Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg

Die Seite wird erstellt Paul-Luca Herzog
 
WEITER LESEN
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
Der Markt
  I N         M I T T E L D E U T S C H L A N D
  Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer Magdeburg
                                                                  4 /2018

Junge Gründer                                               und ihre Ideen
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
O     b Kongress, Event, Meeting oder
      Seminar, Weihnachtsfeier oder Bankett –
 das Tagungshotel
 Grand La Strada
 in Kassel bietet Großes!
 O zentral in Deutschland – bestens erreichbar
 O 10 Minuten zum ICE-Bahnhof Kassel Wilhelmshöhe
 O 5 Minuten zur Autobahn und Stadtmitte
 O 850 Parkplätze
 O zentrale und ruhige Lage nahe dem „Staatspark Karlsaue“
 O schickes Ambiente

E      ines der größten privat geführten Tagungshotels
       ist zugleich Kassels vielseitigste Hotelwelt:
 O 1.000 Betten in 484 modernen Zimmern, Suiten und Appartements (komplett renoviert in 2017)
 O 40 Tagungsräume
 O Exklusiver Kongress- und Event-Saal „Palazzo“ für bis zu 1.000 Personen mit neun Metern
   Deckenhöhe, geschwungenen Galerien und imposanten Freitreppen rechts und links der Bühne
 O vier Restaurants und Bars
 O täglich Livemusik in der Lobby
 O Wellness-Spa mit Sauna, Pool und Fitness
 O Bowlingcenter mit vier Bahnen und eigener Bowling-Bar

                  Wir freuen uns auf Sie! Ihr Team vom Grand La Strada
Raiffeisenstr. 10 . 34121 Kassel . Tel.: 05 61 / 2 09 00 . E-Mail: info@lastrada.de . www.lastrada.de
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
EDITORIAL
Foto: Wirtschaftsministerium / Andreas Lander

                                                Sie werden mir sicher zustimmen: Unterneh-        Kommunikation und Kooperation erkannt           noch stärker in das Bewusstsein zu rücken.
                                                mergeist in der Gesellschaft ist eine wichti-     und gemeinsam mit den Unternehmen dar-          Sie als Unternehmerinnen und Unternehmer
                                                ge Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften       an gearbeitet. So ist auch die IHK Magdeburg    wissen: Das Verständnis für wirtschaftliche
                                                und schafft damit die Voraussetzungen für         als Interessenvertretung der regionalen Wirt-   Zusammenhänge und die Grundlagen un-
                                                ein auskömmliches Zusammenleben.                  schaft ein ideales Bindeglied zwischen dem      ternehmerischen Handelns sind nicht nur
                                                Das Gründungsgeschehen in unserem Land ist        Innovationsbedarf ihrer Mitgliedsunterneh-      wichtig für Existenzgründer und Unterneh-
                                                deshalb ein wichtiger Aspekt der wirtschaftli-    men und dem Kreativpotenzial an Universi-       mensnachfolger, sondern auch für die stark
                                                chen Entwicklung in Sachsen-Anhalt. Insbe-        täten und Hochschulen.                          nachgefragten Fachkräfte, die sich dann als
                                                sondere die Start-ups, also junge, innovative                                                     engagierte Beschäftigte in Ihren Unterneh-
                                                Unternehmen mit einer hohen Wachstumsdy-                                                          men einbringen können.
                                                namik, sind hier ein wesentlicher Impulsgeber.     Unternehmergeist in der Gesellschaft
                                                Unser Land bietet dafür sehr gute Voraus-          heißt auch, die Idee einer
                                                setzungen. Es hat sich zu einem attraktiven        selbständigen Tätigkeit noch stärker
                                                Hochschulstandort entwickelt, und wenn man         in das Bewusstsein zu rücken
                                                betrachtet, was in den letzten Jahren im Um-
                                                feld der Universitäten und Hochschulen ent-       Die Rahmenbedingungen dafür wurden durch
                                                standen ist, wie sich die Bedingungen vor Ort     das Land Sachsen-Anhalt geschaffen und re-
                                                verbessert haben, sind wir absolut auf dem        gelmäßig weiterentwickelt. Auf dieser Basis
                                                richtigen Weg. Die Verknüpfung zwischen           gilt es nun, in der konkreten betrieblichen
                                                Wissenschaft und Wirtschaft noch stärker zu       und akademischen Praxis Beispiele für ge-
                                                entwickeln, ist erklärtes Ziel der Landesregie-   lungene Kooperationen zu schaffen. Es sind
                                                rung und so messen wir diesem Thema eine          bereits neue Formate entstanden, um inno-
                                                große Bedeutung zu.                               vative Gründungsprojekte und klassische Be-
                                                Die Aktivitäten der gewerblichen Kammern          standsunternehmen zusammenzubringen. Ei-
                                                unterstützen das in hervorragender Weise.         nige Beispiele werden Sie in der vorliegenden   Dr. Jürgen Ude
                                                Hier wurde frühzeitig der Bedarf der regi-        Ausgabe finden.                                 Staatssekretär im Ministerium für
                                                onalen Wirtschaft an neuen Ideen und An-          Unternehmergeist in der Gesellschaft heißt      Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung
                                                sätzen bei Technologie und Organisation,          auch, die Idee einer selbständigen Tätigkeit    Sachsen-Anhalt

                                                DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                          3
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
TITELTHEMA                                                                                        IHK-INTERNATIONAL

                                                                                            6                                            28

Gründer stellen ihre Geschäftsideen vor                                                            Optimismus trotz
Sie hatten sich in die »Höhle der Löwen« gewagt. Vier Gründerteams präsentierten im ver-
gangenen Jahr im Technikmuseum in Magdeburg einer vierköpfigen Expertenrunde ihre Ge-
                                                                                                   Sorge um NAFTA
schäftsidee. Was ist in der Zwischenzeit aus den jungen Gründern geworden? Konnten Sie             Trotz Sorge vor dem Aus des Freihandels-
ihre Geschäftsideen erfolgreich weiterentwickeln? Wir haben nachgefragt und ihre Geschich-         abkommens NAFTA halten deutsche Firmen
te aufgeschrieben.                                                                                 am Engagement in Mexiko fest, sagt Johan-
                                                                                                   nes Hauser, Chef der AHK Mexiko.

        TITELTHEMA                                       IHK-REGIONAL                                 IHK-INTERNATIONAL
    6                                                 24 Integration von                           30 »Licht und Schatten
                                                         Flüchtlingen in Betriebe                     in Kuba«
                                                         Vor gut zwei Jahren hat die IHK-              Kuba hat sich wirtschaftlich in den
                                                         Organisation das Aktionsprogramm              letzten Jahren anderen Staaten
                                                         »Ankommen in Deutschland –                    gegenüber geöffnet. Diese Chance
                                                         Gemeinsam unterstützen wir                    zu nutzen, war das Ziel einer
                                                         Integration!« beschlossen. Jetzt zieht        Geschäftsreise zur Messe »informatica«
                                                         Elisabeth Bartke vom DIHK Bilanz.             nach Havanna.

                                                      25 10 Jahre                                  32 Zusammen für mehr
                                                         »Die Altmark kocht«                          Verkehrssicherheit
                                                         Zum 10. Mal organisierten die                 Die Zusammenarbeit zwischen der
                                     Titelbild: kpv

                                                         DEHOGA-Kreisverbände in der Altmark           Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt
                                                         in Kooperation mit der Geschäftsstelle        und ihren Kollegen im polnischen
                                                         Salzwedel der IHK Magdeburg das               Verband SEPERD wird intensiviert.
                                                         Schaukochevent »Die Altmark kocht«.           In Magdeburg wurde gemeinsam der
18 Unternehmensnachfolge                                                                               erste Workshop zur Unfallprävention
   braucht klaren Fahrplan                                                                             durchgeführt.
        Immer mehr Unternehmen berichten
        ihrer IHK von Schwierigkeiten                    MELDUNGEN
        bei der Suche nach einem
        Nachfolger. Der DIHK-Report                   26 Neuigkeiten
        »Unternehmensnachfolge«                          aus Wirtschaft, Politik und der Region.
        wirft ein Schlaglicht auf diese
        existenzielle Herausforderung für
        den Mittelstand. Ein Interview mit
        Dr. Marc Evers, DIHK-Experte für
        Unternehmensnachfolge.

4                                                                                                             DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
BERUFSBILDUNG                               IHK-AKTIV                                     IHK-SERVICE

                                      34                                          44                                            48

Berufsfindungsmesse Was wird mit                                                           Pracht und Mythos
mit Besucherrekord  dem Diesel?                                                            in Sachsen-Anhalt
So viele Besucher wie noch nie fanden        Das mögliche Fahrverbot für Dieselfahrzeuge   Die Kulturmacher an der Straße der Romanik
den Weg in die IHK Magdeburg zur             bestimmte die Exkursion des IHK-Regional-     haben ein abwechslungsreiches Programm
Berufsfindungsmesse, um dort die Angebote    ausschusses Harz ins BMW-Werk Leipzig und     zusammengestellt. Höhepunkt ist die
der Unternehmen zu erkunden.                 zum Energieversorger enviaM.                  Festwoche vom 6. bis 13. Mai.

   BERUFSBILDUNG                                IHK-AKTIV                                     IHK-SERVICE
36 Neuer Ausbildungsberuf                    42 »Digitalisierung: Aus der                  49 Wirtschaftsrechtliches
   Kaufmann im E-Commerce                       Praxis — Für die Praxis«                      im Koalitionsvertrag
     Ab 1. August 2018 soll es einen             Zum dritten Mal in Folge fand                 Im Hinblick auf wirtschaftsrechtliche
     neuen Ausbildungsberuf »Kaufmann/-          das Regionalforum Digitale                    Themen werden auf den insgesamt
     frau im E-Commerce« geben. Als              Wirtschaft der IHK Magdeburg statt.           177 Seiten des Koalitionsvertrags der
     Ausbildungsbetriebe kommen                  Kooperationspartner waren sowohl das          Bundesregierung unter dem Titel
     Unternehmen aus den Bereichen               Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentrum            »starker Staat« viele Ziele formuliert.
     Einzel-, Groß- und Außenhandel,             Magdeburg als auch die Mittelstand            Die konkrete Zielerreichung und deren
     Tourismus, Versicherungen, Finanzen,        4.0 – Agentur Prozesse.                       Instrumente sind jedoch oft unklar.
     Logistik, Mobilität und auch der
     Immobilienwirtschaft infrage.           46 IHK-Handelsausschuss                       50 »Das ist doch nichts
                                                berät zur Sonntagsöffnung                     für mein Unternehmen!?«
38 Zum 5. Mal                                    Der IHK-Handelsausschuss wird der             Medienberichte über Hedgefonds oder
   »Haus der kleinen Forscher«                   Vollversammlung der IHK Magdeburg             spektakuläre Übernahmen werfen
     Als erste Einrichtung im Bezirk der         empfehlen, einen Beschluss zu                 mitunter ein schlechtes Licht auf
     IHK Magdeburg ist die Kita Kuhfelde         fassen, sich für die Nutzung der              Unternehmensbeteiligungen. Vier
     mit der 5. Plakette »Haus der kleinen       gesetzgeberischen Spielräume bei der          Mythen und vier Fakten.
     Forscher« ausgezeichnet worden.             Regelung von Ladenöffnungen an
                                                 Sonn- und Feiertagen im Interesse von     60 Amtliche Bekanntmachung
                                                 Gewerbetreibenden und Verbrauchern
                                                 einzusetzen.

DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                      5
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
TITELTHEMA

Trialog
Gründer und
ihre Ideen

6                DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
1 | Filterize

                                                                                      2 | Flexist

                                                                                      3 | Waver

                                                                                      4 | VRsafe

                                      S
                                      von TORSTEN SCHEER

                                                          ie hatten sich in die »Höhle
                                                          der Löwen« gewagt. Vier             Was ist in der Zwischenzeit
                                                          Gründerteams präsentier-
                                                          ten im vergangenen Jahr
                                                                                              aus den jungen Gründern
                                                          im Technikmuseum Mag-                       geworden?
                                                          deburg einer vierköpfigen
                                                          Expertenrunde ihre Ge-
                                                          schäftsidee. Einer jeweils                 Konnten Sie ihre
                                                          zehnminütigen Präsenta-
                                                          tion folgen 20 Minuten
                                                                                                      Geschäftsideen
                                      Diskussion mit Jury und Publikum. Dahin-                       weiterentwickeln?
                                      ter steht ein neues Konzept für Sachsen-An-
                                      halt. »TRIALOG«, so der offizielle Name der
                                      Veranstaltung, möchte Türöffner in die Wirt-            Wir haben nachgefragt und auf den
                                      schaftswelt sein und Gründer mit potenziel-            folgenden acht Seiten ihre Geschichte
                                      len Kunden, Geldgebern und mit Multiplika-                       aufgeschrieben.
                                      toren zusammenbringen.

                                      Jury und Publikum verfolgten im Technikmuseum die Präsentation der Gründer.

                                                                                                                                         Foto: IHK Magdeburg
                         Fotos: kpv

DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                  7
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
TITELTHEMA

Filterize
Die besondere
»Sekretärin«

Wollen ihr eigenes Unternehmen gründen:
Sandra und Pascal Held

8                                         DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
Z
                                      von KLAUS-PETER VOIGT

                                                             wei junge Leute haben       »Filterize«. Die cloudbasierende Anwendung
                                                             sich bewusst für eine       von Evernote bekommt damit einen entschei-
                                                             berufliche Perspektive      denden Mehrwert. Nahezu automatisch sortiert
                                         |1                  in Sachsen-Anhalt ent-      das »Helferlein« alles so, wie es der Anwender
                                                             schieden. Vorurteile ge-    vorgibt. Das spart erhebliche Zeit, sorgt für
                                                             gen das Bundesland, die     mehr Komfort bei der Bedienung. Eine solche
                                                             es ab und an zu hören       Erweiterung bringt vor allem für kleine und
                                                             gibt, sind ihnen fremd.     mittelständische Unternehmen, die Evernote
                                                             Ganz im Gegenteil lo-       auf einer Vielzahl von Geräten einsetzen, ein
                                                             ben Sandra und Pascal       echtes Plus. Die automatische Notizverarbei-
                                      Held Magdeburg, wo die beiden Erfurter in-         tung funktioniert für die Anwender nahezu
                                      zwischen heimisch sind. Es ist nicht nur das       kinderleicht, hilft allen beteiligten Mitarbeitern,
                                      wissenschaftliche Umfeld der Otto-von-Gue-         immer auf aktuelle und übersichtliche Daten
                                      ricke-Universität, das sie in ihrem Entschluss     gemeinsam zugreifen zu können. »Suchfunk-
                                      bestärkte. Die Landeshauptstadt beweise Po-        tionen und Mailarchivierung gehören dazu«,
                                      tenzial. In den vergangenen Jahren hat sich        sagt Sandra Held. Sie ergänzt: »Sich wiederho-
                                      eine Menge getan, die vielen grünen Oasen          lende Aufgaben laufen quasi im Hintergrund,
                                      schaffen zudem ein besonderes Flair, bekräf-       Prozessfehler sind vermeidbar und Zeit wird
                                      tigen die Jungunternehmer.                         gespart«. Ehemann Pascal lacht. Er nennt Fil-
                                         Von dem profitieren sie selbst. Eine Woh-       terize gern »eine Sekretärin«, die sich um ein-
                                      nung in der Nähe des Nordparks mit uralten         mal festgelegte Aufgaben kümmert. Der Er-
                                      Bäumen und damit nur ein paar Schritte vom         folg gibt seiner Grundidee recht. Ende 2016
                                      Unicampus entfernt, steht für Lebensqualität.      begann er, das Programm zu vermarkten. Die
                                      Man profitiert von kurzen Wegen. Während           Nachfrage bestärkte ihn, im Internet fand es
                                      Pascal Held seinen Master im Studiengang In-       schnell seine Interessenten, wird gegenwärtig
                                      formatik bereits in der Tasche hat, legt sich      bereits in 50 Ländern der Erde eingesetzt. Vor
                                      Ehefrau Sandra gerade ins Zeug, um die glei-       allem aus Brasilien kamen Nachfragen, nach-
                                      che Fachrichtung bis Anfang kommenden Jah-         dem es dort jemand entdeckt und via Podcast
                                      res abzuschließen. Die Zukunftsplanung läuft       dafür Werbung gemacht hatte.
                                      auf Hochtouren. Unternehmer wolle man wer-           Pascal Helds »Informatikerkrankheit«, Pro-
                                      den, mit einer eigenen Firma den Schritt in die    gramme anzupassen, zahlt sich aus. Gegen-
                                      Selbstständigkeit wagen. Und nicht nur das.        wärtig gibt es ihr Produkt mit deutscher und
                                      Gleichzeitig geht es darum, ein eigenes Soft-      englischer Benutzeroberfläche, die sich bei Be-
                                      wareprodukt möglichst weltweit zu etablieren.      darf beispielsweise auch in Portugiesisch aus-
                                         »Eigentlich war alles mehr eine Idee, die mir   führen lässt. An weiteren Verbesserungen wird
                                      das Arbeiten am Computer erleichtern sollte«,      ständig gewerkelt. Mit Fördermitteln von Land
                                      erzählt Pascal Held. Mit dem Programm Ever-        und EU soll in den kommenden eineinhalb
                                      note, für das er sich entschieden hatte, können    Jahren die Produktidee weiter optimiert wer-
                                      Notizen jederzeit und überall erstellt, organi-    den. In der Experimentellen Fabrik von Mag-
                                      siert und geteilt werden. Diese lassen sich mit    deburg hat das Start-up-Unternehmen mehre-
                                      Links, Checklisten, Tabellen und Anhängen er-      re Plätze in einem Gemeinschaftsbüro belegt,
                                      weitern, mit der Ablage von E-Mails kombinie-      einen Teilzeit-Mitarbeiter eingestellt und be-
                                      ren. Einzig das Ablagesystem fordert noch ein      kommt in dieser Gründungsphase Unterstüt-
                                      manuelles Eingreifen. Ihm sei das zu umständ-      zung vom Transfer- und Gründerzentrum der
                         Foto: kpv

                                      lich gewesen. So schlug die Geburtsstunde von      Universität.

DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                       9
Der Markt - Junge Gründer - IHK Magdeburg
TITELTHEMA

FLEXIST
Die dritte Hand
des Arztes

Wollen mit ihren Erzeugnissen Ärzten Assistenzgeräte
an die Hand geben: Sinja Lagotzki und Juan Sebastián Sánchez López

10                                                                   DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
D
                                      von KLAUS-PETER VOIGT

                                                               er Raum ist angefüllt    dieser Assistenzvorrichtung bei minimalinva-
                                                               mit modernsten Gerä-     siven Eingriffen, die sich quasi als dritte Hand
                                                               ten. Bildschirme und     versteht, vereinfacht sich die Entnahme einer
                                                               eine Operationsliege     Gewebeprobe von Patienten in allen gängi-
                                                               ergänzen die Ausstat-    gen Bildgebungssystemen wie MRT und CT.
                                                |2             tung des Simulations-    Mit dem Haltearm hat sich Sánchez López am
                                                               OP auf dem Gelän-        menschlichen Arm orientiert, um die komplette
                                                               de des Magdeburger       Flexibilität zu garantieren und jede gewünsch-
                                                               Uniklinikums. Seit       te Position zu erreichen. Die Spitze des Hal-
                                                               Ende vergangenen         tearms wurde austauschbar gestaltet, so dass
                                      Jahres können dort Lösungsideen beispiels-        eine individuelle Anpassung an den jeweili-
                                      weise für Prototypen in der Medizintechnik        gen medizinischen Eingriff möglich wird. »Als
                                      getestet und evaluiert werden. Eingebunden        entscheidenden Vorteil sehen wir, dass unsere
                                      in das Forschungsprojekt INKA - Institut für      Entwicklung deutlich preiswerter als roboter-
                                      intelligente Katheter steht es auch jungen Fir-   gesteuerte Lösungen ist. Damit kann es gelin-
                                      mengründern zur Verfügung.                        gen, eine Marktnische zu erobern«, erklärt La-
                                        Sinja Lagotzki und Juan Sebastián Sánchez       gotzki. Zwei Partner habe man bereits ins Boot
                                      López loben die optimalen Arbeitsbedingungen      geholt, den Leiter des Instituts INKA, Prof. Dr.
                                      in der Elbestadt. Das kleine Team, das inzwi-     Michael Friebe und einen Medizintechnikher-
                                      schen auch eine Freundschaft verbindet, arbei-    steller aus Österreich.
                                      tet seit zwei Jahren an gemeinsamen Projekten.       Zudem haben die beiden Techniker inzwi-
                                      Es hatte sich in der Ausbildung ganz bewusst      schen ein ergänzendes Produkt entwickelt. Mit
                                      für die Magdeburger Uni mit ihrem guten Ruf       der Einwegnadelführung FLEXLINE lasse sich
                                      auf diesem Fachgebiet entschieden. Dort er-       die Präzision bei Biopsien weiter erhöhen. Auch
                                      warben sie zudem den Master in der Medizin-       bei ihr spielen Kunststoffe als Ausgangsmate-
                                      technik. Sánchez López studierte zuerst in Ko-    rial eine entscheidende Rolle, denn stets zähle
                                      lumbien Maschinenbau, die Kielerin Lagotzki       der Einsatz in der Magnetresonanztomographie
                                      an der Otto-von-Guericke-Universität Elektro-     (MRT), da dort keine metallischen Elemente
                                      und Informationstechnik. Jetzt soll auf dieser    zugelassen sind.
                                      stabilen Basis der Weg in die Selbstständigkeit      »Unser Ziel ist es, Probleme aufzuspüren
                                      gewagt werden.                                    und dafür dann medizintechnische Lösun-
                                        Das erste Produkt FLEXIST der künftigen Fir-    gen zu entwickeln«, sagen Sinja Lagotzki und
                                      ma »In-Line« beschäftigte den jungen Mann         Juan Sebastián Sánchez López. Die Erfahrun-
                                      aus Südamerika bereits geraume Zeit, war auch     gen mit den ersten Erzeugnissen machen ih-
                                      Thema seiner Masterarbeit. »Allein in Deutsch-    nen Mut. Jedoch erfordere gerade die klini-
                                      land werden im Jahr etwa 1,5 Millionen Biop-      sche Zulassung einen hohen finanziellen und
                                      sien zur Entnahme von Gewebeproben durch-         logistischen Aufwand. Ein Gründerstipendium
                                      geführt«, erläutert er. So entstand die Idee,     hilft, die Produkte marktreif zu machen und
                                      dass Ärzte mit einem mechanischen Haltearm        für die Zertifizierung vorzubereiten. So sind
                                      ohne großen Aufwand jeden Eintrittswinkel         weitere Geldgeber für das Start-up-Unterneh-
                         Foto: kpv

                                      der Biopsienadel präzise erreichen können. Mit    men erforderlich.

DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                  11
TITELTHEMA

WAVER
Sauberes Wasser
im Katastrophenfall

Martina Findling und Martin Drewes vor dem Modell von WAVER,
mit dessen Hilfe sich klares, sauberes Wasser erzeugen lässt.

12                                                              DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
D
                                      von KLAUS-PETER VOIGT

                                                                 er griechische Philo-   mit Druck die richtige Technologie. Die wurde
                                                                 soph Thales von Mi-     letztlich an der Magdeburger Hochschule ent-
                                                                 let nannte Wasser       wickelt. »Durch unsere Lösung, die eine Stabi-
                                                                 den Ursprung von al-    lität der Drücke in dem System gewährleistet,
                                                                 lem. Klar und sauber    sind völlig neue Wege bei der Trinkwasserauf-
                                                |3               muss es sein, um sei-   bereitung möglich«, sagt der Bachelor, dem
                                                                 nen Zweck auch in       für das Verfahren inzwischen das Patent erteilt
                                                                 vollem Umfang erfül-    wurde. Dabei habe er mit den Filterelementen
                                                                 len zu können. Seinen   lediglich experimentiert, seiner Phantasie freien
                                                                 Wert spürt man dort,    Lauf gelassen. Herausgekommen sei eine An-
                                      wo Schmutz, Keime oder Giftstoffe die Ober-        lage, die sich modular aufbauen lässt und die
                                      hand gewonnen haben. In solchen Fällen muss        über ein Schaufelrad mit innovativer Geome-
                                      bislang eine aufwändige und teure Reinigung        trie einen bislang unbekannten Wirkungsgrad
                                      einsetzen.                                         erreicht. Der Nutzen ist augenscheinlich: Aus
                                         »Wie wichtig eine ordentliche Aufbereitung      arsenhaltigen Brunnen, verschmutzten Flüs-
                                      ist, belegt allein die Tatsache, dass zehn Pro-    sen ebenso wie aus Brackwasser lässt sich ab-
                                      zent der Weltbevölkerung keinen Zugang zu          solut sauberes Wasser gewinnen.
                                      sauberem Trinkwasser haben«, sagt Martin Dre-         Gemeinsam mit Martina Findling, die an der
                                      wes. Er spricht von strukturschwachen Regi-        Hochschule BWL studierte und gegenwärtig
                                      onen oder solchen, die geographisch isoliert       noch in ihrem Beruf arbeitet, will Drewes nun
                                      liegen. Dort seien die Versorgungslücken sehr      eine eigene Firma gründen. Bei INFLOTEC sol-
                                      groß. Eine Lösung für das Problem scheint ge-      len künftig Anlagen zur Reinigung von Trink-
                                      funden. Während seines Maschinenbaustudi-          wasser entwickelt und verkauft werden. Jeder
                                      ums an der Hochschule Magdeburg-Stendal            der beiden potenziellen Unternehmer steuert
                                      beschäftigte er sich mit erneuerbaren Energien,    dabei sein Fachwissen bei. Rund 18 Monate
                                      nahm die Funktion unterschlächtiger Wasserrä-      sind Zeit, um die Geschäftsidee in trockene
                                      der unter die Lupe. Dass deren Effizienz nicht     Tücher zu bringen. Es gilt, finanziell abgesi-
                                      die beste ist, ließ den Tüftler wach werden. So    chert durch das Förderprogramm ego.-START
                                      entstand eine Technologie, bei der sich mittels    des Landes Sachsen-Anhalt und der Europäi-
                                      pfiffiger Konstruktion diese Nachteile deutlich    schen Union, Geldgeber zu suchen und Indus-
                                      minimieren ließen. Und das war keineswegs al-      triepartner zu finden.
                                      les. Das ganze System lässt sich nunmehr auch         Einsatzmöglichkeiten für WAVER, wie das
                                      für den Antrieb von Pumpen nutzen, mit de-         autonome System heißt, gibt es genügend. Es
                                      ren Hilfe beispielsweise verschmutztes Fluss-      kann im Katastrophenfall bei einer zerstörten
                                      wasser in ein autonomes Filtersystem eingelei-     Infrastruktur ebenso für sauberes Wasser sor-
                                      tet wird, das nach einem weltweit einmaligen       gen wie permanent in kleinen Siedlungen mit
                                      Verfahren sauberes Trinkwasser aus Gewässern       einem Bedarf von bis zu 4.000 Litern am Tag.
                                      gewinnen kann.                                     Dabei erweist es sich als vorteilhaft, dass für
                                         Alles klingt simpel, aber der Teufel steckt     die Aufbereitung von 300 Litern Wasser ge-
                                      im Detail, berichtet Martin Drewes. Während        rade einmal 27 Watt Strom notwendig sind.
                                      die Filter, die beispielsweise auch die NASA bei   Eine entsprechende Versuchsanlage wird gera-
                                      Weltraumflügen nutzt, längst im Einsatz sind,      de in Kenia getestet, eine weitere demnächst
                         Foto: kpv

                                      verlangt ihre kontinuierliche Beaufschlagung       im Bodetal ihre Leistungsfähigkeit beweisen.

DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                    13
TITELTHEMA

VRsafe
Software für
die Feuerwehrschule

Im Magdeburger »Coworking Space« hält Christian Bremer
den Kontakt mit den anderen beiden Firmengründern.

14                                                       DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
D
                                      von KLAUS-PETER VOIGT

                                                                ie Nähe ist gewollt       den jungen Leuten helfen, den gemeinsamen
                                                                und ein wenig sym-        Traum von einer Zukunft als Unternehmer zu
                                                                bolhaft. Nur wenige       verwirklichen. Nicht nur in Magdeburg, son-
                                                                Schritte vom Campus       dern auch in Braunschweig fördern Hochschu-
                                                                der Hochschule Mag-       len und Unis solche Vorhaben. Gründertreffen
                                                |4              deburg-Stendal ent-       gehören zum Alltag, erweisen sich immer auch
                                                                fernt befindet sich       als Ideenbörse und Markt, auf dem Gleichge-
                                                                seit mehr als 20 Jah-     sinnte zueinander finden.
                                                                ren ein Forschungs-          »Bei uns war es ähnlich. Schnell spürten wir,
                                                                und Entwicklungszen-      dass die Chemie stimmt und sich unsere Mög-
                                      trum. Nicht nur Unternehmen, die innovative         lichkeiten ergänzen«, sagt Niels Kowala. Für
                                      Technologien auf ihre Fahne geschrieben ha-         Feuerwehren soll so ein modernes Lehrkonzept
                                      ben und die Nähe zur Wissenschaft suchen,           entstehen. Die Software für Ausbildungszwe-
                                      gehören zu dessen Nutzern. Es sind auch Stu-        cke als Virtual-Reality-Training hat in der Pla-
                                      denten, die bereits während ihrer Ausbildung        nung bereits Gestalt angenommen. Christian
                                      unternehmerische Fähigkeiten erproben und           Bremer erläutert, worum es geht: »Wir haben
                                      ausbauen wollen, für die es dort Arbeitsmög-        festgestellt, dass die auf dem Markt erhältliche
                                      lichkeiten gibt.                                    Software nicht so flexibel für unterschiedliche
                                         »Coworking Space« steht an einer der Tü-         Ausbildungsinhalte eingesetzt werden kann,
                                      ren in dem Gebäude am Rande der Landes-             wie es notwendig ist. Immer braucht es einen
                                      hauptstadt. Der Raum dahinter entpuppt sich         Trainer, der das Programm steuert.«
                                      als eine Art Großraumbüro auf Zeit. Design-            Als Hauptgrund für die neuen technischen
                                      studenten entwarfen dafür ungewöhnliches            Möglichkeiten sieht er die hohe Auslastung in
                                      Mobiliar aus Paletten, schufen farbige Wand-        den klassischen Feuerwehrschulen. Per Soft-
                                      bilder. Von klassischer Büroatmosphäre keine        waretraining wäre es möglich, Ausbilder zu
                                      Spur, wenige Regale, Sitzgruppen. Ein klei-         entlasten und ein modernes, kontinuierliches
                                      ner Kasten sorgt für die Anbindung ans Inter-       Lernkonzept zu nutzen. Benötigte Ressour-
                                      net. Man trifft sich zu Gesprächen in kleinen       cen lassen sich längst digital zur Verfügung
                                      Gruppen, arbeitet an Projekten oder bereitet        stellen.
                                      sich auf die berufliche Selbstständigkeit vor.         Christian Bremer hat sich während seines
                                         Christian Bremer sitzt nur scheinbar allein an   Studiums intensiv mit dem Thema Feuerwehr
                                      einem der Tische. Per Skype bespricht er gerade     beschäftigt. Gute Kontakte zu erfahrenen Prak-
                                      mit Niels Kowala in Braunschweig ein gemein-        tikern halfen mit, das nötige praktische Wis-
                                      sames Projekt. Beide wollen mit einem Partner       sen zu erwerben. Er weiß, wie die Feuerwehr
                                      das Start-up-Unternehmen VRsafe gründen.            tickt. Das klingt simpel, doch der Teufel steckt
                                      Die »Dreierbande« könnte auf den ersten Blick       im Detail. Brandbekämpfung sei heutzutage
                                      nicht unterschiedlicher sein. Während Bremer        nicht mehr die einzige Aufgabe der Feuerweh-
                                      gerade seine Masterarbeit im Studiengang »Si-       ren. Weitere Anforderungen müssen von der
                                      cherheit und Gefahrenabwehr« schreibt, hat          Basissoftware abgebildet und auf die jeweili-
                                      Kowala seinen Master »Elektronische Syste-          gen Inhalte zugeschnitten werden. Die ganz
                                      me« an der Technischen Universität in Braun-        individuellen Fähigkeiten der drei Firmengrün-
                                      schweig bereits erworben. Dazu gesellt sich         der machen es möglich. Zwei Jahre geben sie
                                      einer, der mit seinem Maschinenbaustudium           sich Zeit, bis ihr Produkt steht, bis sie ihre Ni-
                                      eine zusätzliche Kompetenz einbringt. Unter-        sche besetzt haben, denn vergleichbare Offer-
                         Foto: kpv

                                      schiedliche Visionen und Fähigkeiten sollen         ten gibt es bislang nicht.

DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                      15
TITELTHEMA

                            Gründen mit Rückenwind
                            von DIANA DOERKS

                            A
                                   ufgrund ihrer innovativen und inter-         Anlehnung an das Profil der Hochschule verfü-          Überzeugt!
                                   disziplinären Studiengänge besitzt die       gen sie über Expertenwissen in den Bereichen
                                   Hochschule Magdeburg-Stendal ein             Technical und Social Entrepreneurship. Darü-          Für eine lebendige Gründerkultur an den
                            hohes Potenzial für Ausgründungen. Die-             ber hinaus unterstützen sie Forschende bei der      Standorten veranstaltet das Projektteam ein-
                            sen Gründergeist möchte das Team um den             Beantragung von Drittmittelprojekten, welche        mal jährlich die Gründerwoche »Gründet auf
                            Projektleiter Prof. Dr. Christian Meisel an den     zusätzlich auf ihre wirtschaftliche Verwertbar-     dem Campus«. Alle Interessierten sind vom 11.
                            Standorten in Magdeburg und Stendal erkun-          keit hin überprüft werden.                          bis 15. Juni 2018 dazu herzlich auf den Her-
                            den und den Aufbau eines lebendigen Grün-                                                               renkrug-Campus vor der Mensa eingeladen.
                            dungs- und Transfernetzwerks zwischen den
                            Studierenden, Alumni und Forschenden för-             Gereift!                                             Kontakt:
                            dern. Derzeit betreut das Team 35 Gründungs-,                                                              Hochschule Magdeburg-Stendal
                            Transfer- und Projektideen.                           Im Co-Working-Space, der auch über ein El-           Gründer- und Transferförderung
                                                                                tern-Kind-Büro verfügt, können sich die Pro-           Mathias Schulz
                                                                                jektteilnehmenden intensiv austauschen und             Referent Forschung, Gründung und Transfer/ Pro-
                              Entdeckt!                                         an ihren Ideen feilen. Die Ideenwerkstatt be-          jektkoordinator
                                                                                findet sich im FEZ und kann nach Absprache             Breitscheidstraße 51
                              Die Gründungs- und Transferscouts Romy            kostenfrei genutzt werden.                             39114 Magdeburg
                            Koné, Birgit Sinhuber und Christian Kruse be-                                                              Tel: 0391 886 4192
                            gleiten die Gründungsinteressierten von der                                                                gruendet@hs-magdeburg.de
                            Idee bis zur Umsetzung ihres Vorhabens. In                                                                 www.hs-magdeburg.de/gruendet
Foto: Catherina Stuckmann

                            Erkunden den Gründergeist an der Hochschule Magdeburg-Stendal: Romy Koné, Birgit Sinhuber und Christian Kruse (v.l.)

                            16                                                                                                                     DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
WIRTSCHAFTSJUNIOREN SALZLANDKREIS

Was passiert eigentlich, wenn ich hier fertig bin?
von STEVE GORTOL
                                                 finanzielle Intelligenz,                                         dass sie sich auch ebenso für die Themen Un-

D    iese Frage dürfte sich wohl jeder Schü-
     ler kurz vor seinem Schulabschluss stel-
len. Kurz nach dem Schulabschluss kommen
                                                 Unternehmertum, aber
                                                 auch persönliche und
                                                 emotionale Themen.
                                                                                                                  ternehmertum und Selbständigkeit interessie-
                                                                                                                  ren. Und das nicht zu wenig, von einer eigenen
                                                                                                                  Firma träumen viele. In diesem Modul beant-
auf einmal die Fragen: Ein Auslandsjahr, Stu-    Sie würden auch gerne                                            wortet sich auch die Frage, ob es denn nicht
dium oder Job suchen? Aber wie geht das?         wissen, wie man sich                                             noch mehr gäbe«, erzählt Steve Gortol.

                                                                                                   Foto: privat
Oder gibt es da vielleicht noch mehr? Auf ge-    motiviert, in Teams                                                »Fertig wird der Kurs wohl nie. Aber das soll
nau diese Fragen antworten die Wirtschaftsj-     verhält oder vielleicht                                          er auch gar nicht. Mit jeder neuen Schule lernt
unioren aus dem Salzlandkreis in bis zu 6 Un-    sogar Führungsaufga- Steve Gortol                                man dazu. Jeder möchte hier und da etwas an-
terrichtseinheiten des Wirtschaftsunterrichts.   ben übernimmt.                                                   deres wissen. Das versuchen wir vorher best-
Anschließend gibt es noch eine regionale Fir-      »Ein riesiger Themen-Haufen dachten wir,                       möglich zu erarbeiten und mit Geschichten aus
menbesichtigung und ein Bewerberbungstrai-       aber versprochen ist versprochen«, so Steve                      unserem eigenen Leben zu untermauern. Al-
ning, bei dem verschiedene Unternehmen mit       Gortol, amtierender Vorsitzender der WJ Salz-                    lerdings sollen die Schüler auch vermittelt be-
den Schülern echte Bewerbungsgespräche füh-      landkreis. So wurde ein Kurs entworfen. »Aber                    kommen, dass man sich stets weiterentwickeln
ren, die Unterlagen prüfen und Feedback ge-      trockener Inhalt ist nicht genug. Ein Konzept                    muss«, erklärt Sebastian Schellin.
ben. Dadurch lernen Schüler auch die ande-       musste her, eine Story dahinter«. erinnert sich                    EcoPro ist ein tolles Projekt und liefert inte-
re Seite des Tisches kennen und können sich      Sebastian Schellin, selbst Dozent, Mitstreiter                   ressante Erkenntnisse aus der Praxis, aus dem
besser vorbereiten.                              des Projektes und stellvertretenden Vorsitzen-                   Schulalltag selbst.
  EcoPro, abgeleitet von Economy Pro-            der des Vereins.                                                   Die Wirtschaftsjunioren Salzlandkreis sind ein
ject, nennt sich das Projekt. Entstanden ist       Mittlerweile wurde der Kurs in mehreren                        ehrenamtlicher Verband aus Unternehmern und
es durch die Schüler. In den Wirtschaftskur-     Schulen umgesetzt und immer wieder verbes-                       Führungskräften unter 40 Jahren. Durch ge-
sen wird von den Ausrichtern folgende Frage      sert. »Die Jugendlichen sind nicht mehr moti-                    sellschaftliches Engagement wirken sie aktiv an
gestellt: »Wenn ihr wählen dürft, was würdet     vierbar, hört man so oft. Das haben wir anders                   der Entwicklung ihrer jeweiligen Region mit.
ihr alles wissen wollen?« Daraus haben sich      erlebt. Man muss nur mal ein offenes Ohr für                     Schwerpunkt des Engagements im Salzland-
Themen ergeben, wie Unternehmensführung,         die Schüler haben, dann würde man wissen,                        kreis ist das Thema Bildung und Nachwuchs.

DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                                             17
TITELTHEMA

Unternehmensnachfolge braucht
klaren Fahrplan zum Aus- und Einstieg
  Die Zahl lässt aufhorchen: In den                                                                                            Verantwortlichkeiten müssen klar geregelt
                                                                                                                               sein, denn Kompetenzgerangel kann dem Be-
  nächsten zehn Jahren droht rund
                                                                                                                               trieb schaden. Das gilt im Übrigen auch bei
  800.000 Familienunternehmen                                                                                                  der Übertragung an Mitarbeiter. Eine gelun-
                                                                                                                               gene Nachfolge braucht einen klaren Fahr-
  in Deutschland das Aus – rund
                                                                                                                               plan zum Ausstieg des Seniors und zum Ein-
  drei Vierteln der Betriebe mit                                                                                               stieg des Neuen.
                                                                                                                             Etwa ein Viertel der Nachfolger se-
  Inhabern im Alter 55 plus.
                                                                                                                             hen Probleme wegen der Erbschaftsteu-
  Darunter sind selbst profitabel                                                                                            er bei der Betriebsübergabe, ein deutli-
                                                                                                                             cher Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Wie
  aufgestellte Unternehmen, die
                                                                                                                             können sich Unternehmen wappnen?
  keinen geeigneten Übernehmer                                                                                                 Evers: In der Tat wird es durch die Reform
                                                                                                                               für viele Unternehmen unter dem Strich
  finden. Das zeigen Untersuchungen

                                                                                                 Foto: DIHK / Jens Schicke
                                                                                                                               Mehrbelastungen geben. Da es noch keine
  u. a. der Industrie- und                                                                                                     Erbschaft- und Schenkungssteuerrichtlinie
                                                                                                                               gibt, welche die Reform in konkrete Verwal-
  Handelskammern. Der DIHK-
                                                                                                                               tungsregelungen umsetzt, kann faktisch zum
  Report Unternehmensnachfolge                      Dr. Marc Evers                                                             Teil noch keine individuelle Belastung aus-
                                                                                                                               gerechnet werden. Wichtig ist, sich bereits
  wirft ein Schlaglicht auf diese
                                                    Jahre vorher sollte man die Suche nach ei-                                 im Vorfeld steuerlich beraten zu lassen und
  existenzielle Herausforderung für                 nem Übernehmer beginnen.                                                   Zahlen und Fakten so weit wie möglich auf-
                                                  Die Zahl der Alt-Unternehmer steigt.                                         zubereiten. Für Politik und Finanzverwaltung
  den Mittelstand. Ein Interview
                                                  Gleichzeitig gibt jeder zweite potenzielle                                   lautet das Gebot der Stunde: die Erbschaft-
  mit Dr. Marc Evers, DIHK-Experte                Nachfolger an, kein passendes Unterneh-                                      steuer nicht erhöhen und die gerade refor-
                                                  men zu finden. Wie passt das zusammen?                                       mierte Erbschaftsteuer mittelstandsfreund-
  für Unternehmensnachfolge.
                                                    Evers: Nicht jedes Unternehmen ist profita-                                lich umsetzen.
Herr Dr. Evers, immer mehr Unterneh-                bel aufgestellt. Bisweilen wurden wichtige                               Und was sind die Herausforderungen bei
men berichten ihrer IHK von Schwierig-              Investitionen etwa zur Digitalisierung auf-                              einer Übertragung an externe Käufer?
keiten bei der Suche nach einem Nach-               geschoben. In der Industrie sind oft relativ                               Evers: Gerade externe Nachfolger haben zu-
folger. Wie sieht es deutschlandweit aus?           hohe Kaufpreise zu stemmen. In Handel und                                  meist einen nüchternen Blick auf das Unter-
  Evers: Im Jahr 2016 haben 2.947 Alt-Inha-         Gastronomie ist der Wettbewerbsdruck hoch                                  nehmen und seine Ertragschancen, während
  ber ihre IHK aufgesucht, weil sie keinen pas-     und der Strukturwandel etwa durch Online-                                  viele Inhaber doch wesentlich emotiona-
  senden Nachfolger finden. Das ist ein neu-        Angebote in vollem Gange. Und am Ende                                      ler auf ihr Lebenswerk blicken. Doch Herz-
  er Höchststand.                                   kommt es auch auf die Chemie zwischen Se-                                  blut-Rendite wird am Markt nicht honoriert.
Was steckt dahinter?                                nior und Nachfolger an, schon aus diesem                                   Wichtig ist eine realistische Unternehmens-
  Evers: Zum einen die demografische Ent-           Grund sind oft mehrere Versuche notwendig.                                 bewertung. Der Übernehmer muss sich zu-
  wicklung. Immer mehr Unternehmer er-            Stichwort Nachfolge in der Familie: Wo-                                      dem bei der Belegschaft einen guten Stand
  reichen das Ruhestandsalter. Gleichzeitig       rauf sollte man besonders achten?                                            verschaffen – und manchmal eben auch
  schrumpfen die klassischen »Gründer-Jahr-         Evers: Die Nachkommen sollten Freude am                                    das Schiff auf neuen Kurs bringen und die
  gänge« der 25- bis 45-Jährigen. Aber wahr         Unternehmertum haben und die Branche                                       Mannschaft mitnehmen. Das erfordert hohe
  ist auch, dass die Neigung zum Unterneh-          kennen. Und als Senior muss man neben der                                  unternehmerische Kompetenz.
  mertum in Deutschland im Vergleich zu an-         Elternbrille nun auch die Unternehmerbril-                               Oft finden Interessenten und Seni-
  deren Ländern noch immer gering ist.              le aufsetzen. Die Kinder sind jetzt Verhand-                             or-Unternehmer nicht zueinander. Kann
Laut Report beginnen 42 Prozent der                 lungspartner. Bei größeren Familienunter-                                man sich von Dritten helfen lassen?
Unternehmer zu spät mit der Orga-                   nehmen hat es sich bewährt, Streitigkeiten                                 Evers: Expertise etwa von Unternehmensbe-
nisation ihrer Nachfolge. Wann soll-                durch eine Familienverfassung aufzufangen,                                 ratern oder Steuerberatern ist wichtig, denn
te man damit beginnen?                              denn nur allzu oft überlappen sich gerade                                  die Unternehmensnachfolge ist eine kom-
  Evers: Zehn Jahre vorher. Wer mit 65 das          beim Thema Nachfolge sachliche und emo-                                    plexe und auch emotionale Herausforde-
  Unternehmen in neue Hände geben will, der         tionale Aspekte. In jedem Falle ist es wichtig,                            rung. Und es gibt Hilfe von neutraler Stelle:
  sollte schon mit Mitte 50 quasi durchs Fern-      die neue Chefin oder den neuen Chef früh-                                  Die IHKs bieten ohne gewerbliches Interesse
  rohr schauen und die Zukunft in den Blick         zeitig aufzubauen. Dazu gehört Einsicht in                                 neben Information und Beratung auch eine
  nehmen. Ist mein Unternehmen fit für die          Führungsabläufe, die Vorstellung bei Kun-                                  Moderation von Gesprächen zur Unterneh-
  Digitalisierung? Trägt mein Geschäftsmodell?      den und Geschäftspartnern und die Vorberei-                                mensnachfolge an. Es lohnt sich also der An-
  Wo muss ich modernisieren? Spätestens drei        tung der Belegschaft auf den Rollenwechsel.                                ruf bei der IHK vor Ort.

18                                                                                                                                        DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
NETZWERK UNTERNEHMENSNACHFOLGE SACHSEN-ANHALT
                                                                                         Sprechtage zur Unternehmensnachfolge
Typische Fragen zur Nachfolge                                                            24. April                     14. August
                                                                                         Experten-Sprechtag            Experten-Sprechtag

W      er anfängt Fragen zu stellen, hat
       sich zumindest im Ansatz mit
dem Thema der Unternehmensnachfol-
                                             Spätestens dann geht es um den Wert
                                             des Unternehmens und welche Bewer-
                                             tungsmethode sachgerecht ist.
                                                                                         9-12 (HWK-Mitglieder) und
                                                                                         13-16 Uhr (IHK-Mitglieder
                                                                                                                       9-12 (HWK-Mitglieder) und
                                                                                                                       13-16 Uhr (IHK-Mitglieder)
                                                                                         Ort: IHK-Geschäftsstelle      Ort: Kreishandwerkerschaft
ge beschäftigt. Zuerst ist zu klären, wer      In der Beratungspraxis der Kammern
                                                                                         Salzwedel                     Stendal
für mich als mein Nachfolger in Frage        kommen häufig auch ganz allgemeine
kommt. Meine Kinder? Ein Mitarbeiter?        Dinge zur Sprache, zum Beispiel der Fahr-
                                                                                         29. Mai                       18. September
Oder muss ich mich anderweitig umse-         plan für eine geordnete Übergabe und
                                                                                         Experten-Sprechtag            Experten-Sprechtag
hen? Die Suche nach einem externen           worauf dabei geachtet werden soll. Diese
                                                                                         9-12 (HWK-Mitglieder) und     9-12 (HWK-Mitglieder) und
Nachfolger gehört nämlich zu den größ-       Gedanken kann man sich gar nicht früh
                                                                                         13-16 Uhr (IHK-Mitglieder)    13-16 Uhr (IHK-Mitglieder)
ten Herausforderungen.                       genug machen.
                                                                                         Ort: IHK Magdeburg            Ort: Handwerkskammer
   Aber auch schon im Rahmen der fami-         Bei all dem hat Glück, wer sein Unter-
                                                                                                                       Magdeburg
lieninternen Nachfolge stellen sich viel-    nehmen freiwillig übergeben kann. Denn
fältige Fragen. Sollte der Seniorunterneh-   manchmal schlägt das Schicksal derb zu:
mer noch weiter im Betrieb mitarbeiten?      Der plötzliche Tod, Erbauseinanderset-
Wie verhält es sich, wenn der Inhaber das    zungen, eine schwere Erkrankung und         Anmeldung für IHK-Unternehmen unter:
Unternehmen an einen Nachkommen ver-         fehlende Vollmachten können schnell das     stephan@magdeburg.ihk.de
schenken möchte, es aber noch Geschwis-      wirtschaftliche Aus bedeuten. Hier gilt
                                                                                         Anmeldung für Handwerksbetriebe unter:
ter gibt? Hier spielen dann erbrechtliche    das Stichwort: Notfallplan.
                                                                                         betriebsberatung@hwk-magdeburg.de
und steuerliche Aspekte eine Rolle. Wird       Diesen und vielen weiteren Fragestel-
ein Betrieb gemeinschaftlich fortgeführt,    lungen widmen sich die vier gewerbli-
muss es Regelungen für den Fall geben,       chen Kammern im Netzwerk Unterneh-
dass einer der Gesellschafter aus dem Un-    mensnachfolge Sachsen-Anhalt auch mit       21. Juni 2018 | 17-22 Uhr
ternehmen ausscheiden möchte. Kann er        Expertensprechtagen und Informations-       »Der längste Tag des Jahres — bundesweiter
oder sie die Gesellschaftsanteile einfach    veranstaltungen. Nutzen Sie diese kos-      Aktionstag zur Unternehmensnachfolge«
an einen fremden Dritten verkaufen?          tenlosen Angebote.

P R AC H T                              MY THOS
I N S A C H S E N - A N H A LT

SCH ÄT Z E EN T DECK EN
an der Straße der Romanik

                               Infos und Angebote:
                                www.strassederromanik.de
DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                             19
TITELTHEMA

                      Gründer wachsen in ihre Unternehmerrolle
                      von JANA GÖRS

                      G    ründerpersönlichkeiten wie Elon Musk,
                           Mark Zuckerberg oder Richard Branson
                      verändern mit ihren Ideen unsere Welt. Das
                                                                       zu virtuellen Teammitgliedern oder über spe-
                                                                       zielle Formate wie »Trialog« zu Wirtschafts-
                                                                       partnern und ersten Kunden.
                                                                                                                          Ansprechpartner
                                                                                                                          Jana Görs
                                                                                                                          Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
                      inspiriert junge Menschen zum Schritt in die       TUGZ Founders ist ein Projekt des Trans-         Transfer- und Gründerzentrum
                      eigene Selbständigkeit.                          fer- und Gründerzentrums der Otto-von-Gue-         Projekt: TUGZ Founders
                         Gerade Forschungseinrichtungen sind eine      ricke-Universität Magdeburg. Es wird geför-        Universitätsplatz 2, 39106 Magdeburg
                      Keimzelle für Neues. Allen, die aus ihren in-    dert durch das Land Sachsen-Anhalt und die         Tel.: +49-391-67-57050
                      novativen Ideen ein eigenes Geschäft machen      Europäische Union.                                 E-Mail: jana.goers@ovgu.de
                      wollen, unterstützt das Projekt TUGZ Foun-
                      ders. Dabei stehen besonders die persönliche
                      und geschäftliche Entwicklung sowie der Ein-
                      tritt in die Wirtschaftswelt im Vordergrund.
                         Das Gründen ist in Deutschland nur ein for-
                      maljuristischer Prozess. Bis ein Unternehmen
                      allerdings von seinen Einnahmen existieren
                      kann und wächst, ist es ein langer Weg. Mit
                      dem Einführungsformat der Start-up-School
                      und dem aufbauenden Format der Start-up-
                      Academy lernen Gründer, wie sie für ihre Idee
                      ein funktionierendes Geschäftsmodell entwi-
                      ckeln.
                         Aber Gründern mangelt es an allem, an Er-
                      fahrungen, einem Netzwerk und Schlüsselkom-
                      petenzen. Aus diesem Grund erhalten Gründer
                      Zugang zum Mentorennetzwerk des Projekts,

                                                                        Foto: Christian Rößler

                      Forschung & Entwicklung als Innovat
                      von KLAUS HARNEIT                                Das Land Sachsen-Anhalt erneuert die F&E-        und gerade für kleine und mittlere Unterneh-
                                                                       Richtlinie, um verbesserte Anreize für kleine    men eine große Belastung, sowohl finanziell
                                                                       und mittlere Unternehmen (KMU) zu schaf-         als auch personell.
                                                                       fen, insbesondere für Verbundprojekte mit
                                                                       Hochschulen.
                                                                                                                         Attraktivere Förderbedingungen und
                                                                                                                         geringerer Verwaltungsaufwand
                                                                         Wozu Innovation im Unternehmen?
                                                                                                                          An dieser Stelle setzt die Förderung »For-
                                                                          In einer sich immer schneller entwickelnden   schung und Entwicklung - Zuschüsse für die
                                                                       Welt ist es für Unternehmen, ob lokal, regi-     Entwicklung innovativer Produkte und Verfah-
                                                                       onal oder global, essentiell wichtig, sich den   ren« an, in welcher neben der Förderung von
                                                                       im Umbruch begriffenen Gegebenheiten an-         Hochschulen und Unternehmen auch Gemein-
                                                                       zupassen. Technologische Trends werden vo-       schafts- und Verbundprojekte im Fokus liegen.
Foto: IHK Magdeburg

                                                                       rangetrieben wie durch bahnbrechende Erfin-      Seit dem 1. Januar 2018 liegt diese Richtlinie
                                                                       dungen (Stichwort künstliche Intelligenz). Sie   nun in einer verbesserten Form vor und soll
                                                                       stellen den Markt, Kunden und auch Unter-        die Rahmenbedingungen durch einen erhöhten
                                                                       nehmer vor ständig neue Herausforderungen.       Höchstsatz und vereinfachte Bürokratie noch
                                                                          Dem kann oft nur durch Flexibilität und       attraktiver für Unternehmer machen. Gerade
                        IHK-ANSPRECHPARTNER                            risikobehaftete Investitionen in eigene Ent-     kleine Unternehmen, die sich keine eigene For-
                      Klaus Harneit                                    wicklungen durch das Unternehmen entgegen-       schungsabteilung leisten können, haben etwa
                      Tel.: 0391/5693-452                              getreten werden. Doch sind Forschung & Ent-      die Möglichkeit, gemeinsam mit einer Hoch-
                      harneit@magdeburg.ihk.de                         wicklung zumeist erst nicht gewinnbringend       schule Innovationen zu stemmen.

                      20                                                                                                             DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
Neues Accelerator-
  von BERT-MORTEN ARNICKE
                                                                                                       Erfahrungen von Projektteilnehmern

  D    ie ersten fünf Jahre sind entscheidend für
       die Entwicklung eines Unternehmens. Hier
  werden die wichtigen strategischen Weichen
                                                       Programm                                         Der größte Nutzen für die teilnehmenden
                                                                                                      Unternehmen besteht in der individuellen Be-
                                                        Für junge Unternehmen aus den
  gestellt. Aber meist stehen in dieser Zeit auch                                                     treuung durch die AIMS-Projektmanager und
                                                       Material- und Lebenswissenschaften
  wenig Ressourcen für strategische Beratung                                                          Mentoren. Dabei wird nach dem einführenden
  und Qualifizierung zur Verfügung. Diese Lü-                                                         Analyse-Gespräch ein konkreter Maßnahmen-
  cke will das neue Pilotprojekt AIMS (Accele-                                                        plan für jedes Unternehmen erstellt.
  rate Innovation in Material- & Life-Science)      und Vernetzung entwickelt, dazu gehören:
  schließen. Das Angebot richtet sich konkret         •    Individuelles branchenspezifisches Ma-
  an wachstumsorientierte sachsen-anhaltische              nagement-Coaching                           Was steckt hinter AIMS?
  Unternehmen (KMU), die bis zu fünf Jahre alt        •    Zugang zum Mentoren-Netzwerk
  sind und aus den genannten Bereichen, dazu          •    Qualifizierung im Bereich Infrastruktur-     AIMS wird im Technologiepark Weinberg
  zählen unter anderem Biologie, Biotechno-                und Technologiezugang                      Campus durch ein interdisziplinäres Projekt-
  logie, Bioökonomie, Pharmazie, Chemie, Ge-          •    Teilnahme an Technologie- und Enab-        team durchgeführt, das durch die TGZ Hal-
  sundheit, Medizin, Medizintechnik oder Er-               ler-Workshops                              le Technologie- und Gründerzentrum Halle
  nährungswissenschaften, kommen. Zusätzlich          •    Zugang zu regionalen und internatio-       GmbH koordiniert wird. Das Projekt ergänzt die
  können Unternehmen der IT-Branche durch                  nalen Netzwerken in der Kernbranche        vorhandenen gründungsfördernden Strukturen
  AIMS gefördert werden, wenn sie als Dienst-         •    Teilnahme an Unternehmerreisen             in Sachsen-Anhalt durch seinen modellhaf-
  leister für Life- oder Material-Science-Unter-      •    Zugang zur Technologie-Datenbank           ten branchenspezifischen Ansatz. Aufgrund der
  nehmen tätig sind.                                  Neben Workshops zur Arbeitssicherheit und       Förderung des Landes Sachsen-Anhalt (ego.-
                                                    Gefährdungsbeurteilung sowie Informations-        KONZEPT) und des ESF (Europäischer Sozial-
                                                    veranstaltungen zu spezifischen Zertifizierun-    fonds) entstehen bei der Teilnahme am Projekt
    Angebote für Unternehmen                        gen wurde in den letzten Monaten gemeinsam        keine Kosten für die Unternehmen.
                                                    mit der IHK Halle-Dessau ein Business-Round-        Kontakt
    Das Angebot des Förderprojektes zielt im        table zum israelischen Markt durchgeführt. Die      Technologiepark Weinberg Campus
  Kern auf die Vermittlung fach- und branchen-      erste Unternehmerreise soll im Juni dieses Jah-     Dr. Ulf-Marten Schmieder
  spezifischer Managementkompetenz sowie die        res junge Unternehmen zum Biotech-Hotspot           Geschäftsführer und Projektleiter AIMS
  Erleichterung des internationalen Marktzu-        nach Boston, an die amerikanische Ostküste,         Telefon: (0345) 55 83 799
  gangs und internationaler Kooperationen. Hier-    begleiten, um konkrete Kooperationen im US-         E-Mail: info@tgz-halle.de
  zu wurden konkrete Formate zur Qualifizierung     Markt anzubahnen.                                   www.technologiepark-weinberg-campus.de

tionstreiber — auch im Unternehmen
    Ziel des Programmes ist die Förderung in-         Wie hoch kann die                                 Wie können solche Projekte aussehen,
  novativer, technologieorientierter Projekte,        Unterstützung ausfallen?                          und was heißt das nun in der Praxis?
  welche die Wettbewerbsfähigkeit und Inno-
  vationskraft der Unternehmen in Sachsen-            Bei der Zuwendung handelt es sich um einen         Angesprochen werden Unternehmen, die
  Anhalt zu erhöhen. Die geförderten Vorha-         nicht rückzahlbaren Zuschuss von maximal          ihre Produktpalette erweitern wollen und da-
  ben werden in vier Kategorien unterschieden:      500.000 Euro (bei Errichtung von Pilotlinien/     mit nachhaltigen steigenden Umsatz erzielen
  industrielle Forschung, experimentelle Ent-       -projekten bis zu 3 Mio. Euro). Dieser kann je    und damit Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt si-
  wicklung, Patente und andere gewerbliche          nach Art des Projektes unterschiedlich hoch       chern oder schaffen. So kann ein Unterneh-
  Schutzrechte sowie Prozess- und Organisa-         ausfallen: für industrielle Forschung maximal     men ein bestehendes Produkt weiterentwickeln
  tionsinnovation.                                  50 Prozent und für experimentelle Entwick-        und dafür eine neue Produktionslinie aufbau-
    Da es bei der industriellen Forschung eher      lung maximal 25 Prozent.                          en, ebenso Prototypen mit kommerzieller Ab-
  um neues Wissen geht, ist diese Kategorie auf                                                       sicht entwerfen. Diese Entwicklungen können
  Forschungseinrichtungen gerichtet. Für kleine       Darüber hinaus können sich die Zuwen-           als Einzelprojekte von dem Unternehmen al-
  und mittlere Unternehmen ist die experimen-       dungen unter bestimmten Voraussetzungen           lein gestemmt werden oder aber auch als Ver-
  telle Entwicklung von Interesse. Diese dient      auf bis zu 80 Prozent der zuwendungsfähi-         bundprojekt mit einer Hochschule.
  zur Verbesserung bzw. Entwicklung von neu-        gen Ausgaben erhöhen. So spielt es eine Rol-
  en Verfahren, Produkten und Dienstleistung        le, ob der Antragsteller ein kleines bzw. mitt-   Kontakt:
  oder zur Lösung von Problemen.                    leres Unternehmen ist und/oder die Ergebnisse     Sebastian Knabe
    Ausgeschlossen davon sind Entwicklung von       des Projektes über Open-Source/Access veröf-      Investitionsbank Sachsen-Anhalt
  bestehenden bzw. laufenden Produkten o.ä.,        fentlicht werden. Aber auch Prozess- und Or-      Fördermittelberater, Kommunikation/Vertrieb
  Dienstleistungen oder Prozessen welche einer      ganisationsinnovationen sowie Patentanmel-        Domplatz 12, 39104 Magdeburg
  permanenten Erneuerung bzw. Versionierung         dungen können mit bis zu 50 Prozent der           Telefon: 0391 589-1766
  unterliegen.                                      Aufwendungen gefördert werden.                    E-Mail:     sebastian.knabe@ib-lsa.de

  DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18                                                                                                               21
TITELTHEMA

»Bianca macht das schon besser als ick«
Erfolgreiche Unternehmensnachfolge bei Firma und Familie Zorn
                                                                                                              von CHRISTIAN WOHLT

                                                                                                              B
                                                                                                                       ernd Zorn trägt sein           auch als Ratgeber nach wie vor
                                                                                                                       Herz auf der Zunge und         gefragt. »Vati ist morgens noch
                                                                                                                       lässt sich nicht so leicht     immer um 6 Uhr der Erste im
                                                                                                              die Butter vom Brot nehmen.             Büro«, berichtet Bianca Zorn.
                                                                                                              Geschäftspartnern, Politikern           »Ich schicke ihn dann gern zum
                                                                                                              und Verbandsvertretern bietet           Netzwerken«, schmunzelt sie.
                                                                                                              der Unternehmer aus Stendal                So konnte sich die neue Che-
                                                                                                              mit seiner Meinung oft Paro-            fin ungestört entfalten und das
                                                                                                              li. Auf einen Menschen muss             Unternehmen nach ihren Vor-
                                                                                                              er jedoch in der eigenen Fir-           stellungen gestalten. Neben der
                                                                                                              ma hören: seine Tochter Bian-           Fertigung stärkte sie die Rolle
                                                                                                              ca. Denn sie ist der Boss.              des Vertriebs. Auch auf Schu-
                                                                                                                 Seit knapp drei Jahren arbei-        lung und Service legte sie ein
                                                                                                              tet die Diplom-Wirtschaftsinge-         größeres Gewicht. Gute Fach-
                                                                                                              nieurin im Unternehmen und              leute sind heute rar und wol-
                                                                                                              übernahm nach und nach Füh-             len umgarnt werden, weiß sie.
                                                                                                              rungsaufgaben. Seit einem Jahr          Ihr besonderes Augenmerk gilt
                                                                                                              leitet sie als Geschäftsführen-         daher den Beschäftigten. Der
                                                                                                              de Gesellschafterin die ZORN            Urlaub wurde erhöht, ein Kin-
                                                                                                              INSTRUMENTS GmbH & Co.                  dergartenzuschuss und betrieb-
                                                                                                              KG. »Bianca macht das schon             liches Gesundheitsmanagement
                                                                                                              besser als ick«, sagt der 66-Jäh-       eingeführt. Einmal im Monat
                                                                                                              rige zufrieden. Dabei hatte er          kommt jetzt eine Masseu-
                                                                                                              es anfangs gar nicht gern ge-           rin. Genau so wichtig sind ihr
                                                                                                              sehen, dass sein einziges Kind          die mindestens einmal im Jahr
                                                                                    Foto / Repros: ct-press

                                                                                                              ins Unternehmen einsteigt. Ihr          stattfindenden Mitarbeiterge-
                                                                                                              vorheriger Job im Magdeburger           spräche. »Früher sollten die
                                                                                                              Fraunhofer-Institut war nicht           Leute nicht hinterfragen, son-
                                                                                                              schlecht bezahlt und verhieß            dern machen«, so Bianca Zorn.
1980 hatte Bernd Zorn die Firma von seinem Vater übernommen. Jetzt leitet mit
                                                                                                              gute Aufstiegschancen. »Als             Das habe sich geändert. Heute
Bianca Zorn seine Tochter die Firma.
                                                                                                              Unternehmer hat man es heu-             sei die Meinung jedes Einzel-
                                                                                                              te schwer. Ein Angestellter             nen gefragt. »Als Arbeitgebe-
                    Familientradition in fünfter Generation                                                   weiß am 1. Januar, was er am            rin ist man Mädchen für alles«,
                    Präzisions- und Prüfgeräte      Nachfolger Otto Zorn den                                  Ende des Jahres auf dem Kon-            sagt sie.
                    von Zorn aus Stendal - diese    Schwerpunkt auf das Büch-                                 to hat«, begründet Bernd Zorn              Vom geregelten Acht-Stun-
                    einfachen Begriffe sind seit    senmacherhandwerk. Ein                                    seine Skepsis.                          den-Tag hat sich die Mittdrei-
                    mehr als 150 Jahren ein ech-    Neuanfang gelang Ger-                                        Doch offensichtlich ist die          ßigerin bewusst verabschiedet.
                    tes Qualitätssiegel aus der     hard Zorn nach dem Zwei-                                  Tochter nach dem Vater ge-              Ihr Herz schlägt für die Firma,
Otto Zorn           Hansestadt Stendal. Aus ei-     ten Weltkrieg. Er belieferte                              raten und weiß, ihren Kopf              aber der gehört es nicht al-
                    ner vom Stendaler Hand-         die Deutsche Reichsbahn und                               durchzusetzen. »Ich brauche             lein. Nachdem sie lange Jah-
                    werksmeister Wilhelm Schlie-    entwickelte feinmechanische                               doch Herausforderungen«, sagt           re in Magdeburg wohnte und
                    ßer, Urgroßvater von Bernd      Produkte, was ab 1955 in ei-                              sie entschlossen. Die fand sie in       anfangs nach Stendal pendel-
                    Zorn, gegründeten »Mecha-       nem ersten Härteprüfgerät                                 der beruflichen Selbstständig-          te, hat sie sich nun mit ihrem
                    nischen Werkstatt«, wie die     für metallische Werkstoffe                                keit als Chefin von 40 Beschäf-         Partner (und zwei Katzen) auch
                    Firma zu Beginn hieß, ist       gipfelte. Noch heute gehö-                                tigten zur Genüge. Und – kaum           häuslich wieder in der Altmark
                    ein Unternehmen mit Welt-       ren diese Produkte zur Palet-                             zu glauben – der Vater lässt            niedergelassen. Hier gibt es
Wilhelm Schließer
                    ruf auf dem Prüfsektor ge-      te der Firma, die Bernd Zorn                              sie machen. »Ich rede ihr nicht         die besten Möglichkeiten, ih-
                    worden.                         1980 von seinem Vater über-                               rein. Verantwortung konnte ich          rem Hobby zu frönen und im
                    Schließer begann mit Geld-      nommen hat. Seit 2008 heißt                               schon immer abgeben«, versi-            DDR-Lotus-Motorboot mit
                    schränken sowie Nähma-          das Unternehmen ZORN                                      chert der Senior-Chef. Lange-           Wartburg-Motor über die Ge-
                    schinen und machte das          INSTRMENTS - ein Verweis                                  weile kommt bei ihm trotzdem            wässer zu schippern. Der Rest
                    Veloziped (Fahrrad) im          auf die enorm gestiegene In-                              nicht auf. Bernd Zorn repräsen-         der Zeit ist fürs Ehrenamt als
                    19. Jahrhundert in der Alt-     ternationalität. Zum ersten                               tiert die Firma nicht nur bei ge-       Richterin im Arbeits- und So-
                    mark bekannt. Nach dem          Mal leitet jetzt mit Bianca                               schäftlichen und gesellschaft-          zialgericht sowie die Mitarbeit
Gerhard Zorn        Ersten Weltkrieg legte sein     Zorn eine Frau die Firma.                                 lichen Terminen, sondern ist            im IHK-Bauausschuss verplant.

22                                                                                                                                                  DER MARKT IN MITTELDEUTSCHLAND 4/18
Sie können auch lesen