von Mi- letztlich an der Magdeburger Hochschule ent- let nannte Wasser wickelt. »Durch unsere Lösung, die eine Stabi- den Ursprung von al- lität der Drücke in dem System gewährleistet, lem. Klar und sauber sind völlig neue Wege bei der Trinkwasserauf- |3 muss es sein, um sei- bereitung möglich«, sagt der Bachelor, dem nen Zweck auch in für das Verfahren inzwischen das Patent erteilt vollem Umfang erfül- wurde. Dabei habe er mit den Filterelementen len zu können. Seinen lediglich experimentiert, seiner Phantasie freien Wert spürt man dort, Lauf gelassen. Herausgekommen sei eine An- wo Schmutz, Keime oder Giftstoffe die Ober- lage, die sich modular aufbauen lässt und die hand gewonnen haben. In solchen Fällen muss über ein Schaufelrad mit innovativer Geome- bislang eine aufwändige und teure Reinigung trie einen bislang unbekannten Wirkungsgrad einsetzen. erreicht. Der Nutzen ist augenscheinlich: Aus »Wie wichtig eine ordentliche Aufbereitung arsenhaltigen Brunnen, verschmutzten Flüs- ist, belegt allein die Tatsache, dass zehn Pro- sen ebenso wie aus Brackwasser lässt sich ab- zent der Weltbevölkerung keinen Zugang zu solut sauberes Wasser gewinnen. sauberem Trinkwasser haben«, sagt Martin Dre- Gemeinsam mit Martina Findling, die an der wes. Er spricht von strukturschwachen Regi- Hochschule BWL studierte und gegenwärtig onen oder solchen, die geographisch isoliert noch in ihrem Beruf arbeitet, will Drewes nun liegen. Dort seien die Versorgungslücken sehr eine eigene Firma gründen. Bei INFLOTEC sol- groß. Eine Lösung für das Problem scheint ge- len künftig Anlagen zur Reinigung von Trink- funden. Während seines Maschinenbaustudi- wasser entwickelt und verkauft werden. Jeder ums an der Hochschule Magdeburg-Stendal der beiden potenziellen Unternehmer steuert beschäftigte er sich mit erneuerbaren Energien, dabei sein Fachwissen bei. Rund 18 Monate nahm die Funktion unterschlächtiger Wasserrä- sind Zeit, um die Geschäftsidee in trockene der unter die Lupe. Dass deren Effizienz nicht Tücher zu bringen. Es gilt, finanziell abgesi- die beste ist, ließ den Tüftler wach werden. So chert durch das Förderprogramm ego.-START entstand eine Technologie, bei der sich mittels des Landes Sachsen-Anhalt und der Europäi- pfiffiger Konstruktion diese Nachteile deutlich schen Union, Geldgeber zu suchen und Indus- minimieren ließen. Und das war keineswegs al- triepartner zu finden. les. Das ganze System lässt sich nunmehr auch Einsatzmöglichkeiten für WAVER, wie das für den Antrieb von Pumpen nutzen, mit de- autonome System heißt, gibt es genügend. Es ren Hilfe beispielsweise verschmutztes Fluss- kann im Katastrophenfall bei einer zerstörten wasser in ein autonomes Filtersystem eingelei- Infrastruktur ebenso für sauberes Wasser sor- tet wird, das nach einem weltweit einmaligen gen wie permanent in kleinen Siedlungen mit Verfahren sauberes Trinkwasser aus Gewässern einem Bedarf von bis zu 4.000 Litern am Tag. gewinnen kann. Dabei erweist es sich als vorteilhaft, dass für Alles klingt simpel, aber der Teufel steckt die Aufbereitung von 300 Litern Wasser ge- im Detail, berichtet Martin Drewes. Während rade einmal 27 Watt Strom notwendig sind. die Filter, die beispielsweise auch die NASA bei Eine entsprechende Versuchsanlage wird gera- Weltraumflügen nutzt, längst im Einsatz sind, de in Kenia getestet, eine weitere demnächst Foto: kpv verlangt ihre kontinuierliche Beaufschlagung im Bodetal ihre Leistungsfähigkeit beweisen. DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 13
TITELTHEMA VRsafe Software für die Feuerwehrschule Im Magdeburger »Coworking Space« hält Christian Bremer den Kontakt mit den anderen beiden Firmengründern. 14 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
D von KLAUS-PETER VOIGT ie Nähe ist gewollt den jungen Leuten helfen, den gemeinsamen und ein wenig sym- Traum von einer Zukunft als Unternehmer zu bolhaft. Nur wenige verwirklichen. Nicht nur in Magdeburg, son- Schritte vom Campus dern auch in Braunschweig fördern Hochschu- der Hochschule Mag- len und Unis solche Vorhaben. Gründertreffen |4 deburg-Stendal ent- gehören zum Alltag, erweisen sich immer auch fernt befindet sich als Ideenbörse und Markt, auf dem Gleichge- seit mehr als 20 Jah- sinnte zueinander finden. ren ein Forschungs- »Bei uns war es ähnlich. Schnell spürten wir, und Entwicklungszen- dass die Chemie stimmt und sich unsere Mög- trum. Nicht nur Unternehmen, die innovative lichkeiten ergänzen«, sagt Niels Kowala. Für Technologien auf ihre Fahne geschrieben ha- Feuerwehren soll so ein modernes Lehrkonzept ben und die Nähe zur Wissenschaft suchen, entstehen. Die Software für Ausbildungszwe- gehören zu dessen Nutzern. Es sind auch Stu- cke als Virtual-Reality-Training hat in der Pla- denten, die bereits während ihrer Ausbildung nung bereits Gestalt angenommen. Christian unternehmerische Fähigkeiten erproben und Bremer erläutert, worum es geht: »Wir haben ausbauen wollen, für die es dort Arbeitsmög- festgestellt, dass die auf dem Markt erhältliche lichkeiten gibt. Software nicht so flexibel für unterschiedliche »Coworking Space« steht an einer der Tü- Ausbildungsinhalte eingesetzt werden kann, ren in dem Gebäude am Rande der Landes- wie es notwendig ist. Immer braucht es einen hauptstadt. Der Raum dahinter entpuppt sich Trainer, der das Programm steuert.« als eine Art Großraumbüro auf Zeit. Design- Als Hauptgrund für die neuen technischen studenten entwarfen dafür ungewöhnliches Möglichkeiten sieht er die hohe Auslastung in Mobiliar aus Paletten, schufen farbige Wand- den klassischen Feuerwehrschulen. Per Soft- bilder. Von klassischer Büroatmosphäre keine waretraining wäre es möglich, Ausbilder zu Spur, wenige Regale, Sitzgruppen. Ein klei- entlasten und ein modernes, kontinuierliches ner Kasten sorgt für die Anbindung ans Inter- Lernkonzept zu nutzen. Benötigte Ressour- net. Man trifft sich zu Gesprächen in kleinen cen lassen sich längst digital zur Verfügung Gruppen, arbeitet an Projekten oder bereitet stellen. sich auf die berufliche Selbstständigkeit vor. Christian Bremer hat sich während seines Christian Bremer sitzt nur scheinbar allein an Studiums intensiv mit dem Thema Feuerwehr einem der Tische. Per Skype bespricht er gerade beschäftigt. Gute Kontakte zu erfahrenen Prak- mit Niels Kowala in Braunschweig ein gemein- tikern halfen mit, das nötige praktische Wis- sames Projekt. Beide wollen mit einem Partner sen zu erwerben. Er weiß, wie die Feuerwehr das Start-up-Unternehmen VRsafe gründen. tickt. Das klingt simpel, doch der Teufel steckt Die »Dreierbande« könnte auf den ersten Blick im Detail. Brandbekämpfung sei heutzutage nicht unterschiedlicher sein. Während Bremer nicht mehr die einzige Aufgabe der Feuerweh- gerade seine Masterarbeit im Studiengang »Si- ren. Weitere Anforderungen müssen von der cherheit und Gefahrenabwehr« schreibt, hat Basissoftware abgebildet und auf die jeweili- Kowala seinen Master »Elektronische Syste- gen Inhalte zugeschnitten werden. Die ganz me« an der Technischen Universität in Braun- individuellen Fähigkeiten der drei Firmengrün- schweig bereits erworben. Dazu gesellt sich der machen es möglich. Zwei Jahre geben sie einer, der mit seinem Maschinenbaustudium sich Zeit, bis ihr Produkt steht, bis sie ihre Ni- eine zusätzliche Kompetenz einbringt. Unter- sche besetzt haben, denn vergleichbare Offer- Foto: kpv schiedliche Visionen und Fähigkeiten sollen ten gibt es bislang nicht. DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 15
TITELTHEMA Gründen mit Rückenwind von DIANA DOERKS A ufgrund ihrer innovativen und inter- Anlehnung an das Profil der Hochschule verfü- Überzeugt! disziplinären Studiengänge besitzt die gen sie über Expertenwissen in den Bereichen Hochschule Magdeburg-Stendal ein Technical und Social Entrepreneurship. Darü- Für eine lebendige Gründerkultur an den hohes Potenzial für Ausgründungen. Die- ber hinaus unterstützen sie Forschende bei der Standorten veranstaltet das Projektteam ein- sen Gründergeist möchte das Team um den Beantragung von Drittmittelprojekten, welche mal jährlich die Gründerwoche »Gründet auf Projektleiter Prof. Dr. Christian Meisel an den zusätzlich auf ihre wirtschaftliche Verwertbar- dem Campus«. Alle Interessierten sind vom 11. Standorten in Magdeburg und Stendal erkun- keit hin überprüft werden. bis 15. Juni 2018 dazu herzlich auf den Her- den und den Aufbau eines lebendigen Grün- renkrug-Campus vor der Mensa eingeladen. dungs- und Transfernetzwerks zwischen den Studierenden, Alumni und Forschenden för- Gereift! Kontakt: dern. Derzeit betreut das Team 35 Gründungs-, Hochschule Magdeburg-Stendal Transfer- und Projektideen. Im Co-Working-Space, der auch über ein El- Gründer- und Transferförderung tern-Kind-Büro verfügt, können sich die Pro- Mathias Schulz jektteilnehmenden intensiv austauschen und Referent Forschung, Gründung und Transfer/ Pro- Entdeckt! an ihren Ideen feilen. Die Ideenwerkstatt be- jektkoordinator findet sich im FEZ und kann nach Absprache Breitscheidstraße 51 Die Gründungs- und Transferscouts Romy kostenfrei genutzt werden. 39114 Magdeburg Koné, Birgit Sinhuber und Christian Kruse be- Tel: 0391 886 4192 gleiten die Gründungsinteressierten von der gruendet@hs-magdeburg.de Idee bis zur Umsetzung ihres Vorhabens. In www.hs-magdeburg.de/gruendet Foto: Catherina Stuckmann Erkunden den Gründergeist an der Hochschule Magdeburg-Stendal: Romy Koné, Birgit Sinhuber und Christian Kruse (v.l.) 16 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
WIRTSCHAFTSJUNIOREN SALZLANDKREIS Was passiert eigentlich, wenn ich hier fertig bin? von STEVE GORTOL finanzielle Intelligenz, dass sie sich auch ebenso für die Themen Un- D iese Frage dürfte sich wohl jeder Schü- ler kurz vor seinem Schulabschluss stel- len. Kurz nach dem Schulabschluss kommen Unternehmertum, aber auch persönliche und emotionale Themen. ternehmertum und Selbständigkeit interessie- ren. Und das nicht zu wenig, von einer eigenen Firma träumen viele. In diesem Modul beant- auf einmal die Fragen: Ein Auslandsjahr, Stu- Sie würden auch gerne wortet sich auch die Frage, ob es denn nicht dium oder Job suchen? Aber wie geht das? wissen, wie man sich noch mehr gäbe«, erzählt Steve Gortol. Foto: privat Oder gibt es da vielleicht noch mehr? Auf ge- motiviert, in Teams »Fertig wird der Kurs wohl nie. Aber das soll nau diese Fragen antworten die Wirtschaftsj- verhält oder vielleicht er auch gar nicht. Mit jeder neuen Schule lernt unioren aus dem Salzlandkreis in bis zu 6 Un- sogar Führungsaufga- Steve Gortol man dazu. Jeder möchte hier und da etwas an- terrichtseinheiten des Wirtschaftsunterrichts. ben übernimmt. deres wissen. Das versuchen wir vorher best- Anschließend gibt es noch eine regionale Fir- »Ein riesiger Themen-Haufen dachten wir, möglich zu erarbeiten und mit Geschichten aus menbesichtigung und ein Bewerberbungstrai- aber versprochen ist versprochen«, so Steve unserem eigenen Leben zu untermauern. Al- ning, bei dem verschiedene Unternehmen mit Gortol, amtierender Vorsitzender der WJ Salz- lerdings sollen die Schüler auch vermittelt be- den Schülern echte Bewerbungsgespräche füh- landkreis. So wurde ein Kurs entworfen. »Aber kommen, dass man sich stets weiterentwickeln ren, die Unterlagen prüfen und Feedback ge- trockener Inhalt ist nicht genug. Ein Konzept muss«, erklärt Sebastian Schellin. ben. Dadurch lernen Schüler auch die ande- musste her, eine Story dahinter«. erinnert sich EcoPro ist ein tolles Projekt und liefert inte- re Seite des Tisches kennen und können sich Sebastian Schellin, selbst Dozent, Mitstreiter ressante Erkenntnisse aus der Praxis, aus dem besser vorbereiten. des Projektes und stellvertretenden Vorsitzen- Schulalltag selbst. EcoPro, abgeleitet von Economy Pro- der des Vereins. Die Wirtschaftsjunioren Salzlandkreis sind ein ject, nennt sich das Projekt. Entstanden ist Mittlerweile wurde der Kurs in mehreren ehrenamtlicher Verband aus Unternehmern und es durch die Schüler. In den Wirtschaftskur- Schulen umgesetzt und immer wieder verbes- Führungskräften unter 40 Jahren. Durch ge- sen wird von den Ausrichtern folgende Frage sert. »Die Jugendlichen sind nicht mehr moti- sellschaftliches Engagement wirken sie aktiv an gestellt: »Wenn ihr wählen dürft, was würdet vierbar, hört man so oft. Das haben wir anders der Entwicklung ihrer jeweiligen Region mit. ihr alles wissen wollen?« Daraus haben sich erlebt. Man muss nur mal ein offenes Ohr für Schwerpunkt des Engagements im Salzland- Themen ergeben, wie Unternehmensführung, die Schüler haben, dann würde man wissen, kreis ist das Thema Bildung und Nachwuchs. DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 17
TITELTHEMA Unternehmensnachfolge braucht klaren Fahrplan zum Aus- und Einstieg Die Zahl lässt aufhorchen: In den Verantwortlichkeiten müssen klar geregelt sein, denn Kompetenzgerangel kann dem Be- nächsten zehn Jahren droht rund trieb schaden. Das gilt im Übrigen auch bei 800.000 Familienunternehmen der Übertragung an Mitarbeiter. Eine gelun- gene Nachfolge braucht einen klaren Fahr- in Deutschland das Aus – rund plan zum Ausstieg des Seniors und zum Ein- drei Vierteln der Betriebe mit stieg des Neuen. Etwa ein Viertel der Nachfolger se- Inhabern im Alter 55 plus. hen Probleme wegen der Erbschaftsteu- Darunter sind selbst profitabel er bei der Betriebsübergabe, ein deutli- cher Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Wie aufgestellte Unternehmen, die können sich Unternehmen wappnen? keinen geeigneten Übernehmer Evers: In der Tat wird es durch die Reform für viele Unternehmen unter dem Strich finden. Das zeigen Untersuchungen Foto: DIHK / Jens Schicke Mehrbelastungen geben. Da es noch keine u. a. der Industrie- und Erbschaft- und Schenkungssteuerrichtlinie gibt, welche die Reform in konkrete Verwal- Handelskammern. Der DIHK- tungsregelungen umsetzt, kann faktisch zum Report Unternehmensnachfolge Dr. Marc Evers Teil noch keine individuelle Belastung aus- gerechnet werden. Wichtig ist, sich bereits wirft ein Schlaglicht auf diese Jahre vorher sollte man die Suche nach ei- im Vorfeld steuerlich beraten zu lassen und existenzielle Herausforderung für nem Übernehmer beginnen. Zahlen und Fakten so weit wie möglich auf- Die Zahl der Alt-Unternehmer steigt. zubereiten. Für Politik und Finanzverwaltung den Mittelstand. Ein Interview Gleichzeitig gibt jeder zweite potenzielle lautet das Gebot der Stunde: die Erbschaft- mit Dr. Marc Evers, DIHK-Experte Nachfolger an, kein passendes Unterneh- steuer nicht erhöhen und die gerade refor- men zu finden. Wie passt das zusammen? mierte Erbschaftsteuer mittelstandsfreund- für Unternehmensnachfolge. Evers: Nicht jedes Unternehmen ist profita- lich umsetzen. Herr Dr. Evers, immer mehr Unterneh- bel aufgestellt. Bisweilen wurden wichtige Und was sind die Herausforderungen bei men berichten ihrer IHK von Schwierig- Investitionen etwa zur Digitalisierung auf- einer Übertragung an externe Käufer? keiten bei der Suche nach einem Nach- geschoben. In der Industrie sind oft relativ Evers: Gerade externe Nachfolger haben zu- folger. Wie sieht es deutschlandweit aus? hohe Kaufpreise zu stemmen. In Handel und meist einen nüchternen Blick auf das Unter- Evers: Im Jahr 2016 haben 2.947 Alt-Inha- Gastronomie ist der Wettbewerbsdruck hoch nehmen und seine Ertragschancen, während ber ihre IHK aufgesucht, weil sie keinen pas- und der Strukturwandel etwa durch Online- viele Inhaber doch wesentlich emotiona- senden Nachfolger finden. Das ist ein neu- Angebote in vollem Gange. Und am Ende ler auf ihr Lebenswerk blicken. Doch Herz- er Höchststand. kommt es auch auf die Chemie zwischen Se- blut-Rendite wird am Markt nicht honoriert. Was steckt dahinter? nior und Nachfolger an, schon aus diesem Wichtig ist eine realistische Unternehmens- Evers: Zum einen die demografische Ent- Grund sind oft mehrere Versuche notwendig. bewertung. Der Übernehmer muss sich zu- wicklung. Immer mehr Unternehmer er- Stichwort Nachfolge in der Familie: Wo- dem bei der Belegschaft einen guten Stand reichen das Ruhestandsalter. Gleichzeitig rauf sollte man besonders achten? verschaffen – und manchmal eben auch schrumpfen die klassischen »Gründer-Jahr- Evers: Die Nachkommen sollten Freude am das Schiff auf neuen Kurs bringen und die gänge« der 25- bis 45-Jährigen. Aber wahr Unternehmertum haben und die Branche Mannschaft mitnehmen. Das erfordert hohe ist auch, dass die Neigung zum Unterneh- kennen. Und als Senior muss man neben der unternehmerische Kompetenz. mertum in Deutschland im Vergleich zu an- Elternbrille nun auch die Unternehmerbril- Oft finden Interessenten und Seni- deren Ländern noch immer gering ist. le aufsetzen. Die Kinder sind jetzt Verhand- or-Unternehmer nicht zueinander. Kann Laut Report beginnen 42 Prozent der lungspartner. Bei größeren Familienunter- man sich von Dritten helfen lassen? Unternehmer zu spät mit der Orga- nehmen hat es sich bewährt, Streitigkeiten Evers: Expertise etwa von Unternehmensbe- nisation ihrer Nachfolge. Wann soll- durch eine Familienverfassung aufzufangen, ratern oder Steuerberatern ist wichtig, denn te man damit beginnen? denn nur allzu oft überlappen sich gerade die Unternehmensnachfolge ist eine kom- Evers: Zehn Jahre vorher. Wer mit 65 das beim Thema Nachfolge sachliche und emo- plexe und auch emotionale Herausforde- Unternehmen in neue Hände geben will, der tionale Aspekte. In jedem Falle ist es wichtig, rung. Und es gibt Hilfe von neutraler Stelle: sollte schon mit Mitte 50 quasi durchs Fern- die neue Chefin oder den neuen Chef früh- Die IHKs bieten ohne gewerbliches Interesse rohr schauen und die Zukunft in den Blick zeitig aufzubauen. Dazu gehört Einsicht in neben Information und Beratung auch eine nehmen. Ist mein Unternehmen fit für die Führungsabläufe, die Vorstellung bei Kun- Moderation von Gesprächen zur Unterneh- Digitalisierung? Trägt mein Geschäftsmodell? den und Geschäftspartnern und die Vorberei- mensnachfolge an. Es lohnt sich also der An- Wo muss ich modernisieren? Spätestens drei tung der Belegschaft auf den Rollenwechsel. ruf bei der IHK vor Ort. 18 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
NETZWERK UNTERNEHMENSNACHFOLGE SACHSEN-ANHALT Sprechtage zur Unternehmensnachfolge Typische Fragen zur Nachfolge 24. April 14. August Experten-Sprechtag Experten-Sprechtag W er anfängt Fragen zu stellen, hat sich zumindest im Ansatz mit dem Thema der Unternehmensnachfol- Spätestens dann geht es um den Wert des Unternehmens und welche Bewer- tungsmethode sachgerecht ist. 9-12 (HWK-Mitglieder) und 13-16 Uhr (IHK-Mitglieder 9-12 (HWK-Mitglieder) und 13-16 Uhr (IHK-Mitglieder) Ort: IHK-Geschäftsstelle Ort: Kreishandwerkerschaft ge beschäftigt. Zuerst ist zu klären, wer In der Beratungspraxis der Kammern Salzwedel Stendal für mich als mein Nachfolger in Frage kommen häufig auch ganz allgemeine kommt. Meine Kinder? Ein Mitarbeiter? Dinge zur Sprache, zum Beispiel der Fahr- 29. Mai 18. September Oder muss ich mich anderweitig umse- plan für eine geordnete Übergabe und Experten-Sprechtag Experten-Sprechtag hen? Die Suche nach einem externen worauf dabei geachtet werden soll. Diese 9-12 (HWK-Mitglieder) und 9-12 (HWK-Mitglieder) und Nachfolger gehört nämlich zu den größ- Gedanken kann man sich gar nicht früh 13-16 Uhr (IHK-Mitglieder) 13-16 Uhr (IHK-Mitglieder) ten Herausforderungen. genug machen. Ort: IHK Magdeburg Ort: Handwerkskammer Aber auch schon im Rahmen der fami- Bei all dem hat Glück, wer sein Unter- Magdeburg lieninternen Nachfolge stellen sich viel- nehmen freiwillig übergeben kann. Denn fältige Fragen. Sollte der Seniorunterneh- manchmal schlägt das Schicksal derb zu: mer noch weiter im Betrieb mitarbeiten? Der plötzliche Tod, Erbauseinanderset- Wie verhält es sich, wenn der Inhaber das zungen, eine schwere Erkrankung und Anmeldung für IHK-Unternehmen unter: Unternehmen an einen Nachkommen ver- fehlende Vollmachten können schnell das stephan@magdeburg.ihk.de schenken möchte, es aber noch Geschwis- wirtschaftliche Aus bedeuten. Hier gilt Anmeldung für Handwerksbetriebe unter: ter gibt? Hier spielen dann erbrechtliche das Stichwort: Notfallplan. betriebsberatung@hwk-magdeburg.de und steuerliche Aspekte eine Rolle. Wird Diesen und vielen weiteren Fragestel- ein Betrieb gemeinschaftlich fortgeführt, lungen widmen sich die vier gewerbli- muss es Regelungen für den Fall geben, chen Kammern im Netzwerk Unterneh- dass einer der Gesellschafter aus dem Un- mensnachfolge Sachsen-Anhalt auch mit 21. Juni 2018 | 17-22 Uhr ternehmen ausscheiden möchte. Kann er Expertensprechtagen und Informations- »Der längste Tag des Jahres — bundesweiter oder sie die Gesellschaftsanteile einfach veranstaltungen. Nutzen Sie diese kos- Aktionstag zur Unternehmensnachfolge« an einen fremden Dritten verkaufen? tenlosen Angebote. P R AC H T MY THOS I N S A C H S E N - A N H A LT SCH ÄT Z E EN T DECK EN an der Straße der Romanik Infos und Angebote: www.strassederromanik.de DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 19
TITELTHEMA Gründer wachsen in ihre Unternehmerrolle von JANA GÖRS G ründerpersönlichkeiten wie Elon Musk, Mark Zuckerberg oder Richard Branson verändern mit ihren Ideen unsere Welt. Das zu virtuellen Teammitgliedern oder über spe- zielle Formate wie »Trialog« zu Wirtschafts- partnern und ersten Kunden. Ansprechpartner Jana Görs Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg inspiriert junge Menschen zum Schritt in die TUGZ Founders ist ein Projekt des Trans- Transfer- und Gründerzentrum eigene Selbständigkeit. fer- und Gründerzentrums der Otto-von-Gue- Projekt: TUGZ Founders Gerade Forschungseinrichtungen sind eine ricke-Universität Magdeburg. Es wird geför- Universitätsplatz 2, 39106 Magdeburg Keimzelle für Neues. Allen, die aus ihren in- dert durch das Land Sachsen-Anhalt und die Tel.: +49-391-67-57050 novativen Ideen ein eigenes Geschäft machen Europäische Union. E-Mail: jana.goers@ovgu.de wollen, unterstützt das Projekt TUGZ Foun- ders. Dabei stehen besonders die persönliche und geschäftliche Entwicklung sowie der Ein- tritt in die Wirtschaftswelt im Vordergrund. Das Gründen ist in Deutschland nur ein for- maljuristischer Prozess. Bis ein Unternehmen allerdings von seinen Einnahmen existieren kann und wächst, ist es ein langer Weg. Mit dem Einführungsformat der Start-up-School und dem aufbauenden Format der Start-up- Academy lernen Gründer, wie sie für ihre Idee ein funktionierendes Geschäftsmodell entwi- ckeln. Aber Gründern mangelt es an allem, an Er- fahrungen, einem Netzwerk und Schlüsselkom- petenzen. Aus diesem Grund erhalten Gründer Zugang zum Mentorennetzwerk des Projekts, Foto: Christian Rößler Forschung & Entwicklung als Innovat von KLAUS HARNEIT Das Land Sachsen-Anhalt erneuert die F&E- und gerade für kleine und mittlere Unterneh- Richtlinie, um verbesserte Anreize für kleine men eine große Belastung, sowohl finanziell und mittlere Unternehmen (KMU) zu schaf- als auch personell. fen, insbesondere für Verbundprojekte mit Hochschulen. Attraktivere Förderbedingungen und geringerer Verwaltungsaufwand Wozu Innovation im Unternehmen? An dieser Stelle setzt die Förderung »For- In einer sich immer schneller entwickelnden schung und Entwicklung - Zuschüsse für die Welt ist es für Unternehmen, ob lokal, regi- Entwicklung innovativer Produkte und Verfah- onal oder global, essentiell wichtig, sich den ren« an, in welcher neben der Förderung von im Umbruch begriffenen Gegebenheiten an- Hochschulen und Unternehmen auch Gemein- zupassen. Technologische Trends werden vo- schafts- und Verbundprojekte im Fokus liegen. Foto: IHK Magdeburg rangetrieben wie durch bahnbrechende Erfin- Seit dem 1. Januar 2018 liegt diese Richtlinie dungen (Stichwort künstliche Intelligenz). Sie nun in einer verbesserten Form vor und soll stellen den Markt, Kunden und auch Unter- die Rahmenbedingungen durch einen erhöhten nehmer vor ständig neue Herausforderungen. Höchstsatz und vereinfachte Bürokratie noch Dem kann oft nur durch Flexibilität und attraktiver für Unternehmer machen. Gerade IHK-ANSPRECHPARTNER risikobehaftete Investitionen in eigene Ent- kleine Unternehmen, die sich keine eigene For- Klaus Harneit wicklungen durch das Unternehmen entgegen- schungsabteilung leisten können, haben etwa Tel.: 0391/5693-452 getreten werden. Doch sind Forschung & Ent- die Möglichkeit, gemeinsam mit einer Hoch- harneit@magdeburg.ihk.de wicklung zumeist erst nicht gewinnbringend schule Innovationen zu stemmen. 20 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
Neues Accelerator- von BERT-MORTEN ARNICKE Erfahrungen von Projektteilnehmern D ie ersten fünf Jahre sind entscheidend für die Entwicklung eines Unternehmens. Hier werden die wichtigen strategischen Weichen Programm Der größte Nutzen für die teilnehmenden Unternehmen besteht in der individuellen Be- Für junge Unternehmen aus den gestellt. Aber meist stehen in dieser Zeit auch treuung durch die AIMS-Projektmanager und Material- und Lebenswissenschaften wenig Ressourcen für strategische Beratung Mentoren. Dabei wird nach dem einführenden und Qualifizierung zur Verfügung. Diese Lü- Analyse-Gespräch ein konkreter Maßnahmen- cke will das neue Pilotprojekt AIMS (Accele- plan für jedes Unternehmen erstellt. rate Innovation in Material- & Life-Science) und Vernetzung entwickelt, dazu gehören: schließen. Das Angebot richtet sich konkret • Individuelles branchenspezifisches Ma- an wachstumsorientierte sachsen-anhaltische nagement-Coaching Was steckt hinter AIMS? Unternehmen (KMU), die bis zu fünf Jahre alt • Zugang zum Mentoren-Netzwerk sind und aus den genannten Bereichen, dazu • Qualifizierung im Bereich Infrastruktur- AIMS wird im Technologiepark Weinberg zählen unter anderem Biologie, Biotechno- und Technologiezugang Campus durch ein interdisziplinäres Projekt- logie, Bioökonomie, Pharmazie, Chemie, Ge- • Teilnahme an Technologie- und Enab- team durchgeführt, das durch die TGZ Hal- sundheit, Medizin, Medizintechnik oder Er- ler-Workshops le Technologie- und Gründerzentrum Halle nährungswissenschaften, kommen. Zusätzlich • Zugang zu regionalen und internatio- GmbH koordiniert wird. Das Projekt ergänzt die können Unternehmen der IT-Branche durch nalen Netzwerken in der Kernbranche vorhandenen gründungsfördernden Strukturen AIMS gefördert werden, wenn sie als Dienst- • Teilnahme an Unternehmerreisen in Sachsen-Anhalt durch seinen modellhaf- leister für Life- oder Material-Science-Unter- • Zugang zur Technologie-Datenbank ten branchenspezifischen Ansatz. Aufgrund der nehmen tätig sind. Neben Workshops zur Arbeitssicherheit und Förderung des Landes Sachsen-Anhalt (ego.- Gefährdungsbeurteilung sowie Informations- KONZEPT) und des ESF (Europäischer Sozial- veranstaltungen zu spezifischen Zertifizierun- fonds) entstehen bei der Teilnahme am Projekt Angebote für Unternehmen gen wurde in den letzten Monaten gemeinsam keine Kosten für die Unternehmen. mit der IHK Halle-Dessau ein Business-Round- Kontakt Das Angebot des Förderprojektes zielt im table zum israelischen Markt durchgeführt. Die Technologiepark Weinberg Campus Kern auf die Vermittlung fach- und branchen- erste Unternehmerreise soll im Juni dieses Jah- Dr. Ulf-Marten Schmieder spezifischer Managementkompetenz sowie die res junge Unternehmen zum Biotech-Hotspot Geschäftsführer und Projektleiter AIMS Erleichterung des internationalen Marktzu- nach Boston, an die amerikanische Ostküste, Telefon: (0345) 55 83 799 gangs und internationaler Kooperationen. Hier- begleiten, um konkrete Kooperationen im US- E-Mail: info@tgz-halle.de zu wurden konkrete Formate zur Qualifizierung Markt anzubahnen. www.technologiepark-weinberg-campus.de tionstreiber — auch im Unternehmen Ziel des Programmes ist die Förderung in- Wie hoch kann die Wie können solche Projekte aussehen, novativer, technologieorientierter Projekte, Unterstützung ausfallen? und was heißt das nun in der Praxis? welche die Wettbewerbsfähigkeit und Inno- vationskraft der Unternehmen in Sachsen- Bei der Zuwendung handelt es sich um einen Angesprochen werden Unternehmen, die Anhalt zu erhöhen. Die geförderten Vorha- nicht rückzahlbaren Zuschuss von maximal ihre Produktpalette erweitern wollen und da- ben werden in vier Kategorien unterschieden: 500.000 Euro (bei Errichtung von Pilotlinien/ mit nachhaltigen steigenden Umsatz erzielen industrielle Forschung, experimentelle Ent- -projekten bis zu 3 Mio. Euro). Dieser kann je und damit Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt si- wicklung, Patente und andere gewerbliche nach Art des Projektes unterschiedlich hoch chern oder schaffen. So kann ein Unterneh- Schutzrechte sowie Prozess- und Organisa- ausfallen: für industrielle Forschung maximal men ein bestehendes Produkt weiterentwickeln tionsinnovation. 50 Prozent und für experimentelle Entwick- und dafür eine neue Produktionslinie aufbau- Da es bei der industriellen Forschung eher lung maximal 25 Prozent. en, ebenso Prototypen mit kommerzieller Ab- um neues Wissen geht, ist diese Kategorie auf sicht entwerfen. Diese Entwicklungen können Forschungseinrichtungen gerichtet. Für kleine Darüber hinaus können sich die Zuwen- als Einzelprojekte von dem Unternehmen al- und mittlere Unternehmen ist die experimen- dungen unter bestimmten Voraussetzungen lein gestemmt werden oder aber auch als Ver- telle Entwicklung von Interesse. Diese dient auf bis zu 80 Prozent der zuwendungsfähi- bundprojekt mit einer Hochschule. zur Verbesserung bzw. Entwicklung von neu- gen Ausgaben erhöhen. So spielt es eine Rol- en Verfahren, Produkten und Dienstleistung le, ob der Antragsteller ein kleines bzw. mitt- Kontakt: oder zur Lösung von Problemen. leres Unternehmen ist und/oder die Ergebnisse Sebastian Knabe Ausgeschlossen davon sind Entwicklung von des Projektes über Open-Source/Access veröf- Investitionsbank Sachsen-Anhalt bestehenden bzw. laufenden Produkten o.ä., fentlicht werden. Aber auch Prozess- und Or- Fördermittelberater, Kommunikation/Vertrieb Dienstleistungen oder Prozessen welche einer ganisationsinnovationen sowie Patentanmel- Domplatz 12, 39104 Magdeburg permanenten Erneuerung bzw. Versionierung dungen können mit bis zu 50 Prozent der Telefon: 0391 589-1766 unterliegen. Aufwendungen gefördert werden. E-Mail: sebastian.knabe@ib-lsa.de DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18 21
TITELTHEMA »Bianca macht das schon besser als ick« Erfolgreiche Unternehmensnachfolge bei Firma und Familie Zorn von CHRISTIAN WOHLT B ernd Zorn trägt sein auch als Ratgeber nach wie vor Herz auf der Zunge und gefragt. »Vati ist morgens noch lässt sich nicht so leicht immer um 6 Uhr der Erste im die Butter vom Brot nehmen. Büro«, berichtet Bianca Zorn. Geschäftspartnern, Politikern »Ich schicke ihn dann gern zum und Verbandsvertretern bietet Netzwerken«, schmunzelt sie. der Unternehmer aus Stendal So konnte sich die neue Che- mit seiner Meinung oft Paro- fin ungestört entfalten und das li. Auf einen Menschen muss Unternehmen nach ihren Vor- er jedoch in der eigenen Fir- stellungen gestalten. Neben der ma hören: seine Tochter Bian- Fertigung stärkte sie die Rolle ca. Denn sie ist der Boss. des Vertriebs. Auch auf Schu- Seit knapp drei Jahren arbei- lung und Service legte sie ein tet die Diplom-Wirtschaftsinge- größeres Gewicht. Gute Fach- nieurin im Unternehmen und leute sind heute rar und wol- übernahm nach und nach Füh- len umgarnt werden, weiß sie. rungsaufgaben. Seit einem Jahr Ihr besonderes Augenmerk gilt leitet sie als Geschäftsführen- daher den Beschäftigten. Der de Gesellschafterin die ZORN Urlaub wurde erhöht, ein Kin- INSTRUMENTS GmbH & Co. dergartenzuschuss und betrieb- KG. »Bianca macht das schon liches Gesundheitsmanagement besser als ick«, sagt der 66-Jäh- eingeführt. Einmal im Monat rige zufrieden. Dabei hatte er kommt jetzt eine Masseu- es anfangs gar nicht gern ge- rin. Genau so wichtig sind ihr sehen, dass sein einziges Kind die mindestens einmal im Jahr Foto / Repros: ct-press ins Unternehmen einsteigt. Ihr stattfindenden Mitarbeiterge- vorheriger Job im Magdeburger spräche. »Früher sollten die Fraunhofer-Institut war nicht Leute nicht hinterfragen, son- schlecht bezahlt und verhieß dern machen«, so Bianca Zorn. 1980 hatte Bernd Zorn die Firma von seinem Vater übernommen. Jetzt leitet mit gute Aufstiegschancen. »Als Das habe sich geändert. Heute Bianca Zorn seine Tochter die Firma. Unternehmer hat man es heu- sei die Meinung jedes Einzel- te schwer. Ein Angestellter nen gefragt. »Als Arbeitgebe- Familientradition in fünfter Generation weiß am 1. Januar, was er am rin ist man Mädchen für alles«, Präzisions- und Prüfgeräte Nachfolger Otto Zorn den Ende des Jahres auf dem Kon- sagt sie. von Zorn aus Stendal - diese Schwerpunkt auf das Büch- to hat«, begründet Bernd Zorn Vom geregelten Acht-Stun- einfachen Begriffe sind seit senmacherhandwerk. Ein seine Skepsis. den-Tag hat sich die Mittdrei- mehr als 150 Jahren ein ech- Neuanfang gelang Ger- Doch offensichtlich ist die ßigerin bewusst verabschiedet. tes Qualitätssiegel aus der hard Zorn nach dem Zwei- Tochter nach dem Vater ge- Ihr Herz schlägt für die Firma, Otto Zorn Hansestadt Stendal. Aus ei- ten Weltkrieg. Er belieferte raten und weiß, ihren Kopf aber der gehört es nicht al- ner vom Stendaler Hand- die Deutsche Reichsbahn und durchzusetzen. »Ich brauche lein. Nachdem sie lange Jah- werksmeister Wilhelm Schlie- entwickelte feinmechanische doch Herausforderungen«, sagt re in Magdeburg wohnte und ßer, Urgroßvater von Bernd Produkte, was ab 1955 in ei- sie entschlossen. Die fand sie in anfangs nach Stendal pendel- Zorn, gegründeten »Mecha- nem ersten Härteprüfgerät der beruflichen Selbstständig- te, hat sie sich nun mit ihrem nischen Werkstatt«, wie die für metallische Werkstoffe keit als Chefin von 40 Beschäf- Partner (und zwei Katzen) auch Firma zu Beginn hieß, ist gipfelte. Noch heute gehö- tigten zur Genüge. Und – kaum häuslich wieder in der Altmark ein Unternehmen mit Welt- ren diese Produkte zur Palet- zu glauben – der Vater lässt niedergelassen. Hier gibt es Wilhelm Schließer ruf auf dem Prüfsektor ge- te der Firma, die Bernd Zorn sie machen. »Ich rede ihr nicht die besten Möglichkeiten, ih- worden. 1980 von seinem Vater über- rein. Verantwortung konnte ich rem Hobby zu frönen und im Schließer begann mit Geld- nommen hat. Seit 2008 heißt schon immer abgeben«, versi- DDR-Lotus-Motorboot mit schränken sowie Nähma- das Unternehmen ZORN chert der Senior-Chef. Lange- Wartburg-Motor über die Ge- schinen und machte das INSTRMENTS - ein Verweis weile kommt bei ihm trotzdem wässer zu schippern. Der Rest Veloziped (Fahrrad) im auf die enorm gestiegene In- nicht auf. Bernd Zorn repräsen- der Zeit ist fürs Ehrenamt als 19. Jahrhundert in der Alt- ternationalität. Zum ersten tiert die Firma nicht nur bei ge- Richterin im Arbeits- und So- mark bekannt. Nach dem Mal leitet jetzt mit Bianca schäftlichen und gesellschaft- zialgericht sowie die Mitarbeit Gerhard Zorn Ersten Weltkrieg legte sein Zorn eine Frau die Firma. lichen Terminen, sondern ist im IHK-Bauausschuss verplant. 22 DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
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